Einführung in das Geheimnis der Hoffnung
Ich will heute über einen Vers aus dem Kolosserbrief predigen, und zwar aus dem ersten Kapitel, Vers 27, Kolosser 1,27. Dort steht: „Gott wollte kundtun, was der herrliche Reichtum dieses Geheimnisses unter den Heiden ist, nämlich Christus in euch, die Hoffnung der Herrlichkeit!“ Herr, sprich zu uns durch dein Wort! Amen!
Man hat es immer wieder gesehen – in Bildern, Nachrichten, im Fernsehen – wie es war, als Frankreich einen neuen Staatspräsidenten bekam. Schon am Abend um acht Uhr hatten sich 200 begeisterte Franzosen auf dem Place de la Bastille versammelt. Sie brüllten, schwenkten Fahnen, und wer keine Fahne hatte, schwenkte, wie das die Franzosen so gerne tun, eine Weinflasche. Sie feierten begeistert ihren neuen Präsidenten, bis sie richtig aufgewühlt waren. Immer wieder schrien sie „Mitterrand, Präsident!“ Das war ihre Begeisterung und ihre Freude.
Sie hatten es so in ihren Köpfen, dass jetzt eine ganz neue Epoche in ihrem Land beginne. Ihr Mann, für den sie immer schwärmten, hatte das höchste Amt übernommen. Doch diese Hitzköpfe beruhigten sich bald wieder. In der Nacht sei ein Gewitterguss niedergegangen, las man in den Zeitungen. Danach hätten sich alle sehr schnell und still nach Hause begeben und seien am nächsten Tag wieder ihrer Arbeit nachgegangen.
Auch in der Politik ist nicht alles dauerhaft aufregend. Nach einer gewissen Zeit beruhigt sich die Begeisterung. Dann werden die Menschen nachdenklich. Nach ein paar Jahren ist es oft so weit, dass selbst der gefeiertste Politiker seinen Hut nehmen muss. Unter der bitteren Kritik der Leute zieht er sich zurück ins bürgerliche Leben. Und schon jubeln die Menschen dem Nächsten zu.
So verhält es sich mit denen, die an der Spitze stehen.
Die wahre Begeisterung für den König der Könige
Aber ich habe schon ein bisschen darüber nachgedacht, dass Christen eigentlich viel begeisterter sein müssten über den Regierungsantritt Jesu. Wenn Menschen schon für Politiker so laut jubeln, obwohl man weiß, dass es am Ende nicht so toll wird, wie in der Nacht des Sieges gefeiert, wie viel mehr sollten wir dann froh und dankbar sein.
Wir haben Jesus, dessen Liebe wir erfahren haben, den wir kennen und dessen Wort wir kennen. Wir wissen, dass er nun an den Schaltstellen der Macht im Himmel sitzt, zur Rechten des Vaters. Unter Christen ist es nicht sehr üblich, so begeistert zu rufen und zu singen. Das spürt man auch daran, dass bei uns die täglichen Sorgen sehr, sehr groß werden.
Das überrascht nicht. Dann wird das Klagen zum Thema, das unseren Tag prägt. Wir sind erfüllt von Angst, weil wir es gar nicht mehr wissen. Wir selbst haben vergessen, dass Jesus alle Macht hat im Himmel und auf Erden.
Das ist ein kleiner Tipp, den ich Ihnen für Ihr privates Christenleben geben möchte: Nicht nur beim Beten, sondern immer sollten Sie Jesus in seiner Größe vor Augen haben. Das Wort „Herrlichkeit“ ist bei uns schon ganz abgegriffen. Wenn wir uns aber vergegenwärtigen, wie Jesus in diesem Augenblick angebetet wird von der Schar der Engelboten, von den vollendeten Chören, wie diese reinen und wunderschönen Chöre ihm Lob singen, dann wollen wir in diese Chöre mit einstimmen.
