Gemeinsames Feiern und die Bedeutung des Friedensgrußes
Christus ist auferstanden! Christus ist auferstanden! Ja, so ist es, Hanspeter, Amen! Wunderbar, das war schon viel lauter. Ich freue mich, dass wir gemeinsam diesen Ostergottesdienst erleben dürfen und schon so ermutigende Dinge gehört, gesungen, ausgesprochen und gesehen haben.
Ich freue mich, dass wir hier in Denzlingen sind als Christusgemeinde Emmendingen und Christusgemeinde Laar. Heute feiern wir gemeinsam Gottesdienst an diesem wunderbaren Ort.
Wir haben eben eine sehr bekannte Passage aus der Ostergeschichte gehört. Es ging darum, wie Jesus den Jüngern erscheint, mit ihnen spricht und was er ihnen sagt. Er wiederholt dabei immer wieder folgendes Wort: „Friede euch, Friede euch.“ Vielleicht habt ihr es noch im Ohr.
Es ist nicht nur so, dass er es zweimal sagt. Wenn wir genau hingehört haben, holt er noch einmal aus und sagt erneut: „Friede euch“, „Schalom Alechem“, „Shalom, Alechem“, immer wieder. Ich weiß nicht, wenn jemand den Raum betritt und dir immer wieder guten Tag sagen würde, würdest du denken, er hat einen Sprung in der Platte, weil er immer wieder „Guten Tag, guten Tag“ sagt.
Wir wissen, dass es eigentlich eine Begrüßungsformel der Hebräer ist. Aber wenn jemand immer wieder „Guten Tag“ sagt, dann wirkt das merkwürdig. Er möchte nicht einfach nur „Guten Tag“ sagen. Es ist eine Floskel, die man vielleicht so sagt, aber dadurch, dass er sie immer wiederholt, zeigt sich eine Notwendigkeit.
Seine Freunde, seine Jünger, sollen nicht einfach nur das wohlgemeinte „Hallo“ hören. Sie sollen die Worte wirklich wahrnehmen, die er ihnen zusprechen möchte. Ich sage jetzt nicht einfach nur „Hallo“, so wie er das von mir kennt. Ich möchte, dass ihr Frieden habt. Ihr sollt Frieden empfangen, wenn ich zu euch komme.
Deshalb wiederholt er es. Anscheinend sind eure Herzen so träge, dass ihr nicht richtig hört oder wahrnehmt. Jetzt ist der Tag, an dem Friede in eure Herzen einkehren kann. Es war offenbar notwendig, dass Jesus immer wieder ausholen und Frieden ausrufen musste in diesem Raum.
Das Versagen der Jünger als Hintergrund für den Friedensgruß
Aber warum? Warum war es so notwendig? Ja, wir haben es in unserem Anspiel und in der Lesung gerade gehört: Die Jünger haben auf ganzer Linie versagt. Sie haben es komplett vergeigt. Mit allem, was sie sind und haben, sind sie voll gegen die Wand gefahren und haben alles falsch gemacht, was man nur falsch machen konnte.
Jetzt kommt dieser Jesus. Ich weiß nicht, wie es dir gehen würde, aber du würdest wahrscheinlich nicht sofort aufspringen und sagen: „Shalom Lecha!“ Also „Friede dir“. Man sagt „Shalom Aleichem“ zu vielen und „Shalom Lecha“ zu einer einzelnen Person. Falls du jetzt denkst: „Mann, oh Mann, der kann Hebräisch“, ich kann sonst auch nichts mehr aus meinem Hebräischunterricht im Theologiestudium. Aber das reicht zum Glänzen.
Lass uns mal kurz durchgehen, damit wir erkennen, wie die Jünger versagt haben. Als Gedankenstütze habe ich euch hier ein paar Hinweise mitgegeben. Ich könnte jetzt einfach sagen: Ihr schaut es euch an und dann weiß jeder, wie die Jünger versagt haben. Wir werden jetzt kein Quiz machen. Ich habe heute Morgen mit meinen Kindern ein Quiz gemacht, aber hier werden wir nicht in eine Quizform gehen.
