Herr Präsident! Wir grüßen Sie alle ganz herzlich zu unserer Bibelstunde heute an diesem Sonntag. Schön, dass Sie sich wieder auf den Weg gemacht haben. Ich hoffe, es war nicht glatt unterwegs.
Wir grüßen Sie herzlich mit dem bekannten Wort aus Jesaja 54,10:
„Es sollen wohl Berge weichen und Hügel hinfallen, aber meine Gnade soll nicht von dir weichen, und der Bund meines Friedens soll nicht hinfallen, spricht der Herr, dein Erbarmer.“
Es sollen wohl Berge und Hügel weichen, aber meine Gnade wird nicht weichen. Diese Worte hat auch Philipp Friedrich Hiller aufgegriffen und in einem Lied vertont, das wir jetzt singen werden.
Sie werden den Text an der Leinwand sehen:
„Weicht, ihr Berge, weicht, ihr Hügel, mit meinem Mund für und für, denn ich sage, auf ewig steht die Gnade fest. Du gibst deiner Treue sicheren Grund im Himmel.“
Die Himmel werden, Herr, deine Wunder preisen und deine Treue in der Gemeinde der Heiligen. Wer in den Wolken könnte dem Herrn gleichen? Und dem Herrn gleich sein unter den himmlischen Heerscharen? Herr, Gott Sebaoth, wer ist wie du?
Mächtig bist du, Herr, und deine Treue ist um dich her. Du hast einen gewaltigen Arm, stark ist deine Hand, und hoch ist deine Rechte. Gerechtigkeit und Recht sind deines Thrones Stütze; Gnade und Treue treten vor deinem Angesicht.
Wohl dem Volk, das jauchzen kann. Herr, sie werden im Licht deines Antlitzes wandeln, sie werden über deinen Namen täglich fröhlich sein und in deiner Gerechtigkeit herrlich sein. Amen.
Begrüßung und Einführung in das Thema der Gnade
Sie haben bereits die Bibelstunde mit Pfarrer Winrich Schäffbuch gelesen, und wir freuen uns sehr, dass Pfarrer Winrich Schäffbuch mit seiner Frau Beate heute hier unter uns ist.
Pfarrer Winrich Schäffbuch vorzustellen, ist gar nicht so einfach. Wo soll man anfangen? Einige Gäste kennen ihn noch aus der Zeit in Sulgen, als er Vikar war. Dort gab es eine lebendige Jugendarbeit. Jemand hat gesagt, er habe in dieser Runde eine Erweckung erlebt.
Andere kennen ihn und seine Frau als Pfarrerehepaar in der Ludwig-Hofacker-Gemeinde in Stuttgart. Ich habe vorhin auch jemanden getroffen, der sie aus dieser Zeit kennt.
Parallel zu seinen Aufgaben im Pfarramt ist Pfarrer Schäffbuch in der Welt der Mission aktiv. Die weltweite Gemeinde Jesu und die Ausbreitung des Evangeliums lagen ihm von Anfang an sehr am Herzen. Dabei war er immer in Verbindung mit verschiedenen Missionswerken.
Unvergesslich sind die Begegnungen mit Gästen aus Übersee. Gerade habe ich zwei vor Augen: aus Äthiopien und Nairobi. Mit strahlenden Augen berichten sie, was durch Reverend Schäffbuch an Hilfe in ihre Länder gekommen ist. Unterstützung für die Gemeinden durch die Werke, die er zur richtigen Zeit gegründet hat.
Diese Werke boten Hilfe für Brüder und christliche Fachkräfte international – mit den richtigen Verbündeten zur richtigen Zeit. Wir freuen uns sehr über das, was durch diese Werke möglich wurde.
Es gäbe noch viel zu berichten – von Leitungsämtern bis hin zur Synode. Pfarrer Schäffbuch engagierte sich in der Evangelischen Allianz, in der Lebendigen Gemeinde und im Leitungskreis der Christusbewegung. Die Lebendige Gemeinde, früher Ludwig-Hofacker-Vereinigung, die Christustage und die Gemeindetage sind mit seinem Namen untrennbar verbunden.
Und dann noch etwas: Wir wissen gar nicht, wie das alles parallel möglich ist. Aber schon 1969 – kann das sein? – wurde er Nachfolger von Pastor Hans Brandenburg im Leitungsamt für den Missionsbund „Licht im Osten“. Bis heute liegen ihm die verfolgten und bedrängten Christen sehr am Herzen.
Gestern erst las ich sein Grußwort in dem Heft der Hilfsaktion Märtyrerkirche. Von diesem Werk werden wir heute auch noch ein Stichwort hören.
Persönliche Erfahrungen und Empfehlungen
Ich persönlich verdanke dem Ehepaar Schäffbuch sehr viel. Meine erste Adresse, als ich von zu Hause wegzog, war glücklicherweise in Stuttgart, sodass ich in die Gemeinde in Ludwigshafen kam. Dort habe ich in der Großstadt – ohne dass es offiziell als Großstadt-Gemeindeaufbau bezeichnet wurde – erlebt, was es bedeutet, Menschen in einer großen Stadt, hier in der Hauptstadt, zu erreichen.
Ich habe sehr, sehr profitiert und Grundlagen erhalten, die ich weder im Studium noch in der Schule vermittelt bekommen habe. Dafür bin ich sehr dankbar – für das Bibelkolleg, die Bibelstunden und die Gottesdienste. Beeindruckend war immer der Stau, wenn man um halb elf zur Kirche kam und stehen musste, weil die, die schon um neun Uhr in der Kirche waren, noch herauskamen – zweimal hintereinander. Dafür bin ich sehr dankbar und freue mich über dieses Wiedersehen.
