Gnade sei mit uns und Friede von dem, der da ist, der da war und der da kommt. Amen.
Meine Freunde, wir haben jetzt ein halbes Jahr vor uns. Wir predigen hier gern über etwas Zusammenhängendes.
In diesem Sommerhalbjahr möchte ich ausgewählte Stellen aus den Psalmen nehmen, aus dem Gebetbuch des Alten Bundes. Es sind Stellen, an denen unser Geist hängen bleibt – merkwürdige, aufregende, fast unverständliche Passagen aus den Psalmen.
Heute lesen wir Psalm 44: „Erwecke dich, Herr, warum schläfst du? Wache auf und verstöße uns nicht sogar.“
Herr, heilige uns in deiner Wahrheit, denn dein Wort ist die Wahrheit! Amen!
Begegnung mit einem betenden Menschen
Darf ich kurz fragen: Kommt das Mikrofon hinten an? Können Sie hinten etwas hören? Mir scheint, das hatten wir schon im Pfingstlager, es ist alles kaputt.
Wir wollen zuerst die Grüsse ansprechen, die im Übertragungssaal oben angeschlossen sind. Die gehören auch zu uns. Es ist eine merkwürdige Sache mit diesem Weigelhaus hier.
Vor einiger Zeit ging ich an einem Wochentag abends als Letzter aus dem Haus. Beim Runtergehen sah ich, dass im Lesezimmer noch Licht brannte. Nun bin ich sehr auf Stromersparnis bedacht. Sie wissen ja, es ist schrecklich, wie in so einem Haus das Geld aus dem Fenster geht. Ich dachte mir, jetzt drehst du eben das Licht ab.
Als ich die Tür öffnete, fuhr ich gleich wieder zurück und schloss die Tür hinter mir zu. Ich hatte etwas gesehen, das mich tief bewegte. In dem Zimmer, ich dachte, ich wäre als Letzter übrig geblieben, lag ein junger Mann auf seinen Knien und betete.
Dieser junge Mann hatte wahrscheinlich zu Hause keine stille Ecke gefunden. Im Trubel des Tages hatte er keinen Augenblick Stille gefunden. Doch hier lag er auf den Knien, in der Stille des Weihrauchs, und betete.
Ich hatte in ein Heiligtum hineingesehen. Wenn ein Mensch betet, ist das ein Heiligtum. Mir war es auf einmal, als ob ich in der Stille wie gewaltige Posaunen dröhnen hörte: Gott ist gegenwärtig!
Das Gebet eines großen Beters im Elend
Meine Freunde, dasselbe erleben wir hier in diesem Psalm. In dem Text, den ich eben gelesen habe, sehen wir einen der Großen des Alten Bundes beten.
Ja, wir sehen ihn nicht nur beten, sondern in diesem Fall dürfen wir sogar die Worte hören, die er betet. Verstehen Sie, das ist eine große Sache: Wir belauschen einen Beter hier in unserem Text.
Dabei muss ich allerdings sagen, dass man erschrecken kann. Als ich vor kurzem diesen Psalm las, habe ich mir an dieser Stelle die Augen gerieben. Steht das wirklich da? Kann das sein?
„Erwecke dich, Herr, warum schlägst du? Wach auf und verstoße uns nicht!“
Wenn ich diesen Text auslege, möchte ich ihn überschreiben mit: Ein unheimliches Gebet, ein unheimliches Gebet!
1. Wie spricht dieser Mann mit Gott?
Ich habe wie üblich drei Teile. Erstens: Wie spricht denn dieser Mann mit Gott?
Sehen Sie, als ich noch Schüler war, ein Knabe im zarten Alter wie ihr, da war es mir – es sei hier gebeichtet – manchmal in der Schule ein bisschen langweilig. Wenn es in Wirklichkeit in meinem Leben nie langweilig war, habe ich dann abgeschaltet und bin in meinen Gedanken emigriert, woanders hin. Und es geschah, dass der Lehrer auf einmal mich anfuhr: „Warum schlägst du Busch Wache auf?“ – waren wir wieder da.
