Wir sind im achten Kapitel und damit am Ende unseres ersten Teils der Dogmatik angekommen. Das ist wirklich beeindruckend, denn die gesamte Dogmatik besteht aus sieben Teilen.
Der gesamte Komplex über die Bibel, das Wort Gottes, findet heute seinen Abschluss. Dabei könnte man fast traurig sein, dass es nicht noch mehr Themen gibt, die wir studieren können. Doch die Bibel verlässt uns nicht, denn sie bildet die Grundlage für alle weiteren Teile, die die Dogmatik anbietet.
Zum Abschluss dieser Reihe beschäftigen wir uns heute mit der Lehre, die den Titel trägt: Die Genügsamkeit der Heiligen Schrift.
Einführung in das Thema der Genügsamkeit der Heiligen Schrift
Der eifrige Bibelschüler, der sich gut vorbereitet hat und auch selbst in der biblischen Dogmatik nachgelesen hat, wird sofort merken, dass ich etwas anders mache als in der deutschen Übersetzung dieser Dogmatik.
Dort heißt es, wenn ihr die Dogmatik habt, „die Genugsamkeit der Heiligen Schrift“. Das ganze Kapitel verwendet ebenfalls den Begriff „Genugsamkeit“. Nun ist es so, dass „Genugsamkeit“ eigentlich dasselbe bedeutet, aber der Begriff ist eher altbacken und liegt mir nicht so leicht auf der Zunge.
Etwas ist „genug“, aber wir kennen auch das Wort „genügend“. Mir fällt es leichter, von der „Genügsamkeit der Heiligen Schrift“ zu sprechen. Darüber wollen wir uns jedoch nicht streiten oder spalten. Amen.
Das war ein schwaches Amen. Einige wollen für diesen Unterschied kämpfen.
Relevanz und Fragestellungen der Genügsamkeit
Genau, worum geht es in dieser Einheit, wenn es um die Genügsamkeit der Heiligen Schrift geht? Das klingt zunächst sehr abstrakt und weit entfernt. Doch wenn man sich diesem Thema widmet und es gründlich studiert, erkennt man, wie relevant es ist.
Viele Christen leben unter einer harten Knechtschaft ihrer Traditionen, weil sie das Prinzip der Genügsamkeit der Heiligen Schrift nicht kennen. Es ist daher bedauerlich, dass sich manche nicht mit diesem Thema beschäftigen, obwohl sie es sollten – vielleicht nur, weil der Begriff selbst etwas sperrig wirkt.
Worum geht es also genau? Die zentrale Frage dieser Einheit lautet: Sollen wir nach weiteren Worten Gottes suchen, zusätzlich zu denen, die wir in der Heiligen Schrift finden? Brauchen wir etwas darüber hinaus? Oder genügt die Bibel allein, um den Willen Gottes für unser Denken und Handeln zu erkennen?
Diese Fragen werden wir uns heute genauer anschauen.
Definition der Genügsamkeit der Heiligen Schrift
Grudem beginnt seine Dogmatik beziehungsweise das Kapitel, wie so oft, zunächst mit einer Definition. Wovon sprechen wir, wenn wir diese Formel verwenden: Genügsamkeit oder Genugsamkeit, wie er es immer wieder nennt?
Auf Seite 139 startet er mit folgender Definition: Die Genugsamkeit der Schrift bedeutet, dass die Bibel alle Worte Gottes enthält, von denen er wollte, dass sein Volk sie in jedem Stadium der Heilsgeschichte haben sollte. Außerdem enthält sie jetzt alle Worte Gottes, die wir zur Errettung, zum völligen Vertrauen auf Gott und zum völligen Gehorsam ihm gegenüber benötigen.
Das ist die gesamte Wahrheit, die er in dem Kapitel zusammengefasst entfaltet. Diese wollen wir uns nun Stück für Stück erarbeiten.
Diese Lehre besagt im Prinzip, dass wir, wenn wir mit der Bibel in der Hand unterwegs sind, zufrieden sein können. Wir können zufrieden sein mit dem, was Gott gesagt hat. Die Bibel betont mehrfach, dass Gottes Wort als Mittel ausreicht, um uns zum Glauben an Jesus Christus zu führen und um uns in eine versöhnte Beziehung mit dem Vater im Himmel zu bringen.
Die Bibel als ausreichendes Mittel zur Errettung und zum Glauben
Das wird durch folgende Verse sehr deutlich: Zweiter Timotheus 3,15.
Da schreibt Paulus zu seinem Kollegen und Nachfolger Timotheus: „Und weil du von Kind auf die heiligen Schriften kennst, die Kraft haben, dich weise zu machen, zur Rettung durch den Glauben, der in Christus Jesus ist.“
Hier sehen wir also: Die heiligen Schriften sind das Mittel dazu. Paulus sagt nicht, du brauchst noch dies und du brauchst noch das. Stattdessen ist die Schrift das, was die Kraft hat und auch ausreicht, um bei Gott anzukommen und Frieden mit Gott zu haben.
Jakobus 1,18 sagt: „Nach seinem Willen hat er uns durch das Wort der Wahrheit geboren, damit wir eine Art Erstlingsfrucht seiner Geschöpfe sind.“
Auch hier sehen wir wieder: Das Wort der Wahrheit ist die Quelle und ausreichend, damit wir ein neues Leben bekommen.
1. Petrus 1,23 bringt denselben Gedanken mit anderen Worten zum Ausdruck: „Denn ihr seid wiedergeboren, nicht aus vergänglichem Samen, sondern aus unvergänglichem, durch das lebendige und bleibende Wort Gottes.“
Das ist also das eine: Um bei Gott anzukommen, brauchen wir das Wort Gottes und nichts anderes. Wir brauchen keine neuen Thesen, keine Theorien und keine weiteren Erkenntnisse. Das Wort Gottes reicht für uns aus.
Die Bibel als ausreichende Anleitung für das christliche Leben
Die Bibel ist darüber hinaus auch ausreichend, damit wir ausgerüstet sind, unser christliches Leben zu leben. Das Ziel ist klar: Wir werden irgendwann bei meinem Vater in der Ewigkeit sein. Doch was passiert in der Zwischenzeit? Was leitet uns an, und wo können wir Gottes Willen in dieser Zeit erkennen?
Denn dir geht es so wie mir: Ich bin noch nicht im Himmel, und der Himmel ist noch nicht bei mir. Es gibt noch einige Stationen zu durchlaufen. Wo werde ich Gottes Willen hinreichend erkennen für mein Leben, für meinen Lebensweg bis zu diesem Ziel?
In 2. Timotheus 3,16-17 heißt es außerdem: „Alle Schrift ist von Gott eingegeben und nützlich zur Lehre, zur Überführung, zur Zurechtweisung, zur Unterweisung in der Gerechtigkeit, damit der Mensch Gottes richtig ist und für jedes gute Werk ausgerüstet wird.“
Hier haben wir es wieder: alle Schrift. Ihr habt diesen Vers wahrscheinlich in fast jeder der letzten acht Einheiten gehört – mit heute gerechnet. Das ist wirklich der Kardinalvers, die Hauptpassage, die so dicht ist, so theologisch dicht, dass man über jeden Satzteil eigene Bücher schreiben könnte.
Also: Alle Schrift ist gegeben, damit wir für jedes gute Werk ausgerüstet werden. Die Betonung liegt auf „jedes“, nicht auf „manches“, „vieles“ oder „weniges“, sondern auf „jedes“. Jede Erwartungshaltung, die Gott an den Menschen stellt, der ihm wohlgefällig leben möchte, wird darin erfüllt, wenn wir uns hier hineinbegeben und hiervon lernen, um das gute Werk, das er von uns wünscht, auch zu tun.
Das kann uns eine riesige Ermutigung geben. Ich brauche kein Spezialwissen, ich muss nicht forschen. Manche haben ja das Gefühl, sie würden nie so richtig im Willen Gottes leben, wenn sie nicht auch eine Bibelschule besucht oder Griechisch und Hebräisch studiert hätten. Vielleicht denkt ihr nicht so, aber unter Christen gibt es manchmal dieses Denken.
Ich muss erst mal irgendetwas absolvieren, damit ich im Willen Gottes leben kann. Dieses Denken ist in der Bibel komplett fremd. Paulus spricht hier zu Timotheus, der Christen leitet – Christen wie dich und mich, die ganz normal aus dem Alltag kommen. Damals hatte niemand die Zeit, zu einer externen Bibelschule zu gehen. So etwas gab es noch nicht einmal.
Die Leute hatten genug zu tun, sich über Wasser zu halten, und waren einfache Jesusnachfolger. Für jedes gute Werk wurden sie zugerüstet, indem sie mit der Bibel in der Hand unterwegs waren.
Gute Werke als Ausdruck des Glaubens und der Gnade
Paulus spricht im Brief an die Epheser etwas an, das Grudem jetzt nicht nennt, das mir aber wichtig ist, noch einmal darzulegen. Paulus sagt, dass Gott für uns gute Werke vorbereitet hat. Sicherlich ist vielen dieses berühmte Wort aus Epheser 2,10 bekannt: „Denn wir sind sein Gebilde in Christus Jesus, geschaffen zu guten Werken, die Gott vorher bereitet hat, damit wir in ihnen wandeln sollen.“
Wir tun also nicht gute Werke, um unsere Rechtfertigung oder das ewige Leben zu verdienen. Aber gute Werke sind durchaus Teil des Lebens von Christen, wenn sie mit Jesus unterwegs sind.
Manche verwerfen diesen Gedanken der guten Werke komplett. Sie wollen gar nicht darüber sprechen, weil sie Angst haben, gleich in den Topf der Werksgerechten geworfen zu werden. „Ich möchte damit nichts zu tun haben, wir leben aus Gnade, nicht aufgrund von Leistung.“ Und dann spricht man plötzlich gar nicht mehr über gute Werke.
Es geht so weit, dass einige Prediger bei YouTube das so verbreiten. Das ist sehr ärgerlich. Es geht sogar so weit, dass YouTube-Prediger den Leuten verklickern: „Sag einfach, dass du an Jesus glaubst, dass er für deine Sünde gestorben ist, dann ist alles egal und du wirst errettet sein. Du kannst trotzdem weiterleben wie ein Hund.“ Also im Prinzip so eine billige Gnade. Genau, einfach nur mit deinem Mund bekennen, und dann ist alles gut.
