Fortführung des prophetischen Überblicks und Aufruf zur Umkehr
Wir wollen nun noch ein wenig in diesem Überblick, in Kapitel 1 und 2, weiter fortfahren und die nächsten Verse betrachten, bevor wir auf Fragen eingehen.
Wir befinden uns in Kapitel 2, Vers 12. Hier gibt es einen Aufruf zur Umkehr, einen Aufruf zur Buße, um das Gericht abzuwenden. Es geht darum, den nahen Tag Yahwes, den Gerichtstag Yahwes, abzuwenden. In den Versen 12 bis 14 finden wir diesen ersten Ruf zur Umkehr.
Der Ausspruch des Herrn lautet: „Kehrt um zu mir mit eurem ganzen Herzen, mit Fasten, mit Weinen und mit Klagen!“ Diese Verse bilden den Kern der Botschaft des Propheten Joel an das Volk. Die Verse 12 bis 16 sind die zentrale Botschaft dieses ersten Hauptteils des Buches. Vor diesen Versen hören wir immer wieder vom kommenden Gericht, vom Schrecken des Tages Yahwes, von einem dunklen Tag des Zorns. Wir hören von Klage und Not. Nach diesen Versen lesen wir von Umkehr, Buße und von herrlichen Segnungen als Folge der Umkehr.
Also, hier heißt es: Kehrt um zu mir mit eurem ganzen Herzen. Das Herz ist im Alten und Neuen Testament der Sitz des Denkens und Wollens des Menschen. Es ist der innere Mensch, könnte man sagen, und dort ist das Wichtigste: das Denken, das Wollen, das Entscheiden. „Von ganzem Herzen“ bedeutet, mit vollem Willensentschluss und mit allem Denken, das sich nun auf Yahweh ausrichten soll.
Mit Fasten ist gemeint, dass man das Gebet sehr ernst nimmt. Fasten wird im Alten Testament immer mit Gebet verbunden. Zum Beispiel sagt Esther: „Fastet für mich“, was bedeutet, betet für mich. Fasten ist also die Begleiterscheinung des Betens.
Weiter heißt es: mit Weinen und mit Klagen. Das Klagen bezieht sich auf die eigenen Sünden, das Weinen auf die Traurigkeit über die eigene Schuld. In Vers 13 heißt es: „Zerreißt euer Herz und nicht eure Kleider!“ Das Zerreißen der Kleider war ein äußerliches Zeichen der Buße, der Umkehr und der Trauer. Doch hier wird betont, dass das Wichtigere das Zerreißen des Herzens ist – also eine innere Umkehr und nicht nur eine äußerliche.
„Kehrt um zu Yahweh, eurem Gott, denn er ist gnädig und barmherzig, langsam zum Zorn und groß an Güte und lässt sich des Übels geräuen.“ Hier wird Gott selbst zitiert. Diese bekannte Stelle stammt aus dem zweiten Buch Mose, Kapitel 33, wo Gott sich als gnädig und barmherzig beschreibt, langsam zum Zorn und groß an Güte. Er lässt sich des Übels gereuen, das heißt, er könnte seine Entscheidung ändern.
Es wird also deutlich: Wer weiß, vielleicht kehrt Gott um und lässt sich erweichen. Deshalb heißt es hier: Tut Buße, vielleicht ändert der Herr seinen Sinn. Ähnlich wie im Buch Jona, wo der Herr seinen Sinn ändert, weil die Menschen umkehren. Der Prophet weiß, dass Gott auf die Umkehr des Menschen eingeht, dass Gott sich erweichen lässt und das Gericht nicht sofort schickt.
Wer weiß, er könnte umkehren und es sich gereuen lassen. Er könnte Segen hinter sich zurücklassen, Speisopfer und Trankopfer für den Herrn, euren Gott. Es gibt also noch einen Ausweg aus der Endkatastrophe vor dem Tag Yahwes – und dieser Ausweg ist die Umkehr.
Die Umkehr soll von ganzem Herzen geschehen und motiviert sein durch das Wesen Gottes. Gott ist barmherzig, gütig und langmütig. Langmütig bedeutet, dass er lange braucht, um zornig zu werden. Er ist reich an Güte. Deshalb sollen die Menschen umkehren.
