Einstimmung und Einführung in die Predigtreihe
Bevor ich hier beginne, möchte ich mit euch noch einen Moment der Stille halten und ein Gebet sprechen.
Herr Jesus Christus, danke, dass du da bist. Das ist wichtig. Du siehst die Umstände: Die Nacht war feucht und kalt, und viele stehen im Regen. Du bist der Herr über diese Umstände. Ich bitte dich jetzt, dass der Regen aufhört. Ich bitte dich, dass du die Sonne scheinen lässt – innerlich und äußerlich. Gib uns Sonne in unser Herz hinein. Lass uns hörende Menschen werden, auch wenn die Umstände uns manchmal ein wenig niederdrücken. Sei heute Morgen bei uns. In deinem Namen, Amen.
Wir haben in diesen drei Tagen einen großen Weg vor uns. Die Schwestern haben gesagt, ihr vertragt eine ganze Menge. Heute wollen wir den Weg fortsetzen, der gestern Abend begonnen hat: den Weg, den der Mensch in Gottes Heilsgeschichte geht.
Gestern hat Hein Spindler erzählt, wie das eigentlich gedacht war – wir Menschen als Geschöpfe Gottes. Er hat beschrieben, welche großartigen Ideen Gott hatte, als er uns geschaffen hat. Fantastisch ist auch die Pandemie von Carlos Martinez, die zeigt, wie wunderbar jeder einzelne von uns gemacht ist.
Wir wollen heute nachvollziehen, was der Mensch in Gottes Heilsgeschichte eigentlich gemacht hat. Heute Morgen geht es darum, dass wir uns plötzlich draußen vor der Tür wiederfinden – vor der Tür des Paradieses, vor der Tür dieses Bereichs Gottes, vor der Tür des Heiligtums Gottes – und nicht mehr hineinkommen.
Wie kommt es eigentlich dazu, dass wir Menschen plötzlich draußen vor der Tür stehen?
Morgen geht es darum, wie wir als Menschen, die Jesus Christus kennengelernt haben und eigentlich ein Zuhause im Himmel haben, hier in dieser Welt unser Leben leben können. Darum geht es morgen früh und morgen Nachmittag: Home in Heaven – wie es einmal sein wird, wenn wir bei Jesus in Gottes Ewigkeit sein werden.
Wir machen den Weg durch die Heilsgeschichte mit sieben Meilenstiefeln, mit riesigen Schritten.
Heute Morgen geht es darum: Wer sind wir eigentlich? Wer sind wir als Menschen? Was ist unsere Bestimmung? Was ist der eigentliche Grund für die Probleme, die wir in dieser Welt haben – für die persönlichen Probleme deines Lebens und die globalen Probleme dieser Welt? Was ist der Sinn und das Ziel unseres Lebens?
Nur wenn wir begreifen, wer wir sind, werden wir unseren Weg finden. Nur wenn wir wissen, was unsere Identität ist, was unser Wesen ist, werden wir unser Leben bestehen können – individuell als einzelne Menschen und global in dieser Welt.
Die Identitätsfrage und das falsche Selbstbild
Ich war vor ein paar Wochen mit meinen Kindern im Film Ice Age 2. Ich weiß nicht, ob jemand den Film gesehen hat. In Ice Age 2 gibt es diese nette, charmante Mammutdame namens Elli. Den halben Film lang denkt Elli, sie wäre ein Opossum.
Ich wusste vorher gar nicht, was ein Opossum ist. Es ist so eine Mischung aus Biber und Eichhörnchen. Elli, das riesige Mammut, eine beeindruckende Dame von etwa drei Zentnern bis zu drei Tonnen, glaubt, sie sei ein Opossum. Sie schläft auf dem Kopf, hängt sich an Bäumen fest und macht allerlei Dinge, die ein Opossum tut.
Das ist eine großartige Geschichte mit tollen Gags, die sich durch den halben Film ziehen. Ich dachte nur: Vielen Menschen geht es genauso wie Elli. Sie haben ein völlig falsches Bild von sich selbst und wissen eigentlich nicht, was ihr wahres Wesen ist.
Wir Menschen leben oft ein halbes, manchmal sogar ein ganzes Leben mit einer Lebenslüge, weil wir ein falsches Bild von uns haben. Wir wissen nicht, was unser eigentliches Wesen ist. Hein Spindler hat es gestern Abend sehr ehrlich gesagt: Bis zu seinem 24. Lebensjahr wusste er eigentlich nicht, wer er in Gottes Augen ist.
Wenn man nicht weiß, wer man ist, macht man viele Dinge falsch. Das betrifft nicht nur einen selbst, sondern man schadet damit auch anderen Menschen. Es ist entscheidend wichtig, dass wir begreifen, wer wir sind, damit unser Leben heilvoll verläuft.
Das ist von großer Bedeutung, besonders im Blick auf unsere Gesellschaft.
Die Bedeutung der Sicht auf den Menschen für Gesellschaft und Erziehung
Wenn ich sage, der Mensch sei eigentlich gut und nur die Gesellschaft mache ihn schlecht, dann suche ich die Ursache für alle Probleme des Menschen in der Gesellschaft. Dieses Denken lässt sich in vielen Talkshows bis heute nachvollziehen: Die Gesellschaft ist böse, und man müsse die Gesellschaft ändern, damit der Mensch gut wird.
Das war die Theorie des alten Karl Marx sowie des Sozialismus und Kommunismus. Die große Idee lautete: Wir verändern die Gesellschaft, und dann wird der Mensch gut. Was dabei herausgekommen ist, wisst ihr selbst.
Wer sind wir? Das ist eine entscheidende Frage im Blick auf die Erziehung. Wenn der Mensch eigentlich gut ist, dann kann man ihn durch Erziehung eigentlich nur noch verderben. Wenn wir aber begreifen, dass wir in Sünden geboren sind – wie es im Psalm heißt –, dass wir in unserem Wesen als Sünder auf die Welt kommen, dann ist es entscheidend, Kindern die Wahrheit Gottes zu vermitteln.
