Erlebnispädagogik und gelebter Glaube
Als Jesus mit den Jüngern auf dem Boot war und ein Sturm aufkam, hatten sie Angst. Doch er sagte nicht: „Jetzt habt ihr Angst, und in fünf Stunden machen wir eine Bibelarbeit über Angst.“ Nein, er stillte den Sturm. Danach fragte er sie: „Warum habt ihr so wenig Glauben?“
Das ist Erlebnispädagogik – ein Begriff, der eigentlich nur normales Leben beschreibt. Man erlebt das, was man lehrt. Sehr oft ist es so, dass das, was wir predigen, nicht das ist, was wir tatsächlich leben. Glaube nicht, dass jeder, der hier predigt, auch wirklich lebt, was er predigt. Das wäre sehr naiv.
Wir predigen oft richtige Dinge, leben aber etwas anderes. Auch in der Apostelgeschichte musste Gott oft Visionen verwenden. Betus predigte, dass der Heilige Geist auf alle Nationen ausgegossen wird. Das hat er zu Pfingsten gepredigt – wunderbar. Aber er glaubte es nicht wirklich. Er wäre nie in ein Haus von Heiden gegangen. Das Wort Gottes allein hat ihm nicht geholfen; er musste ein Erlebnis haben.
Oft prägen Erlebnisse viel mehr als nur das Wort. Darum geht es eigentlich: So prägt Gott uns im Leben.
Ganzheitliche Heilung: Körper, Seele und Geist
Unser Thema, zumindest mein Thema für diese paar Abende, ist Körper, Seele und Geist – eben unser Thema vom Tauernhof: der ganzheitliche Mensch.
Wir haben gestern bereits im 1. Thessalonicher 5,23 gelesen, dass es Gottes Anliegen ist, dass wir geheiligt werden an Geist, Seele und Leib. Ebenso ist es Gottes Wunsch, dass wir bewahrt bleiben an Geist, Seele und Leib.
Wer die Bibel liest, kann nicht übersehen, dass Jesus Menschen körperlich geheilt hat. Und zwar nicht nur ein paarmal, sondern ständig. In den Evangelien lesen wir immer wieder: „Und sie kamen alle zu ihm, und er hat alle geheilt.“ Das waren Hunderte oder Tausende über die drei Jahre, in denen er körperlich heilte.
Wir wissen aber auch, dass Jesus Menschen nicht nur körperlich heilte, sondern auch seelisch. Ein Beispiel ist die Frau am Brunnen, die Samariterin. Soweit wir wissen, war sie körperlich völlig gesund, aber ihre Seele war krank. Jesus hat ihre Seele geheilt.
In Johannes 3 begegnen wir einem anderen Mann, Nikodemus. Er war körperlich gesund, soweit wir wissen, und auch seelisch nicht krank. Er war ein angesehener, respektierter Mann. Aber sein Geist war krank, und er musste am Geist geheilt werden.
So heilt Gott den Menschen als Ganzes: Körper, Seele und Geist.
Persönliche Erfahrungen mit Heilung
Ich bin sehr dankbar, sagen zu dürfen, dass Gott an mir dasselbe gewirkt hat und ich Heilung an Geist, Seele und Leib erfahren durfte.
Als ich fünfzehn Jahre alt war – ich bin jetzt einundfünfzig, wie die meisten von euch wissen – ging ich in unseren Jugendkreis in der evangelischen Kirche in der Ramsau. Es ist meine Gemeinde, meine Kirche, und ich freue mich, hier dabei zu sein. Dort hatten wir einen Jugendwart, der uns jeden Samstag von Jesus erzählte. Außerdem waren schöne Mädchen da, was auch half, hinzugehen, und es waren auch coole Jungs dabei. So bin ich jeden Samstag hingegangen und habe immer zugehört.
Was der Jugendwart sagte, habe ich immer irgendwie als wahr empfunden. Zwei Jahre später habe ich in meiner Gemeinde meine Entscheidung für Christus getroffen. Ich habe Jesus ganz persönlich kennengelernt. Interessanterweise kann ich dir heute nicht sagen, warum ich wusste, dass es wahr ist. Ich konnte es ja nicht nachprüfen, aber ich wusste, dass das, was er sagte, stimmt. Das ist hochinteressant: Wenn Menschen zum Glauben an Jesus kommen, egal ob sie fünf, fünfzehn oder fünfzig Jahre alt sind – das spielt keine Rolle – hören sie jemandem zu oder lesen etwas und wissen, dass es wahr ist, ohne zu wissen, warum. Das ist das Wirken Gottes.