Aufruf zum Fasten und zur Versammlung als Ausdruck der Umkehr
Vers 15 ist ein Aufruf zum Fasten, zum Versammeln, zum Weinen und zum Beten. In den Versen 15 bis 17 heißt es: „Stößt ins Horn in Zion, heiligt ein Fasten, ruft eine Festversammlung aus, versammelt das Volk, heiligt eine Versammlung, bringt die Ältesten zusammen.“
Man erkennt, dass es immer Dreiergruppen sind: In Vers 15 gibt es drei Sätze, in Vers 16 die ersten drei Sätze, und dann wird noch einmal das Versammeln der Kinder und der Säuglinge an den Brüsten erwähnt. Der Bräutigam dreht sich aus seiner Kammer, und die Braut aus ihrem Gemach.
Was sollen sie also tun? Sie sollen fasten und beten, ihre Sünden bekennen, und als Volk zusammenkommen – eine Erweckungsversammlung, eine Versammlung, bei der sie ihre Sünden vor dem Herrn bekennen. Die Ältesten, das sind die alten Männer, sind dazu aufgerufen. Aber auch die Kinder und sogar die Säuglinge, also das ganze Volk, sollen teilnehmen. Die Frauen mit den kleinen Kindern an den Brüsten, der Bräutigam, der gerade seine Frau geheiratet hat und nun in Israel vom Kriegsdienst und anderen Verpflichtungen frei ist, sollen ebenfalls herauskommen. Auch die Braut soll dabei sein.
In Vers 17 heißt es: Die Priester, die Diener Jachwes, sollen weinen zwischen der Halle und dem Altar – also zwischen der großen Vorhalle und dem Altar im Tempel – und sollen beten: „Verschone, Yahweh, dein Volk, und gib nicht dein Erbteil der Schmähung hin, dass sie den Völkern zum Sprichwort seien.“
Warum soll man unter den Völkern fragen: „Wo ist ihr Gott?“ Das bedeutet, sie sollen so zu Gott beten, dass sie Ihm zeigen, dass es um Seine Sache geht – um Seinen guten Ruf unter den Völkern. Warum soll man unter den Heidenvölkern sagen: „Wo ist nun ihr Gott?“
Dies erinnert an das Gebet von Mose. Mose betete damals, als Gott zu ihm sagte: „Geh auf die Seite, ich werde jetzt die Israeliten alle vernichten, nur dich und Josua lasse ich am Leben.“ Mose warf sich nieder und sagte: „Das kannst du doch nicht machen! Was werden die Amoriter, die Kanaaniter und all die anderen Völker sagen, wenn sie hören, dass du die Israeliten mit so großer Macht und Herrlichkeit aus Ägypten herausgeführt hast, durchs Rote Meer geführt hast, um sie jetzt in der Wüste zu töten?“
Mose plädierte für die Ehre Gottes, für Seinen heiligen, herrlichen Namen. Hier ist es ein ähnliches Gebet: „Gib nicht dein Erbteil der Schmähung hin, dass sie den Völkern zum Sprichwort seien.“ Denn das würde auf Gott zurückfallen, auf Seinen Namen.
Warum soll man unter den Völkern sagen: „Wo ist ihr Gott?“ Das ist also ein wichtiger Aufruf zur Buße.
Die Antwort des Herrn: Verheißung von Segen und Befreiung
Und jetzt kommt die Antwort des Herrn in Vers 18, die Antwort Jachwels. Wir werden das gleich lesen, aber ich möchte vorher etwas anmerken.
Wir sehen hier, dass er vom Segen sprechen wird. Er wird eine Verheißung geben, und zwar einen dreifachen Segen in Kapitel zwei sowie einen dreifachen Segen in den Kapiteln drei und vier. Zuerst wird er in Kapitel zwei wieder vom Segen sprechen: Das Senden des Lehrers zur Gerechtigkeit, das Vernichten der Heuschrecken und die Wiederkehr einer fruchtbaren Zeit.
Dann wird er in Kapitel drei von einem geistlichen Segen sprechen – von der Geistausgießung, vom Gericht über die heidnischen Heere, die Feinde. Anschließend folgt in Kapitel vier das ewige Heil und die ewige Herrlichkeit des Gottesvolkes sowie das Gericht über die Völker.
