Herzlich willkommen zum Podcast der EFA Stuttgart mit Thomas Powileit und Jörg Lackmann. Unser Podcast möchte zum praktischen Christsein herausfordern und zum theologischen Denken anregen.
Das Neue Testament spricht viel von Paulus. Doch ein Mann, der einen ganz entscheidenden Einfluss auf das Leben von Paulus hatte, ist uns oft unbekannt: Barnabas.
Die Christen in Jerusalem lehnten Paulus zunächst als Glaubensbruder ab, weil sie nicht glauben konnten, dass Paulus auch Christ geworden war. Barnabas hingegen schenkte Paulus schon zu diesem Zeitpunkt einen großen Vertrauensvorschuss und lud ihn sogar in sein eigenes Haus ein.
Barnabas trat dann auch in der Gemeinde für Paulus ein. So schaffte er es schließlich, dass auch die anderen Leiter, die Paulus vertrauten, sich mit ihm trafen und ihn am Ende sogar in die Gemeinde aufnahmen.
Barnabas war ein Mensch mit einem Auge für andere. Er förderte gute und feste Beziehungen. Man würde heute sagen, er war ein Brückenbauer – egal ob bei einzelnen Personen oder bei ganzen Gemeinden.
Nicht umsonst schickte man ihn zur neu entstandenen heidenchristlichen Multikultigemeinde in Antiochia. Dort gelang es ihm tatsächlich, die Heidenchristen mit den Judenchristen in Jerusalem zu verbinden. Das war damals die Quadratur des Kreises.
In seinem Dienst in Antiochia ging sein Blick sogar noch weiter in die Heidenwelt hinein. Er half, Grenzen zu überwinden und war ein maßgeblicher Akteur bei der ersten Missionsreise, die in seinem Heimatland Zypern begann.
Auch beim wichtigen Apostelkonsil, bei dem es um die Frage ging, ob Nichtjuden das Gesetz halten müssen, vertrat er die heidenchristliche Position.
Barnabas brachte also ständig Menschen zusammen – bis eines Tages eine einzelne Personalentscheidung anstand. Barnabas war jemand, dem Menschen wichtig waren.
Jörg, du hast dich mit Barnabas beschäftigt. Was hast du noch über ihn herausgefunden? Ich würde sagen, das ist das Wesentliche: Ihm waren Menschen wichtig. Das merkt man schon bei der ersten nur beiläufigen Erwähnung in Apostelgeschichte 4,36.
Da steht: Joses, aber das war sein normaler Name, hatte von den Aposteln den Beinamen Barnabas erhalten. Das heißt übersetzt „Sohn des Trostes“. Er war ein Levit, gebürtig aus Zypern. Er besaß einen Acker, verkaufte ihn, brachte das Geld und legte es den Aposteln zu Füßen.
Er war also wahrscheinlich nach Jesu Tod in Jerusalem irgendwie gestrandet, denn ursprünglich kam er aus Zypern. Er war ein Levit, also in der Bibel bewandert, und hatte einen Beinamen bekommen. Die Leute hatten damals ja keine Nachnamen, deswegen nannte man jemanden oft nach seinem Herkunftsort oder einer Eigenschaft, um ihn zu identifizieren. Bei ihm war es eben eine Eigenschaft.
Genau, und ihn haben die Apostel „Sohn des Trostes“ genannt. Das finde ich schon sehr interessant. Denn wann nennt man jemanden so? Da muss er diese Eigenschaften ziemlich ausgeprägt schon in seinen jungen Jahren oder zumindest in dieser frühen Phase gehabt haben.
„Sohn des Trostes“ heißt für mich: Du hast ein Auge für andere, du bist ein Beziehungsmensch, du kannst nicht oberflächlich sein. Sonst erreichst du die Menschen in ihrem Leid nicht. Und du bist selbstlos. Du machst das nicht für dich, sondern spiegelst da irgendwie Gott wider.
Das war das eine, sein Beiname. Das zweite wurde auch erwähnt: Es gab damals ja bedürftige Leute, und viele in der Gemeinde gaben Geld. Er besaß einen Acker, den hat er verkauft. Das passt zu „Sohn des Trostes“ jetzt auch im Praktischen. Er hat nicht nur geredet, sondern wirklich etwas von seinem Geld weggegeben, um denen zu helfen.
Was mir gefällt: Er war mit leichtem Gepäck unterwegs. Einen Spruch habe ich letztens von Hudson Taylor gelesen, den fand ich sehr schön. Ich werde ihn zweimal sagen, weil er ein bisschen ineinander verwoben ist:
„Ich habe den Luxus genossen, wenig zu besitzen, für das ich sorgen muss.“ Er bezeichnet es als Luxus, wenig zu haben. Warum? „Ich habe den Luxus genossen, wenig zu besitzen, für das ich sorgen muss.“ Also war er frei für etwas Höheres. Einfach den Ballast weg. Und das war für ihn Luxus.
