Die Herausforderung der Unsichtbarkeit Gottes und menschliche Logik
Es ist wahrscheinlich bei allen Menschen ziemlich ähnlich: Wirklich begreifen können wir nur das, was wir sehen. Und das übertragen wir natürlich auch auf Gott. Unsichtbarkeit steht für „das gibt es nicht“. Was ich nicht sehe, ist irgendwie jedenfalls nicht so real. Und was ich sehe, das gibt es.
Klar, im Kopf kann sich jeder sagen, dass diese Logik nicht ganz stimmig ist, denn ich weiß, dass alles, was sichtbar ist, vergeht. Das ist der Preis aller Sichtbarkeit. Manche Dinge vergehen in wenigen Augenblicken oder Stunden, andere brauchen Jahre, Jahrtausende oder sogar Millionen. Aber das Gemeinsame ist: Alles, was sichtbar ist, ist vergänglich und stirbt.
Allein diese Tatsache, so unbestreitbar sie ist, müsste uns schon dazu führen, dass die Forderung, Gott sei nur real, wenn ich ihn sehen kann, ein Widerspruch in sich selbst ist. Doch das ist nicht der einzige Fall, in dem Logik für unser Leben kaum eine Bedeutung hat.
Das Leben ist überhaupt nicht logisch, und logisches Denken spielt im Leben viel weniger eine Rolle, als wir manchmal vorgeben. Es ist uns auch nicht lieb. Das Leben ist widersprüchlich. Wir denken das eine und tun das andere, und es passt überhaupt nicht zusammen – und wir finden noch gar nichts dabei.
Das ist nur für das Schaufenster. Dort versuchen wir, die Dinge logisch zu sortieren und so zu tun, als ob das irgendeine Beziehung zu unserem Leben hätte. Aber wenn man dann hinter die Kulissen schaut, in die Wirklichkeit des Lebens, da geht es wirklich turbulent zu.
Deshalb ist es verständlich, dass wir auch in der Frage nach Gott nicht sehr gedankenkonsequent leben. Es wäre ein bisschen einfacher, wenn wir stärker auf unsere Logik hören würden. Dann wäre wenigstens – obwohl gefühlsmäßig, das kann ich gar nicht anders sagen, es ist einfach so – was ich nicht sehe, muss ich erst im Kopf vorstellen, um mir vorzustellen, dass es trotzdem da ist.
Unwillkürlich lasse ich mich beeindrucken von dem, was ich sehe. Das ist doch bei Christen so: Nicht was alles in der Gegenwart Gottes gelingt, fertiggebracht und wirklich getan wird, obwohl er doch da ist – das geht auf keine Kuhhaut.
Dafür schämen wir uns gar nicht, obwohl wir es in der Gegenwart eines anderen Menschen nie tun würden. Allein die Sichtbarkeit und die sichtbare Anwesenheit eines anderen Menschen verhindern, dass wir Dinge tun, die wir in der Gegenwart des unsichtbaren Gottes ohne Schwierigkeiten tun.
Das zeigt, wie Sichtbarkeit und Wirklichkeit bei uns zusammenwirken.
Die Rätselhaftigkeit des göttlichen Handelns und menschliche Hilflosigkeit
Das ist das eine Problem. Das andere Problem mit dem verborgenen Gott ist, dass wir auch dort, wo wir wissen, dass er lebt, unter dem Leiden leiden, weil sein Handeln so oft so rätselhaft bleibt. Ich sehe nicht, wie er in dem Geschehen drin ist, was er jetzt vorhat, was von ihm ist und wie das alles zusammengehört. Das Handeln Gottes ist verborgen – sein Zulassen und sein aktives Wirken –, wer kann das durchschauen?
Nun, so verbindet das alle Menschen miteinander: Wir stehen einer ziemlichen Hilflosigkeit gegenüber der Wirklichkeit oder dem Schicksal gegenüber, wie man es nennt. Das ist das Geschehen, das so übermächtig über einen hereinbricht, einen verletzt und Angst macht. Man kann es nicht richtig greifen, nicht beeinflussen. Man steht in totaler Hilflosigkeit.
Ein scharfer Beobachter unserer Zeit und ein radikaler Kritiker der Religion war der Begründer der Tiefenpsychologie, Sigmund Freud. Er hat eine kleine, aber sehr wirkungsvolle Schrift geschrieben, die heißt „Von der Zukunft einer Illusion“. Darin räumt er so richtig auf mit dem, wie das mit der Religion ist. Er sagt: Es ist genau so. Wir stehen alle vor dieser Überforderung eines Schicksals, das wir nicht bewältigen können, das uns Angst macht und irgendwie bedroht.
Wir alle haben die Sehnsucht, dieses namenlose Schicksal irgendwie beeinflussen zu können. Um es besser beeinflussen zu können, stellen wir uns vor, dass es kein namenloses Schicksal ist, sondern personifiziert. Wir projizieren ein Bild darauf.
Freud war ursprünglich Jude, kannte also auch die Bibel, das Alte Testament, und wollte kräftig mit ihr abrechnen und aufräumen. Dann sagte er: Ja, das ist so. Was macht der Mensch, wenn er sich so ein Bild vorstellt? Das beste Material, das er in sich hat, ist das erste Material, das er sich angeeignet hat.
Und was ist das erste Bildmaterial, das er sich angeeignet hat? Als kleines Baby hat er ein riesiges Wesen erlebt. Dieses Wesen hatte zwei Gesichter: Auf der einen Seite war es allmächtig und fürsorglich, auf der anderen Seite so groß und stark, dass das Baby ihm hilflos ausgeliefert war. Das war zum Fürchten, und es wurde gefürchtet und geliebt zugleich – das war der Vater.
So nimmt der Mensch, sagt Freud, dieses doppelte Bild vom Vater – den man fürchtet und liebt –, das tief in seiner Seele verankert ist, und projiziert es auf das Schicksal. Er sagt: Das Schicksal ist Gott, und Gott muss man fürchten und lieben.
Das ist aber natürlich keine Wirklichkeit, sondern nur der Versuch des Menschen, aus der Hilflosigkeit heraus mit den Bildern, die er in seiner Seele hat, das Schicksal irgendwie beeinflussbar zu machen. Dadurch kann er besser im Leben zurechtkommen.
Das ist typische Babyverhaltensweise, infantil. Wenn man dann größer wird und versteht, dass das alles nur Einbildungen sind, Illusionen, legt man das ab. Dann weiß man: Da ist kein Vater und kein Gott, den ich fürchte und liebe. Sondern da gibt es ein Schicksal, das manchmal furchtbar und manchmal erträglich ist, und damit muss ich alleine zurechtkommen. Punkt. So endet eine Illusion.
Das ist das Erwachsenwerden des Menschen, sagt Freud. Das ist eine scharfe These, die im zwanzigsten Jahrhundert, aber auch heute noch, enorme Wirkung hat. Wahrscheinlich denken viele Menschen, die nie den Namen Sigmund Freud gehört haben und die Zusammenhänge, die ich gerade etwas verkürzt dargestellt habe, nie bedacht haben, trotzdem in ähnlicher Weise. Man hat irgendein Bild, und das ist irgendwie vielfältig.
