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Das verlorene Schaf

Lukas 15,1-7

Einleitung

Jesus befindet sich auf seiner letzten Reise hinauf nach Jerusalem. Auf diesem Weg begegnen ihm viele Menschen. Besonders erwähnt werden die beiden Gruppen im Volk Israel, die zwei Extreme darstellen. Auf der einen Seite die Zöllner und Sünder. Menschen, die sich so weit von den Gesetzen Gottes entfernten, dass es für sie nach menschlichem Ermessen keine Hoffnung mehr gab, von Gott angenommen zu werden. Auf der anderen Seite die Pharisäer und Schriftgelehrten. Sie, die geistliche Elite unter den Juden. Menschen, die sich sehr anstrengten das Gesetz zu halten und über das Gesetz zu wachen. Nun finden diese beiden Personengruppen wieder bei Jesus zusammen, um auf Jesus zu hören. Die Pharisäer und Schriftgelehrten ärgerten sich aber über Jesus. Sie murrten und sprachen zueinander: Dieser nimmt die Sünder an und isst mit ihnen. In ihren Augen und von Ihrer Überzeugung eine Ungeheuerlichkeit. Jesus nimmt ihre Haltung wahr und erzählt ihnen nun drei Gleichnisse:
Vom verlorenen Schaf
Vom verlorenen Groschen
Vom verlorenen Sohn Diese drei Gleichnisse zeigen in wunderbarer Weise, wie wichtig Gott die verlorenen Menschen sind und was er alles bereit ist, für sie zu unternehmen. Wir werden uns mit diesen Gleichnissen die nächsten Sonntage genauer Beschäftigen. Heute betrachten wir das Gleichniss vom verlorenen Schaf. Text lesen: Lk.15,1-7

I. Nacherzählung / Anschauung

Jesus stellt an seine Zuhörer eine Frage: Welcher Mensch ist unter euch, der hundert Schafe hat und, wenn er eins von ihnen verliert, nicht die neunundneuzig in der Wüste lässt und geht dem verlorenen nach, bis er’s findet? 4. Jeder Mensch würde das machen. Er würde keinesfalls einfach dastehen und sagen: Schade, dass mir das Schaf weggelaufen ist, nun habe ich eines weniger. Nein, er wird seine Herde zurücklassen und wird sich darum kümmern, das verlorene entlaufene Schaf zu suchen. Und wenn er’s gefunden hat, so legt er sich’s auf die Schultern voller Freude. Lk.15,5. Wenn er mit diesem Schaf auf den Schultern nach Hause kommt, wird er seine Freunde und Nachbarn rufen und wird ihnen voller Freude sagen: Freut euch mit mir; denn ich habe mein Schaf gefunden, das verloren war. 6b. Eine Erzählung die jedem Zuhörer vor Augen steht. Die viele schon selbst miterlebt hatten.

Deutung

Jesus wendet nun diese Geschichte auf die aktuelle Situation an und sagt: Ich sage euch: So wird auch Freude im Himmel sein über einen Sünder, der Busse tut, mehr als über neunundneunzig Gerechte, die der Busse nicht bedürfen. Lk.15,7. Also, über diese Zöllner und Sünder, die ihre Gesinnung ändern, wird mehr Freude sein, als über Euch Pharisäer und Schriftgelehrte, die ihr meint ihr bedürfet keiner Gesinnungsänderung.

II. Was wir lernen können

Der Hirte verlässt seine Herde

Der Hirte verlässt seine Herde. Er lässt die braven Schafe zurück und sucht das Schaf das verloren gegangen ist. Die Lockrufe nützten nichts. Das Schaf kann sie offenbar nicht hören. Wenn er sein Schaf finden will, dann muss er sich auf den Weg machen und das Schaf suchen. Genau so hat sich Jesus verhalten. Zur Empörung der Schriftgelehrten ass Jesus mit den Zöllnern und Sünder - eine Ungeheuerlichkeit. Nie würden sie mit einem Zöllner oder Sünder essen. So ist eine Überlieferung der Juden bekannt wo es heisst: Strack / Billerbeck, II, 208:
Der Mensch geselle sich nicht zu einem Gottlosen, selbst nicht, um ihn der Tora zu nähern (dem Torastudium zuzuführen). Mit anderen Worten: Jeder Kontakt mit einem Sünder ist zu vermeiden. Jesus aber pflegte mit Zöllner und Sünder Gemeinschaft, so lesen wir: Und Levi richtete ihm ein grosses Mahl zu in seinem Haus, und viele Zöllner und andre sassen mit ihm zu Tisch. / Und die Pharisäer und ihre Schriftgelehrten murrten und sprachen zu seinen Jüngern: Warum esst und trinkt ihr mit den Zöllnern und Sündern? Lk.5,29-30. Nur schon dieser Sachverhalt zeigte den Pharisäern, dass Jesus nicht der Messias sein kann. Wie kann der Messias mit solchen Menschen Kontakt pflegen. Dieses Problem zeigt seine Spuren bis in die neu entstehende Gemeinde. In der Apostelgeschichte lesen wir: Und als Petrus hinaufkam nach Jerusalem, stritten die gläubig gewordenen Juden mit ihm / und sprachen: Du bist zu Männern gegangen, die nicht Juden sind, und hast mit ihnen gegessen! Apg.11,2-3. Wir sehen wie stark dieses Verhalten das religiöse Empfinden sogar der Christen prägte. Entgegen all diesen Vorbehalten macht Jesus deutlich. Ich als Hirte suche die verlorenen Schafe. Damit ich diese Schafe aber finde, muss ich dorthin gehen, wo sie sind. Ich kann mich nur um das verlorene Schaf kümmer, wenn ich zu ihm hin gehe.