Was ist passiert? Wie haben die Jünger versagt, sodass es notwendig war, dass Jesus den Frieden ausruft?
Jesus hat vor seinem Tod seine Jünger um Beistand gebeten. Er hat um Gebet gebeten, dass sie mitbeten sollen in der schwersten Stunde, die Jesus auf Erden erlebt hat. Und seine Jünger sind eingeschlafen.
Obwohl Jesus immer wieder seinen Tod und seine Auferstehung ankündigte, haben seine Jünger nichts davon verstanden oder wissen wollen. Es ist keine Überraschung, dass Jesus starb und dann auch wieder zu Ostern auferstehen würde. Das war mehrfach angekündigt. Aber sie wollten davon nichts verstehen und auch nichts wissen.
Jesus wurde verhaftet, und anstatt bei ihm zu sein, sind seine Jünger geflohen. Petrus hat Jesus dreimal verleugnet und hat ihn so behandelt, als hätte er ihn nie gekannt. Als wäre Jesus eine komplett fremde Person für ihn, als hätte er mit ihm gar nichts zu tun.
Jesus stirbt, und die Jünger flüchten in ein Versteck. Aus Furcht vor den Juden machen sie sich aus dem Staub. Das ist die Szene, die wir eben in Johannes 20 in der Lesung gehört haben. Aus Furcht vor den Juden haben sie sich einfach verbarrikadiert, weg von hier. Sie dachten: Wir müssen uns verstecken. Wir müssen erst mal abwarten, bis Gras drüber wächst, damit wir nicht unter die Räder kommen.
Als Jesus auferstanden ist, hatten sie keine Ahnung, warum das Grab leer war. Es ist ja nicht so, dass Jesus nicht schon mehrfach gesagt hätte, dass etwas passieren wird, dass er auferstehen wird und den Tod besiegen wird. Aber als sie ihn an diesem gut geschützten Grab nicht fanden, konnten sie sich keinen Reim darauf machen, warum das Grab leer sein könnte.
Statt voller Glauben zu warten, dass Jesus ihnen wie versprochen begegnet, begeben sich einige der Jünger auf den Heimweg zurück in ihr altes Leben. Das war’s, finito, aus, vorbei. Das war ein netter Versuch, drei Jahre Investition, aber jetzt gehe ich zurück in mein altes Leben, wo ich hergekommen bin.
Diejenigen, die als Erste begriffen haben, dass Jesus Wort hält, dass Jesus den Tod besiegt und auferstanden ist, waren nicht die glorreichen Jünger und Männer, sondern die Frauen. Die Jünger von Jesus waren nicht bereit, dem Bericht dieser geschwätzigen Frauen zu glauben. Wer will schon einer Frau Glauben schenken, wenn es um solche fundamentalen Dinge geht?
Thomas, als letzter der Reihe, zweifelte stark und glaubte nicht ohne Beweise. Er sagte: „Wenn ich meine Finger nicht in diese Wunde lege, werde ich nicht glauben.“
Wir könnten wahrscheinlich noch viele andere Beispiele in den biblischen Texten finden, wo wir sehen, wie die Freunde von Jesus komplett versagt haben. Das ist so eine krasse Packung, die uns der Text entgegenschmettert, dass man sich fragen kann: Wie ist es möglich, aus dieser Verstrickung der Anklagepunkte gegen einen – gegen sein Verhalten, gegen sein Denken, gegen den eigenen Unglauben – wieder herauszutreten, so dass man wieder Luft zum Atmen hat?
Die Beweislast ist nämlich so erdrückend und so erniedrigend, so groß. Es ist eine unverzeihliche Kette von Versagen.
Wir reden hier nicht von einem momentanen Ausrutscher, wo man sagen könnte: Na ja, irgendwie blickt es mal jeder nicht. Ja, so ein kleiner Fehler, ein Fauxpas. Und das ist dann auch wieder glattgebügelt.
Nein, der biblische Text ist so realistisch zu uns und schreit: Die Jünger sind komplette Versager. Jede Sekunde, jede Minute, jede Stunde, Tag für Tag haben sie versagt und waren eine blanke Enttäuschung.