Das Bilderverbot der Bibel und die radikale Religionskritik
Nun ist es interessant, dass die Bibel auf ihre Weise radikal religionskritisch ist. Denn das, was am schwersten verdaubar bei den Geboten ist, ist das dritte Gebot – das zweite Gebot lautet: Du sollst dir kein Bildnis machen. Gott verbietet in den Geboten, sich eine Vorstellung von Gott zu machen.
Das kann man im Kopf verstehen und sagen: Ja, es sind ja unsere eigenen Produkte. Es macht eigentlich nicht viel Sinn. Es ist eine Form von Selbstbetrug, wenn ich mir etwas vorstelle oder den Himmel projiziere und mir dann selbst weismache, das wäre eine Wirklichkeit, an der ich mich festhalten könnte. Da ist ja nichts zum Festhalten, denn alles ist aus meinem Kopf. Es ist mein Produkt, und mein Produkt ist kleiner als ich selbst. Wie sollte ich mich an etwas festhalten können, das ich selbst geschaffen habe? Das ist alles ganz unlogisch.
Um uns zu helfen, um uns nicht auf den Leim gehen zu lassen, um nicht Opfer unserer eigenen Einbildung und Lebenslügen zu werden, sagt Gott in seinen Geboten: Du sollst dir kein Bildnis machen. Ja, das ist gut gesagt, aber was soll ich denn machen? Bin ich jetzt total zurückgeworfen auf meine Lebensangst und diese Hilflosigkeit gegenüber dem Schicksal, mit dem ich ohnehin nicht fertig werde? Irgendwie muss man doch das beeinflussen und einen Weg finden.
Nun, das Bilderverbot der Bibel sagt uns, sehr kritisch gegenüber den Gottesvorstellungen zu sein, die aus unseren Seelen kommen. Von der ersten bis zur letzten Seite der Bibel gibt es sehr wenig Sympathie für Religion. Darüber müssen wir heute Abend noch einmal sprechen. Das verstehen viele Leute überhaupt nicht. Sie denken immer, wir müssten froh sein, wenn die Leute überhaupt an irgendetwas glauben. Es gäbe sozusagen eine große Koalition aller, die irgendwie an ein höheres Wesen glauben.
Das ist ein großes Missverständnis. Ganz und gar nicht ist das eine große Koalition. Die Bibel sagt, dass es irgendetwas gibt, sagt aber überhaupt noch nichts darüber aus, wer Gott ist. Kann ich wissen, wer er ist und dass er ist? Oder sind wir einfach diesem Nebel ausgeliefert, in dem wir alle herumtasten?
Die Voraussetzung dieses radikalen Bilderverbots in der Bibel, das ein befreiendes Angebot ist, besteht darin, dass Gott sich selbst offenbart. Er lässt uns nicht raten, er sagt nicht: „Strengt euch mal an, und wer sich genug anstrengt, wird schon irgendwie auf den Trichter kommen und eine Lösung finden.“ Sondern es gibt keine Lösung ohne Offenbarung.
Wenn Gott existiert und sich offenbart, gibt es eine Chance – und zwar auf unserem Niveau offenbart – dass wir ihn erkennen. Wenn es ihn nicht gibt, ist klar, dass wir ihn nicht kennen können. Wenn es ihn gibt und er sich nicht offenbart, können wir nichts Verbindliches über ihn sagen. Wir können ahnen, dass es ihn geben könnte aufgrund der Schöpfung, aber wir wissen nichts Verbindliches über Gott.
Die Selbstoffenbarung Gottes in der Geschichte Israels
Wie offenbart sich Gott? Die ganze Bibel ist das Dokument der Offenbarung Gottes. Er spricht zu den Menschen, zu Abraham, Isaak und Jakob. Deshalb heißt er in der Bibel der Gott Abrahams, Isaaks und Jakobs. Er ist ein Gott, der sich zu erkennen gibt, indem er sich mit Menschen verbindet.
Ein bedeutender Durchbruch der Selbstoffenbarung Gottes, ein wesentlicher Meilenstein in der Geschichte der Welt und der Gottesgeschichte mit der Welt, ist die Begegnung mit Mose in der Wüste. Dort erscheint der brennende Dornbusch. In der Wüste kommt es oft vor, dass Dornen durch die Hitze selbstentzündet werden. Normalerweise flackert das Feuer auf und erlischt schnell wieder. Doch das Besondere an diesem Dornbusch ist, dass er brennt und brennt, ohne zu erlöschen.
Mose geht darauf zu und hört eine Stimme, die ihn ruft: „Mose, Mose!“ Er antwortet: „Hier bin ich.“ Gott spricht weiter: „Tritt nicht herzu, zieh deine Schuhe von deinen Füßen, denn der Ort, auf dem du stehst, ist heiliges Land.“ Dann sagt Gott: „Ich bin der Gott deines Vaters, der Gott Abrahams, der Gott Isaaks und der Gott Jakobs.“ Mose verhüllte sein Angesicht, denn er fürchtete sich, Gott anzuschauen.
Mose fragte Gott, wie er zu den Israeliten gesandt werden solle. Wenn sie ihn fragen, wer Gott sei und wie sein Name lautet, was solle er ihnen sagen? Gott antwortete: „Ich werde sein, der ich sein werde.“ Das ist der Name Gottes: Yahweh.
Die Bedeutung der heiligen Gegenwart Gottes und persönliche Begegnungen
Ich habe einen Freund, Dr. John David, ein Inder, der eine fantastische Arbeit in Südindien aufgebaut hat. Er begann mit der Hilfe für Leprakranke und hat Tausenden von ihnen Unterstützung gebracht. Es ist eine erstaunliche Erfahrung.
Gefangen im Karma-Denken der indischen Religionen waren die Leprakranken oft nicht bereit, Medizin anzunehmen. Sie hatten gelernt, dass jeder Mensch das erlebt, was er verdient hat. Es gibt gutes und böses Karma, und man muss dieses ausleben. Wenn jemand an einer so schrecklichen Krankheit wie Lepra leidet, dann hat er das irgendwo in einer früheren Existenz oder in seinem Leben verdient. Deshalb muss er es auch durchleben. Man kann dieses Schicksal nur vielleicht in einer anderen Existenz überwinden. In diesem Leben muss man das, was man verdient hat, erfahren.
Gefangen in diesem Karma-Denken waren die Kranken nicht bereit, Medizin anzunehmen, obwohl Aussatz heute heilbar ist. Es war Dr. John David, der diese faszinierende Erfahrung machte: Im Staat Andhra Pradesh in Indien gab es 40 Leprakranke, die erst dann bereit waren, sich berühren zu lassen, wenn sie vom Evangelium von Jesus hörten. Sie spürten: „Ich bin nicht gefangen in einem anonymen Karma-Schicksalsgesetz, sondern Gott ist mir in Jesus so nah gekommen. Ich bin ihm wertvoll und wichtig. Ich bin ein unverwechselbares, einzelnes Wesen, das Gott kennt und das er liebt.“ Er hat sich geopfert, um ihnen zu zeigen, wie sehr er sie liebt.