Nun, dass ein Lehrer mit träumerischen Schülern so spricht, ist in Ordnung, nicht? Aber meine Freunde, hier spricht ein armer kleiner Mensch so mit dem heiligen, lebendigen Gott! „Warum schläfst du? Wache auf!“ Und das ist ja wohl unglaublich, beinahe unheimlich.
Sehen Sie, wenn wir den ganzen Psalm lesen, verstehen wir ein wenig, dass er so spricht. Der 44. Psalm, in dem steht, dass der Spruch aus großem Elend heraus gesprochen ist. „Ich bin geworden meine Nachbarn zur Schmach“, heißt es da. Da ist immerzu die Rede von Jammer und Tränen, von Schmach und Elend und Kummer. Wir spüren tiefe Dunkelheit im Leben dieses Beters; wir wissen nicht, wer es ist. Und das Schreckliche: Gott schweigt zu allem. Und da fängt er an zu beten, so unheimlich zu beten: „Erwecke dich, Gott!“ Ja, Luther übersetzt es merklich – wie kann ein Mensch sich selber erwecken? Ich habe einen Wecker, der weckt mich, nicht? „Erwecke dich!“
Dieses Wort, dieses Erste, das brauchen wir noch gar nicht so tragisch zu nehmen, denn hier steht im Hebräischen ein Wort, das könnte man – und auch in der lateinischen Bibel „Exoge“ – frei so übersetzen: „Sei doch nicht so geistesabwesend, Gott, sei doch nicht so geistesabwesend!“ Aber dann geht es gleich richtig unverschämt weiter: „Warum schlägst du? Gott, du bist eingeschlafen! Hier, du musst aufpassen!“
Ich gehe nicht bis in den Teich hier! „Warum schlägst du?“ Hören Sie, es ist unheimlich, wie mit Gott geredet wird.
Sehen Sie, es gibt eine Geschichte in der Bibel, hoffentlich kennt ihr sie: Auf dem Berge Karmel hat sich das ganze Volk versammelt, Götzenpriester und der einsame Prophet Elia. Und da sieht Elia zu, wie 300 Götzenpriester um einen Götzenaltar laufen, hinkeln, schreien, tanzen und ihren Baal anrufen. Und da passiert nichts. Und da höhnt dieser gewaltige Prophet Gottes: „Euer Gott hört nicht, er schläft wahrscheinlich, er müsste lauter brüten, dass er aufwacht.“ Nicht, dass ein Gott schläft – das ist die Munde eines Propheten, nur Hohn und Spott auf die Götzen.
Und hier sagt ein Mann Gottes: „Du lebendiger Gott, warum schläfst du?“ Verstehen Sie, das ist so nicht gehört, nicht? Im Psalm 121 steht die ganz große Erkenntnis, hoffentlich kennen Sie den schönen Satz: „Der Hüter Israels schläft noch schlummert nicht.“ Und hier in Psalm 44 steht: „Warum schläfst du?“ Es ist unerhört, wie dieser Beter sagt: „Warum schlägst du? Wach auf!“ Und dann fährt er fort: „Verstoßung ist doch nicht so endgültig. Greift doch mal hier ein.“
Es gibt im heutigen Israel einen großen Geist. Das ist Martin Buber. Er ist auch aus Europa weg, in den Zeiten, in denen er Martin Buber ging, schon espritabgewandert war. Martin Buber, ein großer Schriftsteller, jüdischer Theologe. Martin Buber, den Namen kennen viele von ihm, hat in Deutsch eine Psalmenübersetzung veröffentlicht: Das Buch der Preisungen.
Und dieser Mann, der in Hebräisch, in der alten Bibel zu Hause ist, wird uns ja die beste Übersetzung liefern können, nicht? Ursprünglich hebräisch geschrieben. Und ich möchte ihm mal in der buberschen Übersetzung sagen, wie es da steht:
„Rege dich, warum schläfst du, unser Herr? Erwache, nimmer!
