Einführung und Kontextualisierung des Textes
Dienstags in der Bibelstunde – das wird öfter meine Einleitung sein. Und ja, heute muss ich es einfach tun.
Zweiter Petrus Kapitel 3, müsst ihr nicht aufschlagen. Zweiter Petrus Kapitel 3, Vers 15: „Und erachtet die Langmut unseres Herrn für Rettung, so wie auch unser geliebter Bruder Paulus nach der ihm gegebenen Weisheit euch geschrieben hat.“
Wie auch in allen Briefen, wenn er in ihnen von diesen Dingen redet – von denen einige schwer zu verstehen sind –, die die Unwissenden und Unbefestigten verdrehen, wie auch die übrigen Schriften zu ihrem eigenen Verderben.
Also schreibt Petrus, dass einige der Paulusbriefe schwer zu verstehen sind. Ich vermute, er hat an Römer 5 bis 12 gedacht – unter anderem natürlich nur.
Es ist irgendwie ein Text, um den es heute geht, vor dem man eine gewisse Achtung haben muss. Wie Luther das sagte: Man muss vor diesem Text „den Hut ziehen“. Es sind einfach Gedanken Gottes, die uns in dem einen oder anderen Punkt nicht gleich auf den ersten Blick einleuchtend sind. Oft auch nicht auf den zweiten. Manchmal müssen wir manches, was Gott sagt, einfach stehen lassen und sagen: Ja, so ist es.
Paulus hält sich in diesem Text sehr wenig damit auf, das Warum zu erläutern. An vielen Stellen schreibt er nur Tatsachen. Und wenn er ein Warum nennt – wir werden es noch sehen – ist es oft sehr allgemein.
Ich hoffe, dass wir gemeinsam doch Dinge finden, die wir verstehen, die einsichtig sind und die uns die Gedanken und das Empfinden Gottes ein Stück näherbringen.
Ich möchte den Text einfach mal vorlesen. Es geht los mit Römer 5 bis 12:
„Darum, so wie durch einen Menschen die Sünde in die Welt gekommen ist und durch die Sünde der Tod, so ist der Tod zu allen Menschen durchgedrungen, weil sie alle gesündigt haben. Denn bis zu dem Gesetz war Sünde in der Welt; Sünde aber wird nicht zugerechnet, wenn kein Gesetz da ist. Aber der Tod herrschte von Adam bis auf Moses selbst über die, die nicht gesündigt hatten, in der Gleichheit der Übertretung Adams.
Der ist ein Vorbild des Zukünftigen. Aber nicht wie die Übertretung, so auch die Gnadengabe; oder vielleicht besser: die Gnadengabe ist nicht wie die Übertretung. Denn wenn durch die Übertretung des Einen die vielen gestorben sind, so ist vielmehr die Gnade Gottes und die Gabe in Gnade, die durch den einen Menschen Jesus Christus ist, zu den vielen überströmend geworden.
Und nicht wie durch einen, der gesündigt hat, so ist die Gabe. Denn das Urteil war von einem zur Verdammnis, die Gnadengabe aber von vielen Übertretungen zur Gerechtigkeit.
Denn wenn durch die Übertretung des Einen der Tod durch den Einen geherrscht hat, so werden vielmehr die, welche die Überfülle der Gnade und der Gabe der Gerechtigkeit empfangen, im Leben herrschen durch den Einen, Jesus Christus.
Also nun, wie es durch eine Übertretung gegen alle Menschen zur Verdammnis gereichte, so auch durch eine Gerechtigkeit gegen alle Menschen zur Rechtfertigung des Lebens.
Denn so wie durch den Ungehorsam des einen Menschen die vielen in die Stellung von Sündern gesetzt worden sind, so werden auch durch den Gehorsam des Einen die vielen in die Stellung von Gerechten gesetzt werden.
Das Gesetz aber kam daneben, damit die Übertretung überströmend würde. Wobei die Sünde überströmend geworden ist, ist die Gnade noch überreichlicher geworden, damit, wie die Sünde geherrscht hat im Tode, so auch die Gnade herrsche durch Gerechtigkeit zu ewigem Leben durch Jesus Christus, unseren Herrn.“
Schwierigkeit und Bedeutung des Textes
Alles klar? Gut. Ja, viele Dinge in diesem Text sind schwer zu verstehen. Ich werde versuchen, ihn mit euch gemeinsam durchzugehen und am Ende zwei, drei Punkte herauszuarbeiten.
Was ist überhaupt die Frage? Ich denke, die Frage, die hinter dem steht, was Paulus hier schreibt, ist folgende: Nachdem er von unserer Sünde gesprochen hat, nachdem er von der Versöhnung durch Jesus erzählt hat, nachdem er gesagt hat, dass wir uns jetzt der Hoffnung und der Herrlichkeit freuen und uns auch in Trübsalen rühmen, weil diese Ausharren bewirken, das uns eine Bewährung und Hoffnung geben, und nachdem er betont hat, dass wir uns Gottes rühmen können, weil Gott jetzt unser Gott ist und wir zu ihm gehören – nach all dem steht die Frage im Raum:
Kann es denn wirklich sein, dass durch einen Menschen, der gerecht ist oder eine gerechte Tat vollbracht hat, der am Kreuz gestorben ist, also durch etwas, das in wenigen Stunden geschehen ist, Auswirkungen für die ganze Menschheit entstehen? Das erscheint doch unlogisch, oder? Vielleicht, wenn dieser eine Mensch gerecht ist, kommt er selbst in den Himmel. Oder vielleicht hat seine Gerechtigkeit Auswirkungen auf seine unmittelbare Umgebung, sodass andere angesteckt und mitgezogen werden. Aber wie kann die Gerechtigkeit eines einzelnen Menschen Auswirkungen auf alle Menschen haben – auf Menschen in der ganzen Welt und über viele Generationen hinweg?
Paulus sagt dazu in Vers 12: So wie durch einen Menschen die Sünde in die Welt gekommen ist und durch die Sünde der Tod, und der Tod zu allen Menschen durchgedrungen ist, weil alle gesündigt haben, so ist es auch durch einen Menschen mit der Gerechtigkeit.
