Einführung in die Geschichte des Propheten Elija
Also 1. Könige, Kapitel 19. Die Bibelkenner unter uns wissen sofort, worum es geht. Es handelt sich um eine Geschichte des Propheten Elija. Er war im Alten Testament sehr wichtig und taucht häufig auf.
Ich beginne mit Vers 1. Dort steht: Und Ahab erzählte der Isabel alles, was Elia getan hatte und wie er alle Propheten mit dem Schwert umgebracht hatte. Daraufhin sandte Isabel einen Boten zu Elia und ließ ihm sagen: „Die Götter sollen mir dies und das tun, wenn ich morgen um diese Zeit nicht so mit deinem Leben verfahre, wie du mit ihrem Leben.“
Als Elia das hörte, machte er sich auf und ging fort, um seines Lebens willen. Er kam nach Beerscheba, das zu Juda gehört, und ließ seinen Burschen dort zurück. Er selbst aber ging in die Wüste, eine Tagesreise weit, und setzte sich unter einen Ginsterstrauch. Dort erbat er für sich den Tod und sprach: „Es ist genug, Herr, nimm nun mein Leben, denn ich bin nicht besser als meine Väter.“
So legte er sich nieder und schlief unter dem Ginsterstrauch ein. Plötzlich rührte ihn ein Engel an und sprach zu ihm: „Steh auf und iss!“ Als er sich umsah, entdeckte er bei seinem Kopf einen heißen Stein, darauf ein gebackener Brotfladen, und daneben einen Krug Wasser. Nachdem er gegessen und getrunken hatte, legte er sich wieder schlafen.
Der Engel des Herrn kam zum zweiten Mal, rührte ihn an und sagte: „Steh auf und iss, denn du hast einen weiten Weg vor dir.“ Elia stand auf, aß und trank. In der Kraft dieser Speise ging er vierzig Tage und vierzig Nächte lang bis an den Berg Gottes, den Horeb.
Dort ging er in eine Höhle und blieb über Nacht. Da kam das Wort des Herrn zu ihm und sprach: „Was willst du hier, Elija?“ Er antwortete: „Ich habe heftig geeifert für den Herrn, den Gott der Heerscharen. Die Kinder Israels haben deinen Bund verlassen, deine Altäre niedergerissen und deine Propheten mit dem Schwert umgebracht. Ich allein bin übrig geblieben, und sie trachten danach, mir das Leben zu nehmen.“
Der Herr sprach zu ihm: „Komm heraus und tritt auf den Berg des Herrn.“ Da ging der Herr vorüber. Ein großer, starker Wind, der die Berge zerriss und die Felsen zerbrach, ging vor dem Herrn her. Doch der Herr war nicht im Wind. Nach dem Wind kam ein Erdbeben, aber auch dort war der Herr nicht. Nach dem Erdbeben kam ein Feuer, doch der Herr war auch nicht im Feuer.
Nach dem Feuer kam eine Stimme eines sanften Säuselns. Als Elija dies hörte, verhüllte er sein Angesicht mit seinem Mantel, ging hinaus und trat an den Eingang der Höhle. Da kam eine Stimme zu ihm und fragte: „Was willst du hier, Elija?“ Er wiederholte seine Antwort: „Ich habe heftig geeifert für den Herrn, den Gott der Heerscharen. Die Kinder Israels haben deinen Bund verlassen, deine Altäre niedergerissen und deine Propheten mit dem Schwert umgebracht. Ich allein bin übrig geblieben, und sie trachten danach, mir das Leben zu nehmen.“
Aber der Herr sprach zu ihm: „Kehre zurück auf deinen Weg zur Wüste, wandere nach Damaskus und gehe hinein. Salbe Hasael zum König über Aram. Auch sollst du Jehu, den Sohn Nimsis, zum König über Israel salben und Elisa, den Sohn Zaphats und Abmeholla, zum Propheten an deiner Stadt.
So soll es geschehen: Wer dem Schwert Hasaels entflieht, den soll Jehu töten, und wem dem Schwert Jehus entflieht, den soll Elisa töten. Ich habe aber in Israel siebentausend übrig bleiben lassen, nämlich alle, die ihre Knie nicht gebeugt haben vor Baal und deren Mund ihn nicht geküsst hat.“
Rückblick auf Elijas vorherige Erfahrungen und deren Wirkung
Und dann geht es noch ein ganzes Stück weiter, denn Elija führt das aus, was Gott eben gesagt hat.
Eigentlich wäre es spannend, noch zu lesen, was direkt vorher stattgefunden hat. Denn direkt vorher war einer der Höhepunkte im Leben Elias gewesen. Ich weiß nicht, ob euch diese Geschichte sofort in Erinnerung kommt. Das ist eine, an die ich mich schon aus der Kinderstunde erinnere. Es ist eine spannende Sache.
Da werden zwei Altäre aufgebaut, beim Karmel. Bei dem einen sind die Baalspriester. Den ganzen Tag tanzen sie dort herum und hoffen, dass Baal vom Himmel Feuer herunterfallen lässt, um das Opfer auf dem Altar zu entzünden. Doch das passiert nicht.
Gegen Mittag fangen sie sogar an, sich Schnitte am Körper beizubringen, um ihren Gott weichzuklopfen, damit er endlich reagiert. Elija beginnt, über diese Priester zu spotten. Er sagt: „Ja, euer Gott ist eingeschlafen, ihr müsst lauter schreien, der hört euch nicht, er hält Mittagsschlaf.“
Er macht sich lustig über sie, denn er will damit eigentlich sagen: Euren Gott gibt es doch gar nicht. Und ein Gott, den es nicht gibt, kann auch nicht reagieren.
Und dann passiert es. Jetzt kommt es darauf an. Manchmal habe ich mich schon gefragt, wie ich da reagiert hätte. Hätte ich mich vielleicht langsam aus dem Staub gemacht? Jetzt wird es ernst. Gegen Abend betet Elija. Er weiß auch nicht, was passieren wird, er vertraut nur allein auf Gott.
Er betet einmal – und Feuer fällt vom Himmel. Nicht nur fällt das Feuer, um das Opfer anzubrennen, sondern der ganze Altar verbrennt gleich mit. Das hat er direkt vorher erlebt.
Eigentlich müssen wir sagen: So ein Höhepunkt! Wer so etwas erlebt, der muss sich doch für den Rest seines Lebens nicht mehr fürchten. Gott hat ihm geholfen im Kampf gegen Hunderte, Tausende von Priestern. Das ganze Volk war gegen ihn, und Gott hat ihm ein Zeichen gegeben: Du kannst mir vertrauen.
Elijas Entmutigung trotz göttlicher Hilfe
Und was lesen wir dann ein paar Verse später hier zu Beginn des Kapitels neunzehn? Da lesen wir, dass die Isabel, die Frau vom König Ahab, zu ihrem Mann kommt und sagt: „Der Elia, der war so böse, er ist gegen meine Priester vorgegangen, und ich habe den Baal doch so gern als Gott. Und jetzt hat er diese Mahlpriester sogar getötet, das ist doch schlimm.“
Dann droht sie an: „Ich werde diesen Elia genauso töten.“ Eigentlich hätte Elia sich doch ganz bequem zurücklehnen können, oder? Einmal hat es doch geklappt, Gott hat ihn bewahrt. Gott wird ihn doch auch in der Zukunft wieder beschützen.
Hier merken wir, dass Menschen ganz plötzlich in Phasen von Entmutigung und Frustration hineinfallen können, obwohl äußerlich gar kein Anlass dafür zu sein scheint. Na ja, gar keiner ist vielleicht ein bisschen übertrieben, wenn jemand dir nach dem Leben trachtet und sagt: „Ich werde dich bis morgen Abend umbringen.“ Ja, das ist schon ein Grund, ein bisschen beunruhigt zu sein.
Aber du bist ja auch nicht Elia, und ich auch nicht. Du betest nicht, und es fällt kein Feuer vom Himmel. Das passiert ja auch nicht alle Nase lang. Aber Elia hat solche Dinge erlebt.
Und was tut er stattdessen? Er läuft weg, geht in die Wüste und sagt: „Herr, lass mich doch einfach sterben.“ Zweimal, als Gott mit ihm spricht, sagt er sogar: „Ich bin der Einzige, der übrig geblieben ist, alle anderen wollen sowieso nichts von dir wissen.“
Hier merken wir, dass Elia gar nicht mehr ganz realistisch ist. Denn Gott selbst fragt ihn ja: „Wie viele sind denn übrig geblieben?“ Ehrliche Frage. Wir haben ja gerade miteinander gelesen, ich habe euch vorgelesen, da kam das nämlich vor. Hat einer von den Kindern gut aufgepasst? Genau, siebentausend sind übrig geblieben.