Es ist meine tiefe Überzeugung, dass ein Mensch nur durch Offenbarung Christ werden kann. Wenn Gott sich dir nicht offenbart, kannst du niemals zu ihm kommen. Jesus sagte ja auch einmal: Niemand kann zu mir kommen, es sei denn, der Vater zieht ihn. Und der Vater zieht jeden Menschen. Aber es ist Gottes Wirken, eine Offenbarung, durch die wir wissen, dass es wahr ist.
So habe ich geistliche Heilung erfahren und geistliches Leben bekommen. Auch an der Seele durfte ich Heilung erfahren. Als ich so alt war wie David, 17 oder 18 Jahre, hatte ich hier in der Region einen extremen Minderwertigkeitskomplex. Ich könnte dir die Gründe nennen, aber das ist jetzt nicht wichtig. Rückblickend kann man einiges erkennen, warum man so war. Wegen dieses Komplexes habe ich dumme Dinge getan, die peinlich sind. Das waren keine Lausbubenstreiche – die liebe ich, das ist super, Kinder müssen auch Lausbuben sein, das ist völlig okay – aber es waren dumme und peinliche Dinge, die ich einfach aus einem Komplex heraus getan habe. Dabei habe ich auch Menschen verletzt.
Interessanterweise habe ich vor etwa zehn Jahren in Australien, in Brisbane, bei einer Konferenz gepredigt. Dort war ein zweiter Sprecher, ein lieber Freund von mir, Charles Price, Pfarrer in Toronto. Wir beide waren die Sprecher. Abends haben wir in derselben Hütte gewohnt. Charles erzählte mir, dass er mit sechzehn oder siebzehn Jahren ebenfalls einen starken Komplex hatte. Ich sagte ihm, das sei aber komisch, denn ich sehe bei ihm heute überhaupt nichts mehr von einem Komplex. Er sei ein gestandener Mann mit gesundem Selbstbewusstsein. Charles Price wird inzwischen in Kanada von Gott wunderbar gebraucht. Er predigt jeden Sonntag zu Millionen von Menschen und ist auf vielen Fernsehkanälen zu sehen.
Ich erzählte ihm, dass es mir ähnlich ging, nur noch schlimmer als ihm. Einige Jahre später, so mit neunzehn, zwanzig oder einundzwanzig, sagte er zu mir: „Hans-Peter, ich sehe bei dir auch nicht viele Komplexe. Du hast ein gesundes Selbstbewusstsein, das scheint mir.“ Da wurde mir zum ersten Mal bewusst, dass ich eigentlich keine blöden Dinge mehr tun muss. Ich kann normal leben. Ich habe eine seelische Heilung erfahren.
Ich war nie in einer Selbsterfahrungsgruppe oder Ähnlichem. Ich habe mich über die Jahre einfach mit dem Wort Gottes beschäftigt, und Gott hat mir Heilung geschenkt.
Auch eine körperliche Heilung durfte ich erleben. Neun Jahre lang war ich hauptberuflich Bergführer und Skilehrer. Ich hatte eine kleine Bergsteigerschule, wir waren nur zu zweit, und im Winter war ich Skilehrer. Meine Haut war immer gesund, es gab nie Probleme.
Dann, als ich begann, am Dauernhof zu arbeiten, konnte ich die Sonne nicht mehr ertragen. Ich war damals auf einem Kurs am Gletscher, und plötzlich, von einem Tag auf den anderen, konnte ich nicht mehr in die Sonne. Besonders mein Gesicht war betroffen: Es hatte Wasser unter der Haut, war ganz rot, es juckte und tat weh.
Ich bin von Arzt zu Arzt gegangen, über zwei Jahre lang. Jeder sagte, es sei keine Sonnenallergie, aber ich vertrage die Sonne nicht. Sie konnten mir nichts geben außer Kortison, das linderte zwar, heilte aber nicht.
Die Situation wurde immer schlimmer. Nach zwei Jahren konnte ich das Haus ohne Gesichtsmaske nicht mehr verlassen. Meine Frau nähte oder strickte mir Masken. Das war ziemlich extrem.
Während dieser Zeit habe ich oft Jakobus 5 gelesen. Dort steht: „Ist jemand krank unter euch, er rufe die Ältesten, sie sollen zu ihm kommen, ihn mit Öl salben, seine Sünden bekennen und für ihn beten, und der Herr wird den Kranken aufrichten.“ Ich habe das oft gelesen, aber dachte immer, das passt nicht zu mir.
Nach zwei Jahren und vielen Arztbesuchen, als es immer schlimmer wurde, las ich den Text erneut und dachte: Jetzt ist es dran. Ich rief einige Freunde an, die kamen. Sie salbten mich mit einem Babyöl, wir bekannten unsere Sünden und beteten für mich.
Zwei Tage später war mein Gesicht völlig gesund. Seitdem ist mein Gesicht gut. Der Rest meines Körpers ist zwar noch etwas empfindlich. Wenn ich viel in der Sonne bin, wie in den letzten Tagen, bekomme ich noch kleine Reaktionen. Aber das ist völlig irrelevant im Vergleich zu dem, was es damals war.
