Einführung in das Bild des guten Hirten
Ich möchte heute über die Worte Jesu sprechen, in denen er beschreibt, wie es ist, wenn er uns als der gute Hirte führt.
In Johannes 10, Verse 27 bis 30 heißt es: „Meine Schafe hören meine Stimme, und ich kenne sie, und sie folgen mir. Ich gebe ihnen das ewige Leben, und sie werden nimmermehr umkommen, und niemand wird sie aus meiner Hand reißen. Mein Vater, der mir sie gegeben hat, ist größer als alles, und niemand kann sie aus der Hand des Vaters reißen.“
Das ist ganz wichtig. Deshalb wiederholt Jesus es noch einmal: „Ich und der Vater sind eins.“ Herr, segne dein Wort! Amen!
Beim guten Hirten muss ich immer wieder an die schöne Gruppe denken, die unten im Park beim Hauptbahnhof aufgestellt ist. Sie erinnert uns an ein Stück württembergischer Geschichte, als Graf Eberhard aus Wildbad floh und dann todmüde im Schoß eines Hirten einschlief und Ruhe fand.
Es ist so schön dargestellt, wie der Herzog – oder war es ein Graf? – dort liegt und der Hirte sorgsam herumschaut und darauf achtet, dass dem Monarchen nichts geschieht.
Das passt heute nicht mehr ganz in unsere Zeit, sagen Kunstkenner. Warum? Vielleicht wegen des Stils des Künstlers oder weil es nicht mehr unserem Geschmack entspricht. Die meisten Menschen wollen sich heute gar niemandem anvertrauen. Sie möchten sich selbst verwirklichen und ihr Leben selbst führen.
Aber sicher sind Sie auch schon einmal stehen geblieben und haben über den Frieden nachgedacht, der dort spricht. Wenn jemand so selig schlummert und ein anderer über ihm wacht.
Ich muss dabei immer ein wenig schmunzeln, denn es ist heute selten, dass Politiker es wagen, einem ihrer Untertanen den Kopf in den Schoß zu legen. Sie haben immer Todesangst, wir könnten ihnen etwas antun.
Dabei fällt es uns auch nicht leicht, unseren Kopf in den Schoß eines anderen zu legen, weil das immer riskant ist. Aber damals war das noch so. Und wir singen es in unserer württembergischen Nationalhymne: „Ich mein Haupt kann kühnlich legen Jedem Untertan in Schoß.“
Doch bei Menschen ist es immer eine gefährliche Sache, sich so anzuvertrauen und darauf zu vertrauen, dass einem nicht das Fell über die Ohren gezogen wird, wenn man selig schlummert.
Für uns ist das ein Bild, das sich noch viel wunderbarer und schöner beim guten Hirten erfüllt. Sie haben es gehört und gesungen von Kindertagen an, denn ich bin ein Schäflein, unter seinem sanften Stab gehe ich aus und ein und habe alle Tage süße Weide, sodass ich keinen Mangel leide. Und so oft ich durstig bin, führt er mich zum Brunnenquell hin.
Der Frieden und die Herausforderung des Glaubens
Seliges Glauben in Kindertagen – heute, im Gedränge und in den Anfechtungen, haben sie noch diesen Frieden, sodass sie sogar singen können. Gerade wie wir es in dem Lied wieder gesungen haben: Vom guten Hirten, der mich führt auch durchs dunkle Todesthal.
Das Bild ist so mächtig und so stark. Je älter ich werde, umso mehr merke ich, dass viele Fragen aufbrechen. Ich treffe immer wieder Leute, die sagen: „Ja, aber warum fühle ich denn jetzt gar nichts? Ich bin hin- und hergerissen. Ich wollte auch diesen Frieden haben.“ Doch es steht ja da, dass nur die diesen Frieden haben, die seine Schafe sind, die zu der Herde gehören.
Je länger ich über diesen Text nachdenke, desto mehr meine ich, dass man darüber predigen muss, wie man eigentlich zu der Herde kommt und wie man dabei ist. Sicher ist nicht jeder einfach ein Glied dieser Herde. Im Gegenteil, viele Leute wollen das gar nicht. Sie gehen ihren eigenen Weg und sagen: „Ich will niemanden über mein Leben verfügen lassen, am allerwenigsten Jesus.“ Sie weichen ihm aus.
