Die Bedeutung der Adventszeit: Erinnerung an die Ankunft Gottes
Advent ist eine besondere Zeit im Jahresablauf. Für die einen ist sie besinnlich, für die anderen hektisch und stressig. Heute wollen wir besinnlich in diese Zeit hineingehen.
Besinnlich bedeutet, dass wir uns an den Grund dieser Adventszeit erinnern. Es geht um die Ankunft des Schöpfers. Gott kommt in diese Welt. Dabei schickt er nicht irgendeinen Menschen oder Diener, um sich vertreten zu lassen. Er sendet keinen Engel, sondern er selbst kommt – seinen eigenen Sohn, den Baumeister und Urheber des Alls.
Durch ihn hat Gott den Himmel geschaffen, durch ihn hat er das Meer in seine Grenzen eingeschlossen. Von ihm erhält die Sonne ihre Kraft, um ihren täglichen Lauf einzuhalten. Dem Befehl dieses Sohnes gehorcht der Mond, um nachts zu scheinen. Ihm ist alles zugeordnet, bestimmt und unterworfen. Diesen Sohn hat Gott uns gesandt.
Jesus verließ freiwillig die Herrlichkeit beim Vater. Gott wird Mensch und besucht uns. Er wird sichtbar, greifbar und verletzbar. Das wurde bereits angedeutet, als der Chor sang, dass er in einer Krippe zur Welt kam – verletzlich, als kleines Kind. Gott zum Anfassen – das ist fast nicht zu begreifen.
Und doch ist es wahr: Der Schöpfer des Himmels und der Erde hat die Menschen und die Welt besucht. Das Wort wurde Fleisch und wohnte unter uns. Wir sahen seine Herrlichkeit – eine Herrlichkeit als des eingeborenen Sohnes vom Vater, voller Gnade und Wahrheit.
Das Wort, der Inbegriff der göttlichen Kraft – so war das Denken in der Antike. Das Wort, Logos, wie es vielen bekannt ist, ist der Inbegriff der göttlichen Kraft. Und dieses Wort wurde Fleisch, wurde greifbar und sichtbar. Gott wurde erkennbar.
Die Sehnsucht, den Schöpfer zu sehen
Wenn ich wüsste, dass Gott irgendwo in dieser Welt erscheint – irgendwo, egal wo – kann ich euch garantieren, dass ich alles, aber wirklich alles daran setzen würde, den Schöpfer zu sehen. Alles.
Ich würde sofort Urlaub nehmen, selbst wenn er unbezahlte Ferien wären. Ich würde alles unternehmen, um den Schöpfer des Himmels und der Erde zu sehen.
Was muss das für ein Ereignis sein, wenn der Schöpfer des Himmels und der Erde in diese Welt kommt? Es ist kein Wunder, dass Menschen um den ganzen Erdball reisen, weil sie glauben, denjenigen entdeckt zu haben, der Gott ist.
Doch wenn tatsächlich Gott, der Schöpfer, in dieser Welt erscheint, würde ich alles daran setzen, ihn zu sehen. Das Geheimnis des Lebens, das Hunderte von Wissenschaften in Bewegung hält, würde gelöst werden.
Wenn der Schöpfer dieser Welt auftritt, wäre klar, woher das Leben kommt. Aber wer würde das heute noch glauben? In einer Zeit, in der Gott als Schöpfer systematisch aus unserem Gehirn und unserer Seele hinausgewischt wird und der Ursprung des Lebens dem Zufall zugeschrieben wird.
Wir bezeugen jedoch entgegen all diesen Versuchen und Überzeugungen: Wir stehen demgegenüber fest und sagen, wir sind überzeugt, dass Gott in die Welt gekommen ist – in Fleisch und Blut, so wie es das Wort Gottes sagt.
Vor bald zweitausend Jahren ist Gott in die Welt gekommen. Er hat uns Menschen besucht. Das ist die Adventsbotschaft.
Gott wird Mensch aus Liebe
Wie hätte Gott deutlicher zu uns Menschen sprechen können? Zwei Personen stehen bei einem Ameisenhaufen und unterhalten sich über Gott. Da fragt der eine: „Was würdest du tun, wenn du diesen Ameisen eine wichtige Botschaft übermitteln möchtest? Wie würdest du vorgehen, um diese Ameisen zu erreichen?“
Die Antwort ist einfach: Ich müsste selbst eine Ameise werden. Nur wenn ich eine Ameise wäre, könnte ich diesen Ameisen eine Botschaft übermitteln, ihnen helfen und sagen, was mir wichtig ist.
Genau das hat Gott getan. Er ist Mensch geworden. Er kam zu den Menschen und machte sich ihnen gleich, damit er uns ansprechen kann.