Erst wenn sie das annehmen konnten und ihre eigene Würde vor dem Schöpfer, dem lebendigen Gott, begriffen, wurden sie frei. Dann waren sie auch bereit, Medikamente anzunehmen und Heilung sowie Rehabilitation zu erfahren. Es ist ein Wunder, zu sehen, wie im Tal der Liebe in diesen Lepradörfern heute das Leben blüht und sich entwickelt.
So hat Dr. John David begonnen, mit prostituierten Kindern zu arbeiten. Jetzt ist er dabei, mit Kindern zu arbeiten, die in Steinbrüchen Sklavenarbeit leisten. Er holt sie aus diesen Teufelskreisen heraus und gibt ihnen ein Leben mit Würde. Ein wunderbarer Mann.
Immer wenn er bei uns war und etwas sagte, bat ich ihn, uns ein Wort Gottes zu sagen. Dann ging er zum Pult, zog seine Schuhe aus und stand neben seinen Schuhen auf Socken. Man dachte: „Das sind aber komische indische Sitten.“ Doch das sind gar keine indischen Sitten. Er zog die Schuhe aus, weil der Boden, auf dem er stand, heiliges Land ist. Gott ist gegenwärtig.
Bei Mose zeigte sich das so: Der Schuh ist im Orient ein Symbol der rechtlichen Besitzergreifung. Wenn man ein Land einnimmt, wirft man den Schuh darauf oder betritt das Land mit dem Schuh. Es ist eine sehr symbolträchtige und juristisch verbindliche Geste.
Die Schuhe auszuziehen bedeutet: Der Boden gehört Gott, und ich gehöre ihm. Hier habe ich keinen Besitzanspruch. Ich erzähle das nicht, um Folklore zu erläutern – das ist zwar auch interessant –, sondern um zu sagen, was wir heute Morgen hier tun, wenn wir über Gott reden. Es ist nicht so, dass ich Ihnen eine Theorie erkläre, wie man eine Theorie über grüne Männchen vom Mars erklären könnte. Wir reden über Gott und tun das im Bewusstsein seiner heiligen Gegenwart.
Wir tun das, indem wir sozusagen die Schuhe ausziehen. Denn der Boden, den wir heute Morgen betreten, ist heiliges Land.
Die Einladung zur Begegnung mit dem verborgenen Gott
Es ist eine große Chance. Sie mögen vielleicht sagen, für mich ist das alles noch gar nicht ausgestanden, ob Gott wirklich so da ist, wie Sie es sagen und wie er hier bezeugt wird. Für mich ist das eher ein Zweifel.
Ich sage: Das ist unser gemeinsamer Grund, das ist unsere gemeinsame Chance heute Morgen. Ich rede nur über Gott, in der Gewissheit, dass er selbst da ist.
Es ist die trostloseste Unternehmung, die man sich vorstellen kann, über Gott zu reden, wenn Gott schweigt. Über Gott zu reden, wenn Gott abwesend ist. Es ist das Trostloseste, was es gibt, einem Menschen Gott nahebringen zu wollen, und Gott ist nicht da, damit er völlig klar sehen kann.
Ich glaube nicht, dass meine Argumente Ihnen den Glauben an Gott ermöglichen können. Sie können nur Gott glauben, wenn er Sie anrührt, wenn Sie ihm begegnen. Das ist unsere gemeinsame Chance, meine und Ihre Chance, dass er sich unser erbarmt heute. Dass er das, was ich sage, in seiner gnädigen Barmherzigkeit gebraucht, um Ihnen etwas von seiner Wirklichkeit zu verdeutlichen.
Wenn er das nicht tut, ist alles umsonst. Und wenn Sie sich in Ihrer Frage, in Ihren Zweifeln und Ihrer Sehnsucht nach Gott ausstrecken, dann ist Ihre Chance, dass Gott schon längst da ist und Sie anrührt.
Vielleicht ist das, was ich heute Morgen noch sagen kann, eine Wegbereitung, ein besseres Verstehen, eine etwas bessere Vorbereitung für diese Begegnung. Aber auf diese Begegnung setzen wir heute Morgen: dass der verborgene Gott da ist und uns anrührt.
Gott als Beziehungspartner und sein Handeln in der Geschichte
So wie bei Mose offenbart sich Gott als ein Gott, der in Beziehung steht. Es ist bemerkenswert, wie die Worte formuliert sind: Wir sagen oft, Gott sei absolut. Doch das stimmt so nicht. Absolut bedeutet losgelöst. Gott aber ist kein Gott, der losgelöst sein will. Gott ist ein Gott, der in Beziehung sein will, in Relation stehen möchte, der relativ sein will – das heißt, in Beziehung sein.
So beginnt auch das erste Gebot: „Ich bin Yahweh, dein Gott!“ Er sagt dem Volk Gottes zu, das er erwählt hat – in Abraham, Isaak und Jakob, in Mose, der es aus der Knechtschaft geführt hat: „Ich bin dein Gott!“ Er ist der Gott, den du ansprechen darfst. Deshalb offenbart er sich, gibt seinen Namen preis, so wie man einem anderen seinen Namen, Adresse und Telefonnummer gibt. Das ist eine Aufforderung: Ruf mich an! Du darfst es, ich möchte mit dir in Beziehung sein.
Diese Beziehung ist nicht abstrakt, sondern geschichtlich in dieser Welt verwurzelt – in den Tischen und Bänken, den Tränen und dem Lachen. Deshalb sagt er: „Ich bin Yahweh, dein Gott, der dich aus Ägypten, aus der Knechtschaft, geführt hat.“ Er gibt sich zu erkennen, nicht indem er aus dem Jenseits ruft und sagt: „Hallo, hier bin ich, es gibt mich wirklich“, sondern indem er in die Geschichte eingreift.
Er rettet das Volk Israel aus der Tyrannei in Ägypten. In jener Nacht, in der die Erstgeburten in Ägypten geschlagen werden als Gericht über die Gottlosigkeit, wird Israel verschont. Dies geschieht unter dem Zeichen des Blutes des Pessach-Lammes an den Türen der Israeliten. Dann führt Gott sein Volk durch ein Wunder und seine Kraft aus Ägypten heraus, durch das Meer in die Freiheit, durch die Wüste ins verheißene Land.
Darin gibt sich Gott zu erkennen. Er redet nicht nur durch Propheten und sagt, dass er ist und was er will, sondern er handelt in der Geschichte, rettet sein Volk und führt es durch die Wüste zu seinen Zielen. So offenbart sich Gott.
Die Sehnsucht nach Sichtbarkeit und die Versuchung der Götzenbilder
Es bleibt aber dabei: Obwohl sich Gott so zu erkennen gibt, bleibt er der unsichtbare Gott, und darin liegt die Schwierigkeit.
In der ganzen Geschichte Israels – die gesamte Bibel ist eine einzige, ununterbrochene Kette von Versuchen des Volkes Israel – versucht es irgendwie, mit der unbefriedigenden Situation zurechtzukommen. Es hat nur das Wort Gottes und die Erfahrung, dass er in der Geschichte handelt und immer wieder durch sein Wort redet, durch Propheten, aber auch durch die Schriften. Doch das reicht dem Volk nicht.
