Herzlich willkommen zum Podcast der EFH Stuttgart mit Thomas Powileit und Jörg Lackmann.
Unser Podcast möchte zum praktischen Christsein herausfordern und zum theologischen Denken anregen.
Im Alten Testament begegnet uns häufig eine rätselhafte Gestalt, der sogenannte Engel des Herrn. Dieser Engel wird immer wieder von anderen Engeln unterschieden und in seiner Einzigartigkeit hervorgehoben. Er erscheint in seiner Persönlichkeit nur im Alten Testament und wird im Neuen Testament nie erwähnt.
Warum spricht dieser Bote, der Engel des Herrn, oft mit solcher Autorität, als ob er selbst Gott wäre? Das ist die Frage. Eine mögliche Antwort lautet: Vielleicht ist er Gott. Diese Vermutung wurde bereits mehrfach geäußert.
Wenn es im Alten Testament um Jesus und seine göttlichen Eigenschaften geht, habe ich gedacht, dass wir auch belegen sollten, warum wir immer wieder sagen, der Engel des Herrn sei Christus. Das ist jedoch nur eine von mehreren Möglichkeiten.
Man stellt fest, dass es einmal Engel Gottes gibt, dann den Engel des Herrn – und es gibt auch den Engel des Herrn mit dem bestimmten Artikel. Dieser ist, wie wir gleich sehen werden, etwas anders als die anderen. Er hebt sich deutlich ab.
Im Neuen Testament taucht der Engel des Herrn nicht mehr auf, dort erscheint der Sohn. Im Alten Testament hingegen gibt es ihn nur. Gut aufgepasst!
Ich möchte nun einige Stichpunkte nennen, die den Engel des Herrn von anderen Engeln unterscheiden. Die meisten davon lassen sich belegen:
Der Engel des Herrn beansprucht göttliches Wesen im Gegensatz zu normalen Engeln. Er zeigt göttliche Eigenschaften und wird teilweise mit dem Herrn, mit Gott, gleichgesetzt – was bei anderen Engeln nicht der Fall ist.
Er unterscheidet sich jedoch auch vom Herrn, von Yahweh. Es gibt Stellen, an denen sowohl Yahweh als auch der Engel des Herrn erwähnt werden, aber auch solche, in denen deutlich wird, dass der Engel des Herrn Gott ist.
Er besitzt die Namen des Herrn, empfängt Anbetung und vergibt Sünden. Das soll als kleiner Überblick genügen.
Und was denkst du, wie kann man diese Aussagen, die du gemacht hast, die jetzt einfach mal so zufällig eingebracht wurden, bewerten? Sie wurden ja unbelegt einfach so gesagt. Wie kann man diese Aussagen insgesamt einordnen? Wahrscheinlich gibt es zu jeder Aussage verschiedene Bibelstellen. Aber wenn man das Ganze als Paket betrachtet, wie kann man es bewerten? Wer ist der Engel des Herrn?
Das werden wir heute nicht ausführlich behandeln, aber ich habe auch gehört, dass es bei den frühen Kirchenvätern unterschiedliche Meinungen dazu gab. Manche sagen, es wäre der Erzengel Michael, also ein besonderer Engel. Das habe ich erst letzte Woche in einer Fernsehsendung erfahren. Manche sehen den Engel des Herrn auch als Jesus an, was ich persönlich nicht so sehe.
Den Erzengel Michael? Ja, das habe ich wirklich gehört. Ich habe es bei einer christlichen TV-Station so verstanden, dass es so sei. Das war mir auch neu. Bei den Kirchenvätern haben manche gesagt, es sei kein gewöhnlicher Engel, sondern eben ein Erzengel, nämlich Michael. Andere wiederum vertreten die Ansicht, es sei eine Theophanie, also eine Erscheinung Gottes, des Vaters.
Wieder andere sagen, und das Wort muss ich jetzt noch einbringen, es sei eine Christophanie. „Phanie“ bedeutet Erscheinung, und „Christos“ ist der Sohn. Das heißt, Gott der Sohn, also Jesus, erscheint im Alten Testament.