Und Elia sagt einfach, er sei der Einzige. Das stimmte ja gar nicht. Hier merken wir, dass seine Bedenken und seine Selbsteinschätzung gar nicht realistisch sind. Er meint zu diesem Zeitpunkt wirklich: „Ich bin der Einzige, und es geht mir so schlimm, alles ist so schlecht.“
Er steigert sich selbst in eine Phase der Entmutigung hinein, die irgendwann bis in eine Depression führen kann. Und das, was wir hier sehen, ist ein typisches Zeichen von Depression.
Die Symptome geistlicher Erschöpfung bei Elija
Einer, der sich zurückzieht und sagt: „Ich will sterben, lasst mich alle in Ruhe. Es bringt alles nichts mehr, das Leben hat keinen Sinn mehr“, obwohl das zum großen Teil gar nicht stimmt.
Das ist jemand, der mit keinem Menschen mehr zu tun haben will. Er lässt sogar seinen Diener zurück, der ihm bis dahin treu gedient hat, und sagt: „Ich bleibe hier, ich gehe allein in die Wüste und sterbe dort.“ Er bittet Gott sogar darum, ihn sterben zu lassen.
Hier haben wir eigentlich einen Mann, der uns als Power-Prophet ein Vorbild sein könnte. Einer, der sonst nichts umwirft, egal was passiert. Wenn wir nur daran denken, hat er schon viele Dinge erlebt. Er betet, und es bleibt trocken. Dann betet er erneut, und der Regen fällt.
Das ist jemand, der wirklich Dinge mit Gott erlebt hat. Und wir merken: Das schützt nicht unbedingt davor, in Entmutigung, Frustration, Mutlosigkeit oder Depression zu fallen. Manchmal kann es sogar so sein, dass gerade dann, wenn wir auf einem Höhepunkt unseres geistlichen Lebens sind, wir besonders anfällig für Entmutigung und Depression sind.
Warum ist das so? Manchmal ist es so, dass man, wenn man sozusagen ganz oben schwebt, mit der Normalwelt nichts mehr zu tun hat. Das habt ihr vielleicht auch schon erlebt: Ihr seid Jesus so nahe, meint, er spricht zu euch durch die Bibel, erlebt Gebetserhörungen. Und plötzlich kommt ihr wieder in die Niederungen des normalen Lebens zurück.
Da seid ihr bei dem Kollegen, der euch morgen vielleicht anschnauzt, wenn ihr kommt. Und manchmal kann es so sein, dass diese schlimme Welt einen so erdrückt, dass man am liebsten gleich zu Jesus fliehen möchte.
So ähnlich ist es auch bei Elia, der total fertig ist und am Ende seiner Kräfte steht.
Ursachen und Umgang mit geistlicher Erschöpfung
Vielleicht liegt es auch daran, dass es eine lange Zeit großer Anspannung war. Er hat diese große Aufgabe bewältigt. Wahrscheinlich hatte er selbst diese Anspannung: Wird es klappen oder nicht? Er wusste es ja nicht. Er hatte keinen Garantienschein von Gott mit diesem Brandopfer dabei.
Auf jeden Fall sehen wir, dass auch große Männer Gottes wie Elija in Phasen geraten können, in denen sie kein Vertrauen mehr zu Gott haben, keinen Glauben mehr spüren und alles verloren scheint. Ihr Optimismus ist weg, und sie können einfach nichts mehr tun. Elija kämpft ja auch nicht mehr. Er hätte hingehen und sagen können: „Jetzt suche ich doch mal, ob es noch Leute gibt, die meine Anhänger sind. Ihr habt doch als Volk gesehen, dass mein Gott der Richtige ist. Kommt, wir machen Aufstand gegen Ahab.“ Das wäre auch möglich gewesen. Aber nein, seine Kraft ist weg, alles ist weg.
Solche Situationen können auch Christen und Menschen passieren, die Gott nachfolgen wollen. Das ist nicht immer ein Zeichen von Unglauben oder davon, dass jemand weit von Gott entfernt ist. Elija ist hier in der Nähe Gottes, und trotzdem passiert ihm das. Das kann genauso auch für uns in unserem Leben so sein. Keiner von uns ist generell geschützt oder gefeit gegen solche Phasen der Entmutigung, Frustration, Mutlosigkeit oder Depression.
Meistens sprechen wir von Depressionen erst dann, wenn es ganz schlimm ist, also wenn Menschen gar nicht mehr ein noch aus wissen. Dann müssen sie unbedingt zum Arzt, weil sonst nichts mehr hilft. Aber in den meisten Fällen kündigen sich solche Dinge vorher an – es sei denn, sie sind rein körperlich verursacht.
Es gibt manche Ursachen, die rein körperlich sind. Zum Beispiel fehlen manchen Menschen bestimmte Neurotransmitter im Gehirn. Wenn sie diese dann einnehmen, ist alles wieder in Ordnung. Oder manche Leute essen zu wenig Vitamin B, was dazu führen kann, dass man sich plötzlich abgeschlagen und müde fühlt und nicht mehr weiterweiß.
Oder wenn jemand den ganzen Tag auf dem Bau arbeitet und abends beim Bibellesen die Augen zufallen, dann ist das einfach körperlich bedingt. Man muss nicht lange nach weiteren Ursachen suchen. Man schläft einfach ordentlich aus, und am nächsten Morgen ist man wieder fit. Dann kann man wieder in der Bibel lesen, und es geht weiter.
Das heißt, es gibt auch rein körperliche Ursachen. Körperliche Ursachen sind zum Beispiel Schwangerschaftsdepressionen, die viele Frauen nach der Schwangerschaft erleben. Es geht ihnen schlecht, weil eine starke körperliche Anspannung und Anstrengung da war. Wenn diese dann nachlässt und der Körper sich umstellt, kann so etwas entstehen.
Wir wissen auch, dass Menschen anfällig für Umweltbedingungen sind. Vielen Menschen geht es gut, wenn draußen die Sonne scheint. Es gibt eindeutige Hinweise und Statistiken, zum Beispiel zu Selbstmorden und Depressionen, die zeigen, dass Menschen in Nordeuropa viel häufiger Selbstmord begehen und viel häufiger an Depressionen leiden als Menschen in Südeuropa.
Das heißt, dort, wo die Sonne scheint – in Italien, Spanien oder Griechenland – sind die Menschen generell etwas fröhlicher und im Durchschnitt weniger depressiv. Hingegen, wenn man in Norwegen oder Schweden lebt und im Winter für ein halbes Jahr die Sonne nicht aufgeht, es kalt und dunkel ist, dann sind manche Menschen generell schlechter gelaunt.
Das hat nichts mit geistlichen Dingen zu tun, sondern sind rein körperliche und äußere Einflüsse.
Viele Menschen geraten auch in Depressionen, weil sie ihren Arbeitsplatz verloren haben oder ein Lebenspartner oder Kind gestorben ist. Oder sie bekommen plötzlich die Nachricht, dass sie Krebs oder Multiple Sklerose haben. Dann können solche Phasen kommen, in denen es einem erst einmal schlecht geht, man sich niedergeschlagen fühlt und den Eindruck hat, Gott sei weit weg.
Das sind äußere Dinge, die dazu beitragen können, dass wir uns schlecht fühlen. Dann geht es darum, diese äußeren Dinge zu bewältigen.
Geistliche Ursachen für Entmutigung und Depression
Aber das, worüber es heute Abend hauptsächlich gehen soll, sind geistliche Probleme. Damit sind nicht die äußeren Probleme gemeint, wie zum Beispiel ein Mangel an bestimmten Stoffen im Körper, die Kündigung des Arbeitsplatzes, eine schwere Krankheit oder das Leben im dunklen Norden Europas. Das sind äußere Faktoren, die wir geistlich nicht direkt beeinflussen können.
Es gibt jedoch geistliche Faktoren. Wenn wir diese nicht beachten, steigt das Risiko, in eine Phase der Entmutigung zu geraten. Wenn wir sie aber berücksichtigen, können wir dieses Risiko minimieren. Dann ist die Gefahr, dass so etwas passiert, nicht mehr so groß. Deshalb sollten wir rechtzeitig darauf achten. Wer frühzeitig vorbeugt, fällt nicht so schnell in Phasen der Entmutigung. Er kann sich darauf vorbereiten, und es muss gar nicht so weit kommen, dass er zum Arzt gehen muss – zumindest nicht, wenn der Grund geistlicher Natur ist.