Das hat mich doch schon beeindruckt. Er war also voll im Trend, heute minimalistisch zu leben – so nennt man das. Das hat Barnabas wahrscheinlich gemacht.
Aber du hast zu Recht betont, Barnabas war ein Brückenbauer. Wir kennen ihn ja, wie ich schon eingangs erwähnt habe, aus dem Neuen Testament, vor allem im Zusammenhang mit Paulus. Kannst du noch einmal kurz zusammenfassen, wie die beiden zueinander gefunden haben?
Paulus hatte sich in Damaskus bekehrt und war dort drei Jahre geblieben, wie wir im Galaterbrief sehen können. Nach diesen drei Jahren wurde er verfolgt und musste fliehen. Dann ging er nach Jerusalem und wollte sich dort den Geschwistern anschließen. Das lesen wir in der Apostelgeschichte 9.
Dort steht im Vers 26: Als nun Saulus – er hieß übrigens in den ersten zehn bis zwölf Jahren immer Saulus, das war sein jüdischer Name; erst später wurde er Paulus genannt – nach Jerusalem kam, versuchte er, sich den Jüngern anzuschließen. Aber sie fürchteten ihn alle, weil sie nicht glaubten, dass er ein Jünger sei.
Das ist sehr gut nachzuvollziehen, denn es war eine Falle. Saulus hatte in Jerusalem hauptsächlich gewütet. In Apostelgeschichte 8, Vers 3 heißt es: Saulus aber verwüstete die Gemeinde, drang überall in die Häuser ein, schleppte Männer und Frauen fort und brachte sie ins Gefängnis. Das war gerade mal drei Jahre her.
Es ist klar, dass die anderen ihm nicht so recht trauten. Da musste schon mehr passieren, denn jeder kannte jemanden, der vielleicht gestorben war, wie Stephanus, oder der ins Gefängnis geworfen wurde. Deshalb wurde er von der Gemeinde nicht aufgenommen.
Und hier kommt Barnabas ins Spiel. Barnabas aber nahm ihn auf, führte ihn zu den Aposteln und erzählte ihnen, wie Saulus auf dem Weg den Herrn gesehen hatte, dass dieser zu ihm gesprochen hatte und wie er in Damaskus freimütig im Namen Jesu gepredigt hatte.
Barnabas hatte ein Auge für Saulus, wo alle anderen keinen Kontakt wollten. Er nahm ihn in sein Haus auf und hörte ihm sehr gut zu. Saulus berichtete ihm alles, was bedeutet, dass Barnabas sich ihm ganz zuwandte.
Wahrscheinlich haben die anderen Christen Barnabas auch nicht wirklich verstanden. Wie konnte er so jemanden in sein Haus aufnehmen? War er blind oder wusste er es nicht? Ich nehme an, dass das Vorurteil, beziehungsorientierte Menschen seien immer harmoniesüchtig, konfliktscheu und vielleicht ein bisschen weich, nicht stimmt.
Barnabas hat wirklich sein Mann gestanden. Egal, welchen Argwohn die anderen hatten und welchem Anpassungsdruck sie ihn aussetzten – „den darfst du nicht aufnehmen“ –, das war ihm egal. Ihm war der Mensch wichtig, und das hat er gezeigt.
Dann setzte er sich bei den Aposteln für Saulus ein. Er berichtete vom Herrn, von Paulus, aber von sich selbst sprach er kaum. Interessant ist, dass er den Aposteln keine Vorwürfe machte, wie sie mit Saulus umgehen sollten. Er erzählte einfach die Geschichte und hatte offenbar großen Erfolg damit.
Barnabas hatte offenbar gute Verbindungen, denn er wusste, wo die Leute standen. Die anderen hielten sich ja erst einmal bedeckt, was für mich sehr gut nachvollziehbar ist. Er setzte sich für Paulus ein.
Was war das Ergebnis? Was erreichte Barnabas dadurch? Ich würde sagen: das Maximum. Die Apostel wurden überzeugt, dass Paulus ungefährlich ist, es ernst meint, wirklich Christ geworden ist und ihm der Dienst anvertraut werden kann.
Denn danach predigte Paulus sofort. Das hätte er nicht ohne die Erlaubnis der Apostel tun können. Es war also ein voller Erfolg. Barnabas setzte sich für Saulus ein und konnte die starken Ressentiments überwinden.
Du hast jetzt auch stark betont, mehr indirekt, dass er ein Brückenbauer gewesen ist. Ich denke, das kann man wirklich von Barnabas lernen. Das ist die eine Seite, wenn ich es mal in der Bibel lese.