Parallel dazu haben Pfarrer Schäffbuch und seine Frau auch Bücher geschrieben. Die Liste der Titel ist lang, und wir freuen uns sehr, dass jetzt im Herbst wieder eines neu aufgelegt wurde. Es ist ein Geheimtipp – vielleicht auch ein Geschenktipp: „Lebensbilder bekannter Liederdichter“.
Über hundert Liederdichter werden darin vorgestellt. Pfarrer Schäffbuch und seine Frau betrachten den Hintergrund dieser Dichter – historisch genau, sehr lebendig und kurzweilig geschrieben. Dabei wird erklärt, was hinter den Liedern steckt, zum Beispiel auch hinter denen, die wir heute gesungen haben. Es ist wirklich ein Geheimtipp.
Jetzt sind wir in einer angenehmen Verlegenheit: Wir wissen schon, dass nicht genügend Exemplare vorhanden sind. Das ist eigentlich eine schöne Verlegenheit für ein Buch, wenn es nicht überflüssig ist. Bestellen Sie es gerne! Das Credo kann es Ihnen in der nächsten Woche mitbringen, oder Sie können es im Credo kaufen beziehungsweise nächste Woche hier abholen.
„Den Kummer sich vom Herzen singen, dennoch fröhlich singen“ – über hundert Kurzbiografien. Wir freuen uns sehr darüber.
Zugang zu Predigten und Liederauswahl
Jetzt freuen wir uns auf die Bibelarbeit, die vor uns liegt.
Ach, etwas wollte ich noch erwähnen: Nicht wenige hier haben den Pfarrchef Schäffbuch auch bei wunderbaren Freizeiten erlebt. Einige kennen ihn vielleicht nur von Aufnahmen. Es gibt Hunderte von Predigten und Bibelarbeiten von ihm im Internet, vor allem auf sermon-online.de, aber auch auf anderen Portalen. So haben manche bei ihm studiert, ohne ihn persönlich getroffen zu haben. Darüber freuen wir uns sehr.
Die Lieder heute wurden alle von Pfarrer Schäffbuch selbst ausgewählt. Der Vorschlag für das nächste Lied ist Nummer 310, die Strophen 1 bis 6. Eine kleine Überraschung wird sein, dass wir es nicht nach der unbekannten Melodie singen, die dort steht, sondern nach einer bekannten Melodie, die Schwester Renate jetzt spielt. Ja, diese Choralmelodie – kennen Sie sie?
Die Bedeutung der Gnade im Leben der Gläubigen
Herr Präsident, liebe Worte! Das Allergrößte in Ihrem Leben, in unserem Leben ist, was Jesus in aller Verborgenheit wirkt. Er ist der Herr, er will der Weinstock sein und wir die Reben. Ohne mich könnt ihr nichts tun.
O Herr Jesus, Deine Gnade ist so wunderbar und so groß! In unserem Leben gibt es so viel Dunkles und Böses, aber Deine Gnade ist jeden Morgen neu. Du gibst keinen von uns auf. Überwältigend ist Deine Liebe und Dein Erbarmen, mit denen Du in unserem Leben wirken willst.
Im Losungsbüchlein steht heute ein Wort aus dem Psalm 85, und ich habe mich schon lange damit befasst, als ich es las. Ich möchte dieses Losungswort noch einmal lesen, und zwar aus Psalm 85. Wir haben ja vorhin den Psalm 89 gelesen, aber Psalm 85 berührt sich ganz wunderbar damit: „Herr, erweise uns deine Gnade und gib Dein Heil!“
Der Psalm ist aus einer ganz großen Not gedichtet worden. Was ist denn die größte Not in unserem Leben? Nicht Krankheit, nicht wirtschaftliche Probleme, sondern wenn über unserem Leben Gottes Ungnade liegt. Davon spricht dieser Psalm.
„Lass doch deinen Zorn nicht walten über uns, du hast dich abgewandt, und wir stehen in deiner Ungnade.“ Das ist das Allerschlimmste. Aber das hat sich in der Geschichte des Volkes Gottes bis heute immer wieder ereignet: Gott hat sich von uns abgewandt, weil wir ihn verlassen haben.
Und dann fing schon der Psalm so an: „Ach Herr, früher vormals hast du dein Land so reich gesegnet!“ Ja, da denken wir auch an früher. Da waren die großen Aufbrüche in der Jugendarbeit, da wurden die Weltmissionen ausgebreitet, die Bibelschulen waren überfüllt, und der Andrang an Diakonischen war so groß. Ach, wie war das früher so schön, was Gott alles gewirkt hat! Herr, tu es doch auch uns noch einmal!
Die Gefahr der frommen Selbstgefälligkeit und der Verlust der ersten Liebe
Das ist Gottes Gericht, ganz besonders über seine Gemeinde. Das Gericht beginnt immer im Haus Gottes, nicht in der Welt.
Das schlimmste Wort, das in der Bibel steht, ist, dass Gott uns dahingegeben hat, was uns laufen lässt. Unsere Wohlstandszeit ist so verbreitet, dass wir weit von Gott entfernt sind. Wir verlieren uns in den vielen Möglichkeiten des Lebens, in den Geldmöglichkeiten und in den Lüsten der Welt – in allem, was möglich ist.
Gibt es denn das, dass Gott seine Gemeinde richtet? Schon im Neuen Testament, in der Urchristlichen Zeit, wird die Gemeinde von Laodizea gerichtet. Dort heißt es: „Weil du lau bist, will ich dich ausspeien.“ So sagt der erhöhte Herr Jesus, dass er seine Gemeinde ausspeit, weil sie weder warm noch kalt ist, sondern lau. Oder weil sie die erste Liebe verlassen hat – die Liebe zu Jesus, die einmal da war.
Warum ist denn heute die Gemeinde so bedroht? Wissen Sie, was heute typisch ist für bibeltreue Christen, für evangelikale Christen? Die fromme Selbstgefälligkeit. Wir halten uns für tolle Leute, wir machen schöne Gemeinde und schöne Gottesdienste. Genau so, wie es in den Zeugnisschreiben heißt: „Ich bin reich und habe genug und brauche nichts.“ Dabei wissen wir nicht, dass wir elend, jämmerlich, arm, blind und bloß sind.