Der Grund, warum er so gehandelt hat – warum der Schöpfer dieser Welt zerbrechlich und verletzlich in einer Futterkrippe erschien und Verfolgung ausgesetzt war – lässt sich mit einem Wort zusammenfassen: Liebe.
Es gibt keine andere Erklärung als Liebe. Es gibt keine logische Erklärung für das, was der Schöpfer getan hat – nur Liebe. Nur vollkommene Liebe kann so selbstlos handeln.
Denn so hat Gott die Welt geliebt, dass er seinen eingeborenen Sohn gab, damit alle, die an ihn glauben, nicht verloren gehen, sondern das ewige Leben haben (Johannes 3,16).
Liebe ist das einzig einsichtige Motiv für ein solches Handeln: Gottes Liebe zur Welt, seine Liebe zu uns Menschen, seiner Schöpfung, seinen Geschöpfen.
Die Tiefe der göttlichen Liebe verstehen
Irgendwie ist es schwer zu begreifen: Gott hätte doch anders handeln können als aus Liebe. Warum entwürdigt er sich selbst? Warum lässt er sich so tief in diese Welt hineinfallen, die voller Hass, Neid, Krieg und Bosheit ist?
Eine kleine Geschichte kann uns das vielleicht verdeutlichen. Sadhu Sundar Singh erzählt: Ein König hatte einen Minister, einen sehr gebildeten Mann, der Christ wurde und seinen Glauben auch Bekannten erklärte. Er sagte, dass er an Jesus glaube, der in diese Welt gekommen sei, um sie von Schuld und Tod zu erlösen.
Dem König war das unverständlich. Er meinte: Wenn ich will, dass etwas geschehen soll, dann gebiete ich meinen Dienern, und das genügt. Warum sollte der König aller Könige selbst in diese Welt kommen? Das hatte der König nicht begriffen.
Der König wollte den Minister wegen seiner Bekehrung zum Christusglauben entlassen. Dabei versprach er ihm Gnade, wenn er eine Antwort auf diese Frage wüsste.
„Gewähre mir vierundzwanzig Stunden Majestät“, erwiderte der Minister, „und ich will euch antworten.“ Er ließ einen geschickten Schnitzkünstler holen und trug ihm auf, eine Puppe anzufertigen und sie genauso zu kleiden wie das zweijährige Kind des Königs.
Am folgenden Tag machte der König im Boot eine Spazierfahrt. Der Schnitzkünstler war angewiesen, sich am Ufer des Flusses zu halten und auf ein vereinbartes Zeichen die Puppe ins Wasser zu werfen.
Der König sah die Puppe fallen und sprang, in der Meinung, es sei sein eigenes Kind, ins Wasser, um es zu retten.
Der Minister fragte ihn dann, warum er selbst sein Kind habe retten wollen, während doch ein Wort an seine Diener genügt hätte, und diese wären gesprungen.
Der König antwortete: „Es ist das Herz des Vaters, das so handeln musste.“
Der Minister sagte daraufhin: „So hat sich auch Gott nicht damit zufrieden gegeben, den Menschen nur eine Heilsbotschaft zu senden, sondern seine unendliche Liebe ließ ihn selbst vom Himmel herabsteigen, um uns zu retten.“
Gottes Liebe als Motivation für sein Handeln
Jawohl, genau das ist es. Es ist das Herz des Vaters, das so handeln musste. Gott konnte nicht aus der Distanz handeln. Seine Liebe zu seiner Schöpfung und seinen Geschöpfen ist so groß, dass er selbst in diese Welt kommen musste, dass er uns Menschen selbst begegnen wollte.
Die Liebe Gottes hat in der Sendung seines eigenen Sohnes ihren Höhepunkt erreicht. So schreibt Johannes: Darin ist erschienen die Liebe Gottes unter uns, dass Gott seinen eingeborenen Sohn gesandt hat in die Welt, damit wir durch ihn leben sollen (1. Johannes 4,9).
Darin besteht die Liebe nicht, dass wir Gott geliebt haben, sondern dass er uns geliebt hat und seinen Sohn gesandt hat zur Versöhnung für unsere Sünden. Das ist das Wunderbare am Evangelium: Gott hat uns zuerst geliebt.
Ein alter, neunzigjähriger Mann wurde einst gefragt: „Haben Sie den Herrn Jesus lieb?“ Der alte Mann antwortete mit einem freundlichen Lächeln: „Ja, ich habe ihn lieb, aber ich kann Ihnen noch etwas viel Besseres sagen.“
Der Freund, der ihn angesprochen hatte, fragte: „Kann es noch etwas Besseres geben, als Jesus zu lieben? Was könnte das sein?“
Und der Alte erwiderte: „Er hat mich geliebt, er liebt mich.“ Das ist das Großartige, nicht dass wir Gott lieben.
