Einführung in die christliche Erwartungshaltung
Kennzeichnend für uns Christen soll das Warten sein – das Warten auf die neue Welt Gottes. Wir erwarten einen neuen Himmel und eine neue Erde, nach seiner Verheißung, in der Gerechtigkeit wohnt.
Ich freue mich, dass Sie heute mit uns diesen Gottesdienst feiern. Ich möchte Sie einladen, mit einzustimmen in das Lied „Wir warten Dein, o Gottessohn“, das Lied von Philipp Friedrich Hiller (123).
Wir wollen beten: Du, unser Herr und König Jesus Christus, es tut uns leid, dass oft unsere Herzen und Gedanken nur mit irdischen Sorgen, den täglichen Lasten des Lebens und den Ängsten, die uns bewegen, gefüllt sind. So warten wir so wenig auf deine große Zukunft.
Darum wollen wir dich bitten, dass du uns heute ganz neu vor Augen trittst. Lass uns wieder erkennen, dass du das Ziel der Weltgeschichte und des Weltenlaufs bist. Am Ende der Tage wirst du vor uns stehen. Auch dort, wo uns die dunklen Schatten des Todes bedrängen, dürfen wir fröhlich deines Kommens entgegensehen.
Wir wissen das auch im Blick auf manche Krankheitsnöte, die viele unter uns bedrücken. Du kannst die Lasten wegnehmen, wenn es deine Zeit und deine Stunde ist. Dann werden wir dich von Angesicht zu Angesicht sehen.
Ach Herr, lass uns jetzt spüren, dass wir dir begegnen – auch in diesem Gottesdienst. Lass uns deine Stimme hören, und lass uns ganz neu erkennen, wie groß die herrliche Zukunft ist, auf die wir zuleben.
So wollen wir dir jetzt auch in der Stille all das bringen, was uns bewegt.
Wir beten in der Stille.
Jesus Christus gestern und heute und derselbe auch in alle Ewigkeit. Amen.
Die Verheißung einer neuen Heimat
Ich möchte aus Offenbarung 21 lesen, denn dort gibt uns das Wort Gottes eine ganz verlässliche Zusage über die Wohnung und die Heimat, die uns dort bereitet ist.
Der Tod ist uns oft gar nicht weit entfernt. Es kann schon in der nächsten Woche einige von uns treffen. Bis übers Jahr werden eine ganze Reihe von uns nicht mehr hier in dieser Welt sein. Es ist gut, wenn man Bescheid weiß und eine Sehnsucht nach der Heimat hat.
Ich sah einen neuen Himmel und eine neue Erde, denn der erste Himmel und die erste Erde sind vergangen, und das Meer ist nicht mehr.
Ich sah die heilige Stadt, das neue Jerusalem, von Gott aus dem Himmel herabkommen, bereitet wie eine geschmückte Braut für ihren Mann.
Junge Leute fragen immer wieder: Wo steht denn das in der Bibel, dass man vor der Ehe rein leben muss? In all den tausend Bildern der Bibel, mit ganz wunderbaren Aussagen über Zartheit und das Brautgeheimnis, kann man vieles entdecken. Wer etwas von Liebe und Hingabe verstehen will, muss wissen, was das an Treue und Verlässlichkeit fordert – nicht nur vor der Ehe, sondern auch in der Ehe.
Und ich hörte eine große Stimme von dem Thron her, die sprach: „Siehe da, die Hütte Gottes bei den Menschen! Und er wird bei ihnen wohnen, und sie werden sein Volk sein, und er selbst, Gott, wird ihr Gott sein. Und Gott wird abwischen alle Tränen von ihren Augen. Und der Tod wird nicht mehr sein, noch Leid, noch Geschrei, noch Schmerz wird mehr sein; denn das Erste ist vergangen.“
Und der auf dem Thron saß, sprach: „Siehe, ich mache alles neu.“ Und er sprach: „Schreibe, denn diese Worte sind wahrhaftig und gewiss.“ Und er sprach zu mir: „Es ist geschehen. Ich bin das A und das O, der Anfang und das Ende. Ich will dem Durstigen geben von der Quelle des lebendigen Wassers umsonst. Wer überwindet, der wird alles ererben, und ich werde sein Gott sein, und er wird mein Sohn sein.“
Und jetzt lassen wir meist den nächsten Vers weg, obwohl er noch zum Abschnitt gehört. Ich möchte ihn auch noch lesen:
„Die Feigen aber und Ungläubigen und Mörder und Unzüchtigen und Zauberer und Götzendiener und alle Lügner, deren Teil wird sein im Pfuhl, der mit Feuer und Schwefel brennt. Das ist der zweite Tod.“
Das Lied der Treue und Hoffnung
Wir wollen jetzt ein Lied singen, das das aufnimmt, was wir vorhin vom neuen Jerusalem gehört haben.