Ich bin dankbar, erfahren zu haben, dass Gott an Geist, Seele und Leib heilt.
Gottes Anliegen: Heilung und Rettung
Es ist ganz offensichtlich, dass es Gottes Anliegen ist, dass seine Kinder gesund sind. Im zweiten Buch Mose, Kapitel 15, Vers 26, stellt sich Gott seinem Volk Israel mit dem Namen Jehova Rapha vor: „Ich bin der Herr, dein Arzt.“ Ein schöner Name, der klar zeigt, dass Gott als Arzt für sein Volk da ist (2. Mose 15,26).
Als Jesus geboren wurde, lesen wir in Lukas 2,10-11: „Ich verkündige euch große Freude; euch ist heute der Retter geboren.“ Weil sich Gott uns als Arzt und als Retter vorstellt, können wir mit Gewissheit sagen, dass Gottes Anliegen für uns Heilung und Rettung ist. Jesaja 53 sagt: „Durch seine Wunden sind wir geheilt.“ Das ist ganz eindeutig in der Bibel festgehalten.
Allerdings haben viele von uns eine ganz andere Erfahrung gemacht. Nämlich, dass liebe, gläubige und hingegebene Menschen krank sind, dass man für sie betet und sie dennoch nicht gesund werden. Das erleben wir immer wieder. Ich denke dabei an eine liebe Freundin, die hier in Schladming wohnt, die Gerti. Sie sitzt seit 18 Jahren im Rollstuhl. Und nicht nur das, es gibt viele Menschen im Rollstuhl, aber Gerti hat jeden Tag Schmerzen. Kein Tag vergeht ohne Schmerzen.
Manchmal kommt sie zu den Versammlungen. Ich halte manchmal Bibelstunden für Einheimische, und da wird sie im Rollstuhl hierher getragen. Es ist so schön, wenn sie da ist, aber oft ist es für die Besucher unangenehm, weil sie plötzlich etwa drei Minuten lang schreit, weil sie solche Schmerzen hat. Das passiert ungefähr jede Stunde – und das seit 18 Jahren. Wir haben schon für sie gebetet, aber Gott hat nichts getan, zumindest nicht in Bezug auf körperliche Heilung.
Das ist auch der Grund, warum sich manche Menschen verständlicherweise von Gott abwenden. Ich kann das nachvollziehen. Da sagen Leute: „Schau, da ist ein gläubiger Mensch, der glaubt, dass Gott ihn liebt und es gut mit ihm meint, aber man sieht nichts davon. Wo ist die Güte Gottes?“ Diese Fragen müssen zugelassen werden, denn sie sind berechtigt.
Allerdings gilt: Wer sagt, er könne nicht mehr an den Gott der Bibel glauben angesichts all des Bösen und Leids in der Welt, dem antworte ich: Ich verstehe dein Anliegen. Aber gerade weil so viel Leid und Not in der Welt ist, gerade deshalb glaube ich an den Gott der Bibel. Denn genau das verkündet die Bibel.
Die Bibel sagt nicht, dass diese Welt schön oder vollkommen ist. Im Gegenteil: Die Bibel sagt, diese Welt ist gefallen. Paulus bringt es im Römerbrief, Kapitel 8, Vers 22, gut zum Ausdruck: „Die ganze Welt, die ganze Schöpfung seufzt und stöhnt und sehnt sich nach Erlösung.“ Das ist das biblische Weltbild.
Wenn du also Not und Leid siehst, dann lies die Bibel: Dort ist genau beschrieben, dass es so ist. Darum glaube ich an den Gott der Bibel, weil das, was ich in der Bibel lese und was ich in der Realität erfahre, genau dasselbe ist.
Man kann jetzt fragen: Warum beschreibt sich Gott als unser Arzt? Aus einem ganz einfachen Grund: Weil wir krank sind. Wenn wir nicht krank wären, bräuchten wir keinen Arzt.
Warum stellt sich Gott als unser Retter vor? Ebenfalls aus einem ganz einfachen Grund: Weil wir verloren sind. Wenn wir nicht verloren wären, bräuchten wir keinen Retter.
Ich bin im Bergrettungsdienst tätig, auch im Höllenrettungsdienst. Wisst ihr, warum es einen Bergrettungsdienst gibt? Weil es am Berg Verlorene gibt. Gäbe es am Berg keinen einzigen Verlorenen, bräuchten wir keinen Bergrettungsdienst.
Darum ist Gott unser Arzt und unser Retter – nicht weil alles so super ist, sondern weil wir krank sind und verloren.