„Ehre und Preis sei Gott!“
Die Herausforderung der sichtbaren Herrschaft Jesu
Es ist sicher typisch für unsere Christenheit heute, dass das Fest, das dies im Auge hat, so missachtet wird: das Himmelfahrtsfest. Viele Christen können damit gar nichts anfangen.
Dabei wäre dies doch der Tag, von dem so wichtige Impulse ausgehen könnten – zu uns müden und verzagten Menschen. Lesen Sie immer wieder in der Offenbarung des Johannes. Halten Sie sich nicht an den Stellen auf, die Sie nicht verstehen, sondern freuen Sie sich, wie es immer wieder beschrieben wird. Dort ist Jesus der, der alle Macht hat. Die Mächte dieser Welt müssen sich vor ihm beugen. Die ganze Weltgeschichte ordnet sich letztlich vor Jesus und läuft auf dieses Ziel zu: dass Christus diese Geschichte bestimmt.
Aber nun hat das ja schon der kleinste Knabe in unserer Welt gemerkt: Man sieht von der Herrschaft Jesu nichts. Wo sieht man denn etwas von Jesus? Ich sehe ja nichts. Schlagen Sie die Zeitung auf, da sehen Sie, was Menschen machen. Wo sehen Sie in Ihrem Leben Spuren Jesu? Sie sehen, wie Ihr Vorgesetzter mit Ihnen umgeht oder wie böse Menschen mit Ihnen umgehen. Wo sehen Sie etwas von der Macht Jesu?
Das halten uns die Spötter immer wieder vor. Sie sagen: Schau doch an das Leiden, die Tränen, das Unrecht, wie Menschen im Streit unterdrückt werden und was alles Gemeines in der Welt geschieht. Wo ist denn die Herrschaft Jesu?
Die wahre Natur des Reiches Jesu
Ja, das ist eine gute Frage. Die möchte ich Ihnen heute in der Predigt beantworten: Wo ist die Herrschaft Jesu?
Die Herrschaft Jesu muss man doch sehen, davon muss man etwas spüren, man muss sie empfinden. Wir sind überzeugt, dass Jesus alle Macht hat, aber oft können wir keine klare Antwort darauf geben.
Wie ist das nun mit seiner Herrschaft? Wo ist sein Reich? Wir können fröhlich singen: Jesus Christus ist König und Herr, sein Reich und seine Macht sind unvergänglich. Er ist der Name über alle Namen, heute und in Ewigkeit. Amen.
Aber wo sehe ich das konkret? Darum möchte ich zuerst darüber sprechen: Jesus baut sein Reich heute. Jesus baut sein Reich heute.
Das Reich Jesu im Vergleich zu weltlichen Reichen
Viele Menschen bauen heute ihre Reiche. Sie wissen, dass es zahlreiche Vorstellungen von Nationen gibt, die alle den Ruhm ihrer Völker begründen wollen. Wir kennen Ideologien, die in unserer Zeit ihre glückbringende Sache allen Menschen der Welt anbieten und aufzwingen wollen. Dabei liegen die Reiche dieser Welt oft im Streit miteinander.
Wo aber ist das Reich Jesu? Es ist eine Verwechslung, das Reich Jesu einfach mit der Kirche gleichzusetzen. Das wäre sicher falsch und töricht. Wo ist das Reich Jesu? Denn jemand kann in unsere Kirche kommen und sagen: „Ich sehe nichts von Christus. Ich sehe nur ein paar Menschen zusammensitzen, es sind nette Leute dabei, aber wo ist das Reich Christi? Woran erkenne ich es?“
Es ist auffallend, wie Jesus selbst sein Reich in den drei Jahren seines Wirkens auf der Erde ausgebreitet hat. Warum hat er sich nie um den Bürgermeisterposten von Jerusalem bemüht? Dort hätte er doch Einfluss auf diese Welt ausüben können. Jesus hat gegenüber dem Repräsentanten der damaligen römischen Besatzungsmacht klargestellt: „Mein Reich ist nicht von dieser Welt.“
Aha, dann haben wir es also doch: Das Reich Jesu ist gar nicht sichtbar. Es ist nur eine Idee. Nein, das hat Jesus nicht gemeint. Das Reich Jesu ist wirklich da. Aber Jesus hat nie daran gedacht, sein Reich mit menschlichen Mitteln auszubreiten, so wie Könige es tun – und natürlich nie mit Gewalt.