Hinzu kommt die Vermischung mit unbiblischen Heilslehren. Man ehrt Gott mit ewigen Lobgesängen am Stück, aber das Herz ist ganz weit weg. Das ist Heuchelei in unserem Leben. Das größte Problem ist immer wieder unser Ich, das sich nicht dem Gehorsam Gottes fügen will. Schon da zeigt sich der eigene Trotz bei dir und bei mir, davon schreibt die Bibel immer wieder.
Mir ist in diesen Tagen eine Überschrift in einer Zeitschrift aufgefallen: „Wie kann Christsein glaubwürdig gelebt werden?“ Das ist ein Irrtum. Wie soll ich denn glaubwürdig Christsein leben, wenn ich selbst gar nicht glaubwürdig bin? Wenn die Sünde nicht nur stündlich, sondern minütlich mein Leben und mein Herz durchzieht? Wenn mein eigenes Christenleben notvoll ist?
Wir prahlen heute viel, reden viel, sind aufgeblasen und protzen mit unseren Zahlen. Wir haben den Schein eines frommen Lebens, aber die Kraft verleugnen wir. Es gibt viele Dinge, an denen unser Herz hängen bleibt. Wir sind auch ganz glücklich und sagen: „Ja, wir nehmen Jesus an.“ Aber wir folgen ihm nicht nach.
Im Gehorsam liegt der einzige Weg, der einen Wert hat. Unsere Zunge – davon spricht Jakobus – richtet so viel Böses an. Die Zunge ist ein schrägliches Gift, auch die christliche Zunge. Wir können andere übervorteilen.
Wo gibt es denn Rettung? Was kann man tun? In unseren Tagen hört man wenig davon. Doch es heißt: „So sei nun eifrig und tue Buße.“
Die Bedeutung der Buße und die Herausforderung der Gegenwart
Warum ist das mit der Buße eigentlich nicht mehr aktuell? Gerade in der Reformation war doch der Anfang von Martin Luther, dass unser ganzes Leben Buße sei – eine dauernde Umkehr zum lebendigen Gott.
Wenn man so alt ist wie ich, erinnert man sich auch an die früheren Zeiten. Wie war das denn damals? Es war eine ganz, ganz große Krise der Gemeinde Jesu in den Siebzigerjahren, angesichts der Studentenrevolten. Damals gab es große kirchliche Spannungen wegen der Synode. Es war furchtbar: Die ganzen Zeitungen verbreiteten Schmutzartikel über fromme Christen und Pietisten.
Bei der Hofackerkonferenz auf dem Killesberg hat damals Klaus Vollmer gesprochen. Ich vergesse das nie. Das Thema war gar nicht attraktiv. Wissen Sie, worüber er gepredigt hat? „Bedroht von Gottes Zorn!“ In den großen Hallen konnten die Menschen das kaum fassen. Das brennendste Thema unseres Lebens ist: Wie kann der Zorn Gottes von meinem Leben weggenommen werden?
Nun wissen Sie, der Zorn Gottes ist nicht so, wie wir zornig sind, sondern Ausdruck der Liebe Gottes. Diese Liebe hasst das Böse in unserem Leben, das uns zum Unglück wird. Darum will Gott das Böse von uns wegstreifen. Er möchte uns mit sich zurückholen.
Heute Morgen war im Losungsbüchlein noch ein Vers von Benjamin Schmolk dabei. Benjamin Schmolk war einer der drei Pastoren, die in der großen Christenverfolgung Schlesiens in der Gegenreformation um 1700 tätig waren. Die Habsburger wüteten furchtbar, es waren nur drei Kirchen geöffnet. In Schweidnitz betreute Benjamin Schmolk 14 Gemeindeglieder und viele weitere in unzähligen Dörfern. Er hielt auch Heckenpredigten für die Leute, die in der Untergrundkirche Zuflucht suchten.
Und was sagt Benjamin Schmolk heute im Losungsbüchlein? „Gott will mir heute von Neuem geben, was mir sonst niemand geben kann. Denn hätte ich seine Gnade nicht, wer wäre mir sonst Trost und Licht?“
Die Gnade Gottes ist das Allerwichtigste. Darin muss man gewiss sein. Ich bin in der Gnade Gottes. Es kann kommen, was will: Wenn morgen Terroranschläge unser Land verwüsten, wenn eine unheilbare Krankheit kommt, wenn ich von meinen Freunden verraten und verleugnet werde – ich bin in der Gnade, ich bin geborgen in der Gnade.
Deshalb ist es so wichtig, dass wir uns jeden Tag neu in die Arme Jesu flüchten. Dort wird uns bewusst, wie unser Leben voller Versäumnisse und Schuld ist. Wir sind nicht mit vergänglichem Silber oder Gold erlöst von unserem nichtigen Wandel – es ist ein nichtiger Wandel, den wir auf dieser Erde führen – sondern mit dem teuren Blut von Jesus Christus.
Unter dem Kreuz erkennen wir es: Die Gnade, die mir gilt, dass Gott mich sucht.
Die Realität der Sünde und die Kraft der Vergebung
Ist Ihnen auch schon einmal aufgefallen, dass in vielen kirchlichen Versammlungen seit Jahren kaum noch von der Sünde gesprochen wird? Man sagt sogar, die Sünde sei gar nicht das Problem unserer Zeit. So schrieb zum Beispiel ein Chefredakteur eines der größten evangelikalen Blätter: „Ich möchte den Menschen nicht schlechtreden.“
Nein, wir wollen nicht schlechtreden. Wir sind schlecht. Wir sind verlorene Menschen ohne die Gnade Gottes, ohne den Herrn, der uns unverdient aus Gnade rechtfertigt. O Gnade Gottes wunderbar – das war das Lied, das der versoffene Sklavenkapitän John Newton gedichtet hat, als er doch noch einmal aus den Fluten des untergehenden Schiffs gerettet wurde. Er, der nie nach Gott gefragt hatte, sammelte dann in Clapham, einem Vorort von London, eine kleine Gruppe.