Das ist die Geschichte, die Gott mit uns Menschen schreibt: Einerseits sehen wir in dieser Welt und im eigenen Leben die Tragik der Sünde, andererseits erkennen wir die Realität unseres Arztes und Retters. In dieser Spannung leben wir – das heißt leben.
Heilung am Teich Bethesda: Hoffnung und Verantwortung
Da gibt es eine wunderschöne Geschichte, ein schönes Beispiel für die Realität der Gegenwart Gottes einerseits und der Tragik der Sünde andererseits, im Johannesevangelium. Schlagt bitte mit mir, wenn ihr eine Bibel dabei habt, Johannes 5 auf.
Übrigens muss ich dazu sagen: Ein lieber Freund von mir, auch aus Charlin, Hans Joachim Eckstein, hat eine Bibelarbeit darüber gemacht. Vieles, was ich jetzt sage, habe ich von Hans Joachim. Also nicht, wenn ihr Hans Joachim hört, denkt, er stiehlt alles von Hans Bethes – umgekehrt. Aber Hans Joachim hat es so schön ausgedrückt, ich könnte es nicht besser sagen.
Da lesen wir in Johannes 5, Verse 1 bis 5. Bitte lest die mit mir:
„Danach war ein Fest der Juden, und Jesus ging hinauf nach Jerusalem. Es ist aber in Jerusalem bei dem Schaftor ein Teich, der auf Hebräisch Betesda genannt wird, der fünf Säulenhallen hat. In diesem lag eine Menge Kranker, Blinder, Lahmer und Dürrer.“
Dann steht in manchen Übersetzungen Vers 4, das ist so klein, dass ich es ohne Brille nicht mehr lesen kann. Warte mal, hier geht es halbwegs:
„Wenn die Bewegung des Wassers kam, warteten sie auf die Bewegung des Wassers, denn ein Engel des Herrn stieg zu bestimmten Zeiten in den Teich herab und bewegte das Wasser. Wer nun nach der Bewegung des Wassers zuerst hineinstieg, der wurde gesund, mit welcher Krankheit er auch behaftet war.“
Das sind die späteren Handschriften.
Dann im Vers 5: „Es war aber ein Mensch dort, der achtunddreißig Jahre mit seiner Krankheit behaftet war.“ Da lag ein Mann in dieser Säulenhalle, der war 38 Jahre krank.
38 Jahre sind lang. Die meisten von euch sind nicht mal so alt. 38 Jahre sind ein halbes Leben. Und 38 Jahre lag dieser Mann krank.
Man muss sich das nicht nur so lesen: Ich hatte gerade einen Monat lang eine Grippe, die ich nicht loswurde, jetzt im Frühjahr, im Juni. Ich sage euch, ich bin ein ungeduldiger Kranker. Männer jammern sowieso viel mehr als Frauen, das wissen wir eh. Sie wollen betreut werden, die Ehepaare wissen das. Meine Frau hält viel mehr aus als ich, aber ich bin da ungeduldig.
Eine Woche, ja, das ist halt so. Aber in der zweiten Woche denke ich mir, jetzt reicht es langsam, ich möchte wieder normal etwas tun können. Und einen Monat ist mir schon zu lang, wenn man nur eine Grippe hat.
Dieser Mann hatte nicht nur eine Grippe, sondern er war gelähmt. Und nicht einen Monat, sondern 38 Jahre. Das war die Realität für diesen Mann. Und das ist die Realität für viele Menschen heute.
Man fragt sich manchmal, wie ein Mann wie dieser die Kraft und den Willen findet, überhaupt noch weiterzuleben. Ich muss ehrlich sagen, ich wüsste nicht, was ich tun würde, wenn ich 38 Jahre gelähmt wäre. Ob ich da noch weiterleben will, habe ich keine Ahnung. Ich bin es ja nicht.
Aber ich frage mich schon manchmal bei Menschen. Ich kenne auch Menschen, die sind jetzt nicht unbedingt körperlich krank, aber sie sind in ihrer Seele krank. Für die ist alles nur schlecht. Sie kritisieren alles, egal ob sie im Urlaub sind oder zu Hause. Irgendwas passt immer nicht. Sie bekritteln jeden, das Wetter, wenn es warm ist wie heute, dann ist es zu heiß, wenn es regnet, zu nass, wenn es kalt ist, zu kalt. Egal was es ist, sie finden immer etwas, das nicht passt.
Und ich denke mir bei diesen Leuten manchmal: Warum willst du überhaupt noch weiterleben? Ich mache das Leben für dich sowieso nur zur Plage.
Ich muss mich echt manchmal fragen, warum manche Menschen überhaupt noch einen Tag leben wollen. Oder wo Menschen wirklich leiden und krank sind, fragt man sich, wo sie den Willen zum Leben hernehmen.
