Ich möchte Ihnen einige Verse aus Psalm 107 vorlesen. Es ist erstaunlich, wie oft in den Psalmen die Weite und Größe des Meeres erwähnt wird.
Wir dürfen das Meer nun schon seit zehn Tagen befahren.
Dankbarkeit für Gottes Güte und Rettung
Danket dem Herrn, denn er ist freundlich, und seine Güte währt ewiglich. So sollen sagen die, die er aus den Ländern zusammengebracht hat, von Osten und Westen, von Norden und Süden.
So sollen sagen die, die irrten in der Wüste oder in Granada oder in Tanga auf ungebahntem Weg und keine Stadt fanden oder ihr Schiff nicht mehr erreichten. Sie waren hungrig und durstig, und ihre Seele verschmachtete. Dann riefen sie zum Herrn in ihrer Not. Er errettete sie aus ihren Ängsten und führte sie auf den richtigen Weg.
Als sie zu der Stadt kamen, in der sie wohnen konnten, sollen sie dem Herrn danken für seine Güte und für seine Wunder, die er an den Menschenkindern tut. Er sättigt die durstige Seele und füllt die Hungrigen mit Gütern.
Erfahrungen von Angst und Gottes Eingreifen
Dann wurde es mir wichtig: Im Jahr 1945, in Marokko, hatte jede deutsche Stadt, vor der die französische Armee stand, Todesangst vor den Marokkanern. Damals saßen wir in den Kellern. Sie waren die Herren, und wir mussten in der Finsternis und Dunkelheit sitzen, weil wir Gottes Gebote missachtet hatten und den Ratschluss des Höchsten verachtet hatten. Dadurch beugte er unser Herz durch Unglück, und wir lagen darnieder, ohne dass uns jemand half.
Wir riefen in unserer Not zum Herrn, und er half uns aus unseren Ängsten. Er führte uns aus Finsternis und Dunkelheit heraus. Dafür sollen wir dem Herrn danken für seine Güte und für seine Wunder, die er an den Menschenkindern tut.
Er zerbricht eiserne Türen und zerschlägt eiserne Riegel. Wie diejenigen, die mit Schiffen auf dem Meer fahren – so kommen auch wir im Psalm 107 vor. Sie trieben ihren Handel auf großen Wassern und erfuhren die Werke des Herrn und seine Wunder auf dem Meer.
Auch sie sollen dem Herrn danken für seine Güte und für seine Wunder, die er an den Menschenkindern tut. Sie sollen ihn in der Gemeinde preisen und bei den Alten rühmen.
Wehmut und das Ziel des Glaubens
Unter manchen von uns habe ich bereits eine gewisse Wehmut herausgehört. Jetzt sind es nur noch dreieinhalb Tage. Am liebsten würden wir noch einmal eine Runde anhängen, entweder durchs östliche Mittelmeer oder dieselbe Strecke noch einmal. Nach Genua möchte jedoch kaum jemand so gerne fahren.
Es gibt Ziele in unserem Leben, die wir nicht unbedingt mit großer Begeisterung ansteuern. Die Zeugen Gottes in der Bibel teilen dieselbe Sorge: Man könnte so viel Freude am Leben gewinnen, dass man dabei das große Ziel verpasst, das Gott uns gesetzt hat.
Der Apostel Paulus sagt zum Beispiel: „Nicht, dass ich es schon ergriffen habe; ich habe vieles erreicht, auch mit Jesus, aber ich bin nicht überzeugt, dass ich es ergriffen habe oder dass ich vollkommen bin. Ich jage ihm aber nach, ob ich es auch ergreifen möchte. Liebe Brüder, ich schätze mich noch nicht ein als einer, der es ergriffen hat.“
Hoffnung auf die Verklärung durch Christus
Wir warten auf unseren Herrn Jesus Christus, der unseren vergänglichen Leib verwandeln wird, sodass er seinem verherrlichten Leib gleich wird. Dies geschieht nach der Kraft und Wirkung, mit der er alle Dinge sich untertan machen kann.
In diesem Punkt haben die großen Kritiker des christlichen Glaubens Recht: Das Entscheidende unseres Glaubens steht noch bevor.
Man kann auch sagen, dass das Christentum in seinem wesentlichen Gehalt weit über bloße Vertröstung hinaus eine großartige Aussage macht. Es sagt, dass dort, wo kein Mensch mehr Zusagen geben kann – jenseits unseres Lebens und unserer Welt – das Entscheidende erst noch kommt.
Wichtig ist, dass du bei diesem Ziel dabei bist und dich nicht in den Zielen dieser Welt verlierst.
