Ich weiß nicht, ob ihr diese Szene schon einmal beobachtet habt. Ich habe sie jetzt zweimal bewusst wahrgenommen. Das eine Mal, glaube ich, an einem Badesee, das andere Mal an der S-Bahn.
Bei der S-Bahn fährt eine Gruppe von ungefähr sechs bis sieben jungen Männern mit. Wenn man genau hinschaut, merkt man, dass noch ein Mädchen irgendwo dabei ist. Sie ist relativ unauffällig und jungengleich gekleidet. Sie läuft hinten in der letzten Gruppe mit.
Vorne läuft ein Typ, und man merkt sofort, dass er in irgendeiner Form der Boss ist. An seiner Hand hält er ein blondes Mädchen, etwas herausgeputzt und gestylt. Sie ist seine Trophäe. Er findet sie schön und geht davon aus, dass alle anderen sie ebenfalls schön finden. Aber sie gehört ihm. Diese Trophäe zeichnet ihn aus – er ist der Boss.
Einführung in das Thema Lebenswandel und Schönheit
Was ist Schönheit? Ein Thema, das wir heute, falls wir so weit kommen, behandeln wollen. Was ist Schönheit und für wen ist sie eigentlich bestimmt? Auf Dauer betrachtet, was bedeutet Schönheit wirklich?
Wir sind fast am Ende des Epheserbriefs angekommen, genauer gesagt am Ende des Abschnitts, der sich mit unserem Lebenswandel beschäftigt. In meiner Übersetzung wird stets das Wort „Wandel“ verwendet. In Moserners Übersetzung steht wahrscheinlich eher „wie wir leben“ oder „wie wir uns verhalten“ – ich bin mir nicht ganz sicher. Es ist schwierig, ein Wort zu finden, das wirklich trifft, was mit „Wandeln“ gemeint ist: unser Lebenswandel, unser Verhalten hier auf dieser Erde.
Immer wieder geht es darum. Kapitel 4, Vers 1, beginnt diesen großen Abschnitt: „Ich ermahne euch nun, ich, der Gefangene im Herrn, dass ihr würdig wandelt der Berufung, mit der ihr berufen worden seid.“ Die Aufforderung lautet also, dieser großen Berufung würdig zu wandeln.
Eine zweite Stelle, an der dieses Wort vorkommt, ist Kapitel 4, Vers 17: „Dies nun sage ich und bezeuge ich im Herrn, dass ihr von nun an nicht wandelt wie die Nationen.“ Das bedeutet, ihr sollt euch in eurem Verhalten, in eurem Lebenswandel von eurer Umgebung unterscheiden.
Die dritte Stelle ist Kapitel 5, Vers 2: „Wandelt in Liebe.“ Euer Leben soll von Liebe geprägt sein, vom Vorbild der Liebe Gottes.
Die vierte Stelle ist Kapitel 5, Vers 8: „Denn einst wart ihr Finsternis, jetzt aber seid ihr Licht in dem Herrn. Wandelt als Kinder des Lichts.“ Ihr sollt euch so benehmen, als Menschen, denen Gott Licht gegeben hat – über das, was zählt, über die Herkunft der Dinge, über das Ziel, auf das sie hinauslaufen, und über das, was wirklich Wert hat.
Lebt so, dass sich das in eurem Lebenswandel ausdrückt. Ihr sollt durch Gott Dinge erkennen, die vielleicht andere nicht sehen. Ihr sollt Dinge einordnen können, die andere nicht einordnen können oder über die sie sich gar keine Gedanken machen.
Ich finde es total spannend, dass hier gerade an die Epheser, eine Heidengemeinde, gesagt wird: „Ihr seid Licht, denn einst wart ihr Finsternis, jetzt aber seid ihr Licht in dem Herrn.“ Das war zu dieser Zeit der Anspruch der Juden.
Die Bedeutung des Lichts für die Gemeinde
Vielleicht ist uns das oft nicht so bewusst, aber das war der Anspruch, mit dem sie verstreut in dieser heidnischen Umgebung lebten. Ein ganz kurzer Ausflug in Römer Kapitel 2: Ihr müsst es nicht aufschlagen, ich lese es euch vor.
Wenn du aber Jude genannt wirst, schreibt Paulus ein paar Jahre vor dem Epheserbrief, und dich auf das Gesetz stützt: „Und dich Gottes rühmst und den Willen kennst und das Vorzügliche unterscheidest, da du aus dem Gesetz unterrichtet bist, und dich traust, ein Leiter der Blinden zu sein, ein Licht derer, die in Finsternis sind, ein Erzieher der Törichten, ein Lehrer der Unmündigen.“
Und dann sagt er: „Aber letzten Endes wird das Wort Gottes um eures Willen verlästert.“ Das war der Anspruch, mit dem die Juden eigentlich unterwegs waren: Wir sind ein Licht für die Leute um uns herum, die in Finsternis leben.
Und jetzt schreibt Paulus an eine Gemeinde, die offensichtlich zu dem Zeitpunkt fast nur aus Heidenchristen bestand: „Ihr seid Licht, ihr wart Finsternis, aber das Licht sind nicht die Juden, das Licht seid ihr. Ihr zeigt, wie Gott ist, ihr zeigt, wie Gott denkt.“
Total spannend, dass dieser Satz genau in diesem Brief steht. Wir hatten vier Stellen zum Wandel, die fünfte Stelle ist in Kapitel 5, Vers 15: „Gebt nun acht, wie ihr sorgfältig wandelt“, oder genauer übersetzt: „Gebt sorgfältig acht, wie ihr wandelt.“ Überlegt genau, was gut ist, was der Wille Gottes ist. Seid nicht töricht, sondern verständig. Was der Wille Gottes ist.
Die Aufforderung zu bewusstem und verantwortlichem Leben
Im letzten Abschnitt hatten wir gesehen, dass es darum geht, was wir in die Gemeinschaft hineintragen können. Wir können böse Dinge hineintragen, aber auch Berufe, Lieder, Lieder in unserem Herzen und das Nachdenken über Gott.
Wir sind aufgefordert worden, weil wir Kinder des Lichts sind, bewusst zu leben und nachzudenken. Denkt sorgfältig darüber nach, wie ihr lebt. Nehmt euch Zeit, um wirklich nachzudenken. Macht euch Gedanken und fragt euch, was Gott will und was zu ihm passt. Lebt nicht einfach euren Trott. Lasst euch von nichts euren Sinn und euer Nachdenken rauben. Sprecht manchmal eure Prinzipien deutlich aus – das ist gut für euch selbst und für die Gemeinschaft.
Ja, tragt diese Dinge in die Gemeinschaft hinein. Seid eine Gemeinschaft, die vom Wort Gottes geprägt ist. Seid eine Gemeinschaft, die geprägt ist von Liedern und vom Nachdenken über Gott. Seid gefüllt mit dem Geist. Lasst euch durch den Geist mit wirklichem Verständnis über Gott, sein Werk und seine Liebe füllen, sodass euer Herz davon voll wird.
