Einführung in eine persönliche Glaubenserfahrung
Der Gast der Woche: Fünf Episoden mit meiner Frau. Theologie, die dich im Glauben wachsen lässt, Nachfolge praktisch – dein geistlicher Impuls für den Tag.
Mein Name ist Jürgen Fischer, und heute geht es weiter mit meiner Frau. Schatz, ich würde gerne noch einmal zurückgehen, falls ich dich nicht richtig verstanden habe.
Anfang 2019, vor etwa zwei Jahren, hatte ich eine Herz-OP. Diese war eigentlich ganz simpel, entwickelte sich dann aber zu einem Fiasko mit einer Not-OP, zwei Tagen im Koma, dem Gefühl „Mann stirbt“, epileptischen Anfällen und dem gesamten Programm.
Aus einem ganz einfachen „Ich gehe mal schnell ins Krankenhaus, und du kannst mich heute Abend besuchen“ wurde innerhalb kürzester Zeit die Frage: Wird mein Mann überleben? Werde ich jetzt zur Witwe? Bin ich in wenigen Stunden allein?
Das war eine sehr kritische Zeit, in der du über ein bis zwei Tage hinweg nicht wusstest, ob dein Mann überleben würde. Solche Phasen sind meiner Meinung nach Momente, in denen alles zusammenbricht. Man wird von jetzt auf gleich in eine Situation gestellt, die einen völlig überfordert. Man spürt seine eigene Ohnmacht mit Händen greifen.
In solchen Momenten merkt man, was der Glaube einem zu bieten hat.
Kraftquelle in der Krise: Glaube und Gebet
In dieser Phase der vermeintlichen Hoffnungslosigkeit, in der man selbst nichts tun kann, stellt sich die Frage: Was hat dir damals eigentlich Kraft gegeben? Wie bist du durch diese Tage hindurchgegangen? Es ging ja danach noch weiter mit der Möglichkeit, dass eine Sepsis auftreten könnte, und ich hätte noch Wochen danach sterben können. Wie bist du damit umgegangen?
Ich wusste, dass es auch für Christen schwierige Zeiten gibt und dass eine Herz-OP keine einfache Angelegenheit ist, so wie ich sie mir ursprünglich vorgestellt hatte. Ich hatte mir das viel einfacher vorgestellt. Meine Mutter war krank und oft im Krankenhaus, daher wusste ich, was dort alles schiefgehen konnte. Ich hatte mich auch von dir verabschiedet, als könnte es unser letztes Mal sein, aber natürlich hoffte ich, dass du überleben würdest.
An dem Morgen, als du ins Krankenhaus gegangen bist, habe ich beim Bibelvers-Wiederholen den Psalm 91, Verse 11 und 12 gelesen. Diesen Vers möchte ich gerne vorlesen, denn er sagt: "Denn er bietet seine Engel deinetwegen auf, dich zu bewahren auf allen deinen Wegen. Auf den Händen tragen sie dich, damit du deinen Fuß nicht an einen Stein stößt." Als ich den Vers wiederholte, dachte ich: Herr, ist das der Vers jetzt für Jürgen oder für mich, vielleicht für uns beide? Also nahm ich ihn als Vers des Tages und als Vers, den du mir jetzt für die OP meines Mannes zugesprochen hast.
Das zeigt, was wir ja gestern schon besprochen hatten: wie wichtig es ist, Bibelverse auswendig zu lernen. Da müssen mich heute die Engel irgendwie durchtragen. Mal sehen, was jetzt kommen wird. Ich konnte zur Schule gehen, obwohl es gleich am Morgen Konflikte mit einem Praktikanten gab. Ich konnte das irgendwie abgeben.
Als es dann schwierig wurde, als ich mit meiner Tochter Katrin ins Krankenhaus kam und wir länger warten mussten als gedacht, konnten wir dich nur eine halbe Stunde sehen. Der Arzt sagte, dass du innerlich zu bluten scheinst, aber man nicht weiß, wo genau. Sie mussten dich die ganze Zeit stabilisieren. Da wusste ich: Jetzt hilft nur noch Gebet.
Nach einer halben Stunde wurden wir weggeschickt und man sagte uns, wir dürften nur in der Nacht anrufen. Ich habe dann mehrfach in der Nacht angerufen, und sie sagten immer, dass sie noch keine Lösung gefunden hätten. Ich wusste, es würde jetzt wirklich schwierig werden.
Ich habe die Gemeinde auch für dich beten lassen. Sie wussten, dass du eine schwere OP hattest. Zwischendurch konnte ich sogar schlafen in der Nacht, weil Gott mich durchgetragen hatte. Ich habe einfach dein Leben Gott anbefohlen und gesagt: Du baust dein Reich. Wenn du der Meinung bist, mein Mann soll gehen, dann will ich das aus deiner Hand nehmen. Aber ich hätte natürlich gerne noch ein bisschen mehr Zeit mit ihm.
Vorbereitung und Vertrauen im Glauben
Das heißt, in der Zeit, als du dich durch diesen Bibelvers vorbereitet fühltest, dachtest du schon: Mann, was wird da kommen? Warum spricht mich dieser Vers so an? Warum bereitet mich der Heilige Geist beim Lesen seines Wortes genau auf so etwas vor – auf eine Zeit, in der ich mich von Gott durchtragen lassen muss? Und dann warst du gar nicht so überrascht.