Betrachten wir dazu das Beispiel von Elia. Wir könnten fragen: Was hätte Elia besser machen können? Wir lesen, dass er die Nachricht bekommt, dass die Königin Isebel ihn umbringen will. Daraufhin flieht er in die Wüste. Der Text sagt nicht genau, wo ein geistlicher Fehler liegt, aber was meint ihr, wo könnte ein Fehler sein, den Elia an dieser Stelle macht? Versetzt euch in seine Lage.
Man könnte auch positiv fragen: Was würdest du an der Stelle von Elia tun, als geistlich gesinnter Mensch? Das wäre eine gute Möglichkeit. Genau das tut er hier aber nicht. Er betet zwar, aber nicht so, dass er Gott bittet: „Hilf mir gegen die böse Isebel.“ Stattdessen betet er: „Ach, lass mich doch sterben.“ Das sollten wir nicht tun. Elia hat den Mut schon aufgegeben, bevor der Kampf überhaupt begonnen hat. Und das ist ein Fehler.
Wenn du in Schwierigkeiten gerätst und nicht mehr siehst, dass Gott größer ist als dein Problem, dann ist die Gefahr sehr groß, dass du in Phasen der Entmutigung und Frustration gerätst. Nehmen wir an, dein Chef sagt dir, dass dein Arbeitsplatz vielleicht gekündigt wird. Das ist für viele ein berechtigter Grund, nervös zu sein.
Aber wenn du dann den geistlichen Fehler machst, nur noch darüber nachzudenken, wie schlimm das wäre, wenn es passiert, dann wirst du dich immer weiter im Kreis drehen. Du fragst dich, wie du dein Haus abbezahlen sollst, wovon deine Familie leben wird. Wenn du dich nur darauf konzentrierst, ändert das nichts an der Situation. Du wirst nicht verhindern, dass du entlassen wirst.
Wenn du dich alle zwei Wochen, jeden Tag und jede Nacht nur noch damit beschäftigst, wirst du nicht besser schlafen. Du denkst nur noch darüber nach, dass du deinen Job verlieren könntest. Wird sich dadurch etwas ändern? Nein. Im Gegenteil: Es könnte sogar sein, dass du durch diese ständige Sorge dazu beiträgst, deinen Job zu verlieren.
Denn wer ständig darüber nachdenkt, macht schneller Fehler. Wer nachts nicht gut schläft, arbeitet schlechter und macht noch mehr Fehler. Dann kommt der Chef und sagt: „Hier hast du Fehler gemacht, dort auch. In zwei Wochen klappt das nicht mehr, du bist der Erste, der geht.“
Was wäre in einer solchen Situation viel besser? Zu Jesus zu gehen und zu sagen: „Jesus, du kennst das, du weißt ganz genau Bescheid. Du bist der oberste Chef. Wenn du willst, bleibe ich hier. Wenn nicht, dann gehe ich woanders hin.“ Das ist viel besser.
Manchmal machen wir als Christen Fehler, weil wir auf bestimmte Dinge nicht achten, obwohl es gut wäre. Die Geschichte von Elia ist aber auch mutmachend. Denn Gott kommt nicht mit dem großen Zeigefinger und sagt: „Du böser Elia, du hast das alles nicht begriffen. Nachhilfestunde!“ Er hätte auch sagen können: „Wenn du so viel Angst hast und sterben willst, dann ist es jetzt soweit.“ Aber das tut er nicht.
Gott hat mit Elia noch etwas vor. Er hat für ihn noch eine Aufgabe. Gott zeigt viel Geduld mit Elia. Und das, was Gott hier tut, können wir als Vorbild nehmen – wie wir umgehen, wenn wir doch mal in eine solche Phase geraten sind.
Gottes Fürsorge und Wiederherstellung für Elija
Was nämlich das Erste ist: Er verschafft ihm Ruhe und lässt ihn erst einmal richtig schlafen. Häufig, wenn wir ganz frustriert und erschöpft sind, braucht es zunächst eine körperliche Erholung.
Er gibt ihm dann auch zu essen, und das mehrfach. Das muss irgendeine Powernahrung gewesen sein, denn direkt danach lesen wir, dass er, nachdem er gegessen hat, 40 Tage und Nächte lang durch die Wüste bis zu einem Berg läuft. Ich weiß nicht, was das genau war – vielleicht Astronautennahrung mit Vitaminen und anderen wichtigen Nährstoffen. Auf jeden Fall war es keine normale Mahlzeit.
Also, er hat jetzt ein paar Tage lang geschlafen, immer wieder zu essen bekommen, und dann kann er 40 Tage lang Tag und Nacht laufen, bis er an den Berg kommt.
Was Gott hier macht, können wir auch als Vorbild für uns nehmen: Wenn du in einer Phase bist, in der du total erschöpft bist, versuche nicht, dich aus eigener Kraft herauszuziehen. Gönn dir oder dem anderen, mit dem du zu tun hast, erst einmal eine Ruhepause – schlafen, nicht sehen, essen und trinken, einfach Ruhe.
Aber bleib nicht liegen, denn nach ein paar Tagen Ruhe kommt der Moment, an dem du loslaufen kannst, erst einmal alleine. Dann folgt eine ganz besondere Begegnung mit Gott. Elija hat Gott auf eine einzigartige Weise erfahren, wie sonst kein Mensch. Gott spricht zu ihm im sanften Säuseln.
Das Erste ist also, körperlich wieder fit zu werden. Das Zweite ist die Begegnung mit Gott. Und das Dritte, was Elija hier erlebt, ist, dass Gott ihn nicht einfach stehen lässt, sondern ihm einen neuen Auftrag gibt.
Denn Elija hat einen wichtigen Auftrag: Er soll zum König gehen und ihn zu einem Propheten machen. Das sind richtig wichtige Aufgaben, die noch kommen.
Das ist genauso wichtig, denn Menschen, die einmal vollkommen erschöpft sind und sich total kaputt fühlen, fühlen sich manchmal auch wertlos. Sie denken: „Was will ich denn noch anfangen? Ich kann es hier nicht, ich habe versagt.“ Hier aber gibt Gott Elija eine neue Chance – einen wichtigen Auftrag.
Aber nicht sofort. Er hält ihm keine Standpauke, sondern lässt ihn erst einmal ausruhen. Er gibt ihm eine intensive Begegnung mit sich selbst, also Elija mit Gott. Dann gibt er ihm einen neuen Auftrag und zeigt ihm: „Du bist mir noch wertvoll, ich will dich auch in der Zukunft gebrauchen.“
Elija merkt, dass das, was er gedacht hat, falsch war. Übrigens kommt an dieser Stelle auch Gottes leichte Korrektur.
Zuerst, als Elija sagt, er sei der Einzige, der übrig geblieben ist, bemitleidet er sich richtig und sagt, ihm gehe es schlecht. Darauf sagt Gott erst einmal nichts. Wahrscheinlich weiß Gott, dass Elija nicht gut zuhört, weil er vollkommen fertig ist und erst eine Pause braucht.
Aber danach sagt Gott: „Elija, pass mal auf, du hast nicht recht. Da sind noch siebentausend Männer in Israel, die genauso treu sind wie du. Die haben den Baal nicht angebetet, und die will ich weiter gebrauchen.“
Das, was danach kommt, ist eine geistliche Korrektur, und die muss manchmal sein.
Das heißt: Wenn wir vollkommen erschöpft sind, brauchen wir keine große Standpauke. Menschen in so einer Lage sind dafür nicht offen. Wenn du oder jemand anderes in so einer Situation bist, ist es wichtig, erst einmal Ruhe zu geben.
Aber wenn du wieder etwas stabiler und fitter bist, dann muss so eine Sache auch korrigiert werden. So bist du besser vorbereitet für die nächste Herausforderung, die sonst in Entmutigung münden könnte.
Und genau das macht Gott an dieser Stelle auch.
Ursachen geistlicher Depression und Entmutigung – Überblick
Ich möchte jetzt einige Punkte nennen, die aus meiner Sicht dazu beitragen können, dass wir in geistliche Depression und Niedergeschlagenheit hineinfallen.
Als Erstes möchte ich auf Depression, Entmutigung und Niedergeschlagenheit eingehen. Die Bibel benutzt das Wort „Depression“ nicht direkt, aber es gibt ein ähnliches Wort im Neuen Testament, das so viel bedeutet wie entmutigt, frustriert oder niedergeschlagen. Häufig wird es auch einfach mit „mutlos werden“ übersetzt. Ich habe die entsprechenden Stellen im Alten und Neuen Testament nachgelesen, herausgesucht und geschaut, in welchem Zusammenhang sie vorkommen und was dort beschrieben wird. Außerdem möchte ich überlegen, ob wir das nach Möglichkeit überwinden können.