Es ist wichtig, Kindern die Wahrheit Gottes zu erzählen, die gute Nachricht von Jesus Christus, und ihnen die Maßstäbe Gottes für ihr Leben mitzugeben. Das ist eine Erziehungsfrage und eine entscheidende Frage in der Sexualität.
Wenn wir eigentlich ganz tolle Menschen sind, kann man naiv fragen: Kann denn Liebe Sünde sein? Wenn wir aber mit einem verbogenen Herzen auf diese Welt kommen, können wir die großartigen Schöpfungen Gottes, wie unsere Sexualität, verderben.
Dann ist es gut, wenn man vorher die Gebrauchsanweisung Gottes für unser Leben liest. Mich würde interessieren, wie viele Schwierigkeiten in unserer Gesellschaft aus verantwortungsloser Sexualität entstehen.
Wir diskutieren in den einschlägigen Talkshows oft auf einer völlig abgetretenen Ebene. Wenn wir jedoch genauer hinschauen würden, wie viel Not im Leben von Kindern, Jugendlichen, Erwachsenen und Familien aus verantwortungsloser Sexualität entsteht, würden wir anders über unsere Gesellschaft nachdenken.
Wer sind wir? Das ist eine Frage der Gesellschaft, der Politik und so weiter. Die praktischen Konsequenzen für Erziehung, Sexualität, Politik und Gesellschaft fallen völlig verschieden aus, je nachdem, wie wir den Menschen verstehen.
Wer sind wir? Diese Frage ist auch entscheidend für unser Heil. Bin ich als Mensch auf einem guten Weg oder nicht? Muss ich erlöst werden oder nicht? Ist mein Leben vom Gericht Gottes bedroht oder nicht?
Es ist wie bei Ice Age 2: Kommt die große Eisschmelze oder nicht? Ist in dieser Mauer von Eis schon alles geschmolzen, sodass der Damm bricht, oder nicht? Sind wir hier auf dieser wunderschönen Erde bedroht oder nicht?
Das sind die Fragen: Droht uns als sündigen Menschen das Gericht Gottes oder stimmt das alles nicht? Woher bekommen wir eine Antwort?
Die Bibel als Begleitheft zum Menschsein: Herrlichkeit und Sünde
Bei den entscheidenden Fragen unseres Lebens bleibt uns nichts anderes übrig, als im Begleitheft zum Menschsein nachzuschauen – im Begleitheft Gottes zum Menschsein, das ist die Bibel. Die Bibel sagt zwei Dinge.
Einerseits sagt die Bibel: Wir Menschen sind eine phantastische Idee Gottes, wunderbar gemacht. Im Psalm 8 jubelt ein Psalmbeter über die Herrlichkeit des Menschen: „Du hast ihn wenig niedriger gemacht als Gott.“ Ich möchte euch das sagen: Ihr seid wunderbare Menschen. Zu jedem Satz über die Verbogenheit des Menschen, über seine Sünde, sollten wir einen Satz über die Herrlichkeit des Menschen gegenüberstellen.
Ich wünsche mir, dass ihr ein positives Selbstwertgefühl habt. Ein bisschen geschwollen ausgedrückt: Ich möchte, dass ihr wisst, dass ihr wunderbare Menschen seid. Nur Menschen, die wissen, dass sie wunderbar gedacht und gemacht sind, werden mit einem positiven Lebensgefühl durchs Leben gehen. Und diese Menschen werden für andere zum Segen.
Wer sich selbst immer hasst, der wird irgendwann auch andere hassen. Wer sich selbst hasst, wird depressiv oder aggressiv. Er schlägt in sich und macht sich selbst kaputt, oder er schlägt um sich und macht andere kaputt. Die Bibel sagt: Ihr seid wunderbar gemachte Menschen. Behaltet das fest.
Die Bibel sagt aber auch: Wir sind gleichzeitig – und das gehört zusammen – verlorene Sünder. Menschen, die eine fundamentale Neuschöpfung nötig haben, die fundamental neu geboren werden müssen, sonst gehen sie verloren.
Wie kommt es, dass diese großartige Erfindung Gottes, von der Heinz Spindler gestern Abend gesprochen hat, sich innerhalb von nur drei Kapiteln in der Bibel plötzlich draußen vor der Tür wiederfindet? Am Ende von Kapitel drei des ersten Buchs Mose, des ersten Buchs der Bibel, sitzen diese beiden Menschen, die Gott wunderbar gemacht hat, draußen vor der Tür – draußen vor der Tür des Gartens Eden.
Draußen vor der Tür des Paradieses. Wie kommt es, dass sie draußen vor der Tür des Lebensraumes Gottes stehen?
Die Anfänge der Sünde und ihre tiefere Bedeutung
Wenn wir den Menschen verstehen wollen, müssen wir einige Dinge begreifen. Erstens: Sünde beginnt oft mit Kleinigkeiten. Alles hat eigentlich mit einer Lappalie angefangen. Sünde fängt immer mit kleinen Dingen an – so auch bei der Tragödie des Menschen.
Hat alles mit einer Lappalie begonnen, als die erste Frau, Eva, in eine verbotene Frucht biss? Nehmen wir mal an, es war ein Apfel. Das steht zwar nicht ausdrücklich in der Bibel, aber der Praxis halber nehmen wir einen Apfel. Nun kann man sich fragen: War das wirklich so tragisch? Gibt es in der Bibel nicht wichtigere Probleme, als wenn eine Frau in einen Apfel beißt?
Man könnte meinen, okay, es gibt ja noch andere Sünden. Man könnte auch mal ein Auge zudrücken, denn ein Apfel wird wohl nicht so viel ausmachen – eine lächerliche Banalität. Trotzdem werden diese kleinen Sünder namens Adam und Eva, weil sie in einen Apfel beißen, an den Pranger gestellt. Von der großen, schlechten Menschheitsgeschichte, die sie angeblich verursacht haben sollen, wird in der Bibel kein Wort erwähnt.