Die dunkelste Geschichte der Mission ist, dass vor vielen Jahrhunderten auch in unserem deutschen Vaterland Menschen durch Zwangsbekehrungen zu Christen gemacht wurden. Das wirft einen dunklen Schatten auf die Geschichte der Kirche in unserem Land. Das darf nicht sein – das Reich Christi darf nicht auf diese Weise ausgebreitet werden.
Ich denke aber auch an etwas viel Aktuelleres. Viele meinen, sie könnten Gutes tun, indem sie die Ideen Christi propagieren. Sie glauben, man müsse in dieser Welt dafür sorgen, dass die Gedanken Jesu und sein Wort nicht untergehen. Man müsse das Andenken an das Christliche hochhalten.
Das hat Jesus nie gemeint. Sein Reich wird nicht so ausgebreitet. Auch die Zeiten im Mittelalter, als Könige und Kaiser sich auf Christus beriefen und meinten, dadurch das Reich Christi auszubreiten, waren oft trübe und dunkle Zeiten. Von der Herrschaft Jesu wurde dabei nicht sichtbar.
Die Ausbreitung des Reiches durch Menschen
Wie wird das Reich Christi ausgebreitet, wenn es real, fassbar, spürbar und erfahrbar ist, aber nicht in der Art der Könige dieser Welt geschieht?
Es geschieht durch Menschen, die sich Christus unterwerfen. Auf alle anderen Methoden hat Jesus verzichtet. Er hat Menschen gesucht, die sich seiner Herrschaft öffnen.
Darum ist das der entscheidende Punkt heute am Himmelfahrtsfest: Ob wir offen werden, dass Jesus Christus unser Herr ist, der alle Macht und alle Gewalt über uns hat.
Wenn nur Christen dies bejahen, sagen wir manchmal, das sei zu wenig. Warum sollte das zu wenig sein? Vielleicht ahnen wir noch gar nicht, wie mächtig Christus ist. Ihm haben damals ein paar schlichte Männer genügt, um sich um sich zu sammeln, das Evangelium über das ganze Römische Reich zu verbreiten und viele hunderttausende Menschen zum Glauben an Christus zu führen.
Jesus genügt oft eine Handvoll Menschen, die sich seiner Herrschaft unterstellen und ihm gehorsam sind. Das Reich Jesu wird nur durch Menschen ausgebreitet, die sich Christus verschreiben, die sich Christus zu eigen geben.
Hier liegt der Grund, warum es heute mit dem christlichen Glauben oft nicht richtig funktioniert und warum sich das Christentum in einer Krise befindet. Wir meinen immer wieder, dass die Sache Jesus doch eine Angelegenheit einer Volkskirche sei, in der man Babys taufen kann. Dann wird der Glaube von Opa zu Enkel vererbt, und so bleibt das Christliche als Traditionsgut in unserem Volk erhalten.
Doch darin liegt nicht die Kraft Christi. Wo aber ein paar Menschen mit Haut und Haar Christus verschreiben und sagen: „Er soll mein Herr sein, er soll mich bestimmen“, da ist das Reich Gottes sichtbar und gegenwärtig.
Denken Sie bitte nicht, dass das nur Privatsache ist, die sich im inneren Leben abspielt. Wo Menschen sich der Herrschaft Jesu öffnen, werden sie plötzlich befreit, um in die Weite, in die Öffentlichkeit unserer Welt hinein zu wirken.