Es handelt sich also um einen dreifachen Segen in der Nähe, der irdisch ist, und einen dreifachen Segen in der Ferne, der geistlich und endzeitlich bezogen ist.
Schauen wir uns nun Vers 18 und 19 als Einleitung an:
"Und Yahweh eiferte für sein Land, und er hatte Mitleid mit seinem Volk. Und Yahweh antwortete und sagte zu seinem Volk: Siehe, ich sende euch das Korn und den Most und das Öl."
Wieder eine Dreiergruppe: Ich sende euch Korn, Most und Öl, damit ihr davon satt werdet. Ich werde euch satt machen. Ich werde euch nicht mehr zum Hohn machen unter den Völkern.
Das eine bedeutet Sättigung, das andere die Beendigung der Schmach unter den Völkern.
Dann in Vers 20 die Entfernung der Heuschrecken:
"Ich werde den von Norden von euch entfernen und ihn in ein dürres und ödes Land vertreiben. Seine Vorhut in das vordere Meer und seine Nachhut in das hintere Meer, und sein Gestank wird aufsteigen, und aufsteigen wird sein Verwesungsgeruch, denn groß getan hat Ehr."
Dieser Ehr ist das Heuschreckenheer.
Aber es scheint, als ob er von Feinden spricht. Es wirkt, als ob mehr dahintersteckt. Es ist nicht nur eine Heuschreckenplage. Er sieht gleichzeitig Feinde, die das Volk Israel geplagt haben, und der Herr will eingreifen.
Er wird die Feinde ins Meer werfen. Hier sind es die Heuschrecken, aber es ist eine leichte Anspielung auf die Feinde Israels, vor allem die später kommenden, die dann kommen werden: die Assyrer und die Babylonier, die Israel noch sehr stark bedrängen werden.
Sie kamen immer aus dem Norden. Die Heuschrecken kamen eigentlich nicht aus dem Norden, sondern normalerweise aus dem Süden, von der warmen Wüste her. Aber die Feinde kamen immer aus dem Norden.
Deshalb ist hier wahrscheinlich eine Anspielung, eine leise Anspielung, nicht nur auf Heuschrecken, sondern auch auf Menschenheere, die das Land Israel verwüsten werden.
Doch der Herr wird eingreifen. Wenn das Volk Buße tut und sich demütigt, wird der Herr die Eindringlinge entfernen.
Verheißung der Fruchtbarkeit und des geistlichen Segens
Die zweite Antwort, Verse 21 bis 27
Fürchte dich nicht, Erde! Jetzt spricht er zur Erde, die ja von den Heuschrecken gefressen oder kahlgemacht wurde: „Freue dich und sei fröhlich, denn Jahwe tut Großes! Fürchtet euch nicht, ihr Tiere des Feldes, denen ja alles weggefressen wurde. Fürchtet euch nicht, ihr Tiere des Feldes, denn die Weideplätze der Steppe grünen wieder. Der Baum trägt seine Frucht, der Feigenbaum und der Weinstock geben ihren Ertrag.
Wenn der Feigenbaum und der Weinstock wieder blühen, dann ist alles gut. Das ist immer so im Land Israel. Wenn von Fülle und Segen die Rede ist, dann heißt es, dass jeder unter seinem Weinstock und unter seinem Feigenbaum sitzen wird und es ihm wieder gut geht. Der Feigenbaum und der Weinstock geben ihren Ertrag.
Dann folgt ein Wort an die Kinder Zions, an die Israeliten: „Und ihr Kinder Zions, freut euch und jubelt in Jahwe, eurem Gott!“ Hier sind die Kinder Zions das treue Israel, diejenigen, die Buße getan haben, die wirklich am Herrn hängen, der treue Kern des Volkes. Der Ausdruck „Kinder Zions“ zeigt die Liebe und Verbundenheit mit den Israeliten. Zion erinnert an die Davidsburg, an den König, der dort auf dem Zion regiert, an David. Hier werden sie „Kinder Zions“ genannt, also sind sie ganz eng mit ihm verbunden.