Es besteht eine tiefe Sehnsucht, etwas Sichtbares zu haben. Kaum haben sie den Bund am Sinai mit Gott geschlossen und seine Wegweisung erhalten, da sind sie schon dabei, ihre eigene Lösung zu finden. Sie sagen zu Aaron, als Mose auf dem Sinai ist und lange wegbleibt – 40 Tage –, und sie nicht wissen, was aus ihm geworden ist oder wo er überhaupt ist. Ein Gott, den man nicht sehen kann, ist für das praktische Leben nichts.
Sie wollen Yahweh nicht aufgeben. Sie wollen denselben Gott, nicht irgendeinem anderen Götzen folgen. Sie sagen: „Wir wollen Yahweh ein Fest feiern!“ Sie wollen Yahweh feiern, der sich geoffenbart hat und sie befreit hat. Deshalb fordern sie: „Mach uns ein Stierbild!“ Dann opfern sie. Jede Religion kennt Opfer, und sie sparen nicht – der ganze Goldschmuck wird eingeschmolzen und zu einem Stierbild verarbeitet, dem goldenen Kalb.
Die Vorstellung war nicht, dass sie sagen: „Das ist jetzt unser Gott, und den beten wir an.“ So bescheuert waren sie auch nicht. Vielmehr war die Vorstellung, dass das Stierbild sozusagen das Podest oder der Schemel ist, auf dem sie sich den unsichtbar gegenwärtigen Yahweh, den geoffenbarten Gott, vorstellen.
Aber warum das Stierbild? Es ist immer der Versuch des Menschen, sich Gott so vorzustellen, wie er ihm nahe ist. Das Stierbild ist das Symbol der Fruchtbarkeit. So kann man sich Gott als die lebensschaffende Kraft der Fruchtbarkeit vorstellen. Nun wird ein Gottesdienst gefeiert, mit allem Zubehör, das dazu passt – mit Sex und Saufen, weil das Vitalität symbolisiert.
Der Gottesdienst erhält genau die Erkennungszeichen, die zu diesem Gottesbild passen. Die Geschichte endet dann schrecklich im Gericht Gottes, aber es geht weiter.
Sie kommen ins Land, und dort begegnen sie Ba'al. Ba'al heißt eigentlich nur „Herr“ und ist ebenfalls ein Fruchtbarkeitsgott. Oder die Aschera, eine Fruchtbarkeitsgöttin. Die Vorstellung von Lebenskraft, Geschlechtskraft, Triebkraft – das ist die Lebensdynamik. Irgendwie stellt man sich Gott so vor, wie das neue Leben daraus wird, und entsprechend wird Religion gestaltet.
Die Vergötzung Gottes ist die permanente Versuchung des Volkes Israel in seiner Geschichte. Es ist eine dauernde Auseinandersetzung damit – und bis heute hat sich daran nichts geändert.
Die Diskrepanz zwischen biblischer Offenbarung und heutigen Gottesvorstellungen
Im Christentum haben die Vorstellungen von Gott oft kaum etwas mit der Bibel zu tun. Wenn man in Deutschland fragt, wer Gott ist, dann glauben viele Menschen irgendwie an Gott und haben eine Vorstellung von ihm. Doch diese Gottesbilder spiegeln meist nicht wider, wie Gott sich selbst offenbart hat. Vielmehr zeigen sie, wie wir uns Gott zusammenreimen, wie es Siegmund Freud formuliert hat.
Wir suchen nach Bestätigung. Religion soll uns bestätigen, Gottesbilder sollen uns stärken. Wir alle haben Schwächen und Defizite und brauchen Krücken, die uns stützen. Deshalb stellen wir uns Gott so vor, dass er uns bestätigt. Wir wollen nicht kritisiert werden. Wir wollen keinen Gott, der uns widerspricht, sondern einen Gott, der uns hilft und segnet. Wir machen Politik, und er soll seinen Segen dazugeben. Er soll die Stütze in unserem Leben sein.
Deshalb haben wir Gottesvorstellungen, die uns in den Kram passen. Ein Baal oder ein goldenes Kalb stört uns beim Ehebruch nicht, denn sie sind Götter der Triebe. Dieser Gott hat ein tiefes Verständnis dafür, dass ein Mensch seine Leidenschaften auslebt. Deshalb entsteht kein Konflikt, wenn ich im Geschäftsleben unsaubere Dinge tue, um mich zu bereichern. Der Gott des Lebenstriebs und der Fruchtbarkeit ist auch der Gott der Bereicherung. Dass es mir besser geht und ich mehr habe, liegt ganz im Wesen dieser selbstgemachten Gottheit. Deshalb dienen wir ihm gern, weil er unser Verhalten bestätigt.
Der Gott der Bibel dagegen, den wir nicht sehen, der uns sein Wort gibt und in die Geschichte eingreift, der sich in unsere Alltagsverhältnisse einmischt – so dass es auch wehtut –, passt uns nicht in den Kram. Diesen Gott blendet man aus. Gott offenbart sich in der Geschichte, und das macht ihn so missverständlich. Aber es ist die einzige Chance, ihn zu erkennen. Denken Sie an Arnos Ameisengeschichte: Ich kann Gott nicht erkennen, ich bin nicht Gott. Ich kann nur Gedanken steigen lassen. Und obwohl ich es Gott zuschreibe, lande ich immer nur bei mir selbst.
Nun muss man sich entscheiden. Es passt uns nicht, denn es gibt starke Triebe in uns, die sagen: So möchte ich mir Gott vorstellen. Zum Beispiel gehört zu den Gottesvorstellungen nicht nur, dass man sich Bilder von Gott macht und Modelle entwickelt. Eine der stärksten Gottesvorstellungen und Projektionen ist der Atheismus.
Das kann ich am besten noch verstehen. Denn so, wie wir leben, haben wir ein großes Interesse daran, dass es Gott nicht gibt. Wenn es ihn wirklich gäbe, dann stört das unsere Kreise. Denn wenn es Gott gibt, unabhängig von meinem Denken, dann wird das mein Leben betreffen und verändern. Da ich aber nicht will, dass sich irgendetwas verändert, habe ich ein großes Interesse daran, dass es Gott nicht gibt.
Der Atheismus ist ein sehr starker Glaube, der mit großer Entschiedenheit vertreten wird: Gott gibt es nicht. Darauf muss man leben und sterben. Es ist eine Projektion des Menschen, dass er das Nichts seiner Seele in den Himmel projiziert und dort nichts findet. Auch das ist ein Wunschdenken.
Die Suche nach Gewissheit über Gott und die Rolle Jesu Christi
Jetzt fragen Sie sich vielleicht: Wie kann ich Gott erkennen? Ich bitte Sie, diese Frage wirklich zu stellen, denn sich mit einem unklaren Gemurmel abzufinden, das zwar bequem, aber nicht hilfreich ist, ist auf Dauer anstrengend. Es erfordert, konsequenter zu denken.