Es gibt doch viel mehr Menschen, die viel mehr angestellt haben. Von ihnen wird kein Sterbenswörtchen verloren. Man muss doch mal nach der Verhältnismäßigkeit der Delikte, der Vergehen fragen dürfen. Ist das Drama um diesen „blöden“ Apfel, wenn es denn einer war, nicht kleinlich? Ist das nicht engstirnig, ist das nicht etwas provinziell? Hat Gott wirklich keine anderen Probleme auf diesem Globus als so einen dummen Apfel?
In der Tat kann man so fragen, und es ist okay, diese Frage zu stellen. Aber es ist die falsche Frage. Wenn es um Sünde geht, interessiert sich Gott höchstens in zweiter Linie für die Verhältnismäßigkeit einer Tat – was nun schlimmer oder weniger schlimm ist. Wir Menschen fragen immer: Wie schlimm war es? Das ist unsere Frage. Wir fragen nach der Größe der Schuld, nach der Dimension, nach den Auswirkungen. Und bei kleinen Dingen drücken wir ein Auge zu, nur bei großen schreien wir „Aua!“
Gott interessiert die Größe einer Schuld nur in zweiter Linie. Das auch, aber eben nur in zweiter Linie. Gott fragt vielmehr danach, was im kleinsten Vergehen eines Menschen zum Ausdruck kommt. Er fragt nach der Beziehung. Was drückt sich in dieser Tat für die Beziehung zwischen dir und mir, zwischen Gott und Mensch aus?
Jede Sünde, egal wie groß, ist völlig unwichtig in der Größe – jede Sünde ist der Ausdruck einer Beziehungskrise. Was Gott interessiert, ist das Misstrauen, das durch diese Tat zum Ausdruck gebracht wird. Das Misstrauen in seine Güte, in sein Wort, in seine Liebe. Der Apfel ist egal. Das Problem ist der Vertrauensbruch.
Was darin zum Ausdruck kommt, was der erste Mensch tut, ist ein Ausdruck davon, dass er sagt: „Ich glaube nicht, dass Gott es wirklich gut mit uns meint, deshalb beiße ich hinein.“ Er sagt: „Ich glaube nicht, dass du es gut mit uns meinst. Ich glaube nicht, dass dein Wort die Wahrheit ist. Ich glaube nicht, dass dein Wille wirklich der beste ist.“
Das ist das, was er mit dieser Tat zum Ausdruck bringt. Und das ist das, was wir mit jedem Ungehorsam gegenüber dem Willen Gottes zum Ausdruck bringen: „Ich glaube nicht, dass du es wirklich gut mit mir meinst.“
Die Folgen der Sünde und ihre Ausbreitung in der Menschheitsgeschichte
Wir merken noch etwas anderes: Aus dieser einen kleinen Tat des Misstrauens entstehen innerhalb von drei Kapiteln globale Folgen. Ein Kapitel später bringt ein Sohn dieser ersten beiden Sünder seinen Bruder um. Und drei Kapitel später gehen sich die Menschen gegenseitig an den Kragen.
Versteht ihr, zwischen diesem läppischen Biss in den Apfel, in diese verbotene Frucht, und den Katastrophen der Menschheit besteht ein innerer Zusammenhang. Wenn ich sage: „Meine Güte, was interessiert sich Gott für so etwas Läppisches?“, dann muss ich begreifen, dass das eine elementar mit den Katastrophen auf der anderen Seite zusammenhängt.
So ist es auch in unserem Leben. Wirtschaftskriminalität beginnt nicht erst, wenn ein paar Vorstandsbosse Millionen in die eigene Tasche schaufeln. Sie fängt mit dem kleinen Ladendiebstahl an, den sich der eine oder die andere von euch vielleicht mal genehmigt.
Die großen Sünden beginnen alle mit Lappalien. Sie fangen mit den unsauberen Softwaregeschichten in eurem Leben an, wenn man sich Dinge kopiert, die man eigentlich bezahlen müsste. Unzucht und Ehebruch fangen nicht damit an, dass man mit jemandem ins Bett geht, der einem nicht gehört oder der einem noch nicht gehört, sondern sie beginnen mit dem Surfen auf Internetseiten, die eine falsche Vorstellung von Sexualität verbreiten.
Die kleinen Dinge sind immer die Voraussetzungen für die großen. Wir sehen oft nur auf die großen Verhältnisse. Gott interessiert sich für die großen Verhältnisse nur in zweiter Linie. Er fragt nach dem Wesen dieser Tat: Was geht in deinem Herzen vor, wenn du das tust?
Das ist es, was Gott in erster Linie interessiert. Wenn es um Sünde geht, ist für Gott nicht entscheidend, was du tust – nicht in erster Linie –, sondern was in deinem Herzen geschieht.
Die Sünde als Teil unseres Wesens und die Selbsttäuschung vieler Menschen
Und das Zweite, was wir begreifen müssen: Die Sünde ist ein Teil unseres Wesens.
Viele Menschen sagen, Sünde sei für sie nur das, was sie als Sünde empfinden, das, was sie in ihrem Gewissen spüren. „Okay, das ist für mich Sünde.“ Wir entscheiden heute, was Sünde ist und was nicht, wir bestimmen das. Für die Bibel ist es völlig egal, was du als Sünde empfindest oder nicht.
Sünde ist nicht nur das, was du als Sünde empfindest oder anerkennst. Sünde ist ein objektiver Verstoß gegen den Willen Gottes, ganz unabhängig davon, was du fühlst oder empfindest.
Ich treffe heute sehr viele Menschen bei Evangelisationen, die ehrlich und offen davon überzeugt sind, dass sie keine Sünder sind. „Herr Gäckle, ich mache Fehler, ich habe meine Macken, ich habe meine Kanten, aber ich bin kein Sünder.“
Ich glaube, dass viele von euch heute Morgen auch so denken. Man ist so Konfirmand, gerade dreizehn, vierzehn Jahre alt, und sagt vielleicht: „Hey Gäckle, ich bin dreizehn, vierzehn, ich habe keinen umgebracht, keinen ausgeraubt, keinen vergewaltigt. Wo ist da ein Problem mit mir? Ich bin klein, mein Herz ist rein, warum soll ich ein Sünder sein?“
Das sind Gedanken, die ich verstehe und nachvollziehen kann. Ich bin mit 14 Jahren Christ geworden, war Konfirmand, und dann geht man so in seine Klasse rein und bezeugt: „Ich bin Christ.“ Die anderen fragen: „Was ist eigentlich das Problem bei Christen?“ Dann versucht man zu erklären, dass wir Menschen Sünder sind und Erlösung brauchen.