Das Lied stammt von einem Regierungsrat in Stuttgart, der damals am Hof der absolutistischen Herzöge tätig war. Es handelt sich nicht um Philipp Friedrich Hiller, sondern um einen Namensvetter, der viel gelitten hat. Trotz seiner schweren Zeiten hat er im Blick auf die Ewigkeit neue Kraft und Mut von Gott gewonnen, um seinen Glauben zu bekennen – zur Treue und zur Hingabe.
Wir singen die ersten zwei Verse sowie die Verse fünf, sechs und sieben.
Schon wenn Sie von diesem Gottesdienst nur einen Vers mitnehmen und ihn in der kommenden Woche immer wieder summen, wenn es drunter und drüber geht, wäre ich glücklich.
Denn: Christus ist mein Arm und Schild, und sein Schifflein kann nicht sinken. Was braucht es noch mehr?
Die Gleichnisrede von den Brautjungfern als Mahnung zur Wachsamkeit
Ich habe für heute ein Thema ausgesucht, und ich möchte auch am nächsten Sonntag über diese große Christenhoffnung sprechen, die Ewigkeitshoffnung. Heute geht es um Matthäus 25, Verse 1-13, die Geschichte von den klugen und törichten Brautjungfern.
Das Himmelreich wird verglichen mit zehn Jungfrauen, die ihre Lampen nahmen und dem Bräutigam entgegen gingen. Fünf von ihnen waren töricht, fünf waren klug. Die törichten Jungfrauen nahmen ihre Lampen mit, aber kein Öl. Die klugen hingegen hatten Öl in ihren Gefäßen zusammen mit ihren Lampen.
Als der Bräutigam lange ausblieb, wurden sie alle schläfrig und schliefen ein. Doch um Mitternacht ertönte ein lautes Rufen: "Siehe, der Bräutigam kommt, geht ihm entgegen!" Da standen alle Jungfrauen auf und machten ihre Lampen bereit.
Die törichten Jungfrauen sagten zu den klugen: "Gebt uns von eurem Öl, denn unsere Lampen verlöschen." Doch die klugen antworteten: "Nein, sonst reicht es nicht für uns und euch. Geht lieber zum Kaufmann und kauft für euch selbst Öl."
Während die törichten Jungfrauen zum Kaufmann gingen, kam der Bräutigam. Diejenigen, die bereit waren, gingen mit ihm zur Hochzeit, und die Tür wurde verschlossen.
Später kamen auch die anderen Jungfrauen und riefen: "Herr, Herr, tu uns auf!" Doch er antwortete: "Amen, ich sage euch: Ich kenne euch nicht." Darum wacht, denn ihr wisst weder den Tag noch die Stunde.
Die Bedeutung der Zukunftshoffnung für das Leben heute
Mich rührt es jeden Sonntagmorgen, wenn ich drüben sehe, wie die lieben Mütter und Väter ihre Kinder zum Gottesdienst bringen. Dort geht es ja noch viel enger zu als hier bei uns.
Wenn Sie sich ein wenig bildhaft vorstellen können, was es für die Mütter und Väter bedeutet, bis die Kinder alle gestriegelt, geputzt, angezogen und getrocknet sind – und all das, was dazugehört –, und bis man dann endlich losfahren kann und einen Parkplatz findet, dann sieht man, wie solche Eltern für ihre Kinder wirklich alles tun.
Fragt man sie, hört man oft: „Wir wollen, dass unsere Kinder die beste Zukunft haben.“ Oder auch: „Unsere Kinder sollen es noch besser haben als wir.“ Und dafür machen Eltern alles. Sie sparen, kaufen alles, bereiten Feste vor. Unsere Kinder sollen es besser haben.
Es ist doch etwas Schönes, wenn man den Kindern eine gute Zukunft geben kann. Und tatsächlich – was Kindern heute geboten wird, wer hätte das je träumen können? Ich weiß, es gibt immer noch Raum für Unzufriedenheit, aber was Kinder heute an Geldmitteln, an Schulbildungsmöglichkeiten, an Versorgung und an Kleidung haben, ist doch gewaltig.
Doch was heißt eigentlich „besser haben“? Haben Sie schon einmal darüber nachgedacht, was „besser“ wirklich bedeutet? Manchmal denkt man vielleicht, unsere Großeltern hatten es besser, obwohl sie äußerlich viel weniger besaßen.