Das sind also drei Erklärungsmodelle: ein besonderer Erzengel, Gott selbst oder Jesus. Das sind die gängigen Deutungsmuster, weil, wie gesagt, nicht alles ganz eindeutig ist. Wir sind da jetzt einfach so reingesprungen. Vielleicht ist es gut, wenn wir noch einmal zurückgehen und uns bewusst machen, wo der Begriff „Engel des Herrn“ das erste Mal auftaucht.
Denn in der Bibel ist es oft sehr entscheidend, wenn etwas zum ersten Mal genannt wird. Das kann eine Grundlage für das sein, was später folgt. Bist du auch der Meinung, dass das erste Erscheinen besonders wichtig ist?
Ich finde schon, es ist nicht grundsätzlich immer so, aber oft ist es wichtig.
Ja, ich habe da auch eine starke Tendenz in diese Richtung.
Also wird er insgesamt neunzig Mal im Alten Testament erwähnt. Die erste Stelle finde ich in diesem Zusammenhang besonders interessant. Sie steht im ersten Buch Mose, Kapitel 16, und betrifft Hagar. Es ist bemerkenswert, dass es nicht eine bekannte Person wie Abraham, Mose oder Adam ist, sondern Hagar. Ich lese die Stelle einfach mal vor.
Sarai, wie sie damals noch genannt wurde und später Sarah hieß, hatte gerade erst Ismael von Hagar bekommen. Hagar hatte sich daraufhin schlecht gegenüber Sarai verhalten, woraufhin Sarai sie so behandelte, dass Hagar in die Wüste floh. Nun steigen wir ein, 1. Mose 16, Vers 7:
„Aber der Engel des Herrn fand sie, also Hagar, bei einer Wasserquelle in der Wüste, nämlich bei der Quelle am Wege nach Schur. Er sprach zu ihr: ‚Hagar, Sarahs Magd, wo kommst du her und wohin willst du?‘ Sie antwortete: ‚Ich bin von Sarah, meiner Herrin, geflohen.‘ Und der Engel des Herrn sprach zu ihr: ‚Kehre zurück zu deiner Herrin und demütige dich unter ihrer Hand.‘“
Die nächste Aussage ist besonders interessant:
„Und der Engel des Herrn sprach zu ihr: ‚Ich will deine Nachkommen so mehren, dass sie der großen Menge wegen nicht gezählt werden können.‘“
Das ist bemerkenswert, denn eigentlich kann ein Engel so etwas nicht sagen. Ein Engel könnte sagen: „Gott wird deine Nachkommen mehren“ oder „Der Herr spricht“. Aber hier sagt der Engel selbst: „Ich will deine Nachkommen mehren.“ Das ist eine Aussage, die nur Gott treffen kann. Es zeigt göttliches Verhalten.
Weiter sprach der Engel des Herrn: „Sie, du wirst schwanger werden und einen Sohn gebären. Seinen Namen sollst du Ismael nennen, denn der Herr hat dein Elend erhört.“ Hier wird wieder in der dritten Person gesprochen, wie man es erwartet.
Hagar reagiert in Vers 13: „Sie nannte den Namen des Herrn, der mit ihr redete: ‚Du bist ein Gott, der mich sieht.‘“ Damit identifiziert sie diesen Engel des Herrn mit dem Herrn selbst. Sie sagt nicht „Er ist ein Gott, der mich sieht“, sondern spricht direkt vom Engel als Gott, der sie sieht.
Das heißt, der Engel des Herrn erscheint hier im Alten Testament zuerst einer Frau. Interessanterweise ist es bei der Auferstehung Jesu ähnlich: Er erscheint zuerst nicht den Jüngern oder seiner Mutter, sondern Maria Magdalena, einer Frau, die damals eher niedrig angesehen war. Genauso wie bei dieser Magd Hagar. Wenn ich Jesus mit diesem Engel identifiziere, zeigt sich, dass er sich von Anfang an um die Schwachen gekümmert und sie begleitet hat.
Das ist das erste Mal, dass dieser Engel im Alten Testament auftaucht. Das wäre meine Deutung. Natürlich gibt es noch viele andere Stellen, an denen der Engel des Herrn vorkommt.