Ja, also ich war total überrascht, das will ich ganz ehrlich sagen. Ich bin da ganz entspannt reingegangen. Auf dem Weg morgens im Bus habe ich noch kurz abgecheckt, ob ich wirklich gläubig bin – für den Fall, dass ich sterben sollte und auf der richtigen Seite rauskomme. Ich bin nochmal so den ersten Johannesbrief im Kopf durchgegangen und konnte dann ganz wohlgemut sagen: Ja, du bist wirklich nach bestem Wissen und Gewissen gläubig. Der Herr Jesus ist für dich gestorben, deine Sünden sind vergeben. Wenn das jetzt hier schiefgeht, wirst du auf der richtigen Seite wach werden. Das war für mich klar.
Aber ich habe mir überhaupt keine Sorgen gemacht. Ich hatte schon die Bücher für die Reha bereitgelegt. Ja, die du dann nie lesen konntest, weil du dich gar nicht konzentrieren konntest.
Was mir aber auch wichtig geworden ist: Auf dem Weg ins Krankenhaus hörte ich eine CD. Es war eine CD, die alte Lieder neu vertont hatte. Da habe ich speziell ein Lied von Hedwig van Redan gehört, das heißt „Weiß ich den Weg auch nicht“. Als ich das hörte, dachte ich: Boah, das ist genau das Lied, das ich jetzt gerade brauche und das Gott mir jetzt gerade gegeben hat. Das hat eine Tiefe und drückt genau das aus, was ich gerade empfinde. Ich weiß nicht, wie es weitergeht, aber Gott weiß es. Und ich kann mich ihm anvertrauen.
Dabei ist mir auch aufgefallen, wie tief diese alten Lieder sind. Jedes dieser Lieder handelt auch immer von Leid. Jedes Lied hat eine Strophe, die sich mit Leid beschäftigt, und das fand ich beeindruckend.
Die Bedeutung von Leid im Glaubensleben
Das kann ich mir gut vorstellen, gerade in so einer Situation.
Ja, ich denke, auch in den vergangenen Jahrhunderten haben Menschen ganz selbstverständlich erkannt, dass es einfach zum Christsein dazugehört, Leid zu erfahren. Das wird mir heutzutage in den modernen Lobpreisliedern oft zu sehr ausgeblendet.
Ja, das kann sein. Es gibt zwar ausgewählte Lobpreislieder, die das Thema noch irgendwie, naja, so ein bisschen anreißen. Aber ich glaube, die Vorstellung, Gott sei dazu da, dass ich glücklich bin und möglichst wenig Leid erleide, hat sich tief in die Liedkultur hineingebohrt. Da fehlt mir etwas. Ja, das geht mir ähnlich.
Das heißt, wir haben an der Stelle einmal, dass Gott dich selbst durch einen Bibelvers vorbereitet hat, dass Gott dich durch einen Bibelvers ermutigt hat, und dann diesen Punkt, dass dich alte geistliche Lieder durchgetragen haben. Natürlich auch, dass du ganz normal mit Gott gelebt hast.
Ich meine, dieses tägliche Leben mit Gott trägt dann durch solche Momente hindurch. Und ganz ehrlich: Die Tatsache, dass du schlafen konntest, dass Gott dir wirklich die Ruhe gegeben hat, aus seiner Hand zu nehmen, was kommt, das ist schon sehr beeindruckend.
Vielen Dank, vielen Dank für diesen Einblick.
Gemeinschaft und Beistand in schweren Zeiten
Ja, die Gemeinde hat mir natürlich auch beigestanden, vor allem im Gebet. Außerdem konnte ich Leute anrufen, die mir weiterhelfen konnten.
Ich hatte zum Beispiel einen Mann in der Gemeinde, der früher Krankenpfleger war und sich gut auskannte. Den konnte ich immer wieder anrufen, um ihm die Diagnose mitzuteilen und Fragen zu stellen.
Sogar ein Christ aus Chicago, der Arzt ist, hat angerufen und gesagt, er möchte den OP-Bericht sehen. Auch so hatten wir Beistand.
Vor allem aber war da meine Familie, die mich unterstützt hat. Ebenso die Geschwister aus der Gemeinde, die mich immer wieder ermutigt und mir beigestanden haben. Sie haben mich auch im Krankenhaus besucht, was sehr schön war.
Es ist wirklich gut, in solchen Momenten eine geistliche Familie zu haben. Vielen Dank!
Abschluss mit einem geistlichen Lied und Segen
Ich möchte zum Abschluss, bevor ich den Segen spreche, noch einmal kurz ein Lied vorlesen. Es heißt „Weiß ich den Weg auch nicht“ und ist einfach so schön im Text. Ich habe es gerade hier:
Weiß ich den Weg auch nicht, du weißt ihn wohl.
Das macht die Seele still und friedevoll.
Ist’s doch umsonst, dass ich mich sorgend müh,
Dass ängstlich schlägt mein Herz, sei’s spät, sei’s früh.
Du weißt den Weg für mich, du weißt die Zeit,
Dein Plan ist fertig schon und liegt bereit.
Ich preise dich für deiner Liebmacht,
Und rühm die Gnade, die mir heilgebracht.
Du weißt, woher der Wind so stürmisch weht,
Und du gebietest ihm, kommst nie zu spät.
Drum warte ich still, dein Wort ist ohne Trug,
Du weißt den Weg für mich, das ist genug.
In diesem Sinn: Der Herr segne dich, erfahre seine Gnade und lebe in seinem Frieden! Amen.