Wiedere es dich unser in die Dauer,
lass uns dir nicht immer widerlich sein,
nimmer wiedere es dich unser in die Dauer.“
Meine Freunde, spüren Sie diese unheimliche Steigerung in dem Gebet? Der Mann ist in Not, er betet, es geschieht nichts: „Rege dich, unser Herr!“ Und dann packt ihn auf einmal ein Grauen, ein Grauen: „Warum lebst du?“ Mein Gott, was wird aus der Welt, wenn Gott schläft? Dann rutschen ihm die Zügel der Weltregierung aus der Hand, dann können Menschen verrecken und keine Antwort haben, keine Hilfe.
Was wird aus der Welt, wenn Gott kein Echo mehr gibt? Das Grauen packt den Mann. Die Welt ahnt ja gar nicht, was sie ist ohne Gott – da fällt ja alles auseinander. Der Mann kapiert, dass das Schrecken ist über ihm, dass er aufschreit: „Erwache, nimmer widre dich unser in die Dauer!“
Ich hoffe, Sie verstehen, es ist ein unheimliches Gebet.
Meine Freunde, jetzt muss ich sagen: Keiner der Männer der Bibel hat je geglaubt, dass Gott wirklich schläft. Auch dieser Mann hier nicht. Der weiß, der Hüter Israels schläft noch schon mal nicht. Luther sagt sehr schön zu dieser Stelle: „Hier wird uns Gott gezeigt, nicht wie er ist, sondern wie wir ihn oft empfinden, wie wir ihn oft empfinden.“
Und sehen Sie, so wird hier gezeigt – es werden einige unter Ihnen verstehen – die wirkliche tiefe Anfechtung, in die Gotteskinder kommen können: Es ist, als wenn er schliefe. Man will beten, und das Gebet geht nur bis an die Decke. Man will die Bibel lesen, man hat keine Lust, man zwingt sich, da kommt nichts, es sind tote Worte, er redet nicht, er schläft, er redet nicht.
Man braucht eine Hilfe, innerlich oder äußerlich, es rät sich nichts. Nur das Gewissen rächt sich und sagt: „Was willst du denn noch? Weißt du nicht, dass Gott heilig ist? Dich hat er längst abgeschrieben, du bist ihm zuwider.“ Das ist die Anfechtung, von der Weltmenschen keine Ahnung haben, dass Gott uns verworfen haben könnte.
Und sehen Sie, was dem Weltmenschen die größte Anfechtung ist? Dass Gott schweigt. Was denn? Kinder Gottes, wollte ich sagen, die größte Anfechtung ist, dass Gott schweigt. Das ist Weltmenschen die größte Beruhigung. Die Weltmenschen freuen sich: „Gott schläft, ist ja herrlich, können wir machen, was wir wollen.“
Die ganze Welt in Westdeutschland leugnet ja Gott nicht. Haben Sie schon Atheisten getroffen? Jetzt ist ein atheistisches Buch erschienen im List-Verlag. Da haben die Christen gejubelt: „Endlich reden sie mal!“ Aber es gibt ja keine große Mode, alles ist plötzlich christlich. Aber ganz Westdeutschland lebt, als ob er schläft. Wir können tun, was wir wollen.
Wer wird sich denn von einem schlafenden Opa fürchten? So ist das Christentum Westdeutschlands: Wer wird sich denn von einem schlafenden Opa fürchten? Hurra, schlafe weiter, Gott!
Ich möchte sagen: Angefochtenen Gotteskindern und leichtsinnigen Weltmenschen möchte ich sagen: Der lebendige Gott schläft nicht! Der lebendige Gott schläft nicht!
2. Die heimliche Schönheit des unheimlichen Gebets
Nun komme ich zum zweiten Teil, einem unheimlichen Gebet. Ich fragte, wie spricht der Mann mit Gott? Zweitens, das ist ein bisschen zum Nachdenken – aber an einem schönen Morgen fällt das manchmal schwer. Wer jetzt müde geworden ist, nachzudenken, kann im zweiten Teil neu einsteigen.
Ich möchte Ihnen nämlich die heimliche Schönheit dieses unheimlichen Gebets zeigen – die heimliche Schönheit.