Die Londoner nannten sie die „Clapham Sekte“. Wissen Sie, das ist immer so: Wenn Leute es ernst meinen mit Jesus, werden sie gleich als Sekte bezeichnet. In dieser Gruppe waren Admiräle, Generäle und Wirtschaftsführer – also einflussreiche Menschen. Aber das Wichtigste war: Nur die Gnade von Jesus ist der Trost in meinem Leben und in dieser Welt. Ich will gar nichts anderes rühmen, als dass sein Kreuz meine Schuld bedeckt, sein Blut mich hell und rein macht.
Sehr interessant ist, dass wir Tage oder Jahre leben können, ohne uns unserer Schuld zu beugen. Die Schuld wird nur unter dem Wirken des Heiligen Geistes erkannt. Jesus hat das als das wichtigste Amt des Heiligen Geistes bezeichnet, in Johannes 16: „Wenn aber jener kommt, der Geist der Wahrheit, wird er die Welt überführen von der Sünde und vom Gericht.“
Ohne den Heiligen Geist kann ich sicher leben, denke ich: Ich bin ein guter Mensch, ich bin ein guter Christ. Bonhoeffer hat in seinem großartigen Buch „Nachfolge“ beschrieben, dass die Gnade in der Christenheit zur Schleuderware geworden ist. Sie wird als Rechtfertigung für alle Bosheiten, für alle Übeltaten und für alle Gebotsübertretungen missbraucht. „Ach ja, die Gnade Gottes ist ja gnädig, er vergibt ja.“
Dabei ist es in der Bibel so klar: Du kannst keine einzige Tat deines Lebens, keine Untat, wiedergutmachen. Wie denn? Geht nicht! Selbst wenn du ein Leben lang als Wohltäter der Menschheit lebst, kannst du nicht ein böses Wort, das du einst deiner Mutter zugerufen hast, die längst verstorben ist, wieder gutmachen. Alles, was du gesprochen hast, ist geschehen, es sind Fakten.
Und wie willst du dann die ganz schweren Dinge deines Lebens wieder gutmachen? Im Alten Bund war es schon so: durch das Blut der Opfertiere wurde das vorweggenommen. Über dem Altar war der Sühnopferdeckel, der schon sprach: Es muss ein anderer für dich eintreten. Das ist so herrlich, dass es Vergebung gibt. Eigentlich ist das eine Unverschämtheit: Wie soll es möglich sein, dass eine begangene Untat ausgelöscht werden kann?
Ich erzähle immer gern von Pfarrer Gehrke, der einst die schlimmsten Kriegsverbrecher des Dritten Reichs im Kriegsgefängnis Nürnberg vor ihrer Hinrichtung betreute. Viele von ihnen sind zum Glauben gekommen. Junge Leute, die das gibt es doch nicht! Man kann doch so etwas nicht vergeben. Doch das Blut und die Gnade von Jesus sind so groß – für bewusste und unbewusste Sünden, für alle Sünden, die ich bekenne und bereue. Das Blut Jesu Christi macht mich rein von aller Sünde.
So wie wir unsere Sünde leugnen, verführen wir uns selbst, und die Wahrheit ist nicht in uns. Ich habe die Erfahrung gemacht, dass kein Thema heute so interessant ist wie die Sünde des Lebens. Unter jungen Menschen braucht es gar nicht viel attraktive Umgebung für Versammlungen. Die Leute sagen: „Das ist das Problem meines Lebens.“
Vor ein paar Jahren hatten wir eine Jugendkonferenz, bei der ein Weingärtner aus der Pfalz ein Thema ansprach, das viele junge Leute heute über das Smartphone erreichen: Pornografie. Da stand ein Evangelist auf und sagte: „Der Herr muss sich mir nicht anhören.“ Ausgerechnet ein führender Mann!
Doch ich traf einen HP-Ingenieur, der sagte: „Endlich hat einer die Not meines Lebens angesprochen.“ Auf der Bühne hatte der Weingärtner Herrn von Hofsess gesagt: „Wirf alles in das Grab Jesu und lebe von der Gnade.“ Einer unbegreiflichen Gnade, dass Jesus alles wegnimmt – wirklich alles.
Und wenn wir heute davon sprechen, möchte ich Ihnen sagen: Jesus will Ihnen heute all das wegnehmen, was als Last auf Ihrer Seele liegt und was Sie seit Jahren mit sich herumschleppen.
Die bleibende Realität der menschlichen Schuld und die Notwendigkeit der Erneuerung
Es war zu allen Zeiten so für die ersten Menschen. Schon als Kain seinen Bruder Abel ermordete, sagte er scheinheilig: „Soll ich auf meinen Bruder aufpassen? Soll ich meines Bruders Hüter sein?“ Diese Verblendung gab es also von Anfang an.
Interessant ist, dass es in den letzten Jahrhunderten nur wenige Theologen an Universitäten gab, die den biblischen Ernst wirklich herausgearbeitet haben. Ein junger Student in Berlin, ein Genie, sprach zwanzig Sprachen des Altertums fließend. August Hulluck, Sohn eines Goldschmieds aus Breslau, hielt die Abiturrede mit dem Thema Mose, Jesus oder Mohammed. Danach sagte er, alle drei seien nichts im Vergleich zu Zarathustra, den Weisen aus Persien und Konfuzius.