Dann kam dieser kleine Satz, mit dem wir vor zwei Wochen aufgehört haben: Kapitel 5, Vers 21, „einander unterwürfig in der Furcht Christi“. Gerade ging es noch um Lieder, um Dankbarkeit, um Herzen, die voll sind, um eine Gemeinde, die voll ist und die Christus vor Augen hat. Und dann sagt Paulus: „Und seid einander unterwürfig! Seid einander unterwürfig!“
Die Realität der Gemeinschaft und die Bedeutung von Unterordnung
Und plötzlich sind wir wieder ganz fest auf dieser Erde, in dieser Welt – in der Realität unserer Persönlichkeit und in der Realität unserer Gemeinschaft.
Gott und Paulus gehen davon aus, dass Gemeinschaft, besonders eine enge Gemeinschaft, nicht durchgehend als absolutes Teamwork funktionieren wird. Eine enge Gemeinschaft, wie die Gemeinde sie sein sollte, in der wir wirklich eng und persönlich verbunden sind, wird in vielen Bereichen nicht hundertprozentig als Teamwork funktionieren.
Es wird immer Situationen geben, in denen Menschen Verantwortung für die Gruppe übernehmen müssen. Es wird Momente geben, in denen Menschen Entscheidungen für die Gruppe treffen und ein Stück weit Führung übernehmen müssen. In solchen Fällen sind wir alle gefordert, uns dieser Führung unterzuordnen – sogar in einer so heiligen Gemeinschaft wie der Gemeinde.
Dabei geht es nicht um die Diktatur oder Tyrannei einzelner. Es geht auch nicht darum, dass man nicht über Dinge sprechen kann – bis zu einem gewissen Grad ist das möglich und sogar notwendig. Aber letzten Endes muss jeder von uns bereit sein, sich an der einen oder anderen Stelle der Vorgabe eines Einzelnen oder dem Willen der Mehrheit unterzuordnen.
Anders würde ein enges Zusammenleben sehr oft nicht funktionieren. Das ist paradox, oder? Paulus schreibt das gerade in diesem Brief, in dem er eigentlich damit angefangen hat, dass wir Mitbesitzer des Himmels und des Reiches Gottes sind.
Wir, als Mitbesitzer des Reiches Gottes, als Miterben Gottes, müssen uns im Alltag Menschen unterordnen. Das ist paradox, aber es ist so, weil es sonst nicht funktioniert. Das ist der Wille Gottes.
Wir befinden uns immer noch in einem Abschnitt, der geprägt ist von Kapiteln fünf bis siebzehn, wo es heißt: „Darum seid nicht töricht, sondern verständigt, was der Wille des Herrn ist.“ Ein wichtiger Punkt dieses Willens ist, dass wir lernen, uns aneinander zu unterordnen.
Unterordnung in verschiedenen Lebensbereichen
Paulus wird gleich darauf eingehen, dass es viele Bereiche in unserem Leben gibt, in denen ganz deutlich definiert ist, wer sich im Allgemeinen wem unterordnet.
Wir werden über die Ehe lesen, und Gott geht davon aus, dass sich prinzipiell die Frau dem Mann unterordnet. Darauf kommen wir noch zurück. Außerdem sprechen wir über Eltern und Kinder, auch über Jugendliche. Gott geht davon aus, dass sich Kinder grundsätzlich ihren Eltern unterordnen sollten – nicht umgekehrt. Dies geschieht nicht, weil es gesellschaftlich üblich ist, sondern aus göttlicher Perspektive.
Wir werden auch auf Arbeitsverhältnisse eingehen. Damals war die Situation natürlich etwas anders als heute. Es gab klar definierte Rollen wie Herren und Knechte oder Herren und Sklaven, je nachdem, wie die Situation gerade war. In solchen Beziehungen ist klar, dass sich nicht die Herren den Knechten unterordnen, sondern die Knechte den Herren. Gott geht davon aus, dass es so ist.
In der Gemeinde und in Gemeinschaften sind die Rollen jedoch nicht immer so prinzipiell verteilt. Es gibt ganz verschiedene Situationen. Natürlich übernehmen oft die Ältesten in der Gemeinde Führung, und viele müssen sich ihnen unterordnen – gerne oder auch nicht so gern.
Aber es gibt auch andere Situationen. Zum Beispiel organisiert jemand eine Wanderung. Da muss man sich einfach dieser Person unterordnen, da sie den Plan gemacht hat. Wenn der Älteste dann sagt, wir gehen andersherum, wäre das unvernünftig. In solchen Momenten müssen wir alle lernen, uns in verschiedenen Situationen unseres Lebens unterzuordnen.
Ausnahmen gibt es natürlich, etwa wenn jemand etwas Extremes übersehen hat und dadurch andere überfordert. Das sieht man dann, und man kann darüber sprechen. Im Normalfall ist es jedoch so: Es gibt viele Situationen, in denen wir überlegen müssen, uns unterzuordnen.
Das gehört zu unserem Leben und zu dem, was Gott von seinen Leuten erwartet: einander unterwürfig in der Furcht Christi. Wir wissen, dass Jesus das von uns möchte, und wir tun es aus Respekt vor ihm.
Das Wort „Furcht“ wird hier in meiner Übersetzung verwendet. Im Deutschen spielt bei „Furcht“ oft Angst mit. Zwar kommt manchmal auch eine gewisse Angst ins Spiel, doch an dieser Stelle geht es eher darum, dass wir das respektieren, was Jesus möchte. Wir sind bereit, uns unterzuordnen und nicht immer unseren Dickkopf durchzusetzen, weil wir denken, wir wüssten es immer am besten.
Das ist die allgemeine Aussage am Anfang. Paulus benutzt diese Aussage als Sprungbrett, um über die wichtigsten zentralen Beziehungen zu sprechen, in denen wir im Alltag stehen. Diese Beziehungen gehen weit über die Gemeinde hinaus. Sie betreffen unser Leben in der Welt, nicht nur in Beziehung zu Gläubigen, sondern oft auch zu Menschen, die noch nicht gläubig sind.
Unterordnung und Gehorsam in Ehe, Familie und Arbeit
Dieses Thema ist Paulus zu dieser Zeit offensichtlich wichtig. Er schreibt über genau dieselben drei Beziehungsbereiche auch im Kolosserbrief, dort allerdings relativ kurz. Dennoch tut er es. Es geht um Unterordnung, und es geht sogar verschärft um Gehorsam.
Bei Frauen und Männern geht es um Unterordnung in einer sehr freiwilligen Form. Die grammatische Form drückt hier Freiwilligkeit aus. Bei Kindern, die ihren Eltern gegenüberstehen, ist es nicht mehr ganz so freiwillig, und bei vielen Arbeitsverhältnissen ist es natürlich auch nicht freiwillig. Paulus verwendet das Wort Gehorsam.
Im direkten Übergang von Vers 21 zu Vers 22, wo Frauen ihren eigenen Männern unterwürfig sein sollen, also sie als Haupt und Führung akzeptieren sollen, wird das Wort „unterwürfig“ nicht noch einmal wiederholt. Es geht einfach ineinander über. Paulus wechselt hier von einer allgemeinen, oft wechselseitigen Unterordnung zu dem Thema, dass es Beziehungen gibt, in denen klar geregelt ist, wer sich wem unterordnet.