Es ist eigentlich das allerletzte Pack, das sich Jesus ausgesucht hat, um sie in seine Gefolgschaft zu bringen, damit sie Werbung für ihn machen. Jesus, du hättest dir besser andere Jünger aussuchen sollen als diese, denn da war keiner, der gesagt hätte: Ich hätte dir gleich auf mich gehört.
Kennt ihr solche Leute in Gruppen oder Klassen, die sagen: „Ich wusste es besser“? Da war aber niemand, der es besser wusste. Niemand.
Aber sie hätten es besser wissen müssen. Es ist ja schon schlimm genug, wenn man so eklatant versagt und so eine heftige Enttäuschung darstellt, weil man nicht um die Dinge weiß. Er wusste es halt nicht besser, deswegen hat er dies und das getan. Auch das kann manchmal verheerende Folgen haben.
Aber wir haben es hier mit Leuten zu tun, die es besser wussten. Die wussten ganz genau, sie haben alles gehört und trotzdem, obwohl sie es besser wussten, haben sie komplett dagegen gehandelt – mit Haut und Haar.
Sie sind eine komplette Blamage und eine Enttäuschung.
Auch wenn niemand von uns vor 2000 Jahren Teil dieser Mannschaft war und wir das nicht leibhaftig durchlebt haben, was die Jünger durchgemacht haben, gibt es eigentlich keinen großen Unterschied zwischen den Jüngern damals, die wir hier sehen, und uns, die wir heute hier sitzen.
Versagen und Hoffnung in der Gegenwart
Denn dieser Saal ist voll – voll von Enttäuschungen, voll von Blamagen, voll von Versagen. Hier ist niemand, der sagen könnte: „Ich kann mich dort komplett herausnehmen, ich glänze auf ganzer Linie.“ Dieser Saal ist voll von Kämpfen und voll von Versagen.
Auch wir haben versagt, auch wir haben enttäuscht – oft ohne besseres Wissen und zu oft gegen unser Wissen. Ihr versteht, was ich meine. Einige sind auch Ausländer, die haben Erbarmen mit mir, denke ich. Amen, das war schwach, aber okay, das nehme ich, das reicht mir.
Wenn wir alles zusammentragen, was uns ausmacht, ist es so, als stünden wir vor dem Auferstandenen, der mit aller Herrlichkeit und Pracht plötzlich vor uns steht und sagt: „Hey, wir sind auf Augenhöhe?“ Ist das wirklich so? Wenn wir unseren Alltag betrachten, das, was sich in unserem Herzen abspielt, das, was sich in unseren Gedanken zeigt und sich auch in unseren Taten widerspiegelt – da ist ganz viel Egoismus, der unsere Taten bestimmt und lenkt.
Auch wir haben genug Momente in unserem Leben, in denen wir im Unglauben gegen Gott handeln. Wir haben Angst, uns der Wahrheit zu stellen, und plappern lieber dem Zeitgeist nach. Wir jagen allen möglichen Slogans unserer Zeit hinterher, nur damit wir nicht negativ auffallen. Schiss haben wir – Schiss, uns der Wahrheit zu stellen, die wir erkannt haben. Stattdessen halten wir lieber die Klappe und sind manchmal sogar schnell dabei, all das mitzuerzählen und zu reden, was unsere Gesellschaft uns ständig eintrichtert.
Auch wir verleugnen, auch wir sind untreu und halten nicht die Treue. Auch wir brechen unser Wort und halten nicht, was wir versprochen haben. Auch wir fliehen, wenn es darauf ankommt. Die nagenden Zweifel eines Thomas sind vielen nicht unbekannt, und einige kämpfen mächtig damit.
Sie sehen die Unverzeihlichkeit dessen, was sie sich geleistet haben, sind mit ihrem Versagen konfrontiert und kommen nicht klar. Sie finden keine Ruhe, keinen Schalom, keinen Frieden, weil das Versagen einfach zu groß ist, weil die Enttäuschung so heftig ist.
Und wie wird wohl Gott auf mich reagieren, wenn er in seiner Perfektion vor mir steht? Wenn ich vor ihm stehe – wie wird er auf mich reagieren mit all meinem Scheitern und all meinen Verfehlungen?