Ja, bei Mose später, in 2. Mose 3, könnte man die Geschichte anders erklären, das gebe ich zu. Aber das Gesamtbild fließt am Ende in die Beurteilung mit ein.
Also, vierzig Jahre waren vergangen. Mose war in der Wüste und hütete die Schafe seines Schwiegervaters. Da erschien ihm der Engel des Herrn in einer Feuerflamme mitten aus dem Dornbusch. Der Engel war also mitten im Dornbusch in einer Flamme, die nicht verbrannte. Der Dornbusch selbst wurde nicht verzehrt. Das ist der wichtige Ort.
Das ist spannend. Wenn man das nur oberflächlich betrachtet, würde man denken, Gott sei ihm erschienen. Aber es steht ja ausdrücklich, dass der Engel des Herrn ihm erschienen ist. Der Engel des Herrn erschien ihm mitten aus dem Dornbusch als Feuer. Als Mose hinsah, brannte der Dornbusch im Feuer, doch der Dornbusch wurde nicht verzehrt – ein Wunder.
Da sprach Gott: „Ich will doch hinzutreten und diese große Erscheinung ansehen, warum der Dornbusch nicht verbrennt. Was ist das hier?“ Brennende Dornbüsche hat Mose natürlich öfter in der Wüste gesehen. Sie können immer mal Feuer fangen. Aber einer, der nicht verbrennt, das ist ungewöhnlich, denn normalerweise verglüht so ein Dornbusch recht schnell.
Jetzt ist es interessant: Wir haben im Kopf, dass der Engel des Herrn im Dornbusch als Feuer erscheint. In Vers 4 heißt es aber: „Als der Herr sah, dass Mose hinzutrat, um zu schauen, rief Gott ihm mitten aus dem Dornbusch zu und sprach: Mose, Mose.“
Auf einmal ruft also Gott mitten aus dem Dornbusch zu. Und da war eben noch der Engel des Herrn. Im Text gibt es keinen Wechsel, der das erklärt. Das heißt, Engel des Herrn und Gott werden hier quasi gleichgesetzt.
Das würde ich so erklären. Oder man könnte sagen, dass zuerst eine Erscheinung war, der Engel dann vielleicht weg oder beiseite getreten ist, und dann Gott selbst da war, ohne dass der Text das vorher erwähnt. Da könnte man sich vieles ausdenken.
Aber es ist schon interessant: Zuerst war eindeutig der Engel im Dornbusch, und dann, als Mose hinzutrat, ohne dass der Text etwas erklärt, ist es plötzlich Gott. Das sind sehr mutmachende Begegnungen mit dem Engel des Herrn, wie zum Beispiel bei Mose oder auch bei Hagar.
Gibt es auch Begegnungen im Alten Testament, bei denen man sagt: Na ja, das ist nicht gerade mutmachend, da ist der Engel eher ein Gerichtesengel oder so in der Richtung?
Der Engel des Herrn jetzt? Ja, Engel sind ja auch immer mit Gericht verbunden. Ich habe jetzt keine Stelle vorbereitet, aber die Stelle bei Hiskia in Jesaja, wo die 185.000 Assyrer getötet werden, ist der Engel des Herrn. Das wäre so eine Begegnung.
Ansonsten, ja, vielleicht bei Bileam. Das ist so indirekt etwas. Da wollte ja Balak, dass Israel verflucht wird. Ja, das ist auch bedrohlich. Ich habe jetzt größere Dimensionen gedacht, und das ist in 4. Mose 22,35 zu lesen. Da muss man ein bisschen blättern, um diese Verbindung zu sehen.
Der Engel des Herrn – also der Esel ging diesen Weg entlang, Bileam wollte dort prophezeien, und der Esel wollte einfach nicht weitergehen. Bileam überlegte, was da los sei. Dann erschien ihm der Engel des Herrn mit einem Schwert in der Hand, um ihn praktisch zu töten, und redete zu ihm.