Dann haben mich meine Klassenkameraden gefragt: „Hey, jetzt erzähl mal, was hast du gesündigt?“ Das ist immer das Spannendste. Und ich konnte nicht viel erzählen. Das war lächerlich. Sie haben sich vor Lachen gebogen, weil ich damals nicht begriffen hatte, dass Sünde nicht nur etwas mit Taten zu tun hat, sondern dass es eine Frage meines Wesens ist.
Wir können vieles aufzählen, aber das ist nur die Oberfläche des Ganzen. Im Kern sind wir in unserem Wesen Sünder, und Gott fragt nicht nur nach den Taten, sondern nach dem Wesen.
Viele Menschen denken, sie machen so eine Zweiklassengesellschaft auf. Hier sind die einen, die sind anständig, die fressen mal was aus, lügen und betrügen ein kleines bisschen. Aber auf der anderen Seite sind die großen Sünder der Menschheitsgeschichte. Da stehen die Schlechter von Auschwitz, die Nazis, und wer weiß, wer da alles steht. Da sind die Kinderschänder von heute.
Man denkt, das ist eine ganz andere Gattung Mensch, die gehören nicht zu mir. Und wenn man in den Nachrichten sieht, dass eine Mutter acht oder neun ihrer Kinder umbringt, verstümmelt und vergräbt, dann sagen viele Menschen: „Ich kann mir das gar nicht vorstellen, dass ich so etwas machen könnte.“
Indem man sagt: „Ich kann mir das gar nicht vorstellen“, macht man wieder so eine Zweiklassengesellschaft auf. „Ich gehöre zu der einen, zu der guten Sorte.“ Und da stehen diese Mütter, die ihre Säuglinge umbringen, und die Kinderschänder, die ein dreijähriges Mädchen im Klo tot schlagen, und so weiter.
Man sagt sich: „Ich kann mir das gar nicht vorstellen.“ Und hier liegt der Punkt: Wenn wir das Wesen des Menschen verstehen, dann müssen wir sagen: Wir gehören eigentlich alle in die gleiche Reihe.
Ich habe mittlerweile eines gelernt: Ich könnte das auch. Ich könnte das auch. Da, wo man in den Nachrichten den Kopf schüttelt und sagt: „Wie kann ein Mensch so etwas tun?“ – ich habe nach 25 Jahren Christsein begriffen, dass ich es auch könnte. Und wisst ihr was? Ihr könnt es auch.
Es kommt auf die Umstände an. Wir haben jetzt wieder Skandalmeldungen aus dem Irak, dass amerikanische Soldaten dort Massaker verursacht haben. Wenn man unter Druck steht, wenn die Umstände so brutal und verzweifelt sind, sind wir Menschen zu allem in der Lage.
Ihr und ich könnten das auch. Das, was bei den Schlechtesten der Menschheit zum Ausbruch kommt, steckt in uns allen drin.
Ich war über Ostern mit einer Freizeit in Israel und wir sind nach Yad Vashem gefahren, diesem Holocaust-Museum oder Mahnmal. Wenn man dorthin geht, braucht man viel Kraft.
Ich habe im Bus die Reisegruppe darauf vorbereitet, was auf uns zukommt, und gesagt: „Wissen Sie, was wir in Yad Vashem erleben werden? Das ist das Herz des Menschen. Das ist nicht nur eine deutsche Angelegenheit, obwohl es natürlich auch eine deutsche Angelegenheit ist, aber vor allem hat es etwas mit dem menschlichen Herzen zu tun.“
Das, was wir dort sehen an Ungeheuerlichem, was Menschen anderen antun können, das kann unser Herz auch.
Es gab danach eine heftige Diskussion. Einer kam auf mich zu und sagte: „Herr Gäckle, das stimmt nicht, ich könnte so etwas nie, ich kann das nicht.“ Wir haben dann diskutiert, ich konnte es ihm nicht klar machen.
Aber das ist das, was ich begriffen habe: Das ist unser Herz. Wenn die Umstände entsprechend sind, könnten wir das auch tun. Wir sind zu allem in der Lage.
Diese Zweiteilung funktioniert nicht. Im Gericht Gottes werden wir in einer Reihe stehen mit den Himmlern, Hitler, Eichmann und den Lagerkommandanten von Auschwitz. Sie werden mit uns in einer Reihe stehen. Da gibt es keinen Unterschied.
Weil ihr Herz nicht besser ist als unseres und unseres nicht besser ist als ihres. Das Wesen des Menschen ist das Entscheidende.
Die Sünde als Sein und die Unmöglichkeit der Selbstrettung
Sünde beginnt bereits in unserem Wesen, nicht nur in dem, was wir tun. Das, was wir tun, ist lediglich die Oberfläche. Nicht unser Handeln steht zur Debatte, sondern das, was wir sind. Für Jesus ist es genau umgekehrt im Vergleich zu unserem menschlichen Denken.
Wir Menschen glauben, wir seien deshalb Sünder, weil wir Sünde tun. Und das ist wichtig zu verstehen: Wenn ihr das mitdenkt, habt ihr schon viel begriffen. Für die Bibel ist es nämlich genau andersherum. Die Bibel sagt, wir tun Sünde, weil wir Sünder sind. Wir können gar nicht anders; wir kommen da nicht heraus.
Wir stehen in einer Reihe mit Hitlers, Himmlers und anderen Übeltätern wie Saddam Hussein und Kinderschändern, weil in unserem Herzen das Gleiche steckt. Das tiefste Problem unseres Menschseins ist, dass wir das nicht mehr ändern können.