Die Zusage Gottes inmitten von Anklage und Versagen
Ich möchte mit euch einen kleinen Ausflug machen in einen neutestamentlichen Brief, den Paulus an die Christen damals in Rom geschrieben hat. In diesem Brief an die Römer, also an die Christen in Rom, reflektiert Paulus darüber, wer Jesus ist und was Jesus getan hat. Außerdem stellt er zwei rhetorische Fragen an seine Leser – und auch an uns heute.
In Römer 8 finden wir diese zwei Fragen: „Wenn Gott für uns ist, wer ist dann gegen uns?“ Die zweite Frage lautet: „Wer wird gegen Gottes Auserwählte Anklage erheben?“
Wenn Gott für uns ist, wer ist gegen uns? Wer wird gegen Gottes Auserwählte Anklage erheben? Ja, Paulus, wer ist gegen uns? Wer wird anklagen? Tatsächlich fallen mir da einige ein, die in der Lage sind, mich zu verklagen, mich zu verdammen, mich runterzudrücken und auf mein Versagen festzunageln – und mich mit all den Anklagen zu knechten.
Mir fallen drei Dinge ein, die als „wer“ in Frage kommen, wer mich verklagen will. Das erste sind unsere Mitmenschen. Unsere Mitmenschen können uns unser Versagen immer wieder vor Augen führen, Tag ein, Tag aus. Wenn Zweifel bestehen, dass wir es vergessen oder verarbeitet hätten, gibt es Menschen, die schnell zur Stelle sind, um uns daran zu erinnern, wie wir in der Vergangenheit versagt haben. Sie wollen uns kleinhalten, damit wir nicht darüber hinauswachsen, damit wir nicht in eine neue Freiheit kommen und nicht in den Frieden. Sie halten uns klein und erinnern uns an unser Versagen.
Paulus weiß das. Er fragt zwar: Wer wird uns anklagen? Wer kann gegen uns sein? Später im Brief an die Römer, in Kapitel 14, spricht er davon, dass es sogar Mitchristen gibt, die so handeln. Dabei redet er nicht von Menschen, die gegen Gott rebellieren, Tag ein, Tag aus, sondern von Menschen, die von sich behaupten, an Jesus Christus zu glauben. Dort fordert er Christen dazu auf, sich nicht gegenseitig zu verachten und nicht gegenseitig zu verurteilen. Das zeigt, dass Paulus diese Dynamik sehr wohl kennt: Wir können mit Freunden, mit Familie und mit Glaubensgeschwistern unterwegs sein und trotzdem täglich Anklagen hören und sehen – von Mitmenschen, die uns nicht wohlgesonnen sind.
Das Zweite ist etwas, das du physisch nicht greifen kannst. Aber nur weil du es nicht greifen kannst, heißt das nicht, dass es nicht ganz genau so real sein kann. Es ist unser Verkläger, der Teufel. Er ist in der Lage, uns zu verklagen.
Warum schreibe ich hier „unser Verkläger, der Teufel“? Weil er genau so im Neuen Testament bezeichnet wird. Der Satan, der Teufel, wird als der Verkläger unserer Brüder bezeichnet – unserer Glaubensgeschwister, die mit uns verbunden sind.
Das Besondere ist: Wenn du das ganze Neue Testament liest und nach der Begrifflichkeit des „Verklägers“ suchst – also wer nicht nur ab und zu verklagt, sondern wer so sehr als Verkläger definiert ist, dass man diese Bezeichnung auf ihn münzen kann –, dann findest du diesen Begriff nur ein einziges Mal im gesamten Neuen Testament. Und zwar ist er auf Satan gemünzt.
Satan liebt es, der Teufel liebt es, uns anzuklagen. Er liebt es, Vorhaltungen zu machen. Er liebt es, denen, die sich Gott zuwenden, im Gebet, in der Hoffnung, Frieden und Vergebung zu empfangen, in die Gedanken hineinzustreuen, hineinzusehen und sie kleinzuhalten. Er will uns glauben machen, dass wir es nicht verdient haben, Frieden vom Friedefürsten Jesus Christus zu empfangen. Das ist seine ganze Agenda. Er geht darin richtig auf.
