Unterschiedliche Herausforderungen im Glaubensleben
Ja, vor meinem inneren Auge sehe ich zwei Männer, die häufig in der Gemeinde sitzen. Ihr könnt auch zwei Frauen oder zwei Jugendliche nehmen, das ist ganz egal. Es ist nicht an bestimmte Namen gebunden. Nehmen wir mal zwei Männer.
Ihr Verhalten nach außen hin sieht ziemlich ähnlich aus. Betrachtet man die Zeit, sind sie verhältnismäßig passiv und zeigen wenig Eigeninitiative. Der eine von beiden – ich sage das jetzt einfach mal ganz mutig – ist einfach ein bisschen träger. Er lässt sich gerne bedienen. Man könnte sagen, er könnte ab und zu einfach mal so einen „dritten Hintern“ gebrauchen.
Der andere, der von außen sehr ähnlich wirkt, ist einfach ein bisschen unsicher. Er fragt sich: Kann ich das? Mache ich etwas falsch? Weiß ich genug? Bin ich gut genug? Und wenn dann von vorne, so predigmäßig, quasi ein Tritt in den Hintern kommt, fühlt sich immer der Zweite angesprochen – immer der Falsche. Darauf kannst du dich verlassen.
Bei manchen Menschen ist das so, nicht nur in der Gemeinde, sondern einfach in ihrem Leben als Christ. Ich glaube, bei vielen von den Ephesern war das auch so: Es gibt eine gewisse Unsicherheit, eine gewisse Angst. Manchmal Angst, wirklich Dinge in Angriff zu nehmen. Aber auch manchmal einfach die Befürchtung: Schaffe ich das? Schaffe ich es wirklich, als Christ zu leben? Schaffe ich es, die Maßstäbe Gottes zu erfüllen? Schaffe ich es, die Erwartungen meiner christlichen Umgebung zu erfüllen?
Werde ich an meiner Vergangenheit, an meinen alten Gewohnheiten scheitern? Werde ich an meiner fehlenden Vergangenheit scheitern, an meinen christlichen Wurzeln, die nicht da sind? Meine mangelnden Bibelkenntnisse, weil ich nicht mein Leben lang in Kinderstunden, Jungschar und BuHs verbracht habe? Werde ich an meiner Umgebung scheitern, an meiner ungläubigen Umgebung, an meinen nichtgläubigen Kindern, an meinem nichtgläubigen Ehepartner? Manche haben Angst, dass sie am Teufel scheitern, weil er so beängstigend aussieht.
Ich weiß nicht, wie du dich selbst einschätzt. Ob du eher sagst: Na ja, eigentlich bräuchte ich am ehesten einen dritten Hintern. Dann bist du vielleicht beim Epheserbrief gar nicht so richtig. Ich meine, ich will jetzt keinen wegschicken, jeder ist beim Epheserbrief richtig. Oder würdest du sagen: Ja, mir fehlt manchmal der Mut, vielleicht fehlt mir auch manchmal ein bisschen Antrieb. Ich bräuchte eigentlich eine neue Perspektive.
Da würde Paulus sagen: Herzlich willkommen! Denn genau das ist es, was er im Epheserbrief macht. Er verteilt zumindest in den ersten Kapiteln nicht wirklich Tritte in den Hintern, zumindest nicht direkt. Stattdessen versucht er, eine neue Perspektive zu schaffen, die hoffentlich zu neuer Motivation führt. Und er betet um diese Perspektive und um diese Motivation.
Aber natürlich gibt es nicht nur die Unsicherheit, die den Mut fehlen lässt, Dinge mit wirklichem Einsatz anzugehen. Je mehr Einsatz du bringst und merkst, dass es nicht funktioniert, desto größer ist der Frust. Deshalb vielleicht auch die Versuchung, nicht zu viel Einsatz zu zeigen.
Doch es sitzt noch jemand anders in der Gemeinde, nicht nur der Unsichere. Da sind auch die Resignierten. Die sagen nicht: „Boah, ich traue mich gar nicht, erst etwas anzufangen.“ Sondern sie sagen: „Ich habe schon das eine oder andere angefangen.“
Diese Menschen haben den Eindruck, sie schaffen es nicht. Sie scheitern immer wieder an den gleichen Versuchungen und Sünden im Alltag. Sie nehmen sich jeden Sonntag vor: Diese Woche schaffe ich es! Und am Mittwoch sagen sie: Ich bin schon wieder in dem gleichen Loch.
Solche Menschen gibt es auch in der Gemeinde. Ich habe mit jungen Leuten gesprochen, die an diesem Punkt aufgegeben haben, als Christ zu leben. Sie sagten: Ich schaffe das so und so nicht. Mit dieser Sünde werde ich in meinem Leben nicht fertig.
Und das betrifft nicht nur Jugendliche. Wie soll ich mich mit welcher Motivation in der Evangelisation engagieren, wenn ich es nicht mal schaffe, mich mit meiner Frau zu vertragen?
Also, in der Gemeinde gibt es Leute, die eigentlich einen Tritt bräuchten. Es gibt Leute, die wenig in Angriff nehmen, einfach weil sie unsicher sind. Und es gibt Resignierte.
Ich weiß nicht, wie du dich einschätzt. Wenn du sagst: Ich bin resigniert, dann ist dieser Vortrag auch für dich – nicht nur für die Unsicheren.
Die Berufung und die Herausforderung, ihr gerecht zu werden
Wir haben den letzten Vortrag vor zwei Wochen mit der Frage beendet: Ja, cool, zu was bin ich berufen, zu was bin ich auserwählt? Epheser 1, Vers 4 sagt, wir sind auserwählt, vor ihm zu stehen, heilig und tadellos. Aber Paulus sagt auch: Das bin ich nicht. Das schaffe ich nicht. Es ist schön zu wissen, dass ich auserwählt bin, aber wie soll ich dieser Berufung jemals gerecht werden?
Und genau das ist das Thema heute: Wie sollen wir dieser Berufung jemals gerecht werden?