Es liegt nahe, sich treiben zu lassen und zu sagen: Jeder Tag bringt so viel Mühe und Freude, dass man abends müde genug ist, um einzuschlafen und sich den Luxus zusätzlicher grundsätzlicher Gedanken nicht mehr leistet. Doch man muss sich wacher halten. Das ist die Chance einer solchen Woche: Raum zu schaffen, um sich selbst und manchen Fragen gründlicher zu nähern. Dazu möchte ich Ihnen gratulieren.
Deshalb möchte ich versuchen, Sie mitzunehmen: Wie kann ich Gott wirklich erkennen? Bisher habe ich beschrieben, wie die Bibel sagt, dass Gott sich zu erkennen gibt und warum er uns selbstgemachte Bilder von ihm verbietet. Er sagt sozusagen: Komm, täusche dich nicht selbst, du brauchst das nicht mehr. Es gibt Gottes Selbstoffenbarung, du darfst wissen, wer er ist. Deshalb brauchst du keine eigene Produktion von Bildern mehr zur Selbsttäuschung.
Doch das ist erst einmal nur die These. Jetzt möchte ich wissen: Kann ich das für mein Leben wirklich erkennen? Das ist der nächste Teil, den ich anpacken will.
Das, was Gott in Israel getan hat – sich konkret in der Geschichte dem Volk Israel zu erkennen gegeben hat –, hat durch das Volk Israel eine globale Ausweitung erfahren. Das geschah in dem Moment, als die Schlüsselperson des Volkes Israels, der Messias Israels, Gottes Schlüsselperson, Jesus, kam. In ihm können alle Völker Gott erkennen.
Nun fragen Sie vielleicht: Hat Jesus das wirklich so behauptet? Es gibt Leute, die sagen, das sei ihm nur angedichtet worden. Er wollte Kranken helfen und Verhältnisse verbessern, aber der Anspruch, Gottes Sohn zu sein und Gott selbst, sei eine spätere christliche Zuschreibung.
Nur zu Ihrer Information: Das können Sie selbst im Neuen Testament nachlesen. Nehmen Sie sich ein paar Stunden Zeit und forschen Sie nach, wie Jesus von sich selbst gesprochen hat. Ich bin immer wieder erstaunt, dass selbst gestandene Christen, die die Bibel einigermaßen kennen, damit kaum vertraut sind.
Wir können ja mal testen, wie das bei Ihnen gerade ist. Es gibt mehrere Ausdrücke, um zu beschreiben, wer Jesus ist. Er wird der Messias genannt, also der Gesalbte. Christus bedeutet auf Griechisch ebenfalls „der Gesalbte Gottes“, also Gotteskönig, die Schlüsselperson. Dann gibt es den Ausdruck „Sohn Gottes“. Das bedeutet, dass er ganz und gar der Gehorsame ist, der in einzigartiger Verbindung mit dem ewigen Vater steht.
Ein weiterer Ausdruck, den die wenigsten richtig verstehen, ist „Menschensohn“. Viele verstehen das im Neuen Testament als eine umständliche Umschreibung dafür, dass Jesus Mensch war – also die menschliche Seite im Gegensatz zu seiner göttlichen Hoheit als Sohn Gottes. Das ist jedoch völlig falsch. Sie müssen das vergessen.
Denn jeder Jude hat das verstanden, weil sie ihre Bibel kannten. Sie wussten, dass in den Propheten, beim Propheten Daniel, Kapitel 7, Verse 13 und 14, in einer Vision steht: Daniel sieht eine Vision des Weltgerichts, wie Gott, der ewige Gott, die Völker ruft und richtet. Dann heißt es, er sah „einen wie einen Menschensohn“, der mit den Wolken kommt, und Gott übergibt ihm die Weltregierung und das Weltgericht.
Der Generalbevollmächtigte Gottes, der Weltrichter und Weltherr, ist der Menschensohn, der mit den Wolken des Himmels kommt. Die Wolken des Himmels sind in der Bibel eine bildliche Ausdrucksweise für die Nahtstelle zwischen der unsichtbaren Wirklichkeit Gottes und der raumzeitlichen sichtbaren Welt, in der wir leben. Diese Wolke taucht dort immer wieder auf. Es ist eine geheimnisvolle Beschreibung für diese Nahtstelle.
Der Menschensohn, der Weltrichter, kommt am Ende der Zeit zum Gericht. Er kommt mit den Wolken des Himmels und wird die Menschheit richten.
Im Neuen Testament gibt es etwa siebzig Stellen, an denen der Ausdruck „Menschensohn“ vorkommt. Die allermeisten davon sind Worte, in denen Jesus von sich selbst spricht. Wenn er seinen Anspruch und Auftrag beschreibt, redet er von sich als dem Menschensohn.
Er heilt zum Beispiel einen Gelähmten und vergibt ihm zuvor die Sünden. Die Leute ärgern sich darüber, und Jesus sagt: Damit ihr wisst, dass der Menschensohn als Weltrichter und Weltherr Macht hat, Sünden auf der Erde zu vergeben, spricht er: „Sei geheilt!“ Die Kritiker sagen, nur Gott könne Sünden vergeben – was maßt er sich da an? Jesus antwortet: Hier ist Gott der Weltrichter und Weltherr in Person.
Oder als Petrus bekennt, dass Jesus der Messias ist, sagt Jesus: „Das hat nicht Fleisch und Blut offenbart, sondern mein Vater im Himmel.“ Dann fährt er fort: Der Menschensohn wird in die Hände der Menschen ausgeliefert, leiden, sterben und auferstehen.
Der Menschensohn, der Weltrichter, ist nicht gekommen, um sich dienen zu lassen, sondern um zu dienen und sein Leben als Lösegeld für viele zu geben.
Die Pointe ist immer: Wer ist er? Er ist der Weltrichter und Weltherr, der Menschensohn.
Er sagt außerdem, dass er am Ende der Zeit als Menschensohn mit den Wolken des Himmels kommen und die Völker richten wird (vgl. Matthäus 24 und 25).
Ich kann das hier nicht im Einzelnen auflisten, aber ich wollte nur sagen: Wie Jesus sich selbst verstand, wird im Neuen Testament eindeutig beantwortet. Jesus tritt mit dem Anspruch auf, der Menschensohn zu sein, in dem Gott den Generalbevollmächtigten, den Weltrichter und Weltherr, anvertraut hat, an dem sich die gesamte Geschichte entscheiden wird. Er ist mit der ganzen Vollmacht ausgestattet.
Davon hängt auch ab, warum das Kreuz so bedeutungsvoll ist. Die Römer haben Tausende gekreuzigt, und das war eine bekannte Hinrichtungsart der Römer. Für Nicht-Römer war sie ausschließlich dazu da, sie zu schänden. Viele sind viel qualvoller am Kreuz gestorben als Jesus.
Nicht das Wie des Sterbens macht die Bedeutung des Kreuzestodes aus, sondern einzig die Frage: Wer ist der, der da stirbt? Es ist der Weltherr und Weltrichter selbst, der an die Stelle geht, an die ich gehöre. Er trägt das Gericht. Nur er kann das tun, kein anderer. Niemand sonst kann das tun, auch wenn er es wollte. Er geht an diese Stelle.