Ich frage mich natürlich auch, wie das für uns heute aussehen kann – gerade in Zeiten, in denen manche Fragen in der Gemeinde eher dazu führen, dass Menschen auseinandergebracht werden, statt zusammenzukommen.
Er hat ja auch klein angefangen. Müssen wir gleich einen Saulus in die Gemeinde einführen? Nein. Menschen kommen klein in die Gemeinde hinein. Du hast ein Auge für sie, begrüßt sie und redest mit ihnen. Du sagst einfach: „Wir haben ja noch nicht miteinander geredet.“ Natürlich geht es nicht, gleich zu fragen: „Seit wann kommst du denn?“ Und dann die Antwort zu bekommen: „Seit anderthalb Jahren.“ Das ist immer extrem peinlich. Aber einfach zu sagen: „Wir haben noch nicht miteinander gesprochen“, dagegen kann niemand etwas sagen. Oder du findest einen anderen Einstieg und redest mit den Leuten.
Diesen Blick hat nicht jeder. Aber es gibt Menschen, die haben einen Blick für andere, die sehen etwas. Sie sind Brückenbauer. Das wäre so eine Möglichkeit.
Oder was mir immer wieder einfällt, ist mehr im Jugend- oder Teeniebereich: Dort gibt es immer wieder Außenseiter, die nicht in die Gruppe hineinkommen. Für diese Menschen zu sorgen, ist in diesem Alter oft schwierig – vor allem bei den Mädchen. Das habe ich eigentlich in meiner Jugend erlebt und immer wieder gehört: „Oh, die eine hat was gegen mich“ und so weiter. Das ist ganz heißes Terrain und schwierig. Aber man kann auf diese Menschen zugehen und so Brücken bauen.
Das wären solche Möglichkeiten. Oder wenn du ein Gartenhäuschen hast, kannst du Leute einladen. Wenn du nicht kochen kannst, ist das egal. Lass die Leute kommen, die kochen, und mach daraus ein Event. Das ist heutzutage alles irgendwie akzeptiert.
Man muss nur Möglichkeiten suchen, die Menschen zusammenbringen. Das wäre so ein Weg heute.
Barnabas war nicht nur ein Brückenbauer. Man hat ihn in die Multikultigemeinde nach Antiochia geschickt. Wie ist er dorthin gekommen und was war sein Auftrag? Warum gerade er?
Antiochia war eine der Gemeinden, die sich nach der Verfolgung in Jerusalem bildeten. Die Gemeinde in Jerusalem konzentrierte sich zunächst auf sich selbst. Nach der Ermordung Stephanus’ kam es zur Verfolgung, und die Gemeinde musste sich zerstreuen. Das war von Anfang an Gottes Plan.
Die Gläubigen zogen viele Kilometer weit, denn Antiochia lag etwa 500 Kilometer von Jerusalem entfernt. Antiochia war eine richtige Großstadt, die drittgrößte im Römischen Reich nach Rom und Alexandria in Ägypten. Es war eine reiche Stadt, eine Universitätsstadt und auch eine Hafenstadt mit entsprechendem Rotlichtmilieu und allem, was zu einer Großstadt dazugehört. Die Menschen kamen von überall her, denn Antiochia war ein Verbindungsglied zwischen Ost und West. Man kann es mit Hamburg vergleichen, nur war Antiochia im Mittelmeerraum noch bedeutender.
Eine Besonderheit in Antiochia war, dass einige Männer aus Zypern und Kyrene, also Gläubige aus diesen Regionen, in die Gemeinde kamen. Zypern ist klar, Kyrene gehört zu Libyen. Diese Männer sprachen zum ersten Mal zu griechischsprachigen, also zu Heiden. Das war bis dahin unüblich, denn vorher hatte man hauptsächlich zu Juden gesprochen.
In dieser riesigen Stadt mit vielen Bewegungen bekehrten sich zahlreiche Nichtjuden zum Herrn. Das war damals ein großes Konfliktfeld. Die Gemeinde in Jerusalem, die davon hörte, wollte jemanden hinschicken, um zu sehen, was dort geschah. Natürlich konnte man keinen wie Jakobus schicken, der sehr traditionell jüdisch war. Also überlegte man, wen man senden sollte, und kam auf Barnabas, den Brückenbauer. Er hatte sich schon bewährt, nicht nur bei Saulus, sondern von Anfang an.