Er möchte einfach, dass wir das tun. Er möchte, dass wir so auf dieser Erde leben. Wir leben im Alltag, in einer Welt mit Verpflichtungen und in vielem genauso wie andere Menschen. Paulus sagt mit anderen Worten: Hebt nicht ab, weil ihr wisst, wie reich ihr in Gott seid, was eure Zukunft ist und welche Stellung ihr jetzt schon habt.
Auf dieser Erde lebt ihr in ganz normalen Beziehungen und müsst euch in diesen ganz normalen Beziehungen unterordnen – genauso wie andere Menschen auch. Natürlich schreibt Paulus auch viel über Verantwortung, über die Verantwortung derer, die führen und die Verantwortung haben, zu führen. Vielleicht war es in seiner Zeit eher üblich, über Unterordnung zu sprechen als über Verantwortung, die über Befehlsgewalt hinausgeht. Von daher ist dieser Abschnitt schon auch ungewöhnlich.
Im Kolosserbrief liegt die Betonung sehr klar auf Herren und Knechten, was in diesem Abschnitt auch von der Gewichtung her deutlich wird. Das wundert uns nicht, denn es geht gerade darum, dass Onesimus als entlaufener Sklave zu seinem gläubigen Herrn zurückgebracht wird. Es ist klar, dass es viel um Herren und Sklaven und ihr Verhältnis zueinander geht.
Im Epheserbrief hingegen, wenn man sich den Abschnitt anschaut, ist sehr klar, worauf die Betonung liegt: auf der Ehe. Es ist sogar so, dass von der Struktur her der Abschnitt eigentlich mit Vers 33 endet. Dort fasst Paulus nämlich zusammen, nachdem er über Mann und Frau gesprochen hat. Rein von der Struktur her sind das, was er dann über Kinder und Eltern sowie über Herren und Knechte sagt, eigentlich ein Anhang. Sozusagen: Diese Themen sind auch wichtig, und er will sie nicht unerwähnt lassen.
Also geht es um Ehe, um Eltern und Kinder und um Arbeit. Weil ich dazu neige – wahrscheinlich ist das eine westeuropäische rhetorische Gewohnheit –, das Wichtigste zuletzt zu sagen, fangen wir am Ende an. Denn Paulus sagt das Wichtigste zuerst.
Arbeitsverhältnisse im biblischen Kontext
Also, wir fangen jetzt an mit Arbeitsverhältnissen. Ich lese Epheser Kapitel 6, Vers 5, und wir gehen dann langsam zurück zum Zentrum.
Epheser 6,5: Ihr Knechte, gehorcht den Herren nach dem Fleisch, mit Furcht und Zittern in Einfalt eures Herzens als dem Christus, nicht mit Augendienerei als Menschengefällige, sondern als Knechte Christi, die den Willen Gottes von Herzen tun. Dient gutwillig dem Herrn und nicht den Menschen, da ihr wisst, dass jeder, der Gutes tut, dies vom Herrn empfangen wird, sei er Sklave oder Freier.
Die Zwiebelschalen sind euch klar, oder? Paulus geht von einem klassischen Großhaushalt seiner Zeit aus. Im Zentrum steht das Ehepaar. Drumherum gruppiert sich die Familie, hauptsächlich durch die Kinder repräsentiert, und ihr Verhältnis zu diesem Ehepaar, also zu den Eltern. Um diese Schale herum befinden sich die Angestellten – ob sie nun freie, vorübergehend Angestellte sind, ob sie Knechte sind, die langfristig angestellt sind, oder ob sie Sklaven sind, die einfach zum Haushalt gehören. Das ist das Bild.
Um diese Art von Arbeit geht es hier – um eine Arbeit in einem sehr überschaubaren, sehr persönlichen Rahmen. Das müssen wir uns schon ein bisschen klar machen.
Ich glaube, wir können viele Prinzipien auf unsere Zeit übertragen. Aber ich denke nicht, dass wir jedes Detail eins zu eins übernehmen können, weil unsere Arbeitsverhältnisse oft anders sind. Damals waren Arbeitsverhältnisse selten so anonym, wie sie heute sind.
Ich habe meinen Chef in der Firma, für die ich arbeite, noch nie persönlich getroffen. Ich würde ihn erkennen, er mich aber nicht. Ich kenne meinen direkten Vorgesetzten und dessen Chef. Dessen Chef kenne ich auch. Ja, so ein paar Stufen, oder? Der Nächste würde mich aber schon nicht mehr kennen.
Das ist schon ein bisschen anders als die Situation, die Paulus hier beschreibt. Damals gab es diese anonymen Verhältnisse wahrscheinlich hauptsächlich im Staatsdienst, inklusive Militär. Ansonsten gab es natürlich diese großen Konzerne damals nicht. Das müssen wir, glaube ich, ein ganz kleines bisschen im Hinterkopf behalten.
Prinzipien für die Arbeit aus biblischer Sicht
Was ist das Prinzip? Prinzip ist einfach, oder?
Paulus schreibt: „Ihr Knechte, gehorcht den Herren nach dem Fleisch mit Furcht und Zittern.“ Interessant ist, dass Paulus im Kolosserbrief an einer ähnlichen Stelle sagt: „Gehorcht in allem.“ Hier im Epheserbrief fehlt dieses „in allem“. Ich weiß nicht, ob das Absicht ist. Im Kolosserbrief hat Paulus natürlich noch stärker die aktuelle Situation vor Augen, dass dort gläubige Knechte bei gläubigen Herren sind. Deshalb fällt es ihm leichter zu sagen: „Gehorcht in allem.“
Hier im Epheserbrief hat er eine Gesellschaft vor Augen, in der er sich wahrscheinlich bewusst ist, dass viele Gläubige bei ungläubigen Herren arbeiten. In diesem Zusammenhang ist das „in allem“ wohl etwas schwerer gefallen. Paulus weiß, dass ungläubige Herren manchmal Dinge verlangen, die ein Gläubiger einfach nicht tun kann. Aber das Prinzip bleibt bestehen: Gehorcht euren Herren nach dem Fleisch!
Wenn die vorgesetzten Verhältnisse klar geregelt sind – manche Firmen setzen ja auch auf Teamstrukturen, in denen der Vorgesetzte eher eine Art Klassensprecher ist – dann erwartet Gott von uns, dass wir tun, was uns gesagt wird. Wenn jemand Anweisungen gibt, sollen wir diese letzten Endes ausführen. Das steht hier.
Seid verständig, was der Wille des Herrn ist – das ist der Wille des Herrn. Und wenn es darum geht, was der Wille des Herrn für mich bei meiner Arbeit ist, dann ist es eben das: Ich soll das tun, was meine Chefs mir gerade sagen. Manchmal ist es so einfach, den Willen Gottes zu erkennen.
Viele Menschen ringen darum, den Willen Gottes herauszufinden. Aber manchmal ist es so einfach: Vierzig Stunden in der Woche weiß ich, was der Wille des Herrn ist. Meine Vorgesetzten sagen es mir dauernd. Das ist der Wille des Herrn.
