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Der fleissige und aufopfernde Sohn

Der liebende Vater - 2011, Teil 2/2
26.11.2011Lukas 15,25-32

Der fleissige und aufopfernde Sohn

Reihe: Der liebende Vater (2/2)

Lukas-Evangelium 15, 25-32

Einleitende Gedanken

Letzten Sonntag beschäftigten wir uns mit dem ersten Teil, einer der bekanntesten Geschichten, die Jesus erzählte: Die Geschichte von den beiden verlorenen Söhnen. Jesus erzählt diese Geschichte den Pharisäern und Schriftgelehrten, die sich darüber ärgerten, dass Jesus mit Sündern Gemeinschaft pflegte. Sie konnten das einfach nicht begreifen. Den Jüngern von Jesus sagten sie einmal vorwurfsvoll, als er wieder mit solchen Menschen ass: „Wie kann er nur zusammen mit Zolleinnehmern und Sündern essen?“ Markus 2, 16. Für sie konnte Jesus nicht der versprochene und erwartete Retter sein, denn sonst würde er sich nicht so verhalten. Darin täuschten sie sich gewaltig und Jesus erzählte ihnen einige Geschichte, um ihnen zu erklären, wie Gott wirklich ist. Eine von diesen Geschichten ist die Geschichte, der beiden verlorenen Söhne. Letzten Sonntag beschäftigten wir uns mit dem jüngeren Sohn, der sich sein Erbe auszahlen liess, alles verprasste und am Schluss am tiefsten Punkt seines Lebens landete: mit leerem Magen bei den Schweinen. Da erst kam er zur Besinnung und dachte: „Wie viele Tagelöhner hat mein Vater, und alle haben mehr als genug zu essen! Ich dagegen komme hier vor Hunger um.“ Lukas 15, 17. Er erkannte seine Schuld und fasste einen Entschluss: „Ich will mich aufmachen und zu meinem Vater gehen und zu ihm sagen: Vater, ich habe mich gegen den Himmel und gegen dich versündigt; ich bin es nicht mehr wert, dein Sohn genannt zu werden. Mach mich zu einem deiner Tagelöhner!“ Lukas 15, 18-19. Gesagt, getan, er machte sich auf den Weg und als sein Vater ihn von weitem sah, rannte der Vater ihm entgegen, umarmte und küsste ihn. Er freute sich riesig über die Rückkehr seines verwahrlosten Sohns. Entgegen allen Erwartungen gab er ihm die Rechte als Sohn zurück, die diesen erneut zu einem rechtmässigen Erben machten. Natürlich muss das jetzt gefeiert werden, denn Grund genug gibt es: „Mein Sohn war tot, und nun lebt er wieder; er war verloren, und nun ist er wiedergefunden.“ Lukas 15, 24. Das musste gefeiert werden. Dieser jüngere Sohn steht für die Zolleinehmer und Sünder. Für all die Menschen, die sich von Gott gelöst hatten und ein moralisch verwerfliches Leben führten. Menschen, die aber bereit waren Ihr Leben wieder neu auf Gott auszurichten. Gott freut sich riesig über diese Menschen, die zu ihm zurückkommen – seine Liebe ist unfassbar gross. Die Pharisäer konnten sich nicht mitfreuen. Für diesen Vater hatten sie nur Verachtung übrig. Wie konnte er diesem verwahrlosten Nichtsnutz, der nichts anderes gemacht hatte, als das Erbe zu verschleudern, die Rechte als Sohn zurückgeben? Jesus erzählt nun die Geschichte weiter, die Geschichte des älteren Sohnes, der fleissig und aufopfernd bei seinem Vater geblieben war. Der ältere Sohn war auf dem Feld gewesen. Als er jetzt zurückkam, hörte er schon von weitem den Lärm von Musik und Tanz. Lukas 15, 25. Er rief einen Knecht und erkundigte sich, was das zu bedeuten habe.›Dein Bruder ist zurückgekommen‹, lautete die Antwort, ›und dein Vater hat das Mastkalb schlachten lassen, weil er ihn wohlbehalten wiederhat.‹ Lukas 15, 26-27. Der ältere Bruder wurde zornig und wollte nicht ins Haus hineingehen. Da kam sein Vater heraus und redete ihm gut zu. Lukas 15, 28. Aber er hielt seinem Vater vor: ›So viele Jahre diene ich dir jetzt schon und habe mich nie deinen Anordnungen widersetzt. Und doch hast du mir nie auch nur einen Ziegenbock gegeben, sodass ich mit meinen Freunden hätte feiern können! Lukas 15, 29. Und nun kommt dieser Mensch da zurück, dein Sohn, der dein Vermögen mit Huren durchgebracht hat, und du lässt das Mastkalb für ihn schlachten!‹ - Lukas 15, 30. ›Kind‹, sagte der Vater zu ihm, ›du bist immer bei mir, und alles, was mir gehört, gehört auch dir. Lukas 15, 31. Aber jetzt mussten wir doch feiern und uns freuen; denn dieser hier, dein Bruder, war tot, und nun lebt er wieder; er war verloren, und nun ist er wiedergefunden.‹ Lukas 15,32