Die Vorfreude auf die Begegnung mit Jesus
Es ist etwas Großes, wenn wir jetzt schon mit Jesus reden können und wissen, dass er uns hört. Doch es wird noch einmal etwas ganz anderes sein, wenn wir ihn sehen, wie er wirklich ist.
Schon bei irdischen Dingen ist es oft so, dass man viel über einen Ort gelesen hat – zum Beispiel über Nordafrika oder Gibraltar. Doch wenn man dann tatsächlich dort ist, ist das Erlebnis etwas völlig anderes als die beste Beschreibung zuvor. So wird es auch mit Jesus sein, wenn wir ihn in seiner wahren Gestalt sehen.
Es ist ebenfalls etwas Großes, wenn man in der Gemeinschaft von Glaubenden zusammen ist und oft tröstlich merkt, dass die Gemeinde Jesus gar nicht so klein ist, wie wir in unserem Kleinglauben vielleicht gedacht haben. Ein Gottesdienst oder ein Gemeindetag kann das deutlich machen.
Aber es wird noch einmal etwas anderes sein, wenn wir mitten in der Schar derer aus vielen Nationen, Sprachen und Zungen sein werden, die Gott nur noch danken und loben, weil alles recht geworden ist.
Die Bedeutung des Glaubenslebens und der Gemeinde
Es ist etwas Großes, wenn wir hier über das Abendmahl erfahren, über den Zuspruch der Vergebung der Sünden: „Dir ist Sünde vergeben.“ Wenn das gilt, dann wird es noch einmal etwas ganz anderes sein, wenn wir vor Gott stehen werden – ohne auch nur eine Spur der Sünde im Gewissen.
Neu geschaffen zu sein, ist etwas Großes. Es ist etwas Großes, wenn man hier in der Gemeinde Jesu dienen kann, sei es im Bläserdienst, wie unser Bruder Adel, oder in der Diakonie, wie unsere Schwester Bertha. Auch unserem Geburtstagskind sei herzlich gratuliert.
Das erlebt jeder, und wohl wird es sein dem, der ihn herzlich ehrt – wohl wird es sein. Aber es wird noch einmal etwas ganz anderes sein, wenn wir vor dem Thron Gottes stehen und es heißt: „Sie werden ihm dienen.“
Wir gehen doch nicht einfach auf ein Halleluja singen und Palmen schwingen zu, als würden wir in ein himmlisches Schlaraffenland eintreten. Vielmehr, wie der große christliche Vater Friedrich Oetinger gesagt hat, gehen wir auf die priesterliche Aufwartung vor dem Thron Gottes zu.
Gottes ewige Pläne und unser Dienst im Reich Gottes
Wenn Gott umfassende Pläne und Aufgaben für uns hat und wir diese auch in seinem ewigen Reich erfüllen können, ist das etwas Großes. Schon hier auf Erden bekommen wir Einblicke, biblische Einsichten. Es öffnen sich uns Schneisen in geistlicher Erkenntnis.
Doch das wird noch einmal etwas ganz anderes sein, wenn Jesus sagt: „An jenem Tag werdet ihr mich nichts mehr fragen.“ Dann gibt es keine Fragen mehr zu den dunklen Geheimnissen eures Lebens, auch nicht zur Schöpfungsgeschichte oder warum bestimmte Dinge so in der Bibel stehen. Keine Fragen mehr zu all den theologischen Problemen.
Dann wird all das weggewischt sein. Wir brauchen keine Krücken der Theologie mehr. An jenem Tag werdet ihr Jesus nichts mehr fragen. Die Bibel sagt uns, dass all das einmal kommen wird. An einer Stelle wird sie sogar ganz konkret.
Wir warten auf unseren Herrn Jesus, wir warten auf das große Ziel des Reiches Gottes. Bei Paulus geht es an dieser Stelle nicht weiter. Wir warten auf den Jesus, der einmal die ungerechten Strukturen dieser Welt beseitigen wird. Er wird dafür sorgen, dass es keine Ungerechtigkeit und keine Unterdrückung mehr geben wird.
All das wird Jesus tun, daran besteht kein Zweifel. Es wird besser sein, als wir es uns in unseren utopischen Träumen vorstellen können.
Die Verklärung unseres Körpers und die Hoffnung auf Heilung
Aber die Bibel geht seelsorgerlich weiter und spricht davon, dass unser nichtiger Leib verklärt wird, sodass er gleich werde seinem verklärten Leib.
Seelsorgerlich deshalb, weil die Zeugen Gottes wissen, dass das schmerzende Hüftgelenk uns mehr plagen kann als die ungerechten Systeme in Südkorea. Ebenso belastet uns der Druck auf dem Herzen und der schlechte Kreislauf oft mehr als Hungerkatastrophen in Bangladesch.