Ich möchte zunächst noch einmal kurz zusammenfassen, was wir beim letzten Mal hatten. Diesen Prolog, oder besser gesagt, den Anfang mit Fanfaren. Das, was Paulus schreibt, bevor er eigentlich mit seinem Brief anfängt. Er sagt: Das ist wichtig, das ist so wichtig, dass ich es nicht in der Mitte des Briefes verstecken kann. Nein, ich kann es nicht nach einer vernünftigen Begrüßung bringen, das muss ich gleich am Anfang machen.
Das ist das, wofür ich für euch bete, dass ihr es versteht. Ihr wisst nicht, wir haben wahrscheinlich den wichtigsten Teil des Briefes schon hinter uns. Das waren die Dinge, die Paulus wirklich, wirklich wichtig waren. Ich möchte euch das noch einmal etwas anders zusammenfassen als beim letzten Mal.
Wisst ihr, bevor die Zeit begann – die Zeit in unserem Sinn –, bevor Gott diese Erde geschaffen hat, hat er einen Plan gemacht, einen komplexen Plan. Wir haben das gelesen: Epheser 1, Vers 9. Dort heißt es, dass er uns das Geheimnis seines Willens kundgetan hat, nach seinem Wohlgefallen, das er sich vorgesetzt hat.
Dieser Plan sollte in sich selbst alles zusammenführen, für die Verwaltung der Fülle der Zeiten, alles unter ein Haupt zu bringen: in Christus das, was im Himmel und das, was auf der Erde ist. Gott hat einen Plan gemacht. Er sagte, dass diese ganze Geschichte darauf hinauslaufen soll, dass das, was im Himmel ist, und das, was auf der Erde ist – Juden und Heiden, verschiedene Gruppen von Heiden, Germanen und Leute aus Papua-Neuguinea, und all die Menschen, die am Anfang auf Bäumen lebten – dass sie letzten Endes alle unter einem Herrscher stehen.
Dass diese Unterschiede nicht mehr die Hauptunterschiede sind, um die es geht, sondern dass alle unter einem Haupt zusammengefasst sind: dem Christus.
Aber der Plan war noch komplexer. Er beinhaltete, dass Menschen vor ihm stehen sollten, als seine Repräsentanten, heilig und tadellos. Epheser 1, Vers 4 sagt: „Wer uns auserwählt hat in ihm vor Grundlegung der Welt, dass wir heilig und tadellos sein vor ihm.“
Und er hat uns in Liebe zuvorbestimmt zur Sohnschaft durch Jesus Christus für sich selbst, nach dem Wohlgefallen seines Willens. Der Plan war noch komplexer. Er wollte, dass Menschen seine Söhne und Töchter werden, dass sie zu ihm gehören, dass seine Familie sich erweitert.
Dass sie Mitbesitzer werden von all dem, was ihm gehört. Das war der Plan, der Plan, der schon vor Grundlegung der Welt fertig war – ein komplexer Plan.
Und es war klar, aber Gott wusste das vorher, dass, um das zu erreichen, ein Akt der Gnade notwendig sein würde. Gott wusste, dass es teuer werden würde. Aber es war keine emotionale, plötzliche Überlegung, die ihm überkam. Das, was er geplant hat, war wohl überlegt.
Das war die erste Station der Zeit: der Plan.
Gottes Initiative und die menschliche Reaktion
Aber irgendwann in der Geschichte war es notwendig, dass Gott die Initiative ergreift. Es war notwendig, dass der Preis bezahlt wird. Er musste die Grundlagen schaffen. Ein Opfer war nötig, um die Erlösung der Menschen, die er haben wollte, zu bezahlen und zu erreichen. Ein Opfer war nötig, auf dessen Grundlage Vergebung möglich war.
Die Gnade, womit er uns begnadigt hat in dem Geliebten, indem wir die Erlösung haben durch sein Blut, die Vergebung der Vergehung nach dem Reichtum seiner Gnade (Epheser 1,7).
Dann musste noch etwas in der Geschichte geschehen. Diese Botschaft musste verbreitet werden. Menschen mussten sie hören. Menschen mussten davon hören, dass ihnen Vergebung angeboten wird. Menschen mussten davon hören, dass Gott sie bei sich haben wollte. Menschen mussten davon hören, dass sie eingeladen sind, Söhne und Töchter Gottes zu werden. Menschen mussten davon hören, dass sie eingeladen sind, Erben und Besitzer des Reiches Gottes zu werden.
Dafür hat Gott gesorgt. Aber bei all dem, was Gott in der Geschichte getan hat, brauchte es eine Reaktion. Zum ersten Mal im Ablauf der Geschichte brauchte es eine Reaktion. Menschen mussten reagieren. Das hat Gott erwartet – irgendeine Reaktion.
Wir mussten unsere Hoffnung auf diese Botschaft setzen. Wir mussten dem glauben, was wir gehört haben.
Die wir zuvor auf den Christus gehofft haben, wir mussten auf den Christus, auf diese Botschaft von Christus hoffen, darauf mussten wir unsere Hoffnung setzen (1. Korinther 1,7).
Indem auch ihr persönlich, nachdem ihr gehört habt, das Wort der Wahrheit, das Evangelium eures Heils, indem auch ihr, nachdem ihr geglaubt habt, wir mussten hoffen, wir mussten glauben, das, was wir gehört haben. Das war die Reaktion, die Gott wollte, auf die er gewartet hat.
Und jetzt kommt wieder die Reaktion Gottes. Er sagt: Leute, ihr seid die, auf die ich gewartet habe. Ich sage das mal so: Ihr seid genau die, auf die ich gewartet habe, für die ich den Plan gemacht habe, vor Grundlegung der Welt, für die ich das Opfer meines Sohnes gegeben habe.
Ihr, die ihr gehört und geglaubt habt, die ihr gehofft habt auf diese Botschaft – ihr seid die, für die das alles gemacht ist. Auf euch habe ich gewartet. Ihr seid die Leute, die ich in meinem Haus haben will, die ich in meiner Familie haben will. Ihr seid es.
Und wisst ihr, was Gott dann gemacht hat? Dann hat er sein Siegel, sein unsichtbares Siegel, auf genau diese Leute gesetzt und hat gesagt:
„Und damit ist es abgeschlossen. Ich habe den Plan gemacht, ich habe den Preis bezahlt, ihr habt so reagiert, wie ich es gewollt habe. Ihr seid die Leute, ihr seid meine Leute, ihr seid meine Erben, und das ist endgültig.“
Und er hat uns ein Pfand gegeben, um dieses Erbe einzulösen.