Der Engel des Herrn sprach zu Bileam: „Geh mit den Männern, aber du darfst nur das reden, was ich dir sagen werde.“ Er durfte also nur das aussprechen, was der Engel des Herrn ihm sagte. Das ist am Ende des Gesprächs. Im Grunde hatte Bileam eine Verbindung: Was dir der Engel des Herrn sagt, das darfst du reden.
Jetzt gehen wir in 4. Mose 23, ein paar Verse später, ab Vers 4: „Und Gott begegnete Bileam. Der Herr aber legte Bileam ein Wort in den Mund und sprach.“
Zuvor hieß es noch: „Ich sage dir ...“ Im nächsten Kapitel taucht der Engel des Herrn aber nicht mehr auf, sondern der Herr, Jachwe, redet mit ihm.
Da entdecken wir wieder, dass Engel und Gott sehr gleichgesetzt werden. Und da passt auch die Erklärung nicht, dass man sagt: Na ja, Gott redet durch einen Engel. Denn es ist genau umgekehrt: Statt dass der Engel redet, redet auf einmal Gott selbst, und der Engel taucht gar nicht mehr auf. Das wäre sehr ungewöhnlich.
Ich meine, ungewöhnlich sind eben auch die Formulierungen, sage ich mal, für einen gewöhnlichen Engel.
Gibt es weitere Anhaltspunkte dafür, dass der Engel des Herrn Gott ist? Ja, wir können den Auszug aus Ägypten betrachten, denn dort finden wir noch weitere Bezüge. Zum Beispiel Richter 2, Vers 1, das ist ein Rückblick. Dort heißt es: „Der Engel des Herrn kam von Gilgal herauf nach Bochim und sprach: Ich habe euch aus Ägypten herausgeführt.“ Also der Engel des Herrn sagt: „Ich habe euch aus Ägypten herausgeführt und euch in das Land gebracht, das ich euren Vätern zugeschworen habe.“ Außerdem sagt er: „Ich will meinen Bund mit euch nicht aufheben ewiglich.“
Jetzt stellt sich natürlich die Frage, wer den Vätern geschworen hat, dass sie das Land bekommen. Zum Beispiel Abraham. Wer hat mit ihm einen Bund geschlossen? Das sehen wir eigentlich als Gott, wenn wir die Texte betrachten. Der Engel des Herrn sagt jetzt aber „ich“. Das müsste schon eine sehr ungenaue Zitierweise sein, wenn er nicht deutlich macht, dass hier plötzlich Gott spricht und nicht er selbst.
Normalerweise ist das anders, zum Beispiel im Neuen Testament. Als Vergleich können wir Lukas heranziehen, wo klar unterschieden wird, wer Engel ist und wer nicht. Ich lese jetzt aus Lukas 1, ab Vers 26: „Und im sechsten Monat wurde der Engel Gabriel von Gott in eine Stadt Galiläas namens Nazareth gesandt, zu einer Jungfrau, die verlobt war mit einem Mann namens Joseph aus dem Haus Davids. Der Name der Jungfrau war Maria. Und der Engel kam zu ihr herein und sprach: Sei gegrüßt, du Begnadigte, der Herr ist mit dir, du Gesegnete unter den Frauen.“
Als sie ihn sah, erschrak sie über seine Worte und dachte darüber nach, was für ein Gruß das sei. Seine Erscheinung war nicht erschreckend, er kam wohl als Mensch herein. Es steht dort ausdrücklich, dass es der Engel Gabriel war, also nicht der Engel des Herrn. Engel Gabriel ist ein normaler Engel, und Maria hat keine Angst vor ihm.
Im Vers 30 lesen wir weiter: „Und der Engel sprach zu ihr: Fürchte dich nicht, Maria, denn du hast Gnade bei Gott gefunden. Siehe, du wirst schwanger werden und einen Sohn gebären. Du sollst ihm den Namen Jesus geben. Dieser wird groß sein und Sohn des Höchsten genannt werden. Und Gott, der Herr, wird ihm den Thron seines Vaters David geben.“
Hier wird immer in der dritten Person gesprochen: „Sie hat Gnade bei Gott gefunden“, „der Herr ist mit dir“. Es gibt keine Verwechslung. Der Engel spricht, und er redet über Gott.