„Gott liebt mich“ – das ist die Botschaft auch von Advent. Seine Liebe weckt in mir überhaupt erst die Liebe zu ihm. Hätte er mich nicht geliebt, hätte ich keine Liebe zu ihm.
Gott hat mich zuerst geliebt. Ohne seine Liebe sind wir schlicht liebensunfähig. Das ist das Großartige: Nicht unsere Liebe zu Gott, sondern Gottes Liebe zu uns hat uns verändert. Nicht die Liebe, die wir zu Gott haben, hat uns verändert, sondern die Liebe, die Gott zu uns hat, verändert uns und weckt in uns die Liebe zu ihm.
Gottes Ziel: Ewiges Leben für alle Gläubigen
Das Ziel der Liebe Gottes ist ganz deutlich: Alle, die an ihn glauben, sollen nicht verloren gehen, sondern das ewige Leben haben. Gott will ewiges Leben schenken. Er weiß um die Verlorenheit des Menschen.
Wir stehen als Menschen nicht auf einem neutralen Boden, wo wir einfach sagen können: Ja, ich möchte jetzt lieber etwas fromm sein und Jesus nachfolgen, oder ich möchte es nicht. Wir sind als Menschen hoffnungslos verloren. Das ist vergleichbar mit einem brennenden Haus, in dem niemand weiß, wo der Ausgang ist, und jeder seinem Untergang ins Auge sehen muss.
Gott sieht dieses brennende Haus, und es zerreißt ihm das Herz, dass wir Menschen so verloren sind. Deshalb hat er alles daran gesetzt, uns den Weg aus diesem Haus zu zeigen. Er erklärt uns, wie wir aus dieser Verlorenheit, aus diesem brennenden Haus, herauskommen können.
Er will uns nicht dem Verderben überlassen. Er will uns ewiges, unvergängliches Leben schenken – jedem, jedem von uns, jedem, der hier ist. Wenn du dieses ewige Leben noch nicht hast und auf Gottes Liebe nicht eingegangen bist, darf ich dich fragen: Was hält dich eigentlich davon ab? Was ist der Hinderungsgrund? Wie kannst du überhaupt dieser Liebe widerstehen?
Kennst du ein größeres Beispiel der Liebe? Viele sprechen von Liebe, doch von Liebe zu reden und aus Liebe zu handeln, sind zwei verschiedene Dinge. Kennst du wirklich ein größeres Beispiel der Liebe? Verachtest du den Reichtum an Liebe, den Gott dir schenken möchte?
Gottes Güte als Einladung zur Umkehr
Paulus sagt: Oder betrachtest du seine große Güte, Nachsicht und Geduld als selbstverständlich? Begreifst du nicht, dass Gottes Güte dich zur Umkehr bringen will? Verstehst du nicht, dass Gott all das tut, weil er dir ewige Werte schenken möchte? Er möchte dein Leben neu machen. Der Gott der Liebe will dich gewinnen.
Er verlangt nicht, dass du ihm irgendeine Leistung bringst oder gar makellos vor ihm stehst. Seine Liebe stellt keine Bedingungen. Wenn du nicht gesündigt hast, dann werde ich dir gnädig sein – so lautet nicht das Prinzip.
Paulus schreibt, dass Gott uns seine Liebe dadurch beweist, dass Christus für uns starb. Nicht erst, als wir alles geordnet hatten, sondern als wir noch Sünder waren. Schon damals ist Christus für uns gestorben. Das war kein Anreiz oder eine Belohnung für unser Verhalten. Als wir noch Sünder waren, starb Christus für uns.
Darum kann es jetzt, nachdem wir aufgrund seines Blutes für gerecht erklärt worden sind, keine Frage mehr sein, dass wir durch ihn vor dem kommenden Zorn Gottes gerettet werden.
So lass dich mit Gott versöhnen, wenn du nicht schon mit ihm versöhnt bist. Weiche seiner Liebe nicht aus, schlage sie nicht aus. Liebe drängt sich nie auf – niemals! Du musst nicht erwarten, dass Gott dich zwingt und sagt: „So, ab jetzt stelle ich dich hier hin, und jetzt glaubst du!“ Das will Gott nicht.
Liebe ist immer ohne Zwang. Liebe kann nicht zwingen. Ich kann keinen zwingen, zu sagen: „Jetzt liebst du mich! Und wenn du mich nicht liebst, dann bringe ich dich um!“ Das funktioniert nicht, und Gott wird das auch nicht tun.
