Gott wird Mensch – Leben und Lehre des Mannes, der Retter und Richter, Weg, Wahrheit und Leben ist.
Episode 418: Jesus in der Mitte
Gesprochen von Werbel Fischer, da Jürgen derzeit heiser ist.
Die Verbindung von Sünde, Liebe und Gebet in der Gemeinde
Wenn der Herr Jesus über den Umgang seiner Gemeinde mit der Sünde von Geschwistern spricht, dann spricht er auch über das Thema Gebet. Warum tut er das? Einerseits ist das Thema inhaltlich mit der Überführung von sündigen Geschwistern verbunden.
Sünde ist der ultimative Testfall für echte Liebe. Liebe, die an der Sünde von Geschwistern achselzuckend vorübergeht – und ich meine nicht, weil sie sich entschieden hat, Sünde zu ertragen, sondern weil sie kein Mitleid für den Betroffenen hat – ist keine wahre Liebe. Liebe, die sich nicht kümmert, ist nur maskierter Hass.
Wahre Liebe macht sich nie eins mit der Dunkelheit. Liebe will immer retten. Oder wie es der Apostel Paulus formuliert: 1. Korinther 13,6 – sie, die Liebe, freut sich nicht über die Ungerechtigkeit, sondern sie freut sich mit der Wahrheit.
Und weil sich wahre Liebe nicht an der Ungerechtigkeit freuen kann, schreitet sie aus Liebe ein. Dabei ist sie sich ihrer eigenen Schwäche bewusst.
Die Herausforderung der Korrektur unter Geschwistern
Als derjenige, der Korrektur ausspricht, weiß ich ganz genau, dass auch ich jeden Tag versucht werde und täglich sündige. Wenn ich morgen bete, schaue ich nicht auf einen sündlosen Tag zurück. Es gibt immer etwas zu bekennen.
Ich bin selbst auf dem Weg, vollkommen zu werden, wie mein himmlischer Vater vollkommen ist. Der Anspruch, so heilig zu sein, wie Gott heilig ist, wird auch heute definitiv nicht ganz erreicht werden.
Ich soll also die grobe Sünde im Leben von Geschwistern ansprechen, während ich selbst jeden Tag mit kleinen Sünden kämpfe. Das klingt schon ein wenig absurd. Und doch soll ich hingehen.
Wenn aber dein Bruder sündigt, so geh hin. Das ist kein Vorschlag, das ist ein Gebot.
Ich gehe hin, weil ich etwas von der Autorität der Gemeinde Gottes reflektiere. Ich gehe nicht hin, weil ich zwingend besser bin. In der einen groben Sünde, die ich ansprechen will, hoffentlich schon, aber grundsätzlich bin ich nicht besser.
Auch ich könnte ganz schnell zu jemandem werden, zu dem Geschwister kommen und sagen: „Du, wir müssen reden.“ Ich bin nicht besser, aber ich komme im Auftrag des Herrn.
Die Autorität und Abhängigkeit der Gemeinde im Gebet
Die Gemeinde hat tatsächlich Autorität – eine Autorität, den Himmel auf der Erde zu repräsentieren. Diese Autorität besitzt sie jedoch nicht aus sich selbst heraus, sondern immer nur als eine abhängige Gemeinschaft. Diese Abhängigkeit kommt wesentlich durch eine Praxis zum Ausdruck: das Gebet.
Die Gemeinde Gottes ist immer eine betende Gemeinde. Heilige Hände erheben sich als Gemeinschaft zu Gott. Als Christen dürfen wir das Gebet im Kämmerlein, in dem wir in der Stille alleine Gott begegnen, nicht vernachlässigen. Dort bringen wir im Stil des Vaterunsers unsere Anbetung, unsere Fürbitte, unsere Sorgen, unser Versagen und unseren Mangel an Weisheit vor Gott.
Wir dürfen das Gebet im Kämmerlein jedoch nicht gegen das Gebet in der Gemeinschaft ausspielen. Beides hat einen festen Platz im Leben eines Gläubigen. Wir brauchen wirklich beides: die Begegnung mit Gott allein in der Stille, wo ich vor ihm meine Seele zur Ruhe bringe, seine Schönheit feiere und er mir Vergebung sowie Perspektive zuspricht.
Aber dann brauche ich auch das Gebet in der Gemeinschaft. Oder sollte ich vielmehr sagen: Dann will Gott, dass ich auch mit anderen bete.
Persönliche Erfahrungen und Herausforderungen im gemeinschaftlichen Gebet
So empfinde ich das nämlich: Ich bin sehr gerne allein mit Gott. Ich genieße meine Zeit allein im Wald, im Gebet mit meinem Herrn. Diese Zeit genieße ich wirklich.