Später durchlief er eine Bekehrung. Doch wo hat er diese Bekehrung erlebt? Wissen Sie, wie man eine Bekehrung erlebt? Nicht in Gefühlen. Er sagte vielen Studenten in der Seelsorge: „Mach einmal die Höllenvaters Selbsterkenntnis, schau in dein Herz hinein.“
Es ist interessant, dass Jesus bereits in Matthäus 15 sagt: „Das Böse kommt nicht von deiner Umwelt.“ Die Psychologen irren. Neid, Streit, Hass, Missgunst – all das kommt aus deinem Herzen. Dein Herz ist eine Mördergrube. Wenn du nicht in deinem Herzen Erneuerung erfährst, wie sollte das geschehen?
Dann musst du auch noch hören, dass der Apostel Paulus sagt: „Ich will heraus aus dem Dreck, aber ich schaffe es nicht. Ich klettere immer wieder, und alles bricht ein.“ Noch nie hat ein Mensch mit seiner Willenskraft versucht, das zu überwinden.
Nein, wenn Jesus in deinem Leben Herr ist, in dein Herz einkehrt und deine Sünde durch sein Blut wegnimmt, dann erfährst du die Himmelfahrt der Gotteserkenntnis. So war es bei August.
Die Bedeutung der Liederdichter für das Verständnis von Gnade und Erneuerung
Wir fallen jetzt gerade zwei Liederdichter ein. Ja, wir beschäftigen uns ein wenig mit den Liederdichtern, und ich finde immer, dass sie das am schönsten ausdrücken. Philippe Spitta zum Beispiel.
Er hatte eine enge Freundschaft, die während des Theologiestudiums entstand, aber auch eine Zeit, in der er ganz weit von Gott entfernt war. Das erinnert an Heinrich Heine, den größten Spötter, bis er August Hülsen traf. Und da wurde ihm das am allergrößten, am allerwunderbarsten bewusst, wie Jesus sein Leben von innen heraus heilt.
Unter anderem war August Rische, sein Schwiegervater, ein Erweckungsprediger in Nürnbrecht. August Tolluck, dieser großartige Theologe der Erweckungsbewegung, sagte ihm dasselbe. August Rische dichtete daraufhin ein Lied, das Sie sicherlich schon oft gesungen haben: „Gott ist die Liebe, ich lag in bändender Sündenschuld, er sandte Jesus, den treuen Heiland, und macht mich los.“
In unseren Tagen ist das so nötig und so aktuell, dass wir das wieder begreifen und erkennen. Die Handschrift ist zerrissen. In diesem Lied heißt es weiter: „Wenn ich mich selbst betrachte, so wird mir Angst und Weh. Wenn ich auf Jesus achte, so steige ich in die Höhe.“ So freut sich mein erlöster Geist, der durch das Blut des Lammes gerecht und selig heißt.
Ich freue mich sehr, denn nächsten Monat hat mich die SMD in Tübingen eingeladen. Dort wird die Frage behandelt: Wie gibt es Glaubensgewissheit? Wenn es nur auf mich ankäme, dann wäre es null und nichts. Wenn es nur auf meine Frömmigkeit ankäme, könnte kein Mensch selig werden.
Aber meine Glaubensgewissheit ruht im Opfer von Jesus, der für meine Sünden gestorben ist. Es floss für mich das teure Blut. Das fasse ich im Glauben, und es macht auch meinen Schaden gut, denn Jesus starb für mich. Wunderbare Gnade Gottes!
Ja, vorhin hat eine liebe Schwester schon Jesaja 54 zitiert. Aber wir sollten auch die Verse davor hören: „Ich habe dich einen kleinen Augenblick im Zorn verlassen.“ (Jesaja 54) Schlagen Sie es nach, wenn Sie die Bibel dabei haben.
„Ich habe dich einen kleinen Augenblick verlassen, aber mit großer Barmherzigkeit will ich dich sammeln. Ich habe mein Angesicht im Augenblick des Zorns verborgen.“ Das ist der Moment, in dem wir erschrocken sind bis in die Tiefe unserer Gefühle hinein. Ein wenig verborgen vor dem Auge Gottes, aber mit ewiger Gnade will er sich deines Erbarmens annehmen, spricht der Herr, dein Erlöser.
Das ist Gottes Markenzeichen: Er will dein Erlöser sein. Schon vor deiner Geburt hat er diese Gnade erwiesen, als du im Mutterleib gebildet wurdest.
Doch oft sind wir daran vorbeigelaufen und haben gesagt: „Ich bin schon recht.“ Wir haben das immer wieder liegen gelassen, weil es uns irgendwo nicht aktuell vorkam.
Die fromme Selbstgefälligkeit ist eine ganz große Gefahr. Man sagt: „Ich mache doch alles so schön für Gott, ich kann doch so schön singen.“ Aber Gott sieht das Herz an. Vor Gott brauchen wir nichts zu prahlen.
Das Gleichnis vom Zöllner und Pharisäer als Mahnung zur Demut
So schön, dass Jesus ein Gleichnis erzählt hat. Dieses Gleichnis ist so treffend und wunderbar. Er sprach von einem frommen, bibelfesten Mann – das ist ein Gleichnis. Aber solche Menschen gibt es tausendfach und millionenfach.
Er sagt: „Lieber Gott, ich bin so froh, dass ich dir so schön dienen kann, dass ich dir nachfolgen kann und dass mein Leben nicht so schwer gezeichnet ist wie das von anderen Menschen, die tiefgefallen sind, wie dieser Zöllner.“
Doch Jesus sagt, derjenige, der nur noch sprechen kann: „Gott, sei mir Sünder gnädig“, der wurde gerechtfertigt, der andere nicht.
Das ist eine Frage an uns heute: Steht das noch wirklich im Mittelpunkt unseres ganzen Glaubens und Lebens, dass er, der Herr, bei mir und in mir wirkt?