Liebe bietet sich an, Liebe offeriert sich. Gott bietet dir seine Liebe an. Du kannst sagen: „Das interessiert mich nicht. Was geht mich deine Liebe an?“ – das steht dir frei.
Die Einladung zur Versöhnung und die Hoffnung auf den zweiten Advent
So lass dich doch mit Gott versöhnen und weiche seiner Liebe nicht aus. Dann, und das kann ich dir garantieren, wirst du Advent erfahren – und zwar den richtigen. Gott wird in dein Herz einziehen, dein Leben bekommt neue Perspektiven und eine neue Zukunft. Vor allem aber erhältst du ewiges Leben. Ich bin gerne bereit, dir bei diesem Schritt zu helfen.
Gott kommt in diese Welt. Er wird fassbar, greifbar und verletzbar. Er kommt in eine Welt, die ihn ausstößt und keinen Platz für ihn findet. Er erniedrigt sich, um mit uns sprechen zu können. Er nimmt alles auf sich, sogar lässt er sich ans Kreuz schlagen und von den Menschen hinrichten. Die Geschöpfe richten den Schöpfer – eine Katastrophe. Und Jesus lässt sich das alles gefallen. Warum? Aus vollkommener Liebe zu uns.
Diesen Advent feiern wir im Rückblick auf dieses wunderbare Handeln Gottes in der Vergangenheit. Wir leben aber immer im Advent, jedenfalls diejenigen, die Kinder Gottes sind – die auf die Liebe Gottes reagiert haben und die Liebe Gottes angenommen haben. Sie leben jetzt ständig im zweiten Advent. Der zweite Advent ist, wenn Jesus wiederkommt.
Das nächste Mal wird er nicht verlässlich als Kind kommen. Das nächste Mal wird er in Macht und Herrlichkeit in dieser Welt erscheinen – als Richter. Petrus schreibt den Gemeinden: Unser Bürgerrecht, das Bürgerrecht derer, die ewiges Leben haben, ist im Himmel, woher wir auch den Heiland, den Herrn Jesus Christus, erwarten (Philipper 3,20-21).
Erwartet ihr den Heiland? Habt ihr Advent – unseren zweiten Advent? Wir warten nicht auf das Kind in der Krippe, denn da wären wir ja noch nicht aus unseren Kinderschuhen heraus. Wir warten nicht auf das Kind in der Krippe. Wir warten auf den, der vom Himmel herkommt mit Macht und Herrlichkeit.
Darum kann er jetzt, nachdem wir auf Grund – entschuldigung, jetzt habe ich den falschen Vers – den Vers müssen wir noch einmal nennen: Unser Bürgerrecht aber ist im Himmel, woher wir auch erwarten den Heiland, den Herrn Jesus Christus, der unseren nichtigen Leib verwandeln wird, dass er gleich werde seinem verherrlichten Leibe nach der Kraft, mit der er sich alle Dinge untertan machen kann (Philipper 3,20-21). Das ist unser Advent, auf den wir heute warten – im Dezember, im Januar, im Februar, März, April, Mai, Juni, Juli, August, September, Oktober, November, Dezember, Januar, Februar – bis Jesus kommt.
Das ist immer unser Advent. Warten wir? Was für eine Freude wird es sein, wenn dieser Tag da ist, an dem Jesus in Macht und Herrlichkeit wiederkommt! Und was für ein Geschenk ist es, wenn jeder hier im Raum jetzt sagen kann: Ja, Herr Jesus, ich bin bereit, wenn du kommst. Du hast mir ewiges Leben geschenkt.
Und wenn du das nicht sagen kannst, dann antworte doch auf diese vollkommene Liebe Gottes.
Schlussgebet: Dankbarkeit und Vorfreude auf die Wiederkunft Jesu
Amen. Ich bete mit uns.
Ich möchte dir danken, Vater, für deine wunderbare, unaussprechliche und unbegreifliche Liebe, die du uns erwiesen hast. Du hast deinen eigenen Sohn in diese Welt gesandt, damit wir, wenn wir an dich glauben, nicht verlorengehen.
Du hast uns im Übermaß beschenkt, und wir danken dir dafür. Wir danken dir auch, dass wir wissen, dass du, Herr Jesus, wiederkommst. Es kann heute sein, es kann morgen sein, es kann in zehn Jahren oder hundert Jahren sein – wir wissen es einfach nicht. Aber wir warten auf dich und freuen uns auf den Tag deiner Wiederkunft.
Dann wirst du uns die Tränen abwischen, dann wird alles Leid ein Ende haben, und dann werden wir bei dir sein, in deiner Gemeinschaft. Ich freue mich, Herr, auf diesen Tag. Amen.