„Und ihr Kinder Zions, freut euch in Jahwe, eurem Gott, denn er gibt euch den Lehrer zur Gerechtigkeit.“ Jetzt müssen wir genauer hinschauen. In unseren Bibeln steht das wahrscheinlich unterschiedlich. Bei mir steht: „Er gibt euch den Lehrer zur Gerechtigkeit.“ Manche Übersetzungen, zum Beispiel die Elberfelder, übersetzen es mit „er gibt euch Frühregen“. Das ist hier eine Sache der Übersetzung. Das hebräische Wort „More“ kann entweder „Frühregen“ oder „Lehrer“ bedeuten.
Vom Frühregen wird ja sowieso noch in Vers 23 gesprochen. Außerdem heißt es im Hebräischen hier „der Lehrer“ (More) zur Gerechtigkeit. Was soll ein Frühregen zur Gerechtigkeit sein? Das passt nicht. Aber ein Lehrer zur Gerechtigkeit, also jemand, der zur Gerechtigkeit hin unterweist, das passt sehr gut. Deshalb haben sich viele Übersetzer hier für „Lehrer zur Gerechtigkeit“ entschieden. Ich halte das auch für die richtige Übersetzung.
Er gibt euch den Lehrer zur Gerechtigkeit, er lässt euch Regen herabkommen, Frühregen und Spätregen zuerst. Frühregen und Spätregen, das alles zuerst. Was danach kommt, wird in Kapitel 3, Vers 1, beschrieben. Aber zuerst kommt also der Lehrer der Gerechtigkeit und dann der Regen, nämlich der Frühregen und der Spätregen.
Was heißt das? Hier werden drei Wohltaten genannt. Die erste Wohltat ist, dass Gott ihnen den Lehrer zur Gerechtigkeit schicken wird. Wer ist der Lehrer zur Gerechtigkeit? Wahrscheinlich ist das kollektiv gemeint. Das heißt, er wird ihnen wieder Lehrer geben, die sie zur Gerechtigkeit hin unterweisen. Dabei ist nicht nur der Messias gemeint, wie manche denken. Der Messias ist auch ein Lehrer zur Gerechtigkeit, aber es gab schon vorher viele andere Lehrer zur Gerechtigkeit, bevor der Messias kam.
Das ist also die erste Wohltat: der Lehrer zur Gerechtigkeit. Die zweite ist der Regen. Regen war dringend notwendig für das Volk, um Gedeihen und Fruchtbarkeit, also Frucht und Fülle, zu haben. Der Frühregen fällt im Herbst. Er ist wichtig für die Aussaat, denn die Israeliten säen im Herbst aus und fördern das Keimen der Saat, sobald es wärmer wird. Der Spätregen kommt im Frühling vor der Erntezeit und sorgt dafür, dass alles reif wird.
Man könnte es auch so übersetzen: Anfang der Regenzeit und Ende der Regenzeit. Die ganze Zeit von Oktober bis März etwa ist Regenzeit. Sie beginnt mit einem Regenschub und endet mit einem Regenschub. Dazwischen gibt es viel Regen. Man könnte also auch Frühregen als den anfänglichen, beginnenden Regen und Spätregen als den späteren Regen, also den Anfang und das Ende der Regenzeit, verstehen.
So oder so: In Vers 24 heißt es: „Die Tennen werden voll Getreide sein, und die Fässer überfließen von Most und Öl.“ Hier werden wieder drei Dinge genannt: Getreide, Most und Öl. Er hat zuvor Korn erwähnt. Es wird alles wieder voll sein. Wein wird es wieder geben, und Olivenöl wird es wieder geben.
In Vers 25 sagt Gott: „Ich werde euch die Jahre erstatten, die die Heuschrecke, der Abfresser und der Vertilger und der Nager gefressen haben, mein großes Heer, das ich unter euch gesandt habe.“ Hier ist ein sehr ermutigender Vers. Dort, wo das Volk Buße tut, erstattet der Herr das, was sie verloren haben. Das ist auch für einzelne Gläubige von großer Wichtigkeit.