Ich kann mich noch so sehr anstrengen, ich kann moralisch aufrüsten – es ist, als säße ich in einem Zug, der in die falsche Richtung fährt. Ich kann mich in diesem Zug sehr gut benehmen, gepflegt sitzen und höfliche Gespräche mit meinen Nachbarn führen. Oder ich kann mich wie ein Schwein benehmen, randalieren, die Sitze aufschlitzen und die anderen Fahrgäste anpöbeln, um die Stimmung zu verderben.
Wie man sich benimmt, ist durchaus entscheidend. Für die Fahrtrichtung ist es jedoch egal. Die Fahrtrichtung bleibt immer falsch, ganz gleich, wie ich mich verhalte.
Die Konsequenz der Sünde: Gottes Gericht und die Gottesferne
Ein drittes: Die Sünde verriegelt unser Leben. Weil Gott sich nicht mit der Sünde arrangieren kann, wirft er den Menschen aus dem Paradies hinaus. Er stellt zwei Engel mit scharfen Schwertern vor das Paradies – sozusagen zwei Gorillas, die darauf achten, dass kein Sünder mehr hineinkommt.
Gott will und kann sich nicht mit der Sünde arrangieren. Deshalb muss der Mensch in der Gottesferne leben, draußen vor der Tür – vor der Tür des Paradieses. Die Tragödie ist, dass wir Menschen zum Sündigen verdammt sind. Selbst in unseren edelsten Taten müssen wir sündigen.
Paulus bringt es im Römerbrief auf den Punkt. Er schreibt, dass Gott uns dahingegeben hat in einen sinnlosen Lebenswandel. Gott hat uns zu einem sinnlosen, heimatlosen Lebensstil verdammt, sodass wir selbst mit den edelsten Motiven dazu verurteilt sind, mit unserem Denken, Reden und Handeln immer an Gott vorbeizugehen.
Das muss man sich einmal anhören: Es ist der lebendige Gott höchstpersönlich, der uns Menschen zur Heimatlosigkeit und Sinnlosigkeit verdammt hat. Es ist sein Gericht über unsere Gottlosigkeit, dass er die Tür abgeschlossen hat und wir nicht mehr zurückkommen. Wir haben die Tür hinter uns zugeknallt, und Gott hat sie abgeschlossen. Jetzt ist sie zu.
Das ist die Dramatik der Menschheit. Der Weg in die Heimat, der Ausgangs- und Zielpunkt unseres Lebens, ist verriegelt und versperrt. Und wir tragen die Verantwortung dafür. Wir müssen die Schuld auf uns nehmen. Man kann suchen, klopfen oder tun, was man will – wir kommen da nicht mehr hinein. Wir finden den Weg dorthin nicht mehr.
Das ist die tiefste Dimension der Sinnlosigkeit. Das kann man im ersten Kapitel des Römerbriefs nachlesen. Wir Menschen haben die Schöpfung verehrt, statt den Schöpfer. Wir haben sie vergötzt, und deshalb hat Gott uns dreimal dahingegeben. Paulus hämmert das mit Hammerschlägen in unsere Ohren: Gott hat uns dahingegeben in die Sinnlosigkeit. (Römer 1)
Die Sehnsucht nach Heimat trotz Gottesferne
Das Einzige, was geblieben ist, ist diese Sehnsucht nach einer Heimat. Gott hat uns Menschen eine Sehnsucht ins Herz gelegt nach der himmlischen Heimat, auch wenn diese Sehnsucht oft verirrt ist. Wir suchen häufig an der falschen Stelle, doch die Sehnsucht bleibt in uns.
Es ist sehr spannend zu beobachten, dass es bei allen Völkern dieser Welt eine Sehnsucht nach Ewigkeit gibt, eine Sehnsucht nach dieser himmlischen Heimat. Es gibt keinen Menschen auf diesem Planeten, in dessen Herzen nicht diese Sehnsucht brennt, wieder zurückzukehren in diese Heimat, an die er sich nur noch verborgen erinnern kann.
Bei einem CFAT M Landestreffen, bei dem ich für die Journalisten zuständig bin, kam ein junger Journalist von der Stuttgarter Zeitung auf mich zu. Er schaute sich auf dem Landestreffen um und war fasziniert von dem, was den jungen Menschen dort geboten wird. Er sagte zu mir: „Wissen Sie, Herr Gekle, ich werde in vier Wochen Buddhist. Da erhält man eine buddhistische Weihe. Ich bin dann Buddhist.“
Er fügte hinzu: „Hätte man mir in meiner Jugend so ein Treffen präsentiert, wäre ich auch Christ geworden. Ich habe eigentlich eine Sehnsucht nach dem, was ihr hier tut. Aber bei mir ist der Zug abgefahren.“
Dieser junge Journalist von der Stuttgarter Zeitung zeigte mir, dass ihn diese Sehnsucht tief bewegt. Ich habe ihn nie wieder getroffen und bin gespannt, wie es ihm heute geht.
Wir alle haben diese Sehnsucht, zurückzukehren.
Der Weg zurück: Gottes Öffnung der Tür durch Jesus Christus
Und wie funktioniert das? Von unserer Seite aus ist die Tür verschlossen. An Gottes Tür hängt nur noch ein Türknauf; eine Klinke zum Herunterdrücken gibt es nicht mehr.
Wir können nur deshalb zurückkommen – und ich wünsche euch, dass dies in diesen Tagen bei vielen geschieht –, weil Gott die Tür erneut geöffnet hat. Gott hat von seiner Seite aus die Tür aufgemacht, die zuvor dreifach verschlossen war.
Im Römerbrief heißt es: „Ihr seid dahingegeben, ihr Menschen seid dahingegeben.“ Das war jedoch nicht das letzte Wort Gottes. Im Römerbrief findet sich noch ein viertes Mal der Ausdruck „dahingegeben“. Dieses Mal bezieht sich das „Dahingegeben“ aber nicht mehr auf uns Menschen, sondern auf jemanden anderen.
In Römer 4,25 heißt es: „Gott hat Jesus um unserer Sünden willen dahingegeben und um unserer Rechtfertigung willen auferweckt.“ Hier wird also ein anderer „dahingegeben“ – Jesus Christus.