Das war immer das Große: Menschen, die von Christus in Besitz genommen wurden, haben etwas gewirkt für die Sache Gottes, für Gerechtigkeit, für Frieden und für Wahrheit.
Der Auftrag zur Ausbreitung des Reiches
Ich habe behauptet, dass Jesus niemals anders wirkt als durch Menschen, die er ruft. Bei seiner Himmelfahrt gab Jesus den Jüngern einen klaren Auftrag, wie sie die Ausbreitung seines Reiches gestalten sollten. Dabei hat er nie gesagt: Verbreitet meine Lehre oder doziert die Leute gut. Er hat auch nie gefordert, den Einflussbereich zu vergrößern oder dafür zu sorgen, dass Menschen Sympathie für Jesus entwickeln.
Stattdessen sagte er: Macht alle Völker zu Jüngern. Jünger sind Menschen, die auf das Wort des Lehrers hören, es annehmen und sich unter das Gelehrte stellen. Sie machen es zu ihrer Sache. Das ist besonders wichtig, denn ich glaube, hier liegen viele Fehlentwicklungen in unserer heutigen Gemeindearbeit und im Verständnis von Mission.
Der entscheidende Schritt ist, dass ein Mensch sich der Herrschaft Jesu ausliefert. Es ist tragisch, dass viele von uns immer noch darauf warten, vom christlichen Einfluss geprägt zu werden. Diese Haltung ist eine Art Mode, die uns von Kindheit an vermittelt wird: Man geht treu zur Kirche und hofft, dass der Glaube irgendwann auf einen abfärbt.
Wenn man an politische Reiche denkt, ist das ähnlich: Wer lange genug Gastarbeiter ist, kann nach vielen Jahren eingebürgert werden. Viele Menschen hoffen, Christen zu werden, indem sie sich der Gemeinde anschließen und treu dabei bleiben. Sie denken, mit der Zeit werde das Christsein schon auf sie übergehen. Wenn man zehn Jahre in Frankreich lebt, wird man ein Stück weit Franzose. Wenn man zehn Jahre in den USA lebt, wird man langsam Amerikaner. Wenn man zehn Jahre in der Gemeinde verbringt, wächst man doch langsam hinein, so der Gedanke.
Doch so breitet Jesus sein Reich nicht aus. Das ist eine Täuschung. Noch nie ist jemand auf diese Weise Christ geworden. Christ wird man nur durch die bewusste und willentliche Übergabe an Jesus. Es geht nicht darum, sich einer christlichen Lehre oder Kirche zu verschreiben, sondern sich Christus auszuliefern.
Und das geschieht nie ohne die vollständige Hingabe des ganzen Lebens. Auch der private Bereich und das Intimleben gehören dazu. Jesus muss Herr, König und Herrscher über das gesamte Leben sein.
Die Unterschiede zwischen weltlichen und göttlichen Herrschaften
Das unterscheidet Jesus sehr stark von den Präsidenten unserer Welt. Nehmen wir zum Beispiel einen französischen Staatspräsidenten, der in sein Amt eingeführt wurde. Die Menschen erwarten von ihm, dass er Heil bringt, weil er neue Sozialordnungen einführt.
Sie hoffen, dass er durch das Schröpfen der Reichen ihnen ein höheres Einkommen verschafft oder Arbeitsplätze für die Arbeitslosen schafft. Alle erwarten, dass er eine Ordnung einführt, die ihnen zugutekommt. Ähnlich denken sicher viele auch von Jesus. Sie warten und hoffen, dass Jesus irgendwann auch in ihrem Leben Hilfe gewährt.
Manche sind ganz glücklich, wenn sie überraschend von einer Krankheit genesen. Doch sie begreifen gar nicht, dass das nicht das Reich Christi ist. Nicht die Ordnungen, die irgendwo geändert werden, oder eine Fügung, die mir zugutekommt, sind das Reich Christi.