Hier ist Gott selbst zu erkennen: Im Gekreuzigten sehe ich die Heiligkeit Gottes, sein radikales Nein zum Unrecht. Und an derselben Stelle sehe ich die leidenschaftliche Liebe Gottes, die uns nicht aufgeben will. Sie geht so weit, dass er die gesamte Herrlichkeit des Weltherrn und Weltrichters in den Dreck, in Blut, in Sterben, in die Gottestrennung gibt, damit ich mit ihm versöhnt werden kann.
Damit ich frei bin, weil ich das Urteil trage, das über meinem Leben steht. Das ist nur möglich, weil er der Weltherr, der Menschensohn, der Weltherr und Weltrichter ist.
Die Bedeutung der Auferstehung und die Gewissheit des Glaubens
Ja, ist das so? Wenn jemand sagt, es sei eine Behauptung, nur weil etwas da steht, heißt das noch lange nicht, dass es auch tatsächlich so ist. Ob etwas wahr ist, hängt nicht davon ab, wie ich es deute oder erkläre, ob Sie dem zustimmen oder ob Paulus, Johannes oder irgendwelche Theologen es so meinen. Dass es so ist, wird entschieden – anderthalb Tage danach, am dritten Tag nach israelitischer Zählung.
Als Gott den Gekreuzigten auferweckt, sagt er damit: Das ist die Schlüsselfigur. Gott setzt sozusagen den Stempel der Gültigkeit über das Reden, Leben, Leiden und Sterben des Jesus von Nazareth. Er erklärt ihn zum Weltrichter und Weltherrn. Jesus ist die Lösung. Er tritt an die Stelle des Diabols, des Gegners. Deshalb ist er das Sühneopfer und die Stellvertretung in Person. Er schafft das Leben, die Gerechtigkeit und den Frieden mit Gott. In ihm erkennen wir Gott.
Deshalb ist es ein bisschen putzig, die Frage zu stellen, ob es nicht reicht, einfach an Gott zu glauben. Warum müssen wir das mit Jesus nennen? Das spaltet doch, wenn wir alle an Gott glauben, wäre das doch viel einiger. Können wir nicht alle Religionen, die auch an Gott glauben, im monotheistischen Wesen zusammenfassen? Das ist putzig. Wie wollen Sie denn an Gott glauben?
Gott, G-O-T-T, das ist ein Wort, ein Begriff, ein Behälter, den jeder mit seinen eigenen Vorstellungen füllt. Wir wissen nichts von Gott, es sei denn, er offenbart sich uns. Wir sind total angewiesen darauf. Ich kann nur so viel über Gott sagen, wie er sich handelnd und redend in dieser Welt gezeigt hat. Wo er sich nicht gezeigt hat, wo er sich nicht zu erkennen gegeben hat, da muss ich schweigen. Auf tausend Fragen gibt es keine Antworten, da weiß ich nichts.
Es bleiben große Reste unklar. Auch nachdem Gott sich offenbart hat. Paulus erklärt das im Römerbrief, wie Gott sich in Christus offenbart hat, wie er uns mit Gott verbindet. Aber zum Schluss im Römerbrief, Kapitel 11, nachdem er noch die Geschichte Israels abgehandelt und Gottes Pläne damit erklärt hat, sagt er:
„Und welche Tiefe des Reichtums, der Weisheit und der Erkenntnis Gottes! Wie unbegreiflich sind seine Gerichte und unerforschlich seine Wege! Wer hat seinen Sinn erkannt? Oder wer war sein Ratgeber? Wer hat ihm etwas vorgegeben, so dass Gott ihm vergelten müsste?“
Wie unbegreiflich sind seine Gerichte und wie unerforschlich seine Wege! Es bleibt Teilwissen. Wir dürfen ihn in Jesus kennen, aber das heißt nicht, dass wir alles über Gott wissen. Wir werden ihn sehen, wie er ist, wenn wir verwandelt werden in die neue Welt Gottes, so sagt die Heilige Schrift.
Jetzt ist unser Erkennen Stückwerk. Große Bereiche bleiben verborgen. Aber Gott hat sein Herz gezeigt. Er hat uns alles von sich selbst erkennen gegeben, was wir brauchen, um zu leben, zurechtzukommen und dieses Leben zu bewältigen. So zeigt sich Gott in Jesus.
Der Weg zur Gewissheit über Gott: Erkenntnis und Anerkenntnis
Aber wie kann ich mir darüber Gewissheit verschaffen? Ein großer Theologe hat einmal gesagt: Erkenntnis und Anerkenntnis seiner Herrschaft gegenüber Gott sind ein und derselbe Akt. Diesen Satz möchte ich Ihnen erklären, weil er wichtig ist.
Wie kann ich also Gewissheit über Gott erlangen? Es gilt hier, der allgemeinen Regel zu folgen, dass das Objekt, das ich erkennen will, die Methode bestimmt. Wenn ich Tiefseefische erforschen will, muss ich irgendwie ins Wasser hinabsteigen. Wenn ich den Mond erforschen will, muss ich zum Mond reisen oder zumindest hinschauen. Wenn ich Mikroben erforschen will, brauche ich ein Mikroskop. Will ich Elefanten erforschen, muss ich dorthin, wo Elefanten leben.
Das heißt, es ist eine Selbstverständlichkeit, dass ich mich nach dem Objekt richten muss. Wenn ich Elefanten mit einem Mikroskop erforschen will, kann ich mich später nicht darüber beschweren, dass ich wenig über Elefanten erfahre. Nicht, weil es keine Elefanten gibt, sondern weil ich das falsche Instrument, die falsche Methode gewählt habe. Das ist im Grunde ein Witz.
Nur bei Gott tun wir oft so, als müsste man Erkenntnis über ihn gewinnen, als wäre er eine weiße Maus, die man sezieren könnte. Es gibt Erkenntnisse, die man aus der Distanz gewinnen kann. Man kann auch für mich forschen, ich kann danebenstehen und beobachten, wie jemand die weiße Maus seziert und untersucht, was drin ist. Das muss ich nicht selbst tun. Die Erkenntnisse kann jemand erarbeiten, und ich kann sie als Zuschauer gewinnen.
Aber wenn Sie zum Beispiel wissen wollen, ob Ihr Partner Sie liebt, können Sie niemand anderen beauftragen, das für Sie herauszufinden. Natürlich kann jemand mit dem Partner sprechen und fragen: "Liebst du sie?" Dann könnte er sagen: "Ja, er liebt sie sehr." Aber weiß ich denn, ob ich ihm glauben kann? Das heißt, in der Erfahrung und Erkenntnis von Liebe und in persönlichen Beziehungen sind wir nicht vertretbar. Das kann uns niemand abnehmen.
Die Erkenntnisprozesse müssen wir selbst durchlaufen. Natürlich kann man das mit dem Verstand prüfen, es gibt gute Argumente. Aber letztlich gibt es nichts anderes, als dass man sich investiert, Vertrauen wagt, sich öffnet. So oder so hat man danach Gewissheit. Ohne das Vertrauen zu wagen, bekommt man keine Gewissheit, keine Erkenntnis.