In Vers 18 heißt es: Nun, wie durch eine Übertretung für alle Menschen die Verdammnis kam, so auch durch eine Gerechtigkeit für alle Menschen die Rechtfertigung zum Leben. Denn so, wie durch den Ungehorsam des einen Menschen viele zu Sündern gemacht wurden, so werden auch durch den Gehorsam des einen viele zu Gerechten gesetzt.
Diese Verse zeigen, dass Paulus genau diese Frage beantwortet: Die Handlung eines einzelnen Menschen – Adams Ungehorsam – hat Folgen für alle Menschen. Ebenso hat der Gehorsam Jesu Christi Auswirkungen auf alle, die an ihn glauben. So wird durch den einen Menschen die Rechtfertigung für viele möglich.
Vergleich von Adams Übertretung und Jesu Gerechtigkeit
Was sagt Paulus? Paulus sagt: Dieses Thema ist nicht neu, oder? Er verweist auf ein Beispiel aus der Geschichte. Es gibt eine Tat eines Menschen, die Auswirkungen auf die ganze Menschheit hatte. Dieses Beispiel kennt ihr alle, sagt Paulus – es ist das Beispiel von Adam. Seine Sünde wirkte sich auf alle Menschen aus.
Warum könnt ihr nicht glauben, dass die Gerechtigkeit eines Menschen ebenfalls Auswirkungen auf alle Menschen haben kann, wenn ihr doch glaubt, dass die Sünde eines Menschen solche Auswirkungen hat? Das ist der erste Punkt, den Paulus machen möchte.
Er begründet hier etwas und führt ein Argument an, das seinen Lesern, vor allem denen mit jüdischem Hintergrund, offensichtlich war: die Auswirkung der Sünde Adams. Für uns ist das ein Punkt, der sehr schwer zu verstehen ist. Das liegt, glaube ich, daran, dass wir in unserer westlichen Gesellschaft sehr individualistisch geprägt sind. Es fällt uns schwer zu begreifen, dass etwas, was einer unserer Vorfahren getan hat, Auswirkungen auf uns haben soll.
Ich bin doch ich! Ich tue Dinge oder tue Dinge nicht, und wenn es einen Gott gibt, stehe ich vor Gott mit dem, was ich getan habe. Wie kann das also sein? Wir glauben ja kaum, dass unsere Familie Einfluss auf uns hat oder dass wir verbindlich zu einem Volk gehören. Wir Deutschen vermutlich am wenigsten von allen Völkern, bedingt durch unsere Geschichte. Aber bei Adam ist das anders.
Für die Juden war das ganz selbstverständlich: Sie waren Juden. Was Abraham getan hat und was Gott Abraham verheißen hatte – das hatten wir in Kapitel 4 – sie glaubten, dass das Auswirkungen auf sie hat. Dass sie zu diesem Volk gehören und an dem Segen teilhaben, den Gott Abraham gegeben und ihm versprochen hat. Sie glaubten, dass sie zur Menschheit gehören und dass das, was Adam getan hat, Auswirkungen auf sie hat.
Das fällt uns sehr schwer zu glauben. Man hat uns versucht zu überzeugen, dass wir ganz allein individuelle und individualistische Wesen sind. Aber wie ihr vielleicht bemerkt habt, als ich gerade vorgelesen habe – das ist jetzt eine Nebenbemerkung –, hatte Paulus selbst Schwierigkeiten, diesen Gedanken auszudrücken. Vielleicht ist euch das aufgefallen.
In Vers 12 heißt es: „Darum, so wie durch einen Menschen die Sünde in die Welt gekommen ist …“ – ja, wo hört der Satz auf? Da müsste doch jetzt ein Vergleich folgen, oder? Aber Paulus muss immer noch etwas dazwischen schieben, um zu erklären, was er eigentlich meint. Irgendwann hat er so viel dazwischen geschoben, dass er sich entschließt, diesen Satz niemals zu beenden, sondern lieber von vorne anzufangen – und zwar in Vers 18.
In Vers 18 beginnt er nämlich noch einmal neu: „Also nun, so wie es durch eine Übertretung gegen alle Menschen zur Verdammnis gereicht …“ Er fasst also zusammen, was er in Vers 12 eigentlich gesagt hat. Nun bringt er den Satz auch zu Ende.
Es ist also nicht nur schwierig zu verstehen, sondern auch schwierig, über solche Themen zu schreiben oder zu reden.
Die Folgen der Übertretung Adams und die Erblichkeit der Sünde
Okay, aber das war eine Nebenbemerkung. So wie durch einen Menschen die Sünde in die Welt gekommen ist und durch die Sünde der Tod, so ist der Tod zu allen Menschen durchgedrungen, weil sie alle gesündigt haben.
Das lassen wir jetzt mal dieses „weil sie alle gesündigt haben“ uns ein bisschen auf, denn es ist ganz schwer zu verstehen. Was meint Paulus hier eigentlich damit?
Also, er stellt verschiedene Dinge fest. Ein Mensch hat gesündigt. Durch ihn ist letzten Endes die Sünde in die Welt gekommen. Und durch die Sünde ist der Tod in die Welt gekommen. Gott hat gesagt: An dem Tag, an dem ihr von diesem Baum esst, werdet ihr sterben. Sie sind jetzt nicht tot umgefallen. Ich glaube auch nicht, dass das Gott meinte. Vielmehr meinte er, dass in dem Augenblick, in dem ihr mein Gebot übertretet – ich habe euch ein konkretes Gebot gegeben – ihr den Tod in euch tragt. Bis sie irgendwann wirklich auch körperlich endgültig gestorben sind, trugen sie den Tod in sich. Ab da waren sie vom Tod geprägt und hatten sozusagen den Tod in sich.