Dort, wo ich Buße tue, kann mir der Herr erstatten, was ich in den dummen Jahren meiner Sünde getan habe und verpasst habe an geistlichem Vorwärtskommen, was der Herr mir alles geben wollte. Der Herr kann also nachträglich viel erstatten, wenn die Buße echt ist. Dieser Vers war mir schon oft eine große Ermunterung und Ermutigung.
Gott macht die Dinge wieder gut und gibt den doppelten Segen, sodass man das aufholen kann, was man verpasst hat. Die Jahre des Unglaubens und des sündigen Wandels haben uns viel Kraft und kostbare Zeit genommen. Man denkt oft, das sei unwiederbringlich verloren und es werde nichts mehr aus dem Leben. Aber der Herr kann auch jetzt, wenn ich echte Buße tue, noch Großes aus meinem Leben machen. „Ich werde die verlorenen Jahre ersetzen“, sagt der Herr.
In Vers 26 heißt es: „Und ihr werdet essen, essen und satt werden und den Namen Jahwes, eures Gottes, preisen, der Wunderbares an euch getan hat. Mein Volk soll nie mehr beschämt werden.“ Hier wieder drei Sätze.
Vers 27: „Und ihr werdet erkennen, dass ich in Israels Mitte bin und dass ich Jahwe, euer Gott, bin und keiner sonst. Mein Volk soll nie mehr beschämt werden.“ Noch einmal drei Sätze.
Gott erstattet nicht wegen unserer Verdienste, sondern um seiner selbst willen. Er wird zart sein. Ihr werdet den Herrn preisen, und ihr werdet nie mehr beschämt werden. Dann noch einmal: Ihr werdet erkennen, dass ich in eurer Mitte bin, ich werde erkennen, dass ich euer Gott bin, und mein Volk soll nie mehr beschämt werden.
Das Volk soll erkennen, wie herrlich Gott ist, wie groß Gott ist und dass er gegenwärtig ist. Also drei Dinge: die Erweckung des Lehrers zur Gerechtigkeit, die Vernichtung des Heuschreckenheeres und die Wiederkehr einer fruchtbaren Zeit in der Gegenwart.
In den nächsten Versen wird er von der letzten Zeit sprechen. Dann wird er drei Segnungen schicken: die Ausgießung des Geistes, das Gericht über die Völker, die das Volk bedrängt haben, und schließlich die ewige Rettung und Verherrlichung des Gottesvolkes.
Aber zuerst das hier: zuerst der physische Regen und der physische Segen, der Lehrer zur Gerechtigkeit, die Vernichtung des Heuschreckenheeres und die fruchtbare Zeit. Das kommt zuerst. Danach kommt das, was in Kapitel 3 steht.
Ich möchte darauf aufmerksam machen, dass im Vers 23 das Wort „zuerst“ steht. Ich weiß nicht, wie das in euren Übersetzungen ist. Steht das auch so? Bei mir heißt es: „Er gibt euch den Lehrer zur Gerechtigkeit und lässt euch Regen herabkommen, Frühregen und Spätregen.“ Und da steht das Wort „zuerst“. Steht das auch bei euch?
Nicht? In der Übersetzung „Am ersten Tag“ steht das nicht. Im Hebräischen steht „zuerst“, nicht „am ersten Tag“. Da haben die Übersetzer viel hineingedacht. Im Hebräischen steht es so, okay? Kannst du es vorlesen? So nach der alten Übersetzung: „Frühregen und Spätregen zuerst.“ Ja.
Das „zuerst“ ist im Hebräischen nachgestellt und bezieht sich auf alle drei Dinge: den Lehrer der Gerechtigkeit, den Frühregen und den Spätregen. Er sagt, diese Segnungen kommen zuerst, zuerst also das. Danach Kapitel 3, Vers 1, was ist das erste Wort? „Und weiter?“ „Und nach diesem.“ „Und danach.“
Das eine zuerst und das andere danach, das ist hier gegenübergestellt. Es ist schade, wenn in der Übersetzung etwas anderes steht, wie „am ersten Tag“. Das steht nicht im Hebräischen. Dort steht einfach, dass zuerst das eine kommt, dieser irdische Segen, diese irdischen Dinge, die er ihnen versprochen hat. Dazu gehört auch der Lehrer zur Gerechtigkeit. Er gibt ihnen Priester oder Unterweiser, die ihnen den richtigen Weg zeigen, und er gibt ihnen Fruchtbarkeit, Frühregen und Spätregen.