Bibelstellen zum Nachschlagen:  Markus 2, 16; Lukas 15, 17-19.24

I. Das ist ungerecht!

Von weitem hörte der ältere Sohn, den Lärm von Musik und Tanz, der vom Hof seines Vaters kam. Nun würde man erwarten, dass er schnell ins Haus läuft, um zu sehen, was da los ist. Man muss die Feste schliesslich feiern wie sie fallen. Doch das macht er nicht. Er lässt zuerst einen Knecht kommen, der ihm sagen sollt, was da los ist und der sagt ihm: „Dein Bruder ist zurückgekommen und dein Vater hat das Mastkalb schlachten lassen, weil er ihn wohlbehalten wiederhat.“ Lukas 15, 27. Das war für ihn eine der schlechtesten Nachrichten, die er in seinem Leben je bekommen hatte. Sein moralisch verwerflicher Bruder ist zurück und der Vater macht für ihn ein riesen Fest! „Der ältere Bruder wurde zornig und wollte nicht ins Haus hineingehen.“ Lukas 15, 28. Statt das Leben zu geniessen und am Fest mitzumachen, schmollt und ärgert er sich lieber. Genau das, was die Zuhörer von Jesus jetzt auch tun. Sie ärgern sich über das Verhalten dieses Vaters. Wie beim ersten Sohn, ergreift auch hier der Vater die Initiative. Das hätte er eigentlich gar nicht nötig gehabt, normalerweise sucht der Sohn den Vater auf und nicht der Vater den Sohn. Aber eben, wir haben es hier mit einem ganz besonderen Vater zu tun. „Da kam sein Vater heraus und redete ihm gut zu.“ Lukas 15, 28. Der Vater möchte ihn zum Fest einladen. Warum soll er hier draussen stehen und auf die Köstlichkeiten die aufgetischt werden verzichten? Warum soll er hier verharren und sich ärgern? Er würde besser kommen und sich freuen und tanzen. Doch der Sohn liess sich nicht bewegen. Nein – er überschüttet seinen Vater mit Vorwürfen und Anschuldigungen, er lässt seinem Ärger freien Lauf: „So viele Jahre diene ich dir jetzt schon und habe mich nie deinen Anordnungen widersetzt. Und doch hast du mir nie auch nur einen Ziegenbock gegeben, sodass ich mit meinen Freunden hätte feiern können! Lukas 15, 29. Ich fühle mich ungerecht behandelt! Was hat es denn gebracht, dass ich Dir die Treue gehalten habe? Nichts! Was hat es gebracht, dass ich alle deine Anweisungen befolgte? Nichts! Rein nichts! Noch nie hast Du Dich mir gegenüber mit einem Fest erkenntlich gezeigt. Ich rackere mich ab, verzichte auf viele Vergnügungen und dann kommt dieser Mensch zurück: „Nun kommt dieser Mensch da zurück, dein Sohn, der dein Vermögen mit Huren durchgebracht hat, und du lässt das Mastkalb für ihn schlachten!“ Lukas 15, 30. Für so einen Menschen – wohlbemerkt, er spricht nicht von seinem Bruder sondern von diesem Menschen. Er distanziert sich auch deutlich von seinem Vater, denn ein Vater, der so was tut, der kann nicht wirklich sein Vater sein. Deshalb sagt er: dieser Mensch, dein Sohn Er hat dein Vermögen mit Huren durchgebracht und zum Dank lässt du das Mastkalb für ihn schlachten und machst ein riesen Fest. Wie ungerecht ist denn das! Hier öffnet sich das Herz des älteren Sohnes. Er fühlt sich vom Leben und von seinem Glauben betrogen. Er, der sich so angestrengt hatte. Er, der nie ein Gebot des Vaters übertrat. Er, der so viele Entbehrungen auf sich nahm – er ist nun der Betrogene. Denn sein Bruder, der das Leben – so meint er –, genossen hatte, der alles auskostete, wird jetzt noch für seine Untaten belohnt. Das ist