Paulus sagt: Und so ist der Tod zu allen Menschen durchgedrungen. Alle Menschen seit Adam tragen den Tod in sich. In Vers 18 und 19 haben wir gelesen, dass nicht nur der Tod, sondern letzten Endes auch die Verurteilung für Sünde alle Menschen seitdem betrifft. Die Verdammnis ist hier in dieser Übersetzung als „Verdammnis“ übersetzt. Es ist ja nichts anderes als die Verurteilung, das Gerichtsurteil.
Paulus sagt, das ist doch eigentlich etwas Erstaunliches, oder? Dass das, was ein Mensch getan hat, so viel Auswirkung haben kann. Er nimmt seine Zuhörer und auch uns mit vor die Zeit des Gesetzes. Denn die logische Konsequenz in unserem Kopf ist – und noch mehr im Kopf derer, die das damals gelesen haben –, „Na ja, gut, natürlich sterben alle, weil Gott ein Gesetz gegeben hat. Jeder hat es übertreten. Auf die Übertretung des Gesetzes stand das Todesurteil, ist ja ganz klar.“ Was hat es mit Adam zu tun? Adam hatte ein Gebot, danach haben wir das Gesetz. Wir alle hatten Gebote. Adam hat sein Gebot übertreten, wir haben unsere Gebote übertreten. Ich meine, das ist unser ganz persönliches Versagen. Was hat das mit Adam zu tun?
Paulus sagt: Ja, Moment mal, ganz langsam. In Vers 13 heißt es: „Denn bis zu dem Gesetz…“ Er sagt, es gibt ja eine Zeit zwischen Adam und dem Gesetz. Denkt mal über diese Zeit nach. Er sagt, bis zu dem Gesetz war Sünde in der Welt. Die Menschen haben irgendwie gesündigt, sie waren moralisch nicht so, wie Gott sie haben wollte. Ich meine, wir haben gelesen in Kapitel 1, Vers 18, über den Zorn Gottes über alle Gottlosigkeit und Ungerechtigkeit der Menschen. Sie waren gottlos.
Es gab dazwischen zwischen Adam und dem Gesetz eine Sintflut. Und zwischen Adam und dem Gesetz gab es den Turmbau zu Babel und das Gericht, das darauf gefolgt ist. Menschen waren gottlos.
Aber sagt Paulus – und das hat jetzt viel mit Jura zu tun, nicht so oft in diesem Brief – Sünde wird nicht zugerechnet, wenn kein Gesetz da ist. Was meint er damit? Wenn es ein konkretes Gebot gibt, ein konkretes Verbot – du darfst nicht von diesem Baum essen, sonst wirst du sterben – und dann jemand von diesem Baum isst, dann muss er sterben. Er wird jetzt in einem anderen Zusammenhang hingerichtet, damals von Gott nicht hingerichtet, sondern erstmals aus diesem Garten rausgeschmissen.
Aber was ist, wenn jemand etwas Böses tut, gegen das es gar kein Gesetz gibt, auch nicht explizit? Paulus sagt, das ist genau das, was zwischen Adam und dem mosaischen Gesetz passiert ist. Die Leute haben Dinge getan, die schlecht waren, aber es gab eigentlich gar keine konkrete Vorschrift mit einer konkreten Strafandrohung, die damit verbunden war. Also konnte es in diesem Sinne nicht spontan als Übertretung eines Gesetzes zugerechnet werden. Das ist das, was er hier meint.
Wenn kein Gesetz da ist, wird Sünde nicht als Übertretung gerechnet, weil man ja nichts im Sinne eines Gesetzes übertreten hat.
Was passiert dann normalerweise, juristisch betrachtet? In Deutschland wahrscheinlich gar nichts. Denn wo es kein Gesetz gibt, kann man niemanden verurteilen. Das ist aber etwas ganz Spezielles des deutschen Strafrechts. In anderen Ländern ist das schon etwas anders. Schon in Amerika ist das Rechtsverständnis an dieser Stelle sehr viel anders.
Darum haben wir Deutschen auch so viel mehr Gesetze als alle anderen Völker, weil bei uns alles, was da nicht steht als Gesetz, auch nicht gilt.
In Amerika ist das anders. Wenn du jetzt etwas tust, was es noch nie gab oder in dieser ganz genauen Form noch nie gab, setzt sich ein Gericht zusammen und schaut sich das an. Es sagt: Das ist offensichtlich schlecht, das ist gegen die Gesellschaft gerichtet. Das widerspricht ein paar Grundnormen, aber es gibt kein explizites Gesetz mit einer genauen Strafe. Also muss man überlegen, welche Strafe angemessen ist. Dann wird irgendwann ein Urteil gefällt, wie auch immer.
Das Interessante im amerikanischen Recht ist, dass solche Urteile eine gewisse Rechtsverbindlichkeit haben. Viele Urteile, die heute gesprochen werden, basieren nicht auf einem Gesetzestext, sondern auf früheren Urteilen. Alle Urteile, die ein Gericht fällt, werden so zu Recht.
Warum so kompliziert? Paulus sagt, das hätte ich jetzt eigentlich erwartet: Natürlich war Sünde in der Welt zwischen Adam und dem mosaischen Gesetz. Und ich hätte erwartet, dass gar nichts passiert, dass die Menschen irgendwann, wenn sie in den Himmel kommen oder was auch immer, Gott einen Zeitpunkt festsetzt, sich hinsetzt und sagt: So, da müssen wir jetzt mal eine angemessene Strafe finden. Denn dafür braucht man eigentlich einen Richter.
Wenn ich etwas genau tue, für das eine genaue Strafe festgelegt ist, brauche ich eigentlich keinen Richter, außer um festzustellen, ob der schuldig ist oder nicht, aber nicht zur Festlegung der Strafe, wenn alles vorher klitzeklein festgelegt wurde.
Ich hätte erwartet, dass Gott es eine Weile laufen lässt und keiner stirbt – außer Adam, weil er ein konkretes Gebot übertreten hat, auf das die Todesstrafe steht. Irgendwann kommt Gott auf diese Erde und sagt: So, jetzt ist mal genug, und dann überlegt er sich angemessene Strafen.