Aber wissen Sie, in unserer Zeit ist das so mit dem Fortschritt. Fortschritt – das ist so ein Zauberwort unserer Tage. Es muss immer Fortschritt geben. Es gibt auch schon fortschrittliche Christen, nicht wahr? Manche sagen: „Wir wollen fortschrittlich sein, eine fortschrittliche Kirche.“ Aber was ist denn das?
Seit zweihundert Jahren glaubt man an den Fortschritt, aber was wird denn wirklich fortgeschritten? Was wird besser? Sicher, wir fahren heute schneller mit unseren Autos, wir haben mehr Maschinen, kürzere Arbeitszeiten, mehr Geld und bessere Versorgung. Aber was heißt eigentlich „besser“? Geht es uns wirklich besser? Ist das Fortschritt?
Einer hat mal recht böse gesagt, der einzige Fortschritt, den man in unserer Zeit sehen kann, sei der Fortschritt weg von Gott. Aber was ist sonst Fortschritt?
Und dann, wenn man fragt: Welche Zukunft haben wir? Auch wenn man heute kaum darüber spricht – die Kinder, die wir großziehen, und wir selbst haben gar keine helle Zukunft. Denn es ist uns nicht gelungen, die dunklen Schatten des Todes wegzukriegen. Der Tod ist einfach da, mit seiner Macht, und er hält uns alle in seiner Gewalt.
Ich vergleiche das immer gerne mit einem Terroristen, der Geiseln nimmt. Der Tod hat uns alle in seiner Hand. Und wenn das nur an ein paar Dingen aufleuchtet – Blutkonserven, und plötzlich bricht Hysterie aus –, dann fragt man: Kommt der Tod? Kommt er hierher? Wie schwer wird das für die Alten, die Übersiedlung ins Altenheim?
Jetzt bin ich noch näher dran an dieser Schwelle des Todes. Und das ist ja das Schlimme bei diesen Terroristen: Sie drücken uns am meisten mit der Angst und halten uns im Zaum. Die Menschen heute sind gefangen in der Todesfurcht.
Das zeigt sich schon daran, dass man gar nicht über den Tod sprechen kann. Und das ist ein Kennzeichen des Evangeliums: Jesus zerbricht den Tod. Er nimmt uns die Todesfurcht völlig weg. Es darf im Christenleben kein Stückchen Todesfurcht mehr sein, sondern nur noch Freude.
So sagt Jesus: „Aufs rauschende Hochzeitsfest!“ Das müssen wir lernen.
Das ist mein erster Punkt: Welche Sehnsucht, welche Erwartung! Welche Sehnsucht, welche Erwartung!
Die Hoffnung auf das ewige Hochzeitsfest
Das erste Wörtchen in unserem Text heißt dann. Dann, wenn wir den letzten Luftschnapper tun, den letzten Atemzug, den letzten Puls spüren. Der Arzt leuchtet fachmännisch in die Augen und sagt nüchtern: Exitus. So, wie ich es einmal erlebt habe, als wäre das jetzt das Wichtigste.
Dann beginnt das unwahrscheinliche Fest. Hier in dieser Welt ist das Himmelreich nach den Gleichnissen Jesu verborgen. Jesus sagt, es sei wie ein Schatz im Acker. Man sieht nur die schmutzigen Erdschollen, doch darunter liegt der unsichtbare Schatz.
Oder es ist wie das vierfache Ackerfeld. Man sieht noch gar nicht, wie die Frucht heranreift. Man sieht nur Dornen und Disteln. Aber dann, an jenem Tag, wenn unsere Angehörigen weinen, geht es für den Betroffenen selbst zur Herrlichkeit, zur Vollendung, zur Freude, zum großen Hochzeitsfest.
Jetzt muss ich das einfach erklären, weil viele junge Leute ganz offen sagen: Wir wissen gar nicht mehr, was Hochzeit ist. Warum feiern wir überhaupt Hochzeit? Heute ist das Verständnis tief verunreinigt. Ich glaube, ich habe nirgendwo bei den Bibelarbeiten, die ich neulich auf Korsika gehalten habe, so viele Fragen bekommen wie zu diesem Thema.
Ich habe gesagt: Die Bibel sagt eindeutig und klar – im 2., 3. und 4. Buch Mose gibt es viele Stellen über vorherigen Geschlechtsverkehr und die Reinheit zur Ehe. Das ganze Bild der Jungfrau und der Braut – sagen Sie bloß nicht, Sie wissen nicht, was eine Jungfrau ist. Es geht genauso um den jungen Mann.