Jesus hat gesagt: Suche nicht nach irgendwelchen Veränderungen außerhalb deines Lebens. Warte nicht darauf, dass sich in deinem Leben Dinge lösen, so wie es die Heilsbringer unserer Welt tun. Stattdessen sollst du dich unter die Königsherrschaft Jesu stellen!
Darum muss ich Ihnen in der Predigt immer diesen Punkt sagen: Es geht um Ihre Bekehrung, es geht um Ihren Gehorsam Christus gegenüber. Sonst haben Sie überhaupt nichts von Jesus, auch wenn Sie sich manchmal über Hilfen gefreut haben, die Sie von ihm bekommen haben. Diese Hilfen sind nur Spuren gewesen. Sie haben nur dann Anteil am Reich Christi, wenn Sie Bürger dieses Reiches werden.
Anders als in den politischen Reichen unserer Welt werden Sie Bürger des Reiches Christi nur durch die Übergabe Ihres Willens und Ihres Gehorsams. Sie müssen sich ausliefern und ihm hingeben. Das ist das, was hier wichtig ist: Christus in uns, er will Herrscher werden.
Der persönliche Ruf zur Hingabe an Christus
Wenn Sie fragen: Wo sehe ich denn das Reich Gottes? Es gibt doch so viel Böses in der Welt, so viel Streit und Unrecht. Ja, das stimmt natürlich. Aber ob in Ihrem Leben die Königsherrschaft Jesu anbricht, das ist doch die entscheidende Frage.
Dieser Ruf ergeht heute an uns: Christus will bei uns einkehren. Er klopft an unsere Tür und möchte zu uns kommen.
Neulich hatten wir einen Ausflug mit unserem Jugendchor auf die Schwäbische Alb. Dort hatten wir die Gelegenheit, den Drachenfliegern zuzusehen. Es ist großartig, wie sie dort oben stehen. Ich hätte nicht den Mut dazu. Dann stürzen sie sich einfach in die Luft. Dass die Luft sie trägt, wissen sie. Aber wenn man das so anschaut und noch einmal darüber nachdenkt, ist das beeindruckend.
Da war einer dabei, der so laut einen richtigen Juchzer losließ, als er sich in die Luft stürzte. Ich dachte, er stürzt ab und bekommt einen Schrecken. Aber das war bei ihm nur die Freude. Er stürzte in den Abgrund, und dann trägt ihn die Luft.
Der Schritt des Glaubens kommt manchen Menschen auch so vor. Sie denken: Wer ist Jesus? Kann ich mich ihm anvertrauen? Ich will Ihnen heute Mut machen.
Denken Sie an diesen Drachenflieger, der sich in das Unbekannte hineinbegibt. Nur ist Christus doch gar nicht unbekannt. Wir kennen ihn genau in seiner Liebe, und das trägt die Herrschaft Jesu.
Christus will in Ihrem Leben seine Herrschaft aufrichten. Das geht Sie an. Es geschieht nicht von außen nach innen, sondern von innen nach außen. So wirkt Jesus.
Der Himmel beginnt auf Erden
Jetzt kommt ein anderer Leitsatz, den ich Ihnen wichtig machen will: Dann beginnt der Himmel auf Erden.
Am Himmelfahrtstag denken viele Menschen darüber nach, wo der Himmel ist. Der Himmel ist die Welt Gottes, unsichtbar unter uns, Christus in unserer Nähe. Aber dass Jesus den Himmel ausgerechnet durch seine Gegenwart, durch sein Reich in Menschen darstellen will – das ist doch unglaublich.
Wenn Sie die Natur betrachten, müssen Sie sagen: Es gibt viel schönere Dinge als den Menschen. Die Berge, die Seen, die Bäume und die Blumen – wer ein wenig Gefühl für die Schöpfung Gottes hat, der freut sich an all dem Schönen.
Das Schlimmste in der Schöpfung ist der Mensch. Wie viel Gemeines, wie viel Böses findet sich im Herzen eines Menschen! Man kann verzweifeln, wie erbärmlich der Mensch ist. Aber Gott lässt von seiner Planung nicht ab.