Zum Ersten ist Überarbeitung und Erschöpfung ein Beispiel, das wir bei Elija finden. Überarbeitung kann dazu führen, dass wir von uns mehr verlangen, als wir in dem Moment leisten können. Dann entstehen solche Phasen der Entmutigung.
Manchmal ist es auch die Scham. Du hast etwas getan, du hast versagt in deinem Leben, oder du kämpfst immer wieder mit derselben Sünde. Das sehen wir zum Beispiel bei David, als er mit Batseba gesündigt hat und Nathan ihm das vorhält. In einem Psalm beschreibt er, wie schlimm es ihm geht: „Alle meine Gebeine sind zerbrochen, nichts ist mehr heil in mir.“ Hier merken wir, dass auch so eine Phase der Entmutigung aus Scham entstehen kann. David denkt: „Ich bin ein Versager, ich schaffe es nicht.“
Manche Menschen sind dafür besonders empfänglich. Manchmal sind Menschen übersensibel, das heißt, sie erkennen Dinge als Sünde, die gar keine Sünde sind. Zum Beispiel sagen sie: „Ach, ich habe es heute Morgen schon wieder nicht geschafft, zwei Stunden zu beten, sondern nur eineinhalb. Ich bin so fertig und mir geht es schlecht. Ich bin so ein schlimmer Christ.“ Wenn du so jemanden triffst, braucht es eine leichte Korrektur, zum Beispiel: „Hey, du hast eineinhalb Stunden geschafft, ich habe nur eine halbe Stunde geschafft, du bist ein Superchrist.“ Es gibt Leute, die drehen sich ständig um sich selbst und sind so streng mit sich, dass sie sich fertig machen. Gott macht sie aber nicht fertig. Sie erkennen Dinge als Sünde an, die eigentlich keine sind. Solchen Menschen muss man im Alltag helfen und ihnen zeigen, dass sie nicht so entmutigt sein müssen. Das, was sie tun, muss sie nicht niederdrücken, es ist eigentlich gar nicht so schlimm.
Zweitens gibt es Menschen, die immer in derselben Sünde gefangen sind. Sie kämpfen seit Jahren mit derselben Sünde und kommen nicht heraus. Dass dann eine Phase der Entmutigung kommt, ist verständlich. Sie fragen sich: „Warum befreit mich Gott nicht?“ Trotzdem sollte man den Kampf nicht aufgeben. Es wird so sein, dass du mit Sünde dein Leben lang zu kämpfen hast, leider. Das wird nicht aufhören.
Vielleicht kennt ihr den Ausspruch von Luther, der gesagt haben soll: „Der alte Adam ist tot, oder nicht ganz tot.“ Er sagte, er habe versucht, den alten Adam zu ertränken, aber der Kerl schwimmt. Deshalb kommt er immer wieder hoch. Dann musst du den alten Adam wieder herunterdrücken, und er kommt erneut hoch. Du merkst, dass etwas dich verführen will, falsche Dinge zu tun. Dann musst du wieder dagegen kämpfen, und das wird dein Leben lang so sein.
Wenn du nicht gegen die Sünde kämpfst, bist du entweder schon im Himmel oder ein Heuchler. Ein echter Christ wird sein Leben lang mit Sünde kämpfen. Sobald du eine Sünde unter den Füßen hast, wird der Teufel versuchen, dich durch etwas anderes von Gott wegzuführen. Ein Zeichen, dass du ein lebendiger Christ bist, ist, dass du kämpfst. Gib aber nicht auf! Wenn du aufgibst, wirst du heruntergezogen. Dann hat der Teufel es geschafft, dich von Gott wegzuziehen, und du gerätst in Entmutigung und Frustration.
Es gibt auch eine weitere Gruppe von Menschen, die sich schämen und deshalb frustriert werden. Das sind diejenigen, die sich ganz gut darin gefallen. Vielleicht kennt ihr solche Typen. Immer wenn man sie trifft, haben sie etwas, worüber sie sich beklagen können: „Die Menschen sind so böse, meine Eltern sind böse, mein Ehepartner ist böse, der Arbeitskollege ist böse.“ Solche Leute wollen sich gern bemitleiden lassen. Sie mögen es, wenn jemand zu ihnen sagt: „Du Armer, wie schlimm es dir geht.“ Manchmal braucht es das ja auch, aber manche legen es direkt darauf an. Du merkst, dass sie ständig Probleme haben und eher mal einen „hinter die Löffel“ brauchen, um rauszukommen. Also: „Jetzt mal raus hier, nicht so wehleidig, bemühe dich mal, so schlimm ist es ja nicht.“ Solche Leute gibt es auch.
Das müsst ihr erkennen: Wenn jemand sagt, „Ich bin so sündlich und so schlecht“, dann können das verschiedene Typen sein. Erstens könnten es Menschen sein, die zu überempfindlich sind. Zweitens könnten es Leute sein, die den normalen Kampf gegen die Sünde nicht erkennen und meinen, sie müssten schon vollkommen sündlos sein. Die musst du ermutigen: „Kämpf weiter!“ Drittens gibt es diejenigen, die sich gern bemitleiden lassen. Die musst du herausfordern und sagen: „So geht das nicht, nicht so wehleidig, komm voran, mach mal ein bisschen!“
Das Problem der Scham kann dazu führen, dass wir uns schämen, in Depressionen fallen, von Gott wegkommen und nicht mehr motiviert sind.
Weitere geistliche Faktoren für Entmutigung
Was kann noch dazu beitragen? Ich habe es einmal den himmlischen Tariflohn genannt. Manche Christen denken in diesem himmlischen Tariflohn. Dabei fallen mir zwei Beispiele aus dem Neuen Testament ein, die einige von euch sicher kennen.
Das erste Beispiel sind die Leute, die in den Weinberg zum Arbeiten eingeladen werden. Vielleicht kennt ihr die Geschichte: Am Morgen werden einige Arbeiter abgeholt, dann zur Mittagszeit weitere, und am Abend noch andere. Am Ende des Tages erhalten alle ihren Lohn. Auffällig ist, dass der Herr, der die Arbeiter geholt hat, zuerst diejenigen bezahlt, die zuletzt gekommen sind. Und zwar bekommen sie genau denselben Lohn wie die, die den ganzen Tag gearbeitet haben.
Was passiert dann? Wisst ihr noch, wie die Geschichte weitergeht? Wer ist unzufrieden? Es sind die, die den ganzen Tag gearbeitet haben. Man könnte doch eigentlich sagen: Sie könnten am Ende des Tages zufrieden sein, denn sie haben das geschafft und bekommen den Lohn, der ihnen versprochen wurde. Aber stattdessen fangen sie an, sich zu vergleichen. Sie fragen sich: Warum bekommt derjenige genau dasselbe wie ich? Warum ist das so?
Dieses Vergleichen führt häufig zu Frustration, Depression und Entmutigung. Das kann so sein, dass man denkt: Wie sehr mühe ich mich im geistlichen Leben ab! Ich spreche ständig mit anderen über den Glauben, arbeite am Baum mit, lese in der Bibel oder tue sonst etwas. Und die anderen, diese faulen Kerle, tun gar nichts. Trotzdem segnet Gott sie, sie sind gesund und haben einen Arbeitsplatz. Da müsste Gott doch mal die Daumenschrauben anlegen!
Doch solch ein Denken ist falsch. Jesus erzählt diese Geschichte gerade, um zu sagen: Mach dir keine Gedanken über die anderen Christen, sondern konzentriere dich auf deine Beziehung zu Gott. Wenn Gott dir gibt, was du brauchst, dann sei zufrieden. Auch wenn ein anderer, der vielleicht weniger engagiert ist als du, von Gott gesegnet wird, ist das Gottes Sache, nicht deine.
Wenn du dich ständig vergleichst, wirst du entmutigt und frustriert, weil du immer nur denkst: Warum geht es dem so gut, obwohl er sich nicht so bemüht wie ich? Und eigentlich müsste doch Gott sich um mich kümmern! Das ist die Idee des Tariflohns, wie ich es nenne. Man denkt: Mir müsste Gott mehr geben, und weil ich das nicht bekomme, bin ich frustriert.
Doch das ist eine falsche Vorstellung. Gott gibt dir, was dir gebührt und gehört. Manchmal kann es sogar so sein, dass wenn du zu sehr darauf pochst und sagst: Ich will unbedingt das, was ich verdiene, Gott dir tatsächlich gibt, was du verdienst. Aber darüber sollte man noch einmal nachdenken. Denn in der Bibel steht: Der Sünde Sold ist der Tod. Dann könnte es dir nämlich so ergehen wie Ananias und Saphira. Die waren nicht sehr böse, sie haben sogar viel gegeben und gespendet. Doch als sie meinten, jetzt auch etwas dafür zu verdienen, endete das mit einem Totunfall. Das war die Sünde.