Ich kann hier nur andeuten, dass es um ein großes Geheimnis geht, das ich hier gar nicht zu erklären versuche. Warum gibt Gott einigen den Glauben, und andere können nicht glauben? Warum gehören manche dazu und andere nicht?
Ich möchte nicht, dass das auf eine Weise missverstanden wird, wie es oft bei uns diskutiert wird, nämlich dass man sagt: „Dann kann ich ja gar nichts dazu.“ Doch, doch! Unser Unglaube hat sehr handfeste Gründe in unserem eigenen bösen Herzen. Ich kann bei Ihnen und bei mir nichts finden, woran wir nicht ganz persönlich schuldig wären, wenn wir nicht glauben, obwohl uns Jesu Liebe immer wieder gesucht hat.
Und doch können wir auch umgekehrt nur sagen: Da, wo uns Jesus das Geheimnis aufschließt und uns die Botschaft gibt: „Ich bin dein Hirte und du darfst geborgen sein bei mir“, da sagen wir: „Herr, das ist nicht mein Verdienst, nicht meine Denkkraft und nicht meine Glaubenskraft, sondern du hast ein großes Wunder vollbracht.“ Ich möchte dir danken, dass du mich zu deiner Gemeinde gebracht hast, zu deiner Herde, und dass ich dazugehören darf.
Aber man muss dabei sein.
Und dass jetzt keiner an dieser Stelle mit seinen krübelnden Gedanken hängenbleibt und nur noch sagt: „Ach, vielleicht bin ich doch ausgeschlossen und verstoßen.“ Das ist eine Art unserer menschlichen Schwermut, sich an solchen Stellen festzukrallen und zu sagen: „Dann bin ich doch der Verlorene.“ Ich darf noch einmal sagen, wie Jesus die Arme ausgebreitet hat und alle eingeladen hat. Er hat immer wieder gesagt: „Niemand sei ausgeschlossen von diesem großen Angebot, das ich bringe: Kommt, kommt alle!“
Und doch muss ich wissen, dass ich von mir aus gar nicht dazu kommen kann, wenn Gott mir das in seiner wunderbaren Güte nicht jetzt erschließt.
Wenn Sie Ihre Bibel aufgeschlagen haben, schauen Sie jetzt den Vers davor an: Vers 26: „Ihr glaubt nicht, denn ihr seid nicht von meinen Schafen.“ Es zieht sich eine Scheidung durch unsere Welt. Da, wo Menschen nicht glauben können, gehören sie nicht dazu, und ihr Sinn ist verschlossen.
Das passt uns nicht, mir auch nicht. Ich wollte immer wieder allen Menschen das erklären und deutlich machen. Ich will nicht über Dinge reden, die ich nicht erklären kann. Und doch müssen wir das einfach akzeptieren, weil Jesus ganz offen darüber gesprochen hat.
Sie erleben das täglich: Es gibt Menschen, die können es nicht fassen, weil sie nicht zu Jesus gehören. Nur der kann es fassen, der bei Jesus ist.
Ja, wie kann ich dann Menschen gewinnen? Wie kann ich sie evangelisieren? Ich kann es tun, weil Jesu Güte Menschen rettet.
Und hier stoße ich auf eine biblische Wahrheit, die sich gerade darin als Wahrheit zeigt, weil sie nicht aus unserem Denken kommt und nicht unserer Meinung angepasst ist, sondern so quer dazwischenliegt: Nur wer zur Herde Jesu gehört, kann das haben.
Ich möchte zur Herde Jesu gehören. Und ich möchte heute, dass Sie sagen: Meine einzige Sorge ist, dass ich dazugehöre, dass ich ein Eigentum Jesu bin.
Das mag sogar gelten, dass viele Menschen eher einem reißenden Wolf ähneln oder einem listigen Fuchs oder sonst einem wilden Tier.
Herr, präge mir deine Art ein, sanft wie ein Lamm. Ich will dir ähnlich werden. Du musst mich umformen und umgestalten. Ich will dir gehören. Das soll die Hauptsorge meines Lebens sein.