Der liebe Bruder der Weingärtner aus der Pfalz hat uns dort auf der Jugendkonferenz für Weltmission – jetzt spricht er dort nicht mehr – einen Satz von Bodelschwing gegeben, den ich leider nie gefunden habe. Aber das ist ein wunderbarer Satz: „Wenn die Gnade das Herz nicht demütig, klein, arm und dankbar macht, so wird es stolz, frech, hart und sicher.“
Unser Christenherz, wenn das nicht tief gebeugt ist – „Gott widersteht den Hochmütigen, aber den Demütigen gibt er Gnade.“
Das schönste Buch, das Schwört schon geschrieben hat, ist das Taschenbüchlein „Allein aus Gnaden“. Wilhelm Busch sagte mal: „Wenn ich nur noch zehn Bücher aus meiner Bibliothek mitnehmen könnte, dann wäre ‚Ganz aus Gnaden‘ dabei.“
Wer das beschreibt, in allem deines Lebens ist allein unbegreifliche Gnade von Jesus, dass er dich erwählt hat, dass er dich herausgeholt hat und dass er dich durchträgt durch Sterben.
Paulus setzt noch hinzu, es sei sogar Gnade, wenn wir leiden müssen, auch unter bösen Chefs, die uns schikanieren. Wenn wir dort das einüben dürfen, was das Leben der Gnade ist.
Paulus hat das sogar zu Sklaven gesagt – nein, Petrus hat das zu Sklaven gesagt. Das ist ja das Allerschlimmste: Sklaven, die wie eine Ware behandelt werden. Es ist Gnade bei Gott, wenn man diesen schweren Weg geführt wird. Aber man geht ihn in der Gnade Jesu und lebt das.
Da wird unser Ich abgetötet, unser Ich, das immer so frech und stolz kommt.
In unserer Gemeinde, überall in der Christgemeinde, fehlen Hirten. Jeder will Evangelist sein, das ist auch schön, aber Hirten fehlen.
Ich glaube, viele von Ihnen haben sogar die beste Gabe für Hirten. Das sind die Stillen, die gar nicht viel reden.
Und was machen die Hirten? Sie schauen nach den anderen. Im Hirtenamt wird gerade im Evangelium betont, dass niemand die Gnade Gottes versäume.
Es gibt so viele stolze Christen, aber die Gnade darfst du nicht versäumen. Die Gnade muss dein Leben treiben.
Abschied und Ermutigung zum Leben in der Gnade
Als Paulus sich in Milet von den Ältesten in Ephesus verabschiedete, weinten sie. Sie blickten auf die kommende Verfolgung, die bevorstand, und darauf, dass in der Gemeinde Menschen aufstehen würden, die die Gemeinde zerstören und verwirren. Diese Menschen würden andere an sich binden und nicht an Jesus.
Wie endet das Ganze? Paulus übergab sie der Gnade Gottes. Für uns ist das heute oft abgegriffen – der Segen am Schluss des Gottesdienstes. Dabei ist es das Allergrößte: die Gnade. Geh unter der Gnade, lebe fröhlich und mit gutem Mut. Der Herr macht es, er ist derjenige, der wirkt. Du kannst es nicht aus eigener Kraft schaffen.
In unserer Gemeinde ist es der Herr, der mit seiner Gnade gewirkt hat und die Gemeinde aufgebaut hat. Er war es, der das Mutterhaus gebaut hat und der sie auch in die Zukunft führt, der neue Segenszeiten schenkt. „Ach, bleib mit deiner Gnade!“ – das haben wir gesungen. Jesus schenkt Gnade unbegrenzt, aus seiner Fülle darfst du immer wieder Gnade nehmen.
Ich lese vor einer Ansprache oft in alten Predigtbänden, denn das ist das Schönste, was es gibt. Heute kommt so etwas kaum noch auf den Markt. Brasberger hat verschiedene Predigten in seinem Buch „Im Halsweg“ gesammelt, und er sagt: Es ist mit der Gnade so wie mit einem Hungernden, der tagelang nichts gegessen hat und an ein großes Essensbuffet geführt wird. Er darf essen und freut sich über die Fülle. So dürfen wir von der Gnade Jesu nehmen.
Nein, die Sünde ist nicht das Thema, aber sie ist die Wirklichkeit meines Lebens. Die Gnade soll überall wichtig sein. Bleib in der Gnade, bleib in der Gnade!
Heute wird viel vom Wachsen gesprochen. Ich finde das nicht sehr glücklich, weil viele dabei nur an zahlenmäßiges Wachstum denken. Das klappt nur bei großen Konzernen. Im Neuen Testament sieht das ganz anders aus. Die Zahl spielt gar keine Rolle. Die kleine Herde wird gesegnet – fürchte dich nicht, du kleine Herde des Vaters.
Wachsen kommt im Neuen Testament dennoch vor: „Wachset in der Gnade.“ Du bist noch lange nicht am Ziel. Du hast erst genippt von einem unendlichen See. Du musst noch viel mehr die Gnade Jesu erleben, sodass du bewegt sagst: „Ich bin es doch gar nicht wert, was Jesus mich in Geduld trägt, in seiner großen Liebe.“
Im 2. Petrusbrief, Kapitel 3, Vers 18, steht die Warnung vor schrecklicher Verführung der Gemeinde. Dort heißt es, viele Unwissende und Leichtfertige werden verführt und fallen vom festen Stand der Gnade Gottes. Das ist furchtbar! Früher konnte man bei der Bekehrung noch auf die Knie gehen. Heute denken viele: „Ich brauche das nicht mehr. Ich bin jetzt ein guter Christ. Ich lebe richtig, überzeugend, authentisch.“
Wie gut Christen sind, können wir nur sagen: Einen solchen Armen, dem alles fehlt, hat Gott zum seligen Eigentum erwählt. Das Wunder ist, dass Jesus mich nicht aufgegeben hat. Die heilsame Gnade, so heißt es im Titusbrief, nimmt uns in Zucht. Das ist richtig – auch die Heiligung unseres Lebens. Die machen wir nicht aus eigener Willenskraft.