Deshalb: Bitte nicht so sehr darauf bestehen, dass Gott dir tatsächlich gibt, was du verdienst. Denn verdienen tun wir es nicht. Gott läuft uns immer hinterher, versorgt uns, tröstet uns, heilt uns, beschützt uns – das ist reine Gnade Gottes.
Wenn du dich vergleichst und fragst: Warum bekommt der das und ich nicht? Oder: Der weniger und der mehr als ich? – dann kann das dazu führen, dass Menschen frustriert sind, weil sie meinen, Gott behandle sie ungerecht. Und wenn ich den Eindruck habe, Gott ist ungerecht zu mir, dann verliere ich das Vertrauen zu ihm. Bei einem ungerechten Gott baut sich Distanz auf.
Denkt an Adam und Eva: Da hat die Schlange zu Eva gesagt: Denke daran, Gott ist missgünstig, er will nicht, dass du bist wie er. Aber wenn du von diesem Baum isst, wirst du sein wie Gott. Eva ist genau darauf hereingefallen. Der Anfang der Distanz zu Gott war: Gott ist ungerecht, er meint es schlecht mit mir, er gibt mir nicht das, was mir zusteht.
Auch das kann zu Frustration, Entmutigung und Depression beitragen. Genauso kann mangelnde Vergebungsbereitschaft dazu führen. Viele Christen leiden darunter. Irgendwann hat ein Christ etwas Böses erlebt, etwa vom Ehepartner, Arbeitskollegen oder Nachbarn, und sie behalten das im Kopf – fast wie Elefanten, die sich an alles erinnern, was vor zwanzig Jahren passiert ist.
Ich erinnere mich, dass ich einmal in einer Gemeinde war, um zu schlichten. Da kam heraus: Einer sagte, schon vor zehn Jahren habe er gemerkt, dass ein anderer etwas gegen ihn hat, weil er ihm nie guten Tag gesagt hat, den anderen aber schon. Zehn Jahre lang ist er nicht auf ihn zugegangen, hat alles behalten. Sobald er missgünstig war, achtete er darauf, wie oft er angeschaut wurde oder eingeladen wurde. Ein Gemeindemitglied führte sogar Strichlisten darüber, wen der Pastor wie oft eingeladen hat. Natürlich kam er zu dem Schluss, er sei am wenigsten eingeladen worden.
Das ist mangelnde Vergebungsbereitschaft. Hier müsste man sagen: Vergib dem anderen doch! Selbst wenn er nicht sieht, was er falsch gemacht hat, vergib ihm von vorne herein. Oder geh zu ihm hin und sage: Ich glaube, du warst ungerecht, aber ich vergebe dir.
Wer nicht vergibt, macht sich selbst das Leben schwer. Er kreist ständig um böse Gedanken darüber, wie schlimm die anderen sind und was sie ihm angetan haben. Er schadet auch dem anderen, weil er ihm die Chance nimmt, Vergebung zu erfahren. Es ist sogar tragisch, dass mangelnde Vergebungsbereitschaft die Beziehung zu Gott stören kann. Das beschleunigt Entmutigung und Frustration, weil man in Distanz zu Gott lebt. Man wird missgünstig, das Herz wird innerlich vergiftet.
Denkt an das Vaterunser: „Vergib uns unsere Schuld, wie auch wir vergeben unseren Schuldigern.“ Direkt danach steht: „Wenn du nicht vergibst, wird dir auch nicht vergeben.“ Das ist hart. Wer nicht vergebungsbereit ist, entfernt sich von Gott, und wer sich von Gott entfernt, ist anfälliger für Entmutigung, weil er dann allein kämpft.
Deshalb brauchen wir immer wieder Vergebungsbereitschaft und müssen Menschen vergeben. Umgekehrt müssen auch Menschen uns vergeben. Es ist nicht immer so, dass nur die anderen die Bösen sind. Manchmal sind wir selbst die Schuldigen. Dann müssen wir zu anderen hingehen, uns entschuldigen – nicht nur vor Gott. Das ist manchmal leichter, weil wir denken, Gott weiß sowieso, wie böse wir sind. Aber die anderen wissen das nicht.
Das ist keine Lösung. Wir müssen Dinge bekennen und um Entschuldigung bitten. Das ist nicht schlimm, sondern schafft eine gereinigte Atmosphäre, in der wir vergeben und unser Leben weiter gestalten können.
Was auch dazu beiträgt, dass Menschen anfällig für Entmutigung und Frustration sind, ist dauernde Zurückweisung. Menschen, die ständig zurückgewiesen oder fertiggemacht werden, laufen Gefahr, in geistliche Depression zu fallen. Sie finden keine Selbstbestätigung durch Gott oder nicht genügend. Solche Menschen werden von Selbstzweifeln zerfressen.
Auch hier gilt: Gott tut es. Er sagt den Menschen auch mal deutlich: Du bist wertvoll, ich brauche dich, ich will dich einsetzen. So wie bei Elija, den ich ja vorgelesen habe. Gott sagt nicht nur: Du Loser! Sondern: Ich will dich gebrauchen, du wirst einen König einsetzen und einen Propheten.
Manchmal tragen wir selbst oder andere dazu bei, wenn wir jemanden immer nur fertig machen oder alles, was er tut, als selbstverständlich ansehen. Nie ein Danke, nie ein Wort, wie wertvoll er für uns, für die Gemeinde oder für Gott ist – das trägt dazu bei.
Wer zuerst auf sich und sein Leid schaut, kann schnell in ein Strudel aus Selbstmitleid geraten und die Wirklichkeit von Gottes Handeln vergessen. Selbstmitleid kann ein Grund sein, warum wir geistlich depressiv oder frustriert werden. Wir drehen uns nur um uns selbst und schauen ständig darauf, wie es uns geht.
Manche sind auch entmutigt, weil sie nicht zwischen der Stellung des Christen vor Gott und dem Zustand des Christen auf der Erde unterscheiden können. Was meine ich damit? Manche lesen in der Bibel: „Alles, was ihr bitten werdet in meinem Namen, das werde ich euch geben.“ Dann fangen sie an zu beten, und es passiert nicht.
Ich kenne Leute, die beten mit Formeln: Am Ende des Gebets sagen sie: Im Namen Jesu will ich einen Ferrari. Und wenn der nicht am nächsten Morgen vor der Tür steht, sind sie frustriert und denken, das klappt alles nicht. Sie haben etwas falsch verstanden.
Andere lesen im Neuen Testament, dass wir Christus angezogen haben und heilig sind. Im ersten Johannesbrief steht: Wer sündigt, der ist nicht von Gott. Dann denken sie: Ich habe gesündigt, also bin ich nicht von Gott.
Sie unterscheiden nicht zwischen dem Zustand bei Gott, dem Zustand auf der Erde und der Stellung vor Gott. In der Stellung vor Gott sind wir alle schon das heilige Priestertum, das reine Geschlecht. Da bist du sündlos, weil Gott dich durch Jesus Christus sieht. Gott sieht dich so, wie du einmal sein wirst, wenn du in der Ewigkeit bei ihm bist. Das kommt aber erst noch.
Dein Zustand auf der Erde ist davon noch entfernt. Manche Bibelstellen beschreiben uns, wie wir einmal sein werden, wenn wir bei Gott sind. Wenn du nur darauf schaust und dich selbst anschaust und denkst: Das ist ja gar nicht so, dann bist du frustriert.
Oder du nimmst Bibelversprechen, achtest aber nicht darauf, für welche Situation sie gedacht sind. Zum Beispiel „Alles, was ihr bitten werdet in meinem Namen“ – was bedeutet das genau? Es ist nicht so, dass du Gott zwingen kannst, deine Wünsche zu erfüllen. Vielmehr sollst du dich ganz in Jesus hineinversetzen. Wenn du dich von ihm prägen lässt, wirst du nur noch Dinge bitten, die auch im Namen Jesu sind.
Dann wirst du nicht mehr für den Ferrari beten, weil das nur dein Fleisch ist, sondern darum bitten, dass Jesus jemanden rettet. Vielleicht wirst du sogar vorher fragen: Jesus, willst du den jetzt retten, oder soll der noch ein bisschen weitergehen?
Manche verwechseln auch Zeitliches mit Ewigem. Sie konzentrieren sich nur auf das Irdische und werden früher oder später enttäuscht. Warum? Weil das Irdische und Materielle schnell vergeht.