Erkennungszeichen der Schafe Jesu
Jetzt möchte ich darüber predigen: Woran erkennt man die Schafe Jesu? Was ist das eingebrannte Eigentumszeichen?
Sie kennen das von Schafherden, wie dort immer wieder ein Merkmal angebracht wird. Früher brannte man es ein, heute malt man es aufs Fell. So erkennt man sofort, wem die Schafe gehören.
Was ist das Eigentumszeichen derer, die bei Jesus sind, derer, die diesen Frieden beim guten Hirten haben?
Ich möchte Sie noch einmal daran erinnern: Wir haben nur diese Verse aus dem Kapitel herausgegriffen. Es gab einen großen Auflauf in Jerusalem. Im Tempel stritten sie mit Jesus. Die Leute kamen neugierig herbeigelaufen und sagten zu Jesus: „Sag uns, wer du bist! Sag es uns frei heraus! Bist du der Messias? Bitte sag es!“
Und Jesus sagt: Die einen verstehen es, die anderen nicht. Und genau das ist die Scheidung. Die, die zu meiner Herde gehören, verstehen es. Die, die nicht dazugehören, verstehen es nicht.
Ja, wie erkennt man dann, dass man zur Herde Jesu gehört?
Es ist schwer, denn unsere Augen sind oft das ungeeignete Mittel, um Jesus zu erkennen. Schon damals, als Jesus leibhaftig durch diese Welt ging, waren unsere Augen gestört. Unser Blick ist, so sagt die Bibel oft, durch unser Herz beherrscht. Wir sind oft von den sichtbaren Dingen verführt und können deshalb mit irdischen Augen nicht richtig sehen.
Wenn Sie Glauben mit ihren Augen haben wollen, werden Sie immer enttäuscht sein. Sie werden immer falschen Dingen aufsitzen. Bewahren Sie Ihre Augen! Das ist die große Gefahr im Glaubensleben: Wir wollen etwas sehen. Gerade durch das Sehen können wir verführt werden.
Selbst die Versuchung Jesu geschah durch die Augen, als der Teufel ihm all das zeigte, die Reiche der Welt: „Schau, das will ich dir geben!“
Also ist das nicht das Eigentumszeichen, dass wir etwas Besonderes sehen. Ich glaube auch nicht an Visionen oder ähnliche Dinge. Es geht nicht durch das neue Erkennen mit den Augen, sondern durch das Hören.
„Meine Schafe hören meine Stimme“, sagt Jesus. Es ist das Ohr, durch das der Glaube beginnt. Das Hören mit dem Herzen, dass ich weiß: Das sagt Jesus mir.
Es sind Menschenworte, die wir hören, die uns verkündigt werden. Worte, die irgendwelche Leute in dieses Buch gedruckt haben, und von denen wir doch wissen: Das sind Worte, die mir der gute Hirte heute sagt.
Wenn Sie Ihr Losungsbüchlein aufschlagen, ist das die Stimme des guten Hirten. Und das ist das Kennzeichen, das eingebrannte Eigentumszeichen derer, die zur Herde gehören: Sie hören allein auf die Stimme Jesu.
Jetzt ist mir ganz wichtig: Woran erkennt man, ob man zur Herde gehört, ob man die Stimme des guten Hirten vernimmt?
Es geht nicht bloß darum, morgens dazusitzen und die Bibel zu lesen. Sondern hören Sie die Stimme Jesu! Es soll uns gar nicht wichtig sein, die vielen anderen Stimmen, die an unser Ohr klingen. Ich will nur die Hirtenstimme des guten Hirten hören, heute!
Ich bin immer wieder überrascht, wenn dann das Wunder geschieht, dass plötzlich ein Mensch anfängt zu hören. Nicht weil er sagt: „Das interessiert mich, was der oder jener sagt und welche Theorien entwickelt werden.“ Sondern weil er sagt: „Ich will die Stimme Jesu hören, die brauche ich. Das ist meine Hirtenstimme.“
Und wenn dann einer sagt: „Ich will meine Entscheidung fällen und davon abhängig machen, dass Jesus mir das sagt und zeigt und dass ich aus seinem Wort Klarheit bekomme. Ich will die Hirtenstimme so vernehmen, dass ich mich im täglichen Leben orientieren kann.“
Das ist wichtig. Ob Sie zur Herde gehören, Schafe seiner Herde sind, das erkennt man am Hören.