Die noch ausstehende Erlösung und ihre Bedeutung
Ja, und ein Schritt fehlt noch in der Geschichte, oder? Wir haben in Vers 7 gelesen, dass wir die Erlösung haben durch sein Blut.
In Vers 14, beziehungsweise ab Vers 13, lesen wir, dass wir versiegelt sind mit dem Heiligen Geist der Verheißung. Dieser Geist ist das Unterpfand unseres Erbes zur Erlösung, des erworbenen Besitzes. Wir sind jetzt mit diesem Siegel des Besitzgottes versehen und werden etwas besitzen: das Erbe.
Aber merkt ihr etwas? Hier kommt wieder das Wort „Erlösung“ vor. Wir haben eine Erlösung durch sein Blut, weil wir noch nicht von allem erlöst sind. Wir sind erlöst von der Herrschaft des Teufels und von der Herrschaft unserer Sünde. Doch sind wir noch nicht erlöst von der bedrohlichen Gegenwart von Sünde und Versuchung.
Wir sind noch nicht erlöst von unseren Schwächen und von all den Versuchungen, die auch mit den Schwächen unseres Körpers zu tun haben. Wir sind noch nicht erlöst von Schmerzen und Krankheiten. Ebenso sind wir noch nicht erlöst von Sorgen und von Verpflichtungen.
Das kommt noch. Es gibt eine Erlösung in der Zukunft – die Erlösung des erworbenen Besitzes zum Preis seiner Herrlichkeit. Dann werden wir wirklich in einem viel größeren Umfang als jetzt zum Preis der Herrlichkeit Gottes sein, wenn wir diese Erlösung erleben, die noch kommt.
Das war ein kurzer Abriss von Vers 3 bis Vers 14, diesmal ein bisschen auf der zeitlichen Schiene betrachtet. So haben wir noch einmal vor Augen, was ungefähr kurz zusammengefasst in diesem Prolog, in diesem Ausbruch der Begeisterung von Paulus, enthalten ist.
Beginn des Briefes und das Gebet für Erkenntnis
Und jetzt haben wir die Chance, den Brief zu beginnen. Eigentlich fängt der Brief jetzt an. Wenn es ein normaler Brief wäre, würde er mit Vers 15 beginnen. Abgesehen von Vers 1 und 2 würde der normale Epheserbrief mit Vers 15 anfangen: "Weshalb auch ich, nachdem ich gehört habe von dem Glauben an den Herrn Jesus, der in euch ist, und von der Liebe, die ihr zu allen Heiligen habt, höre nicht auf, für euch zu danken und euch in meinen Gebeten zu erwähnen." Das wäre der Standardanfang eines Briefes.
Wir lesen mal ganz kurz den Anfang eines Briefes, der gleichzeitig abgeschickt wurde, Kolosser 1,3: "Wir danken dem Gott und Vater unseres Herrn Jesus Christus allezeit, indem wir für euch beten, nachdem wir gehört haben von eurem Glauben an Jesus Christus und der Liebe, die ihr zu allen Heiligen habt." So fängt dieser Brief an. Paulus dankt für exakt dieselben Dinge – nur zwölf oder dreizehn Verse früher.
Meine Nebenbemerkung: Heute ist das nur eine Nebenbemerkung. Wir werden uns nicht mit diesem Abschnitt aufhalten, weil es dafür keine Zeit gibt. Aber ist euch aufgefallen, wofür Paulus in beiden Briefen dankt? Er dankt für den Glauben an Gott – man kann auch übersetzen: ihre Treue zu Gott – und für ihre Liebe zu wem? Interessant, oder? Für ihre Liebe zu allen Heiligen, also zu allen Geschwistern. Das ist das, was das Wort hier einfach erstmals sagt.
Und genau dafür dankt er in beiden Briefen, bei den Kolossern und bei den Ephesern. Sicher würden wir noch mehr Beispiele finden.
Jetzt sind es diese Dinge, die uns kennzeichnen. Wenn ich uns zuhöre, denke ich manchmal, das Wichtigste sei die Liebe zu den Verlorenen. Und das ist wichtig. Das kommt im Epheserbrief ganz am Ende, in zwei Versen, oder wenn du die ganze Waffenrüstung zusammennimmst, noch ein bisschen mehr.
Aber wisst ihr, das ist nicht der Kern dessen, wofür Paulus dankt. Man kann natürlich sagen, die Epheser hatten vielleicht keine Liebe zu den Verlorenen, darum gab es da nichts zu danken. Aber ich glaube, das ist nicht der Punkt.
Ich glaube, der Punkt ist, dass Paulus sagt: Das Wichtige muss das Wichtigste bleiben. Und das Wichtigste ist der Glaube und die Treue zu Gott sowie die Liebe zu den Geschwistern. Das ist der Kern des Christseins. Das ist der Kern der christlichen Gemeinschaft. Das ist das, was nach außen ausstrahlen soll.
Wir sollen die Nichtgläubigen lieben, wir sollen alle Menschen lieben, aber zuerst die, die den gleichen Glauben haben. Das ist der Kern. Fassen wir zusammen: Das Wichtige soll wichtig bleiben, ohne das Andere zu vernachlässigen.
Die drei Gebetsanliegen Paulus’ und die Hoffnung auf Veränderung
Okay, jetzt kommen wir zurück zu dem Gebet von Paulus. Wir haben letztes Mal schon einiges dazu gesagt, denn die ersten zwei Gebetsanliegen hat Paulus eigentlich vorher schon geschrieben. Hier fasst er sie im Gebet noch einmal zusammen. Heute werden wir hauptsächlich über das dritte Anliegen sprechen, denn der ganze Abschnitt, den wir heute betrachten – bis Kapitel 2, Vers 10 – dreht sich um dieses dritte Anliegen.