Paulus sagt aber, was verblüffend ist: Bis zu dem Gesetz war Sünde in der Welt, klar, Sünde wird nicht als Übertretung gerechnet, wenn kein Gesetz da ist. Aber der Tod herrschte von Adam bis auf Moses selbst über die, die nicht gesündigt hatten, in der Gleichheit der Übertretung Adams.
Paulus sagt: Habt ihr jemals darüber nachgedacht? Das ist doch komisch. Warum sind die Leute zwischen Adam und Moses eigentlich gestorben? Die haben doch gar nicht in dem Sinne, wie Adam es getan hat, ein konkretes Gebot Gottes übertreten. Warum kriegen sie die gleiche Strafe wie er? Sie haben doch alle nicht von diesem Baum gegessen, sie kommen ja gar nicht mehr in den Garten Eden. Warum sterben sie denn eigentlich alle?
Offensichtlich haben wir irgendetwas geerbt. Offensichtlich haben diese Menschen etwas von Adam geerbt. Und alle, auch die unter dem Gesetz waren und alle, die heute leben, haben offensichtlich etwas von Adam geerbt. Denn wir alle sind gestorben, obwohl wir nicht genau so gesündigt haben wie Adam. Nicht mit so einer Sünde, für die schon eine Strafe festgelegt war.
Paulus sagt: Denkt mal darüber nach, wenn ihr überlegt, wie kann das, was Jesus getan hat, so Auswirkungen auf alle haben? Warum hatte eigentlich das, was Adam getan hat, so Auswirkungen auf alle?
Das ist natürlich immer so eine Sache, was er da macht. Als Lösung für ein Rätsel gibt man ein neues auf.
Warum war das so? Paulus gibt überhaupt keine Erklärung außer diesem einen kurzen Satz, der ganz interessant ist, am Ende von Vers 12: „Weil sie alle gesündigt haben.“
Was heißt das? Im nächsten Satz sagt er, wir haben nicht gesündigt und übertreten in der Gleichheit von Adam. Was heißt dann „weil alle gesündigt haben“? Weil Adam stellvertretend für alle gesündigt hat? Oder weil auch alle Nachkommen Adams individuell gesündigt haben? Warum kam der Tod zu allen Menschen?
Darüber sind dicke Bücher geschrieben worden. Man nennt es Erbsünde, also theologisch gesehen den Zustand der Sünde, den wir geerbt haben. Dieses Wort gibt es nicht direkt in der Bibel, aber es beschreibt die Sünde und den Zustand, den wir geerbt haben.
Ich wage nicht zu behaupten, dass ich das verstanden habe, und schon gar nicht, dass ich es erklären kann.
Aber hier am Ende haben wir das schon in Vers 19 gelesen: „Denn so wie durch den Ungehorsam des einen Menschen die vielen in die Stellung von Sündern gesetzt worden sind, so werden auch durch den Gehorsam des einen die vielen in die Stellung von Gerechten versetzt.“
Also durch den Ungehorsam von Adam sind viele – übrigens nicht von Eva – in die Stellung von Sündern versetzt worden.
Ich möchte einfach nur versuchen, ein paar Aspekte davon zu sagen, denn ich weiß, dass das nicht so tiefgehend ist, wie der Text es verdient.
Die Repräsentanz Adams und ihre Folgen
Stellt euch vor, der Repräsentant eines Landes erklärt einem anderen Land den Krieg. Zum Beispiel erklärt der Fürst von Liechtenstein Luxemburg den Krieg. Die Folge ist, dass von dem Land, dem der Krieg erklärt wurde, alle Bewohner von Liechtenstein pauschal als Feinde angesehen werden. Denn der Fürst handelt ja stellvertretend für sein Land.
Ich weiß, für uns ist das ein bisschen schwierig zu verstehen. Wir würden sagen: „Egal, was Frau Merkel da tut, ich wandere halt aus.“ Aber das ist ein sehr deutscher Gedanke. Für die meisten Menschen auf dieser Erde und in der Geschichte ist es ganz normal, dass, wenn mein Kanzler, mein Fürst oder mein König jemandem den Krieg erklärt, das auch mein Krieg ist.
Es ist ganz normal, dass die, denen wir den Krieg erklärten, mich jetzt als Feind betrachten. Ich werde identifiziert mit dem Land, zu dem ich gehöre, mit dem Repräsentanten, der für mich spricht. Und genau dieser Gedanke steckt hier drin.
Adam hat Gott den Krieg erklärt. Darum steht hier auch Adam und nicht Eva, obwohl Eva die Erste war, die gesündigt hat. Adam war der Repräsentant der Menschheit. Als er sich entschied, in diese Sünde einzusteigen und Gott den Krieg zu erklären, hat die Menschheit als Ganzes – damals nur repräsentiert durch diesen einen Menschen – Gott den Krieg erklärt.
Wir haben das irgendwie alle geerbt. Wir sind alle auf der falschen Seite der Frontlinie geboren. Das ist ein sehr ernster Punkt.
Was hier, denke ich, auch drinsteckt, ist Folgendes: Alle haben gesündigt. Obwohl es keine Übertretung eines konkreten Gesetzes war, zeigen wir durch unser allgemeines Verhalten, dass Adam nicht zufällig der Repräsentant der Menschheit ist.
Alle seine Nachkommen sind irgendwie ganz anders als er. Sie hätten ihn am liebsten rausgeschmissen. Die hätten selbst ausgewandert. Sie hätten Frau Merkel vielleicht die Staatsbürgerschaft aberkannt, weil sie solchen Unsinn macht.
Beides steckt hier drin in diesem letzten Satz von Vers zwölf: Wir haben gesündigt, weil wir als Menschheit gesündigt haben. Adam hat eine Entscheidung gegen Gott getroffen. Und wir Menschen zeigen durch unser praktisches Verhalten, auch wenn wir kein konkretes Gebot übertreten, dass Adam ein würdiger Repräsentant unserer Rasse ist.