Was steht hier? Das erste Prinzip, das sich hier durchzieht, ist: Letzten Endes tun wir das, was wir tun, weil wir es für Gott tun.
Vers 5: „Ihr Knechte, gehorcht den Herren nach dem Fleisch mit Furcht und Zittern, in Einfalt eures Herzens als dem Christus.“ Wir gehorchen ihnen, weil es für uns quasi Befehle Christi sind. Wir wollen Christus gehorchen – nicht mit Augendienerei, um Menschen zu gefallen, sondern als Knechte Christi, die den Willen Gottes von Herzen tun und mit Gutwilligkeit dienen. Wir dienen als dem Herrn und nicht den Menschen.
Denn jeder, der Gutes tut, wird dies vom Herrn empfangen, ob er Sklave oder Freier ist.
Er sagt: Die erste Perspektive, mit der ihr zur Arbeit gehen sollt und eure Arbeit tun sollt, ist: Ich tue das für den Herrn. Er ist mein Boss. Er wird mich belohnen, auch wenn ich Dinge tue, die in meinen Augen sinnlos erscheinen, weil diese Herren das gerade von mir verlangen.
Der Herr sagt letztlich: Gehorcht denen, und ich tue das, und er wird mich dafür gerecht belohnen.
Das sind die Perspektiven. Ich muss mir das selbst immer wieder sagen. Ich gehe so selten mit dieser Perspektive wirklich zu meiner Arbeit: „Herr, ich bin heute hier, weil du mich hierher gestellt hast. Ich tue diese Arbeit, weil du sie von mir willst. Ich gehorche diesen Herren, weil das gerade deine Aufträge an mich sind, was sie mir sagen. Und wenn ich es gut mache, erwarte ich Belohnung von dir.“
Das ist die Perspektive, um die wir immer wieder ringen sollten.
Und mit „Furcht und Zittern“ deutet Paulus nur an, dass wir Gott ernst nehmen sollen. Er sagt es bis zu einem gewissen Grad streng. Gott lässt uns manchmal Nachteile bei der Arbeit erleben, wenn wir unsere Arbeit nicht gut machen. Das liegt auch daran, dass er Gläubige nicht gegenüber Ungläubigen bevorzugt.
Wir sollen Gott ernst nehmen, unsere Arbeit ernst nehmen und unsere Vorgesetzten ernst nehmen.
Das war das erste Prinzip.
Ehrlichkeit und gute Einstellung bei der Arbeit
Das zweite Prinzip betrifft, was Gott von uns erwartet: Mach deine Arbeit ehrlich. Paulus fasst dies hier mit mehreren Begriffen zusammen. Im Hauskreis wird es Gelegenheit geben, sich etwas ausführlicher darüber Gedanken zu machen.
In meiner Übersetzung steht: „In Einfalt eures Herzens“. Das bedeutet einfach „ganz einfach“. Mach deine Arbeit ganz einfach. Wenn es einen Auftrag gibt, erledige ihn einfach. Einfach. Du sagst: „Gott will, dass ich das mache, also mache ich es.“ Einfalt des Herzens bedeutet treu zu sein. Mach jeden Tag deine Arbeit konstant und so gut, wie du sie über einen längeren Zeitraum machen kannst.
Hier kommt ein weiterer Begriff ins Spiel: „Versetze dich nicht mit Augendienerei als Menschengefällige“. Einfalt des Herzens bedeutet, für Christus zu arbeiten, nicht für Menschen. Augendienerei heißt, dass ich anders arbeite, wenn mir jemand zuschaut, weil ich beim Menschen Eindruck machen will. Ich arbeite mehr und schneller, wenn mein Chef zusieht, weil ich gut dastehen möchte.
Wenn ich jedoch immer auf dem Level arbeite, das ich über eine ganze Woche durchhalten kann, ist es nicht gut, plötzlich schneller zu arbeiten, nur weil der Chef anwesend ist. Denn das erweckt den Eindruck, ich könnte die ganze Woche so schnell arbeiten. Umgekehrt ist es auch nicht gut, wenn ich nur dann normal arbeite, wenn der Chef da ist, und sonst gar nicht.
Wir sollen unsere Arbeit so tun, unabhängig davon, wer zuschaut. Wir tun sie in erster Linie für den Herrn. Wir arbeiten treu, einfach und mit einer gewissen Konstanz. Unsere Chefs dürfen ruhig sehen, welches Maß an Leistung wir über die Woche bringen können. So sollen wir ehrlich arbeiten.
Das dritte Prinzip ist, mit Gutwilligkeit zu arbeiten. Das fällt mir oft schwer, besonders in meiner Firma. Gutwillig zu arbeiten bedeutet, Dinge nicht vor die Wand fahren zu lassen, sondern so zu arbeiten, dass es positiv für die Firma und meine Abteilung ist. Einfach mit einer guten Arbeitseinstellung.
Wir versuchen, das Gute zu tun, denn ihr wisst, dass jeder Gutes tun wird. Wir wollen unsere Firma nutzen und unterstützen. Das ist besonders schwierig für Sklaven, die keinen Anteil am Erfolg haben. Doch Paulus sagt: Mach es trotzdem. Arbeite so, dass es gut ist für deine Firma, für deine Abteilung. Auch wenn du keinen Anteil am Erfolg hast, tust du es für den Herrn.
Und er wird dir Gutes tun, wenn du Gutes tust. Paulus arbeitet an dieser Stelle fast nur mit positiver Motivation. Er erwähnt zwar auch „Furcht und Zittern“, aber die Betonung liegt hier auf der positiven Motivation. Egal, ob du frei bist oder Sklave, ob du etwas davon hast, dass du gut arbeitest, oder eigentlich nichts davon hast – der Herr möchte, dass du gut arbeitest. Und er möchte dir Gutes dafür tun.
Es ist doch schön, dass unser Gott uns Gutes tun will. Das sind wesentliche Prinzipien: Wir arbeiten mit der Perspektive, dass wir unsere Arbeit für den Herrn tun. Darum müssen wir wirklich kämpfen. Ich muss da selbst sehr kämpfen, ich weiß nicht, ob dir das leichtfällt.
Wir arbeiten einfach und konstant, weil wir für den Herrn arbeiten. Wir arbeiten ehrlich und gutwillig. Solche Menschen möchte Gott auf dieser Erde. Seine Mitbesitzer im Himmel, die Mitbesitzer seines Reiches, sollen so auf dieser Erde in ihrem Arbeitsalltag leben.
Arbeit als Dienst für den Herrn und gegenseitige Verantwortung
Arbeit ist nicht immer Selbstverwirklichung – meistens nicht. Oft kann ich meine Arbeit nicht als Selbstverwirklichung erleben, manchmal schon. Doch meistens erledige ich einfach Aufgaben, von denen ich überzeugt bin, dass sie letzten Endes sinnlos sind. Letzten Endes!
Ich programmiere zum Beispiel etwas für Leute, die Wirtschaftsprüfungen für Banken durchführen. Diese Banken verdienen ihr Geld letztlich dadurch, dass sie an einem großen Finanzroulette teilnehmen. Und dann soll mir jemand sagen, dass das, was ich tue, wichtig für die Menschheit ist.