Das ist nicht nur ab und zu so, dass er das macht, sondern es beschreibt seine Wesensart. Er liebt es, dich zu verklagen. Er liebt es, Vorhaltungen zu machen und dich an dein Scheitern zu erinnern, um dich kleinzuhalten.
Das Perfide ist: Selbst wenn unsere Mitmenschen schweigen und selbst wenn Satan Ruhe gibt, gibt es noch eine Instanz, die uns verklagen kann – ganz ohne andere Einflüsse. Und das ist unser Herz oder unser Gewissen.
Der Apostel Johannes beschreibt im dritten Kapitel seines ersten Briefes, dass unser eigenes Herz und unser Gewissen uns verurteilen und anklagen können. Ich denke, selbst wenn du sagst: „Ich habe jetzt keine feindseligen Menschen um mich herum, ich habe auch schon lange keine Attacke Satans erlebt“, kannst du spätestens mit diesem Aspekt etwas anfangen.
Viele verstehen das aus ihrer eigenen Erfahrung: Selbst wenn meine Mitmenschen mir sagen, „Hey, dir ist vergeben, hier ist Frieden, hier ist kein Zwist mehr, hier gibt es keine Vorhaltungen mehr“, kann unser Herz und unser Gewissen so laut sein, dass es uns überzeugen will: „Nein, es ist unmöglich, dass du zu diesem Frieden kommst, nachdem du dich so sehr danach sehnst. Ich kann diese Vergebung kaum annehmen. Ja, ich höre ‚Friede euch‘, aber das gilt nicht für mich. ‚Friede euch‘ – gut, dass das alle gehört haben, aber ich werde ohne diesen Frieden rausgehen.“
Ich befürchte, dass auch heute einige diese Botschaft hören und trotzdem ohne Frieden rausgehen werden, weil sie mehr ihrem eigenen Herzen und Gewissen glauben als dem, der alles neu machen kann. Manche glauben mehr ihrem Herzen als dem, was Gott in unserem Leben tun kann. Einige sind darauf trainiert, auf ihr Herz zu hören. Sie hören in ihrem Herzen immer wieder die Botschaft, dass sie diese Vergebung nicht verdienen, dass sie nicht in den Frieden kommen können.
Das Dilemma ist, dass unsere Gesellschaft uns das auch immer wieder predigt: „Hör auf dein Herz, hör auf dein Herz.“ Das hört man ständig, wenn man vor Entscheidungen steht oder sich im Leben orientieren muss. Dieser Slogan „Hör auf dein Herz“ wird überall wiederholt.
Wenn du das kultivierst und dich darin trainierst, auf dein Herz zu hören und nach deiner Lust zu handeln, Tag ein, Tag aus, wirst du keine Hoffnung finden, wenn es mal richtig schwierig wird und dein Herz sich daran erinnert, was für ein elendiger Versager du bist. Denn dann hast du nur gelernt, auf dein Herz zu hören. Und du bist nicht offen dafür, zu hören, was der auferstandene Christus dir sagt: „Friede euch.“
Ja, das sagt er zwar, aber du hast gelernt, auf dein Herz zu hören. Unser Herz ist verdorben und krank. Es kann uns nicht helfen.
Und es ist ja nicht so, dass all diese drei Instanzen mit dem, was sie anbringen, nicht irgendwie auch Recht hätten. Es ist nicht komplett aus der Luft gegriffen.
Es ist ja nicht so, als käme jetzt Hendrik als mein Mitmensch und Bruder zu mir und sagt: „Waldemar, wir wissen ganz genau, dass du eine Bank ausgeraubt hast.“ Das wäre völlig aus der Luft gegriffen und würde mich nicht treffen.
Nein, es werden Dinge hervorgeholt, bei denen man sagen kann: „Da hast du einen Punkt, da gibt es etwas in meinem Leben, das relevant ist.“ Die Ankläger können viele sein, sie können Zehntausende sein.
Das Entscheidende ist aber, was Gott, unser Richter, und Jesus, unser Anwalt, dazu sagen.