Anwendung

Bei der Herde stehenzubleiben nützt nichts, denn das Schaf wird seinen Weg ohne Hilfe nicht mehr zurückfinden. Bei unseren Einsätzen am See stellten wir fest, wie weit die Menschen vom Evangelium und vom christlichen Gedankengut entfernt sind. Wie werden wir diese Menschen erreichen können? Wie werden wir sie finden, damit wir ihnen das Evangelium so sagen können, dass sie die Botschaft verstehen? Wie bereit sind wir unser Gehege zu verlassen, um das Verlorene zu suchen? Oder sind wir der Überzeugung, dass Gott die Menschen zu uns führt, die er retten will und wenn sie nicht kommen und auf unsere Predigt nicht reagieren, so waren sie eben nicht von Gott vorbereitet. Dieser Grundüberzeugung bin ich eigentlich auch. Wenn aber diese Überzeugung dazu führt, dass wir in einer gewissen Selbstzufriedenheit unsere evangelistischen Veranstaltung durchführen und wenn wir die Menschen nicht erreichen einfach darüber stöhnen, wie ablehnend doch alle Menschen sind, dann bin ich nicht mehr einverstanden. Oder anders gesagt, dann meine ich, dass man eine biblische Wahrheit falsch anwendet. Mit anderen Worten: Wieviel liegt eingentlich an uns? Ich befürchte, dass wir ein ähnliches Problem haben wie die Pharisäer. Wir verwechseln Form und Inhalt. Die Pharisäer stiessen sich daran, dass Jesus die Formen und Normen ihrer Welt gebrochen hatte, und mit den Zöllnern und Sündern Tischgemeinschaft pflegte. Sie störten sich aber keineswegs daran, dass die Zöllner und Sünder verloren gehen. Ihre Formen und ihre Normen verbauten ihnen den Weg zu den Herzen dieser Menschen. Wieweit sind wir bereit den Menschen entgegenzukommen? Wie bereit sind wir aus diesem Grund uns lieb gewordenes zu hinterfragen, ob es denn wirklich so wichtig ist? Der Hirte geht dorthin, wo das Schaf sich befindet. Er isst mit den Zöllnern und Sündern. Also er begibt sich in eine ihnen bekannte und vertraute Atmosphäre. Jesus geht also dorthin, wo es diesen Menschen wohl ist. In eine Atmosphäre, wo sie sich sicher fühlen.

Genauso müssen wir heute Menschen erreichen. Wir müssen ihnen in einem Rahmen begegnen oder ihnen einen Rahmen schaffen, in dem sie sich sicher fühlen. Eine Atmosphäre, die ihnen freundlich erscheint, in der sie sich wohlfühlen. Das gibt den Menschen Sicherheit und weckt das Vertrauen. Es macht sie frei darauf zu achten, was man ihnen mitteilen möchte. Aha, werden jetzt vielleicht einige denken, man will die Menschen einlullen und ihnen ein verwässertes Evangelium verkündigen. Man will das Evangelium von dem Anstoss, den es erregen kann, befreien. Nein, das heisst es nicht. Aber alles was unnötig Anstoss herrvorruft soll vermieden werden. Alles was den Menschen ablenken könnte soll man vermeiden. Man muss alles tun, dass die Menschen sich auf den Inhalt konzentrieren können und nicht durch die Form abgelenkt werden. Alles soll dazu dienen, dass sie in ihren Gedanken überführt werden und nicht, dass sie emotional übers Ohr gehauen werden. Menschen müssen das Evangelium verstehen können und sich dann entschliessen, ob sie dem Ruf Gottes folgen wollen Die Alternative darf nicht sein „Bekehrung“ oder „nie mehr wiederkommen“. Die Menschen sollen unruhig werden, aber nicht weil wir an ihnen vorbeireden und an ihnen vorbeihandeln. Nicht weil wir zu wenig fleiss und arbeit aufwenden ihnen einen freundlichen und fairen Rhamen zu bieten. Wenn sie unruhig werden, so sollen sie allein wegen dem Evangelium unruhig werden. Echte Gottesfurcht soll ihnen wachsen und nicht Abscheu über unsere Art der Darbietung. Ich spreche hier immer noch von den verlorenen Menschen, die der Gemeinde weit entfernt sind und der Kirche entfremdet. Evtl. Paulus in Athen... (Apg.17,16-34)