Für was betet Paulus? In Vers 16, in der zweiten Hälfte, erwähnt er euch in seinen Gebeten und nennt drei Anliegen:
„Damit der Gott und Vater unseres Herrn Jesus Christus, der Vater der Herrlichkeit, euch gebe den Geist der Weisheit und Offenbarung in der Erkenntnis seiner selbst.“
Nun folgt das erste Anliegen: „Damit ihr erleuchtet an den Augen eures Herzens wisst, welches die Hoffnung seiner Berufung ist.“
Sein erstes Anliegen ist also, dass wir erleuchtet werden in den Augen unseres Herzens. Das heißt, wir sollen verstehen, was Paulus meint, und erkennen, was die Hoffnung unserer Berufung ist. Wir hatten schon darüber gesprochen: Es geht um das Erbe, die Erlösung des erworbenen Besitzes. Dieses Erbe zu ergreifen, das wir jetzt nur unsichtbar glauben, das ist die Hoffnung, die wir haben. Das ist es, was Paulus antreibt.
Das ist das erste Anliegen für die Epheser, das erste Anliegen für uns, das erste Anliegen für dich: dass wir die Hoffnung unserer Berufung vor Augen haben. Dass es für uns wirklich eine Hoffnung ist, dass der Himmel etwas Erstrebenswertes wird, nicht nur leere Worte oder ein Spiel, das man eh nie lernt. Es ist etwas, das wirklich erstrebenswert ist. Paulus sagt: „Ich wünsche mir so sehr, dass ihr das vor Augen habt.“
Das zweite Anliegen finden wir in Vers 18, in der Mitte: „Welches der Reichtum der Herrlichkeit seines Erbes in den Heiligen ist.“
Wir haben schon viel gehört und gelesen über das Erbe. Wer wir sind: Söhne und Töchter Gottes, Erben Gottes. Was wir in uns tragen, was wir in unserer Gemeinschaft miteinander haben. Mitbesitzer zu sein von allem, was Gott besitzt. Paulus sagt, sein Anliegen ist, dass wir nicht nur verstehen, was wir einmal bekommen, sondern auch verstehen, wie wir sind. Dass wir begreifen, welche Würde es ist, Kindergottes zu sein. Er sagt: „Ich wünsche mir so sehr, dass ihr das versteht – mit erleuchteten Augen eures Herzens.“
Wie gesagt, in dem langen Satz von Vers 3 bis Vers 14 hat Paulus genau über diese zwei Themen gesprochen.
Jetzt aber kommt das dritte Anliegen – und jetzt wird es irdisch. Bisher war alles himmlisch, jetzt wird es irdisch, denn Paulus weiß, dass wir noch eine Zeitlang auf dieser Erde leben müssen, die meisten von uns.
Das dritte Anliegen steht in Vers 19: „Ich wünsche mir, ich bete darum, dass Gott euch den Geist der Weisheit und Offenbarung in der Erkenntnis seiner selbst gibt, dass er euch Weisheit gibt, es zu verstehen, und eine Offenbarung, dass ihr besonders versteht, dass ihr mit leuchtenden Augen eures Herzens seht, welches die überragende Größe seiner Kraft an uns, den Glaubenden, ist.“
Diese Kraft zeigt sich nach der Wirksamkeit der Macht seiner Stärke, die er gewirkt hat in Christus, indem er ihn aus den Toten auferweckte.
Die Kraft zur Lebensveränderung
Ja, es ist so: Wenn wir für uns beten und unser Leben überdenken oder für andere beten und das Leben von anderen betrachten, dann überlegen wir oft, zu was wir berufen sind und wie das Leben eigentlich aussehen sollte. Nach einer Anfangsphase der Euphorie – oder bei manchen, je nachdem, wie sie drauf sind, auch nach Zwischenphasen der Euphorie – kommen wir zu der Frage: Wer kann das jemals leben? Wie können wir überhaupt unser Leben verändern?
Selbst wenn wir nicht verdrängen, dass Lebensveränderung vielleicht nötig ist, bleibt die Frage: Wie können wir überhaupt unser Leben ändern? Sind wir nicht einfach die, die wir sind? Ist das nicht unsere Erfahrung, dass wir immer mit den gleichen Schwächen zu kämpfen haben, immer wieder in dieselben Löcher fallen, dieselben Sünden begehen?
Ich habe Menschen kennengelernt, die an dieser Stelle aufgegeben haben, weil sie gesagt haben: Ich schaffe es nicht, heilig zu leben, selbst wenn ich es mir vornehme. Paulus betet: Ich möchte, dass sie verstehen, dass sich in ihrem Leben etwas ändern kann. Bitte zeige ihnen das, Gott. Zeige ihnen, dass sich in ihrem Leben etwas ändern kann, selbst wenn sich schon lange, lange nichts geändert hat.
Ich möchte, dass sie deine Gnade verstehen, denn wir brauchen oft Gnade, wenn wir wieder auf die Nase gefallen sind. Wir brauchen immer wieder Neuvergebung. Ich möchte, dass sie verstehen, dass sie immer wieder aufstehen dürfen.
Aber ich möchte auch, dass sie verstehen, Gott, ich möchte gerne, dass sie verstehen, dass die Kraft da ist, ihr Leben zu ändern. Und darüber werden wir im Rest des Abends sprechen.
Denn hier steht: Ich bete darum, dass sie erkennen, was die überragende Größe seiner Kraft an uns, den Glaubenden, ist – nach der Macht seiner Stärke. Diese Stärke, in der er gewirkt hat, in Christus, indem er ihn aus den Toten auferweckte.
Wisst ihr, die Kraft, mit der Jesus aus den Toten auferweckt wurde, steht in unserem Leben zur Verfügung, um unser Leben zu ändern. Paulus sagt: Ich möchte, dass sie es wirklich mutig empfinden, sich vor dich hinzustellen und zu sagen: Ich glaube, dass du genug Kraft hast, um meinen Toten aufzuerwecken. Aber um meine Gewohnheiten, um meine Charaktereigenschaften zu ändern, dazu reicht deine Kraft nicht.
Paulus sagt: Leute, ihr braucht eine neue Perspektive. Paulus sagt: Gott, ich glaube, sie brauchen eine neue Perspektive. Sie müssen verstehen, welche Kraft dahintersteckt.
Ich finde es so schön, wie er über Gott redet. Noch einmal zurück zu Vers 17, zum Anfang dieses Gebets. Er sagt: Damit der Gott unseres Herrn Jesus Christus, der Vater oder die Quelle der Herrlichkeit, euch gebe...