Durch Jesus Christus öffnet Gott erneut die Tür. Jesus ist die Schlüsselfigur Gottes. Was Jesus getan hat, beschreibt Paulus nun in Kapitel 5 des Römerbriefs. Ich möchte euch das in drei kurzen Punkten deutlich machen.
Versöhnung durch Jesus Christus
Erstens: Jesus bringt Versöhnung. Niemand, wirklich niemand muss mehr Gottes Feind sein.
In Römer 5,8 heißt es: „Gott aber erweist seine Liebe zu uns darin, dass Christus für uns gestorben ist, als wir noch Sünder waren.“ Um wie viel mehr werden wir nun durch ihn bewahrt vor dem Zorn, nachdem wir jetzt durch sein Blut gerecht geworden sind?
Am Kreuz schafft Gott eine neue Weltlage. Dort versöhnt Gott durch den Tod Jesu, seines Sohnes, die Welt mit sich selbst. An diesem 7. April im Jahr 30, dem wahrscheinlichsten Todestag Jesu, verändert Gott an diesem einen Tag eine gesamte Weltlage – ohne dass irgendein Mensch es gespürt oder gesehen hätte.
In dem Moment, in dem Jesus stirbt und schreit: „Es ist vollbracht“, verändert sich die komplette Weltlage, der Kosmos wird neu gestaltet. Unter dem Kreuz ist die Situation der Menschen komplett anders geworden. So wie jetzt draußen die Situation ganz anders ist, weil die Sonne scheint und Gott Gebet erhört hat, so verändert Gott alles.
Jetzt sind wir nicht mehr auf unser Sündersein festgelegt. Jetzt bin ich nicht mehr dazu bestimmt, Gottes Feind zu sein. An diesem Kreuz hat Gott der ganzen Welt – wirklich der ganzen Welt, allen Menschen aller Zeiten – den Teppich der Versöhnung unter die Füße gelegt. Dort hat Gott sich in souveräner Weise erlaubt, alle Welt auf den Teppich seiner Versöhnung zu stellen.
Ab jetzt gilt eine ganz neue Ordnung: Niemand ist mehr auf sein Sündersein festgelegt, niemand muss mehr Gottes Feind sein. Plötzlich ist jeder Mensch Kandidat für Gottes neue Welt, auch wenn er Gott noch so aggressiv und feindlich gegenübersteht.
Als Jesus schreit: „Es ist vollbracht“, hat Gott den Krieg beendet, der zwischen Gott und Mensch getobt hat. Was bedeutet das? Bedeutet das, dass jeder Mensch ohne sein Wissen gerettet ist? Nein, das bedeutet es nicht. Aber es bedeutet, dass jetzt jeder Mensch gerettet werden kann. Die Tür ist wieder offen.
Die Frage, die sich jetzt für jeden Menschen stellt, ist: Wie verhalte ich mich als Hörer dieser Botschaft, dass Gott die Welt mit sich versöhnt hat? Wie verhalte ich mich auf diesem Teppich, den Gott uns allen unter die Füße gelegt hat?
Paulus sagt als Botschafter Jesu Christi: „Da ersuchen wir euch, da bitten wir, lasst euch versöhnen mit Gott.“ Was heißt das, sich versöhnen lassen mit Gott? Auch das wird in Römer 5 beantwortet: Es heißt, die Versöhnung zu empfangen, es heißt, es sich gefallen zu lassen.
Mensch, ich bitte dich in diesen Tagen: Lass es geschehen in deinem Leben! Lass es an dir geschehen, was Gott vor zweitausend Jahren vollbracht hat. Hör auf mit dem Krieg gegen Gott und lass dich versöhnen mit Gott.
Gerechtigkeit durch Jesus Christus
Es heißt zweitens: Jesus bringt Gerechtigkeit. Ich muss mich vor Gottes Gericht nicht mehr fürchten.
Was ist am Kreuz passiert? Am Kreuz hat Gott alle Schuld, alle Sünde, alle Unreinheit, alle Lüge, allen Hass – alles, was wir Menschen je verbrochen haben, auf einen einzigen Menschen gelegt: auf Jesus. Er hat all das auf seine Schultern genommen und das Gericht dafür getragen.
Über Jesus wurde es Nacht, und Nacht steht immer für Gericht. Gott hat unsere Schuld an diesem einen Menschen gerichtet. Deshalb sind wir durch das Blut Jesu gerecht. Jeder, der das im Glauben annimmt, muss sich vor dem Gericht Gottes nicht mehr fürchten.
Wer diese blutige Liebe akzeptiert – ja, es ist eine blutige Liebe, das ist die Liebe Gottes – wer sich nicht zu stolz ist, um dieses Kreuz anzunehmen, der ist gerecht vor Gott.
Wenn im Gericht Gottes alle bösen Mächte und der Teufel mit seinen Lügen aufstehen und auf dich und mich zeigen und sagen: „Sünder, der hat es verdient, in die ewige Verdammnis zu kommen!“, dann wird man uns tausend Fragen stellen. Wir werden keine einzige Frage beantworten können.
Doch dann wird Jesus aufstehen und sagen: „Ja, richtig, den kann man zusammenfalten, den kann man vergessen.“ Ich meine das nicht nur als Witz, das ist wirklich so: Man wird mich vergessen können. Aber Jesus wird sagen: „Weil dieser Mensch nicht zu stolz war, um meine Gnade anzunehmen, weil er nicht hochmütig war, an mich zu glauben, deshalb bin ich für ihn gestorben. Ich habe seine Schuld auf mich genommen, und deshalb ist er gerecht. Ich habe für ihn bezahlt.“
Dann wird Gott, der ewige Richter, sagen: „Weil mein Sohn für ihn den Dreck seines Lebens ausgeputzt hat, soll er mir auch recht sein.“ So wird es bei dir auch sein.
Das ist Rechtfertigung. Wir stehen vor dem heiligen Gott und können keine einzige Frage beantworten, nicht eine Antwort auf tausend Anklagepunkte wissen. Aber Gott wird uns gerecht sprechen, weil Jesus Christus uns gerecht spricht.