Das alles kommt zuerst. Danach bezieht sich das dann auf eine fernere Zeit, was dann kommt. Das eine ist näher, das andere ist ferner.
Reflexion über das Studium der alttestamentlichen Prophetie und Ermutigung zum Gebet
Ich habe jetzt ziemlich schnell im rasanten Tempo Kapitel 1 und 2 mit uns gelesen. Jetzt möchte ich fragen: Sind dazu irgendwie Fragen hängen geblieben zu den ersten zwei Kapiteln? Wir haben noch ein paar Minuten. Das ist schon interessant.
Da demütigen sich Menschen vor Gott, gehen ins Gebet, fasten vor dem Herrn und zeigen dadurch auch die Ernsthaftigkeit ihrer Umkehr. Der Herr sagt daraufhin: „Also gut! Der Herr wird weich, barmherzig, geduldig und gnädig.“ Das ist großartig. Immer wieder, und doch tun wir das so selten. So selten gehen wir ins Gebet und fasten, obwohl wir Nöte haben – sei es in der Familie oder in der Gemeinde. Wir tun alles Mögliche, aber wir gehen nicht ins Gebet und fasten. Genau das wäre das Wichtigste von allem.
Wir sollten schauen, wo wir selbst gefehlt haben, und sagen: Herr, es ist nichts in mir, das ich vor dir vorweisen könnte, warum du mich jetzt hören müsstest. Aber einfach wegen deiner Barmherzigkeit und um deines Wesens willen handle du und greif ein. Es ist einfach, und doch wird so wenig getan. Hier liegt eine große Ermutigung für uns, das auch zu tun.
Wo wir Nöte haben und merken, dass der Herr uns gewisse Dinge geschehen lässt, weil er uns auf etwas aufmerksam machen oder uns ein bisschen züchtigen will, sollten wir uns demütigen. Dann kommt er und sagt: Darauf habe ich gewartet. Ihr habt nicht, weil ihr nicht bittet, sagt Jakobus. „Ihr habt nicht, weil ihr nicht bittet, oder ihr betet und habt nicht, weil ihr es in einer schlechten Weise, in einer schlechten Gesinnung bittet – weil ihr es selbst egoistisch verzehren wollt, was ich euch gebe.“ Denkt nur an euch selbst, sagt er dort zu den Geschwistern, an die der Jakobus schreibt.
Für uns ist das hier eine Ermutigung. Ja, es sind noch Gedankenfragen offen, die nächsten Verse brauchen wir morgen, da brauchen wir mehr Zeit. Sie sind sehr geladen mit Inhalt und werfen viele Fragen auf.
Joel ist ein ganz, ganz gutes Beispiel, weil wir daran lernen können, wie man mit alttestamentlicher Prophetie umgeht. Ich habe gemerkt, dass viele Christen nichts anfangen können mit alttestamentlicher Prophetie. Sie haben ihre Bücher gelesen, natürlich, alle brav, die es auf dem Markt gibt über die Endzeit. Da steht ja alles schon vorgegeben, jetzt wissen wir alle Bescheid, wie es sein muss und kommen muss. Aber aus dem Text heraus hat man Schwierigkeiten, das zu erkennen.
Oft sind die Bücher gar nicht so gut. Wir wissen ja, es gibt verschiedene Auffassungen über die ganzen Endzeitfragen. Für manche ist das ein leidiges Thema, und man denkt sich: „Na, nur nicht das noch! Wir haben schon genug Probleme, jetzt braucht man nicht noch Endzeitprobleme.“ Das ist aber alles sehr schade, weil wir von den Büchern leben, die wir gelesen haben, die auf dem Markt sind, und nicht von unserem Bibelstudium.
Ich habe das bei mir selbst bemerkt. Immer wieder entdecke ich beim Bibelstudium, dass es gar nicht so ist, wie ich es in dem und dem Buch gelesen habe. Das ist schade, denn unseren Glauben sollen wir nicht auf irgendein theologisches Buch oder ein gutes Buch von irgendeinem lieben Bruder gründen, den wir alle schätzen. Unser Glaube muss auf dem basieren, was Gottes Wort sagt.