Wir können unseren Körper ruinieren, auch mit frommen Übungen, aber die Sünde treiben wir damit nicht aus. Das haben die Galater versucht: mit frommen Übungen das Böse auszutreiben und den Geboten Gottes gehorsam zu sein. Paulus sagt gleich: „Wer hat euch bezaubert? Ihr seid aus der Gnade gefallen!“
Die Heiligung deines Lebens kann nur durch die Gnade Jesu geschehen. Sie ist mächtig und stark, wenn wir vor dem Herrn Jesus unsere Sünde ausbreiten und ihm ehrlich bekennen. Paulus hat das immer wieder gerühmt in seinem Leben. Er war ein großartiger Missionar, sicher der größte seit zweitausend Jahren. Doch er wusste, der Herr hat ihm eine Tür geöffnet – nicht er selbst.
Als die Korinther anfingen zu prahlen, wie toll ihr Gemeindeleben sei und wie beeindruckend sie in der gottlosen Stadt Korinth wirken, sagte Paulus: „Ich will mich nur der Gnade rühmen und meiner Schwäche.“ Er, der Große, weil der Herr zu ihm gesagt hatte: „Lass dir an meiner Gnade genügen, denn meine Gnade reicht auch für dich.“
Ich bin froh, dass ich keine Sicherheit und Gewissheit in mir habe, sondern dieses Pfand der Gnade. Heute wird das in Bibelschulen und der Theologie oft abgelehnt. Man meint, wir bräuchten das Blut Jesu nicht mehr. Ich hatte eine Patentante aus einem frommen Missionshaus, die sagte: „Ich will keine Schlachthaustheologie, ich kann das Wort von Blut nicht mehr hören.“
Doch das Blut Jesu ist der einzige Grund, der mich durch alle Wirren meines Lebens trägt. Das ist meine Heilsgewissheit: Er starb für mich.
1820 gab es eine Erweckung unter katholischen Priestern in Memmingen. Ein schönes Büchlein darüber ist erschienen. Eine sterbende Frau wurde vom katholischen Kaplan Martin Bos besucht. Er sagte zu ihr: „Sie können ja gut sterben, Sie waren immer in der Kirche und haben viele Wohltaten getan.“ Doch das rettet nicht vor dem Zorn Gottes.
Was dann? Das Blut Jesu. Daraufhin bekehrten sich viele, nicht nur Martin Bos, der später ins Gefängnis kam, sondern auch Bischof Seiler, Ignaz Lindl und der katholische Priester Henhöfer, der Erweckungsprediger von Baden. Auch Johannes Gosner war dabei.
Freunde warnten ihn: „Werde bloß nicht evangelisch, die evangelische Kirche ist so schwarz wie die katholische.“ Doch er blieb ein Zeuge von Jesus und wurde ein großer Prediger in Petersburg. Später wurde er evangelisch, als er an der Bethlehemskapelle in Berlin predigte.
Johannes Gosner war ein großer Mann. Ich habe mir neulich sein „Schatzkästlein“ wieder gekauft. Darin sind Kostbarkeiten enthalten. Ein Vortrag erwähnte, dass jemand es aus der bayerischen Staatskanzlei digitalisiert heruntergeladen hat. Viele kennen auch sein „Herzbüchlein“, in dem er beschreibt, was alles Unheimliche in unserem Herzen steckt.
Das ist heute nicht mehr modern. Dabei ist es so modern wie nichts anderes, dass mein Herz frei werden muss und Jesus König meines Lebens ist.
Christian Gregor aus der Herrnhuter Brüdergemeinde schrieb ein Liedgedicht, das mir besonders wertvoll ist:
„Ach, mein Herr Jesus, wenn ich dich nicht hätte
und wenn dein Blut nicht für die Sünder redete,
wo sollte ich ernstlich unter dem Elend mich sonst hinwenden?
Ich wüsste nicht, wo ich vor Jammer bliebe,
denn wo ist solch ein Herz wie deins voll Liebe?
Du, du bist meine Zuversicht alleine,
sonst weiß ich keine.“
Ein Vers wird oft ausgelassen, den sollten Sie hören:
„Ich bin in Wahrheit eins der schlechtesten Wesen,
das du, lieber Heiland, auserlesen.
Und was du tust, das sind Barmherzigkeiten auf allen Seiten.
Hättest du dich nicht zuerst an mich gehangen,
ich wäre von selbst wohl nicht zu dir gegangen.
Du suchtest mich und nahmst mich voll Erbarmen in deine Arme.“
Abschlussgebet und Hinweise zum weiteren Ablauf
"Herr, gib uns doch wieder deine Gnade", heißt es in der Losung. Gott will sie geben: "Mit ewiger Gnade will ich mich deines Erbarmens erweisen." Das will Gott in unserem Leben bewirken. Und das ist das große Wunder: Herr, deine Gnade ist so groß.
Das habe ich Ihnen vorher von August Hulluck erzählt, von dem sogenannten "Höllenvater Selbsterkenntnis". Ein Lied wird ihm zugeschrieben, das sein Vater jeden Tag gebetet haben soll. Es findet sich nicht in unseren christlichen Liederbüchern. Im neuapostolischen Gesangbuch steht es jedoch drin, auch wenn es nicht aus der Neuapostolischen Kirche stammt. Woher es genau kommt, ist unklar. Ob es von August Hulluck stammt, wie viele behaupten, oder ob es im Gossner Liederschatz enthalten ist, oder ob ein Reichel es verfasst hat – egal, wer es gemacht hat, der Text lautet:
"Das seien alle meine Tage
Meine Sorge, meine Frage,
ob der Herr in mir regiert.
Jetzt kommt es: ob ich in der Gnade stehe,
ob ich zu dem Ziel gehe,
ob ich folge, wie er führt."