Sehen Sie, wie ist das denn bei uns? Seien Sie mal ehrlich: Wenn wir mit unserem bisschen Christentum erfahren, dass Gott sich gar nicht hören und sehen lässt, dass unser Beten kein Echo findet – was machen wir dann? Dann meckern wir: Wie kann Gott so etwas zulassen? Oder wir sagen: Beten hilft ja auch nicht. Kurz gesagt, wir brechen die Beziehung zum lebendigen Gott ab, nicht wahr?
Deutschland wimmelt doch von Leuten, die sagen: „Beten hat nicht geholfen, ich habe geschrien, und es kam keine Antwort. Wie kann Gott das alles zulassen?“ Beziehungen werden abgebrochen.
Der herrliche Mann hier macht es anders. Als er im Elend ist und sich Gott nicht nahe fühlt, da betet er erst recht. Unverblümt ruft er: „Rege dich, Gott! Warum schläfst du? Erwache!“ Sehen Sie, und wenn wir jetzt hochnäsig zum Richter aufsteigen und sagen: „So kann man doch nicht beten! Kann er zu Gott nicht sagen: Warum schläfst du? Der Mann hätte doch wissen müssen, dass der Hüter Israels nicht schläft und nicht schlummert.“
Zu dieser Frage gibt uns der große Erweckungsprediger Spörgen in einer Auslegung zum 44. Psalm eine wundervolle Antwort. Ich muss ihn Ihnen vorlesen. Da sagt Spörgen: „Es ist ein Unterschied zwischen dem, was die leidende Gemeinde in der Hitze der Anfechtung ausruft, und dem, was der Heilige Geist der Wahrheit zum Trost den Gläubigen bezeugt. Die Gläubigen können in der Hitze rufen: ‚Warum schläfst du?‘ Und der Heilige Geist bezeugt zum Trost: ‚Der Hüter Israels schläft nicht, er schlummert nicht.‘“
Der Mann redet unheimlich mit Gott, aber er redet doch.
Darf ich Sie fragen: Wer von Ihnen hat heute Morgen gebetet, allein mit Gott geredet? Wer von Ihnen kann überhaupt beten? Ist das nicht aus der Mode gekommen? Wissen Sie, Sie werden einmal sterben! Auf welches Bibelwort wollen Sie sterben? Mit welchem Gebet wollen Sie in die Ewigkeit gehen?
Der Mann kann wenigstens beten.
Sehen Sie, ich habe viel zu diesem schweren Text gelesen. Es gibt eine wunderschöne Auslegung zu Psalm 44 von dem Reformator Martin Luther. Er weist an dieser unheimlichen Stelle darauf hin, dass es im Hohen Lied Salomos, in diesem Liebeslied, eine seltsame Stelle gibt. Da sagt die Braut, die sich nach dem Bräutigam sehnt: „Mein Freund, siehe, er ist hinter der Wand und schaut durchs Fenster!“
Und da sagt Luther im Hohen Lied: Die Braut ist die gläubige Gemeinde. Hier betet dieser Mann in seiner Verzweiflung so, dass er weiß: „Mein Freund ist hinter der Wand und schaut durchs Fenster.“ Er ist doch ganz nah, er ist ganz nah. Er hört, wenn ich rufe. Er ist in der Wand und schaut durchs Fenster.
Sehen Sie, das gibt diesem Gebet diese heimliche Schönheit.
Dieser Mann hört nicht auf, mit dem Herrn zu reden. Er weiß: „Sieh, mein Herr und Gott ist nah, halleluja, er ist da!“ Wissen Sie das auch? Er ist da. Darum kann er mit seinem gepressten Herzen einfach anfangen zu schreien.
Ja, das ist die heimliche Schönheit dieses Gebets.
Und jetzt will ich Ihnen noch eine andere heimliche Schönheit nennen. Das will ich anknüpfen an ein Gespräch, das ich diese Woche hatte.
Ich habe eine hochinteressante und herrliche Woche hinter mir. Da waren zehn Männer, die beim Kirchentag in München eine Bibelarbeit gemacht haben. Vier Tage lang haben wir zusammen diese Texte ausgelegt, die wir von den Tausenden halten müssen.