Bei der Erschaffung war es sein Ziel, dass der Mensch der höchste Punkt wird, dem alles untertan sein wird in der Schöpfung – außer Gott selbst. Das war Gottes Absicht, Gottes Ziel, auf das alles hingeschaffen war.
Und das ist ja die Schuld des Menschen: dass wir dieses große Bild, das Gott bei der Erschaffung uns geben wollte, tagtäglich verzerren. Man sieht nichts mehr von der Schönheit, die einmal geplant war.
Mit dem Kommen Jesu hat Gott nicht aufgehört, sondern an der alten Sache weitergemacht. Der Mensch muss in seiner ursprünglichen Schönheit wiederhergestellt werden. Das alte Bild muss wieder sichtbar werden. Darum wird Jesus so oft als das Ebenbild Gottes bezeichnet.
Jetzt ist der Mensch endlich wieder das, was er sein sollte. Das war Gottes Ziel von Anfang an bei der Schöpfung, und Jesus hat es wieder sichtbar gemacht, wieder dargestellt.
Aber nun will Gott auch dieses Bild bei uns wiederherstellen, obwohl das Bild verzerrt ist. Wir haben Gott nicht geehrt, ihm nicht gedient, wir wollen nicht seinen Willen tun. Deshalb kommt es in unserem Leben zu all diesen schweren Zerstörungen des wunderbaren Bildes des Menschen.
Das Wort Mensch wird so zu einem erschütternden Wort von Schwäche, Elend, Ohnmacht und Bosheit.
Doch nun kommt Jesus. Mit seiner Himmelfahrt sagt er: „Da fange ich wieder an, das Reich herzustellen.“ Er repariert Menschen nicht nur, sondern stellt sie wieder her – viel schöner, als sie bei ihrer Geburt waren.
Er weckt in ihnen etwas, was sie gar nicht aus sich selbst heraus wecken können. Er macht Menschen schön, edel, rein, fein, gütig, freundlich, sanftmütig. Das sind alles Eigenschaften, die wir oft gar nicht an uns selbst finden.
Das geht weit über unsere natürlichen Fähigkeiten und unseren Charakter hinaus. Der Himmel soll auf Erden beginnen – im Leben von sündigen Menschen.
Darum wird das so von Paulus unterstrichen: Christus in uns. Der auferstandene und erhöhte Herr legt seine ganze Ehre hinein, dass er in Menschen wirken will.
Jesus hat sich mit Vorliebe Menschen ausgesucht, die einen ganz verdorbenen Charakter hatten. Er wollte daran zeigen, wie er vollständig erneuern kann.
Das macht mir immer wieder Mut, wenn man an sich selbst verzweifeln will: Jesus, du hast doch das Leben von Huren verändern können, du kannst doch auch meinen Geist neu schaffen.
Du hast Menschen umwandeln können. Du hast einen Hasser wie den Saulus zu einem Menschen der Geduld und der Liebe gemacht. Verändere du mein Herz, komm in mir wohnen, lass mein Herz auf Erden dir ein Heiligtum werden.
Die Kraft der persönlichen Beziehung zu Christus
Wenn sie fragen, wo Gottes Reich ist – in ihrem Herzen, in ihrem Leben, in uns –, dann rechnen die meisten Christen gar nicht damit, welche Verwandlung das bewirken wird.
Jetzt verstehen Sie auch, warum ich nicht viel halte von Lehren, von Mitgliedschaften und von großen Führerpersönlichkeiten, für die wir schwärmen. Um das geht es ja gar nicht. Das hilft uns nichts.
Wir brauchen eine persönliche Beziehung zu Christus, dem wir gehorchen und dem wir dienen.