Unser Körper reagiert schon bei ein wenig Seegang: „Oh, ich fühle mich unwohl.“ Wir werden alt, wir werden vergesslich. Wenn wir vor dem Spiegel stehen, fragen wir uns: „Was ist mit mir los? Ich werde doch hoffentlich nicht alt?“ Wir sind unserem Körper ausgeliefert.
Wenn einmal ein Tag zu sehr belastet war, reagiert der Körper ungeduldig und bereitet uns Schmerzen. Doch genau diesen Körper wird Jesus verwandeln – euch, euch mit eurem Körper.
Und zwar nicht nur ein bisschen verbessern, so wie wir es uns manchmal wünschen, wenn wir vor dem Spiegel stehen und denken, manches könnte ein bisschen anders sein. Jeder hätte sich gern ein wenig anders: größer, schmaler oder irgendwie anders.
Er wird euren nichtigen Leib verklären, sodass er gleich werde Jesu verklärtem Leib. Jesu Leib war nach der Auferstehung verklärt. Da war nichts mehr von der Niedrigkeit des Rabbi von Nazareth zu sehen, kein Zweifel mehr an ihm möglich.
Der Thomas sagte zunächst: „Ich glaube nicht, dass er auferstanden ist. Ich möchte sehen, die Nägelmale, die Seitenwunde.“ Und dann ist Jesus extra für ihn, den Zweifler, erschienen – er, der Auferstandene.
Thomas sank vor ihm zusammen wie ein Häuflein Elend und rief nur noch zwei Worte, die höchsten Würdetitel Israels: Adonai, Elohim – Gott, Herr. Da ist nur noch Gottesherrlichkeit, Gottesfülle, Gottesgegenwart.
Diese Herrlichkeit wird euren nichtigen Leib verklären, sodass er nicht bloß ähnlich, sondern gleich werde Jesu verklärtem Leib.
Jesus hat mit seinen Leuten in Ewigkeit vor, dass wir über unseren Begrenztheiten und Eigentümlichkeiten stehen. Über die Spannungen unseres Lebens, die wir auch als Christen nicht wegkriegen.
Wir kriegen es als Christen nicht weg, was wir als Eigentümlichkeiten von Vorfahren mitbekommen haben – die Eigenbröteleien.
Er wird euch verklären, so dass es bei euch einmal heißt: Es ist nur noch Gottesfülle, Gottesgegenwart, Gottesherrlichkeit – alles voll göttlicher Wirklichkeit.
Die Mahnung zum Durchhalten auf dem Glaubensweg
Und jetzt verstehen wir vielleicht, warum Paulus sagt: Ich habe nur eine Angst. Diese Angst besteht darin, dass wir sagen, wir hätten es mit Jesus sehr schön. Dass wir beten und er uns erhört hat. Nein, ihr müsst zu diesem Ziel kommen.
Wir müssen einander helfen, damit wir nicht vorher aufgeben, bevor wir nicht zu diesem letzten und größten aller Ziele gelangt sind. Es wäre töricht, wenn ein Marathonläufer nach den ersten zwei Runden im Stadion, nach den 800 Metern, sagen würde: Na ja, bisher ist es gut gelaufen. Manch anderer könnte sich eine Scheibe abschneiden, wie ich die 800 Meter heruntergepäßt bin.
Entscheidend ist, dass er die nächsten 41,2 Kilometer schafft und zum Ziel kommt. Das ist wichtig.
Uns haben in einer Arbeitsgruppe dieses Schiffes die Fragen bewegt, die das Weiterkommen betreffen. Das ist den Zeugen Gottes wichtig, und das machen sie uns bis zum heutigen Vormittag ebenfalls wichtig.
Bleibt nicht nach 800 Metern Christsein stehen und sagt: Na ja, wenn andere schon so wären wie ich, wäre es gut. Sondern lasst uns miteinander durchs Ziel kommen. Lasst uns ansperren!
Wir warten auf unseren Herrn Jesus Christus, der unseren nichtigen Leib verklären wird, sodass er ihm ähnlich wird, gleich wird seinem verklärten Leib nach der Wirkung, mit der er alle Dinge kann. Auch unsere verquerte Persönlichkeit wird sich untertänig machen.
Ermutigung zum gemeinsamen Ziel auf der Reise
Und nun sollen die verbleibenden Tage auf dem Schiff dazu dienen, dass wir einander mitnehmen und uns gegenseitig zu diesem Ziel anspornen.
Auch wenn wir beim Zwischenstopp in Genua auseinandergehen, wollen wir uns als Fahrtgemeinschaft Victoria gegenseitig unterstützen. Gemeinsam wollen wir dieses Ziel erreichen. Amen!