Wenn heute zwei Leute zusammenziehen und dann an der Haustür das Schild verändert wird – Heino Trimpelmann und jetzt Gisela Schmelzle – ist das keine Freude mehr. Da braucht man kein Fest mehr zu feiern. Und dann kommen sie und sagen, die Verwandten hätten sich beschwert, sie wollten noch einen Braten haben. Also müssen wir sechs Monate später auch noch ein Fest machen.
Dann haben wir gesagt: Nicht mit mir! Ihr könnt doch feiern, mit wem ihr wollt. Da findet sich sicher noch irgendwo ein Pfarrer, der das mitmacht, aber ich nicht. Hochzeit ist doch etwas ganz anderes. Es geht nicht um kurze Sinnesfreude, die in kürzester Zeit verrauscht und am Ende nur Reue weckt.
Achten Sie mal darauf, wie oberflächlich unsere Zeit heute die Begriffe wählt. Ich hatte gerade einen indischen Gast, den Leiter der indischen evangelikalen Missionen. Er sagte mir, es beunruhige ihn immer wieder, wie bei uns die ganze Diskussion um AIDS geführt wird, wie man sich schützen kann.
Er wollte immer wieder fragen: Vor was wollt ihr euch schützen? Ihr könnt euch nur vor Viren schützen. Aber vor der Zerstörung eurer Seele könnt ihr euch nicht schützen, wenn ihr nicht in den Ordnungen Gottes lebt.
Sind Sie auch so, dass Sie sagen: Das ist die Hauptfrage, die ich diskutieren muss? Wenn Sie wissen, was das in unserem Leben bedeutet: Jeder unreine Blick weckt Schuld und Traurigkeit. Dann rufen Sie doch bloß jedem zu: Es macht doch nie wirklich zufrieden.
Das Wunderbare ist, wenn zwei junge Leute bis zum Tag der Hochzeit sagen: Wir sind nicht gebunden, wir können jederzeit auseinandergehen, ohne einander etwas schuldig zu sein. Aber dieser Schritt soll für uns nicht bloß ein flüchtiger Sinnengenuss sein.
Wir wollen unser Leben teilen, uns einander geben mit allem, was wir sind. Unkündbar bis zum Tod. Und das ist nicht irgendwo auf einer Parkbank im Mund daher gesagt, sondern im Angesicht der Gemeinde, der Eltern, Geschwister und Freunde. Dort versprechen wir einander vor Gott, der unsere Herzen so verändern kann, dass wir treue Menschen werden – und nicht untreue Gesellen.
Das ist ein Fest, wenn zwei junge Leute so sagen: So wollen wir in die Ehe gehen. Das ist ein Fest, das man feiern muss. Alle kommen zusammen und sagen: Wir wollen für euch beten, wir wünschen euch alles Gute.
Jesus hat das Bild gewählt von den Brautjungfern, die sich aufmachen zum Fest, die kommen und mitfeiern wollen. Jesus vergleicht mit diesem Bild von der Hochzeit das, was er uns schenkt, und sagt: Die Beziehung zu Jesus ist nicht bloß ein Flirt, der jederzeit wieder vergeht.
Es ist nicht so, dass wir morgen vielleicht nichts mehr miteinander zu tun haben, uns auf die Nerven gehen oder einen anderen Partner finden, der uns mehr gefällt. Jesus hat die Sehnsucht, sich mit uns zu vermählen.
Wir können das jetzt noch gar nicht empfinden, fassen oder spüren. Jesus möchte unser ganzes Leben durchdringen. Er möchte in uns Wohnung machen. Er möchte unsere Kraft sein, die uns heiligt und neu macht.
Darum harren wir auf den Tag, an dem sich das vollständig erfüllt. Wenn wir diesen alten Leib ablegen mit seinen Schwächen und Mängeln: den kranken Leib, das Seufzen, die Tränen und Schmerzen. Dann bekommen wir einen neuen Leib und werden bei Jesus sein.
Ich möchte Sie heute einmal fragen: Wie sind Ihre Ewigkeitserwartungen? Wie in Mosambik, wo mir die Leute sagten: Wenn bei uns jemand vierzig Jahre alt wird, dann ist er ein alter Greis. Ich bin fünfundfünfzig.
Sind wir uns bewusst, dass wir gar nicht mehr viel vom Leben erwarten können, wenn wir alt werden? Gestern erzählte mir jemand, er sei in einem Kreis gewesen, und jemand sagte: Als ich 50 wurde, fiel auf einmal ein Schreck über mich. Jetzt ist dein Leben fast aus. Und was hast du gelebt?