Der ganz normale Prozess ist immer folgender: Ich habe Informationen, die ich kritisch mit dem Verstand prüfe, um zu beurteilen, ob sie wahrscheinlich sind oder nicht. Dann treffe ich eine Entscheidung, ob ich mich darauf einlassen will, ob ich das Experiment der Anwendung wagen will oder nicht. Das muss ich nicht tun. Wenn ich sage, ich mache das nicht, dann werde ich in meiner Erkenntnis nicht weiterkommen als bisher.
Will ich weiterkommen, egal ob meine bisherigen Vorstellungen falsch oder richtig waren, muss ich ein Experiment machen. Das heißt, ich muss die Beziehung riskieren. Dann erfahre ich, was dran ist oder nicht.
So läuft es. „Wir haben geglaubt und erkannt“, sagt Petrus, „dass du der heilige Gott bist.“ Wir haben von dir gehört, dich gehört. Dann haben wir uns entschieden: Wir wollen unser Leben von dir bestimmen lassen. Wir sind mit dir gegangen, du hast zu uns gesprochen, unseren Tagesplan bestimmt, unser Leben gelenkt. Wir haben dir vertraut und deinem Wort gefolgt. So haben wir erkannt, dass du die Schlüssel-Figur Gottes bist.
Das ist ein ganz normaler Prozess wie überall im Leben bei entsprechenden Objekten. Nur Gott ist eben der Herr. Wenn er Gott ist, ist er der Schöpfer und Herr. Er ist kein Gegenstand, keine chemische Substanz, die ich analysiere. Er ist nicht ein Stück Holz, das ich untersuche.
Bei Menschen wissen wir schon, dass wir Erkenntnis nur gewinnen können, wenn wir ihnen als Du begegnen und Vertrauen wagen. Sonst können wir nicht wissen, ob sie vertrauenswürdig sind oder uns lieben. Das wissen wir bei Menschen. Deshalb behandeln wir einen Menschen, wenn wir wirklich zu Erkenntnis und Gewissheit kommen wollen, nicht wie ein Stück Holz.
Manchmal behandeln wir Menschen wie ein Stück Holz – und dann zerstören wir die Beziehung. Wenn Beziehungen gelingen sollen, müssen wir uns als Du begegnen, mit Vertrauen, Wagnis und Liebe. So können wir Erfahrungen und Erkenntnisse miteinander teilen.
Wir wissen also, wie wir in dieser Welt Sachwahrheiten und Personenwahrheiten unterscheiden. Jetzt aber behandeln wir Gott oft wie ein Stück Holz, wenn es um ihn geht. Ich meine, egal, was man vom Glauben hält – das ist nicht logisch.
Wer immer Gott ist, wenn er Gott ist, dann ist er ein Du, der Herr, der Schöpfer der Welt. Nur wenn ich ihm angemessen begegne, habe ich eine Chance, ihn zu erkennen. Jesus hat gesagt: „Wer den Willen dessen tun will, der mich gesandt hat, der wird begreifen, ob ich von Gott bin oder von mir selbst rede.“ Das ist genau diese Methode.
Ich höre das, und indem ich mich seinem Willen aussetze und seinen Willen tun will, begreife und erkenne ich, ob er von Gott ist oder ob es nur selbst erfundener Unsinn ist. Ich erkläre Ihnen das, um Ihnen den Weg etwas freizumachen.
Das ersetzt für Sie nicht die Gewissheit. Ich habe jetzt nichts anderes getan, als Ihnen auf einer Landkarte mit dem Finger die Route von Schwäbisch Gmünd nach Stuttgart gezeigt. So könnte man fahren, um zum Ziel zu kommen. Dadurch, dass ich mit dem Finger über die Karte gegangen bin und Ihnen das erklärt habe, sind Sie aber nicht in Stuttgart.
Das heißt, was ich tun kann, ist zu erklären, wie Jesus den Weg zur Gewissheit beschreibt. Und jetzt kann ich Sie einladen, den Weg zu gehen. Wo auch immer das praktisch wird, wo auch immer Sie anfangen wollen: Vielleicht wissen Sie genau, dass es in Ihrem Leben einen Bereich gibt – vielleicht die Finanzen, vielleicht Partnerschaften – wo Sie Ihr Leben vor Gott in Klarheit bringen müssen.
Es kommt darauf an: Will ich Gottes Weg vertrauen oder meinen eigenen Vorstellungen?
Die Herausforderung der Lebensentscheidungen und die Einladung zur Umkehr
Vor einigen Tagen, an einem ähnlichen Abend, stand meine Frau vor mir. Sie blickte mir in die Augen und stellte mir mehrere Fragen. Ich bemerkte, wie sie sich langsam an ein wichtiges Thema herantastete. Dann sagte sie: „Sagen Sie mal, ich wollte eigentlich Christus folgen.“
Anschließend fragte sie: „Kann ich mit einem Mann zusammenleben, mit dem ich nicht verheiratet bin?“ Es handelte sich um eine ältere Dame. Ich fragte zurück: „Warum wollen Sie denn ohne Trauschein zusammenleben?“ Sie antwortete: „Ja, wegen meiner Rente. Ich verliere doch meine Rente, wenn ich nicht zusammenlebe, und es wird nicht reichen.“
Schon lange vor den jungen Leuten, die auf die Idee kamen, unverheiratet zusammenzuleben, hatten ältere Menschen dieses Problem. Sie wusste genau, dass das ein kritischer Punkt war. Ich musste ihr antworten: „Bei allem Verständnis für Ihre wirtschaftliche Lage – Sie werden entscheiden müssen, ob Ihnen Ihr Geld oder Gott, die oberste Instanz, wichtiger ist.“
Aus Gottes Sicht kann ich Ihnen kein gutes Gewissen machen. Es ist ganz eindeutig, dass Gottes Wort diese Lebensweise nicht gutheißt. Ihr war klar, dass Gott zu erkennen und anzuerkennen bedeutet, ihn als Herrn zu akzeptieren. Man kann nichts über ihn wirklich wissen, wenn man die grundlegenden Fragen des Lebens ausklammert.
Vertrauen zeigt sich nicht darin, in wilder Ehe zu leben oder betrügerisch mit Finanzen umzugehen – und gleichzeitig umso inbrünstiger „Halleluja“ zu singen, in den Bibelkreis zu gehen oder sonst was zu machen. So bekommt man keine Gewissheit von Gott. Das ist zwar eine interessante Beschäftigung, die auch gefühlsmäßig etwas bieten kann, aber Gottes Gewissheit entsteht nur dadurch, dass ich ihm vertraue, sein Wort auf mein Leben anwende und so seiner Wirklichkeit begegne.
Es ist immer so, als begegnete man dem brennenden Dornbusch. Dann heißt es: „Zieh deine Schuhe aus, denn der Boden, auf dem du stehst, gehört Gott. Es ist heiliges Land.“ Er hat das Recht an deinem Leben. Willst du ihm das Eigentumsrecht an deinem Leben geben, wirst du erkennen, dass Gott Wirklichkeit ist.
Gott ist unsichtbar, und wir werden ihn erst in der neuen Welt sehen, wenn er uns verwandelt. Dann gibt es keinen Raum mehr für Zweifel, weil wir wirklich so sein werden wie er in seiner Wirklichkeit und ihn in ganzer Herrlichkeit erkennen. Solange wir in Raum und Zeit leben, bleibt Gott unsichtbar. Wir brauchen die Vergewisserung Gottes, indem er unser Leben berührt und wir ihm vertrauen – nicht nur am Anfang, sondern immer wieder.