Nein, es geht darum: Wenn wir wiedergeboren sind, wenn Gottes Geist in uns lebt, dann möchte er uns auch bewegen. Dann folgen wir dem Geist. Wir werden nicht permanent einfach nur im Fleisch leben oder dem Fleisch folgen. Natürlich gibt es diesen Streit in uns. Ja, wir sind nicht perfekt in diesem Leben. Aber wenn es überhaupt keine Anzeichen in deinem Leben gibt, keine guten Werke, dann ist nicht die Frage, ob du sie dir verdient hast, sondern: Was ist da in dir passiert? Gibt es eine Sinnesänderung in dir? Gibt es eine neue Liebe? Und eine Liebe zeigt sich irgendwie.
Wenn jemand sagt: „Ich habe ein neues Herz bekommen, das für Gott pulsiert, schlägt und lebt, und ich liebe Gott“, aber es findet überhaupt keinen Ausdruck, dann wird man immer fragen: An der Frucht wird man erkennen, wie das Wurzelwerk eines Baumes bestellt ist. Und wenn da nur faule Früchte hängen, dann frage ich mich: Ist der Baum eigentlich gut? „An den Früchten werdet ihr sie erkennen.“
Nun, Paulus spricht davon, dass wir geschaffen sind in Christus Jesus zu guten Werken. Gott macht etwas aus Gnade. Wenn wir in dieser Gnade stehen, dann werden wir sehen, wie sich auf einmal ein Plan Gottes in unserem Leben entfaltet. Wir tun gute Werke, die er für uns vorbereitet hat.
Die Verbindung von Gottes Wort und dem Wandel in guten Werken
Nun stellt sich die Frage: Wie können wir die guten Werke tun, die Gott vorher bereitet hat?
In Psalm 119, Vers 1 heißt es: „Glücklich sind die, die im Weg untadelig sind, die im Gesetz des Herrn wandeln.“ Das ist ein schönes Wort in Verbindung mit Epheser 2, Vers 10. Warum? Weil es bedeutet, dass wir in den guten Werken wandeln sollen, wie es in Epheser 2, Vers 10 steht. Dort heißt es, wir sollen in den guten Werken wandeln.
Psalm 119, Vers 1 sagt, dass diejenigen glücklich sind, die im Weg untadelig sind und im Gesetz des Herrn wandeln. Das bedeutet, wenn ich sicherstelle, dass ich mit dem Wort Gottes unterwegs bin, wenn ich in dem Wort wandle und darin zuhause bin, wird das sicherstellen, dass ich auch in den guten Werken wandle, die Gott für mich vorbereitet hat.
Das ist im Prinzip der Schlüssel.
Ein Zitat von Wayne Grudem, um diesen Abschnitt abzuschließen: Seit 140 schreibt er: „Was müssen wir dann zusätzlich zu dem, was Gott uns in der Heiligen Schrift gebietet, tun, um moralisch vollkommen in Gottes Augen zu sein? Nichts. Überhaupt nichts. Wenn wir einfach die Worte der Schrift halten, werden wir untadelig sein und jedes gute Werk tun, das Gott von uns erwartet.“
Hier geht es also nicht darum, dass wir uns etwas verdienen würden. Es geht nicht darum, um vollkommen zu werden, dies und das zu tun, damit Gott uns einen Stempel aufdrückt mit „Du hast es verdient“. Das ist es nicht.
Vielmehr zeigt er ein Prinzip: Um in den Wegen Gottes zu wandeln, bedarf es nur, dass wir uns diesem Wort widmen.
Aber – und das weiß jeder – wir sind nicht in der Lage, in Perfektion in diesem Wort zu wandeln. Deshalb brauchen wir Jesus Christus, der das Wort Gottes komplett erfüllt hat und uns auch Gnade gibt, damit wir aus seiner Gnade heraus leben können.
Die Bibel als alleinige Quelle für Gottes Willen
In einem zweiten Abschnitt, den er folgendermaßen überschreibt, heißt es, dass wir alles finden können, was Gott zu besonderen Themen zu uns gesagt hat. Außerdem können wir Antworten auf unsere Fragen finden. Die Genügsamkeit der Bibel soll ausdrücken, dass wir für ein Leben, das Gott gefällt, keine weiteren Traditionen von anderen Menschen benötigen.
Wir brauchen auch nicht die Dogmen der Kirche, die über die Jahrhunderte entstanden sind. Ebenso sind subjektive Geistesblitze oder Geisteseindrücke nicht erforderlich, um Gott nachzufolgen. Vielmehr reicht das Erforschen der Bibel aus, um Gott so zu folgen, wie es ihm gefällt.
Denn Gottes Wille ist für weite Teile unseres Lebens bereits offenbart. Es gibt kein weiteres Update, das wir benötigen, um die wichtigsten Lebensbereiche abzudecken und zu erkennen, wie wir im Willen Gottes leben sollen.
Wayne Grudem schreibt auf Seite 141: Es ist beispielsweise möglich, obwohl es eine gewisse Arbeit erfordert, alle Bibelstellen zu finden, die für die Themen Ehe und Ehescheidung, für die Verantwortlichkeiten von Eltern gegenüber ihren Kindern oder für die Beziehung zwischen Christen und der staatlichen Obrigkeit direkt relevant sind.
In diesen und Hunderten anderer moralischer und lehrmäßiger Fragen gibt uns die biblische Lehre von der Genügsamkeit der Schrift die Zuversicht, dass wir herausfinden können, was Gott in diesen Bereichen von uns zu denken oder zu tun fordert.
In vielen dieser Bereiche können wir die Zuversicht gewinnen, dass wir zusammen mit der großen Mehrheit der Kirche im Laufe der Geschichte herausgefunden und richtig formuliert haben, was Gott von uns denkt oder wünscht, dass wir tun.
Einfach ausgedrückt sagt uns die Lehre von der Genügsamkeit der Schrift, dass es möglich ist, systematische Theologie und Ethik zu studieren und Antworten auf unsere Fragen zu finden. Genau das werden wir im Laufe der nächsten Monate und wahrscheinlich Jahre tun.
Das wird ausreichen, um fundierte Antworten darüber zu erhalten, wer Gott ist, wer der Mensch ist, wie Gott den Menschen gedacht hat, wie es sich mit seiner Sexualität verhält, mit Ehe, mit Familie und so weiter.
All diese grundlegenden Fragen des menschlichen Daseins stehen nicht in den Sternen, sondern zwischen zwei Buchdeckeln, die wir erforschen dürfen, um daraus Antworten zu erhalten.
Unterschiedliche Auffassungen in der Christenheit
Wayne Grudem bringt gleich einen wichtigen Einwand vor. Was für dich, nach dem, was du gerade gehört hast, vielleicht schon ermüdend wirkt und du hoffst, es wird noch spannender, ist keineswegs für die gesamte Christenheit selbstverständlich.
Das, was du jetzt unter dem Titel „Die Genügsamkeit der Heiligen Schrift“ liest, ist für uns Evangelikale klar und selbstverständlich. Doch es gibt christliche Traditionen, die bei allein diesem Titel sofort ablehnen würden. Sie würden aufstehen und sagen: „Das geht aber gar nicht. Du willst doch nicht wirklich behaupten, dass die Bibel allein reicht, um zu erkennen, was Gott von uns will.“
Vielleicht fragst du dich, welche Gruppierungen sich so etwas erlauben, das zu behaupten. Wayne Grudem geht direkt darauf ein. Er sagt, ein römisch-katholischer Christ wird bei dieser Art der Präsentation, die wir uns eben angeschaut haben, einfach nicht mitgehen können.
Wir würden sagen: „Wie, du sprichst von der Genügsamkeit der Heiligen Schrift?“ Ja, die Schrift ist Gottes Wort, selbstverständlich, das sagt auch ein Katholik. Aber er würde niemals sagen, die Bibel allein reicht aus. Ein Katholik glaubt genau das Gegenteil von dem, was wir vielleicht für selbstverständlich erachten.
Praktische Bedeutung der unterschiedlichen Autoritäten
Warum ist es wichtig, dass wir uns das bewusst machen?
Schaut, wir leben in einer Zeit, in der man erst einmal auf Unverständnis stößt, wenn man über solche Dinge spricht. Zumal viele, auch evangelikale Christen, sagen, dass doch eigentlich alles dasselbe sei. Sie meinen, wir glauben an den gleichen Gott, wir glauben alle an Jesus. Darum geht es mir auch gar nicht. Aber es ist nicht alles gleich.
Es hat eine immense praktische Relevanz, ob wir uns darauf verständigen, ob die Bibel allein reicht oder ob es noch andere Autoritäten in unserem Leben gibt, die einfach so hineingrätschen und in unser Leben hineinsprechen dürfen. Ich versichere dir, du willst wissen, unter welchen Bedingungen wir hier gemeinsam unterwegs sind.
Stell dir vor, wir sind eine Gemeinschaft, die sagt: Die Bibel ist unser Maßstab. Aber du solltest auch wissen, dass der Pastor neben der Bibel noch Dinge sagen darf, denen du folgen musst. Ich wette, das möchtest du vorher wissen. Und das kann erhebliche Konsequenzen nach sich ziehen, oder nicht?
Ein römisch-katholischer Christ würde an dieser Stelle sagen: „Das habt ihr jetzt ganz schön gesagt, die Ehre des Wortes Gottes, aber es gibt noch mehr.“ Um eine finale Antwort auf diese großen Fragen zu bekommen, kannst du nicht nur zur Bibel greifen. Du musst noch ganz andere Ressourcen hinzuziehen. Du musst in die Tradition hineingehen und dir die offizielle Lehre der Kirche anschauen.
Denn du bist gar nicht in der Lage, herauszufinden, was der Wille Gottes ist. Was machst du dir an, zu sagen: „Ich lese ohne Witz.“ So laufen die Debatten. Auf Social Media wird das richtig heiß diskutiert. Was machst du dir an, mit der Bibel in der Hand zu meinen, erkennen zu können, was der Wille Gottes ist? Dazu bist du nicht in der Lage, du brauchst das Lehramt der Kirche. Und wenn du gegen das Lehramt stehst, dann hast du es nicht richtig verstanden.
Wow, ein Attentat, was ist denn los? Zack! Aber Lars, ihr seid noch am Start, oder? Hier schien es gerade so, als ob das Volk in der Finsternis sitzt. Böse Zungen würden jetzt sagen, ich habe böse Geister geweckt.
Die Vorstellung ist, dass Traditionen und Überlieferungen auf demselben Niveau stehen wie die Bibel. Nicht irgendwie zweitrangig, sondern auf exakt demselben Niveau. Das muss man sich einfach vergegenwärtigen.