Und die Antwort kann nur die Hoffnung sein. So wie dieser Mann, der 38 Jahre krank ist. Der muss gehofft haben: Vielleicht kommt der Tag, der kommen muss, an dem ich der Erste bin, wenn sich das Wasser bewegt. Dann werde ich gesund sein.
Aber, Freunde, das ist ein bisschen unrealistisch. Immer wenn es 38 Jahre nicht geklappt hat, wird er ja immer älter. Und da ist immer noch weniger Muskelkraft vorhanden. Wie soll der mit 40 reinkommen? Mit 50 schon gar nicht mehr.
Aber irgendwo hatte er Hoffnung. Und Hoffnung stirbt zuletzt, sagt ein Sprichwort.
Da gibt es einen super Vers im Römer 4,18 über Abraham. Da lesen wir: „Abraham hat gegen Hoffnung auf Hoffnung geglaubt.“ Das ist ein interessanter Satz: gegen Hoffnung auf Hoffnung.
Weißt du warum? Weil Abraham Sarah angeschaut hat. Abraham war hundert, sie war neunzig. Sarah hat gesagt, das sieht nicht mehr gut aus. Wenn ich dich anschaue, da wird nichts mehr. Und sie hat ihn angeschaut und gesagt: Bei dir sieht es noch schlechter aus, da geht überhaupt nichts mehr.
Da war keine Hoffnung mehr. Und doch haben sie gegen Hoffnung auf Hoffnung geglaubt. Und ein Kind ist geboren. Das ist ein Wunder, mit neunzig und hundert.
Und so ist es auch mit der Hoffnung bei diesem Mann.
Er liegt 38 Jahre da, und dann kommt Jesus.
Jetzt ist es faszinierend: Im Vers 6, als Jesus diesen Mann daliegen sah und wusste, dass es schon lange Zeit so mit ihm stand – Jesus ist der Messias und ein Prophet, er kann Gedanken lesen – er wusste, dieser Mann liegt 38 Jahre da.
Da spricht Jesus zu diesem Mann: „Willst du gesund werden?“
Weißt du was? Früher habe ich mir, ich sage das jetzt ganz ehrlich, gedacht, das ist eine blöde Frage. Jesus weiß, dass der Mann 38 Jahre krank ist, er weiß, dass er jeden Tag versucht hat, zum Wasser zu kommen. Und dann kommt Jesus rein und fragt ihn: Willst du eigentlich gesund werden?
Wenn ich das gelesen habe, habe ich weitergelesen, weil ich es nicht kapiert habe. Und ich habe auch niemanden gefunden, der mir das vernünftig erklärt hätte.
Aber das ist das Schöne am Älterwerden: Älterwerden hat etwas Schönes an sich. Man gewinnt Lebenserfahrung.
Und in Seelsorgegesprächen, wo Leute kommen und über Dinge reden, habe ich etwas festgestellt. Es gibt Leute, die kommen und bitten um Hilfe.
Aber wisst ihr, was ich auch festgestellt habe bei manchen? Sie bitten um Hilfe, aber sie wollen nicht geheilt werden.
Ich habe Menschen gehabt, die kommen, erzählen ihre Geschichte, und nach fünf Minuten merkt man: In diesem Menschen ist Bitterkeit, da ist Zorn, da ist Unvergebenheit, da ist Kritiklust.
Und dann sprichst du ihn darauf an und fragst: Willst du deinen Zorn, deine Bitterkeit loswerden?
Dann sagt er: Ja, irgendwie schon.
Dann sagst du: Du musst einfach vergeben.
Dann sagt er: Nein, ich will nicht geheilt werden.
Es gibt Menschen, die wollen nicht geheilt werden. Die bleiben lieber den Rest ihres Lebens negativ, bitter, zornig und kritiklustig. Die wollen nicht gesund sein.
Und Jesus fragt diesen Mann – das ist interessant – er fragt ihn: Willst du gesund werden? Ich komme später noch mal darauf zurück.
Was ist dein eigentliches Problem?
Und was der Kranke jetzt sagt, das finde ich gewaltig. Er sagt hier in Johannes 5, Vers 7:
„Der Kranke antwortete ihm: Herr, ich habe keinen Menschen.“
Herr, ich habe keinen Menschen.
Wisst ihr, was das Problem dieses Kranken war? Nicht seine Gelähmtheit, es war seine Einsamkeit.
Und Jesus fragt ihn: Willst du gesund werden? Was ist dein Problem?
Herr, ich habe keinen Menschen.
Es gibt niemanden, der wirklich zu mir steht. Es gibt niemanden, der wirklich zu mir kommt.