Es gibt uns viel mehr Einsicht in die Propheten, wenn wir uns damit beschäftigen. Ich weiß, die Propheten werden oft beiseitegelegt. Man liest lieber in den Paulusbriefen, da kennt man sich besser aus, oder im Evangelium von Johannes. Aber Joel, Zephanja, Habakuk – wie heißt der andere noch? Wenn wir dir mal in der Ewigkeit begegnen, dann heißt es: „Ach, dich gibt es auch in der Bibel. Du hast auch ein Buch geschrieben.“ Und er wird uns vielleicht fragen: „Habakuk, hast du mein Buch gut studiert?“ Und ich sage: „Oh, ich habe nicht mal richtig einmal reingeschaut in das Buch.“
Man hat ein schwieriges Verhältnis zu den Propheten. Aber wir sollten doch den Mut haben, ins Alte Testament zu schauen und nur zu schauen, was eigentlich der Text sagt, was im Text selbst steht. Dann kommt man darauf, dass es oft anders ist, als man in irgendeinem Buch gelesen hat.
Mir hat der Bruder Herbert Jansen gesagt: Du musst die Bibel so lesen, als ob du sie noch nie gelesen hättest und als ob du all die anderen Bücher, die du kennst, vergisst. Lies die Bibel so, als ob du ganz frisch hinkommst, lass den Text auf dich wirken und baue nicht dein System, sondern geh von Textstelle zu Textstelle. Dort, wo du einen klaren Pfeiler hast, an dem du dich festhalten kannst, den Maurer sozusagen oder den Streicher heraus. Dann gehe von den klaren Stellen zu den unklaren, nicht von den unklaren zu den klaren.
Das ist schon eine Herausforderung. Vor allem die nächsten Verse, die wir dann lesen werden, sind äußerst spannend. Sie geben uns viel Einblick, wie das Alte Testament über das Ende spricht. Sie zeigen uns vieles, und wir sehen gerade bei Joel, wie die neutestamentlichen Lehrer, die Apostel, mit den alttestamentlichen Texten umgegangen sind.
Wir werden Petrus anschauen, wie er mit Joel Kapitel 3 umgegangen ist. Das könnte jetzt die Hausübung für die Nacht sein, für das Nachtstudium: Was sagt Petrus zu Kapitel 3 von Joel? Er hat in seiner Pfingstpredigt auf diese Stelle Bezug genommen. In Apostelgeschichte 2 zitiert Petrus genau diese Stelle von Joel.
Es ist wichtig für uns, diesen Bezug herzustellen. Was sagt eigentlich der Apostel Petrus, inspiriert vom Heiligen Geist, wie wir Joel zu verstehen haben? Das ist unsere Aufgabe. So müssen wir die Bibel lesen. Nicht: Wir haben die Israeliten, die Joel verstanden haben. Wir haben oft gar kein Licht, sondern wir haben die vom Heiligen Geist erleuchteten Apostel, die Propheten verstanden. Das ist viel wichtiger.
Außerdem noch etwas: Wenn man in Endzeitfragen verschiedener Meinung ist, ist das niemals ein Grund, dass Christen sich voneinander spalten, sich sondieren, nicht mehr anschauen oder nicht mehr grüßen. Das sind Themen, die es nicht wert sind, die Gemeinschaft aufzukündigen wegen solcher Sachen.
Man muss eine gewisse Freiheit haben zum Nachdenken. Man muss nicht gleich Dogmatik lehren, sondern einfach den Text sprechen lassen, wirken lassen und auf unser Leben anwenden. Die Lehre der Schrift über die Endzeit ist von großer Bedeutung für unser Heiligungsleben. Wir haben das oft verwechselt und meinen, das sei nur bedeutend für wichtige Diskussionen, wer dann Recht hat.
Im Gegenteil: Gerade diese Botschaft der Propheten und auch die neutestamentliche Botschaft über den Tag des Herrn ist ein großer Anreiz zur Heiligung, zum Leben mit dem Herrn.
Das soll als Schlusswort für heute dienen. Dann wollen wir noch einmal aufstehen zum Gebet und dem Herrn danken.