einfach nicht fair! Mit diesem Sohn charakterisiert Jesus mit wenigen Worten die pharisäische Lebens- und Denkweise. Der ältere Sohn steht für all die Menschen, die ohne eine Beziehung zu Gott ein scheinbar vorbildliches Leben führen. Dieser Sohn hatte nämlich genauso wenig wie sein jüngerer Bruder eine echte Beziehung zu seinem Vater. Sonst hätte er anders auf seinen Vater und die Rückkehr seines Bruders reagiert, mit mehr Verständnis und grösserem Respekt. Er lebte genauso gottlos, wie sein jüngerer Bruder es tat. Seine Gottlosigkeit war einfach frömmer. Sein Leben machte den Anschein, als ein Gott wohlgefälliges Leben, weil er doch alle Regeln eingehalten hatte. So wie dieser Pharisäer, der im Tempel von sich voll überzeugt betet: „Ich danke dir, Gott, dass ich nicht so bin wie die übrigen Menschen - ich bin kein Räuber, kein Betrüger und kein Ehebrecher, und ich bin auch nicht wie jener Zolleinnehmer dort.“ Lukas 18, 11. „Ich faste zwei Tage in der Woche und gebe den Zehnten von allen meinen Einkünften.“ Lukas 18, 12. Gott Du kannst froh sein, dass es mich noch gibt, was würdest Du ohne mich machen. Mit ihrem scheinbar tadellosen Leben meinen Sie, sich die Anerkennung und Liebe des Vaters verdient zu haben und bevorzugt behandelt zu werden. Jesus sagte ihnen einmal ganz direkt: „Genauso seid auch ihr: Nach aussen hin erweckt ihr bei den Menschen den Anschein, gerecht zu sein, in Wirklichkeit aber seid ihr voller Heuchelei und Gesetzlosigkeit.“ Matthäus 23, 28. Gesetzlosigkeit ist gleichbedeutend wie Gottlosigkeit. Und wo das tiefe Problem liegt sagt Jesus genauso direkt: „Ihr gebt den zehnten Teil von Kräutern wie Minze, Dill und Kümmel und lasst dabei die viel wichtigeren Forderungen des Gesetzes ausser Acht: Gerechtigkeit, Barmherzigkeit und Treue.“ Matthäus 23, 23. Dieser Sohn hatte offensichtlich von Barmherzigkeit keine Ahnung. Er verstand genauso wenig von der Gerechtigkeit Gottes. Ich kann jede Woche einem armen Menschen 100 Franken schenken und trotzdem nichts von Barmherzigkeit verstehen. Denn, wenn ich das nur deshalb tue, um bei Gott zu punkten, dann hat das mit Barmherzigkeit wenig zu tun. Dieser ältere Sohn hatte vom Wesen seines Vaters herzlich wenig verstanden. In diesem Sohn begegnet und das gesetzlich religiöse Wesen. Der Glaube, der sich durch Werke Sicherheiten erarbeiten will. Es geht aber um etwas ganz anderes. Gott möchte nicht religiöse Menschen – denn religiös sind alle Menschen – Gott möchte veränderte Menschen. Menschen, die von innen verändert werden und nicht Menschen, die religiöse Regeln möglichst genau einhalten. Wir alle stehen in der Gefahr, diesem Sohn zu gleichen. Wir sind immer wieder versucht böse und verwerfliche Einstellungen mit religiösen Werken zu verbergen. Damit kreieren wir ein Bild von uns, an das wir manchmal sogar selber glauben. Jesus sagt es ganz einfach: „Und alles, was sie tun, tun sie nur, um die Leute zu beeindrucken.“ Matthäus 23, 5. Wir besuchen vielleicht regelmässig den Gottesdienst. Sind ganz treu im Bibellesen und wenn wir mal nicht dazu gekommen sind, holen wir das nach. Wir verzichten ganz bewusst auf viele schöne Erlebnisse. Aber das ist kein christliches Leben. So schaffen wir es vielleicht die Menschen zu beeindrucken, aber Gott können wir nicht täuschen.