Wenn du denkst: „Na ja, wir Christen, wir zählen doch nur auf die Bibel, das reicht,“ dann hat dich das zur Zeit der Reformation alles gekostet – alles. Das war damals alles andere als selbstverständlich. Sola Scriptura, allein die Schrift – für uns heute so selbstverständlich. Komm, Prediger, komm weiter im Text, das ist nicht so relevant. Doch, es ist relevant.
Mir geht es nicht darum, dass es nicht möglich sei, dass Christen in der katholischen Kirche wiedergeboren sein könnten. Das ist nicht die Debatte. Es geht darum, wie Christsein gesund verlaufen kann. Dafür müssen wir wissen, welche Quellen vertrauenswürdig sind.
Auch wir geben manchmal vielleicht unterbewusst Autoritäten Raum in unserem Leben. Das haben wir vielleicht nicht schriftlich fixiert, aber wir geben ungesunden Autoritäten viel Raum und verleihen ihren Worten dieselbe Intensität oder Autorität wie der Heiligen Schrift. „Der Prediger hat doch gesagt, der Pastor hat doch gesagt“, aber vielleicht stimmt das nicht mit dem überein, was in der Bibel steht.
Das bedeutet nicht automatisch, dass du kein Christ bist. Aber es bedeutet vielleicht, dass du ein bisschen ungesund unterwegs bist. In der Praxis ist es eine große Herausforderung für uns, überhaupt zu wissen, dass es für viele alles andere als selbstverständlich ist, wenn wir sagen: „Das hier reicht.“
Da kommt dann natürlich ganz schnell der Vorwurf: „Ihr ollen Evangelikalen, ihr denkt, ihr seid jetzt im 21. Jahrhundert und wisst alles besser als die alte Kirche, die über Jahrhunderte die Bibel studiert hat und zu ihren Schlüssen gekommen ist. Wie wollt ihr euch hinstellen und sagen: Ich brauche das alles nicht? Ich brauche nur diese zwei Buchdeckel, und ich komme damit alleine klar?“
Willst du dich wirklich komplett von dem gesamten Erbe, das Jesus Christus durch die Kirche gegeben hat, loslösen?
Die Reformatoren und ihr Verhältnis zur Tradition
Ich möchte euch ein Zitat vorlesen, das ihr nicht in der Dogmatik findet, von einem meiner Lieblingstheologen, wenn es um diese Fragen geht. Ich zitiere auch öfter R.C. Sproul – ein für uns Deutsche sehr unzugänglicher Name.
Er schreibt in seinem Buch „Sola Scriptura“ – ihr könnt euch schon denken, in welche Richtung das geht. Er beschreibt genau dieses Verhältnis: Wie ging es zum Beispiel den Menschen in der Reformation, den Reformatoren, die sich darauf gestellt haben? Wie sind sie mit diesem ganzen Denken klargekommen? Haben sie einfach gesagt, das ist alles Latte, was in der Vergangenheit war?
Was schreibt er? Die Reformatoren verachteten den Schatz der kirchlichen Tradition nicht. Die großen Konzilien – das sagt uns jetzt vielleicht nicht so viel, ist aber für die Kirchengeschichte sehr wichtig – die großen Konzilien von Nicaea, Ephesus, Chalcedon und Konstantinopel genießen in der protestantischen Tradition hohe Achtung.
Die Reformatoren selbst zollten den Einsichten der Kirchenväter Anerkennung. Kurze Pause: Kirchenväter sind im Prinzip die leitenden Theologen direkt nach der Apostelzeit. Sie sind schon relevant, weil sie von den Aposteln gelernt haben. Versteht ihr?
Was haben die denn eigentlich gedacht, was haben die geglaubt? Deswegen ist es interessant, das zu kennen oder zu studieren. Vielleicht nicht für den Otto-Normalverbraucher, aber in der Theologie ist es schon spannend zu wissen.
Nun, Johannes Calvin, ein sehr berühmter Reformator, zeigte eine deutliche Liebe zu Augustinus. Luther zitiert die Kirchenväter häufig als hoch angesehene kirchliche Autoritäten. Doch der Unterschied liegt hier: Für die Reformatoren galt kein Konzil, keine Synode, kein klassischer Theologe und kein Kirchenvater als unfehlbar. Alle sind offen für Korrektur und Kritik. Alle Bekenntnisse gelten als reformierbar.
Sie gelten als reformierbar, also veränderungswürdig oder veränderbar, weil sie als fehlbar betrachtet werden. Das Sola-Scriptura-Prinzip hingegen betrachtet die Heilige Schrift in seiner klassischen Anwendung als unreformierbar wegen ihrer Unfehlbarkeit.
Die Idee ist: Wir hören gern dem Pastor zu, wir lieben unseren Pastor – Amen – und daraus kommt auch viel Segen. Das wollen wir auch würdigen. Aber wir wissen, dass er fehlerhaft ist. Wenn wir das feststellen, sind wir auch nicht zu schade, mit ihm darüber zu sprechen und sagen: Bruder, du hast gut gesprochen oder es gut gemeint, aber es war ein bisschen nicht so das Gelbe vom Ei.
Hingegen, wenn du deine Bibel in der Hand hältst – ich hoffe zumindest, dass du das tust –, dann liest du nicht bei deiner Andacht und sagst: „Na, Paulus, wir beide werden uns mal treffen, und dann erkläre ich dir die Dinge“ oder „Jesus, das hast du gut versucht, aber eigentlich falsch gemacht.“
Ich habe letztens ein Video gesehen, Herr hilf, von einer Pfarrerin, die in einem Internetvideo kurz ihrer Community erklären wollte, dass Jesus auch bei Martha und Maria es vergeigt hat, dass er in Sünde gefallen ist und er eigentlich auch mit anpacken und mithelfen hätte sollen, um jedem zu helfen.
Und ja, Jesus hat sich entschieden, Mensch zu sein, und damit hat er sich auch entschieden, sündig zu werden. Der Killersatz war: „Ich werde Jesus dafür zur Rechenschaft ziehen.“ Na ja, geisteskrank ist das, das ist richtig krank. Gott erbarme sich über diese Seele, dass sie umkehrt.
Das ist so eine Dreistigkeit: Deine Bibel zu lesen und zu sagen „Euch alle hier werde ich zur Rechenschaft ziehen“ ist etwas ganz anderes, als wenn du sagst: „Waldemar, ich werde dich zur Rechenschaft ziehen für das, was du sagst.“
Ja, es ist eine andere Liga, eine andere Ebene von Autorität. Und das haben die Reformatoren erkannt. Sie haben gesagt: Da gibt es ganz viele Schätze. Ich finde es auch spannend, bei den Kirchenvätern zu schauen, was sie geglaubt haben.
Vor allem bei jungen Christen, ich erwähne das manchmal, gibt es eine riesige Mobilisierung hin zur Rekatholisierung. Ihr glaubt das gar nicht.
Warum die Faszination für die Kirchenväter? Sie haben das so gelehrt, sie haben das so geglaubt, und wir sind als Freikirchler schon ganz weit davon entfernt. Wir müssen wieder zurück zu dem, was die Schüler der Apostel gelernt und gelehrt haben. Macht irgendwie Sinn, oder? An dem Argument ist etwas dran.
Nur das Ding ist: Ich glaube, dass es nach den Aposteln, also auch bei den Kirchenvätern, ziemlich komische Theorien gab über das, wer Gott ist und wie er sich das mit uns Menschen denkt.
Fehlerhafte Lehren in der Kirchengeschichte
Wie komme ich darauf, dass es nach den Aposteln auch zu falscher oder fehlerhafter Lehre kam? Nun, ich komme darauf, weil schon während der Zeit der Apostel die Kirchen ziemlich problematisch unterwegs waren.
Schau dir zum Beispiel die Gemeinde von Korinth an. Diese existierte zu Lebzeiten der Apostel, und dort gab es bereits erhebliche Schwierigkeiten. Auch Jesus sendete die Sendschreiben an die sieben Gemeinden in Kleinasien. Lies einmal, was sich in diesen Gemeinden etabliert hatte. Das war zu Lebzeiten des Apostels Johannes, und die Zustände waren schon komplett verkorkst.
Warum sollte ich also denken, dass die Schüler der Apostel dazu nicht in der Lage waren, Fehler zu machen? Dass sie ganz nah an der ursprünglichen Lehre bleiben würden? Wenn ein Schüler von der ursprünglichen Lehre abweicht, dann möchte ich lieber zum Lehrer zurückkehren, als dem Schüler zu folgen.
Ich werde hier emotional bei dem Thema, denn es ist wirklich ein ernstes Problem. Es ist eine extrem gefährliche Entwicklung.
Das bedeutet für uns: Die Geschichte ist uns nicht egal. Vielleicht ist sie es in der Praxis bei manchen, weil sie nie Kirchenväter gelesen haben – sei’s drum. Aber grundsätzlich wird uns oft vorgeworfen, wir seien geschichtsvergessen. Das sind wir nicht, beziehungsweise sollten wir es zumindest nicht sein. Das Problem ist, dass viele Freikirchen tatsächlich komplett geschichtsvergessen sind, weil dort keine Theologie mehr richtig studiert wird.
Wenn wir es jedoch richtig machen, dann sind wir nicht geschichtsvergessen. Du wirst auch sehen, wenn du Dogmatik liest, dass wir in einige Themenfelder eintauchen, in denen behandelt wird, was in den letzten Jahrhunderten durch die theologischen Köpfe ging und zu welchen Schlüssen man schließlich kam. Das ist wichtig.
Am Ende geht es aber darum: Wenn ich untadelig vor Gott leben möchte, dann brauche ich keinen Kirchenvater. Dann brauche ich das Gesetz des Herrn, seine Weisungen. Und ich möchte mich mit ihm selbst auseinandersetzen.
Gefahren von zusätzlichen Dokumenten neben der Bibel
Wayne Grudem bringt ein paar Seiten später ein wichtiges Zitat, das auch hier schon gut passt und das ich an dieser Stelle einfügen möchte. Er sagt Folgendes:
Wir sollten an dieser Stelle auch beachten, dass immer dann, wenn die Genugsamkeit der Heiligen Schrift durch andere Dokumente herausgefordert wurde, die neben die Bibel gestellt werden sollten – sei es außerbiblische christliche Literatur aus dem ersten Jahrhundert, die angehäuften Lehren der römisch-katholischen Kirche oder Bücher verschiedener Kulte wie das Buch Mormon – das Ergebnis immer dasselbe war. Immer wenn Dokumente neben die Bibel gestellt wurden und ihnen dieselbe Autorität zugeschrieben wurde, geschah Folgendes:
Erstens wurde den Lehren der Bibel selbst weniger Wert beigemessen. Zweitens begann man, neue Lehren zu vertreten, die im Widerspruch zur Bibel standen.