Stehen Sie in der Gnade Jesu alle Tage, bis Sie den Herrn in der Herrlichkeit schauen! Es ist eine kostbare Sache, dass die Gnade das Herz festmache. Ein köstliches Ding, wenn das Herz fest wird. Wie wird das Herz stabil, dieses umkämpfte, sündige Herz? Nur durch Gnade.
Wir wollen noch beten: Lieber Herr, wir danken dir für diese herrliche Gnade, die du uns erwiesen hast und die uns aus allen Seiten der Bibel, des Evangeliums, entgegenklingt. Herr, das ist unsere mutmachende Zuflucht, unsere Freude und Geborgenheit.
Danke, dass wir Gnade finden, auch jetzt, dass wir all das bei dir begraben dürfen. Du wirfst es in die Tiefen des Meeres und holst es nie mehr hervor, auch nicht am Jüngsten Tag. Was du vergeben hast, was wir bekennen und bereuen vor dir, das willst du vergeben und wegnehmen.
Wir danken dir, dass deine Gnade nicht von uns weicht, auch wenn Berge zusammenstürzen und Hügel hinfallen. Deine Gnade bleibt bestehen. Und wenn ich gebrochen werde – danke, Herr, für diese Gewissheit –, dürfen wir uns ganz an diese Gnade binden, an dich, der du die Gnade bist, mit Leib und Seele. Amen!
Bevor wir jetzt noch singen, liebe Schwestern, möchte ich sagen, dass das Opfer heute für die Hilfsaktion "Märtyrer" bestimmt ist. Wir sind nur die Boten, die das weitergeben. Die ganz große Not ist in Nordnigeria. Die meisten Opfer um Jesu Willen sind nicht durch den IS, sondern durch Boko Haram verursacht. Seit 1988 werden jährlich etwa 15 unschuldige Christen auf grausamste Weise ermordet.
Es ist jetzt ein ganz tolles Buch von Martin Mosebach erschienen, der über diese koptischen Märtyrer geschrieben hat. Es heißt "Die Einundzwanzig". Er schreibt: "Wer die Köpfe gesehen hat, die erschlagen wurden, der weiß etwas vom Himmelsfrieden. Das ahnt keiner, dass das so real erlebt wird von Menschen, die schon im Sterben im Himmel sind, weil Jesus sie hindurchträgt."
Dieses Buch ist im Rowohlt Verlag erschienen. Aber diese Christen, die dort leiden, sagen: "Betet für uns, dass wir nicht zurückschlagen, sondern unsere Feinde segnen im Namen Jesu, damit sie unter der Gnade bleiben." Die Märtyrer dort in Nordnigeria – nirgendwo auf der Welt kommen so viele Muslime zum Glauben an Jesus wie durch dieses schlichte Zeugnis im Sterben und an den Gräbern ihrer Lieben.
Nordnigeria ist in den letzten dreißig Jahren ein großes Erweckungsgebiet geworden. Beten Sie für diese Leute! Dafür wollen wir das Geld weitergeben, auch für die Witwen und für die abgebrannten Kirchen als Unterstützung.
Jetzt singen wir noch "O Gnade Gottes wunderbar", das Lied von John Newton, der zu dieser Bewegung gehörte, zu der auch Wilberforce, ein großer Staatsmann, gehörte, der die Sklaverei abgeschafft hat. "O Gnade Gottes wunderbar" ist Lied Nr. 65 von John Newton.
Es bleibt uns nur, ganz herzlich für diese Botschaft zu danken und von Herzen allen Segen zu wünschen für die Einsätze, die vor Ihnen liegen – in Tübingen und Köln. Wir freuen uns, dass Sie jetzt zwischen Berlin und Wildberg hier vorbeigekommen sind.
Wir sind sehr dankbar, auch dass Sie grünes Licht zum Nachhören gegeben haben. Danke, Sie haben uns Appetit gemacht auf die Lebensbilder. Wir empfehlen noch einmal das Buch "Lebensbilder bekannter Liederdichter", vielleicht auch als Geschenk geeignet.
Schwester Ursula Heidkötter vom Schriftentisch hat auch noch mehrere Poster von der Jahreslosung zu einem sehr günstigen Preis heute.
Ganz herzlichen Dank auch für den kurzen Ausblick auf das Opfer heute. Wir haben sehr gerne eingewilligt und zugestimmt, das Opfer für die Hilfsaktion Märtyrerkirche mitzugeben. Nigeria ist leider nur ein Feld, wo die Hilfsaktion Märtyrerkirche sehr helfen kann.
Ich erinnere mich an die Begegnung mit einem Pastor aus der Türkei, der gesagt hat, die Hilfsaktion Märtyrerkirche habe ihnen geholfen, ihre Kirche zu schützen, auch eine ordentliche Mauer zu bauen.
Wir empfehlen das sehr herzlich und sind froh, dass Sie Verbindungspersonen haben, die das in gute Hände weiterleiten.
Dann laden wir Sie herzlich nächsten Sonntag zur Bibelstunde mit Schwester Regine Mohr ein. Schwester Regine Mohr ist seit November unsere neue Oberin, und wir freuen uns, dass sie die Bibelstunde hält.
Dann sind Osterferien, und in den ganzen Osterferien gibt es keine Kindertreffs und keine Kinderprogramme. Eigentlich auch noch ein bisschen danach, denn nach den Osterferien ist wieder ein Mutterhaustag. Sie finden das dann auch noch auf Informationsblättern. Die Kindertreffs beginnen wieder am 22. April.
Machen wir es so, dass wir einander der Gnade Gottes empfehlen und beten: Herr, behüte uns und segne uns, lass dein Angesicht über uns leuchten und sei uns gnädig. Amen.
Behüte den Weg und allen Segen für diese Woche. Bis zum Wiedersehen!