Und dann sagt der Kranke noch etwas Zweites. Er sagt:
„Herr, ich habe keinen Menschen, der mich, wenn das Wasser bewegt worden ist, in den Teich wirft. Während ich aber komme, da steige ein anderer vor mir hinab.“
Das heißt, er sagt: Ja, in dieser Säulenhalle liegen viele Lahme, Krüppel, Gelähmte, Blinde. Irgendwie sind wir uns schon vertraut und befreundet, aber letztlich schaut jeder auf sich selbst.
Ich komme immer zu spät. Es ist immer einer vor mir da, und es gibt niemanden, der mich hintragen oder hineinwerfen würde.
Er hatte Beziehungen, aber es waren Beziehungen der Konkurrenz und der Rivalität.
Übrigens heißt Bethesda „Haus der Barmherzigkeit“, aber es gab wenig Barmherzigkeit in diesem Haus.
Und ich habe eine ganz persönliche Frage an euch, die ihr nicht beantworten müsst, nur für euch selbst.
Da möchte ich fragen: Gibt es einen Menschen in deinem Leben, von dem du ganz sicher bist, dass er dich wirklich liebt?
Gibt es einen Menschen, bei dem du dir hundertprozentig sicher bist, dass er meint: mich? Nicht „Er liebt mich, weil ich so fleißig bin, so attraktiv, so witzig, so sportlich“, sondern: Er liebt mich.
Jesus heilt dann im Vers 8 diesen Menschen durch sein Wort. Er sagt:
„Steh auf, nimm dein Bett und geh umher.“
Das ist ein Wunder, was hier dann geschieht.
Und so wie Gott sagt: „Es werde Licht!“ und es ward Licht, sagt Jesus hier zu diesem Mann: „Steh auf und geh!“ Und er stand auf und ging.
Das ist ein Wunder.
Und das Schöne an Jesus ist: Wenn Jesus dich und mich zu etwas auffordert, etwas zu tun, gibt er uns die Kraft, es zu tun!
Das ist einzigartig bei Jesus.
Er hat nicht zu den Kranken gesagt: „Reiß dich halt ein bisschen zusammen, jetzt bist du erst 38, streng dich heute ein bisschen an, zieh dich hoch und trainiere ein bisschen, dann wird es langsam besser.“
Er hat keine Appelle gemacht.
Er hat gesagt: „Steh auf, nimm dein Bett und geh!“
Und er stand auf, nahm sein Bett und ging umher.
Das ist interessant.
Hans-Joachim Eckstein sagt sogar: Im ganzen Neuen Testament gibt es keinen einzigen Appell.
Es gibt keinen Appell, sondern wenn Jesus dir etwas sagt zu tun, dann kannst du es tun.
Und das ist das Schöne am Messias.
Seht ihr, was viele Christen frustriert: Sie glauben, ja, jetzt hat Jesus so viel für mich getan, jetzt muss ich mich schon anstrengen und etwas für ihn tun.
Und das wird für die meisten zur Qual, weil es dir nicht möglich ist. Du schaffst es nie, es wird immer zu wenig sein.
Ich erfreue mich des Christenlebens seit dem Moment, wo ich gelernt habe: Nicht ich muss für Christus arbeiten, sondern er lebt und arbeitet in mir.
Das ist so befreiend. Das ist so enorm befreiend.
Der eine Satz, den der Major Thomas zu mir gesagt hat, vor vielen, vielen Jahren: Er sagte, Hans-Peter, Christsein ist nicht leicht.
Da habe ich gedacht: Ja, du hast Recht, schwierig.
Dann hat er gesagt: Christsein ist auch nicht schwierig.
Da habe ich gedacht: Na, du kennst dich nicht aus.
Er hat gesagt: Christsein ist unmöglich.
Aber das hat mir vorher noch niemand gesagt.
Ist dir bewusst, dass Christsein unmöglich ist? Das ist die befreiendste Botschaft, die es überhaupt gibt.
Du kannst nicht Christ sein.
Nur einer kann Christ sein, und das ist Jesus Christus.
Und er lebt in dir.
Nur er kann Christ sein durch dich.
Wenn du glaubst, du kannst Christ sein, dann kann Christus im Himmel bleiben, dann brauchst du ihn gar nicht, du kannst es ja.
Wir brauchen ihn deshalb, weil wir es nicht können.
Wir brauchen einen Arzt, weil wir krank sind.
Wir brauchen einen Retter, weil wir verloren sind.
Und seht ihr, manchmal, wenn wir so Appelle machen, wenn wir zu jemandem sagen, da ist jemand ein bisschen niedergeschlagen, deprimiert, und wir sagen: „Reiß dich zusammen, es geht dir doch gut, es wird schon wieder werden“ usw.
Bei manchen kann das schon mal helfen, aber generell: Es gibt Menschen, die 38 Jahre krank sind.
Und wenn ein Mensch 38 Jahre auf seinem Bett liegt, hat er keine Muskeln mehr, er kann nicht mehr aufstehen.