Dies ist eine Gefahr, der sich die Kirche ständig bewusst sein muss. Die Debatte, die wir uns hier an diesem schönen Mittwochabend gerade zu Gemüte führen, ist hochbrisant und hochrelevant. Wenn nämlich noch andere Dinge hinzukommen, wird man weniger über das sprechen, was hier in der Bibel steht. Denn das stellt eine Verführung dar: den Sinn mit anderen Dingen zu füllen, die dann den Platz in deinem Denken einnehmen.
Das ist ähnlich dem Vorgehen Satans. Gott gab sein Wort an Adam, es galt für Adam und Eva. Satan kam mit anderen Gedanken, die im Denken ausgetauscht wurden. Danach handelten sie und vergaßen komplett, was Gott eigentlich gesagt hatte. Später, als Gott fragte oder Eva gefragt wurde, was Gott als Gebot weitergegeben hatte, wurde das sogar noch verdreht.
Darauf wollen wir jetzt nicht weiter eingehen, aber das dürfen wir nicht vergessen: Das, was hier in der Bibel steht, wird immer mehr ausgeblendet. Die Zeit ist schon zu weit fortgeschritten, als dass ich jetzt noch biografisch näher darauf eingehen würde – das hebe ich mir für ein andermal auf.
Die Menge der Offenbarung in der Heilsgeschichte
Gehen wir zum nächsten Abschnitt, denn ich möchte unbedingt noch auf die praktische Relevanz eingehen, die Wayne Grudem in seiner Dogmatik darlegt. Ich halte das für sehr wichtig.
Kommen wir hier zum Punkt C, den Grudem anführt: Die Menge der Heiligen Schrift, die gegeben wurde, war in jedem Stadium der Heilsgeschichte ausreichend.
In der Heilsgeschichte – also der Geschichte Gottes mit dem Menschen, wie Gott sein Ziel mit dem Menschen erreicht – gibt es verschiedene Phasen. Auf diesem Zeitstrahl der Heilsgeschichte gab es unterschiedliche Offenbarungen und unterschiedliche Mengen an Offenbarungen, die Gott den Menschen weitergegeben hat.
In verschiedenen Phasen der Heilsgeschichte wurde den Gläubigen Unterschiedliches offenbart, aber immer in einer ausreichenden Menge, wenn man so sagen möchte.
Wenn ich mir das bildlich vorstelle: Hier ist der Anfang, hier das Ende – ich nenne es mal ganz grob „neuer Himmel“ und „neue Erde“. Das sieht nicht schön aus, aber ihr wisst, was ich meine. Hier haben wir den Garten Eden, und dazwischen gibt es verschiedene Stationen.
Im Garten Eden gab es nicht viel Offenbarung. In der Gegenwart Gottes gab es eine ganze Menge Offenbarungen – Offenbarungen seiner selbst, ich meine damit die Artikulation seines Willens, also was er vom Menschen will.
Runtergebrochen gab es ein Gebot, mehr nicht: „Seid fruchtbar und mehret euch.“ Zwei Gebote, um genau zu sein: „Seid fruchtbar und mehret euch“ und „Esst nicht von diesem Baum.“ Darüber habe ich bisher zu wenig nachgedacht, aber es sind tatsächlich nur zwei Gebote.
In der Wüstenwanderung, hier in der Wüste Israels, gab es nicht nur „Seid fruchtbar und mehret euch“, sondern auch mehr. Am Ende des Lebens von Mose gab es dann die Schriften vom ersten bis zum fünften Buch Mose – den sogenannten Kanon.
Nehmen wir diese Zeitspanne hier unten: Nach Pfingsten – das ist schwer zu lesen, aber ihr wisst, was ich meine – haben wir jetzt das Alte und das Neue Testament. Zu unterschiedlichen Zeiten gab es also unterschiedliche Mengen an Offenbarung Gottes.
Aber zu jeder Zeit war die Offenbarung ausreichend für das, was Gott von den Menschen dogmatisch oder ethisch fordert, was sie über ihn denken und glauben sollen.
Zur Zeit der Wüstenwanderung, wie wir das, glaube ich, letztes Mal besprochen haben, forderte Gott von den Menschen nicht, dass sie an Jesus von Nazaret glauben sollen. Das war damals nicht Bestandteil der Offenbarung. Heute sieht das natürlich anders aus.
Es gibt auch noch einige ethische Dinge, die relevant sind.
Wayne Grudem sagt dazu: In jedem Stadium der Heilsgeschichte waren die Dinge, die Gott geoffenbart hatte, für sein Volk und jene Zeit ausreichend. Das Volk sollte diese Dinge studieren, glauben und befolgen.
Mit dem Fortschritt in der Heilsgeschichte wurden weitere Worte Gottes hinzugefügt, die diese Geschichte aufzeichneten und auslegten.
Interessant ist, dass es in den jeweiligen Epochen der Heilsgeschichte immer wieder den Hinweis gibt, nichts hinzuzufügen.
Das, was für diese Zeit gegeben ist, bleibt so. Man soll es nicht ergänzen.
Wir gehen jetzt nicht in die ganzen Verse, aber im fünften Buch Mose heißt es: „Ihr sollt nichts hinzufügen.“ Später heißt es: „Nichts hinzufügen, nichts wegnehmen.“ In Sprüche 30 wird gesagt: „Tue nichts seinen Worten hinzu.“
Und in Offenbarung 22, um einen großen Bogen zu schlagen, wird ebenfalls davon gesprochen, dass man nichts hinzufügen oder wegnehmen soll.
Es ist interessant, dass in jeder Epoche davon ausgegangen wurde: Das, was von uns jetzt gefordert wird, ist ausreichend. Darüber hinaus wissen wir nichts, und niemand soll sich anmaßen, etwas hinzuzufügen.
Das ist nur ein kurzer Punkt, den ich nicht weiter intensivieren möchte, weil mir die anderen Dinge noch relevanter erscheinen.
Ihr könnt gerne zwischendurch Fragen stellen oder Anmerkungen machen. Philipp ist mit dem Mikrofon am Start, also könnt ihr auch gerne zwischendurch etwas sagen.
Sicherlich werden jetzt einige Dinge kommen, die für uns interessant sein können. Mal schauen.
Praktische Anwendung der Genügsamkeit der Heiligen Schrift
Und zwar zur praktischen Anwendung der Genugsamkeit der Heiligen Schrift. Wayne Grudem geht dort, glaube ich, sieben Punkte durch. Ich habe nicht alle übernommen, weil ich nicht alle so griffig fand. Fünf habe ich mitgenommen.
Das Erste ist, was wir im Prinzip schon erarbeitet haben: Die Bibel bietet Antworten auf alle wichtigen Lebensfragen. Was wir wissen müssen, ist verfügbar. Daraus ergibt sich eine Schlussfolgerung: Was ist, wenn du nach etwas suchst, das gar nicht offenbart wurde? Du möchtest herausfinden, was Gottes Wille in einer bestimmten Frage ist, die die Bibel aber nicht behandelt. Was wäre deine Schlussfolgerung?
Wir werden später noch auf diesen Punkt eingehen. Grudem spricht ebenfalls darüber, dass es eine ungesunde Weise gibt, in das Leben von Menschen hineinzusprechen. Wie ich vorhin sagte: Du willst wissen, ob hier nur die Bibel zählt oder auch die Autorität des Pastors in deinem Leben, der einfach sagt: „Das darfst du nicht mehr, das darfst du, das darfst du nicht mehr.“ Es ist nicht so, dass es so etwas nicht gibt. Hier sitzen auch Leute im Raum, die solche Pastoren hatten. Sie haben angerufen und gesagt: „Mit dem darfst du nicht mehr reden, mit dem darfst du keinen Kontakt mehr haben.“ Das ist so, als ob es in der Bibel gestanden hätte – so ein Gebot.
Aber was ist die Antwort auf diese Frage? Wenn wir nichts Konkretes finden, gibt es keine allgemeingültige Forderung an uns Christen. Wir haben Freiheit. Das ist ein wichtiges Prinzip. Alles, was du wissen musst, um untadelig vor Gott zu leben, findest du in seinem Wort. Aber in vielen Fragen gibt es nicht den einen allgemein gültigen Willen Gottes für unser aller Leben.
Das kann bedeuten, dass ich zum Beispiel abwäge, ob ein Diesel- oder ein Benzinwagen mehr Sinn macht. Die Frage nach „Was ist der Wille des Herrn?“ muss dann nicht unbedingt so akribisch beantwortet werden, weil Gott es einfach offen gelassen hat. Wenn er es offen lässt, bin ich frei zu entscheiden.
Es sei denn, es gibt Fügungen – da kommen wir gleich noch zu Fügungen –, die mich gewiss machen, dass ich in dieser Situation unbedingt dies oder jenes tun sollte. Für den anderen mag das vielleicht so wirken: „Warum machst du das? Warum ist dir das jetzt so unglaublich wichtig?“ Du steckst nicht in meiner Haut. Du weißt nicht, was ich hier gerade durchmache, wie Gott mich geführt hat, zu diesem Entschluss zu kommen und so zu handeln.
Aber wir kommen gleich dazu: Du kannst unmöglich sagen, „steht zwar nicht in der Bibel, aber ich habe das so empfunden, deswegen ist es allgemein gültig für alle Menschen.“ So passieren auch manchmal sehr fragwürdige Dinge. Menschen haben in ihrem persönlichen Lebenslauf Dinge erkannt, wie Gott sie ganz individuell geführt hat. Anstatt darüber zu reflektieren: „Das war eine ganz individuelle Sache zwischen Gott und mir“, sagen sie: „Nein, das gilt jetzt auch für dich in einer ganz anderen Situation, in einer ganz anderen Zeit, in einer ganz anderen Kultur. Du musst es jetzt auch genau so machen, weil Gott mir das so gezeigt hat in meiner Zeit, in meiner Situation.“
Katharina, bitte.
Genau, da kommen wir schon zu einem nächsten Punkt, und zwar heißt es: Keine Hinzufügungen zur Bibel.
Warnung vor zusätzlichen Schriften und Lehren
Also, das bedeutet andere religiöse Schriften, die du vielleicht auch schätzt. Vielleicht denkst du an religiöse Schriften, was das ist, oder geistliche Bücher, biblische Kommentare oder auch Erfahrungserlebnisse von einem Missionar. Jemand hat ein Wunder mit Gott erlebt und dann verschriftlicht.