Es beginnt mit einer ersten Gewissheit, einem Durchbruch, aber im Leben wird es immer wieder Phasen geben, in denen Distanz zwischen Gott und uns entsteht. Das kann durch unbereinigte Schuld oder Lebensweisen geschehen, die nicht mit Gottes Wort übereinstimmen. Dann spürt man, wie die Distanz wächst. Man denkt noch an Traditionen und eigene Bestimmungen, aber die Gewissheit Gottes schwindet.
Der Prophet Hosea sagt im Kapitel 4 seines Buches: „Es ist keine Gotteserkenntnis im Land.“ Wissen Sie, woran er das festmacht? An sozialer Ungerechtigkeit, Ehebruch, dem Brechen von Gottes Geboten und praktischer Ungerechtigkeit. Er sagt: „Sie kennen Gott nicht, weil sie so leben.“ Wer so lebt, kennt Gott nicht. Theoretisch besuchten sie Gottesdienste, waren rechtgläubig und hielten sich an Glaubensbekenntnisse – doch es gab keine echte Gotteserkenntnis im Land.
Gotteserkenntnis ist immer da, wo Menschen sich Christus anvertrauen und ihn als Herrn anerkennen. Ich möchte Ihnen Mut machen, einen Neuanfang zu wagen. Das Besondere an dieser Geschichte, an Gottes Geschichte, ist, dass Gott immer in der Vorhand bleibt. Er sagt: „Ich bin der Herr, dein Gott, Yahweh.“ Er bietet sich an, riskiert es, sich anzubieten, wird Mensch und sagt: „Lass dich mit Gott versöhnen.“
Es ist ein langer Weg, Gott besser kennenzulernen. Aber jeder lange Weg beginnt mit einem ersten Schritt. Dazu geben wir jetzt die Gelegenheit – wenn Sie es möchten oder neu möchten, nach einer Zeit der Entfremdung zu sagen: „Gott, ich möchte dich wirklich erkennen, deinen Willen anvertrauen.“ Das erkläre ich auch deutlich und öffentlich.
Dann kommen Sie während des Liedes nach vorne, stellen Sie sich zu mir hier auf die Bühne. Gemeinsam wollen wir nach dem Lied laut ein Anfangsgebet sprechen, das ich Satz für Satz vorspreche. Wir danken für die Liebe, mit der Gott sich uns zu erkennen gibt und uns sucht. Zugleich bekennen wir unsere Sünden, öffnen unser Leben und danken, dass wir zu ihm gehören dürfen. Er soll der Herr unseres Lebens sein.
Gut, dass wir in diesen Tagen so viel Zeit haben, gründlich darüber nachzudenken. Viele Gespräche sind bereits geführt worden. Es gibt keine Eile. Ich bin dafür, dass nichts gedrängt oder hektisch geschieht, sondern gründlich. Sie selbst werden entscheiden, wo noch Bedenkzeit nötig ist und wo das Aufschieben nur noch dazu führt, dass nichts mehr geklärt wird, sondern alles verhärtet.
Sie werden spüren, wo der Punkt ist. Im Namen von Jesus lade ich Sie herzlich ein: „Siehe, ich stehe vor der Tür“, sagt Jesus, „und klopfe an die Tür Ihres Lebens. Wer sie öffnet, dem will ich eingehen und mit ihm Gemeinschaft halten.“ In dieser Gemeinschaft erkennen wir Gott. Lassen Sie sich einladen.
Das Gebet als Ausdruck der Annahme und Verwandlung
Wir wollen jetzt das Gebetslied hören: "Jesus, zu dir darf ich so kommen, wie ich bin." Er nimmt uns an, wie wir sind – ohne Voraussetzungen. Jesus, bei dir muss ich nicht bleiben, wie ich bin. Er wird uns verwandeln in der Kraft seiner Liebe.
Das Lied steht heute nicht auf dem Liedblatt. Abends ist es immer auf dem Liedblatt zu finden. Hören Sie einfach dem Chor zu, lassen Sie sich mit hineinnehmen in das Gebet und spüren Sie die Einladung, die innerlich nahegebracht wird: dass sich etwas zum Besseren wenden kann.
Was dich besser macht vor dir selbst, das hast du längst am Kreuz getan. Und weil du mein Zögern siehst, stellst du mir deine Hände hin. So kann ich ganz zu dir kommen. Ich muss nichts vor dir verbergen, denn du kennst mich schon so lange.
Du siehst, was mich zu dir zieht und auch, was mich noch von dir trennt. Und soll ich je Licht und Schatten meines Lebens vor Menschen zeigen, willst du aus mir machen, wie es dir gefällt. Der Mensch, der von deiner Hand ist, ist voller Liebe für die Welt. Du hast schon sein Leid getragen.
Du hast schon lange Zeit für mich das Beste im Sinn. Darum muss ich nicht so bleiben, wie ich bin. Jesus spricht: Wer zu mir kommt, den werde ich nicht wegstoßen. Das gilt für mich.
Darum kommen wir jetzt zu ihm im Gebet. Ich will den Satz für Satz vorsprechen und bitte Sie, nach jedem Satz das Gesagte als Ihr persönliches Gebet zu beten:
Jesus, ich danke dir, dass du mich so sehr liebst.
Ich habe deine Einladung gehört und öffne dir mein Leben.
Ich bekenne dir meine Sünden und bitte dich um Vergebung.
Ich erkenne dir meine Sünden an und bitte dich um Vergebung!
Ich danke dir, dass du am Kreuz für mich gestorben bist und mir alle meine Sünden vergeben hast.
Mein ganzes Leben soll dir gehören. Du bist der Herr. Ich will lernen, deinen Willen zu tun.
Danke, dass du mich angenommen hast. Amen.
So spricht der Herr: Fürchte dich nicht, ich habe dich erlöst, ich habe dich bei deinem Namen gerufen, du bist mein. Amen. So ist es.
Ich wünsche Ihnen auf diesem Weg Gottes Segen. Es ist ein Anfang. Wir brauchen Hilfe. Gott sei Dank müssen wir unsere Wege nicht alleine gehen. Es gibt Wegbegleitung in Gottes Familie. Ich bitte Sie sehr: Nehmen Sie diese an.
Sie können anderen Hilfe sein, und wir brauchen Ergänzung durch andere. Dafür haben wir die Möglichkeit, hier vorne zu sprechen, aber auch sonst im Haus. Heute Abend geht es dann im Unipark weiter. Auch dazu eine herzliche Einladung und die ausdrückliche Bitte, Gäste mitzubringen. Irgendwie schaffen wir es immer, noch einen Platz zu finden.
Ich kann Ihnen nur raten, die Chancen bis zum Ende dieser Woche zu nutzen, damit vier Fragen in unserem Leben geklärt werden und neue Hoffnung einzieht.
Gott behüte Sie! Der Friede des Herrn sei mit Ihnen! Auf Wiedersehen!