Die Frage ist, ob du die Ohren deines Herzens weit öffnest, um nicht deinem Herzen zu lauschen, sondern dem, was Gott, der Richter, und Jesus, unser Anwalt, sagen.
Gottes Rechtfertigung und die Rolle Jesu Christi
Ich lese Vers 33, und dort hören wir, was der Richter über uns sagt und über unser Versagen. Wir haben eben gerade diesen Vers schon einmal gelesen. Dort heißt es: Wer wird gegen Gottes Auserwählte Anklage erheben? Gott ist es, der rechtfertigt. Noch einmal: Wer wird gegen Gottes Auserwählte Anklage erheben? Gott ist es, der rechtfertigt.
Wenn Paulus das hier so schreibt, meint er nicht, dass es überhaupt nichts gibt, was uns anklagen könnte. Paulus ist nicht dümmer als wir; er kann sich auch vorstellen, was uns anklagen kann. Er thematisiert das sogar in seinem Brief. Er weiß, welche Anklagen kommen können. Aber er zeigt hier: Das Entscheidende ist nicht, was Mitmenschen, Satan und dein Herz die ganze Zeit laut schreien, sondern was sagt der oberste Richter, was sagt Gott selbst?
Und er hat ein Urteil gesprochen, ein für alle Mal. Dieser oberste Richter sagt, dass er mich freispricht. Ja, die Anklage kann kommen, ja, das schlechte Gewissen kann nagen. Aber hast du gehört, was der oberste Richter gesagt hat? Er rechtfertigt, er spricht dich gerecht. Er spricht dich frei von aller Schuld. Und alle, die Jesus Christus folgen, sollen hören, dass Gott sich für sie entschieden hat.
Als Gottes Kinder heißt es hier: Wir sind Gottes Auserwählte. Ich bin auserwählt von Gott. Beachte, hier heißt es nicht: Wer wird gegen die Anklage erheben, die sich Gott ausgewählt haben? Verstehst du den Unterschied? In dem Text geht es nicht darum, dir eine Sicherheit darin zu geben, was du gewählt hast. Paulus weiß, dass Christen oft in dieses Hadern und diese Probleme kommen – wie die Jünger am Ostermorgen.
Aber wie komme ich zur Ruhe? Wie komme ich zum Frieden? Paulus lässt die Christen wissen, die mit einem glaubenden Herzen sich an Gott wenden: Ihr seid Auserwählte Gottes. Er sagt, denke ich bewusst nicht: Wer soll gegen die Anklage erheben, die sich für Gott entschieden haben oder Gott ausgewählt haben? Denn was würde das wieder bedeuten? Ich bin wieder auf mich geworfen, auf das, was ich tue.
Paulus möchte unsere Gedanken daran lenken, was Gott tut, wofür Gott sich verbürgt hat, wofür Gott sich entschieden hat. Wir sehen doch bei den Jüngern, wie sie instabil sind. Verstehst du, was ich meine? Sie sind irgendwie komplett verloren in ihren Überzeugungen. Und auf einmal kommt Jesus zu ihnen. Warum zu ihnen? Dieser Raum ist voller Skepsis, voller Zweifel, voller Enttäuschung. Aber es sind seine Auserwählten.
Gott hat sie auserwählt, er hat sich für sie entschieden. Es ist der oberste Richter, der sich selbst uns ausgesucht hat. Wir sind sein, wir gehören ihm. Und wenn die Anklage hart ist und laut sein kann – und ich kenne diese Stimme der Anklage, ich kenne sie sehr wohl – wo habe ich Ruhe? Ich habe Ruhe in dem Urteil des obersten Richters, der sagt: Ich nehme dich an, du bist mein, ich habe dich erwählt.
Du bist gerade irgendwie am Schwanken, du bist nach links, nach rechts, du bist im freien Fall. Ich sage dir: Ich habe dich erwählt, du gehörst zu mir, ich habe dich bei deinem Namen gerufen, du bist mein.