Wer den Mut hat, es sich gefallen zu lassen, dass Jesus den Dreck des Lebens ausputzt, der erlebt Frieden.
Paulus schreibt in Römer 5: „Weil wir nun gerecht geworden sind, in den Augen Gottes gerecht geworden sind durch den Glauben, haben wir Frieden mit Gott durch unseren Herrn Jesus Christus.“
Wer mit Gott im Reinen ist, hat Frieden – auch wenn er mit vielem in seinem Leben nicht zufrieden sein kann. Umgekehrt ist aber alles Glück dieser Welt nichts, wenn du keinen Frieden mit Gott hast.
Gott möchte dir heute Morgen Frieden schenken.
Zugang zur Gnade und das geöffnete Paradies
Und ein drittes: Jesus macht an diesem Kreuz die Tür auf. Du darfst nach Hause kommen. Paulus schreibt, dass wir durch ihn auch den Zugang im Glauben zu dieser Gnade haben.
Mit diesen Worten spielt Paulus auf ein Ereignis an, das sich während der Kreuzigung auf Golgatha ereignet hat. Als Jesus stirbt, passiert etwas Eigenartiges. Die Evangelisten erzählen die ganzen Kreuzigungskapitel hinweg immer wieder von diesem Geschehen auf Golgatha.
Es ist, als würde man mit einer Kamera plötzlich an einer einzigen Stelle wegschwenken vom Kreuz. Die Evangelisten lenken ihren „Kameraschwenk“ an einer Stelle, als Jesus stirbt, kurz weg vom Kreuz und zoomen stattdessen den Tempel in Jerusalem ins Bild.
Dann heißt es in diesen Kreuzigungskapiteln: Als Jesus stirbt, zerreißt der Vorhang im Tempel von oben nach unten in zwei Teile. Was ist das für ein Vorhang? Es ist der Vorhang, der die Haupthalle des Tempels – das Heiligste – vom Allerheiligsten, dem hinteren Teil des Tempels, trennt.
In diesem hinteren Teil des Tempels, im Allerheiligsten, hatte Gott versprochen zu wohnen, seinen Namen wohnen zu lassen. Dort hatte Gott versprochen, gegenwärtig zu sein für sein Volk. Und nur einmal im Jahr durfte der Hohepriester diesen Bereich betreten. Er musste rückwärts hineingehen – am großen Versöhnungstag.
Einmal im Jahr durfte also ein Mensch hinein, um Sühne für sein Volk zu wirken. Sonst durfte kein Mensch diesen Bereich betreten – unter Todesstrafe.
Jetzt stirbt Jesus, und in diesem Moment zerreißt dieser Vorhang, der den Tempel und das Allerheiligste trennt, von oben nach unten. Die Tür ist auf.
Deshalb schreit Paulus: Jetzt haben wir Zugang. Das heißt, jetzt darf jeder hinein. Weil Jesus gestorben ist, darf jeder zu Gott kommen, darf jeder in diesen Raum, in dieses „Wohnzimmer Gottes“ eintreten, wo Gott zu Hause ist.
Jetzt ist diese Trennung aufgehoben, die Distanz ist nicht mehr da. Das Paradies ist offen, versteht ihr? Das Paradies im Alten Testament – die ersten drei Kapitel – waren das Wohnzimmer Gottes. Ein kleines Abbild davon war das Allerheiligste im Tempel.
Indem dieser Vorhang von oben nach unten zerreißt, ist die Tür zum Paradies wieder auf. Ich darf nach Hause kommen zu Gott. Ich bin nicht mehr getrennt, die Distanz ist weg. Ich darf kommen, jeder darf hinein, keiner muss mehr draußen vor der Tür bleiben.
Heute öffnet Jesus wieder die Tür zum schönen Paradies. Der Cherub steht nicht mehr dafür. Gott sei Lob, Ehr und Preis! Im Mittelalter hat ein Liederdichter ein Weihnachtslied komponiert, das diese Wahrheit ausdrückt.
Jeder darf zu Gott kommen, der begriffen hat, dass Gott am Kreuz Jesu Christi die Tür wieder aufgemacht hat. Aber ich muss nicht mehr in den Tempel nach Jerusalem, sondern ich kann unter dieses Kreuz kommen.
Dort, wo Jesus gestorben ist, da ist Gott da. Dort hat er sich offenbart.
Die persönliche Bedeutung der Botschaft für das Leben heute
Vielleicht sitzt du heute Morgen da und denkst: „Gekle, du hast eine schöne Theologiestunde gehalten, aber was hat das mit mir zu tun? Ich sitze hier als Konfirmand oder Jugendkreisler, zweitausend Jahre später. Was soll das alles für mein Leben bedeuten?“
Ich möchte dir eine kurze Geschichte erzählen. Vor 31 Jahren ging eine atemberaubende Meldung durch die japanische Presse. Im Jahr 1975 machte ein japanisches Kreuzfahrtschiff mit lauter Millionären eine Kreuzfahrt durch den Pazifischen Ozean in die Südsee. Die Besatzung wollte den sehr reichen Passagieren ein einmaliges Erlebnis bieten und sie auf eine einsame Insel bringen, auf der noch nie zuvor ein Mensch seinen Fuß gesetzt hatte.
Man lud die Passagiere in Beiboote, und die Mannschaft ruderte sie zu dieser Insel. Doch bevor sie an Land gehen konnten, wurden sie mit Gewehrsalven empfangen. Von dieser vermeintlich unbewohnten Insel wurde geschossen. Schnell ruderte man zurück, es passierte nichts weiter. Dann schickte man das japanische Militär los, um nachzusehen, was auf dieser Insel vor sich ging.
Die japanischen Soldaten entdeckten, dass dort, 30 Jahre nach Kriegsende, noch japanische Weltkriegssoldaten im Krieg waren. Sie hatten das Kriegsende nicht mitbekommen. Dreißig Jahre lang lagen sie in ihren Schützengräben, polierten jeden Tag ihre Karabiner und füllten ihre Munition auf. Sie waren 30 Jahre lang in Kriegstellung, versorgten sich selbst und überlebten auf dieser einsamen Insel. Niemand hatte ihnen mitgeteilt, dass der Krieg seit 30 Jahren vorbei war.