Ein Prediger hat einmal eine nette Geschichte erzählt von einem Kranken, der zu einem berühmten Arzt ging. Er hatte lange genug bei anderen Ärzten versucht, gesund zu werden, aber sie konnten ihm nicht helfen. Dann hörte er, dass es einen gibt, der alle gesund macht. Also ging er dorthin.
Die Sprechstundenhilfe machte die Tür auf, und er sagte: „Ich möchte zu dem Doktor.“ Sie antwortete: „Ja, der Arzt ist gerade verreist, aber das macht nichts, es ist ein Assistenzarzt da.“
Er sagte: „Nein, ich will nicht zum Assistenzarzt.“
„Ach, warum nicht?“, fragte sie. „Der praktiziert doch auch in der Praxis. Sie können doch im gleichen Sprechzimmer behandelt werden, und es sind die gleichen Geräte.“
„Nein, ich will zum Arzt. Der ist es, der mich gesund machen kann.“
So geht es uns doch immer um eine Beziehung zu Christus. Alle anderen Fragen sind uns so nebensächlich. Es geht uns nicht um Mitgliedschaften in irdischen Vereinen oder um menschliche Freundschaften, sondern darum, ob ich zu Christus eine Beziehung habe, ob er mich heilen kann und ob er aus meinem Leben etwas ganz Neues macht – zu seiner Ehre.
Christus in uns als lebendiges Geheimnis
Paulus bezeichnet dies als ein Mysterium, als ein Geheimnis. Er sagt, es sei ein Geheimnis, das lange verborgen war und nun offenbar wird: Christus richtet in den Völkern der Welt seine Herrschaft auf.
Ich bin sehr bewegt, wenn ich höre, wie wir durch unsere Arbeitshilfe für Brüder, die wir leisten, in diesen Tagen vom Wirken Jesu erfahren. So kam 1927 der erste Missionar der sudanischen Intiriamischen Kirche in den Süden Äthiopiens. Kurz darauf brach der äthiopisch-italienische Krieg aus, es folgten viele Leiden. Doch 1942 gab es dort bereits tausend Gläubige.
Nun schreibt zum zweiten Mal die Kale-Heiwett-Kirche um Hilfe für ihre Bibelschulen. Sie wissen, welches Leiden gerade über diese äthiopische Kirche gekommen ist und wie sie ihre Bibelschularbeit organisiert. 3500 junge Leute lassen sich dort als Prediger ausbilden. 800 Glieder sind fest in ihren Gemeinden eingeschrieben. Tausend Evangelisten wurden in Stämme entsandt, die das Evangelium noch nicht erreicht haben.
Das kann nur Christus bewirken, Christus allein hat diese Macht. Das entspricht nicht der Tradition des christlichen Abendlandes, das sind nicht die Lehren von Theologen. Es ist Christus, der in Menschen wirkt – Christus in uns.
Viele ahnen gar nicht, was in ihrem Leben möglich wird, wenn sie sich Christus öffnen. Ich möchte das noch einmal betonen: Das hat Auswirkungen auf ihr Eheleben, auf ihre Freundschaften, auf ihr Reden, ihr Tun, ihren Beruf und ihr ganzes Wesen, ihre Art, sich zu geben.
Christus kann Menschen umgestalten und neu machen, ihnen ein anderes Herz geben. Christus in uns will wirken und uns zu Menschen formen, die ihm ganz ähnlich sind. Das, was Christus am Ebenbild Gottes wiederhergestellt hat, soll auch bei uns zum Vorschein kommen.
Diese Veränderung wirkt sich sogar bis in die Öffentlichkeit und den Alltag hinein aus – mit weitreichenden Folgen. Wir wollen den Christus in uns ja nicht einsperren. Wesentlich ist jedoch, dass wir gehorsam sind. Nur so kann Christus wirken, indem jeder von uns sich ihm verschreibt.
Diese Entscheidung kann ich niemandem abnehmen. Es ist ihre persönliche Entscheidung, ihr Ja: Herr, ich will dir dienen. Und doch ist das nur ein Vorgeschmack.