Wir haben ja so viele Erwartungen: gesundheitliche, berufliche, finanzielle, an den Altersruhesitz, an die Familie. Auch wir Christen sollten wieder eine große Sehnsucht haben.
Das Wichtigste, was jetzt noch vor uns steht, ist die sichtbare, leibliche Vereinigung mit Jesus. Ich werde ihm entgegengehen, ich werde ihn finden, ich will ihn sehen, will immer näher auf ihn zuleben.
Das soll doch eine Dynamik bei uns sein, dass wir nicht an all den vergänglichen Dingen dieser Welt hängenbleiben. Es ist eigentlich tragisch, dass viele alte Menschen immer nur zurückdenken, aus ihrer Kindheit erzählen und wehmütig sagen, wie schön früher alles war, als die Eltern noch da waren.
Gerade wenn die Adventstage beginnen, kommen die wehmütigen Erinnerungen. Doch sie sollten sich doch sagen: Das Größte, das Schönste liegt noch vor mir.
Ich freue mich, wenn ich Jesus schauen darf, wenn mein Leben zur Vollendung kommt, wenn all das Kämpfen und die Versuchungen ein Ende haben. Wenn ich ihn preisen darf mit einer ganz neuen, vollendeten Sprache und ihm dienen darf.
Das ist ein Zeichen, so wie Jesus es in dem Gleichnis erzählt, dass die Brautjungfern ihre Lichter anzünden und in der dunklen Nacht am Straßenrand stehen und warten.
Sehen Sie, bei Ihnen zeigt sich das auch schon: Sie haben eine große Sehnsucht und eine große Erwartung auf die neue Welt Gottes. Welch eine Sehnsucht, welch eine Erwartung!
Die Mahnung zur Wachsamkeit und das Öl der Liebe
Lass die Flamme nur nicht verlöschen! Wenn wir nicht aufpassen, erzählen wir die Geschichte falsch. Dann tun wir so, als wären die klugen Jungfrauen nicht eingeschlafen. Aber das stimmt nicht – sie sind alle eingeschlafen.
Das ist typisch für dieses Leben, für diese Welt, in der wir arbeiten und unsere Pflichten erfüllen. In dieser Welt lebt die Freude und Erwartung leider nur zu bestimmten Zeiten richtig. Manchmal sind wir ganz verstrickt in die Geschäfte dieser Welt und beschäftigt mit all den alltäglichen Dingen. Das ist tragisch.
Dann werden wir müde und schläfrig. Auch in unserem Glaubensleben gibt es immer wieder solche Phasen. Leider, leider – ich möchte nichts entschuldigen, aber Jesus versteht uns so gut. Alle werden schläfrig. Plötzlich rückt das Wesentliche aus unserem Blickfeld. Wir sind so diesseitig geworden, besonders in unserem Wohlstand, dass wir nur noch von diesen Dingen reden – von Krankheit und von den alltäglichen Fragen.
Es ist ja bei jedem ein unerschöpfliches Thema, wenn man fragt: „Wie geht es dir?“ Und dann erzählt man seine Krankengeschichten. Unglaublich, was da alles herauskommt. Das beschäftigt uns, aber wir dürfen das andere nicht verlieren.
Die Stunde wird plötzlich kommen, unerwartet. Keiner wird sie ahnen. Es ist fast eine Hysterie, wenn wir dauernd meinen: „Vielleicht ist das schon der Krebs, vielleicht der Herzinfarkt.“ Doch der Tod ist noch nicht da. Er kommt unvorbereitet und unerwartet. Auch wenn die Menschen ständig ihren Puls fühlen, nützt das nichts. Sie können ihre Todesstunde nicht wissen – genauso wenig wie die Stunde der Wiederkunft Jesu.
Diese scheint in dieser letzten bösen Zeit nicht mehr fern zu sein. Niemand kann die Stunde wissen. Sie wird überraschend sein. Keiner wird damit rechnen – nicht wie die Menschen jetzt in Kiew, die darauf warten. Ganz plötzlich wird es kommen, unerwartet.
Aber was ist dann entscheidend? Dass man Öl dabei hat – Reserveöl. Was ist dieses Reserveöl? Die törichten Jungfrauen sagen zu den klugen: „Du musst mir pumpen.“ Doch da kann ihnen keiner helfen. Ihre Frau kann ihnen nichts abgeben, kein Mitarbeiter im Reich Gottes kann ihnen Öl geben. Sie können auch nicht aus Büchern Reserveöl holen.