Dann kam das Schiff, und die Soldaten dachten, jetzt kämen die Feinde. Deshalb wurde geschossen. Die Japaner mussten Soldaten in Weltkriegsuniformen dorthin schicken. Sie hatten alte Weltkriegsuniformen aus Museen geholt. Diese Soldaten warfen Zettel über die Insel ab mit der Botschaft: Der Krieg ist zu Ende. Die Soldaten in Uniform mussten kommen und sagen: „Freunde, ihr könnt aufhören, der Krieg ist vorbei. Der Friede ist da. Seit dreißig Jahren ist der Krieg zu Ende.“
Wisst ihr, warum ich euch diese Geschichte erzähle? Heute Morgen geschieht für einige von euch dasselbe. Der Krieg ist seit 2000 Jahren zu Ende für euch. Was war das entscheidende Ereignis für diese japanischen Soldaten? Es gab zwei entscheidende Ereignisse.
Das erste war das Jahr 1945, als der Krieg zu Ende war und Frieden herrschte. Doch sie hatten es nicht mitbekommen und kämpften weiter. Das zweite entscheidende Ereignis war 1975, als die japanischen Militärs die Zettel mit der Friedensbotschaft abwarfen. Diese Botschafter kamen in Weltkriegsuniformen und sagten: „Freunde, ihr könnt aufhören. Der Krieg ist zu Ende.“
So ist es heute Morgen auch bei uns. Das entscheidende Ereignis in eurem Leben geschah damals, am 7. April im Jahr 30 nach Christus, auf einem Hügel vor Golgatha. Dort hat Gott Frieden mit dir geschlossen – als du noch gar nicht danach gefragt hast, als du noch Gottes Feind warst, als du noch in deinen Schützengräben saßt.
Das andere entscheidende Ereignis ist vielleicht heute Morgen für dich, oder vielleicht war es schon vor ein paar Jahren – ich weiß es nicht. Aber heute Morgen überbringe ich dir als Botschafter Jesu Christi die Friedensbotschaft: Gott hat am Kreuz von Golgatha Frieden mit deinem Leben geschlossen. Du kannst aus deinen Schützengräben herauskommen.
Aufruf zur Friedensannahme und Gebet
Wisst ihr, Tauziehen – wir Menschen kämpfen unser halbes Leben lang. Wir kämpfen um Anerkennung, wir kämpfen um ein bisschen Liebe. Wir kämpfen in unserem Leben mit uns selbst, wir kämpfen mit anderen, wir kämpfen mit Gott.
Ich habe lauter Krieger vor mir. Und hier vorne steht manchmal auch ein Krieger, der mit sich selbst kämpft, mit seiner Vergangenheit, mit Fehlern, die er gemacht hat. Das ist bei uns Menschen allen so: Wir sind Krieger.
Ich weiß, dass viele Menschen hier sind, die tief verletzt sind in ihrem Leben. Sie kämpfen mit Verletzungen aus ihrer Vergangenheit – Verletzungen, die ihnen zugefügt wurden, und Verletzungen, die sie anderen zugefügt haben.
Es sind junge Menschen da, die stolz sind und Religion nur für Schwache halten. Sie sehen den christlichen Glauben als etwas, das nur die Schwachen, Armen und Behinderten brauchen. Es sind Kämpfer da – stolze Kämpfer und verletzte Kämpfer, Kämpfer mit tiefen Wunden.
Ich möchte dir heute Morgen als Botschafter Jesu Christi sagen: Der Krieg ist zu Ende – und zwar schon seit zweitausend Jahren. Du kannst aufhören mit deinem Krieg. Lass es dir gefallen, dass der gekreuzigte und auferstandene Jesus Christus Friedenschaft über dein Leben bringt, indem er dir die Schuld deines Lebens abnimmt.
Jesus klopft heute Morgen an deine Tür. Er sagt: „Siehe, ich stehe vor deiner Tür und klopfe an. Und wenn jemand meine Stimme hört und die Tür auftut, zu dem will ich hineingehen und Lebensgemeinschaft mit ihm beginnen.“
Wisst ihr, Jesus klopft von innen an die Tür. Das Klopfen, das du heute Morgen hörst, kommt vom Inneren des Paradieses. Die Tür, die du siehst, hat wieder eine Klinke. Du musst nicht mehr draußen vor der Tür stehen. Die Tür deines Lebens hat eine Klinke, und du darfst eintreten in das Wohnzimmer Gottes, Home at Heaven. Komm rein, weil Jesus dich einlädt.
Lass es dir gefallen, dass er dir die Schuld abnimmt, dir seinen Heiligen Geist schenkt. Lass Jesus einziehen oder zieh du bei Jesus ein. Friede über deinem Leben! Amen!
Lass uns mit diesem Herrn der Friedenschaft reden:
Herr Jesus Christus, wir brauchen es immer wieder, dass du uns mitteilst: Es ist Friede geschlossen. Du siehst, wie wir kämpfen in unserem Leben. Du siehst, wie wir ringen mit den Verletzungen aus unserer Vergangenheit. Du siehst, wie wir kämpfen mit unserer Schuld. Du siehst, wie wir versuchen, uns selbst zu vergeben, und es nicht schaffen. Du siehst den Streit, den wir mit anderen haben.
Du siehst, wie wir ringen mit deiner Liebe. Du siehst, wie oft wir versuchen zu verdienen, was wir nicht verdienen können. Und nun sagst du ganz einfach: Friede über unserem Leben.
Herr Jesus, ich bitte dich, hilf uns, dass wir die Hände aufhalten – die leeren Hände – und annehmen, dass Frieden ist. Schenk du jedem in diesem Zelt Frieden. Frieden in seinem Leben, Frieden mit Gott.
Ich danke dir für alles, was du getan hast, dass die Tür wieder offen ist. Ich bitte dich und segne uns an diesem Tag. Lass uns diese Botschaft in den Ohren nachhallen: Friede ist über unserem Leben. Umhülle uns mit diesem Frieden, in deinem Namen, Amen.