So wurde Barnabas nach Antiochia geschickt. Das war eine gute Entscheidung, denn Barnabas war ein Levite und somit tief verwurzelt im Judentum. Doch er hatte bewiesen, dass er Menschen aus anderen Kulturen verstehen konnte. Er hatte auch selbst zwei Ethnien in sich: Er war Jude, kam aber aus Zypern und war mit der griechischsprachigen Kultur vertraut. Die Gegend war ihm nicht fremd, nur etwa zwei Tagesreisen von seiner Heimat entfernt.
In Apostelgeschichte 11 lesen wir: „Es kam die Kunde von ihnen zu den Ohren der Gemeinde in Jerusalem, und sie sandten Barnabas, dass er hingehe nach Antiochia. Als er aber ankam und die Gnade Gottes sah, freute er sich und ermahnte alle, mit festem Herzen beim Herrn zu bleiben. Denn er war ein guter Mann, voll Heiligen Geistes und Glaubens. Und es wurde dem Herrn eine beträchtliche Menge hinzugetan.“
Das war etwa vier Jahre nach dem Ereignis mit Saulus. Im nächsten Vers, Apostelgeschichte 11,25, heißt es: „Barnabas zog aus nach Tarsus, um Saulus aufzusuchen.“ Saulus musste vor vier Jahren aus Jerusalem fliehen. Er kehrte in seine Heimatstadt Tarsus zurück, die heute in der Türkei liegt.
In Antiochia war inzwischen eine Erweckung unter den Heidenchristen im Gange. Barnabas war dort, und etwa zwei Jahre später kam ihm der Gedanke: Da ist doch noch jemand, den könnten wir für unseren Dienst gebrauchen. Das zeigt wieder seine Brückenbauer-Eigenschaft: Er überlegte, wen man fördern kann. Er erkannte, dass er nicht allein war, sondern Ergänzung brauchte.
So zog Barnabas nach Tarsus, um Saulus zu finden. Das war nicht ganz einfach, aber schließlich brachte er ihn nach Antiochia. Dort blieben sie ein ganzes Jahr zusammen in der Gemeinde und lehrten eine beträchtliche Menge Menschen.
In Antiochia wurden die Jünger zum ersten Mal Christen genannt. Das war eine große Veränderung. Zuvor nannte man sie Nazarener, eine jüdische Gruppierung. Nun aber, da viele Heiden dazukamen, änderte sich die Bezeichnung.
Man kann auch sagen, dass sich ein Wechsel vollzog: von Jerusalem nach Antiochia, von Juden zu Heiden und später von Petrus zu Paulus. Zu diesem Zeitpunkt hieß Saulus noch so; die zwölf Jahre, in denen er Paulus genannt werden sollte, waren noch nicht vergangen.
Barnabas hatte Saulus gefunden, ihn in die Gemeinde gebracht und erkannt: Ich bin vielleicht der Seelsorger, der ihn begleitet, während er der Theologe ist. Das braucht die Gemeinde jetzt beide. Sie blieben eine Zeit lang zusammen in dieser Gemeinde, die aufgrund der Mischung von Juden und Heiden viel Konfliktpotenzial hatte.
Was haben sie denn nach dem Jahr gemacht? Es wird nicht viel berichtet, aber ein Highlight gibt es: Es gab eine Hungersnot, und die Christen in Antiochia haben den Christen in Jerusalem geholfen, indem sie einfach Geld geschickt haben.
Wen haben sie dazu ausgewählt, um dieses Geld zu überweisen, also um es zu bringen? Barnabas. Und er hat den Saulus gleich mitgenommen. Einmal wieder zeigt sich das Humanitäre, das in ihm war. Außerdem hat er auch gleich noch den Saulus gefördert und ihn mitgenommen.
Dann lesen wir in Apostelgeschichte 12, dass sie wieder zurückkamen von Jerusalem, nachdem sie dort das Geld überbracht hatten. Schon wieder dasselbe: Barnabas und Saulus kehrten von Jerusalem zurück, nachdem sie die Hilfeleistung ausgerichtet hatten, und nahmen auch Johannes mit dem Beinamen Markus mit sich. Hat er schon wieder jemanden gefunden, den er fördern kann? Nebenbei bemerkt war Markus sein Cousin. Trotzdem hatte Barnabas den Blick für ihn und sagte ihm: „Du kommst jetzt von Jerusalem mit uns. Du kannst uns helfen in Antiochia.“
Was von der Gemeinde selbst natürlich stark bekannt ist, ist, dass sie eine Gemeinde war, die Blick hatte für Weltmissionen. Wahrscheinlich hing dort die Weltkarte, die damalige, mit der Aufschrift: „Da senden wir Leute aus.“ Und sie haben dann ja auch Leute ausgesandt, unter anderem auch Barnabas.