Er ist keine Ausnahme, kein Einzelner, bei dem wir sagen: „Die Mehrheit der Menschheit hätte ganz anders entschieden.“ Wir können uns nicht mit gutem Gewissen davon distanzieren. Gott sagt, Adam ist geprüft worden. Er hat eine Entscheidung getroffen, die nicht nur politisch repräsentativ für euch alle ist, sondern auch für euren Charakter und eure Haltung mir gegenüber.
Ihn als Repräsentanten für euch alle zu nehmen, ist passend. Wenn ihr vor dieser Entscheidung gestanden hättet, hättet ihr wahrscheinlich genauso gehandelt. Und wenn er seine Entscheidung den nachfolgenden Generationen zur Abstimmung vorgelegt hätte, bevor er so gehandelt hat, hättet ihr nicht dagegen gestimmt.
Darum ist es so: Durch einen Menschen ist die Sünde in die Welt gekommen, durch die Sünde der Tod. So ist der Tod zu allen Menschen durchgedrungen, weil alle gesündigt haben. Gott sagt, wir gehören zu dieser Familie, wir haben die Familiengene, und irgendwie passt das.
Trotzdem bleibt bestehen: Die Tat von einem hat letztlich Auswirkungen auf viele Menschen und viele Generationen.
Nochmal Vers 18: „Also nun, wie durch eine Übertretung die Verdammnis über alle Menschen zur Folge hatte, so auch durch eine Gerechtigkeit die Rechtfertigung des Lebens für alle Menschen.“ So wie durch den Ungehorsam des einen Menschen viele in die Stellung von Sündern gesetzt wurden, so werden auch durch den Gehorsam des einen viele in die Stellung von Gerechten gesetzt werden.
Bonnes sagt: Schaut mal, wie damals das, was Adam getan hat, Auswirkungen auf die ganze Menschheit hatte. So gibt es einen Menschen, Jesus Christus, der wirklich gerecht war. Durch seinen Gehorsam hat er viele in die Stellung von Gerechten gesetzt.
Gott hat gesagt: „Ich finde es so gewaltig, wie du gelebt hast. Und vor allem finde ich es so gewaltig, was du am Kreuz getan hast. Du hast dort gelitten und dich umbringen lassen, obwohl du selbst nicht schuld warst. Und das freiwillig.“
Gott sagt weiter: „Ich finde es so gewaltig, dass du jeden, der zu dir kommt, adoptieren darfst und das Haupt der Repräsentanten einer neuen Menschheit werden kannst.“
Wie Adam alle mit in den Tod gezogen hat, so darfst du jeden, der zu dir gehört, zu diesem neuen Volk, zu dieser neuen Menschheit, mitnehmen. Du darfst jedem deine Gerechtigkeit geben und ihn mitnehmen in den Himmel.
Das ist das Gewicht, das das Werk Jesu in den Augen Gottes hat.
Unterschiedliche Wirkungen von Übertretung und Gnade
Bevor wir noch einmal darauf zurückkommen, kurz zu den Versen 15 bis 17: Das ist eigentlich immer noch ein Einschub. Ich habe vorhin beim Lesen ein wenig gestottert, weil man den Anfang von Vers 15 und den Anfang von Vers 16 auf zwei Arten übersetzen kann.
Die eine Möglichkeit ist, wie es hier in meiner Übersetzung gemacht ist. Ich weiß gar nicht genau, wie es in der revidierten Elberfelder ist, wo es als Frage formuliert ist: „Ist nicht aber wie die Übertretung so auch die Gnadengabe?“ Das würde bedeuten: Denkt ihr nicht, dass das irgendwie gleich ist?
Die andere Möglichkeit ist, es nicht als Frage zu übersetzen, sondern als Aussage. Dann heißt es genau das Gegenteil. Und ich glaube, im Zusammenhang hier ist das wahrscheinlicher. Wenn man es nicht als Frage übersetzt, heißt es: Die Übertretung ist nicht so wie die Gnadengabe.
Wir haben gesehen, dass in Vers 12 und auch in Vers 18 bis 19 zwei Dinge gleichgesetzt werden. Aber hier in Vers 15, 16 und 17 wird gesagt, dass es Unterschiede gibt. Es wird deutlich gemacht, dass es einen Unterschied zwischen der Übertretung durch Adam und der Gnadengabe durch Jesus gibt.
Denn wenn durch die Übertretung des einen die vielen gestorben sind, so ist viel mehr die Gnade Gottes und die Gabe in Gnade, die zu den einen Menschen Jesus Christus ist, zu den vielen überströmend geworden. Hier wird ein Gegensatz herausgearbeitet: „viel mehr“. Darum glaube ich auch, dass nicht die Frageformulierung die richtige Übersetzung ist, sondern die Formulierung als Aussage.
Es gibt einen Unterschied in den Auswirkungen der Übertretung und der Gnadengabe, die durch Jesus gekommen ist. Das eine hat alle zum Tod gebracht, aber das andere hat viel mehr bewirkt. Es hat eine viel weitergehende Wirkung; es hat nicht nur einfach das Erste aufgehoben.
Paulus möchte hier sagen: „Wisst ihr, Adam hat gesündigt, und wir alle sind dadurch irgendwie in die Ferne von Gott gekommen. Wir alle müssen sterben, wir alle haben die Verdammnis vor Augen, wir alle mussten ohne Gott in dieser Welt leben. Dann ist Jesus gekommen, wir glauben an ihn, und alles wird rückgängig gemacht. Wir können wieder so eine Beziehung haben wie Adam und Eva, bevor sie gesündigt hatten.“
Nein, sagt Paulus, das ist nicht alles. Diese Gnadengabe, die wir bekommen haben – Johannes formuliert, dass wir ihm gleich sein werden, denn wir werden ihn sehen, wie er ist. Paulus sagt, es ist überströmend, es ist mehr als das, was wir verloren haben durch Adam.