Manchmal gibt es solche Bücher, die in christlichen Kreisen richtig die Runde machen. Gefühlt hat sie jeder gelesen, nur du nicht, und alle reden darüber. Das ist dann die neue heiße Sache. Alle Formen auf einmal ihr Denken und ihre Praxis nach diesem Buch. Die Vorstellung über Gott, wie er ist und wie er agiert, wird dann abhängig gemacht von Literatur, die irgendjemandem da vermeintlich zum Segen geworden ist.
Aber wir müssen Acht geben: Jedes noch so gut gemeinte Werk, das den einen oder anderen ermutigt hat, kann nicht einfach auf dasselbe Niveau gehievt werden.
Ihr würdet euch wundern, wie lange das jetzt schon her ist. Das ist jetzt schon über 15 Jahre her, denke ich. Es war immens populär in der freikirchlichen Szene: Die Hütte. Wer hat es schon mal gehört? Wie dieses Buch durch die freikirchliche Szene ging, war der Hammer.
Warum? Weil es extrem auch emotional Themen bespricht und ganz viele Nöte des Menschen thematisiert – ganz ungeschminkt und sehr radikal. Und da ist auch sehr viel Trostvolles enthalten. Ich habe es selber nicht gelesen, aber mit Leuten gesprochen, die das gelesen haben. Es ist sehr viel Trostvolles darin.
Das Problem ist: Die Abschnitte, die ich darüber gelesen habe, waren einfach eine komplette Verzerrung des Gottesbildes. Der dreieinige Gott wurde dargestellt in einer Art und Weise, wie die Bibel das selber nicht tut.
Und ich habe es noch so gut im Ohr: Ein Kollege von mir, Pastor Stefan Vatter – kennt vielleicht auch einige –, er ist ursprünglich aus Denzlingen, war lange Zeit Pastor in der Baptistengemeinde in Kempten. Er hat einen Artikel geschrieben und gesagt: Hier gibt es ein Problem in diesem Buch. Die Darstellung von Gott weicht extrem von dem in der Bibel ab.
Er sagt, dass er das nicht empfehlen kann. Und er war einer der wenigen, die sich so rausgetraut haben. Das ist gar nicht so einfach. Wenn du das Gefühl hast, dass deine ganze christliche Gemeinschaft im ganzen Land ein Buch hypt, und dann sagt ein Pastor: Da gibt es eigentlich große Probleme – und sich dann daraus zu trauen, von einer großen Gemeinde, bei der er auch Pastor war, war schon sehr, sehr mutig.
Er hat aber Recht behalten. Alle haben gesagt: Ja, es ist ja ein poetisches Buch, es ist eine Geschichtserzählung. Seien wir da nicht so fundamentalistisch, wenn man etwas ausschmückt, um den Punkt zu machen.
Ja, das Blöde war: Dieser Autor hat einige Jahre später ein Buch geschrieben, so eine kleine Mini-Dogmatik für Laien. Und er hat mit jeder christlichen Grundlehre abgerechnet.
„Jesus ist nicht für deine Sünden gestorben, es gibt keine ewige Verdammnis“ – alles abgeräumt, jede Lehre, die einem evangelikalen Christen wichtig ist oder war.
Der Pastor hat natürlich dann gesagt: Okay, jetzt haben wir keine Poesie mehr, sondern wir haben hier theologische Aussagen. Und jetzt wundert es mich nicht, dass Die Hütte so geschrieben ist, wie sie geschrieben ist, wenn das sozusagen das Fundament ist.
Keine Hinzufügung zur Bibel, machen wir alle nicht. Und doch ist es passiert: In der Zeit hat man einfach Konzepte über Gott übernommen, obwohl sie nicht aus der Bibel stammen, weil es ja so trostvoll war, dieses Buch.
Jo, wir haben das natürlich in anderen Gruppierungen viel, viel stärker und viel, viel prominenter. Ich habe sie vorhin kurz erwähnt: die Mormonen, Adventisten auch, die Prophetin Ellen G. White ganz genau.
Es ist auch ganz interessant, die Geschichte der Adventisten dahingehend zu prüfen, weil die eigentlich gar nicht an moderne Prophetie glauben. Aber außer bei dieser Frau. Und Frauen sollen auch keine Autorität in der Kirche haben. Na, außer bei dieser Ellen G. White. Irgendwie hat Gott eine maximale Ausnahme von allen seinen Prinzipien bei ihr gemacht.
Danach hat er sozusagen – und jetzt wieder back to the roots – also es ist ganz, ganz seltsam.
Auf jeden Fall kennen wir das vielleicht von den Mormonen, die auch noch eine weitere heilige Schrift haben, die sie einfach danebenstellen und genauso studieren wie die Bibel. Einige sagen sogar, sie studieren diese mehr als die Bibel.
Wayne Grudem sagt dazu auf Seite 144: Sogar in christlichen Kirchen wird manchmal ein ähnlicher Fehler begangen, wenn Menschen über das hinausgehen, was die Bibel sagt – so wie ich es eben gerade auch dargelegt hatte mit Die Hütte zum Beispiel – und mit großer Zuversicht neue Ideen über Gott und den Himmel propagieren.
Dabei gründen sie ihre Lehren nicht auf die Heilige Schrift, sondern auf ihre eigene Spekulation oder sogar auf behauptete Erlebnisse ihres Todes und ihrer Wiedererweckung zum Leben.
Wer kann sich einen Reim darauf machen, warum Wayne Grudem ausgerechnet ganz zum Schluss darüber spricht, über diese Nahtoderfahrungen? Wer hat eine Idee? Wer hat eine Idee?
Hier vorne! Ja, ganz genau.
Das ist ein ganz interessantes Phänomen, das bei Evangelikern total gut ankommt: Nahtoderfahrungen.
Ich habe Christen erlebt, die lesen dann diese Berichte so regelmäßig, wie sie noch nie ihre Bibel gelesen haben, und sind ganz begeistert von diesen Erlebnissen.
Mir geht es gar nicht darum, das zu bewerten, ob alles falsch oder richtig ist. Ich bin überzeugt davon, dass es wahre Erlebnisse gibt.
Paulus spricht auch von einer Begebenheit, dass er außerhalb – oder doch nicht außerhalb – irgendwie in eine andere Ebene gekommen ist, in eine himmlische Sphäre, und dort Dinge gesehen hat.
Es mag alles sein. Aber die Faszination, die das in einigen Kreisen entwickelt, ist echt übel. Echt übel.
Dann haben einige Christen mehr Freude und Hoffnung auf die Ewigkeit aufgrund von Second-Hand-Erfahrungen dessen, was jemand bei seinem Tod erlebt hat, als in Christus, im Kreuz, in der biblischen Verheißung.
Und wenn das kippt – und das kippt bei einigen –, dann ist mächtig was in Argen.
Meine Freude und meine Hoffnung muss übersprudeln, wenn ich mich Christus nähere. Wenn irgendeine Erfahrung von irgendjemandem, der ja auch falsch liegen könnte, mehr Freude und Hoffnung in mir zutage bringt, ist das nicht gut. Das ist nicht gesund.
Nun ja, denke ich zumindest. Ihr dürft denken, was ihr wollt. Das ist das, was ich denke.
Moderne Offenbarungen sind nicht auf Bibelniveau
Wohin möchte ich jetzt kommen? Hier habe ich keine Überschrift über diesem Zitat geschrieben, das der nächste Punkt ist. Soll ich das jetzt tun oder lieber lassen? Mein Stift ist etwas dick, sodass ihr meine feine Handschrift kaum lesen könnt. Moderne Offenbarungen – ich kürze das mal ab – sind nicht auf Bibelniveau. Jetzt habe ich den Stift dünner gemacht, aber es sieht trotzdem nicht schöner aus.
Ich möchte hier nicht zum Ausdruck bringen – sagt man nicht „zum Ausdruck bringen“? –, dass Erfahrungen und Erlebnisse, die Menschen auch übernatürlich machen können, überhaupt keinen Wert hätten. Es geht vielmehr um das Niveau, auf welcher Ebene das stattfindet, und ob ich trotz aller Begeisterung, die ich für diese Dinge habe, sie immer noch im Licht dessen prüfen kann, was wir hier haben. Versteht ihr, was ich meine?
Es gibt zum Beispiel – ihr wisst, dass ich gerne die Gemeinde dazu mobilisiere, dass man bei Krankheit die Hände auflegt und betet. Warum? Weil ich mich danach sehne, dass Gott in Kraft und Macht handelt und Menschen gesund werden. Heilungsberichte hören wir hier ja auch als Zeugnisse. Heilungen sind etwas Starkes und Tolles.
Aber ich gehe nicht so weit zu sagen, Heilungen seien meine endgültige Hoffnung oder meine endgültige Freude. Und wer heilt, hat Recht – vielleicht kennt ihr diesen Satz. Das muss nämlich nicht zwangsläufig so sein. Denn durchaus können Menschen in den Genuss übernatürlicher Wirkungen kommen, die nicht aus einer göttlichen Quelle stammen.
Deshalb lege ich nicht mein Hirn einfach zur Seite, erst recht nicht die Schrift. Ich sage: Bei aller verständlichen Begeisterung für irgendetwas möchte ich immer noch betonen, dass sich das unbedingt einordnen muss und nicht auf dieselbe Ebene kommen darf. Ich möchte, dass jemand das versteht. Versteht ihr den Punkt?
Ich möchte echte, glaubhafte Wunderwirkungen, die Gott gewirkt hat und die er zur Freude seines Volkes gegeben hat, nicht entwerten. Niemand soll denken, der Herr habe dort nichts gewirkt, das würde mich nicht freuen. Selbstverständlich darf man sich darüber freuen. Aber die ultimative Freude muss unbedingt in meinem Leben bei Christus bleiben. Sie darf nicht in Konkurrenz treten zu dem, was Gott offenbart hat.
Erstens: Die Jahreslosung ist eindeutig: „Prüft alles, aber das Gute behaltet.“ Genau. Dann kommt: „Von allem Bösen haltet euch fern.“
Zweitens: Das Thema Heilung und der Satz „Wer heilt, hat Recht“ haben eine gefährliche Tendenz. Menschen, die eine Gabe von Gott haben – nicht nur Nicht-Christen, sondern auch Christen –, beanspruchen mit dieser Gabe oft Autorität. Sie meinen, auch in anderen Dingen den gleichen Anspruch zu haben, also Autorität über das Wort, über Lehre oder was auch immer.