Im Gegensatz dazu haben wir die Stellen, die wir eben gelesen haben, wo die Grenzen verschwimmen und der Engel des Herrn in der Ich-Form von sich spricht, als ob er selbst Gott wäre.
Am Anfang hast du erwähnt, dass es drei Definitionen für den Engel des Herrn gibt. Du bist dabei sehr schnell über den Begriff Theophanie hinweggegangen, also die Möglichkeit, dass Gott selbst hier erscheint. Vielleicht kehren wir daher noch einmal darauf zurück: Könnte es sein, dass Gott der Vater hier als Engel des Herrn erscheint? Das ist eine Möglichkeit. Bisher haben wir keine Stelle gefunden, die das ausschließt. Deshalb ist diese Option auch Teil der Diskussion.
Wir waren gerade bei Richter 2. Dort sagt der Engel des Herrn, er wolle seinen Bund aufheben. Auch das könnte natürlich Gott der Vater sein.
Nun schauen wir uns eine Parallelstelle an: 2. Mose 13 beschreibt, dass der Herr am Tag vor ihnen in einer Wolkensäule zog, um sie auf dem rechten Weg zu führen, und bei Nacht in einer Feuersäule, um ihnen Licht zu geben. Nach 2. Mose 13, Vers 21 zog Yahweh vor ihnen her, und im Vers davor ist die Rede vom Engel des Herrn, der vor ihnen herzog.
Jetzt wechseln wir ins Neue Testament. In 1. Korinther 10, Vers 4 finden wir eine etwas andere Bildersprache, aber ich glaube, wir können relativ schnell erkennen, dass es dieselbe Begebenheit ist. Dort heißt es: „Ich will euch aber, Brüder und Schwestern, nicht in Unwissenheit lassen, dass unsere Väter alle unter der Wolke gewesen und alle durchs Meer gegangen sind. Und unter der Wolke war die Wolke des Engels des Herrn oder des Herrn, der sie führte. Sie sind alle auf Mose getauft worden, in der Wolke und im Meer, haben alle dieselbe geistliche Speise gegessen und denselben geistlichen Trank getrunken. Denn sie tranken von dem geistlichen Felsen, der ihnen folgte. Der Fels aber war Christus.“
Paulus sagt hier im Korintherbrief, dass Christus ihnen in der Wüste gefolgt ist. Im Richterbuch heißt es der Engel des Herrn, in Mose ist es der Herr. Die neutestamentliche Kommentierung würde also sagen: Es war Christus, der ihnen folgte.
Das ist eine spannende Stelle. Wie ist das passiert? Ein Felsen folgt ihnen – das geht ja eigentlich nicht. Das ist Bildsprache. Es ist natürlich der Felsen, der von Mose zweimal geschlagen wurde. Einmal gab er Wasser, er ist ja auch das lebendige Wasser. Beim zweiten Mal wurde er geschlagen, und deshalb durfte Mose nicht ins Land; das könnte symbolisch bedeuten, dass Christus geschlagen wurde. Das wäre jetzt eine spontane Auslegung, aber nicht das Wesentliche.
Ein Fels kann nicht wirklich folgen, daher ist das eine Bildsprache. Wichtig ist, dass Christus ihnen folgte.
Weshalb ich denke, dass es eher nicht Gott der Vater ist, zeigt zum Beispiel Saharier I.
Da gibt es ein Nachgespräch mit diesem Mann zwischen den Myrten. Wir werden das demnächst in der Gemeinde beim Bibellesen behandeln. Es ist sehr spannend.
In Sacharja 1,10 heißt es: „Und der Mann, der zwischen den Myrten hielt, antwortete und sprach: Das sind die, welche der Herr gesandt hat, um die Erde zu durchstreifen.“ Es waren noch andere, und sie antworteten dem Engel des Herrn, der zwischen den Myrten hielt. Also war dieser Mann zwischen den Myrten der Engel des Herrn.