Dennoch sollen wir unsere Arbeit treu verrichten, egal ob sie sinnvoll erscheint oder nicht. Der Herr wird uns für unsere Treue und unsere Perspektive belohnen. Auch dem Herrn wird etwas gesagt. Es sind ganze Bücher über Christen und Arbeit geschrieben worden, okay? Hier geht es nur um ein paar ganz kurze Gedanken, die Paulus äußert. Ich möchte es auf der Ebene dieser Prinzipien belassen, denn man könnte abendelang darüber reden.
Dem Herrn wird ganz kurz etwas gesagt – nur ein Vers. Und es richtet sich natürlich an gläubige Menschen mit Personalverantwortung, sage ich jetzt einfach mal. Es sind nicht so viele von uns. Der Herr tut dasselbe gegenüber Ihnen – also nicht gegen Sie, sondern Ihnen gegenüber. Meine Übersetzung ist da manchmal etwas unklar. Was heißt hier „dasselbe“? Vorher war davon die Rede, dass Gott möchte, dass sowohl Freie als auch Sklaven das Gute tun. Die Herren waren meistens die Freien, und auch sie sollen das Gute tun, auch gegenüber ihren Angestellten, damals sogar gegenüber ihren Sklaven. Sie sollen gutwillig sein.
„Lasst das Drohen“ steht hier, denn ihr wisst, dass sowohl ihr als auch euer Herr im Himmel ist und dass bei ihm kein ansehender Person ist. Gott sagt: Auch wenn du momentan Verantwortung trägst und führst, bist du letzten Endes nicht weiter oben in der Pyramide als der, der gerade dein Angestellter oder dein Sklave ist. Ihr habt beide den gleichen Herrn, wenn du gläubig bist und er es ist. Du hast eine andere Aufgabe als er.
Lasst das Drohen sein. Die Angestellten sollen sich dir mit einem gewissen Respekt unterordnen, aber du sollst keine Atmosphäre der Furcht erzeugen. Paulus bleibt bei diesen ganz kurzen Prinzipien, und das wollen wir jetzt auch tun.
Gehorsam der Kinder und Erziehung durch die Eltern
Eltern und Kinder – ein Schritt zurück im Kapitel
Kapitel 6, Vers 1: Ihr Kinder, gehorcht euren Eltern im Herrn, denn das ist recht.
Das ist ein ganz kurzes und einfaches Prinzip: Ihr Kinder, gehorcht euren Eltern. Das ist richtig. Fertig. Wir müssen nicht diskutieren – das ist einfach richtig. Im Herrn, Gott will es so.
Ich habe es schon einmal gesagt im Zusammenhang mit dem Kolosserbrief. Dort gibt es eine ganz ähnliche Stelle, und wenn man sie genau liest, hat man das Gefühl, dass es im Kolosserbrief eher um jüngere Kinder geht. Kinder mit einem relativ feinen Gewissen, die ein Stück weit gläubig sind und gerne Gott gefallen möchten. Paulus sagt dort: Gehorcht euren Eltern in allem, denn das gefällt Gott. So ein netter Satz.
Hier sagt er: Ihr Kinder, gehorcht euren Eltern, denn das ist richtig. Man hat den Eindruck, dass er hier eher ältere Kinder vor Augen hat, vielleicht Jugendliche. Diejenigen, die diskutieren: „Muss ich meinen Eltern wirklich noch gehorchen? Ich bin doch schon 14,5.“ Und Paulus sagt: Ihr müsst nicht diskutieren, gehorcht euren Eltern, das ist richtig.
Über dieses Prinzip hinaus sagt er noch einen Satz. Er zitiert aus dem Alten Testament, aus den Zehn Geboten, die sogar die Heidenchristen kannten. Er zitiert das Gebot, wie man sich seinen Eltern gegenüber verhalten soll: „Ehre deinen Vater und deine Mutter“, welches das erste Gebot mit Verheißung ist, „damit es dir wohl ergehe und du lange lebst auf der Erde.“
„Ehre deinen Vater und deine Mutter“ gilt unbegrenzt vom Alter her. Gehorsam ist hingegen begrenzt durch das Alter. Irgendwann zieht man von zuhause aus, wird selbständig. Nicht alles, was meine Eltern sagen, muss ich im Gehorsam tun. Schon diesen eher jugendlichen Kindern sagt Paulus nicht mehr „gehorcht in allem“, sondern „gehorcht prinzipiell“. Im Kolosserbrief steht „gehorcht in allem“, hier steht „gehorcht euren Eltern“. Ehren sollen wir unsere Eltern, solange sie leben. Und wir müssen uns Gedanken darüber machen, was „ehren“ bedeutet.
Hier wendet Paulus das Prinzip auf diese wahrscheinlich eher jugendlichen und älteren Kinder an. Dann sagt er einen netten Satz: „Damit es dir wohler gehe.“ Wenn du das tust, wirst du den Segen Gottes haben. Es wird dir einfach gut gehen, du wirst ein erfülltes Leben haben. Gott wird dich dafür segnen. Mach es, auch wenn es dir schwerfällt in deiner Pubertät, deinen Eltern zu gehorchen.
Und dann kommt dieser Satz: „und du lange lebst auf der Erde.“ Im Alten Testament steht „lange lebst im Land, in das ich dich bringen werde“. Das ist eng verbunden mit der Verheißung Israels für das Land. Paulus nimmt das hier heraus, so zitiert er es nicht. Er sagt: „damit du lange lebst auf der Erde.“ Und ich habe das Gefühl, er macht es so ein bisschen mit einem Augenzwinkern.
Denn was wollen die Jugendlichen? Sie wollen möglichst schnell selbständig werden. Sie denken, das Leben bei den Eltern, unter der Führung und den Befehlen der Eltern, nach den Maßstäben der Eltern, sei kein gutes Leben. Paulus sagt: Doch, wenn du den Eltern gehorchst, wird es dir gut gehen. Du wirst ein gutes Leben haben. Und weißt du was? Du wirst ein langes Leben haben.
Dadurch, dass dein Leben länger wird durch Gehorsam, kannst du alles an Selbständigkeit aufholen, was du jetzt in den paar Jahren noch verpasst. Das meine ich mit Augenzwinkern: Hab noch ein paar Jahre Geduld, Gott gibt dir die paar Jahre hinten dran. Manchmal ist er nett.
Ihr Väter, interessanterweise, werdet auch angesprochen: „Ihr Väter, reizt eure Kinder nicht zum Zorn.“ Auch hier, im Kolosserbrief, geht es mehr darum, die Kinder nicht zu entmutigen. Hier geht es darum, dass man sie nicht reizt.
Ihr könnt euch vorstellen: Jüngere Kinder, die eigentlich alles richtig machen wollen, kann man leicht entmutigen. Pubertierende Kinder kann man leicht reizen, oder? Paulus sagt: Reizt eure Kinder nicht zum Zorn.
Sondern zieht sie auf – und jetzt kommen zwei ganz interessante Worte. Das ist kein Erziehungsseminar, daher ganz kurz: „Zieht sie auf in der Zucht und der Mahnung des Herrn“ steht in meiner Übersetzung.