Der Hirte trägt das Schaf zurück

Als der Hirte das Schaf gefunden hattte, so nahm er es auf seine Schultern und trug es zurück. Das Schaf musste nicht einmal selber laufen. Jesus trägt nun dieses Schaf zu den anderen zurück. Das möchte er mit jedem von uns tun, denn Jesus als Hirte ist der, der unser Leben trägt.

Evangelisation

Gott möchte heilen, so sagte er schon zu seinem Volk Israel: Ich will das Verlorene wieder suchen und das Verirrte zurückbringen und das Verwundete verbinden und das Schwache stärken und, was fett und stark ist, behüten; ich will sie weiden, wie es recht ist. Hes.34,16. Und Petrus sagt den Gläubigen: Denn ihr wart wie die irrenden Schafe; aber ihr seid nun bekehrt zu dem Hirten und Bischof eurer Seelen. 1.Petr.2,25. Kennen Sie Jesus als Ihren Hirten und Bischof ihrer Seele? Haben Sie sich von ihm auf seine Schultern nehmen lassen? Änderten Sie ihre Gesinnung, so wie die Zöllner und Sünder? Jesus kommt zu Ihnen:
Egal, wo Sie persönlich stehen.
Egal, wie weit Sie von Gott entfernt sind.
Egal, wie tief Sie in der Sünde stecken. Jesus kommt zu Ihnen und wenn Sie Ihre Gesinnung ändern, wie das die Zöllner und Sünder taten, dann wird Jesus sie zurücktragen. Er wird Ihnen helfen, Ihr Leben neu zu gestalten. Neues Leben wird er Ihnen schenken, damit sich auch die Engel im Himmel über Sie freuen werden. Aber noch viel wichtiger ist, dass sie nicht verloren gehen, sondern in den Himmel kommen. Dafür hat Jesus wirklich alles getan, um ihnen ganz nahe zu kommen, damit er Sie retten kann. So lesen wir im Johannesevangelium: Ich bin der gute Hirte. Der gute Hirte lässt sein Leben für die Schafe. Joh.10,11. Soweit ist er Ihnen entgegengekommen, dass er an Ihrer Stelle die Strafe auf sich genommen hat. Lassen Sie sich doch von diesem guten Hirten helfen!

Schluss

Gott geht dem Verlorenen nach. Er sucht es dort auf, wo es ist. Er macht nichts anderes als wir alle in der Erziehung der Kinder. Wir achten doch darauf, dass die Aufgaben die wir den Kindern geben von ihnen auch bewältigt werden kann. Wir versuchen die Welt der Kinder zu verstehen, damit wir ihnen helfen können. Selbst in der Ausbildung setzt man dort an, wo der Auszubidende steht, damit er nicht den Anschluss verliert. Gott kommt dem Verlorenen entgegen. Er holt es dort ab, wo es ist. Es liegt ihm am Herzen. Seine Liebe ist unaussprechlich gross, so dass er kein Hinderniss scheut, um dem Verlorenen zu begegnen. Die Normen und Formen der Pharisäer und Schriftgelehrt können ihn nicht bremsen. Jesus sagt als mit den Zöllnern und Sündern Tischgemeinschaft hatte und sich die Pharisäer daran stiessen: Als das Jesus hörte, sprach er: Die Starken bedürfen des Arztes nicht, sondern die Kranken. / Geht aber hin und lernt, was das heisst (Hosea 6,6): „Ich habe Wohlgefallen an Barmherzigkeit und nicht am Opfer.“ Ich bin gekommen, die Sünder zu rufen und nicht die Gerechten. Mt.9,12-13. Begreifen wir, was Jesus tat und was er von uns erwartet, die wir seine Jünger sind? Sind wir bereit, ernsthaft im Gebet zu fragen, wie wir als Gemeinde die verlorenen Menschen dort abholen können wo sie sich befinden? Oder sind wir von der Angst geprägt, wir könnten einen Fehler machen, so bleiben wir lieber bei dem, was wir kennen, was uns vertraut ist. Nur nicht das vertraute Gehege verlassen. Gott möge uns die Gnade schenken, dass wir die Wege einschlagen, die ihm wohlgefallen. Amen