Gebetsgemeinschaften empfinde ich oft als herausfordernd. Die Anliegen erscheinen mir manchmal zu banal. Die Rührseligkeit mancher Geschwister schreckt mich ab. Ich ärgere mich über diejenigen, die nicht zum Gebet beitragen, und auch über die, die immer dasselbe sagen.
Ich weiß nicht, wie es euch geht, aber für mich sind Gebetsgemeinschaften oft eine Herausforderung. Und ich bin mir sicher, dass der Herr Jesus das weiß. Er kennt meinen Mangel an Geduld, an Gelassenheit und schlichtweg an Demut.
Die besondere Verheißung des gemeinschaftlichen Gebets
Damit jeder Bibelleser den Wert des Gebets in der Gemeinschaft versteht, gibt es Matthäus 18,19-20: „Wiederum sage ich euch: Wenn zwei von euch auf der Erde übereinkommen, irgendeine Sache zu erbitten, so wird sie ihnen werden von meinem Vater, der in den Himmeln ist. Denn wo zwei oder drei versammelt sind in meinem Namen, da bin ich in ihrer Mitte.“
Der Herr Jesus legt eine besondere Verheißung auf das Gebet der Gemeinde. Er begründet diese Verheißung mit den Worten: „Denn wo zwei oder drei versammelt sind in meinem Namen, da bin ich in ihrer Mitte.“
Ist Gott nicht auch bei mir, wenn ich allein bete? Doch, er ist da. Matthäus 6,6 sagt: „Wenn du aber betest, so geh in deine Kammer, und wenn du deine Tür geschlossen hast, bete zu deinem Vater, der im Verborgenen ist; und dein Vater, der im Verborgenen sieht, wird dir vergelten.“
Natürlich ist Gott bei mir, wenn ich alleine bete. Er wartet in der Stille auf mich. Und doch gibt es eine besondere Verheißung für das gemeinschaftliche Gebet.
Gemeinschaft als Wesensmerkmal des christlichen Lebens
Ich vermute, dass der Herr Jesus das besonders betont, weil es Menschen wie mich gibt, die viel zu gerne nur alleine beten. Dabei wird oft vergessen, dass ein Christ auf Gemeinschaft hin angelegt ist. Die Beziehung zu Gott wächst in der Stille, aber das Reich Gottes wächst durch Gemeinschaft.
Das Reich Gottes wächst dort, wo der Leib Christi als Organismus funktioniert. Dieses organische Miteinander braucht gemeinschaftliches Gebet. Jedenfalls ist das das, was wir in der Apostelgeschichte lesen.
Warum sonst sollten sich die Apostel nach der Himmelfahrt Jesu mit einigen Frauen, der Mutter Jesu und seinen Brüdern zum Gebet versammeln? Gemeinsames Gebet war für die frühe Gemeinde ganz normal, vor allem dann, wenn Verfolgung kam.
Egal, ob Missionare ausgesandt oder Älteste eingesetzt wurden – und erst recht, wenn Apostel im Gefängnis saßen – immer wurde gebetet.
Das Gebet als Ausdruck der Gemeinschaft der Auferstehung
Nur eine Stelle, um dies zu verdeutlichen: Apostelgeschichte 21,5.
Als wir aber die Tage vollendet hatten, zogen wir fort und reisten weiter. Sie alle geleiteten uns mit Frauen und Kindern bis außerhalb der Stadt. Wir knieten am Ufer nieder und beteten.
Das ist das Wesen der frühen Gemeinde: Sie weiß sich als eine Gemeinschaft, die miteinander betet, weil sie sich als Gemeinschaft der Auferstehung versteht. Wir beten zusammen, aber mittendrin ist Jesus.
Der verherrlichte Christus wohnt förmlich in der Anbetung seiner Gemeinde. Wo gebetet wird, ist er dabei, denn: „Wo zwei oder drei versammelt sind in meinem Namen, da bin ich in ihrer Mitte.“
Wo der Leib Christi sich zum Gebet versammelt, da ist auch das Haupt. Ich will damit nicht sagen, dass der Herr Jesus nicht mit mir in der Stille wäre – das ist er. Aber es ist der Herr Jesus, der hier den Wert von kleinen Gebetsgemeinschaften verdeutlicht.
Und wir sollten das, was er sagt, ernst nehmen: Dort, wo zwei oder drei sich eins machen und sich treffen, um für eine Sache zu beten, die ihnen allen zusammen wichtig ist, dort ist Christus selbst auf besondere Weise dabei.
Praktische Anregung zum gemeinschaftlichen Gebet
Was könntest du jetzt tun? Du könntest überlegen, ob es Themen gibt, für die du gerne in einer kleinen Runde beten möchtest.
Das war es für heute. Heute habe ich einen ganz praktischen Tipp für dich: Lerne Englisch. Es gibt unendlich viel gutes Material für das geistliche Leben auf Englisch.
Der Herr segne dich, lass dich von seiner Gnade erfüllen und lebe in seinem Frieden. Amen.
