Einführung in die heutige Fragestellung
Christlicher Glaube – fünf grundlegende Anfragen der Theologie, die dich im Glauben wachsen lassen, Nachfolge praktisch: dein geistlicher Impuls für den Tag.
Mein Name ist Jürgen Fischer, und heute geht es um Fanatismus und Intoleranz.
Wir haben uns gestern mit der Frage beschäftigt, ob es den christlichen Glauben eigentlich gibt. Am Ende habe ich darauf verwiesen, dass es unter echten Christen so etwas wie einen Konsens an Glaubenssätzen gibt. Diese beschreiben aus christlicher Sicht die Realität und geben uns damit die Möglichkeit, dem lebendigen Gott zu begegnen und Nachfolger Jesu Christi zu werden.
Ich hoffe, dass meine Herangehensweise euch nicht verwirrt. Es ist mir aber ganz wichtig, dass wir eines genau verstehen: Kein Bekenntnis, und sei es noch so orthodox oder biblisch, macht aus einem Menschen einen Christen.
Ich werde von meinen Sünden gerettet und ich werde Christ, indem ich den Namen des Herrn anrufe. Paulus schreibt im Römerbrief, Kapitel 10, Vers 13: „Denn jeder, der den Namen des Herrn anrufen wird, wird gerettet werden.“
Den Namen des Herrn anrufen bedeutet, zu der Person Jesus zu beten und ihn zu bitten, dass er mich rettet.
Die Bedeutung einer biblischen Theologie für den Glauben
Und dafür brauche ich eine gute biblische Theologie. Ich benötige sie, um zu wissen, bei wem ich Vergebung finde, wem ich mit meinem ganzen Herzen vertrauen kann und wem ich folgen muss, um gerettet zu werden.
Ich brauche gute Theologie, um zu verstehen, was mich Nachfolge kostet und wie sie aussieht. Doch Theologie selbst rettet mich nicht – das tut allein mein Glaube an den Herrn Jesus.
Dieser Glaube ist ein ganz persönlicher Akt des Vertrauens, den mir kein Mensch abnehmen kann. Denn dieser Glaubensschritt definiert mein Lebensziel neu.
Christen sind Nachfolger Jesu Christi. Sie folgen keiner Kirche, keinem Bekenntnis und keinem Bibellehrer, sondern sie folgen ihrem Herrn Jesus.
Das ist wichtig, wenn wir einen ganz typischen Einwand gegen das Christentum betrachten, der etwa so lautet: Religion, gerade die christliche, bringt Intoleranz und Fanatismus hervor. Ist das wahr?
Fanatismus und Intoleranz als allgemeines Phänomen
Ja, ja, das ist wahr. Aber nicht nur wahr für das Christentum, sondern für jede Religion, jede Ideologie oder politische Bewegung, die für sich in Anspruch nimmt, die Wahrheit gefunden zu haben.
Fanatismus und Intoleranz sind definitiv kein typisch christliches Problem. Das ist natürlich keine Entschuldigung. Und wirklich entschuldigen möchte ich auch gar nichts, sondern erklären.
Es gibt in der Kirchengeschichte einen Bruch. Dieser Bruch hängt damit zusammen, dass das Christentum Ende des vierten Jahrhunderts zur Staatsreligion wurde. Während die Christen vorher gewaltlos missionierten und viele sogar für ihren Glauben den Märtyrertod starben, beginnt dann etwas, das so gar nicht mehr zu dem passen will, was vorher völlig normal war.
Wandel vom persönlichen Glauben zur Religionsgemeinschaft
Wo es anfänglich um die persönliche Beziehung zum Herrn Jesus ging, wurde aus dem Christentum nun eine Religion. Damit meine ich, dass es jetzt schick und womöglich vorteilhaft geworden ist, Christ zu sein.
Aus dem Christentum als Nachfolge wurde Christentum als Zugehörigkeit zu einer Religionsgemeinschaft. Das war eine fatale Entwicklung, denn das Christentum war nie als Religionsgemeinschaft konzipiert.
Eine Religion wird durch Riten, ein Glaubensbekenntnis oder eine Organisation zusammengehalten. Das Christentum hingegen war von Anfang an als Lebewesen gedacht. Es ist ein Organismus mit Jesus als dem Kopf und allen Christen als Zellen eines und desselben Körpers.
Das verbindende Element sollte nicht die Zugehörigkeit zu einer Kirche sein, sondern der persönliche, lebendige Umgang mit dem Haupt. Genau das änderte sich, als das Christentum Staatsreligion wurde.