Was ist also das Öl, das da brennt? Es ist die Liebe zu Jesus, die Brautliebe. Ich habe das selbst erlebt: Wenn man 14 Tage von seiner Frau getrennt war und sie sehr liebt, dann kommt man heim und sagt: „Es war noch nie so schön wie heute.“ Nach 30 Jahren Ehe ist das herrlich. Nicht, weil meine Frau gut kocht – das tut sie auch – oder weil sie mir so lieb hilft, sondern weil sie da ist, die ich liebe.
Von diesem Öl müssen Sie haben – von dem Öl, das Jesus liebt. Selbst wenn Sie ganz mittendrin stehen, bis zum Gehtnichtmehr in der Berufsarbeit und allem, was Sie erfüllt, dann lebt in Ihnen die große Freude. Wenn Sie abends einschlafen, morgens aufwachen, Ihre stille Zeit mit der Bibel halten und beten, dann lebt dieses Öl in Ihnen. Aus diesem Öl nährt sich die Flamme und brennt.
Zu diesem Öl gehört auch das Wort Gottes, der Zuspruch Gottes und das Gebet. Nur daraus kann es kommen. Wenn ich vorhin sagte, Sie können niemanden bitten, Ihnen Öl zu geben, dann können Sie doch den Herrn bitten und sagen: „Gib mir reichlich Öl, dass meine Flamme brennen kann.“ Deine Kraft ist in den Schwachen mächtig.
Lass dein Licht nicht erlöschen, Herr! Lass bei mir das Feuer brennen! Sie dürfen ganz einfach sagen, wie die Kinder: „Herr, ich will deine Ankunft nicht verpassen. Ich will bereit sein, jederzeit und jede Stunde, wenn du kommst, dir entgegenzugehen.“
Es gibt immer wieder Wellen in der Gemeinde Gottes, in denen man fast hysterisch auf die Wiederkunft Jesu wartet. Ich halte nicht viel von solchen Gemütsaufwallungen. Sie wissen doch, wie das ist: Himmelhoch jauchzend, morgen zu Tode betrübt.
Viel wichtiger wäre es, dass das Warten auf Jesus ein nüchterner Grundzug in allen Planungen unseres Lebens wird. Wer weiß, ob wir Weihnachten nicht schon in der Herrlichkeit feiern? Wer weiß, wenn wir im nächsten Jahr unsere Terminkalender anschauen, ob die Zeit nicht in Gottes Händen steht?
Es wäre herrlich, wenn er uns heimholen würde in seinen Frieden. Wenn wir unsere Planungen so machen, unsere Gespräche führen und das Feuer brennt, wenn wir warten auf dich, oh Gottessohn, und dein Erscheinen lieben – oh, das wird ein schöner Tag!
Nicht, dass das Sterben seinen Schrecken verliert, das irdische Grauen. Das fürchten wir natürlich. Aber es wird ein lieber Tag sein, weil es die Schwelle zur Umwandlung ist – zur neuen Auferstehungsexistenz, in der Jesus gleich scheinen wird.
Lass das Feuer nicht verlöschen!
Die Gefahr des Erlöschens der Flamme und die Bedeutung der wahren Liebe
Jetzt muss ich noch ein letztes Mal kritisch prüfen, denn das steht ja auch noch da. Was ist nun das törichte Wesen dieser Brautjungfern, die dort standen, wo plötzlich die Flamme erlosch?
Sie kennen doch diese israelischen Lämmchen. Sie sind so angeordnet, dass kaum Öl hineingeht. Sie brennen nur kurze Zeit, wenn sie einmal ein Feuerchen entfachen. Die Tochter hängt sie dann einfach in dieses Öl, aber das hält nicht lange.
Nun sind sie gerannt. Ich muss wieder sagen: Die gleichen Dinge muss man heute für unsere jungen Leute übersetzen. Wenn man heute zum Lidl oder zum Trogow-Markt rennt – das geht nachts überhaupt nicht mehr. Man kann keinen Kaufmann mehr herausstellen, wenn man nicht weiß, wo die Kassiererin wohnt und wo man so schnell Öl bekommt. Das will Jesus sagen: Man bekommt es plötzlich nicht mehr. Dann kommen sie an die Türen, wollen mitfeiern und klopfen an.
Wissen Sie, das sind ganz Übereifrige. Sie rufen zweimal „Herr, Herr“. Das sind ganz wilde, superbekehrte Menschen. Das trifft doch uns. Jesus redet hier nicht von Atheisten, Kriminellen, Lästerern, Mördern oder Spöttern, sondern von Leuten, die die Lieder auswendig gesungen haben, die Jesus brennend gedient haben. Doch das Feuer, das Feuer der Jesusliebe, hat nicht durchgebrannt.