Wer nur auf seine persönliche Kraft, seinen Intellekt, seinen Verstand oder seine Leistungsfähigkeit baut, ist damit in jungen Jahren gut bedient. Doch spätestens mit siebzig oder achtzig merkt man, dass man nicht mehr so schnell mauern, laufen, kochen oder putzen kann. Dann kommt Frustration: „Das klappt alles nicht mehr.“
Wer nur auf das setzt, was er selbst kann und was irdisch ist, vergisst, dass wir alle verfallen. Wenn Gott es uns gnädig zulässt, werden wir alle alt. Dann fallen Haare aus, Zähne gehen verloren, wir werden müde und kraftlos.
Doch wenn wir wissen, dass wir auf das Ewige setzen, auf das, was Gott bewirkt, dann sind wir nicht frustriert. Wie viele Menschen gibt es, die frustriert sind, weil sie nur auf ihre Leistungen bauen?
Ich habe einen jungen Mann kennengelernt, der im Krankenhaus war und durch einen Unfall beide Beine verloren hat. Er wollte erst nur noch sterben, weil er gerne Motorrad fuhr. Er sagte: Wenn ich nicht mehr Motorrad fahren kann, ist das Leben vorbei. Heute lebt er immer noch, auch ohne Motorradfahren.
Hier liegt die falsche Perspektive. Manchmal führt das dazu, dass wir geistlich demotiviert sind und fertiggemacht werden, weil wir zu sehr auf das Materielle und Äußere schauen und nicht auf das, was Gott dahinter bewirken will.
Heuchelei als Ursache geistlicher Erschöpfung
Ein weiterer Risikofaktor für geistliche Entmutigung und Frustration ist das Doppelleben. Die Bibel verwendet dafür den Begriff „Heuchelei“. Ich gehe davon aus, dass in allen Gemeinden – auch hier bei euch – die Gefahr von Heuchelei besteht, denn sie ist überall verbreitet, wo Christen sind.
Was bedeutet Heuchelei? Heuchelei heißt, dass man mit eigenen menschlichen Mitteln etwas vorspielt, was eigentlich geistlich erreicht werden müsste. Wer schon länger in einer christlichen Gemeinde ist, weiß genau, wie das funktioniert. Man muss einfach nur fromm reden. Dann klopft einem zum Beispiel jeder auf die Schulter. Wenn du regelmäßig mal Halleluja, Gloria, Hosianna und noch ein paar Bibelverse sagst, sind alle zufrieden. Das bedeutet aber lange nicht, dass das aus dem Herzen kommt.
Mir fällt dabei immer ein Pastor ein, an den ich mich erinnere. Ich habe ihn in Dresden getroffen, weit weg – ihr kennt ihn wahrscheinlich nicht. Ich sage auch nicht, in welcher Gemeinde es war. Auf jeden Fall war ich dort, und er hat gepredigt. Während der Predigt hat er andauernd, ich weiß nicht, ob jedes fünfte oder jedes zehnte Wort, jedenfalls sehr häufig „Halleluja“ gesagt. Und jedes Mal ganz laut, nicht so leise „Halleluja“. Das war eine etwas charismatische Gemeinde, das merkt man daran.
Ich dachte, das ist ja ein toller Kerl, der ist so richtig fromm. Dem wollte ich nach dem Gottesdienst mal sprechen. Nach dem Gottesdienst stellte ich mich zu ihm, wir unterhielten uns etwa eine Viertelstunde. Er sagte kein einziges Mal „Halleluja“. Da fragte ich mich: Warum? Was ist mit ihm los?
Hier würde ich sagen, das ist bloß Theater. Wenn jemand ständig von vorne „Halleluja“ ruft, aber im Alltag nicht mehr, zum Beispiel auf der Baustelle, wenn jemand sagt: „Reich mir mal die Bierflasche rüber, Halleluja“, dann kann ich damit leben. Aber wenn jemand nur in der Gemeinde fromm spielt und im Alltag gar nicht so fromm ist, das ist Heuchelei. Das haben die Pharisäer zur Zeit des Neuen Testaments sehr gut beherrscht, aber sie sind kein Vorbild für uns.
Wer geistliche Dinge vorspielt, die gar nicht echt sind, wird früher oder später in geistliche Entmutigung und Frustration geraten. Warum? Weil nicht die Kraft Gottes dahintersteht. Du kannst sagen: Mir geht es so gut, ich glaube alles, Gott wird mich immer beschenken. Dann kommst du in eine große Krise. Wenn dann keine echte Beziehung zu Jesus da ist, fällt das Spielen schnell zusammen.
Darum spielt lieber nicht, sondern seid in dieser Hinsicht echt. Nur dann kann man euch helfen.
Das ist ein Erlebnis, das schon ein paar Monate her ist, in Detmold. Ich war im Baumarkt, Praktiker Baumarkt in Detmold, meine Frau war mit dabei. Wir suchten ein paar Sachen aus und gingen zum Ausgang. Draußen sagte meine Frau zu mir: „Michael, hast du gesehen, da war gerade ein Mann aus der Gemeinde xy?“ Ich antwortete: „Nein, habe ich nicht gesehen, habe nicht darauf geachtet, habe ihn übersehen.“
Aber das war gar nicht der Punkt. Sie sagte: „Sobald er dich gesehen hat, hat er schnell seine Zigarette hinter dem Rücken versteckt.“ Warum? Er dachte wohl: „Da kommt Michael Kotz von der Bibelschule, als frommer Mensch darf man ja nicht rauchen.“ Also schnell weg mit der Zigarette.
Ich stimme ihm zu, Rauchen ist nicht gut für einen Christen, aber ist das nicht Heuchelei? Entweder müsste er sagen: „Michael, bete für mich, ich komme von der Sache nicht los.“ Oder er raucht halt nicht. Aber so ist es Heuchelei. Allen anderen gegenüber, von denen er denkt, sie seien nicht fromm, kann er weiter rauchen. Aber mir gegenüber, wo er denkt, ich habe ein gutes Bild, versucht er ein heiles Bild vorzuspielen.
Das gibt es leider immer wieder in Gemeinden – dass Leute ein heiles Bild vorspielen. Ich bin nicht der Meinung, dass du sofort jedem alles erzählen musst, sobald etwas schiefläuft. Du musst nicht jeden Morgen sagen: „Ich habe heute geraucht, ich habe heute geraucht.“ So muss es nicht sein.
Wenn du in irgendeinem Bereich gesündigt hast – und das muss nicht Rauchen sein, es kann vieles sein – dann kämpfe darum. Bitte ein paar Leute, für dich zu beten. Aber du musst nicht als der perfekte Christ auftreten, der überall lächelt und alles ist super und toll.
Wie ist denn das normale Leben als Christ? Es ist ein Kampf. Das normale Leben als Christ bedeutet, dass du immer wieder in Sünde fällst. Hoffentlich nicht immer wieder dieselben Sünden über zwanzig Jahre hinweg, sondern hoffentlich wirst du mal mit einer Sünde fertig und dann kommt etwas Neues, an dem du arbeiten musst.
Je länger du Christ bist, desto sensibler wirst du. Der Heilige Geist zeigt dir immer mehr, wie er dich verändern will und was noch falsch in deinem Leben ist.
Hier ist es wichtig, nicht zu heucheln, denn Heuchelei entmutigt andere. Ihr werdet merken, dass in der Gemeinde Leute frustriert sind. Manche junge Leute merken irgendwann, dass das nur vorgespielt wird – spätestens bei denen, die sie näher kennenlernen. Dann sind sie frustriert und denken: So ist das Christsein? Da wird viel über Gott geredet, aber in Wirklichkeit ist das gar nicht so.
Du schadest anderen Menschen in ihrem geistlichen Leben und auch dir selbst. Denn was nur von außen fromm aussieht, hält einer wirklichen Belastungsprobe nicht stand.
Ein schön gespieltes Christsein in der Gemeinde hält der Prüfung von mir oder anderen nicht stand. Ich kann niemandem in den Kopf sehen, ich sehe nur das Äußere. Manchmal gibt Gott mir eine Eingebung, dann sehe ich, was dahinter ist. Aber das passiert nicht oft. Also sehe ich nur das Äußere.
Das ist nicht schlimm, ich muss ja nicht von jedem alles wissen. Aber es hilft dir nicht, wenn du etwas vorspielst. Dann kann dir keiner helfen. Wenn eine Belastungsprobe von außen kommt, wirst du ihr nicht standhalten und zusammenbrechen.
Willst du gegen Frustration und Entmutigung gewappnet sein, dann sei im geistlichen Leben ehrlich. Du musst nicht jedem alles erzählen, aber einigen Leuten schon. Leuten, die für dich beten und mit dir kämpfen, die mit dir zu tun haben.
Das ist auch eine Möglichkeit, wie wir vorbeugen können.