Bibelstellen zum Nachschlagen:  Matthäus 7, 20-23; 12, 34; Matthäus 23, 5.12.13-33; Lukas 6, 35; 18, 11-14; 1. Petrus 5,5

II. Das ist Gnade!

Der Vater bemüht sich mit derselben Liebe, mit der er seinen verwahrlosten Sohn in die Arme genommen hat, seinen älteren Sohn zu gewinnen. ›Kind‹, sagte der Vater zu ihm, ›du bist immer bei mir, und alles, was mir gehört, gehört auch dir. Lukas 15, 31. Kind, liebevoller hätte er seinen zornigen Sohn nicht ansprechen können. „Kind, du bist immer bei mir, und alles, was mir gehört, gehört auch dir.“ Lukas 15, 31. Der Sohn hat ein Problem, das eigentlich gar nicht existiert. Alles, was dem Vater gehört, das gehört auch ihm. Hätte er gewollt und Lust dazu gehabt, dann hätte er ein Fest mit seinen Freunden feiern können. Selbstverständlich hätte er dazu auch das Mastkalb schlachten dürfen. Aber vermutlich hatte er aus lauter Eifer, seine Arbeit zu machen und die Regeln zu befolgen, keine Zeit zum Leben und Lieben gefunden. Dieser Sohn meinte offenbar, dass für Feste und Freuden kein Platz im Leben ist. Das Leben war für ihn durch Gesetze und Regeln bestimmt. Aber Gott ist ein Gott des Lebens und er hat uns nicht dafür geschaffen, dass wir wie Maschinen funktionieren, sonst hätte er Roboter konstruieren müssen. Jedenfalls liebt dieser Vater auch seinen verärgerten Sohn und er sagt es ihm nun, warum ein Fest jetzt wirklich angebracht ist. „Jetzt mussten wir doch feiern und uns freuen; denn dieser hier, dein Bruder, war tot, und nun lebt er wieder; er war verloren, und nun ist er wiedergefunden.“ Lukas 15, 32. Da ist ein Leben gerettet worden! Da war einer tot und jetzt lebt er wieder. Das muss doch gefeiert werden! Kind, begreifst Du das nicht? Übrigens geschieht das auch heute noch, und zwar immer dann, wenn ein Mensch sein Leben Jesus anvertrauen. Jesus sagt das einmal so: „Ich versichere euch: Wer auf mein Wort hört und dem glaubt, der mich gesandt hat, der hat das ewige Leben. Auf ihn kommt keine Verurteilung mehr zu; er hat den Schritt vom Tod ins Leben getan.“ Johannes 5, 24. Genau das ist mit dem jüngeren Sohn geschehen. Er hatte durch seine Umkehr zum Vater, durch das Bekenntnis seiner Schuld, den Schritt vom Tod ins Leben getan. Das muss gefeiert werden. Deshalb können wir im selben Kapitel, in dem die Geschichte der verlorenen Söhne steht, lesen: „Genauso freuen sich die Engel Gottes über einen einzigen Sünder, der umkehrt.“ Lukas 15, 10. Wenn das kein Grund zum Feiern ist! Mit diesem liebenden Vater wird uns die Gnade Gottes vor Augen geführt. Denn es geht nicht zuerst um die Einhaltung der Gesetze, sondern um den Empfang der Gnade Gottes. Paulus schreibt: „Dass sie für gerecht erklärt werden, beruht auf seiner Gnade. Es ist sein freies Geschenk aufgrund der Erlösung durch Jesus Christus.“ Römer 3, 24. Ob wir ein scheinbar vorbildliches und anständiges Leben führen, oder ob wir unser Leben zerstören. Für alle bleibt eines gleich: jeder ist auf die Gnade Gottes angewiesen. Diese Gnade ist ein freies Geschenk, das uns durch Jesus Christus gemacht wird. Wer die Gnade erarbeiten will, der wird scheitern. Das Geschenk der Gnade kann man nur empfangen, indem wir uns Jesus zuwenden.

Bibelstellen zum Nachschlagen:  Lukas 15, 10; Johannes 5, 24; Römer 3, 23-24; 9, 16; 10, 9-13; 2. Korinther 5, 21

Schlussgedanke

Jesus beendet die Geschichte ohne zu sagen, was der ältere Sohn machen wird. Wird er weiterhin verärgert aussen vor bleiben oder wird er am Fest teilnehmen und sich über die Rettung seines Bruders freuen? Diese Entscheidung müssen die Zuhörer, die Pharisäer und Schriftgelehrten selber treffen. Mit dieser Geschichte fordert Jesus die Männer heraus, eine Entscheidung zu treffen. Wollen sie Ihr Leben weiterhin auf Gesetzen und Regeln aufbauen, oder wollen sie aus der Gnade leben. Die Geschichte der beiden verlorenen Söhne ist im Grunde die Geschichte des liebenden Vaters, der nicht nur dem Sohn entgegen geht, der sein Leben zerstört hat. Er geht auch dem Sohn entgegen, der hartherzig ist und meint, er hätte alles richtig gemacht. Die Liebe dieses Vaters ist wirklich grossartig! Er will eben, dass allen Menschen geholfen wird. Wie Paulus schreibt: „Gott will, dass alle Menschen gerettet werden und dass sie die Wahrheit erkennen.“ 1.Timotheus 2,4

Bibelstellen zum Nachschlagen:  Jesaja 25, 6-9; Matthäus 8, 11-12; Matthäus 11, 28-30; Römer 10, 4; 2. Korinther 5, 17-21