Verstocken Sie Ihr Herz nicht! Machen Sie es auf! So ist der Zugang zum Glauben. Dann wissen Sie, dass Sie zur Herde gehören.
Ich sagte vorhin: Ich kann Ihnen das Ärgernis nicht wegnehmen, wenn jemand sagt: „Aber ich glaube nicht.“
Doch er steht vor Ihrer Türe und klopft an. Wenn wir das Lied gesungen haben, am Eingang unseres Gottesdienstes, dass Jesus vor jeder Türe steht und anklopft: Lass ihn ein!
Dann kann er dich auf die gute Weide führen und dich leiten.
Die Stimme des Hirten und die Geborgenheit der Schafe
Bei der Landwirtschaft und bei den Schafherden unserer Welt ist es beeindruckend, wie die Tiere oft nur eine Pfeife oder das Pfeifen mit den Fingern oder einen bestimmten Ruf hören. Die Schafe wissen genau, was das bedeutet.
So kann man Herden voneinander unterscheiden, denn die Schafe erkennen ihren Hirten genau. Für unser Ohr klingt das oft ähnlich, sodass wir die Stimmen nicht unterscheiden können. Doch bei den Hirten ist es so, dass selbst die „dummen“ Schafe so klug sind, ihre Hirtenstimme genau zu kennen. Sie wissen, wann die Stimme nur so klingt, wie die des guten Hirten.
Gott gebe ihnen ein klares, scharfes Ohr, damit sie die Hirtenstimme Jesu hören – frei von aller Verfälschung und Verdrehung. Es kommt immer wieder vor, dass jemand die Stimme nachahmt. Doch die Schafe wollen nur die Stimme des guten Hirten hören. Jesus sagt: „Meine Schafe hören meine Stimme.“
Das ist das Schöne daran: Jesus sagt dann von uns, dass wir ihm gehören, dass wir seine Schafe sind. Damit ist unser ganzes Leben unter die Fürsorge Jesu gestellt. Er kennt uns – mit unserer Angst, unseren Krankheiten, unserer Müdigkeit, unserer Mühsal, unserer Einsamkeit, unseren Enttäuschungen und unserem Versagen. Er erkennt unsere Schwächen.
Der Hirte weiß genau, wie das ist. Wir haben einmal mit einem Hirten gesprochen, und es kam etwas hart rüber. Gerade war ein Lämmchen geboren, und es musste gleich mit der Herde mitlaufen. Der Hirte sagte: „Ach, da brauchen Sie sich keine Sorgen zu machen. Ich nehme es dann auf den Arm, wenn es zu weit wird.“
So handelt der gute Hirte. Er weiß genau, was er den Schafen zumuten kann. Er legt ihnen keine Last auf, die schwerer ist, als dass sie sie tragen können. Das ist das Zeichen des Eigentums: Sie hören die Stimme des guten Hirten.
Man kann sich selbst prüfen: Hören Sie die Stimme des guten Hirten? Das geschieht in seinem Wort, dort, wo die Predigt erklingt. Dabei ist es nicht entscheidend, welcher Prediger spricht, sondern ob Sie die Stimme Jesu für sich vernehmen.
Was zieht die Schafe zum Hirten?
Jetzt zum zweiten Punkt: Was zieht denn die Schafe zu dem Hirten? Vielleicht bin ich biologisch ein bisschen unterentwickelt oder war nicht lange genug in der Landwirtschaft tätig. Für mich wird eine Herde ja durch den Hund zusammengehalten, nicht?
Da gibt es immer wieder Leute, die entsetzt reagieren, wenn ich hier meine kleinen Schafkenntnisse preisgebe. Die sagen, das sei gar nicht so, und sie bekommen Angst, wenn sie den Schäferhund sehen. Dabei heißt es, Schäferhunde seien gar nicht so schlimm, sondern ganz liebe Tiere. Wenn sie aber wild um die Schafherde kreisen und die armen Schäfchen um ihr Leben rennen, damit der Hund ihnen nicht in die Waden beißt, ist es dann nicht so, dass der gute Hirte seine Herde eben durch so einen scharfen Schäferhund zusammenhält?