Es ist nicht nur so, dass ein geschichtliches Ereignis mit seinen Auswirkungen rückgängig gemacht wird. Die Gnade und die Gabe, die wir durch diese Gnade bekommen, sind mehr. Diese Gabe bedeutet, wirklich gerecht zu sein in den Augen Gottes, wirklich Kinder Gottes zu sein und uns der Hoffnung und der Herrlichkeit Gottes zu rühmen. Das ist mehr.
Das nehmen wir nachher noch auf. Vers 16 setzt noch einmal ähnlich an. Hier ist es in meiner Übersetzung wieder als rhetorische Frage formuliert: „Ist nicht wie durch einen, der gesündigt hat, so auch die Gabe?“ Das legt nahe, dass es gleich ist.
Aber ich glaube auch, dass man es hier schon so übersetzen muss, dass er sagt: Nein, es ist nicht so, dass so wie durch den einen, der gesündigt hat, so auch die Gabe ist. Denn das Urteil war von einem zur Verdammnis, die Gnadengabe aber von vielen Übertretungen zur Gerechtigkeit.
Was meint er damit? Er sagt: Schau mal, es ist doch gewaltig, wie viel stärker Jesus ist als Adam, wie viel stärker seine Gabe ist als die Übertretung. Er sagt, das ist der Unterschied.
Was ist schwerer: eine Seuche an einer Stelle ausbrechen zu lassen oder, wenn sie sich ausgebreitet hat, sie an Hunderten, Tausenden oder Millionen von Stellen zu heilen? Ich meine, um die Pest ausbrechen zu lassen, muss ich in Deutschland nur aus einem Hochsicherheitslabor ein Röhrchen mit Bakterien holen und es irgendwo in der S-Bahn verstreuen.
Solange die Leute nicht schnell genug raffen, was der Erreger ist und welches Antibiotikum ich geben muss, habe ich in kürzester Zeit den Großteil von Frankfurt mit der Pest angesteckt. Das ist ganz einfach. Ich brauche nur ein Röhrchen.
Aber wie viel schwerer ist es, wenn das erst passiert ist, all diese Menschen zu finden, bevor sie es weiter ausbreiten, und sie zu heilen? Paulus sagt, das ist der Unterschied zwischen der Auswirkung, die Adam auf die Menschheit hatte, und der Auswirkung, die Jesus auf die Menschheit hat.
Denn das Urteil war von einem zur Verdammnis, es ging von einem aus. Die Gnadengabe aber führt von vielen Übertretungen zur Gerechtigkeit, von vielen Übertretungen, die viele Menschen begangen hatten, zur Gerechtigkeit.
Jesus musste nicht nur den einen Adam heilen, nachdem er gesündigt hatte. Sein Sterben hat in den Augen Gottes einen viel, viel höheren Wert. Hier steckt immer wieder dieses „viel mehr“ drin.
Denn wenn durch die Übertretung des einen der Tod geherrscht hat, so werden viel mehr die, welche die Überfülle der Gnade und der Gabe der Gerechtigkeit empfangen, im Leben herrschen durch den einen Jesus Christus (Römer 5,15-17).
Die Herrschaft des Todes und die Freiheit durch Christus
Und jetzt wird es spannend. Nach all dieser Theorie wissen wir etwas Praktisches. Paulus sagt: Der Tod ist nicht nur zu allen Menschen gekommen. Jetzt setzt er noch einen drauf und sagt, der Tod hat geherrscht. Was heißt das?
Er bringt es in Verbindung damit, dass wir durch den einen Jesus Christus im Leben herrschen. Moment, eben ging es noch um juristische Dinge, und jetzt geht es darum, was eigentlich das Leben bestimmt. Hier beginnt Paulus bereits Gedanken anzudeuten, die er dann in Römer 6 bis 8 ausführlich darlegt.
Er sagt, der Tod ist nicht nur zu allen Menschen gekommen, sondern der Tod hat über das Leben der Menschen regiert. Natürlich hat er in dem Sinne regiert, dass niemand ihm entkommen kann. Keiner kann den Zeitpunkt seines Todes bestimmen oder hinauszögern. Niemand, so sagt das Alte Testament, kann seinem Leben eine Elle zusetzen – und damit ist sowohl die Körpergröße als auch die Lebenslänge gemeint.
In diesem Sinne müssen wir alle vor dem Tod kapitulieren. Der Tod erweist sich als stärker als wir. Das ist natürlich eine Form von Herrschaft. Aber hier steckt noch mehr dahinter. Paulus sagt: Der Tod herrscht über euch. An einer Stelle erwähnt er, dass die Menschen durch Todesfurcht das ganze Leben hindurch der Knechtschaft unterworfen waren.
Ist es nicht so, dass vieles, was wir tun und was uns wichtig ist, im Angesicht des Todes geschieht? Im Angesicht des Verfalls? Wie viel tun die Menschen, um Gesundheit zu bewahren? Wie viel tun sie, um Krankheit und Alter möglichst lange aufzuhalten, um möglichst lange gesund und fit zu bleiben? Wie viel tun sie, um, wenn sie das Alter schon nicht aufhalten können, es möglichst lange zu verdrängen?
Eine riesige Kosmetikindustrie lebt davon, dass wir das Altern möglichst wegschieben wollen. Wir cremen jedes Fältchen weg. Eine Pharmaindustrie lebt davon, dass wir nicht alt und krank werden wollen. Eine Kosmetikindustrie lebt davon, dass wir nicht alt und krank aussehen wollen, wenn wir in den Spiegel schauen – schon gar nicht.
Viele andere Industrien leben davon, dass wir sagen: Wir haben nur so ein kurzes Leben, der Tod wartet, und ich möchte möglichst viel von diesem Leben haben und genießen. Je nachdem, was das für jeden Einzelnen bedeutet, kann das ganz verschieden sein.
Paulus sagt: In all diesen Dingen – wie die Menschen nach Vergnügen, nach Reichtum, nach Befriedigung suchen, wie sie nach Gesundheit und Schönheit streben – merkt man letzten Endes nur eins: Der Tod herrscht. Sein Aufbäumen dient nur dazu, ein paar Jahre zu genießen, bevor das Alter und der Tod kommen.