Ich finde es selbst immer wieder spannend, das zu lesen. Denn sie senden die besten Leute, ihren Theologen und ihren Chefseelsorger, und sagen: „Ihr dürft gehen.“ Und wer bleibt? So sollte das immer sein. Wir sollten dich bald wegsenden. Das haben sie tatsächlich gemacht.
Das ist dieser berühmte Vers oder die Verse in Apostelgeschichte 13, ich glaube, das ist das, wo Barnabas am bekanntesten ist. Dort sind ein, zwei interessante Sachen drin: In Antiochia waren in der dortigen Gemeinde einige Propheten und Lehrer, nämlich Barnabas und Simeon, genannt Niger, und Lucius von Kyrene, und Manahen, der mit dem Vierfürsten Herodes erzogen worden war, und Saulus.
Als sie nun dem Herrn dienten und fasteten, sprach der Heilige Geist: „Sondert mir Barnabas und Saulus aus zu dem Werk, zu dem ich sie berufen habe.“ Das war die erste Missionsreise.
Die Reihenfolge ist in der Bibel immer wichtig. Hier werden fünf Propheten und Lehrer aufgezählt. Barnabas ist die Nummer eins, Paulus die Nummer fünf. Er war, also Saulus damals noch, nicht der Paulus, den wir kennen – den großen Apostel mit den vielen Briefen –, sondern er war der Hilfsprediger, der von Barnabas gefördert wurde als Mentor. Das war später der große Prediger.
Richtig, Barnabas war hier eindeutig der Chef im Ring oder, geistlich ausgedrückt, der Seniorpastor oder der geistliche Führer.
Multikulti sehen wir auch ein bisschen, auf jeden Fall in der Leitung. Barnabas war Levit aus Zypern. Simeon Niger – Niger heißt „Schwarz“ – war entweder dunkelhäutig oder Afrikaner, vielleicht sogar. Man kann auf jeden Fall aus Afrika darauf schließen. Lucius kam aus Kyrene, das ist Libyen. Also hatten sie jemanden aus Zypern, jemanden aus Libyen, wahrscheinlich einen Schwarzafrikaner dabei.
Manahen wurde mit Herodes aufgezogen. Das heißt, er kam aus einer vornehmen jüdischen Familie, wahrscheinlich auch mit entsprechendem Geld und Ehre. Und Saulus hatte immerhin das römische Bürgerrecht und hat bei Gamaliel studiert. Er war ein ausgebildeter Theologe.
Wir haben hier also in der Leitung einen Mix aus Herkunft, sozialer Stellung und religiöser Ausbildung. Das ist wirklich alles beisammen, was nur so geht. Also ein lebendiger Leitungskreis, wahrscheinlich. Ja, das war eine schöne Sitzung dort.
Jetzt haben sie gebetet, und der Heilige Geist sagte, wen sie nehmen sollen, um in die Mission zu gehen: Barnabas, den Brückenbauer. Und Saulus durfte auch noch mit, sein Trainee.
Dann sind sie zur ersten Missionsreise aufgebrochen und nach Zypern gegangen. Es war zwei Tagesreisen entfernt, die Heimat von Barnabas.
Und es haben sich einige Veränderungen ergeben, die ich erst einmal sortieren muss. Man kann nicht alles auf einmal erzählen, aber die Rolle zwischen Barnabas und Saulus hat sich deutlich verändert.
In Zypern wurde Saulus zum ersten Mal Paulus genannt. Das sehen wir in Apostelgeschichte 13,9. Saulus, der auch Paulus hieß – das war sein römischer Name – wurde nun Paulus genannt. Während vorher immer Barnabas an erster Stelle stand und Paulus an zweiter, hat sich das jetzt gedreht. Paulus war nun an erster Stelle, Barnabas an zweiter. Das bedeutet, der Förderer Barnabas trat in den Hintergrund, nachdem er sein Ziel erreicht hatte: Er hatte jemanden so gefördert, dass Gott ihn mehr gebrauchen konnte als sich selbst.
Das ist eine spannende Geschichte, die immer wieder zeigt, wie man so etwas annehmen kann. Aber wie hat sich das Verhältnis zwischen Barnabas und Paulus weiterentwickelt? Auf jeden Fall sehen wir, dass Barnabas es akzeptieren konnte. Es ist ja nicht einfach, in die zweite Reihe zurückzutreten. Aber da ihm die Menschen und Gott wichtiger waren als er selbst, hat er das geschafft. Und das wurde immer deutlicher.
Es zeigte sich einfach, dass Gott Paulus besonders begabt hatte. Paulus trat aus dem Schatten von Barnabas heraus und wurde immer bedeutender. Die Missionsreise war vorbei, Barnabas war acht Jahre im Dienst in Antiochia, Paulus sechs Jahre. Dann gab es einen großen Konflikt, und daran sehen wir, wie sich das Verhältnis entwickelt hat.