Da braucht es ein Eingreifen Gottes.
Und genau das tut Gott.
Verantwortung und Freiheit im Glauben
Ein Missverständnis, dem ich jahrelang aufgesessen bin: Ich habe das so oft im Predigen gehört, dass ich glaube, ich habe vielleicht Silber gepredigt. Da habe ich öfter gehört, Jesus Christus will in deinem Leben die Priorität Nummer eins sein. Dann sei deine Frau Priorität Nummer zwei, die Kinder Priorität Nummer drei, die Arbeit Priorität Nummer vier und so weiter. Irgendwie war das logisch. Aber ich habe mir gedacht: Okay, wenn das so ist, dann muss ich ja prioritätenmäßig meinen Tagesablauf bestimmen.
Das hat dann so ausgesehen: Ich bin früh aufgestanden. Gott ist Priorität Nummer eins, also stille Zeit zuerst, Bibel lesen, beten und so weiter. So, okay, Gott abgehakt, die erste Priorität passt. Zweite: Ehe, meine Frau ist jetzt dran, frühstücken, ja, reden wir zusammen, weil du Priorität Nummer zwei bist. Abgehakt, passt. Dann nächste: Kinder, noch einen Kuss gegeben, tschüss, Priorität Nummer drei. Und dann gehst du in die Firma.
Aber ich bin so froh, dass das nicht wahr ist. Ich habe eine Botschaft für dich: Jesus hat null Interesse, in deinem Leben Priorität Nummer fünf zu sein. Er hat genauso wenig Interesse, Priorität Nummer eins zu sein in deinem Leben. Weißt du, was Jesus will? Er will deine Kraft sein in jeder Priorität. Er will dein Leben sein in jeder Priorität deines Lebens.
Er will die Liebe sein, wenn du deiner Frau und deinen Kindern begegnest. Er will die Weisheit sein, wenn du in der Firma arbeitest. Er will dein Alles sein. Nicht Priorität Nummer eins, er will dein Leben sein in jeder Einzelheit deines Lebens. Und er gibt mir die Kraft, meine Frau und Kinder zu lieben, mit Freude am Berg zu gehen und auch manchmal im Büro Dinge zu tun, die ich nicht so gern tue. Das ist völlig okay.
Vor kurzem habe ich einen Text von einem gewissen Doktor Benedikt Walter gelesen – keine Ahnung, wer das ist, aber so heißt er. Er schrieb: „Eine Person, die wöchentlich sechzig Stunden arbeitet, mag am Sonntag nicht mehr hören, was man noch alles tun sollte. Sie braucht in der Kirche Leute, die ihr helfen, zur Ruhe zu finden, die Gedanken zu ordnen, mitten im Stress Gott zu erkennen.“ Ein gutes Wort.
Es geht nicht darum, was wir noch alles tun müssen, es geht darum, in allem Gott einzubeziehen. Das ist Christsein. Und das Schöne ist: Wenn Jesus sagt „Steh auf, nimm dein Bett und geh“, dann kannst du aufstehen, dein Bett nehmen und gehen.
Übrigens: Das Bett, das dieser Kranke hatte, war keine Isomatte, so wie du sie vielleicht dabei hast. Nicht mal ein halbes Kilo, ein paar Gramm Sache. Es gab damals keine Isomatten. Das war so eine Art Trage, wie ein Holzgestell, eine stabile Trage. Auf dieser Trage wurde er wahrscheinlich Jahre davor hergetragen.
Und jetzt sagt Jesus zu ihm: Auf der Trage, die dich hergetragen hat, nimmst du jetzt und trägst sie mit eigener Kraft nach Hause. Da ist auch etwas Interessantes dabei: Wenn Jesus zu diesem Gelehnten sagt: „Nimm dein Bett, auf dem dich andere hergetragen haben, und trag jetzt dein eigenes Bett nach Hause“, gibt Jesus diesem Mann Verantwortung. Er sagt: Du bist jetzt verantwortlich auch für dein Leben.
Und wisst ihr, es ist ja recht bequem, abhängig zu leben von anderen Menschen. Ich kenne Leute, die sind Alkoholiker und leben jahrelang abhängig von Familie, Gesellschaft, Förderungen, Programmen und so weiter. Wenn die aber dann trocken werden, müssen sie wieder selbst arbeiten, selbst Dinge in die Hand nehmen. Du hast wieder Verantwortung.
Jesus befähigt diesen Mann hier aufzustehen und entlässt ihn in die Verantwortung des Lebens. „Nimm dein Bett und geh.“ Darum hat er ihn auch gefragt: Willst du gesund werden? Willst du verantwortlich für dein Leben sein oder willst du dein Leben lang nur auf andere angewiesen sein, die dich dauernd bemuttern und du nie die Verantwortung übernimmst?