Sie sprachen: „Wir haben die Erde durchstreift, und siehe, die ganze Erde ist still und ruhig.“ Da begann der Engel des Herrn zu sprechen: „Herr der Herrscher, wie lange willst du dich nicht erbarmen?“ Der Engel des Herrn spricht also zum Herrn.
Hier haben wir auf jeden Fall zwei Personen. Die große Frage ist nun: Wie erklärt man das? Redet Gott der Vater mit sich selbst? Als Christen haben wir damit relativ wenig Probleme, weil wir wissen, dass Christus als Engel des Herrn die Israeliten beim Auszug in der Wüste begleitet hat.
Deshalb ist es eher wahrscheinlich, dass Christus hier mit seinem Vater redet, weil beide unterschieden werden.
Und machen wir vielleicht noch eine Stelle abschließend, oder? Wir könnten jetzt noch einige Stellen anschauen. Es gibt übrigens noch weitere Erwähnungen, bei denen nicht explizit vom Engel des Herrn die Rede ist. Wer hat zum Beispiel mit Jakob gerungen? Da heißt es, es war Gott. Das war Gott, ja, aber in Menschengestalt. Gott ist in Menschengestalt erschienen.
Auch bei Abraham, Sodom und Gomorra kamen drei Männer. Davon waren zwei Engel, aber Abraham hat mit dem Herrn geredet. Ich würde sagen, das war ebenfalls der Engel des Herrn, auch wenn es nicht exakt so drinsteht. Es gibt also weitere Erscheinungen im Alten Testament, die immer wieder diesen Charakter haben.
Gehen wir mal zu Richter 13. Dort geht es um die Eltern von Simson. Vor allem um die Frau. Hat sie einen Namen? Das muss ich mal nachschauen. Ich glaube nicht.
Also, Richter 13, Vers 17: Und Manoach sprach zum Engel des Herrn: „Was ist dein Name? Denn wenn dein Wort eintrifft, wollen wir dich ehren.“ Der Engel des Herrn hatte ja vorher schon mit seiner Frau geredet. Also fragte Manoach: „Was ist dein Name? Wir wollen dich ehren.“ Aber der Engel des Herrn antwortete ihm: „Warum fragst du nach meinem Namen? Er ist wunderbar.“ Eine spannende Formulierung, ja.
Vor allem wenn man bedenkt, dass Jesaja 9 sagt, dass der Sohn Gottes „wunderbarer Ratgeber“ heißt, was ein göttlicher Name ist.
Nun, Manoach wollte etwas tun. Er nahm das Ziegenböcklein und das Speisopfer und opferte es dem Herrn auf dem Felsen. Dabei geschah ein Wunder. Manoach und seine Frau sahen zu, denn als die Flamme vom Altar zum Himmel stieg, fuhr der Engel des Herrn in der Flamme des Altars hinauf.
Als Manoach und seine Frau dies sahen, fielen sie auf ihr Angesicht zur Erde anbetend. Der Engel des Herrn erschien aber Manoach und seiner Frau nicht mehr. Er sah zunächst aus wie ein normaler Mensch. Sie hatten nicht erkannt, dass es Gott war. Er hatte mit ihnen ganz normal geredet, wie man in den anderen Versen lesen kann, die ich jetzt nicht vorgelesen habe.
Der Engel des Herrn war also in den Himmel gefahren. Jetzt ist interessant, was Manoach mit seiner Frau bespricht. Da erkannte Manoach, dass es der Engel des Herrn war, den er gesehen hatte. Und Manoach sprach zu seiner Frau: „Wir müssen sicherlich sterben, weil wir Gott gesehen haben.“ Das ist unlogisch, denn sie hatten ja nur den Engel gesehen.
Doch Manoach sagt ausdrücklich, dass sie sterben müssten, weil sie Gott gesehen haben. Nebenbei bemerkt: Kein Mensch muss sterben, wenn er einen Engel sieht, nur wenn er Gott sieht. Das ist zum Beispiel bei Mose im Dornbusch so. Der Herr sprach aus dem Dornbusch, und Mose verhüllte sein Angesicht, wollte aber später das Angesicht Gottes sehen.
Na ja, da gibt es noch lange Diskussionen, aber das lassen wir mal weg. Wir sind schon tief in den Details.