Man könnte sagen, der Schäferhund beißt uns auch mal tüchtig in die Waden. So ist es doch auch, dass Jesus uns manchmal kräftig packen kann – das kann er. Doch ist das nicht die eigentliche Weise, wie er uns bei seiner Herde hält. Er sagt hier, dass er es ganz anders macht. Er gibt der Herde die richtige Weide, und darum sind die Schafe beim guten Hirten.
Also nicht, weil der Schäferhund herumrennt und tüchtig bellt, oder weil jemand ständig schimpft und sagt: „Du musst auch als Christ dies und jenes tun“, sondern das Schöne ist, dass die Schafe zum Hirten hingezogen sind, weil er ihnen Leben gibt. Er sagt: „Ich gebe ihnen Leben, Leben.“
Für unsere jungen Leute, besonders für die Konfirmanden, mag das noch schwierig sein. Sie sind oft im ersten Sturm und Drang und merken: Was kann das Leben alles bieten! Mensch, was kann ich alles machen? Dann denkt man vielleicht, soll ich nicht die Last abschütteln und Jesus auf die Seite werfen? Ich möchte doch Leben haben, mich mal richtig ausleben.
Da merkt man schon früh: Leben gibt es nur dort, wo Jesus es mir gibt. Ohne ihn ist das Leben nicht erfüllt, ohne ihn ist es leer. Und wenn man dann weitergeht im Leben, merkt man gerade dort im finsteren Tal, dass er vorangeht und sagt: „Ich gebe Leben.“ Nicht nur ein „Ja“ zu diesem Leben, sondern eine ganz andere Qualität.
Das Leben, das man immer mehr spürt, hängt nicht ab von Geld und Gut, nicht von Menschen, die einen begleiten, nicht von der Ehre, die man bekommt. Sondern das Leben, bei dem man sagt: „Bei dir, Herr, ist die Quelle des Lebens, die Fülle.“ Wenn ich nur dich habe, frage ich nicht nach Himmel und Erde, auch wenn Leib und Seele verschmachten. Du gibst Leben auf eine ganz andere Weise.
So viele Menschen haben im Verzicht und Verlust ihres irdischen Lebens gesagt, darauf kommt es jetzt gar nicht an. Nicht, dass Jesus uns das alles nicht auch schenkt – er schenkt uns auch diesen Frühlingstag mit Blüte, Sonnenschein, Essen und Freude. Doch das Leben liegt nicht in den äußeren Dingen, sondern in dem, was er mir gibt.
Oft erkenne ich es erst dann, wenn die äußeren Dinge mir weggenommen sind. Das liegt an meinem Geschmack, der auf das andere gar nicht achtet. Jesus sagt: „Du gibst mir ewiges Leben.“
Es ist wie ein Brunnen, der Tag und Nacht läuft. Obwohl zwischen zwei und vier Uhr niemand kommt und an den Brunnen dringt, läuft er ununterbrochen. So bietet Jesus ihnen Leben an: „Ich gebe ihnen ewiges Leben.“ Sie dürfen nehmen, auch nachts, wenn sie nicht schlafen können und schwere Gedanken sie plagen. Dann zünden sie das Licht an, schlagen ihr Gesangbuch auf, nehmen die Bibel zur Hand und erleben, wie Jesus ihnen Lasten wegnimmt und Leben schenkt.
Sie wissen: Alles ist gut, auch wenn das Äußere, was sie bedrängt, nicht gelöst ist. Er ist da und gibt Leben. Das wünsche ich mir auch auf der letzten Wegstrecke, wenn es zum Sterben geht: Dass jemand am Sterbebett sitzt und mir Gottes Worte sagt, weil in diesen Worten Leben ist.
Denn in den Worten ist Leben. Sie sind nicht nur Worte, die verheilen, sondern kräftige Worte, die bleiben, auch wenn mein Leben vergeht. Jesus sagt: „Ich gebe ihnen ewiges Leben.“ Dieses Leben hört gar nicht mehr auf. Es beginnt hier und endet auch in der Ewigkeit nicht.