Die Grundlage der Rechtfertigung: Tod und Auferstehung Christi
Aber warum der Richter so handelt, warum er das Urteil fällt und auf welcher Grundlage er dies tut, erfahren wir erst im nächsten Vers, Vers 34. Dort wiederholt Paulus die rhetorische Frage: Wer ist da der Verdammte? Christus Jesus ist es, der gestorben ist, ja, noch mehr: der auferweckt wurde, der auch zur Rechten Gottes sitzt und sich für uns einsetzt.
Wer ist da der Verdammte? Paulus sagt: Die Anklagebank ist voll. Sie ist voll mit Zeugen gegen mich. Auf der Anklagebank sitzt mein Herz oder mein Gewissen, das laut gegen mich schreit. Mitmenschen sitzen dort und erheben den Finger. Sogar Satan ist bereit, jedes Detail meiner Schuld vorzulesen.
Die Anklagebank ist voll, aber wir sollen lernen, dass alle mit zerbrochenem und zerschlagenem Herzen wissen: Jesus, unser Anwalt, lässt die Anklage gegen uns ins Leere laufen. Das ist die Botschaft dieses Verses. Vor welcher Verdammnis hast du eigentlich Angst? Wovon lässt du dich knechten? Hast du vergessen, was an Ostern geschehen ist?
Christus, heißt es hier, ist für uns gestorben. Er hat doch schon alle Schuld abgetragen, alles, was gegen dich erhoben wird. Hast du das ans Kreuz gebracht? Ist Jesus schon dafür gestorben? Hat Jesus schon dafür gebüßt? Wofür willst du noch leiden? Wofür willst du dich selbst kasteien und malträtieren? Wofür, wenn Christus es schon getan hat?
Christus ist für uns gestorben. Aber Paulus bleibt interessanterweise nicht nur beim Karfreitag stehen, bei dem Gedanken, dass Christus für uns gestorben ist. Er setzt noch einen drauf und leitet das mit den Worten ein: Ja, noch mehr! Es ist nicht nur so, dass er schon alle Schuld gebüßt und abgetragen hat und unsere Schuld gesühnt hat. Ja, noch mehr!
Christus ist nicht nur für uns gestorben, er ist für uns auferstanden! Er sitzt für uns zur Rechten Gottes und setzt sich für uns ein.
Warum ist dieses „Ja, noch mehr“ so entscheidend? Warum konnte Paulus es nicht einfach beim Karfreitag belassen? Warum war es ihm wichtig, das Ostergeschehen, die Auferstehung Jesu, mit diesen Worten einzuleiten: „Ja, noch mehr, hör zu, hör genau hin!“?
Ich glaube, es liegt daran, dass die Anklage gegen uns so endgültig wirken kann. Die Anklage, in der wir uns manchmal befinden: Wir sind nicht gut genug, wir schaffen es nicht, wir haben es nicht verdient, wir sind Versager, wir bleiben Versager, wir werden bei Gott nicht ankommen, Gott kann uns nicht verzeihen, Gott kann uns nicht gnädig sein, er wird uns ablehnen müssen.
Diese Gedanken können so vernichtend sein und einen so in die Ecke manövrieren, dass wir keine Vorstellung davon haben, da herauszukommen. Es ist endgültig. Und genau dort setzt Ostern an.
Die Auferstehung von Jesus setzt dem etwas entgegen. Jesus hat den Tod besiegt. Und ich frage dich: Was gibt es eigentlich Endgültigeres als den Tod? Der Tod macht mit allem und jedem ein Ende. Manchmal so drastisch, dass es uns die Luft abschnürt und die Spucke wegbleibt. Der Tod ist eine ziemlich endgültige Geschichte, oder?
So wirkt auch unsere Anklage für uns subjektiv in unserem Herzen so endgültig. Und dort kommt Paulus mit diesem Wort und sagt: Wer will dich verdammen? Du stehst da in deiner endgültigen Ecke, ich zeige dir ja noch mehr: Christus hat diesen endgültigen Tod durchbrochen. Er ist nicht im Grab geblieben, er ist auferstanden. Er hat dieses endgültige Urteil besiegt, um dir Hoffnung zu geben.