Habt ihr jemals auf die Idee gekommen, von Gott zu reden als dem Gott Jesu Christi? Ich würde immer nur sagen: Er ist der Vater Jesu, oder? Paulus sagt: Er ist der Gott Jesu Christi.
Warum? Er hat zwei Gründe. Der eine Grund ist: Das waren Leute aus den Nationen, und er wollte ihnen nicht sagen, es ist der Gott Abrahams, Isaaks und Jakobs, und ihr seid Gäste bei einem israelisch-jüdischen Gott. Sondern er sagt: Wisst ihr, zu welchem Gott ihr kommt? Es ist der Gott Jesu Christi. Und jeder, der zu Christus gehört, hat das gleiche Anrecht auf diesen Gott.
Der andere Aspekt ist: Warum er diesen Titel wählt. Wisst ihr, es ist der Gott Jesu Christi, der mit seiner ganzen Macht in das Leben Jesu eingegriffen hat. Also, wenn ich das so sagen darf, in dem Augenblick, als er tot war, um ihn aufzuerwecken.
Als Gott hat er bei Jesus Christus eingegriffen und ihn aus den Toten auferweckt. Und er sagt: Dieser Gott, dieser Gott, der sich so mächtig bei Jesus erwiesen hat, dieser Gott mit seiner ganzen Kraft steht zur Verfügung. Seine ganze Kraft steht zur Verfügung, um in dein Leben einzugreifen.
Und darüber redet er – direkt oder indirekt – im restlichen Abschnitt.
Die fortlaufende Kraft Gottes und der persönliche Bezug
Und hier sind wieder komplizierte Sätze. Ich meine nicht, dass sie besonders schwierig sind, denn es steht gar nicht so viel Schwieriges darin. Der Aufbau ist so, dass man merkt, Paulus fällt immer noch etwas ein.
Ihr müsst zuerst versuchen, einen roten Faden zu finden, und dann füllen wir die Lücken. Denn der Satz in Kapitel 1, Verse 19 und 20, in der ersten Hälfte – „diese Macht seiner Stärke, in der er gewirkt hat in Christus, indem er ihn aus den Toten auferweckte“ – geht eigentlich in Kapitel 2, Vers 1 weiter.
Meine Übersetzung enthält auch das, was dazwischensteht, in Klammern, damit man gleich merkt, dass der Gedanke in Kapitel 2, Vers 1 fortgesetzt wird. Denn Kapitel 2, Vers 1 beginnt mit: „Auch euch, die ihr tot wart.“ Er hat Christus in seiner Stärke aus den Toten auferweckt und auch euch, die ihr tot wart in euren Vergehungen und Sünden.
Was? Auch euch war's. Ja, das gehört dazu: Auch euch hat er lebendig gemacht. Paulus schreibt das aber nicht direkt, weil er erst noch etwas erklären muss. Er schreibt nie so banal. Der Satz geht in den Versen 4 und 5 weiter. Er nimmt diesen Gedanken einfach noch einmal auf und formuliert ihn ein bisschen anders.
Kapitel 2, Vers 1 war euch ganz persönlich gewidmet. Paulus legt immer wieder Wert darauf, die Leute persönlich anzusprechen – die Epheser und uns: „euch, die ihr tot wart.“ In Vers 4 fängt er an: „Gott aber, der reich ist an Barmherzigkeit wegen seiner vielen Liebe, mit der er uns geliebt hat, hat auch uns lebendig gemacht.“ Er möchte immer dazugehören.
Deshalb wechselt er immer wieder zwischen „dich“ – also „das betrifft dich“ – und „uns“ – „das betrifft dich genau wie mich und mich genau wie dich“. „Hat auch uns, als wir in den Vergehungen tot waren.“ Er nimmt auf, was er in Vers 1 gesagt hat: „Ihr wart tot in euren Vergehungen und Sünden.“ Auch „uns“, als wir in unseren Vergehungen tot waren, hat er mit Christus lebendig gemacht.
Bedeutung von Vergehungen, Tod und der gesellschaftliche Einfluss
Ah, jetzt kommt es endlich. Jetzt bringt er diesen Gedanken, diesen Gedanken, der hier eigentlich ein bisschen der rote Faden ist, zu Ende: Durch Gnade seid ihr gerettet.
Vergehungen und Sünden – kurz dazu: Vergehungen ist ja, das deutsche Wort sagt es schon ein bisschen, als ob jemand sich verlaufen hätte. Er hat sich vergangen, obwohl es das Wort auch gibt. Aber eigentlich heißt es wörtlich, dass es einen klaren Weg gibt, in diesem Fall einen moralischen Weg, und ich bin einfach von diesem Weg abgekommen. Und zwar so, dass Gott das Böse darin erkennt. Nicht einfach, dass es dunkel war und ich daneben getappt bin, sondern ich bin bewusst von dem moralischen Weg Gottes abgegangen.
Gleichzeitig wird dieses Wort oft auch im Sinne von Fallen benutzt. Ich bin nicht nur vom Weg abgekommen, sondern so heftig gefallen, dass ich kaum noch die Möglichkeit habe umzudrehen, weil ich mich kaum noch aufrappeln kann.
Vergehungen sind hier also diese einzelnen Fehltritte. Sünden ist wahrscheinlich das allgemeinere Wort, das weniger die einzelne böse Tat beschreibt, wie es vielleicht eine Vergehung ist, sondern das, was dahintersteckt.
In der parallelen Stelle im Kolosserbrief heißt es: Tod in Vergehungen und in der Vorhaut unseres Fleisches. Das war Paulus’ Ausdruck für die Epheser und ihren Hintergrund, der zu jüdisch gewesen wäre. Er hatte nicht die Hoffnung, dass sie dieses Bild verstehen würden. Aber wahrscheinlich war der Gedanke in seinem Kopf: Die Vorhaut des Fleisches – das ist mein Stolz, es selbst schaffen zu wollen, mein Stolz, dass niemand mir helfen muss, dass ich selbst ans Ziel komme, „Ihr werdet sein wie Gott“.
Tod in unseren einzelnen Fehltritten, wo wir einfach Mist gebaut haben; Tod in unserer Haltung, in den prinzipiellen Problemen, die wir haben.