Wir sind fasziniert von der Persönlichkeit und der Charismatik solcher Personen, prüfen aber nicht mehr ihre Aussagen zu anderen Themen, nur weil sie in einem Bereich Autorität haben, die uns beeindruckt. Das ist ein sehr wichtiger Punkt.
Manchmal ziehen wir die falsche Schlussfolgerung: Wenn jemand von Gott befähigt ist, einen gewissen Eindruck macht, dann hat diese Person auch ein Mandat, in allen Dingen vorbildlich zu sein. Dabei kann es sein, dass Menschen von Gott befähigt sind, aber kein vorbildhaftes Leben führen.
Wie komme ich auf diese These? Wenn ich den Korintherbrief lese, sehe ich dort eine enorme Begabung bei den Leuten, aber vorbildhaft war niemand. Versteht ihr den Punkt? Niemand – vielleicht ist das etwas schwarz-weiß gemalt, aber ihr versteht, was ich meine.
Das bedeutet: Wenn jemand prophetische Kraft vom Herrn hat, heißt das nicht, dass er auch der Vorbildchrist sein muss. Er kann in einigen Dingen noch sehr kämpfen und sollte dann vielleicht mal in die Jüngerschaftsschule gehen, um das in den Griff zu bekommen. Wir ziehen häufig falsche Schlussfolgerungen, wie du das eben auch beschrieben hast.
Noch einmal, bitte, und danach Katharina.
Kommen wir zum Punkt: Moderne Offenbarungen sind nicht auf Bibelniveau. Das geht schon in diese Richtung. Wir müssen darauf bestehen, sagt Wayne Grudem, dass Gott von uns nicht verlangt, moralischen Anweisungen zu folgen, die uns durch solche Mittel erreichen, die aber nicht durch die Bibel bestätigt werden.
Wenn irgendwelche Leute, Leiter oder charismatische Führer uns Dinge sagen, die vermeintlich vom Herrn kommen, aber nicht in der Bibel bestätigt sind, dann müssen wir ihnen nicht folgen – und wenn es im Gegensatz zur Bibel steht, erst recht nicht.
Ich möchte hier kurz auf ein Stichwort eingehen. Aber erst einmal eine Wortmeldung.
Ich möchte dazu etwas sagen, um ein ganzes Bild zu zeichnen, damit wir nicht in eine Fehlgewichtung geraten. Es ist sehr wichtig, dass wir das verstehen.
Diese manipulativen Tendenzen und unhinterfragbaren Autoritäten gibt es im extrem charismatischen Bereich. Aber genauso gibt es sie im extrem gesetzlichen Bereich. Ihr könnt euch nicht vorstellen, welche Autoritäten dort walten – ganz ohne „Der Heilige Geist hat mir gesagt“, sondern das ist unser Dogma, das wir Brüder von Generation zu Generation festgehalten haben. Und genauso im Katholischen.
Wir neigen natürlich dazu, uns als die goldene Mitte zu sehen, und sagen, wir haben nie solche Probleme. Aber entweder neigen wir im evangelikalen Bereich vielleicht nicht in die katholische Richtung, aber dort, wo eine falsche Form von Autorität auf die Seele von Menschen ausgeübt wird, wird das im evangelikalen Sektor entweder in eine stark gesetzlich-konservative Richtung gedrückt oder in eine extrem charismatische Richtung.
Unsere Wahrnehmung ist stark geprägt von unserem eigenen Erleben und unserer Biografie. Deshalb kommen dann Sätze, wie wir eben gehört haben – und das ist überhaupt kein Problem, dass du das so sagst: Ich erlebe das besonders in sehr charismatischen Kreisen.
Andere, die überhaupt nichts mit Charismatik zu tun hatten und nicht einmal wissen, dass es den Heiligen Geist gibt, sagen: „Wovon erzählst du? Ich soll dir mal von meiner Biografie erzählen, was für Machtstrukturen da herrschen. Wenn du dich nicht an diese und jene Regeln hältst, wirst du abgekanzelt.“
Ihr könnt euch gar nicht vorstellen – ich habe ja schon manchmal solche Sachen erzählt. Das passiert in jedem Lager. Du kannst entweder in diese Richtung oder in diese Richtung kippen.
Wer den Satz „Rührt den Gesalbten des Herrn nicht an“ benutzt, um sich vor Kritik zu schützen, sollte besser die Beine in die Hand nehmen und weglaufen. Solche Menschen sind nicht tüchtig für den Dienst im Weinberg. Sie sind nicht berufen, sie sind nicht qualifiziert.
Jetzt machen wir kurz einen Cut. Wir werden das Thema noch nicht verlassen, aber es wird jetzt relevant.
Hätte ich vielleicht mal anfangen sollen mit... Da die Zeit fortgeschritten ist, werde ich nicht so viel zu diesem kleinen Exkurs sagen. Ich hatte ihn schon vor etwa einem Jahr erwähnt und erwähne ihn jetzt nur kurz, damit das Stichwort im Raum steht: NAR – New Apostolic Reformation.
Das ist ein Sammelbegriff für eine Bewegung, die eher im charismatischen Sektor zu finden ist. Aber nicht gesund charismatisch, sondern ungesund charismatisch.
Worum geht es hier? Das ist für mich sehr interessant zu beobachten: Wenn Charismatik extrem wird, ungesund und unbiblisch, findet man viele Parallelen in Strukturfragen zum Katholizismus.
Man sagt ja auch politisch: Wenn du extrem rechts und extrem links bist, trifft man sich irgendwann wieder. Habt ihr das schon mal gehört? Und das erlebt man tatsächlich: Je extremer du wirst, desto mehr inhaltliche Schnittmengen gibt es, die einen wieder zusammenführen.
Und das kann ich auch wahrnehmen. Dort spricht man nicht vom Papst, aber von sogenannten Überaposteln. Diese sind angeblich in der Lage, als Einzige von Gott Informationen zu beziehen, wie man effektiv evangelisieren kann – zum Beispiel in einer bestimmten Region.
Dieser Superapostel hat quasi einen Schlüssel bekommen, sodass nur er Zugang hat. So müsse zum Beispiel Emmendingen evangelisieren, damit das Reich Gottes expandieren kann. Wenn eine Gemeinde sich nicht an diesen Apostel anschließt, kann sie ihr Potenzial nicht entfalten und die Mission Jesu nicht erfüllen.
Wie soll ich sagen: Papst 2.0 oder so. Ich finde das schon sehr, sehr krass.
Wir werden jetzt nicht weiter darauf eingehen, aber es zeigt einfach: Dieses Thema hat Hochkonjunktur, wenn es darum geht, ob die Bibel genügt oder ob ich doch noch einen Papst, einen Kirchenvater oder einen modernen Apostel brauche, der mir irgendwas sagt.
Herr Klickert, bitte schön.
Ja, tatsächlich. Wenn ich davon spreche, dass Hypercharismatik und Katholizismus sich treffen, dann nicht so sehr im charismatischen Anliegen, sondern in der Art der Machtverhältnisse: Eine Elite lenkt die „Normalos“ und hat Autorität über ihr Leben.
Diese charismatischen Erneuerungsbewegungen gibt es inzwischen in allen Bünden. Sie merken, dass es ein gewisses Erleben Gottes in ihrer Tradition nicht gibt. Das haben wir auch im Baptismus, ja, auch eine charismatische Erneuerung – außer in der Pfingstkirche, weil die eine andere Geschichte hat.
Aber ansonsten findest du das in fast allen Gemeinschaften, wo man sagt: „Wir wollen wieder lebendige Anbetung, nicht einfach Liturgie, sondern mehr.“ Dabei gibt es von gesund bis ungesund alles.
Ich möchte hier mal eine Lanze brechen: Wir benutzen heute Vokabeln und färben sie oft sehr stark. Charismatisch zu sein ist nichts Falsches. Es ist ein Begriff aus der Schrift. Er bedeutet im Prinzip, dass man vom Geist Gottes befähigt und begabt ist. Daran ist nichts Falsches.
Aber es gibt ungesunde Strukturen in einigen Kreisen.
Heute habe ich zum Beispiel oft den Begriff „Evangelikal“ benutzt. Wenn du den in unseren Medien sagst, was wird damit verbunden? Politik. Und welche? Donald Trump. Das ist Evangelikal.
Ich bin jetzt nicht der Trump-Versteher, wie man das vielleicht sagen würde. Mir geht es auch gar nicht darum, seine Politik zu beurteilen. Aber in gewissen Kontexten färben sich Begriffe auf einmal in einer ganz spezifischen Weise und werden sinnentfremdet.
Evangelikal bedeutet für viele politische und religiöse Leute etwas anderes.
Vor einiger Zeit gab es auf ProSieben eine Dokumentation mit dem Titel „Die Evangelikalen und ihr Griff zur Macht“. Um 20:15 Uhr zur besten Sendezeit gab es dort einen Ausschnitt aus meiner Predigt.
Der Journalist meinte, die Evangelikalen in Amerika seien durch und durch politisch. Es sei ein manchmal sogar politisiertes Evangelium, um staatliche Macht zu gewinnen.
Dann wollte man Parallelen zu uns ziehen: „Ah, hier gibt es ja auch Evangelikale.“ Man nahm Ausschnitte von Instagram, TikTok und anderen Plattformen.
Mein Handy klingelte plötzlich um 20:15 Uhr, vor allem mit Nachrichten: „Du bist im Fernsehen!“ Was habe ich gemacht, dass ich im Fernsehen bin? Ja, und welche Aussage wurde genommen? Es ging um Pornografie.
Ich war damit einverstanden. Der Gedanke, dass ich evangelikal bin, ja. Aber dass ich irgendwie sage, Staat und Kirche müssten sich verheiraten, das wäre mir fern. Nichts wäre mir ferner.
Aber Begriffe färben sich in gewisser Weise ein.
Warum sage ich das? Ich möchte, dass wir darauf achten, wie wir darüber sprechen.
Einige verwenden den Begriff „Charismatik“ in einer bestimmten Weise. Einige identifizieren sich als charismatisch. Andere sagen: Bloß nicht, das sind doch alles Seuchen, die Macht missbrauchen.
Nein. In einigen Bereichen – zum Beispiel wenn du Baptist sagst – heißt das für viele: super, bibeltreu und taufgesinnt.
In anderen Kreisen heißt Baptist: altbackene Männer links, Frauen rechts, Kopftuch. Und dann sagst du: „Moment mal, was?“
Ich hatte nie Probleme, mich als Baptist zu bezeichnen. Aber in einigen Bereichen, wenn ich sage Baptist, denken manche: „Ah ja, deine Frau hat auch eine Zwiebel auf dem Kopf“ – also Dutt und so.