Also sagte Manoach zu seiner Frau: „Wir müssen sterben, weil wir Gott gesehen haben.“ Aber seine Frau antwortete ihm: „Wenn es dem Herrn gefallen hätte, uns zu töten, hätte er das Brandopfer und das Speisopfer nicht von unseren Händen angenommen. Er hätte uns auch weder dies alles gezeigt noch uns jetzt so etwas hören lassen.“
Das Brandopfer wurde schon dem Herrn geopfert, aber das Zeigen und das Hörenlassen war durch den Engel des Herrn. Sie sagt aber, es war der Herr.
Hier sehen wir eindeutig, dass Manoach und seine Frau sagen: „Wir haben Gott gesehen.“ Es war aber eindeutig der Engel des Herrn. Und hier gibt es kein Hin und Her. Es könnte nichts anderes gewesen sein. In diesem Fall ist die Sache klar.
Es gibt im Alten Testament deutliche Anhaltspunkte, die zeigen, dass der Engel des Herrn Christus ist. Dies wird besonders durch die Unterschiedlichkeit zwischen Gott und den Engeln klar.
Die Begründung dafür ist, dass der Engel des Herrn Dinge verheißt, die nur Gott verheißen kann. Ein Beispiel ist Hagar, der zugesagt wird: „Ich werde dir Nachkommen geben.“ Außerdem wird der Engel des Herrn als Gott bezeichnet – etwa von Manoach und seiner Frau, aber auch von Hagar, die ihn als Gott anspricht und sagt: „Du bist der Name des Herrn, ich habe Gott gesehen.“
Interessanterweise wird der Engel des Herrn dennoch von Gott unterschieden. Das zeigt sich in der Stelle bei Sahaja, wo der Engel des Herrn mit dem Herrn spricht. Hier handelt es sich nicht um eine gewöhnliche Gotteserscheinung, und auch kein normaler Engel kann gemeint sein. Denn ein normaler Engel wurde nicht angebetet, wie es hier der Fall ist. Man fällt vor ihm auf das Angesicht und betet ihn an.
In der Offenbarung 19 verweigert hingegen ein Engel die Anbetung, indem er zu Johannes sagt: „Bete mich nicht an!“ Dies unterscheidet ihn deutlich vom Engel des Herrn im Alten Testament. Dieses Verhalten ist typisch für die Unterscheidung zwischen einem normalen Engel und dem Engel des Herrn.
Dieser Unterschied wird auch im Kontrast zu Lukas 1 deutlich. Dort machen normale Engel oder auch Propheten fast immer sehr deutlich, wer spricht. Sie sagen etwa: „So spricht der Herr“ oder sprechen in der dritten Person. Der Engel des Herrn hingegen spricht in der Ich-Form, sodass man auf den ersten Blick denkt, Gott selbst spricht.
Aus dieser Beobachtung schließen viele, dass der Engel des Herrn die zweite Person der Gottheit ist, nämlich Jesus Christus. Unterstützend dafür ist, dass der Engel des Herrn im Neuen Testament nicht mehr auftaucht.
Ja, es gibt tatsächlich eine Stelle im Lukasevangelium, zumindest nach der Lutherübersetzung, wo ein Engel des Herrn aufzutauchen scheint. Deine Einschränkung, dass die Lutherübersetzung gut ist, trifft zu. Zum Beispiel in Lukas 2,9, nahe bei der Stelle, die du eben gelesen hast: „Und siehe, ein Engel des Herrn trat zu ihnen, und die Herrlichkeit des Herrn leuchtete um sie, und sie fürchteten sich sehr.“ Das ist eine klassische Stelle, die oft feierlich vorgelesen wird.
Wenn wir nun in der Schlachter-Übersetzung nachlesen, heißt es: „Und siehe, ein Engel des Herrn trat zu ihnen, und die Herrlichkeit des Herrn umleuchtete sie.“ Im griechischen Urtext steht schlicht „ein Engel“. Luther hat daraus „der Engel“ gemacht, vermutlich, weil er theologisch kein großes Problem darin sah, dass dies verwechselt werden könnte.