Tod – wir hatten das kurz und heute noch kürzer: Tod hat hier zwei Bedeutungen. Tod heißt, wir waren so böse in den Augen Gottes, dass wir keine Chance hatten in seinem Gericht. Das Todesurteil lag über uns. Und Tod bedeutet auch, dass wir keine Chance auf ein verändertes Leben hatten.
Für die erste Art von Tod hilft Vergebung, Rettung, Erlösung. Das hilft, dem ewigen Urteil zu entgehen. Aber hilft Vergebung automatisch, lebendig zu werden und Kraft für ein gutes Leben zu haben? Ich meine, Vergebung ist der erste Schritt, weil sie uns wieder mit Gott zusammenbringt.
Aber Vergebung heißt nicht automatisch: Jetzt kann ich besser leben. Es ist wie bei der Taufe von Johannes dem Täufer: Tut Buße, lasst euch taufen, nehmt euch vor, besser zu leben. Aber hatten sie die Kraft, wirklich besser zu leben?
Tod meint hier nicht nur die Ewigkeit, sondern auch dieses Leben. Unfähig zu sein, zwei Stunden lang das zu tun, was Gott gefällt – das ist Tod.
Ich vermute, die Epheser haben an Vergebung geglaubt, sie haben an Rettung geglaubt, sie kannten das Evangelium. Aber ich glaube, sie waren nicht immer so sicher, dass ihr Leben sich wirklich verändern würde.
Paulus sagt: Die Gnade ist sehr groß, es ist Blut geflossen, die Vergebung ist da. Die gleiche Kraft und Güte stehen zur Verfügung, damit ihr euer Leben ändern könnt.
Hier steht viel von Güte in Vers 4 und 5. Wir kommen gleich darauf zurück.
Die persönliche Ansprache und der Einfluss der Welt
„Durch Gnade seid ihr errettet“ ist eine sehr persönliche Aussage. Paulus sagt nicht einfach „Durch Gnade sind wir errettet“ oder „durch Gnade seid ihr errettet“.
Wir müssen die Verse dazwischen betrachten, in denen Paulus seinen Gedankenfluss unterbrochen hat. Schauen wir uns Vers 2 und 3 an. Ich lese noch einmal das Ende von Vers 1:
Ihr wart tot in euren Vergehungen und Sünden, in denen ihr einst lebtest, nach dem Zeitlauf dieser Welt, nach dem Fürsten der Gewalt der Luft, des Geistes, der jetzt wirksam ist, und den Söhnen des Ungehorsams, unter denen auch wir alle einst unser Leben führten.
In den Begierden unseres Fleisches, in denen wir den Willen des Fleisches und der Gedanken taten, und von Natur Kinder des Zorns waren.
Hier beschreibt Paulus, warum wir Erlösung und Vergebung brauchten. Er zeigt, wie tief wir in den Augen Gottes gesunken waren und wie schlimm wir in seinen Augen waren. Er erklärt, warum wir ein Todesurteil verdient haben und warum wir Gnade brauchen.
Doch wisst ihr, was in dieser ganzen Aufzählung mitschwingt? Ja, ihr braucht Vergebung. Aber genau deshalb ist es auch so schwer, anders zu leben. Was sagt Paulus? Leute, ihr seid einfach mitgelaufen und wart unter dem Einfluss dieser Gesellschaft, in der ihr lebt.
Und weil ihr jahrelang, ja jahrzehntelang unter dem Einfluss dieser Gesellschaft gelebt habt, ist es nicht einfach, anders zu leben – nach dem Zeitlauf dieser Welt, unter den Söhnen des Ungehorsams, unter denen auch wir einst alle lebten.
Es ist nicht leicht, in dieser Welt anders zu leben, gut zu leben und so zu leben, wie Gott es möchte. Denn es gibt einen Einfluss der Gesellschaft – nicht nur in unserer Vergangenheit, sondern auch in unserer Gegenwart.
Dazu kommt noch ein weiterer Einfluss: Entsprechend dem Fürsten der Gewalt der Luft, des Geistes, der jetzt wirksam ist in den Söhnen des Ungehorsams.
Das ist eine schwierige Formulierung, oder? Warum nennt Paulus den Teufel „den Fürsten der Gewalt der Luft“? Es gibt sicher viele Theorien, manche davon habe ich sogar schon gehört. Aber wisst ihr, was mir am meisten einleuchtet?
Der Teufel mit seiner Macht ist so allgegenwärtig und dir so nah wie die Luft, die du atmest. Der Einfluss des Teufels ist dir so nah und so selbstverständlich wie die Luft, die du atmest, weil dieser Einfluss überall ist.
Das ist erschreckend. Ja, es entspricht der Gesellschaft. Wenn wir weitersündigen, entspricht das dem Einfluss des Teufels, der uns so selbstverständlich ist. Und es entspricht unserem Wesen, unter dem auch wir einst alle unser Leben führten, in den Begierden unseres Fleisches, in denen wir den Willen des Fleisches und der Gedanken taten.
So zu leben, wie es Gott nicht gefällt, entspricht unserer Natur, unseren Wünschen und Trieben. Oft entspricht es auch unseren Gedanken, wenn wir uns einen Vorteil davon versprechen.
All das macht es so selbstverständlich. Es entspricht der Gesellschaft, in der wir leben, es entspricht dem Einfluss des Teufels, und es entspricht unserer eigenen Natur, so zu leben.
Es ist so selbstverständlich, so zu leben, wie alle leben, oder? Und es ist ganz egal, ob es um Reichtum, Macht oder Sex geht. Alles ist so selbstverständlich geworden.
Aber wisst ihr was? Gott verabscheut das und findet es furchtbar.
Gottes Barmherzigkeit und die neue Lebenswirklichkeit
Und jetzt, wo wir wissen, dass wir Kinder des Zorns sind, Menschen, die unter dem Zorn Gottes standen, müssen wir eigentlich noch einmal Vers vier und fünf lesen. Denn manches können wir jetzt besser verstehen. Darum hat Paulus diesen Gedanken auch dazwischen geschoben.