Ich habe nichts gegen Zwiebeln auf dem Kopf. Du kannst machen, was du willst. Aber da wird ein Bild transportiert, bei dem ich denke: Hä? Wir machen zum Beispiel auch moderne Musikformen, und das sind doch keine Baptisten.
Ich möchte einfach nur dafür sensibilisieren, wie wir Begriffe verwenden und dass sie in unterschiedlichen Kreisen etwas Unterschiedliches bedeuten.
Jetzt ist meine Zeit fast vorbei für die letzten Punkte. Aber die bringe ich noch, weil sie tatsächlich nur noch zwei sind.
Und das ist zentral: Zwei Punkte, das sind zwei Minuten bei mir. Habe ich so gemacht.
Zwei Punkte.
Ich stelle mir meine Lieblingsfrage.
Wer gibt mir noch fünf Minuten? Das sind ein, zwei, drei mal fünf, also ungefähr fünfzehn Minuten.
Sehr gut, ich liebe das.
So, weitere Verbote sind verboten.
Weitere Verbote sind verboten
Die praktische Auswirkung der Lehre von der Genügsamkeit der Bibel bedeutet, dass weitere Verbote verboten sind. Wayne Grudem schreibt: In Bezug auf die christliche Lebensführung erinnert uns die Genügsamkeit der Schrift daran, dass nichts Sünde ist, was nicht von der Bibel entweder explizit oder implizit verboten wird. Zum Beispiel explizit: „Du sollst nicht töten“, „Du sollst nicht lügen“ und implizit: „Du sollst die Kaprisonne nicht ins Meer werfen“. Deshalb sollten wir zu den bereits in der Bibel genannten Verboten keine weiteren hinzufügen.
Hier kommen wir zu dem anderen Lager, das ich vorhin meinte. Wenn du dich dort hinein begibst, hat mir letztens jemand im Netz geschrieben: „Hey Waldemar, ich komme aus einer sehr konservativen Gemeinde, sehr gesetzlich, und du predigst ja auch über diese Themen. Soll ich dir mal unsere Gemeindeordnung schicken?“ Ich sagte, mach das mal. Wenn das nicht so ernst wäre, wäre es ein Fest gewesen, das zu lesen.
Du liest das, und das ganze Leben ist eigentlich nur mit Verboten bespickt. „Du darfst nicht das, du darfst nicht das, du darfst nicht das.“ Christ sein bedeutet dort nur, das nicht zu dürfen, das nicht zu dürfen, das nicht zu dürfen – unfassbar! Woher haben die das? Aus welcher Quelle schöpfen sie, um das so zu zementieren?
Zum Beispiel wird verordnet: keine Mitgliedschaft in Vereinen, Sportvereinen, Fitnessstudios oder Turnieren. Warum? „Wir sollen ja nicht nach dem schauen, was hier unten ist, sondern nach dem, was droben ist“, wurde argumentiert. Deswegen darf ich an keinem Sportturnier teilnehmen. Das ist nicht explizit und auch nicht mehr implizit. Das ist einfach komplett verrückt.
Wayne Grudem schreibt in Fußnote 6 – die Fußnote fand ich sehr gut. Manchmal sind Fußnoten Gold. Nicht einfach darüber hinweggehen, sie sind manchmal richtig gut. Jetzt passt mal auf: Selbstverständlich können menschliche Gesellschaften wie Nationen, Kirchen, Familien usw. Regeln für die Abwicklung ihrer eigenen Angelegenheiten erstellen, wie zum Beispiel: „Kinder in dieser Familie dürfen an Abenden während der Woche nicht fernsehen.“ Das ist eine Regel bei einigen Familien.
Keine derartige Regel kann in der Bibel gefunden werden, und es ist auch nicht wahrscheinlich, dass solch eine Regel durch Implikation aus den Prinzipien der Bibel abgeleitet werden könnte. Also sagt das jetzt nicht den Kindern, sonst sagen sie: „In der Bibel steht davon nichts, Mama, ich darf das, die Schrift allein ist genug.“ Das wäre witzig.
Dennoch kommt ihr als Eltern und fordert Gehorsam gegenüber diesen Regeln von Gott, weil die Schrift uns gebietet, uns den herrschenden Obrigkeiten zu unterwerfen. Yes! Liebe Tochter, lieber Sohn, ich bin die herrschende Obrigkeit dieses Hauses.
Kommen wir weiter. Die Fußnote ist noch nicht vorbei, und dies auch nach dieser Seite nicht. Manchmal sind die Fußnoten auf solchen Seiten länger als der eigentliche Text. Eine Leugnung der Genügsamkeit der Schrift tritt nur dann ein, wenn jemand versucht, der Regel eine verallgemeinerte Anwendung außerhalb der Situation zu geben, innerhalb derer sie angemessenerweise funktionieren sollte.
Ergo: „Kein Mitglied unserer Gemeinde sollte an Abenden während der Woche fernsehen“ oder „Kein Christ sollte an Abenden während der Woche fernsehen.“ Der richtig Konservative sagt: „Welcher Fernseher oder Christ?“ So sieht’s aus.
Ihr glaubt gar nicht, wie viele in diesen Kreisen alles biografisch in meiner Familienlinie enthalten ist. Fernseher haben wir nicht. Wenn die Ältesten die Steppvisite machen und in die Wohnungen reingehen, um zu gucken, wie es bei dir zuhause aussieht, dann wurden die Fernseher ganz schnell im Schrank versteckt. Damit der Älteste ja nicht auf die Idee kommt, dass hier ein Fernseher sein könnte. Und die Antenne auf dem Dach: schön mit „Sat an Satan“.
Mit diesen Argumentationsführungen haben wir es zu tun in diesen Kreisen. Ihr habt keine Ahnung. Ich habe es schon mal erzählt, aber weil es euch amüsiert, sage ich es noch einmal: Ich habe eine Cousine, sie ist umgezogen und hat sich einer Jugendgruppe angeschlossen, einer schön russlanddeutschen Jugendgruppe, und ist das erste Mal da.
Der Jugendleiter, ich glaube, er war auch Ältester, hat erst mal alle rausgeschickt, wollte mit ihr reden. Dann nennt er sie beim Namen und sagt: „Sag mal, du bist jetzt hier, na, warum trägst du denn keinen Rock?“ Ich hab so gedacht: „Hallo? Mein Name ist so und so, weißt du überhaupt, wie alt ich bin? Weißt du, woher ich komme? Weißt du überhaupt, ob ich Christ bin? Das ist die erste Frage, die dich interessiert, warum hältst du nicht unsere Regeln ein?“
Nun, sie hat versucht zu erklären, er war nicht einverstanden, warum sie keinen Rock trägt. Dann kommen die Jugendlichen zu ihr: „Weißt du, in unserer Gemeinde ist ja verboten, fernzusehen.“ Das ist jetzt schon einige Jahre her, aber die Ältesten wissen nicht, dass man in PCs eine TV-Karte installieren kann und dann auch fernsehen kann. „Wenn du unsere Hilfe brauchst, wir sind für dich da.“
In diesen Gemeinden wird genau das gemacht. Du kannst ja sagen: „Wir wollen in unserem Haus keinen Fernseher haben.“ Kannst du machen, wenn du das willst. Übrigens habe ich auch keinen Fernseher, ich habe einen Beamer, sowieso viel besser. Kannst du machen.
Was habe ich? Ich habe Ruhe von meinen Kindern, die gehen dann zum Nachbarn zum Fernsehen. Ich hatte einen Cousin, ein kleiner Städtke – sagt man Städtke hier im Süden? – war bei meinem anderen Cousin, ich habe das auch schon mal erzählt, aber das sind so heiße Storys.
Er hängt dann den ganzen Tag vor der Glotze, und ich gucke ihn an und sage: „Hey, ich weiß ganz genau, aus welchen Sippen ihr so kommt, was deren geflogen hat. Ich weiß ganz genau, in deiner Familie ist verboten, fernzusehen. Und warum guckst du dann die ganze Zeit Fernsehen?“ „Naja, ist ja nicht meiner, ich sündige nicht, es ist sein Fernseher.“ Kinder lassen sich nicht lumpen.
Hey, wir lachen darüber. Aber David, das ist ja Jüngerschaft! Was ist Wahrheit, was ist Aufrichtigkeit, was ist gut, was ist böse, was ist Sünde, was ist keine Sünde? Du kannst gerne zu Hause sagen, ich habe keinen Fernseher, aber dann als Leiter in die Gemeinde zu gehen und zu sagen: „Weil meine Kinder nicht fernsehen dürfen, dürft ihr jetzt alle auch nicht fernsehen.“
In solch einem Fall ist es nicht zu einer Verhaltensregel in einer speziellen Situation geworden, sondern zu einem moralischen Gebot, das anscheinend für alle Christen unabhängig von ihrer Situation gelten soll.
Wir haben nicht die Freiheit, solche Regeln zur Bibel hinzuzufügen und zu versuchen, sie allen Gläubigen aufzuerlegen, über die sich unser Einfluss erstreckt. Auch die Kirche als Ganze kann nicht versuchen, dies zu tun.
Hier wären römische Katholiken wiederum nicht einverstanden und würden sagen, dass Gott der Kirche die Autorität gegeben habe, allen Mitgliedern der Kirche zusätzlich zur Schrift weitere moralische Regeln aufzuerlegen.
Meine Beispiele waren fernab vom Katholizismus, ganz weit weg davon. Aber das Prinzip ist dasselbe, und das kann sich auch in Gemeinschaften, wie wir es sind, ganz leicht einschleichen, wenn man die Dinge nicht reflektiert und wenn man nicht über diese Prinzipien spricht, die in der Reformation wiederentdeckt und hochgehalten wurden.
Grudem warnt davor, weitere Gebote zu verhängen, weil das Schaden bei Gläubigen verursachen wird. Wir reden hier nicht von Marginalien. Und zwar, und das ist jetzt sehr, sehr heftig, was er schreibt:
„Der Heilige Geist wird nicht zum Gehorsam gegenüber Regeln befähigen, die nicht Gottes Billigung aus der Heiligen Schrift genießen. Noch werden Gläubige allgemein Freude am Gehorsam gegenüber Geboten finden, die mit den Gesetzen Gottes, die ihnen in ihre Herzen geschrieben sind, nicht übereinstimmen.“
So ein starker Satz! In manchen Fällen mögen Christen wiederholt und ernsthaft Gott um Sieg über angebliche Sünden bitten, die in Wirklichkeit überhaupt keine Sünden sind. Doch wird ihnen dann kein Sieg gegeben werden, denn die fragliche Haltung oder Handlung ist tatsächlich keine Sünde und missfällt Gott nicht.