Und jetzt? Paulus sagt: Denn wenn durch die Übertretung des Einen der Tod durch den Einen geherrscht hat, so werden vielmehr die, welche die reiche Fülle der Gnade und der Gabe der Gerechtigkeit empfangen, im Leben herrschen durch den einen Jesus Christus.
Wenn ihr diese Gabe der Gnade empfangen habt und die Gabe, wirklich gerecht vor Gott zu sein – also keine Angst mehr vor dem Gericht Gottes haben müsst – dann muss der Tod nicht mehr in eurem Leben herrschen, sondern ihr herrscht. Ihr bestimmt.
Wir kommen gleich darauf zurück, Paulus geht auch später noch darauf ein. Aber was heißt das letzten Endes? Wir sind nicht mehr Getriebene von der Angst vor dem Tod und vor der Ewigkeit. Wir haben die Gerechtigkeit geschenkt bekommen. Wir rühmen uns der Hoffnung der Herrlichkeit Gottes und freuen uns auf eine Ewigkeit.
Was heißt das, wenn wir wirklich an eine Ewigkeit glauben und uns darauf freuen? Vielleicht haben wir noch Angst vor Leiden und Sterben, aber nicht mehr vor dem Tod an sich. Was bedeutet das?
Es heißt, dass ich nicht mehr den Zwang habe, dieses Leben genießen zu müssen und mir in diesem Leben alles zu besorgen, was ich genießen kann. Ich kann arm leben, weil ich die Aussicht habe, im weitaus größten Teil meiner Existenz reich zu sein.
Ich habe nicht den Zwang, die wenigen Jahre bis zu meinem Sterben zu genießen. Ich kann alt werden und ich kann hässlich werden. Wenn wir die Freiheit haben, all das zu werden – wenn wir die innere Freiheit haben, arm zu sein, alt auszusehen, alt und krank zu werden – dann wissen wir, dass wir eine Gerechtigkeit geschenkt bekommen haben, die uns Hoffnung auf ewiges Leben gibt.
Dann sagt Paulus: Wir können in diesem Leben herrschen. Wir haben die Freiheit, die Dinge zu tun, die wirklich gut sind, weil wir von der Angst vor dem Tod nicht mehr gefesselt sind. Wir haben die Freiheit zu entscheiden, was gut zu tun ist, und können es tun, ohne Angst zu haben, in den wenigen Jahren, die uns bleiben, etwas zu verpassen.
Jemand hat einmal gesagt: Dann haben wir die Freiheit zu sterben. Wir haben nicht den Zwang, uns an diesem Leben festzuhalten. Christen, die Märtyrer geworden sind, haben entschieden, dass sie herrschen können. Sie konnten sagen: Das ist das Beste für mich. Ich muss mich nicht an diesem Leben festhalten, ich tue es selbst, auch wenn es mein Leben kosten könnte.
Das ist absolute Freiheit. Freiheit vor der Herrschaft des Todes, die die Sünde über uns gebracht hat. Wenn wir die Gabe der Gnade und der Gerechtigkeit wirklich verstanden haben, wenn wir wissen, was es bedeutet, dann rühmen wir uns der Hoffnung der Herrlichkeit Gottes.
Wenn wir wirklich verstanden haben, was Ewigkeit ist, dann gibt uns das eine ultimative Freiheit in diesem Leben.
Zusammenfassung und Ausblick
Nochmal Vers 18 und 19:
Also nun, wie es durch eine Übertretung gegen alle Menschen zur Verdammnis reicht, so ist es auch durch eine Gerechtigkeit gegen alle Menschen zur Rechtfertigung des Lebens. Durch Jesus, wenn wir an ihn glauben und zu ihm kommen, sind wir auf die richtige Seite der Frontlinie gekommen.
Gott nimmt diese gerechte Tat Jesu am Kreuz so ernst, dass viele, viele dadurch gerecht gesprochen werden, zu ihm gehören und mit ihm, sozusagen als eine neue Menschheit, als das Haupt einer neuen Menschheit, letzten Endes in seinen Himmel kommen.
Denn so wird durch den Ungehorsam des einen Menschen die vielen in die Stellung von Sündern gesetzt; so auch durch den Gehorsam des einen werden die vielen in die Stellung von Gerechten gesetzt.
Und jetzt, was ist mit dem Gesetz, was ist mit Mose? Das Gesetz aber kam eigentlich, ja, es war eigentlich ein Nebenschauplatz. Es kam daneben ein, steht in meiner Übersetzung, damit die Übertretung überströmend würde.
Wo aber die Sünde überströmend geworden ist, ist die Gnade noch überreichlicher geworden.
Gott hat gesagt: Das Gesetz hat nicht den Riesenunterschied gemacht. Auch vor dem Gesetz sind die Menschen gestorben, auch vor dem Gesetz haben sie Verdammnis in sich gehabt, weil diese Veranlagung zum Sündigen einfach da war. Sie haben damit angefangen, sobald sie dafür vom Alter her fähig waren.
Wozu dann noch das Gesetz? Damit es deutlicher wird, damit es Regeln gibt, bei denen sie wirklich merken: Wir übertreten sie. Damit irgendwie die Übertretung größer wird. Und letzten Endes wird auch das Empfinden für Gnade größer, wenn man Vergebung bekommt.
Das Gesetz kam daneben ein, nicht um die Menschen gerechter zu machen, auch nicht um überhaupt erst eine Verurteilung hervorzurufen, sondern das Gesetz kam daneben ein, damit die Übertretung überströmend würde.
Wo über die Sünde überströmt worden ist, ist die Gnade noch überreichlicher geworden, damit, wie die Sünde geherrscht hat im Tod – merkt ihr was? Nicht nur der Tod hat geherrscht an sich und hat so viele unserer Handlungen bestimmt, sondern die Sünde hat geherrscht.
Und das ist etwas, was Paulus sehr ausführlich in Kapitel 7 und 8 besprechen wird: Diese Sklaverei der Sünde, dass wir einfach spüren, wir kommen nicht aus dem Sündigen heraus.