Vers vier: „Gott aber!“ Obwohl wir unter seinem Zorn waren – Gott aber! Er ist reich an Barmherzigkeit, reich an Barmherzigkeit wegen seiner vielen Liebe, viel Liebe, womit er uns geliebt hat. Paulus sagt es noch einmal und noch einmal: Gott ist gütig zu euch, Gott liebt euch sehr. Er hat euch mit dieser Liebe geliebt, hat er uns geliebt. Als wir in den Vergehungen tot waren, hat er uns mit Christus lebendig gemacht. Und hier kommt schon etwas: lebendig gemacht – die Kraft zu einem veränderten Leben.
Dann wird es noch persönlicher: „Durch Gnade seid ihr gerettet.“ Eigentlich wollte Paulus erst im Vers acht darüber schreiben. Der fängt nämlich so an: „Denn durch die Gnade seid ihr errettet.“ Aber er musste das hier einfach schon mal sagen: Durch Gnade seid ihr errettet. Wow!
Doch wir haben noch etwas ausgelassen. Bevor wir Vers sechs und sieben lesen, müssen wir noch einmal zurück zu Vers 21, ganz kurz nur. Dort steht, dass Gott Jesus nicht nur aufgeweckt hat – und das hat mit Kraft und neuem Leben zu tun –, sondern dass er Jesus auch erhöht hat. Das hat mit Autorität zu tun. Er setzte ihn zu seiner Rechten in den himmlischen Örtern, über jedes Fürstentum und jede Gewalt und Kraft und Herrschaft und jeden Namen, der genannt wird – nicht allein in diesem Zeitalter, sondern auch im zukünftigen. Und er hat alles seinen Füßen unterworfen und ihn als Haupt über alles der Gemeinde gegeben.
Er sagt, Christus ist wirklich der, der nicht nur aus den Toten auferweckt ist, sondern der erhöht ist. Und wisst ihr, den Vers 21 hätte man ja nicht unbedingt gebraucht. Man liest mal Vers 20 und dann Vers 22: „Und er setzte ihn zu seiner Rechten in den himmlischen Örtern und hat alles seinen Füßen unterworfen und ihn als Haupt über alles der Versammlung gegeben.“ Das hätte doch gereicht. Das wäre ein fast wörtliches Zitat aus Psalm 110 gewesen oder aus Psalm 8, Vers 6, den wir jetzt nicht mehr aufschlagen. Aber fast wörtlich.
Ja, Paulus hält sich bei den Ephesern mit Zitaten zurück, aber das Alte Testament ist natürlich in seinem Kopf. Und er schreibt diesen Satz – eigentlich schreibt er diesen Satz – und schon wieder muss er etwas dazwischenfügen: Vers 21, um zu erläutern, was es heißt, über alles, über jeden Namen zu herrschen. Ein paar Monate später wird er an die Philipper schreiben, dass der, der sich erniedrigt hat, erhöht ist und einen Namen bekommen hat, der über jeden Namen ist (Philipper 2). Er schreibt fast dasselbe im Kolosserbrief, nicht ganz so ausführlich. Fürstentümer und Gewalten ist so ein stehender Ausdruck für unsichtbare Mächte.
Hier und im Kolosserbrief fügt er noch ein zweites Paar dazu, ein zweites Paar Ausdrücke: Hier Kraft und Herrschaft – noch einmal, um es zu untermauern. Im Kolosserbrief sagt er „Throne und Herrschaft“, hier sagt er „Kraft und Herrschaft“, jede Kraft und jede Herrschaft. Ich vermute, das liegt am heidnischen Hintergrund der Epheser, denn Kraft spielte in ihren religiösen Vorstellungen eine große Rolle. Kräfte, personifiziert oder weniger persönlich, mehr persönliche Kräfte, die wirken, oder eher verschwommen esoterisch – das spielte in ihrer damaligen heidnischen Kultur eine große Rolle.
Interessanterweise nimmt er genau dieses Wort hier wiederholt, nämlich die überragende Größe seiner Kraft an uns, den Glaubenden. Es fällt einfach auf, weil es im Zwillingsbrief nicht steht. Das waren die Dinge, auf die sie in der Vergangenheit gehofft hatten, aber auch die Dinge, vor denen sie sich gefürchtet haben. Und er sagt: Jesus ist weit über jedem Fürstentum, jeder Gewalt, jeder Kraft, jeder Herrschaft, jedem Namen, der genannt wird – jetzt und in der Zukunft. Jesus ist darüber.
Dann kommt Vers 6: „Und er hat uns mit auferweckt.“ Fast fünf hatten wir: Der Christus hat uns lebendig gemacht. Jetzt wiederholt Paulus das und sagt: „Er hat uns mit auferweckt und mitsitzen lassen in den himmlischen Örtern in Christus Jesus.“ Wir hatten das schon. Er sagt: Du bist mein Sohn, du bist meine Tochter. Weißt du, was hier oben ist? Ein Thron für dich bei meinem Thron. Der ist für dich reserviert, da steht dein Name dran. Eigentlich sagt Gott: Es wäre gut, wenn du ab und zu einfach in Gedanken dir die Mühe machst, dir das bewusst zu machen. Ich bin Mitbesitzer mit Gott. Da steht ein Thron, da sitze ich noch nicht drauf – körperlich nicht –, aber eigentlich ist das schon mehr.
Und eigentlich sagt Gott: Es wäre gut, wenn du ab und zu hochkommst in Gedanken. Ich meine jetzt keine Traumreisen, sondern einfach, indem du dir das bewusst machst und überlegst: Wie sieht das Ganze eigentlich von oben aus? Was bedeutet es eigentlich, Mitbesitzer zu sein? Was bedeutet es, vielleicht sogar Verantwortung zu haben für Dinge, die Gott gehören?
Das ist es jetzt. Eines Tages werden wir es anfassen.
Vers 7: „Damit er in den kommenden Zeitaltern den überragenden Reichtum seiner Gnade in Güte an uns erweise in Christus Jesus.“ Also das ist Himmel, das ist Himmel, wenn Gott den überragenden Reichtum seiner Gnade in Güte an uns erweist. Ich lese das noch einmal: Wenn Gott den überragenden Reichtum seiner Gnade in Güte an uns erweist in Christus Jesus, weißt du, Gott sagt: Schön, dass du angekommen bist, das ist dein Platz, und jetzt möchte ich den überragenden Reichtum meiner Gnade in Güte an dir erweisen.