Die Frage war: Es sind viele Heiden zum Glauben gekommen – müssen sie das Gesetz halten? Einige kamen aus Jerusalem und machten Ärger. Die Gemeinde in Antiochia sagte, sie müssten Leute nach Jerusalem schicken. Wen sie wohl schickten? Natürlich Barnabas. Wie immer.
In Apostelgeschichte 15,2 heißt es: „Da nun Zwiespalt aufkam und Paulus und Barnabas, wir sehen, die Reihenfolge hat sich gedreht, Paulus war zuerst genannt, eine nicht geringe Auseinandersetzung mit ihnen hatten, bestimmten sie, dass Paulus und Barnabas und einige andere von ihnen wegen dieser Streitfrage zu den Aposteln und Ältesten nach Jerusalem hinaufziehen sollten.“ Das haben sie dann auch gemacht.
Ein kleines Detail im Text ist interessant: Sie sind in Jerusalem, und achtet auf die Reihenfolge, wie die Personen genannt werden. Es ist eine große Versammlung, und es wird berichtet, wie die Heiden sich bekehrt haben. Die ganze Menge schweigt und hört Barnabas und Paulus zu. Sie erzählen, wie viele Zeichen und Wunder Gott durch sie unter den Heiden getan hat.
Hier zeigt sich ein Unterschied: In der Heimatgemeinde war Paulus der wesentliche Führer, der von Gott gebraucht wurde. In Jerusalem war es immer noch Barnabas, der den größten Einfluss hatte und bekannt war. Vielleicht hatten einige noch leichte Berührungsängste gegenüber Paulus aus früheren Zeiten, ich weiß es nicht. Auf jeden Fall war Barnabas in Jerusalem das verbindende Glied.
Wie immer erzählten sie, was der Herr getan hatte – das kennen wir von Barnabas und Saulus. Sie stellten der Gemeinde in Jerusalem vor, was geschehen war, und hatten denselben Erfolg wie vor ein paar Jahren. Sie überzeugten sie, dass das der Weg Gottes sei und die Heiden das Gesetz nicht halten müssten.
Das heißt, wenn auf dem Konzil etwas anderes beschlossen worden wäre, würden wir heute beschnitten sein oder Speisegesetze einhalten müssen. Dieses Konzil war also von großer Bedeutung. Es war eine entscheidende Frage, und Barnabas spielte dabei eine wichtige Rolle, Paulus auch, aber an zweiter Stelle, wie wir sehen.
Dann schickte man sie wieder zurück, damit das Beschlossene umgesetzt wird. Die Gemeinde in Jerusalem sagte: „Wir haben uns einmütig versammelt, haben beschlossen, Männer zu erwählen und zu euch zu senden, mit unseren Geliebten Barnabas und Paulus.“ Da stand Barnabas wieder im Mittelpunkt. In Jerusalem auf jeden Fall.
Er war der Brückenbauer zwischen Jerusalem und Antiochia, zwischen Juden und Heiden. Mit Barnabas konnte man wahrscheinlich kaum in Streit geraten. Das ist extrem schwierig, so wie wir ihn bisher kennengelernt haben – von seinem Beinamen, wie er mit einem Verfolger und Mörder wie Saulus umging, wie er die Gemeinden zusammenbrachte und in Antiochia für die ganze Heidenwelt den Blick hatte. Er hatte ein unglaublich weites Herz. Mit ihm in Streit zu geraten, ist eine Kunst.
Aber, und das finde ich jetzt total interessant: Die Bibel ist ja realistisch. In Kapitel 15 lesen wir, wie auf dem großen Konzil in Jerusalem eine gewaltige theologische Streitfrage gelöst wird. Nicht von einer einzelnen Person, aber der Streit wird beigelegt.
Doch im selben Kapitel sehen wir eine persönliche Entscheidung, die plötzlich Paulus und Barnabas entzweit. Da reibt man sich die Augen und fragt sich: Wie kann das jetzt sein? Und was war das für eine persönliche Entscheidung?
Es ging um den Cousin von Barnabas. Das lese ich vielleicht mal vor: Apostelgeschichte 15, Vers 35. Sie wollten die zweite Missionsreise antreten, gerade nach dem Apostelkonzil. Das war nicht lange danach, im selben Jahr. Paulus und Barnabas hielten sich aber in Antiochia auf und lehrten und verkündigten zusammen mit vielen anderen das Wort des Herrn. Sie hatten ihre normale Arbeit wieder aufgenommen. Paulus war ja auch Gemeindeleiter, nicht nur Brückenbauer.