Das eine Wort heißt, glaube ich, einfach Konsequenz. „In der Zucht des Herrn“ heißt einfach: Auch wenn es schwierig ist, versucht, sie mit Konsequenz zu erziehen. Sie haben ein tiefes Empfinden für Gerechtigkeit, manchmal sehr einseitig. Versucht, sie nicht zum Zorn zu reizen, aber trotzdem müsst ihr ein Stück weit konsequent sein. Zieht sie auf in der Zucht des Herrn.
Aber auch in der Ermahnung des Herrn. Es ist einfach eine Phase, in der ihr viel mit euren Kindern reden müsst. Ich persönlich bin nicht für einen Erziehungsstil, bei dem man mit kleinen Kindern stundenlang alles diskutiert. Aber spätestens, wenn sie älter werden, geht es um Ermahnung des Herrn. Ich muss ihnen Dinge erklären, warum sie richtig sind, warum sie gerecht sind. Ich muss versuchen, sie ein Stück weit zu überzeugen, auch wenn sie es vielleicht erst am nächsten Tag verstehen.
Ich finde es interessant, dass Paulus in dieser kurzen, kompakten Zusammenfassung, in der es eigentlich um Gehorsam und Unterordnung geht, diese zwei Worte verwendet: Auch älter werdende Kinder erzieht man mit einer gewissen Konsequenz, aber letzten Endes auch mit relativ viel Reden.
So, das war der Anhang. Jetzt kommen wir zurück zum Kern des Abschnitts: Männer und Frauen.
Grundsätze für Ehe und gegenseitige Verantwortung
Die Prinzipien sind genauso einfach.
Vers 22: „Ihr Frauen, seid unterwürfig euren eigenen Männern als dem Herrn.“
Vers 24: „Wie die Versammlung dem Christus unterworfen ist, so auch die Frauen den Männern in allem.“
Vers 33, zweite Hälfte: „Die Frau aber, dass sie den Mann fürchte.“
Für Männer sind die Prinzipien ebenfalls sehr einfach:
Vers 25: „Ihr Männer, liebt eure Frauen.“
Vers 28: „Auch die Männer sind schuldig, ihre Frauen zu lieben wie ihre eigenen Leiber.“
Es gibt also zwei ganz grundlegende, einfache Gebote:
Ihr Frauen ordnet euch euren Männern unter. Ich weiß, das darf man heutzutage nicht sagen, es wirkt in dieser Gesellschaft total abstrus.
Ihr Männer liebt eure Frauen.
Und letzten Endes steckt hier in diesem Abschnitt ganz viel davon drin: Übernehmt Verantwortung für sie.
Zuerst zu den Frauen: „Ihr Frauen, seid unterwürfig euren eigenen Männern als dem Herrn.“ Das Prinzip steht einfach da, und Gott möchte das so. Wie genau das aussieht, ist nicht immer leicht zu definieren.
In einer Ehe ist das nicht immer einfach, weil die meisten von uns ihre Ehen sehr partnerschaftlich leben – und das ist auch gut, wenn es funktioniert.
Was bedeutet es dann eigentlich noch, sich unterzuordnen? Das muss sich jedes Ehepaar für sich überlegen: Was heißt das konkret, wenn ich mich als Frau dem Mann unterordne? Wann erwartet der Mann von seiner Frau, dass sie sich ihm unterordnet?
Bei welchen Gelegenheiten gilt das eigentlich?
Die Frage ist für jedes Ehepaar: Wie leben wir das? Wie sieht es bei uns aus? Wie ähnlich oder unterschiedlich sind wir? Wie oft muss sich überhaupt jemand unterordnen?
Wenn wir ohnehin alles gleich sehen, passiert das seltener. Wenn wir Dinge sehr unterschiedlich sehen, passiert es wahrscheinlich häufiger.
In unserer Gesellschaft ist das ohnehin eine Frage: Wie kann das funktionieren?
Ich kann euch da kein Patentrezept geben. Ich will hier auch nicht hundert Beispiele aufzählen, nicht mal drei.
Nur eines ist mir wichtig: Dieses Prinzip steht hier, und wie immer definiert jedes einzelne Ehepaar, wie es dieses Prinzip verwirklichen will.
Wir sollten es nicht streichen. Für das „Wie“ gibt es einen großen Spielraum, aber das Prinzip steht da, und wir sollten es nicht streichen.
Das finde ich ein wichtiges Prinzip bei vielen Dingen, die wir in der Bibel lesen – auch bei vielen Dingen, bei denen wir denken, dass sie nicht mehr in unsere Gesellschaft passen.
Wir können uns überlegen, wie wir das Prinzip leben, aber es steht nicht umsonst da. Wir sollten es nicht streichen.
Die Rolle des Mannes als Haupt der Frau
Paulus macht in Vers 23 einen kleinen Ausflug, wenn er sagt: Der Mann ist das Haupt der Frau, wie auch Christus das Haupt der Versammlung ist. Er ist der Heiland des Leibes.
Eigentlich befindet sich Paulus noch im Abschnitt über Frauen, doch plötzlich hat man das Gefühl, er spricht zu den Männern. Denn er spricht davon, dass Unterordnung sinnvoll ist, weil der Mann Verantwortung hat und diese auch übernehmen soll. Er sagt, es gibt eine andere Beziehung, die viele Parallelen zu eurer Beziehung hat: die Beziehung zwischen Christus und seiner Gemeinde.
Paulus betont, dass wir schon viel über Christus und seine Gemeinde gesprochen haben. Er beschreibt, wie Christus Verantwortung übernimmt als Haupt für seinen Leib, die Gemeinde. Christus ist Haupt, indem er führt und indem er die Glieder zusammenstellt. Er sorgt dafür, dass jedes einzelne Glied das bekommt, was es braucht.
Hier schwingt mit, dass Unterordnung den Sinn hat, dass der Mann Haupt sein kann. Dass der Mann Verantwortung für die Frau übernehmen kann, sie führen und abschirmen kann vor Dingen, die unangenehm für sie sind. Der Mann kann dafür sorgen, dass die Frau die Dinge bekommt, die sie eigentlich braucht und wünscht – dass er wirklich Haupt ist.
Natürlich steckt hier auch die Aufforderung an die Männer, genau das zu sein: daran zu arbeiten, echte Verantwortung zu übernehmen. Es geht nicht darum, dass der Mann im Haus eine Art Herrscher ist, der die Frau herumkommandiert, weil es billiger ist als Putzkräfte. Es geht darum, dass jemand Verantwortung für jemand anderen übernimmt.
Ich bin sehr überzeugt davon, dass Paulus das hier explizit beschreibt. In Vers 22 und 24 fordert er die Frauen zur Unterordnung auf, aber gleichzeitig schreibt er etwas über die Rolle des Mannes und wie sie gedacht ist. Er hebelt diese Aufforderung nicht aus, sondern wiederholt sie in Vers 24 noch einmal.
Ich glaube jedoch, dass mitschwingt, dass es für eine Frau fast unmöglich ist, diese Unterordnung zu leben, wenn der Mann seinen Part nicht erfüllt. Auf Dauer ist das kaum möglich. Deshalb steht Vers 23 zwischen diesen beiden Versen. Paulus spricht plötzlich davon, dass Christus der Retter und Heiland des Leibes ist – was er erst zwei Verse später genauer erklärt.