Eine große Entmutigung im Gebet und allgemeine Frustration im Christenleben können das Ergebnis sein.
Du siehst den ganzen Katalog, die ganzen Forderungen, die ganzen Traditionen, und du kannst keine Freude dafür entwickeln. Na, woher soll sie denn auch kommen? Der Heilige Geist kann sie dir nicht geben, weil es nicht seine Gebote sind, es sind nicht seine Weisungen, es sind nicht seine Regeln.
Hingegen bei den Dingen, die der Heilige Geist sagt, wird er dir irgendwann auch im Herzen Freude geben für diese Worte, Freude über diesen Sieg. Aber wenn du über fleischlich menschengedachte, erdachte Traditionen irgendwie Freude entwickeln musst, ist es kein Wunder, dass sie nicht aufkommt.
Weil sie nicht von dem kommen, der uns Freude geben will. Bitte, Herr Fieder, ja, selbstverständlich. Und dann zusätzlich sind es halt noch Regeln, die noch nicht einmal Gott gefallen. Er hat keinen Gefallen daran.
Gott hat keinen Gefallen an diesen Regularien. Wir dürfen nicht denken, dass Gott neutral zu diesen Dingen steht. Wie kommen wir darauf? Jesus hat zu seiner Zeit menschengemachte Traditionen zerborsten. Er hat sie gehasst.
Weil ein falsches Verständnis über Gott damit in die Köpfe gepflanzt wird. Deswegen sind diese Dinge so wichtig und so ernst und nicht einfach nur bei den Katholiken zu finden, sondern durchaus in unseren Biografien, in unseren Traditionen und womöglich auch in dieser Gemeinde.
Deswegen brauchen wir alle wachsame Sinne und die Bibel in der Hand.
Es hat auch einen negativen Effekt, wenn weitere Verbote dazu kommen und das in einer Gemeinde etabliert wird. Das hat einen negativen Effekt auf die Gemeinschaft, weil Gemeinschaft auf einmal nur noch unter denen stattfindet, die Traditionen lieben, und diejenigen ausschließt, die Gott mehr lieben als Traditionen.
Dann hast du auf einmal eine Mannschaft, die sagt: „Wir sind eins, weil wir unsere Tradition lieben.“ Aber die müssen draußen bleiben, die sagen: „Aber Gott liebe ich mehr als diese Tradition.“
Letzter Punkt, der ist kürzer als der andere, es ist eigentlich das Gegenstück: Nicht nur Verbote sind verboten, sondern weitere Gebote sind verboten.
Die Genügsamkeit der Schrift sagt uns auch, dass Gott nichts von uns fordert, was nicht explizit oder implizit in der Bibel geboten ist.
Da kommen wir zu einem Punkt, den der Bruder vorhin gesagt hat: Wenn Eindrücke von Dritten, zum Beispiel prophetische Eindrücke von Dritten, an dich herangetragen werden, dann bist du nicht daran gebunden, diesen Folge zu leisten. Du bist nicht daran gebunden.
Jetzt kommt eine Perspektive von mir in dieser Sache, weil einige sich fragen: Kann ich gegen ein prophetisches Wort sündigen oder nicht? Wenn es nicht hier drinsteht, aber jemand prophetisch mir etwas sagt, was Gott von mir will, oder ich selber vielleicht einen prophetischen Eindruck habe, der nicht hier steht, wenn ich dem nicht folge, sündige ich dann?
Das ist eine sehr, sehr delikate Frage. Ich würde versuchen, sie so zu beantworten: Wenn du zu der Überzeugung gekommen bist, durch Gottes Wirken, dass das, was gerade offenbart ist, wirklich Gottes Wille ist für diese Situation, für diese Gelegenheit und für diese Zeit, dann bist du zum Gehorsam aufgefordert.
Wenn du der Auffassung bist, wenn du selber durch Gottes Wirken zu der Überzeugung gekommen bist, dass ein prophetisches Wort Gottes Wille ist, dass du denkst, es steht zwar nicht hier drin, aber deine Überzeugung, dein Gewissen, dein Herz weiß ganz genau, Gott will das jetzt von dir und es steht nicht im Widerspruch dazu, dann musst du danach handeln.
Ich glaube, dieses Prinzip finden wir auch in Römer 14: „Alles, aber was nicht aus Glauben ist, ist Sünde.“ Das bedeutet, wir sollen auch nicht gegen unsere Überzeugungen handeln. Wir sollen auch im Einklang mit unserem Gewissen handeln.
Ich habe solche Momente in meinem Leben gehabt, wo ich wusste: Gott will das ganz spezifisch in dieser Situation. Und ich glaube, hätte ich nicht so danach gehandelt, wäre ich ihm ungehorsam gewesen.
Jakobus 4, Vers 17 sagt: „Wer nun weiß, Gutes zu tun und tut es nicht, dem ist es Sünde.“ Wenn ich wirklich überzeugt bin und erkenne, dass es gut ist, ganz individuell und spezifisch für mich in dieser Situation diese Entscheidung so zu treffen und nicht anders, dann muss ich dem auch gehorsam sein und dem Folge leisten.
Ich kann dann nicht einfach sagen: „Bin raus.“ Nein, wenn ich überzeugt wurde, dass es gut ist, dann tue das Gute und wende dich nicht davon ab.
Ein kleiner Teaser, ein kleiner Ausblick: Nächste Woche treffe ich mich ja immer im Wechsel erst mal hier in der Gemeinde mit uns, und dann gibt es eine Zoom-Veranstaltung mit Bibelschülern, die online auch mit uns unterwegs sind. Es sind etliche überall verstreut, keine Ahnung, in Schweden war letztens eine Studentin, die mit uns unterwegs ist.
Nächste Woche Mittwoch um 17 Uhr haben wir ein Special genau zu diesem Thema: Wie bringen wir…
Weitere Gebote sind verboten
Wie lässt sich die Genügsamkeit der Schrift mit der subjektiven Führung des Heiligen Geistes in unserem Leben in Einklang bringen? Diese Frage werde nicht ich beantworten, sondern mein Freund Sam Storms wird bei diesem Zoom-Event dabei sein. Er ist ein hochkarätiger Theologe, der sich intensiv mit diesem Thema beschäftigt hat.
Sam Storms wird uns eine Einheit zu diesem Thema geben. Diese wird dann auch vom Englischen ins Deutsche übersetzt. Wenn euch das Thema interessiert, könnt ihr gerne über Zoom daran teilnehmen. Ich werde das noch einmal in der App ankündigen.
Das sind meine Punkte für diesen Abend. Jetzt haben wir noch eine Meldung, und dann machen wir den Sack zu. Wenn jemand von außen einen Eindruck über mein Leben äußert, dann ist das seine Überzeugung, aber noch nicht meine. Ich kann das immer noch selbst im Gebet bewegen, und ich soll es auch tun.
Wenn mich Gott dann ganz persönlich davon überzeugt und ich diese Gewissheit habe, dass es wahr und richtig ist, dann werde ich entsprechend handeln. Du musst auch im Einklang mit deinem Gewissen handeln.
Das ist ein sehr spannendes Thema, aber wir werden jetzt nicht weiter darauf eingehen. Das überlasse ich Sam Storms. Wenn ihr dabei sein möchtet, könnt ihr das sehr gerne tun.
Abschluss und Gebet
Okay, der Abend war lang, aber ich hoffe zumindest spannend und manchmal amüsant – auch wenn es ernst ist. Manchmal sind gerade die ernsten Dinge in unserem Leben zum Schreien und zum Schießen.
Ich möchte gerne zum Abschluss beten, und dann dürfen wir nach Hause gehen.
Ja, Herr, das war jetzt etwas. Danke, dass wir erkennen durften, dass wir deinem Wort nichts wegnehmen und auch nichts hinzufügen sollen. Ich klage dir, Herr, dass es aber irgendwie so schwer zu verstehen ist. Wir sind doch sehr schnell bereit, noch Dinge hinzuzufügen.
Heute haben wir uns einige Beispiele angehört, bei denen es richtig plastisch wurde, die Dinge sichtbar und greifbar. Das ist teilweise auch amüsant, und wir lachen darüber. Es ist einfacher, bei den anderen die Fehler festzustellen.
So wie du es hier auch sagst: Wir sehen den Balken im Auge des anderen, aber den Splitter in unserem eigenen Auge erkennen wir nicht.
Herr, ich bitte dich, mach uns demütig, damit wir nicht meinen, dieses Thema würde uns nicht betreffen. Wir sind nicht besser als andere, sondern müssen genauso wachsam sein.
Wir wollen dir sagen: Wenn es Autoritäten in unserem Leben gibt, denen wir – ausgesprochen oder unausgesprochen, bewusst oder unbewusst – Autorität gegeben haben, wie es nur dein Wort verdient, dann zeige es uns ganz deutlich durch den Heiligen Geist.
Geist Gottes, decke in unserem Herzen auf, wo wir etwas neben die Bibel gestellt haben: Personen, Pastoren, Prediger, Bücher.
Und Herr, wenn du diese Dinge aufdeckst, dann gib uns den Mut, das zu überwinden, umzukehren und uns darauf zu stellen, dass dein Wort genug ist.
Das Schöne ist: Wenn wir diese Dinge überwunden haben, dann fehlt uns nichts. Es ist nicht so, dass wir Mangel hätten – das Gegenteil ist der Fall.
Wir stürzen uns dann auf den Schatz, den du uns gegeben hast, der reich ist, voller Weisheit für unser Leben und ausreichend, um untadelig vor dir zu leben, Herr.
So, dass es dir gefällt, dich ehrt und auch Frucht bringt.
Herr, ich bitte dich, segne uns und hilf uns, an deinem Wort zu bleiben. Danke, Herr, für die letzten acht Lektionen, in denen wir tief eintauchen konnten.
Bitte hilf uns auch im nächsten Teil unserer Bibelschule, dich zu erkennen – Gott, wie du bist und wer du bist. Es wird um dein Wesen gehen.
Lass uns dich mehr liebgewinnen als zuvor, damit unsere Hingabe noch größer wird und wir dich mit ganzem Herzen, ganzer Kraft und ganzer Seele lieben, Herr.
Amen. Amen. Seid gesegnet und ab nach Hause.