Nach einigen Tagen sprach Paulus zu Barnabas: „Lass uns wieder umkehren und in all den Städten, in denen wir das Wort des Herrn verkündigt haben, nach unseren Brüdern sehen, wie es um sie steht.“ Er wollte also die Gemeinden der ersten Missionsreise noch einmal besuchen und stärken.
Barnabas aber riet dazu, den Johannes, der Markus genannt wird – das war sein römischer Name – mitzunehmen. Er hatte ihn damals in den Dienst eingeführt und sagte jetzt: „Nimm doch bitte Markus mit.“ Das war ihm wichtig. Er hatte einen Blick für Menschen, die gefördert werden.
Jetzt kommt aber Paulus ins Spiel, und der ist nicht ganz so sanft wie Barnabas, wenn man seine Briefe liest. Paulus hielt es für richtig, dass derjenige, der in Pamphylien von ihnen weggegangen war und nicht mit ihnen zum Werk gekommen war, nicht mitgenommen werden sollte. Markus hatte sie nämlich bei der ersten Missionsreise verlassen. Er war in Zypern noch dabei, aber dann hat er „Tschüss“ gesagt und ist nach Jerusalem zurückgekehrt.
Paulus sagte deshalb: „Nein, mit dem nicht.“ Daraus entstand eine heftige Auseinandersetzung, so dass sie sich voneinander trennten. Barnabas nahm Markus zu sich und fuhr mit dem Schiff nach Zypern. Paulus aber wählte sich Silas und zog aus, von den Brüdern der Gnade Gottes anbefohlen. Er durchzog Syrien und Zilizien und stärkte die Gemeinden.
Das heißt, die beiden hatten diesen Konflikt. Wie würde man diesen Konflikt bewerten, wenn man das so liest? Streit kommt in den besten Familien vor, auch zwischen den besten Leitern. Aber wie geht man damit um? Was ist die Bewertung dazu?
Zum ersten Mal lerne ich, dass nichts ein Automatismus ist. Selbst wenn wir jetzt vor dem Höhepunkt, dem Apostelkonzil, standen, kann uns doch die Niederung des Gemeindealltags zu einem solchen Streit führen, dass wir uns trennen. Das war nämlich die Folge. Der Streit konnte wirklich nicht beigelegt werden.
Von Barnabas’ Seite aus ist klar: Er wollte Markus fördern. Er hatte in ihm etwas gesehen und sagte: „Den nehmen wir mit.“ Das kann ich verstehen. Paulus war dagegen, aus den genannten Gründen: „Nein, der ist jetzt noch nicht so weit, das können wir nicht machen.“
Da frage ich mich bei beiden: Warum haben sie keinen Kompromiss gefunden? Wäre das so schlimm gewesen? Barnabas kann ich mir vorstellen, hat Paulus vorgeworfen: „Weißt du nicht, wie ich dich damals eingeführt habe, und du lehnst jetzt Markus ab? Vertraust du mir nicht mehr? Was ist jetzt los?“
Paulus hat vielleicht gesagt: „Du bist einfach zu kompromissbereit, das ist dein Verwandter. Denk doch mal näher nach, bevor du deinen Cousin hier aus persönlichen Gründen mitnimmst.“ Das muss sich ziemlich aufgeschaukelt haben.
Was die Gemeinde dachte, sehen wir relativ deutlich: Barnabas nahm Markus mit sich und fuhr mit dem Schiff nach Zypern – sie fuhren einfach. Paulus wählte Silas und zog aus, von den Brüdern der Gnade Gottes anbefohlen. Paulus wurde also von der Gemeinde ausgesandt, Silas auch, Barnabas nicht. Die Gemeinde war auf Paulus’ Seite, muss man sagen.
Barnabas verschwindet dann langsam aus dem Blickfeld, man liest nicht mehr viel von ihm. Wie würde man das bewerten? Ist er an dieser Personalie, Johannes Markus, gescheitert?
Ich denke nicht. Zum einen konzentriert sich die Apostelgeschichte natürlich auf Paulus’ Dienst. Wenn von anderen Aposteln nichts mehr zu lesen ist, muss das nicht viel heißen. Von Thomas, der nach Indien ging, oder von Bartimäus und anderen steht ja auch nicht viel drin. Das muss nichts bedeuten.
Das hier war auf jeden Fall ein Tiefpunkt für beide, nicht nur für Barnabas. Auch für Paulus war das kein Ruhmesblatt.
Was ich ein bisschen schwierig finde, ist das Wort „Scheitern“. Manchmal konzentriert man sich so darauf. Zum Beispiel habe ich einmal einen Bruder erwähnt, der schon lange verstorben ist. Danach hieß es: „Du kannst doch den Bruder nicht so beurteilen, der hat doch das und das falsch gesagt.“ Ich sage: Warum nicht? Hat das etwas mit dem Thema zu tun?