Warnung vor Missverständnissen und falschen Lehren
Das ist das Letzte, was ich noch erklären muss. In der Geschichte der Christen gab es immer wieder verhängnisvolle Fehlentwicklungen, weil einzelne das Missverständnis hatten, Christus in uns zu verstehen. Diese Menschen erhoben sich plötzlich in ihren Versammlungen so sehr, dass sie drei Meter über dem Boden schwebten.
Verstehen Sie, das waren keine Menschen mehr, wie sie im Alltag leben. Es waren Leute, die nur noch Gregorianisch sangen, die konnten gar nicht mehr normal sein. Sie waren nicht mehr auf dem Boden der Tatsachen und sagten: „Christus in mir.“ Vielleicht haben manche das auch mitbekommen. Neulich gab es eine Diskussion in unserem evangelischen Gemeindeblatt um einen Satz einer Gebetsliturgie, in der es heißt: „Wenn ich rede, redet Gott.“ Im Gemeindeblatt stand dann: „Da sagt ja auch Paulus schon: Wenn Christus redet in mir, Christus lebt in mir; wenn ich rede, redet Gott.“
So kann ich das nicht sagen: „Wenn ich rede, redet Gott; wenn ich wirke, wirkt Gott.“ Wenn Sie mich ein bisschen kennen, wissen Sie, dass oft nicht Gott wirkt, wenn ich wirke, sondern meine Leidenschaft und mein ungeheiligtes Wesen. Wenn wir uns das nicht bewusst machen, werden wir Verfälscher des Evangeliums.
Wie oft haben Menschen hier das Reich Gottes ausgerufen! Doch das war nichts als ihr Eigensinn, der für Christus sprach. Darum hat Paulus hier sehr klar hinzugefügt: „Das ist die Hoffnung der Herrlichkeit, Christus in uns.“ Das ist nur ein Vorgeschmack, damit das keiner verwechselt.
Solange wir leben, stehen wir nüchtern da und unterscheiden uns von gefährlichen Sätzen, die heute in Irrlehren gebraucht werden, als ob wir einfach mit Christus gleichzusetzen wären. Es ist ein Geheimnis, dass Christus durch sündige Menschen wirkt. Darüber freuen wir uns. Christus will durch uns wirken – in unseren Familien, durch unseren Mund.
„Herr, durch meinen schmutzigen Mund, durch mein böses Wesen willst du wirken.“ Ja, es ist ein Geheimnis, aber ich kann nur einen Vorgeschmack fassen, denn ich ringe noch mit dem Alten. Wenn Christus in mir Wohnung machen will, dann war bei den Aposteln immer die Mahnung dabei: „Darum leg das alte Wesen ab, brich mit der Sünde in deinem Leben, gib Christus Raum!“
Das ist der Vorgeschmack von dem, was noch werden soll. Wenn wir uns im Spiegel des Wortes Gottes betrachten, sehen wir unsere Schwächen und Fehler schonungslos. Das ist gut, das bleibt auch so. Aber es ist auch eine Ermahnung, dass wir uns reinigen und mit dem Christus, der sich uns ganz geben will, ankämpfen gegen die Werke der Finsternis in uns.
Wir sollen sagen: „Herr, zum Malme, brich und vernichte alle Macht der Finsternis. Wirf das aus mir hinaus! Ich kann es nicht, aber du kannst es. Zieh mich ganz hinein in deinen Machtbereich, damit gesagt werden kann: In Wort, Werk und allem Wesen sei Jesus und sonst nichts.“
Schlussgedanken und Aufforderung zur Entscheidung
Ob das Reich Christi bei Ihnen kommt, das ist meine Sorge. Ob Sie im Bereich der Herrschaft Christi stehen, das ist die Frage.
Sie ahnen nicht, was Christus in Ihnen wirken kann und wird, wenn Sie sich ihm ganz verschreiben. Amen.