Wir waren in der Akademie Tutzing, das ist ein Märchen am Starnberger See, direkt am See. Der Sonnenschein morgens ist wunderschön, das Wasser glitzert. Ich kann Ihnen sagen, warum es dort so schön ist – tagsüber gab es geistige Gespräche von morgens bis abends. Die Gespräche über den Text hier, damit wir ihn eindringlich verstehen.
In einer Mittagspause gehe ich mit Professor Rentdorf, den viele von der letzten Zurück-Konferenz kennen, an diesem herrlichen See entlang, im Hintergrund das Karwendelgebirge.
Da sehe ich auf einmal, dass der Mann im Moment gar nichts von der Schönheit sieht. Er sagt aus Herzensnot heraus: „Bruder Busche, es steht schlimm um die Christenheit in Deutschland. Sie haben alle wieder Religionsunterricht. Sie können alle über Christentum diskutieren, sie wissen viel über Gott und das Christentum. Aber kaum einer weiß, dass Gott wirklich da ist, Wirklichkeit ist. Kaum einer stellt sich ihm als einem Du gegenüber. Wer ist ihm schon begegnet?“
Verstehen Sie, worum es hier geht?
Der Mann, der hier betet, hat keine Religion. Ich falle nicht auf Religion herein. Der Mann hat keine Theologie – ich sage das nicht abschätzig, Gott sei Dank –, aber er hat keine Theologie, keine Theorie, keine Weltanschauung. Sondern er hat einen lebendigen Gott, ein Du!
Da spricht einer wie ein Freund mit dem Freund, wie ein Untergehender mit seinem Erretter, wie ein Verzweifelter mit seinem Tröster, wie die allergeringste Person mit der größten aller Personen, dem lebendigen Gott.
Und das macht dieses Gebet so schön: Es ist ein Gespräch.
Wie sagte mal Pastor Busch hier im Weigel in der Gebetsgemeinschaft: „Ihre Leiter beten, als wenn da einer wäre.“ Ist da einer? Er spricht, als wenn da einer wäre – und da ist einer.
Mein Freund ist relevant.
3. Die Antwort Gottes auf das Gebet
Lassen Sie mich noch ein drittes sagen: Das unheimliche Gebet – wie spricht der Mensch mit Gott, und welche heimliche Schönheit dieses Gebets in sich trägt. Nun müssen Sie die Antwort Gottes hören, die Antwort Gottes.
Sehen Sie, die Antwort Gottes – dritter Teil: Alles klar, alles wieder da, alle einsteigen. Die Antwort Gottes.
Heute ist ein verschüttetes kirchliches Fest: der Trinitatisonntag. Damit schloss in der alten Christenheit die festliche Hälfte des Kirchenjahres ab: Weihnachten, Ostern, Karfreitag, Pfingsten und dann Trinitatis. Trinitatis heißt auf Deutsch Dreieinigkeit. Man besann sich darauf, dass Gott sich geheimnisvollerweise als Dreieiniger offenbart hat – als Vater, Sohn und Heiliger Geist.
Brrr, da schaut er den modernen Menschen an. Das ist ein Dogma. Der moderne Mensch kann ja nicht einmal den Raum denken, in dem er denken könnte – geschweige denn darüber schweigen. Er hat sich das Denken abgewöhnt.
Erschrecken Sie nicht vor dem Dogma: Gott hat sich offenbart als Vater, als Sohn und Heiliger Geist in einer Person. Diese Dreieinigkeit ist die Antwort auf dieses Gebet: „Herr, warum schläfst du?“
Da sehen Sie den verborgenen Gott, Deus absconditus, den verborgenen Gott, den wir gar nicht verstehen. Er erscheint uns, als schliefe er, und wir wissen es doch ganz genau: Die Bibel nennt ihn den schrecklichen Gott, den total unverständlichen Gott, der tut, was er will, der Hiob ins Elend wirft und ihm antwortet: „Das darf ich!“
Aber, meine Freunde, dieser Gott hat sich geregt. Rege dich! Ich spreche jetzt in der Sprache des Psalms: Es ist ein gewaltiges Aufwallen dieses Gottesgeschehens. Er hat die Wand zerbrochen, die uns von ihm trennt, und hat seinen Sohn gegeben – Jesus Christus, den Sohn des lebendigen Gottes.