Dieser Vers zeigt, wie herausfordernd es für Männer ist, in welchem Maß sie für ihre Frau da sein sollen. Es geht darum, Verantwortung in dieser sehr engen Beziehung zu übernehmen.
In diesem Vers steckt auch ein Hoffnungsschimmer für Frauen. Wenn sie sich unterordnen, könnte das ihren Mann motivieren, seinen Part zu übernehmen – vielleicht. Wenn er gläubig ist, könnte er motiviert sein, Christus nachzuahmen.
Denn der Mann ist von Gott her das Haupt der Frau. Das ist eine Tatsache. Ordne dich unter, damit dein Mann Haupt sein kann. Ordne dich unter, solange er versucht, im positiven Sinn Haupt zu sein oder solange es eine Chance gibt, dass er motiviert wird, es zu versuchen.
Ich glaube, all diese Nuancen schwingen in diesem Abschnitt mit.
Die Verantwortung der Männer in der Ehe
Männer, jetzt kommen wir zum längsten Abschnitt, und zwar zu den Versen 25 bis 30. Ich habe es schon gesagt: In Vers 25 heißt es, ihr Männer, liebt eure Frauen. Und in Vers 28 steht, dass auch die Männer verpflichtet sind, ihre Frauen zu lieben.
Schon in Vers 23 ging es um die Männer und die Aufforderung, Verantwortung zu übernehmen – wirkliche Verantwortung für jemand anderen. Dabei schwingen immer drei Begriffspaare mit, die Paulus ziemlich frei verwendet.
Es geht zum einen um Mann und Frau, also um die Ehe. Zum anderen um Christus und die Gemeinde, was ebenfalls eine Art Ehe und eine sehr enge Beziehung ist. Und schließlich gibt es das Begriffspaar Haupt und Leib. Paulus sagt, dieses Begriffspaar kann man auf Christus und die Gemeinde anwenden, aber auch auf Ehemann und Ehefrau.
Er arbeitet immer mit diesen drei Begriffspaaren. Er sagt zu Männern und Frauen: Es gibt eine Beziehung, die eurer Beziehung ähnlich ist, von der ihr lernen könnt und die euch motivieren kann. Das ist die Beziehung von Christus zu seiner Gemeinde.
Ihr Männer liebt eure Frauen, wie auch Christus die Gemeinde geliebt und sich selbst für sie hingegeben hat. Das ist ein erschreckender Satz, oder? Ihr Männer liebt eure Frauen, wie Christus die Gemeinde geliebt hat.
Ich glaube jedoch, dass dieser Satz nicht ganz so erschreckend ist, wie er auf den ersten Blick klingt. Ich bin überzeugt, dass das „Wie“ an dieser Stelle nicht das Maß ist. Das Maß kommt später, sondern es geht um die Art und Weise.
Ich glaube, Paulus gibt uns hier eine Anregung, aber er schreibt nicht einfach, ihr müsst bereit sein, für eure Frau ans Kreuz zu gehen. Das „Wie“ bezieht sich auf die Art und Weise, nicht auf das Maß.
Die Art und Weise bedeutet, dass auch eure Liebe zu eurer Frau etwas mit Hingabe zu tun haben sollte – und an der einen oder anderen Stelle mit Selbstverleugnung. Ein bisschen mit Sterben, wenn ihr eure eigenen Interessen vielleicht zurückstellen müsst.
Ja, auch das ist eine Form von Unterordnung. Wenn ich meine eigenen Interessen zurückstelle, nicht weil meine Frau mir einen Befehl gegeben hat oder weil sie gerade etwas von mir will, sondern einfach zum Wohl meiner Frau.
Ich stelle meine Interessen zurück, ordne sie ihrem Wohl unter. Wir alle müssen in vielen Beziehungen Unterordnung lernen.
Die enge Verbindung von Mann und Frau
In Vers 28 wechselt Paulus das Bild ein wenig. Er sagt: Die Männer sind schuldig, ihre Frauen zu lieben – und zwar nicht nur so, wie ein Christ seine Gemeinde liebt, sondern so wie ihren eigenen Körper. Er fordert die Männer auf zu verstehen, dass die Frau in einer sehr, sehr intimen Weise Teil ihres Lebens ist. Nicht einfach ein Möbelstück oder ein Angestellter, sondern auf eine sehr enge Weise Teil ihres Lebens.
Die Beziehung soll sehr eng sein, so, wie Gott es sich vorgestellt hat. Männer sollen verstehen, dass alles, was sie ihrer Frau Gutes tun, sie eigentlich sich selbst tun. Denn für das eigene Glück, für das Wohl und Weh sind sie mit ihr zusammengeschweißt. Wie Christus für seine Gemeinde sorgt, so wie für seinen eigenen Körper, so sollen die Männer für ihre Frauen sorgen wie für ihren eigenen Körper.
Das ist das Maß, von dem Paulus vorhin gesprochen hat. Im Vergleich zu Christus’ Hingabe geht es hier um das Wie, in der gleichen Art, aber nicht unbedingt im gleichen Maß. Hier geht es um das Maß, und das Maß ist einfach.
In Vers 33 fasst Paulus zusammen: „Doch auch ihr, ein jeder von euch, liebe seine Frau so wie sich selbst.“ Kommt das bekannt vor? „Du sollst deinen Nächsten lieben wie dich selbst.“ Die Ehefrau ist eine ganz besondere Form eines Nächsten, und das Maß, in dem ich sie lieben soll, ist wie mich selbst.
Paulus führt das noch einmal aus, in Vers 29 und nochmals in Vers 28: „So sind auch die Männer schuldig, ihre Frauen zu lieben wie ihre eigenen Leiber. Wer seine Frau liebt, liebt sich selbst. Er tut sich selbst Gutes, denn niemand hat jemals sein eigenes Fleisch, seinen eigenen Körper gehasst, sondern er nährt und pflegt ihn, wie auch Christus die Versammlung.“
Er erklärt, dass wir ganz instinktiv für unseren Körper sorgen. Man sorgt dafür, genug Nahrung zu haben, und meistens achtet man sogar darauf, dass die Nahrung schmeckt. Man pflegt seinen Körper: Wenn man nicht völlig heruntergekommen ist, duscht man ab und zu. Wenn man in die Sonne geht, benutzt man Sonnencreme. Wenn man denkt, die Haut könnte Schaden nehmen, cremt man sie ein. Instinktiv sorgt man dafür, genug Schlaf und Ruhe zu bekommen. Man möchte nicht, dass der Körper Schaden nimmt.
Darüber muss man nicht einmal nachdenken – zumindest die meisten von uns. Es gibt zwar psychische Störungen, aber normalerweise isst man, wenn man Hunger hat, ohne sich zwingen zu müssen.