Vieles hat mit dieser Todesangst zu tun, dass wir überhaupt anfangen zu sündigen. Aber dass Sünde herrscht, hat viel damit zu tun, dass Sünde uns von Gott trennt.
Und wenn wir erst mal damit angefangen haben, gebiert Sünde Sünder. Das ist wie im Leben: Wenn ich irgendwas Heimliches gemacht habe als Kind und dann kommen meine Eltern fast darauf, muss ich anfangen zu lügen, damit sie es nicht herauskriegen.
Sünde gebiert Sünde. Und die Trennung von Gott nimmt uns jede Kraft, Sünde zu widerstehen.
Die Sünde hat geherrscht, nicht nur der Tod. Es ist nicht nur neutral, was wir getan haben angesichts des Todes, sondern Sünde hat unser Leben bestimmt.
Damit wir: Die Sünde hat geherrscht im Tod, so auch die Gnade herrsche durch Gerechtigkeit zu ewigem Leben durch Jesus Christus, unseren Herrn.
Immer haben wir gelesen: Wir herrschen im Leben, weil wir diese Todesangst nicht mehr haben. Aber jetzt sagt Paulus: Wisst ihr, in Wirklichkeit herrscht ihr, weil ihr einen Herrn habt.
Ihr herrscht nicht autark, sondern ihr könnt euer Leben gestalten, weil ihr euch einem Herrn unterworfen habt, der euch die Richtung dazu gibt, der euch die Kraft dazu gibt, der euch die Perspektive dazu gibt, euer Leben gut zu gestalten durch Jesus Christus, unseren Herrn.
Unabhängig von ihm leben wir, unabhängig von ihm gestalten wir unser Leben, weil die Gnade regiert.
Habt ihr was gemerkt? Ich finde es so interessant. Vorher sagt Paulus, die Sünde regiert in unserem Leben. Was wäre die logische Konsequenz, nachdem wir uns bekehrt haben? Unsere Gerechtigkeit regiert in unserem Leben.
Es gibt einen großen Unterschied zwischen der Familie Adams und der Familie Jesu. Bei der Familie Adams können wir sagen: Irgendwie blöd, Adam hat gesündigt, wir haben es alle abgekriegt, aber letzten Endes kann ich es verstehen, wir sind ja nicht besser.
Aber bei Jesus? Jesus war gerecht und wir haben es abgekriegt. Ich kann es ja verstehen, wir sind ja nicht schlechter. Nein, nein, da gibt es einen großen Unterschied.
Eigentlich ist es schwieriger zu verstehen, weil wir schlechter sind und nicht unsere Gerechtigkeit regiert – die haben wir geschenkt bekommen – sondern Gnade regiert.
Und wir werden das sehen in Römer 8,1-11, irgendwann mal sonntags, dass es das ist, was unser Leben letzten Endes revolutioniert und verändert.
Wenn wir damit kämpfen, dass wir immer noch nicht besser sind und dass wir es immer noch nicht geschafft haben, so wie Gott es möchte, zu leben, und dass wir den Eindruck haben, dass Sünde uns immer weiter nach unten zieht – und immer wieder –, dann ist das, was unser Leben wirklich verändert, dass die Gnade regiert.
Dass, wo wir einmal gesündigt haben, uns das nicht von Gott trennt. Und darum: Ja, so getrennt von Gott ist es noch schwerer, etwas Gutes zu tun, dann sündigen wir wieder, weil wir so weit von Gott weg sind.
Sondern wenn die Gnade regiert, dann heißt es: Wir sündigen, ja, das tun wir nach wie vor ab und zu. Aber weil die Gnade regiert, wird dadurch nicht wirklich die Beziehung zu Gott zerbrochen. Oder wenn, dann nur ganz kurz, bis wir zu ihm zurückkommen.
Und das revolutioniert unser Leben. Das gibt uns Kraft, auf Dauer anders zu leben.
Okay, das ist Römer 5.
Ich hoffe, dass wir trotz des schwierigen Textes miteinander ein bisschen verstanden haben, was es heißt, dass wir irgendwie eine Stellung versetzt worden sind, wo nicht mehr die Sünde in unserem Leben regiert, sondern die Gnade.
Wo nicht mehr der Tod regiert und alles bestimmt, sondern wo wir frei sein können von all diesen Moden und Trends und all dem, was irgendwie eigentlich nur der Angst vor dem Tod geschuldet ist.
Und ein Leben führen können, wirklich in Freiheit und der Freiheit der Abhängigkeit von Gott.
Und dass wir irgendwie verstehen, was diese eine gerechte Tat Jesu – natürlich sein gerechtes Leben – bedeutet, was dahinter steckt.
Aber die eine gerechte Tat Jesu am Kreuz, was er in den Augen Gottes für einen Wert haben muss, wenn er sagt: Wenn alle das annehmen, die ganze Menschheit, dann kann die ganze Menschheit dadurch gerettet werden.
Er hat die Entscheidung Adams sehr ernst genommen. Sie hat Auswirkungen auf die ganze Menschheit.
Aber er hat die Tat Jesu und seine Entscheidung, freiwillig an dieses Kreuz zu gehen, mindestens genauso ernst genommen.
Es hat mindestens so viel Gewicht, eigentlich noch viel mehr Gewicht – mehrmals ist das Wort „viel mehr“ in diesem Text gelesen – in den Augen Gottes.
Vergessen wir das nicht: Wir können bei Gott sein, weil das, was Jesus getan hat, Gott so – was für ein schwacher Ausdruck – begeistert hat.
Weil es für Gott so gewichtig war, dass er gesagt hat: Jeden, den du mitnehmen willst, jeden, der das, was du für ihn getan hast, annimmt, den kannst du mitnehmen in den Himmel.
Dem kannst du jetzt schon Gerechtigkeit geben, dem kannst du jetzt Gnade geben.
Es ist gut, dass wir uns ab und zu Zeit nehmen, an das zu denken, was dort am Kreuz geschehen ist, weil Gott jeden Tag daran denkt.