Sehen Sie, da wird vielleicht auch für unsere jungen Leute noch einmal deutlich – wenn ich das nur als Randbemerkung ertragen darf –, was Liebe ist und warum Liebe nie kündbar ist. Das kann man erst bei Jesus und bei Gott lernen. Liebe ist einmalig und ganz, dann unkündbar und nie widerruflich. So wie eine Mutterliebe, nur noch viel wunderbarer bei der reinen Gottesliebe und bei der Jesusliebe.
Wie furchtbar ist es, wenn das bei uns nur ein kurzer emotionaler Flirt ist! Ganz begeistert von Jesus, langsam prägt er dein Leben, erfüllt dein Tun, wie bei einer Hochzeit. Hast du dir durchgerechnet, was das bedeutet? Bindung aneinander – das ist das Schöne: nie mehr allein, immer nur mit ihm.
Wenn Jesus dann kommt, wenn wir hochfahren oder wenn die Todesstunde kommt, wie werden wir überrascht sein! Wo? Was wird die Lektüre sein, die wir dann in unseren Händen halten? Welche Gedanken werden uns bis zum Schluss erfüllen? Was war uns wichtig?
Liebe Schwestern und Brüder, die Katholiken haben ein schönes Wort, das man ruhig von ihnen übernehmen kann: subspecie aeternitatis – was ist das alles im Blickwinkel der Ewigkeit? Man sollte manchmal einfach innehalten und sagen: Lass das Kleine klein und das Große groß erscheinen.
Wir werden uns in der Ewigkeit schämen, wie viel Zeit wir mit Dingen verbracht haben, die uns nie satt machen können. Wir haben unser Leben mit Wunschträumen erfüllt, die wir Gott noch in unserer Naivität vorgetragen haben, die doch so leer und eitel waren.
Ach, ich will mich jetzt gar nicht mehr aufhalten. Wichtig ist, dass das Feuer brennt. Es ist so wichtig, dass wir sagen: Ich freue mich jetzt und bin so froh, dass ich das wieder sehen kann. Das soll mich gar nicht mehr beunruhigen, auch wenn ich immer wieder spüre, wie die Schatten des Todes in unser Leben hineinreichen.
Ich darf die Alten bitten, dass sie in ihren Heimen oder wo sie leben zu den Nachbarn gehen und das allen wieder sagen. Unsere liebe Mesnerin, Frau Figur, die immer unsere Kassetten hört, mit weit über neunzig Jahren dort oben in der Ahernstraße, geht durch die Zimmer und sagt: „Ach, ist das nicht herrlich? Das Schönste kommt noch!“
Und dass Jesus das alles wahrmacht, was er uns heute schon zusagen lässt, und dass wir in seinen Armen fest und sicher geborgen sind – noch eine kurze Zeit, dann ist gewonnen. Dann ist der ganze Streit in nichts zerronnen. Dann will ich mich laben an Lebensbächen und ewig, ewig nur mit Jesus sprechen. Amen.
Abschlusslied und Gebet
Jetzt singen wir noch das Lied „Wachet auf, ruft uns die Stimme“ 121, alle drei Verse.
Der dritte Vers des Gloria war der letzte Liedvers, der in der alten Ludwig-Hofacker-Kirche gesungen wurde, bevor sie im Bombenhagel unterging. Diese Kirche stand unten an der Ecke und dort fand der Trauergottesdienst für die beiden gefallenen Söhne von Pfarrer Scheible statt, einem meiner Vorgänger.
Es ist immer so schön, wenn man das sagt: Der große Siegesgesang, dass Jesus das Feld behält, hat noch in die Bombennächte und in die Traurigkeit hineingeschallt. So sollen sie jubilieren und auftrumpfen. Wir singen alle drei Verse.
Begen, du Herr der Welt, unser Herr Jesus Christus, das ist uns Leid, dass unser Herz oft nicht vor Freude springt, sondern nur vor Angst zittert. Und dass wir auch nicht jubilieren und nicht jauchzen. Herr, da musst du uns ganz neu die Liebe zu dir wecken und unser Herz auch lösen von der Gebundenheit an die irdischen Sorgen.
Dass wir uns nicht nur um Rentenfragen kümmern, Gesundheitsergebnisse und Tests und um Prüfungsfragen, sondern dass uns wirklich das Kleine klein und das Große groß wird. Dass wir erst aus deiner Ewigkeitsperspektive unser Leben neu erkennen.