Du weißt: Meine Anklage – ich muss nicht dabei stehen bleiben, es muss nicht so bleiben, wie es ist. Denn Jesus hat gesagt in Johannes 12,47: „Ich bin nicht gekommen, dass ich die Welt richte, sondern dass ich die Welt rette.“
Das ist der Auftrag von Jesus. Deshalb ist er nicht einfach nur in den Tod hineingegangen, um für uns zu büßen, sondern um zu zeigen: Hier ist gar nichts endgültig. Bei mir ist eine lebendige Hoffnung.
Darum hat deine Anklage und die Stimme, die du wahrscheinlich sehr gut kennst, nicht das letzte Wort. Wer mich anklagen, knechten und verdammen will, muss es mit dem aufnehmen, der für mich gestorben ist, ja, noch mehr, der für mich den Tod besiegt hat.
Darum rufen wir aus: Christus ist auferstanden, er ist wahrhaftig auferstanden. Amen, Amen.
Gebet und Bitte um Befreiung von Anklagen
Lasst uns zum Gebet aufstehen. Wir werden gleich gemeinsam wieder neu in die Anbetung einsteigen und den Herrn preisen, Jesus besingen.
Lasst uns das mit einem Gebet einleiten, in dem wir ganz konkret Gott um eine Kraftwirkung bitten. Wir bitten ihn, unser Herz zu erlösen von den Anklagen – von den Anklagen unserer Mitmenschen, von den Anklagen des Satans und von den Anklagen unseres eigenen Herzens.
Wisst ihr, ich habe es schon manchmal gesagt: Auch Gott deckt Schuld in unserem Leben auf. Es ist die Aufgabe des Heiligen Geistes, uns Sünde aufzuzeigen. Aber es gibt einen Unterschied darin, wie der Heilige Geist uns Sünde vor Augen malt und wie der Satan das tut.
Satan wird dich immer daran erinnern, wie schlecht du bist und wie schlecht du bleiben wirst. Er wird dich in die Endgültigkeit bringen, in die Ecke drängen.
Wenn der Heilige Geist Sünde aufzeigt, dann zeigt er auch immer auf Jesus Christus, der diese Endgültigkeit besiegt hat. So kannst du Hoffnung haben. Du weißt, dass du nicht so bleiben musst, sondern dass es Hoffnung für deine Situation gibt. Jesus hat die Scham und die Schuld, die dich knebeln, besiegt.
So arbeitet der Heilige Geist.
Ich möchte beten: Vater im Himmel, im Namen von Jesus beten wir und erheben unsere Herzen zu dir. Du siehst die ganzen Anklagen, die ganze Verdammnis, das, was sich gegen uns richtet. Du kennst all diese Dinge und siehst, wie häufig wir in der Ecke stehen, hoffnungslos und komplett verzweifelt über die Enttäuschung, die wir darstellen.
Aber ich danke dir, dass du anders mit unserer Enttäuschung umgehst. Jesus, du kommst herein und sagst: Friede euch, Friede euch, Friede euch.
Ich danke dir, Jesus, dass du für unsere Schuld gestorben bist und wir nicht mehr büßen müssen. Wir sollen einfach umkehren von unserer Schuld und uns an das Kreuz wenden.
Danke, Jesus, dass du nicht im Grab geblieben bist. Danke, Jesus, dass du auferstanden bist, dass du dem Tod die Stirn geboten hast und die Endgültigkeit überwunden und durchbrochen hast.
So wollen wir alle Schuld, die jetzt auch aufgedeckt wurde – all das, was in unserem Herzen hochgekommen ist, wo wir mit unserem eigenen Versagen konfrontiert sind – nicht mitnehmen. Stattdessen wollen wir uns demütigen vor dir und es dir geben.
Wir bitten dich: Sprich uns frei, sprich uns frei von unserer Schuld. Mach uns frei von unserer Schuld, damit wir uns wieder freuen können, wieder aufatmen können, wieder jubeln können – nicht weil wir so großartig sind und halb so schlimm, sondern weil wir ausrufen können: Jesus ist trotzdem für mich da.
Und dennoch liebt mich Jesus. Dennoch nimmt Gott mich an, weil Gott ein Gott der Liebe ist – und nicht, weil ich alles gut gemacht habe.