Sorgen als Belastung für den Glauben
Vorbeugen können wir auch in einem ganz anderen Bereich, nämlich bei der Frage der Sorgen. Das lesen wir zum Beispiel in Matthäus 6, ab Vers 19, wo Jesus sagt: Du sollst nicht sorgen.
Warum? Was bewirken Sorgen? Sie ziehen uns nämlich von Gott weg. Das habe ich schon am Anfang angedeutet: Du drehst dich immer wieder um ein und dieselbe Sache. Du versuchst, das Problem zu lösen, kannst nicht mehr schlafen. Manchmal kannst du die Sache eben nicht lösen.
Manche wissen das: Es sind Probleme, zum Beispiel wenn Eltern sich Sorgen machen um Kinder, die sich nicht so entwickeln, wie sie es sich wünschen. Dann machst du dir Sorgen und noch mehr Sorgen. Dabei vergisst du, dass du mit all deinen Sorgen deinem Leben nichts hinzufügen kannst. Das sagt Jesus ja auch.
Er sagt, wenn du dein Leben lang Sorgen machst: „Ich werde sterben“, dann wirst du sterben – aber zu dem Zeitpunkt, den Gott vorgesehen hat. Deine Sorgen werden daran nichts ändern. Sie führen jedoch dazu, dass du Gott aus dem Blick verlierst. Plötzlich richtest du dein ganzes Leben nur noch danach aus, wie du es irgendwie verlängern kannst. Letztendlich kannst du das aber nicht beeinflussen.
Manche Leute streben danach, möglichst gesund zu sterben. Das heißt, sie halten sich topfit. Und dann fällt ihnen doch ein 50-Kilo-Ziegelstein auf den Kopf, und sie sind tot. Aber sie sind gesund gestorben. Da merkt man: Die Sorgen haben nichts gebracht.
Ich will jetzt nicht sagen, lebe oberflächlich, also iss nur noch bei McDonald's und viel Fett und Kohlenhydrate – so ist es ja auch nicht. Tu, was du kannst, aber übertreibe es nicht. Sonst werden dich die Sorgen gefangen nehmen.
Vielleicht denkst du: Da könnte noch ein bisschen Chemie drin sein, oder das könnte jetzt zu viel oder zu wenig sein – und du machst dich damit fertig. Oder es gibt Menschen, die sind schon frustriert, stellen dann das Radio an, hören die Nachrichten, und wieder gibt es eine Wirtschaftskrise, da eine Pleite, eine Katastrophe – und den ganzen Tag läuft das so weiter. Dann sind sie richtig fertig.
Nein! Hier werden wir aufgefordert: „Alle eure Sorgen werft auf ihn!“ Sorgen zu haben ist normal. Darüber nachzudenken ist auch okay. Dass du dich anstrengst, setze ich als selbstverständlich voraus. Dieses „Sorget nicht“ ist nicht für die Faulpelze geschrieben.
Für die Faulpelze steht geschrieben: „Wer nicht arbeiten will, soll auch nicht essen.“ Oder im Alten Testament in den Sprüchen: „Geh zur Ameise, du Fauler, und lerne von ihr.“ Kennt ihr auch diesen schönen Spruch: „Der Faule dreht sich im Bett wie die Tür in der Angel“?
Oder einen anderen, der sagt: „Der Faule behauptet, es war ein Löwe auf der Straße.“ Das ist dann die Ausrede, warum er nicht zur Arbeit gekommen ist. In Israel hätte das ja noch sein können. Aber wenn du hier in Deutschland zu deinem Arbeitgeber kommst und sagst: „Ich konnte nicht kommen, es war ein Löwe auf der Straße“, wirkt das nicht so glaubwürdig. Da finden die Faulen hier andere Ausreden.
Aber das heißt: Diese Aufforderung, sich nicht zu sorgen, ist nicht für die Faulpelze gedacht. Nein, tu, was du tun kannst, und gib dann auch Gott ab, was du nicht kontrollieren kannst. Lass dich nicht von Sorgen niederdrücken und kaputtmachen.
Gerade Sorgen können uns ganz schnell fertig machen und jede Kraft rauben. Plötzlich ist alle Energie weg. Ich weiß nicht, ob ihr das kennt: Situationen, in denen du wirklich nicht weiterweißt. Wie soll das gehen? Das kann einen richtig fertig machen.
Der einzige Weg, den Gott uns dabei nennt, damit wir gar nicht erst in die Sorge-Falle tappen oder wieder herauskommen, ist folgender: Sobald du merkst, dass dich Sorgen gefangen nehmen, dann sagt Jesus: Bitte ihn, sie dir wegzunehmen, dass er sie mitträgt und dir Kraft gibt in der schwierigen Situation – oder was auch immer gerade ist.
Versuche nicht, alles allein zu tragen. Sonst geht es schief.
Falsche Gottesbilder als Ursache geistlicher Krisen
Ein weiteres Problem, das auftreten kann, ist, dass manche Christen ein falsches Gottesbild haben. Sie denken, dass Gott nur ein liebender Gott ist, der ständig Streicheleinheiten verteilt. Solche Menschen lesen auch nur ungern im Alten Testament. Vielleicht denkt ihr auch so: Im Alten Testament ist alles grausam, da sterben Menschen, und im Neuen Testament ist es schön – liebe deine Freunde, umarme alle und so weiter. Dabei vergessen sie, dass es im Neuen Testament auch nicht ganz so harmlos zugeht.
Lest zum Beispiel die Offenbarung. Da wirft ein Engel Zornschalen aus, ein Drittel des Meeres wird vergiftet, die Hälfte der Bevölkerung stirbt. Ganz so harmlos ist es im Neuen Testament also nicht. Auch wenn Jesus als Richter beschrieben wird und gesagt wird: „Geht weg von mir, ihr Verfluchten, dort ist Heulen und Zähneklappern“, dann ist das nicht nur der nette, liebe Gott.
Im Alten Testament ist Gott gar nicht so böse, wie manche denken. Singt mal das Lied über Ninive. Dort schickt Gott den Propheten Jona hin und sagt, dass das Maß jetzt endgültig voll ist, dass es so nicht weitergehen kann und die Stadt gerichtet wird. Doch die Menschen tun nur ein bisschen Buße, und Gott vergibt ihnen. Es gibt also auch im Alten Testament den liebenden Gott.
Die Aussage „Liebe Gott über alles und deinen Nächsten wie dich selbst“ kommt nicht erst bei Jesus vor, sondern schon im Alten Testament. Dort steht zum Beispiel: „Gehe zum Fremdling, der bei dir ist, und sorge für ihn.“ Das zeigt, dass es keinen anderen Gott im Alten und im Neuen Testament gibt.
Manche Menschen haben jedoch ein verbogenes Gottesbild. In den letzten Jahren ist mir das immer wieder aufgefallen: Gott wird oft so dargestellt, als sei er nur daran interessiert, dass es dir gut geht. Der Mensch steht dabei im Mittelpunkt.
Neulich gab es eine Frauenkonferenz, zu der meine Frau eingeladen war. Sie ist nicht hingegangen. Das Programm stand unter dem Titel „Das Leben genießen“. Es ging nur darum, das Leben zu feiern und toll zu sein. „Du bist so wertvoll, du bist so wichtig, Gott sorgt dafür, dass es dir gut geht“ – das war die Botschaft. Dass der Mensch ein Sünder ist, kam kein bisschen vor.
Natürlich stimmt es, dass du wertvoll bist – das steht auch in der Bibel. Aber viel häufiger steht dort, dass du ein Sünder bist, ein Verlierer und ein Versager. Das stimmt nämlich auch. Gott hält uns manchmal den Spiegel vor. Wir brauchen manchmal das eine und manchmal das andere.
Wenn wir aber ein falsches Gottesbild haben – nämlich einen Gott, der nur lieb und nett zu uns ist –, dann geraten wir schnell in Entmutigung. Denn dann merken wir plötzlich, dass dieser liebe und nette Gott uns auch strafen kann. Dieser liebe und nette Gott lässt uns auch mal auf die Nase fallen.
Es gibt aber auch Menschen, die nur den strengen Gott vor Augen haben. So einen, der als himmlischer Polizist nur darauf achtet, dass du keinen Fehler machst. Auch diese Menschen können sehr frustriert werden und verzweifeln.