Nun konnte man Christ sein, ohne sich von ganzem Herzen persönlich an den Herrn Jesus zu hängen. Man wurde Teil einer Organisation, einer Kirche, aber keine Zelle im Leib Christi auf Erden – der Gemeinschaft der Heiligen.
Man wurde Christ durch das Bekenntnis, aber nicht durch das Leben danach. Man bekam eine Kirchenmitgliedschaft, aber nicht den Heiligen Geist. Es gab Riten, aber keine Vergebung der Sünden durch den Glauben an den Herrn Jesus.
Die Folgen der Staatsreligion für das Christentum
Und das Christentum als Staatsreligion tat, was alle Religionen und Ideologien tun, die Macht erhalten: Es hat Andersdenkende unterdrückt. Das ist in mehrfacher Hinsicht ein großer Fehler.
Warum? Vier Punkte.
Erstens: Der Glaube an Jesus ist eine Herzensangelegenheit. Glauben bedeutet Vertrauen, und Vertrauen ist etwas ganz Persönliches. Erst wenn man Christ durch ein Ritual wie die Taufe wird, entsteht so etwas wie Zwangsmissionierung.
Wenn es jedoch darum geht, dass Menschen ihr Leben aus freien Stücken und von ganzem Herzen dem Herrn Jesus anvertrauen, dann muss jeder Zwang nicht nur grundfalsch, sondern von vornherein erfolglos sein.
Ich kann vielleicht jemanden dazu zwingen, das zu tun, was ich sage. Ich kann ihn zwingen, sich taufen zu lassen. Aber ich kann niemanden dazu zwingen, dem Herrn Jesus zu vertrauen. Vertrauen, also Glaube, ist immer etwas sehr Persönliches.
Die wahre Natur christlichen Fanatismus
Zweitens müsste christlicher Fanatismus ein Fanatismus der Liebe sein. Fanatisch zu sein bedeutet ja, von etwas ergriffen zu sein. Immer dann, wenn ich von Jesus ergriffen bin, müsste ich doch genau das mit Leidenschaft tun, was er will – und das ist ganz klar Liebe.
Jesus hat geboten: Liebt eure Feinde. Wir sollen so lieben, wie er geliebt hat. Ein christlicher Fanatismus, der Andersdenkende verfolgt, statt sie zu segnen, für sie zu beten und ihnen Gutes zu tun, mag vielleicht im Namen Christi auftreten. Doch er hat mit Jesus Christus nichts, wirklich nichts zu tun.
Jesus zeigt seinen Anhängern, wie ein Wahrheitsanspruch gelebt werden muss. Jesus ist es, der – und an dieser Stelle ist er um der Wahrheit willen wirklich intolerant – sagt: „Ich bin der Weg und die Wahrheit und das Leben. Niemand kommt zum Vater als nur durch mich.“
Doch dann verbindet er seinen Wahrheitsanspruch damit, dass er aus Liebe für seine Feinde am Kreuz stirbt. Für Christen muss deshalb die Liebe zur Wahrheit, trotz aller offensichtlichen Intoleranz gegenüber anderen Religionen und Ideologien, immer mit einer sich völlig verschenkenden Liebe einhergehen – so wie es bei dem Herrn Jesus war.
Gewaltverbot und das Beispiel Jesu
Viertens verbietet Jesus seinen Nachfolgern den Gebrauch des Schwertes. Als Petrus dem Malchus das Ohr abschlägt, weist ihn Jesus streng und warnend zurecht. Er sagt: „Stecke dein Schwert wieder an seinen Ort, denn alle, die das Schwert nehmen, werden durchs Schwert umkommen.“
Dies zeigt deutlich, dass Gewalt für Christen kein Mittel ist, um ans Ziel zu gelangen. Wenn diese Aufforderung für Petrus galt, der nur seinen Herrn verteidigen wollte, wie viel mehr gilt sie dann später für Christen, die Menschen durch ihr Vorbild und ihre Predigt einladen, genau diesem Herrn zu vertrauen?
Fazit: Christen als „Fanatiker der Liebe“
Sind Christen Fanatiker? Das war heute die Frage. Die Antwort lautet: Ja, das sind sie.
Wenn sie echte Christen sind, dann sind sie „Fanatiker der Liebe“. Denn in 1. Johannes 4,8 heißt es: „Wer nicht liebt, hat Gott nicht erkannt, denn Gott ist Liebe.“
Man könnte darüber nachdenken, ob man dich an der Liebe erkennt, die du zu anderen Menschen hast.
Abschluss und Segenswunsch
Das war es für heute. Falls du noch nicht damit begonnen hast, regelmäßig Bibelverse auswendig zu lernen, dann ändere das heute.
Der Herr segne dich, lasse dich seine Gnade erfahren und lebe in seinem Frieden. Amen.