Kritik an religiöser Praxis und wahre Heilung
Und dann noch ein letztes Mal, dann sind wir fertig. Interessant ist, dass wir im Vers 9 lesen: „Und sofort wurde der Mensch gesund und nahm sein Bett auf und ging umher, es war aber an jenem Tag Schabbat.“
Die Juden sagten nun zu dem Geheilten: „Es ist Schabbat, es ist dir nicht erlaubt, das Bett zu tragen.“ Das ist bemerkenswert. Religiöse Menschen sind oft viel mehr an Regeln interessiert als an Heilung. Ihnen liegen Formen und Vorschriften extrem am Herzen – so gehört es sich eben. Doch sie haben oft sehr wenig Liebe.
Religiöse Menschen sind sehr gesetzlich orientiert. Das Gesetz muss gehalten werden, aber Barmherzigkeit zeigen sie selten. Deshalb habe ich mit Religion nicht viel am Hut. Am Anfang ist das ja auch witzig, aber ich war vor ein paar Monaten irgendwo in Deutschland zum Predigen. Ich habe dort drei Tage gepredigt.
Am Sonntag ziehe ich mich immer recht festlich an, ich nehme mein österreichisches Gewand, eine Krawatte brauche ich nicht, weil ich sie nicht mag. Das ist aber okay, das ist so traditionell, das gefällt allen, da stößt sich niemand dran. Das will ich auch nicht.
Am Montag habe ich ebenfalls gepredigt, das war kein Feiertag im eigentlichen Sinn, da haben wir uns etwas sportlicher angezogen. Da kam eine liebe, eher mittelalte Frau und sagte: „Wo ist Ihr rotes Jäckchen von gestern? Ich finde diese Kleidung viel zu sportlich für einen festlichen Tag wie heute.“ Ich dachte mir: Das Leben ist hart, es wirft einen um.
Aber weißt du was? Die Frau tat mir irgendwie leid, denn für sie war viel wichtiger, was ich anhatte, als das, was ich gesagt habe. Religiöse Menschen, die sich an Formen stören, hören überhaupt nicht mehr, was gesagt wird – das ist sehr schade.
Ein Beispiel ist auch Toni Campolo, den ich nicht persönlich kenne, aber er hat einige Bücher geschrieben. Er sagt manchmal ganz provokative Dinge. In einer Predigt berichtete er, dass er viel mit Kindern in Afrika zu tun hat und dort mit seiner Organisation hilft. Er fragte die Kirchengemeinde: „Ist euch bewusst, dass in der Minute, in der ich jetzt predige, zehn Kinder an Hungertod sterben?“
Dann sagte er: „Wisst ihr, was wirklich tragisch ist? Den meisten von euch ist das egal.“ Und weiter: „Wisst ihr, was noch tragischer ist? Die meisten von euch regen sich mehr darüber auf, dass ich das Wort ‚egal‘ benutzt habe, als darüber, dass zehn Kinder gerade an Hunger sterben.“
Das ist der Unterschied zwischen Religion und Jesus Christus.
Bei dem Mann, der 38 Jahre krank war und geheilt wurde: Wisst ihr, was die Religiösen gesagt haben? „Es ist dir nicht erlaubt, dein Bett zu tragen.“ Das war ihnen viel wichtiger, als dass er endlich geheilt war.
Und dann noch etwas Wunderschönes im Vers 11: Er antwortete ihnen: „Der mich gesund machte, der sagte zu mir: Nimm dein Bett auf und geh umher.“ Sie fragten ihn: „Wer ist der Mensch, der zu dir sagte: Nimm dein Bett und geh umher?“ Der Geheilte aber wusste nicht, wer es war.
Er hatte keine Ahnung, dass es Jesus war. Er kannte nur einen Namen. Und ich finde, das ist einer der schönsten Namen von Jesus: „Der, der mich gesund gemacht hat.“ Sonst wusste er nichts.
Wenn du von Jesus überhaupt nichts weißt, aber sagen kannst: „Jesus ist der, der mich gesund gemacht hat“, dann hast du alles. Das ist einer der schönsten Namen des Messias: Der, der mich gesund gemacht hat.
Und das wünsche ich uns.
Einladung zur Heilung und zum Leben
Und ich habe zum Abschluss eine Frage: Willst du gesund werden? Willst du gesund werden oder möchtest du krank bleiben?
Ich möchte dich ermutigen, in diesen Tagen darüber nachzudenken und darüber zu sprechen. Bewege diese Frage in deinem Herzen.
Jesus lebt heute genauso wie vor zweitausend Jahren. Er erfreut sich bester Gesundheit und ist mitten unter uns. Er will nichts anderes, als dass du gesund wirst – an Körper, Seele und Geist.