Ein Beispiel: Ich hatte mal einen Schüler an der Bibelschule, der so eine Vorstellung von Gott hatte. Für ihn war jeder kleine Fehler im Alltag sofort ein großes Problem. Er konnte keine Entscheidungen mehr treffen. Einmal kam er zu mir und sagte: „Michael, ich weiß nicht, was ich tun soll. Ich will ja nicht sündigen, aber ich brauche einen Computerdrucker.“
Ich fragte ihn: „Was ist das Problem?“ Er antwortete: „Wenn ich einen Computerdrucker kaufe, weiß ich nicht, ob Gott das will. Wenn ich kaufe und Gott will das nicht, sündige ich ja.“ Ich fragte ihn: „Brauchst du den denn? Du musst doch deine Arbeiten ausdrucken.“ Er sagte: „Ja, vielleicht schon, aber welchen Drucker will Gott, dass ich kaufe? Soll ich den HP kaufen? Und welche Nummer davon?“
Ich sagte: „Such doch mal nach einem Angebot.“ Er antwortete: „Ich habe schon ein Angebot gefunden, aber ich weiß nicht, ob ich das nur kaufe, weil ich geizig bin. Vielleicht sollte ich den Drucker lieber zum vollen Preis kaufen.“ Er hat so viel darüber nachgedacht.
Wenn du so eine Einstellung hast, bei der Gott nur mit dem langen Finger droht und sagt: „Wehe, du kaufst den falschen Drucker, dann haue ich dir auf die Finger“, dann hast du auch ein falsches Gottesbild.
Gott ist auf der einen Seite jemand, mit dem man nicht spielen soll. Aber er ist auch der liebende Vater, der Geduld mit dir hat, der dir nachgeht und dir eigene Entscheidungen überlässt. Wenn du ein falsches Gottesbild hast, kannst du schnell in Frustration und Entmutigung geraten, weil sich Gott nicht so verhält, wie du es erwartest.
Auch dafür gibt es Beispiele in der Bibel. Denkt an die Geschichte vom Sturm auf dem See Genezareth. Jesus schläft im Boot, und die Jünger werden plötzlich ganz unruhig. Warum? Weil sie Jesus nur noch als Menschen sehen. Hätten sie erkannt, dass Jesus Gott ist, hätten sie sagen können: „Das ist doch schön, so wie im Vergnügungspark. Uns kann nichts passieren, Gott ist ja bei uns. Gott liegt im Boot und kann nicht ertrinken.“
Aber sie haben in diesem Moment vergessen, dass Jesus Gott ist. Sie wecken ihn auf und rufen: „Herr, hilf uns!“ Und dann sagt Jesus ein Wort, und der Sturm ist vorbei. Man hätte sich fragen können, warum sie nicht früher um Hilfe gebeten haben. Die Jünger kämpften stundenlang, um das Boot zu retten, und erst im letzten Moment baten sie Jesus um Hilfe. Das war kein großer Glaube.
Immerhin war es gut, dass sie ihn gefragt haben. Aber letztendlich hätte Gott sie sowieso nicht ertrinken lassen, denn er brauchte die zwölf Jünger noch. Ein falsches Gottesbild kann also dazu beitragen, dass Menschen in Frustration und Entmutigung geraten.
Übrigens kann das auch passieren, wenn Menschen Gefühl und Geist miteinander verwechseln. Manche wollen im Alltag Gottes Reden hören, hören aber letztlich nur auf ihre eigenen Gefühle. Es gibt solche, die als Propheten in Gemeinden auftreten und sagen: „Gott hat mir gesagt ...“, obwohl es nur ihr eigenes Gefühl ist.
Ich habe mehrere solcher Fälle erlebt. Ein Bruder in Süddeutschland erzählte mir, dass Gott ihm gesagt habe, er solle einen Fernsehsender aufbauen. Er investierte sein ganzes Geld, und Gott versprach ihm ein riesiges Publikum. Nach kurzer Zeit ging er pleite, weil sich alles nicht so entwickelte. Die Frustration war groß.
Warum? Weil Gott ihm diesen Auftrag gar nicht gegeben hatte. Es war nur sein Gefühl. Er hatte schon immer von Fernseharbeit geträumt, und das wäre für ihn toll gewesen. Menschen verwechseln oft ihr Gefühl mit Gottes Reden. Dann kommt Frustration und Entmutigung, weil Dinge nicht so laufen, wie sie es sich wünschen.
Manchmal redet Gott ganz deutlich, wie bei den Propheten im Alten und Neuen Testament. Aber oft bilden sich Menschen nur etwas Frommes ein und meinen, es sei Gottes Reden – obwohl es das nicht ist.
Ich erinnere mich an eine Frau, die mir sagte: „Gott hat mir gesagt, ich soll mich von meinem Mann trennen.“ Ich antwortete: „Das ist erstaunlich, denn in der Bibel steht, du sollst deinem Mann treu sein. Warum widerspricht sich Gott hier?“ Sie wollte nicht darauf hören und ließ sich scheiden.
Ich sagte ihr auch: „Pass auf, du wirst wieder heiraten.“ Und genau das tat sie. Sie heiratete einen neuen Mann, von dem sie ebenfalls nicht glücklich wurde. Weder das eine noch das andere war von Gott wahr.
Persönliche Gefühle sind nicht immer Gottes Reden. Auch hier muss man unterscheiden: Was ist mein Wunsch, was ist mein Gefühl? Wenn ich das Gefühl zu stark achte und mit Gottes Reden identifiziere, werde ich früher oder später entmutigt und frustriert sein.
Denn dann passiert nicht das, was ich mir wünsche oder vorstelle. Manchmal redet Gott klar und deutlich. Aber oft bilden sich Menschen nur etwas ein und meinen, es sei Gottes Reden – obwohl es das nicht ist.
Schlusswort und Ermutigung
Nun, an dieser Stelle habe ich fast den Eindruck, dass meine Zeit hier schon vorbei ist. Ich hätte ja jetzt eine Armbanduhr mitnehmen können, habe ich aber nicht getan. Allerdings sieht bestimmt jemand von euch die Uhr, also kann ich mich daran orientieren.
Ich habe das Gefühl – und ich hoffe, dieses Gefühl täuscht mich nicht –, dass meine Zeit hier nun herum ist. Ich hoffe, ihr konntet heute Abend einige Dinge mitnehmen. Noch wichtiger ist, dass ihr das Gehörte nicht nur als interessant betrachtet, sondern es auch in eurem Leben anwendet. Prüft euer geistliches Leben und bringt es in Ordnung, besonders dort, wo ihr Schwachpunkte entdeckt habt.
Wenn ihr das tut, seid ihr viel besser vorbereitet auf Phasen der Entmutigung und Frustration. Das kann sich auf verschiedene Bereiche beziehen: Zum Beispiel, wenn ihr merkt, dass ihr euch körperlich überarbeitet. Oder wenn ihr missgünstig werdet, weil ihr nur darauf schaut, was Gott anderen gibt, und euch fragt: „Warum ich? Warum muss ich so viel arbeiten, und der andere nicht?“
Es kann auch sein, dass Sorgen euch niederdrücken. Oder ihr unterscheidet das Reden Gottes nicht von euren eigenen Wünschen. Vielleicht erkennt ihr nicht, was Gott beschreibt, und was euer zukünftiger Zustand sein wird – wer ihr hier auf der Erde wirklich seid.
Manchmal konzentriert ihr euch nur auf eure Schuld, anstatt darauf, dass Gott euch vergeben will. Oder ihr neigt dazu, anderen etwas vorzumachen, also Heuchelei zu betreiben. Das sind nur einige der Punkte, die ich genannt habe.
In meinen Unterlagen bin ich damit noch nicht am Ende. Insgesamt habe ich 25 verschiedene Punkte, die zu solchen geistlichen Herausforderungen führen können. Falls ihr also noch mehr darüber lesen wollt – und falls ihr noch nicht genug herausgefordert seid durch das, was ich gesagt habe – kopiere ich euch das gerne. Dann könnt ihr es in Ruhe durchlesen, inklusive der entsprechenden Bibelstellen, die ich jeweils zitiert habe.
Ich habe euch ein paar Punkte aus dem Kopf genannt. Vielleicht erinnert ihr euch auch noch an Elia und seine Frustration. Er hat nicht so sehr auf Gott geschaut, sondern mehr auf seine eigene Kraft. Dadurch kam er zu falschen Ergebnissen, zum Beispiel, dass er nicht mehr der Einzige sei, der übrig geblieben ist.
Lasst euch von Gott korrigieren, wenn er euch zeigt, dass etwas an euch falsch ist. Versucht nicht, das wegzuerklären oder euch selbst wieder als gut darzustellen. Stattdessen sagt: „Ja, das ist so. Helft mir, ich will mich verändern.“
Dann werdet ihr erleben, wie Gott geistlich in eurem Leben tätig wird. Ihr werdet geschützt sein vor geistlichen Phasen von Frustration, Depression und Entmutigung.
An dieser Stelle möchte ich gerne mit euch beten und bitte euch, dazu aufzustehen.