Jesus, der am Kreuz hängt und für unsere schmutzigen Sünden bezahlt, der Mann mit der Dornenkrone, Jesus, der glorreich von den Toten aufersteht. Jesus, mein Heiland, mein Erretter, mein Seligmacher, mein Sündentilger, mein Durchbrecher, mein Wegbereiter, mein Freund – Jesus ist die Antwort Gottes auf das Gebet: „Rege dich, Gott, erwache!“
Jesus ist die Antwort Gottes.
So, und ich muss Ihnen etwas Schweres sagen für angefochtene Seelen: Jesus ist die Antwort Gottes, aber haargenau. Erinnern Sie sich: Martin Buber übersetzte den Satz, den Luther so übersetzt hat – „Verstoß uns nicht“ – gar so, dass er sagt: „Nimmer widre dich unser in die Dauer.“ Da hat dieser Jude eine gewaltige Erkenntnis ausgesprochen: Wir sind Gott von Natur widerlich.
Wissen Sie das? Haben Sie schon einmal darunter gebebt, dass wir Gott von Natur unangenehm sind? Sein ganzes Wesen ist diametral entgegengesetzt unserem Wesen. Gott ist die Reinheit, und wir sind der Schmutz. Gott ist die Wahrheit, und wir lügen ja wie gedruckt. Gott ist die Liebe, und wir sind der Hass und der Egoismus.
Das erträgt der Psalmist nicht. Er sagt: „Ich bin Gott widerlich, er kann mich nicht sehen, er dreht sich weg von mir.“ Das erträgt er nicht, und da schreit er: „Herr, nimmer widre dich unser in die Dauer!“
Und jetzt passend dazu: Was steht im Epheserbrief? Gott hat uns widerliche Leute in seinem Sohn Jesus angenehm gemacht. Bin ich im Glauben, in Hingabe an Jesus, bin ich Gott nicht mehr widerlich. Dann sind meine Sünden vergeben, und der Vater sieht nicht mehr mich, sondern nur den Sohn in mir.
Verstehen Sie jetzt, warum Sie Jesus brauchen? Sie sind von Gott von Ewigkeit verworfen ohne Jesus. Die Welt kann es bezweifeln, aber an jenem Tag werden Sie es erkennen, dass es so ist – so sagt die Bibel. In Jesus bin ich Gott angenehm.
Lassen Sie mich die beiden Sätze noch einmal nebeneinanderstellen. Es ist wahnsinnig, wie Sie das begreifen: „Lass uns nicht dir widerlich sein in die Dauer.“ Gott hat uns sich angenehm gemacht in seinem geliebten Sohn.
So, und nun kommt noch der Heilige Geist und gibt auch Antwort. Der Heilige Geist gibt auch Antwort.
Wollen Sie sich erinnern? „Rege dich, Gott, warum schläfst du? Wache auf!“ Jetzt kommt der Heilige Geist und gibt auch Antwort.
Wissen wir, was für eine Antwort er gibt? Er dreht den Spieß am Schluss meiner Predigt einfach um und sagt: „Moment, Mensch, du schreist zu Gott: Warum schläfst du?“
Umgekehrt wird ein Schuh daraus: „Erwecke dich, lieber Mensch, warum schlägst du? Wache auf von dem Schlaf deiner Sünde und dem Schlaf deiner Selbstgerechtigkeit!“
Wenn hier einer schläft, bist du das. Und wenn sich einer hier erheben muss, bist du das! Gott ist noch am Plan.
Der Heilige Geist dreht das ganze Bibelwort einfach um: „Rege dich, warum schlägst du? Steh auf am Schlag deiner Selbstgerechtigkeit, Gottlosigkeit und Sünde, und suche den, in dem du Gott angenehm wirst.“
Ich wünsche, wir hörten dieses Rufen des Heiligen Geistes.
Schlussgebet
Aber nun wollen wir beten. Herr, wir haben die Männer der Bibel gebeten, und wir können ja gar nicht richtig beten.
Herr, du hast versprochen: „Ich will ausgießen den Geist der Gnade und des Gebetes.“
Wir warten auf deinen Geist. Amen.