Paulus sagt, genauso automatisch soll es für Männer sein, für ihre Frauen zu sorgen. So wie sie wissen, was ihrem Körper gut tut, sollen sie auch wissen, was ihren Frauen gut tut. Sie sollen sie nähren. Praktisch bedeutet das, dafür zu sorgen, dass sie genug zu essen haben, dass der Mann so viel verdient, dass seine Frau davon auch leben kann. Aber es ist auch übertragen gemeint: dass sie sonst alles bekommt, was sie braucht, um sich wohlzufühlen.
Der Mann sorgt dafür, dass seine Frau warm genug hat – und das hat bei Frauen nicht nur mit der Temperatur zu tun.
Im Grunde sagt Paulus also: Männer, liebt eure Frauen, auch wenn es euch etwas kostet. Christus hat viel gekostet, mehr als es euch kosten wird. Liebt eure Frauen so automatisch, wie ihr euren eigenen Körper liebt und pflegt. Denn sie sind ein Teil von euch, und es tut euch gut, wenn es ihnen gut geht. Pflegt sie, tut ihnen Gutes. Ganz einfach.
Zusammenfassung der Beziehungen und Ausblick
Ja, Männer und Frauen, Kinder und Eltern, Knechte und Herren – wir stehen in vielen Beziehungen zueinander. Manchmal sind diese Beziehungen nicht klar definiert, und es ist unklar, wer sich wem unterordnen soll. All das müssen wir lernen.
Als Erben des Himmels ist es wichtig, diese Lektionen zu verstehen, denn sie werden uns guttun. Wer einer Frau Gutes tut, tut sich selbst Gutes. Wer seine Eltern ehrt, wird ein gutes Leben haben. Wer als Freier oder als Knecht das Gute tut, dem wird der Herr ebenfalls Gutes tun.
Wie es uns auf dieser Erde ergeht, hängt zwar nicht absolut, aber prinzipiell davon ab, dass wir das Leben so führen, wie Gott es sich vorgestellt hat.
Eigentlich fängt jetzt meine zweite Predigt an. Doch meine Zeit ist um. Deshalb werde ich die Brüder wahrscheinlich bitten müssen, mir nächsten Sonntag vielleicht zwanzig Minuten zu gewähren, damit ich diese zweite Predigt halten kann. Denn ich möchte euch ein Geheimnis verraten.
Wenn ihr den Text, Verse 25 bis 33, aufmerksam lest, werdet ihr merken, dass Paulus sich verrät.
Das Geheimnis der Ehe und die Beziehung von Christus und Gemeinde
Deswegen wird ein Mann, ein Mensch, den Vater und die Mutter verlassen und seiner Frau anhangen, und die zwei werden ein Fleisch sein. Das ist der erste richtige Vers über die Ehe im Alten Testament.
Dieses Geheimnis ist groß. Ich sage es aber in Bezug auf Christus und die Gemeinde. Paulus, ich dachte, du wolltest über Mann und Frau reden. Nein, nicht nur.
Wisst ihr, das ist ein Abschnitt, in dem Paulus, glaube ich, schon wieder über Christus und die Gemeinde reden will. Christus und die Gemeinde ist nicht nur ein Punkt hier, um die Ehe mit etwas zu vergleichen. Es ist nicht nur ein Punkt, an dem wir Motivation als Männer und vielleicht auch als Frauen finden sollen. Es ist nicht nur ein Punkt, an dem wir uns als Gemeinde Motivation holen sollen. Nein, Paulus möchte über Christus und die Gemeinde reden.
Er hat schon viel über Christus und die Gemeinde in seinem Brief gesprochen, direkt oder indirekt. Er hat davon geredet, dass wir Adoptivkinder sind, dass wir ein Thronsaal sind. Er hat darüber gesprochen, dass wir der Leib Christi sind, dass wir das Haus Christi sind, und all das sind Bilder für seine Gemeinde.
Aber in diesem Brief hat er erst zweimal das Wort Gemeinde erwähnt: in Kapitel 3, Vers 10, dass die unsichtbare Welt an der Gemeinde die mannigfaltige Weisheit Gottes sieht, und in Kapitel 3, Vers 21, dass Gott in seiner Gemeinde verherrlicht werden soll.
In diesem Abschnitt über Männer und Frauen benutzt er das Wort Gemeinde sechsmal, weil er uns zeigen möchte, dass Gott das Verhältnis von Christus und der Gemeinde als ein sehr emotionales Verhältnis sieht.
In Kapitel 5, Vers 2 sagt er: „Und wandelt in Liebe, wie auch der Christus uns geliebt und sich selbst für uns hingegeben hat.“ Wie auch der Christus uns geliebt und sich selbst für uns hingegeben hat. Und das ist einfach eine Gruppe von Menschen, jeder einzelne, für jeden einzelnen von euch. Euch hat Christus geliebt, dich hat Christus geliebt und sich für dich hingegeben, für jeden von uns.
Aber hier wiederholt Paulus das fast mit den gleichen Worten und doch anders: „Ihr Männer, liebt eure Frauen, wie auch der Christus die Gemeinde geliebt und sich selbst für sie hingegeben hat.“ Christus liebt nicht nur jeden einzelnen von euch, sondern Christus liebt seine Gemeinde als Gefüge, als Ganzes, als Menschen, die eng zusammengehören, als Menschen, die zusammen funktionieren, obwohl sie so unterschiedlich sind, als Menschen, die sich gegenseitig helfen.
All das, was wir gelesen haben von diesem Leib, von diesen Gelenken der Darreichung – wisst ihr was? Christus liebt das. Christus findet es nicht nur gut, weil er sich das so ausgedacht hat, sondern Christus liebt das. Christus liebt seine Gemeinde.
Nicht nur jeden Einzelnen und nicht nur in der Gruppe jeden Einzelnen, sondern Jesus liebt es, wenn Menschen, die gläubig geworden sind, als Gemeinde zusammenleben und als Gemeinde zusammen funktionieren. Und das möchte Paulus uns sagen: Christus liebt die Gemeinde, und er hat sich selbst für sie hingegeben.
Und ich glaube, dass es über das hinausgeht, dass er es total wichtig findet, wie wir auf dieser Erde leben. Das ist das, worüber er in diesem Abschnitt reden möchte, nicht nebenbei.
Hier gibt es Verse, die ich beim Vorlesen ausgelassen habe, die sich, glaube ich, nicht mehr auf die Ehe beziehen: Vers 26 und 27. Paulus sagt, damit er sie heiligte, sie reinigte durch die Waschung mit Wasser durch das Wort.
Ganz ehrlich: Ich wasche meine Frau nicht. Das ist kein Vers fürs Altwerden, wo es vielleicht nötig ist, dass der eine den anderen wäscht. Das ist kein Vers, der letzten Endes über die Ehe spricht. Das ist ein Vers über das Verhältnis von Christus und seiner Gemeinde, weil Paulus über dieses Verhältnis reden möchte.
In diesem Zusammenhang, in diesem emotionalen Zusammenhang – ich muss aufhören. Ich habe das, glaube ich, schon mal zitiert, ich zitiere es gerne: William MacDonald hat meinem jungen Bruder, der evangelistisch sehr aktiv war, gesagt: „Christus liebt die Gemeinde. Christus liebt die Gemeinde, was mit dir?“ Dieser Satz hat das Leben dieses jungen Mannes verändert.