Das ist nicht das, was hier auf dieser Erde passiert, das ist das, was Paulus vom Himmel beschreibt. Ich weiß nicht, wie es aussieht, wenn Gott den überragenden Reichtum seiner Gnade in Güte an uns erweisen wird dort oben, aber das ist Himmel.
Weißt du, wenn Paulus das beschreibt, dann denkt er im Hinterkopf noch an etwas anderes. Er sagt: „Guck mal, da ist eine Gesellschaft, die dich beeinflusst, wo du denkst, ich weiß nicht, ob ich ihrem Einfluss widerstehen kann. Da ist ein Fürst der Gewalt der Luft, allgegenwärtig, der dich beeinflusst, und du weißt nicht, ob du ihm widerstehen kannst. Das ist deine eigene Natur, die dich oft beeinflusst, und du weißt nicht, ob du es in den Griff kriegst.“
Wisst ihr, sagt Paulus, ihr seid versetzt mit Christus. Ihr sitzt mit ihm in den himmlischen Örtern. Wenn ihr das glaubt, dann müsst ihr keine Angst haben, denn ihr seid über dem Fürsten der Gewalt der Luft. Ihr seid dort, wo Christus ist.
Ich habe extra kurz davor diese Stellen vom Ende von Kapitel 1 gelesen: Christus ist erhöht über jedes Fürstentum, jede Gewalt, jede Herrschaft, jede Kraft, jeden Namen. Und wenn wir mit ihm sind, dann ist genug Kraft da, um das alles zu überwinden, weil er darüber ist.
Klar, man darf sich nicht in Gefahr begeben. Die Bibel sagt: Wer sich in Gefahr begibt, kommt darin um. Man darf nicht leichtfertig mit Dingen spielen. Aber wenn wir das nicht tun, dann müssen wir uns eigentlich nicht fürchten.
Noch einmal persönlich, Vers 8, jetzt endgültig: „Denn durch die Gnade seid ihr errettet mittels des Glaubens, und das nicht aus euch, Gottes Gabe ist es, nicht aus Werken, damit niemand sich rühme.“ Ihr seid gerettet durch Gnade.
Aber das ist nicht alles. Jetzt kommt Vers 10: „Denn wir sind sein Werk, geschaffen in Christus Jesus zu guten Werken, die Gott so vorbereitet hat, damit wir in ihm wandeln sollen.“ Das ist der Abschluss dessen, was in Vers 19 angefangen hat: „Welches die überragende Größe seiner Kraft an uns, den Glaubenden ist, nach der Wirksamkeit der Macht seiner Stärke.“
Vers 5: Er hat uns mitlebendig gemacht. Vers 6: Er hat uns auferweckt. Und hier steht plötzlich: Er hat etwas Neues geschaffen. Ihr seid sein Werk, geschaffen in Christus Jesus.
Wisst ihr, als ihr euch bekehrt habt, hat Gott gesagt: Die Größe meiner Kraft wirkt in euch. Ich gebe euch Leben. Ihr seid nicht mehr hilflos den Einflüssen ausgeliefert. Ich gebe euch Leben, um etwas Eigenes, etwas Positives zu tun, um euch abzuheben von eurer Umgebung. Ich gebe euch eine Auferweckung. So tot, wie ihr vorher wart, so lebendig seid ihr jetzt. Und ich schaffe etwas Neues in euch. Ihr seid mein Werk, geschaffen in Christus Jesus, mit dem Ziel, dass ihr fähig seid, gute Werke zu tun.
Wir können Titus lesen, wo etwas ganz Ähnliches steht.
Wisst ihr, was Paulus in diesem ganzen Abschnitt sagen will? Es ist eine Kraft da, die groß genug war, um Christus aus den Toten aufzuerwecken. Diese gleiche Kraft war groß genug, um dich zu retten, zu erlösen und in den Himmel zu bringen, zu einem Erben Gottes zu machen. Und diese gleiche Kraft, Herr Paulus, ist groß genug, um dein Leben zu verändern. Es ist die gleiche Kraft, es ist die gleiche Güte Gottes, die dahintersteckt, die gleiche Güte Gottes, die dich retten wollte und dich verändern will.
Wenn ihr euch diesen Punkt merkt, dann habt ihr, glaube ich, das, was der Abschnitt sagen wollte, im Kopf.
Ich möchte euch nur noch darauf hinweisen, bevor ich es wiederhole, dass wir etwas ausgelassen haben, nämlich Kapitel 1, Vers 22 und 23 – also die zweite Hälfte von Vers 22 und Vers 23. Und es ist wirklich eine total verblüffende Aussage, die Paulus an dieser Stelle macht. Das ist wirklich erstaunlich. Darüber reden wir nächstes Mal.
Weißt du, ich weiß nicht, wie viele gute Werke – was immer du unter guten Werken verstehst – du nicht angefangen hast, weil du denkst, du schaffst es entweder nicht oder du hältst es eh nicht durch.
Wisst ihr, das dritte Anliegen von Paulus ist: Gott erleuchte die Augen eurer Herzen, damit ihr die überragende Größe seiner Kraft an den Glaubenden erkennt.
Interessanterweise schreibt Paulus hier nicht an die Heiligen wie vorher, sondern an die Glaubenden. Ein bisschen hat es mit unserem Glauben zu tun, aber nur ein bisschen. Denn eigentlich ist es die Kraft, die Jesus aus den Toten auferweckt hat, und eigentlich ist es die Kraft, die dich gerettet hat, obwohl es so aussichtslos schien. Eigentlich ist es diese Kraft, die da ist, um dein Leben zu verändern.
Ich weiß, wir brauchen uns oft gegenseitig, und es ist gut, dass wir uns gegenseitig haben. Gott hat das absichtlich so gemacht. Ich weiß, manchmal brauchen wir einfach ein bisschen mehr Hingabe und ein bisschen mehr Christus. Paulus sagt es den Kolossern sehr klar, dass sie eigentlich ein bisschen mehr Christus brauchen.
Aber letzten Endes, abgesehen davon, ist die Kraft da. Und es gibt mir Hoffnung, dass ich vielleicht sogar das eine oder andere, was sich viele Jahre noch nicht in meinem Leben geändert hat, noch ändern kann – die überragende Größe seiner Kraft.