Wir danken dir, dass du uns ein Heimatrecht erworben hast und dass du darauf brennst, uns ganz zu dir zu ziehen. Dass wir auch die Lieben, die uns vorangegangen sind, in deiner Hand wissen dürfen.
Aber, Herr, bewahre in uns auch immer wieder diesen schrecklichen Ernst, dass man verloren gehen kann. Dass wir es nicht verschweigen, dass wir nicht schuldig werden und drumherum reden, auch bei den Lieben, auch bei all denen, die wir aufrütteln müssen.
Gib du unseren Worten Nachdruck und Durchschlagskraft. Geh mit uns, wenn wir jetzt andere trösten und Mut machen wollen. Geh mit uns, wenn wir Besuche machen bei den Leidenden, Traurigen und Sterbenden.
Das Wunderbare ist doch, dass du dich selbst verklären kannst und dass du Menschen zum Glauben führst. Dass du das Licht schenkst, das Glauben weckt.
Tu das auch in unseren Tagen und tu das durch unseren Dienst hindurch, dass noch viele zum Glauben an dich kommen und gerettet werden.
Lasst uns gemeinsam beten:
Vater unser im Himmel, geheiligt werde dein Name, dein Reich komme, dein Wille geschehe wie im Himmel so auf Erden. Unser tägliches Brot gib uns heute und vergib uns unsere Schuld, wie auch wir vergeben unseren Schuldigern.
Und führe uns nicht in Versuchung, sondern erlöse uns von dem Bösen.
Denn dein ist das Reich und die Kraft und die Herrlichkeit in Ewigkeit. Amen.
Danksagung und Hinweise zum Gemeindeleben
Nehmen Sie bitte noch einmal Platz. Ich möchte an dieser Stelle ganz herzlich Frau Fouldank danken, die 25 Jahre lang die gesamte Verantwortung für den Batza geleitet hat, auch für die zurückliegenden Jahre. Gleichzeitig möchte ich all den Helfern danken, die sich so engagiert haben. Vielen Dank an alle, die mitgewirkt haben.
Es findet eine Silvesterfreizeit für junge Erwachsene statt. Stimmt das, Matthias? Ja, junge Erwachsene. Es ist jetzt sinnvoll, wenn du es noch einmal sagst, Matze. Komm doch schnell nach vorne, ich finde es nämlich gerade nicht so schnell. Das ist sehr gut, dann weiß jeder gleich Bescheid.
Ich möchte ganz kurz etwas dazu sagen: Die Freizeit findet vom 28.12. bis zum 1.1.94 in Hirlingen statt. Dort wollen wir ein paar schöne Tage miteinander verbringen. Das Motto lautet „Gemeinsam statt einsam“. Ein orangefarbener Zettel liegt hinten aus. Wir freuen uns über möglichst viele Teilnehmer. Wenn man selbst nicht mitgeht, kann man den Zettel mitnehmen und weitergeben. Ich denke, das ist gerade über die Silvesterzeit ein Motto, mit dem man viele Menschen erreichen kann. Wir freuen uns auf zahlreiche Teilnehmer.
Wunderschön! Unser heutiges Opfer wollen wir für die Arbeit der Familie Kümmel geben. Sie steht an alkoholabhängigen Männern, diesem Hort der Hoffnung in Rauschenberg, zur Seite. Diese Arbeit ist sehr wichtig, damit die Betroffenen die befreiende Kraft Jesu erfahren können. Die Familie Kümmel war früher hier in der Blaukreuzarbeit mit Suchtgefährdeten in Stuttgart tätig und ist jetzt dort aktiv. Sie ist vielfach mit unserer Gemeinde verbunden, und wir möchten diese Arbeit mittragen und auch im Gebet unterstützen. Ganz herzlichen Dank für alle Hilfe!
Am Mittwoch möchte ich nur noch einmal daran erinnern, dass wir an diesem Buchstag zwei Gottesdienste haben. Wie immer findet der zweite Gottesdienst am Abend statt. Bitte nehmen Sie die Notizzettel mit den bläulichen Seiten mit, die hinten ausliegen. Dort steht alles Nähere drauf.
Nun wollen wir um den Segen Gottes bitten. Das bedeutet, dass der auferstandene und lebendige Herr vor uns hergeht. So wandern wir nicht durchs Todestal, sondern kommen unter seinen segnenden Händen jeden Tag näher zur Ewigkeit.
Herr, segne uns und behüte uns. Herr, lass dein Angesicht über uns leuchten und sei uns gnädig. Herr, hebe dein Angesicht auf uns und gib uns deinen Frieden.