Viele sagen, wenn einmal etwas schiefläuft, dann geht es nie mehr. Aber bei Gott ist es anders. Wenn du einmal scheiterst oder etwas nicht klappt, wird nicht alles verworfen.
Ich denke, wir können indirekt sehen, dass Barnabas nicht gescheitert ist, auch wenn wir hier nichts Weiteres von ihm lesen.
Du sagst indirekt – wie meinst du das? Von ihm lesen wir jetzt nichts mehr, außer mal eine ganz kurze Erwähnung, die aber zeitlich nicht einzuordnen ist. Von Markus hingegen lesen wir einiges. Und zwar von Paulus und Markus selbst.
Zehn Jahre später sagt Paulus im Kolosserbrief: „Es grüßt euch Aristarchus, mein Mitgefangener, und Markus, der Vetter des Barnabas.“ Das ist er also, ja. Bei Paulus heißt es: „Ihr habt seinetwegen Anordnung erhalten, wenn er zu euch kommt, so nehmt ihn auf.“ Zehn Jahre später ist also dieser Markus auf einmal Mitarbeiter des Paulus. Das bedeutet, der Konflikt muss beigelegt worden sein. Barnabas hat nämlich erkannt, dass in Markus Potenzial steckt. Diese Einschätzung hat sich bewahrheitet. Markus hat sich in der Zwischenzeit bewährt, und Paulus war sehr froh, ihn als Mitarbeiter zu haben.
Also hatte Barnabas den richtigen Blick. Barnabas hatte, wie bei Saulus, den richtigen Blick gehabt. Und es geht noch weiter: Acht Jahre später, in der römischen Gefangenschaft, sagt Paulus im zweiten Timotheusbrief 4,11: „Nimm Markus zu dir und bringe ihn mit, denn er ist mir sehr nützlich zum Dienst.“ Die Langzeitfolgen von Barnabas’ Einschätzung sind eindeutig: Das, was er gedacht hat, ist aufgegangen.
Markus war dann auch noch Mitarbeiter von Petrus. Das finde ich sehr interessant, denn die altkirchliche Überlieferung schreibt Markus das Markus-Evangelium zu. Er wäre demnach auch der Verfasser des Markus-Evangeliums. Langfristig hatte Barnabas also eindeutig Recht gehabt. Markus ist ein guter Diener geworden und sogar der Verfasser eines Evangeliums.
Mehr Recht haben kann man nicht. Der Konflikt damals war zwar nicht sofort gelöst, aber er muss sich gelöst haben. Auch jetzt, im Nachgang, sieht man das. Natürlich war nicht alles gut, was passiert ist – das ist für uns aber sehr tröstlich, weil wir ja keine Übermenschen sind. Trotzdem hat Gott Gnade geschenkt und seinen Brückenbauerdienst wirken lassen. Brückenbauer – das ist ein Wort, das mir so fernliegt, dass ich es kaum buchstabieren kann. Dennoch hat Barnabas diesen Dienst ausführen können, und es wurde die Gnade Gottes wirksam.
Das heißt: Sie hatten dieses Zerwürfnis, das tiefe Gräben aufgerissen hat. Aber offensichtlich, bei den Bibelstellen, die du jetzt zitiert hast, wird deutlich, dass diese Gräben überwunden wurden. Barnabas hat als Brückenbauer eine tiefe Segensspur in der Geschichte der frühen Christenheit hinterlassen. Er war ein Mensch, der einen Blick für Menschen hatte, der sie zusammenbrachte und förderte, der Gemeinden verband. Das hast du auch deutlich gemacht: Er hat gerade den Gedanken der Mission vorangebracht und Menschen zusammengebracht.
Ja, ich denke, von ihm konnten wir einiges lernen.
Das war es schon wieder, der Podcast der evangelischen Freikirche Evangelium für alle in Stuttgart.
Wir hoffen, ihr konntet einen Impuls für euch mitnehmen. Zum Abschluss grüßen wir euch mit einem Vers aus der Apostelgeschichte, Kapitel 11, Vers 25:
„Und Barnabas zog aus nach Tarsus, um Saulus aufzusuchen. Als er ihn gefunden hatte, brachte er ihn nach Antiochia.“
Damit stellt sich für uns noch eine praktische Frage: Wo kann ich in dieser Woche Brückenbauer für andere sein?
Ich denke, das können wir von Barnabas lernen. Wenn ihr Fragen habt, über die wir sprechen sollten, oder Anmerkungen zum Podcast, schreibt uns gerne unter podcast@efastuttgart.de.
Wir wünschen euch Gottes Segen und viele Brücken, die ihr bauen könnt.