Es ist eine ganz neue Art von Leben. Und wir sagen dann mit Recht: Seitdem ich angefangen habe, mit Jesus zu leben, ist mir das so neu und groß geworden, dass ich es gar nicht mehr vergleichen kann. Ich weiß, dass der Tod nicht mehr die schwere Stunde ist, die einen Einschnitt gibt. Schon das Leben hat angefangen.
Die völlige Geborgenheit bei Jesus
Als Letztes wollen wir von der völligen Geborgenheit sprechen, die der gute Hirte uns schenkt – eine völlige Geborgenheit. Wir haben bereits vom eingebrannten Eigentumszeichen gesprochen, vom Hören und davon, was uns zum Hirten zieht: das Geschenk des ewigen Lebens.
Nun geht es um diese völlige Geborgenheit: Niemand wird jemals umkommen, und niemand wird sie mir aus meiner Hand reißen. Darum habe ich vorhin so großen Wert darauf gelegt: Wer zur Herde Jesu gehört, kann nicht umkommen.
Wenn man das heute predigt, werden viele besorgt sein, Fragen stellen und sagen: „Ja, aber wie ist das denn? Wir bleiben doch immer im Zweifel.“ Nein, wir sollen nicht im Zweifel bleiben. Die Heilsgewissheit ist die Krone des Glaubens. Ich darf wissen: Wenn Jesus mir das Heil gibt, dann darf ich es haben.
Ist es nicht so, dass man das nicht einfach in der Tasche haben kann? Wilhelm Busch hat es in seiner unvergleichlichen Art immer so gesagt: Wenn man im Bild bleiben will, muss man sagen: Nein, nicht ich habe es in der Tasche, sondern Jesus hat mich in seiner Tasche. Und darum bin ich sicher.
Ich darf ganz froh und unbesorgt sein, auch wenn meine Gefühle mir Angst machen. Ich darf sagen: Nein, Jesus hält mich. Aber wie geht das jetzt? Ist es bei uns nicht immer sehr wackelig und ungewiss? Ich kann ja nicht einmal wissen, ob ich in der nächsten Stunde noch glaube. Werde ich durchhalten? Ich bin doch ein so untreuer Geselle.
Darum sagt Jesus, dass es nicht einmal von meiner Glaubenskraft abhängt. Er sagt: Er hält mich. Und das ist so wunderbar, dass er meine Hand umklammert – so wie eine Mutter die Hand ihres Kindes hält. Dann kann die Hand nicht mehr herausrutschen. Er sagt: Das ist meine Sache, ich halte dich.
Das ist der Trost, der bleibt. Wenn wir vom guten Hirten sprechen, soll dieses Bild vor uns stehen: Niemand kann dich aus der Hand Jesu reißen, niemand!
Das hören jetzt auch Schwermütige über die Kassette, die es nicht einmal mit ihrem Verstand fassen können, weil die Gedanken zu schwer sind. Sie dürfen es wissen: Wenn ich zur Herde gehöre, darf ich es annehmen. Ich darf Ja sagen. Dort, wo sein Wort mich erreicht, darf ich wissen: Er hält mich.
Jesus setzt noch hinzu, dass es nicht nur seine Hände sind, sondern die Hände des Vaters, die die Hände Jesu noch einmal umschließen. Und Jesus sagt zur dritten Versicherung noch einmal: Ich und der Vater sind eins.
Was ich sage, gilt vom ewigen Gott, dem Herrn von Himmel und Erde: Er hält dich und lässt dich nicht los. So ruht die Glaubensfreude in dieser wunderbaren Zusage:
Stark ist meines Jesu Hand, und er wird ewig fassen. Er hat zu viel an mich gewandt, um mich wieder loszulassen. Mein Erbarmer lässt mich nicht. Dies ist meine Zuversicht: Er hält ganz fest, und meine Hand kann nicht mehr herausfallen.
Er hat mich berufen und hat Sie berufen zu dieser Herde. Grübeln Sie jetzt nicht. Der Hirte hat in Ihr Herz hineingerufen. Sie dürfen sagen: In des Hirten Arm und Schoß. Amen.
Ja, mein Glück ist groß! Amen.