Im Neuen Testament gibt es einige Stellen, in denen je nach Übersetzung „der Engel des Herrn“ steht. Oft ist das entweder nicht explizit im Text oder es handelt sich um einen Engel des Herrn, der später noch einmal erwähnt wird. Dann heißt es „der Engel des Herrn“, wobei klar wird, dass es sich um denselben Engel handelt, der zuvor erwähnt wurde. Der Kontext ist hier also sehr wichtig.
Es gibt im Neuen Testament keine weitere Erscheinung, die darauf hindeutet, dass es Christus selbst ist. Das spricht dafür, dass es sich nicht um Christus handelt, denn er ist ja Mensch geworden.
Das Fazit lautet, dass die Dreieinigkeit im Alten Testament nur verdeckt dargestellt wird. Sie kommt immer wieder vor, etwa wenn von Göttern die Rede ist oder wenn Götter erscheinen. Auch Ausdrücke wie „Wir schaffen die Erde“ zeigen eine Mehrzahl und deuten auf die Dreieinigkeit hin.
Wie im anderen Podcast zuletzt besprochen, ist die Dreieinigkeit zwar noch verborgen, aber Christus erscheint bereits im Alten Testament. Gott kann niemand sehen, doch Christus war im Alten Testament schon bei den Menschen präsent. Er begleitete Israel als Fels und war besonders bei den Schwachen, wie zum Beispiel bei Hagar, anwesend.
Somit war Christus von Anfang an bei der Schöpfung dabei. Das hast du ja auch schon gut zusammengefasst.
Woran erkennt man den Engel des Herrn?
Das ist ein sehr komplexes Thema, besonders wenn wir zum Fazit kommen und den Podcast hier zum Abschluss bringen. Was wäre dir noch einmal wichtig für das Fazit? Also, was können wir sagen, um zu wissen oder zu meinen, dass es Christus ist, den wir hier schon im Alten Testament sehen – neben den Argumentationen, die du eben schon genannt hast?
Ich denke, ich hätte alle Punkte genannt und wüsste jetzt keine weiteren. Die Anbetung zum Beispiel – es muss, denke ich, Gott sein. Gleichzeitig wird er aber unterschieden. Das wären meine zwei Hauptpunkte, auf die es letztlich hinausläuft.
Außerdem bedeutet „Engel“ ja auch „Bote“. Wenn also vom Engel des Herrn die Rede ist, heißt das nicht zwangsläufig, dass es sich um einen Engel handeln muss. Es kann auch ein Bote sein. In diesem Fall denke ich, ist er der Bote, der von Anfang an zu uns geredet hat.
Ich finde es auch spannend, wenn wir zu Weihnachten diesen Text zum Beispiel im Lukas-Evangelium lesen, den du gerade zitiert hast. Dort wissen wir, dass Jesus Mensch geworden ist, als Kind kam und für unsere Sünden sterben sollte. Aber schon vorher begegnet er uns im Alten Testament in Form des Engels des Herrn. Er war also schon immer da und war punktuell auch auf dieser Erde präsent.
Später kam er für einen Zeitraum von etwa 33 Jahren dauerhaft auf die Erde. Nach seiner Auferstehung ist er immer bei uns und wird sichtbar wiederkommen. Darauf können wir uns freuen.
Der Engel des Herrn – ja, ein sehr komplexes Thema. Danke, dass du es so gut heruntergebrochen hast. Ich glaube, es war ein gutes Thema für den Podcast der Evangelischen Freikirche „Evangelium für alle“ in Stuttgart.
Wir hoffen, dass ihr einen Impuls für euch mitnehmen konntet, gerade jetzt im neuen Jahr, wenn die Podcasts wieder regelmäßig nach unserer Pause erscheinen.
Und auch im neuen Jahr gilt: Wenn ihr Fragen habt, über die wir sprechen sollen, oder Anmerkungen zum Podcast, schreibt uns gern unter podcast@efa-stuttgart.de.
Wir wünschen euch Gottes Segen und die Begleitung des Felsens Christus in eurem Leben – um es mit den Worten des Korintherbriefes zu sagen.