
Ich möchte auch herzliche Grüße von meiner Frau mitbringen und bestimmt auch von Maja, wenn sie schon sprechen könnte. Es geht, wie Henrik schon gesagt hat, beiden gut.
Bevor wir starten, möchte ich nur ein, zwei Dinge sagen. Vielleicht fragt sich der eine oder andere – oder ich wurde auch schon von dem einen oder anderen gefragt – warum ausgerechnet ich hier vorne stehe, sechs Tage nach der Geburt meiner Tochter. Bevor euch das die ganze Predigt über ablenkt und ihr euch fragt, ob mich meine Brüder im Stich gelassen haben, sodass ich jetzt trotzdem hier vorne stehen muss, oder ob ich meine Familie im Stich gelassen habe, darf ich euch beruhigen.
Es gibt ein oder zwei Antworten auf diese Frage. Asie Sproul hat mal im Spaß gesagt: Das Geheimnis dahinter, fünf Predigten zu halten, ist nicht, dass man fünf Predigten jeweils einmal hält, sondern dass man einfach fünf Stück jeweils tausendmal hält. Dementsprechend ist das auch heute so.
Der Text, der auf den heutigen Sonntag gefallen ist, ist ein Text, den wir uns schon einmal zusammen angeschaut haben. Das war am 2. Advent 2021, also wird er für euch komplett neu sein.
Zweitens hatten wir das Privileg, in der ersten Woche ein Familienzimmer im Krankenhaus zu haben. Das heißt, ich war die ganze Zeit dort und konnte mich sowohl um meine Frau als auch um Maja kümmern.
Es hatte auch etwas Besonderes: Nicht nur so ein kleines – und das ist nicht abwertend gemeint – so ein kleines Ding in den Händen zu halten, das völlig hilfsbedürftig ist, und gleichzeitig über einen Text nachzudenken, der davon spricht, dass Gott selbst so ein kleines, hilfsbedürftiges Baby wurde, sich erniedrigte und in die Hände von Eltern gegeben wurde, die er selbst geschaffen hat. Und...
Der Predigttext für den heutigen Sonntag steht in Philipper 2. Wir setzen direkt dort an, wo Jona letzte Woche aufgehört hat. Ihr könnt schon mal Philipper 2,5-11 aufschlagen.
Falls euch die Übersetzung, aus der ich jetzt vorlese, etwas fremd vorkommt: Es handelt sich um die Übersetzung der Esra-Bibel. Diese Übersetzung wird gerade von Benedikt Peters erstellt. Ihr könnt sie auch schon online nachlesen. Es gibt zudem einige fertige Bücher, die ihr beim EBTC kaufen könnt.
Ihr werdet merken, dass an der einen oder anderen Stelle in dieser Übersetzung etwas deutlicher wird, was bei anderen Übersetzungen vielleicht nicht ganz so stark zum Ausdruck kommt. Deshalb habe ich bewusst diese Version gewählt.
Wir möchten gemeinsam ab Vers 1 lesen, Philipper 2,1, um den Zusammenhang noch einmal zu sehen. Unser Text baut direkt auf die ersten vier Verse auf. Paulus schreibt dort:
„Wenn es also so ist, dass es Ermunterung gibt in Christus, wenn Zuspruch der Liebe, wenn Gemeinschaft des Geistes, wenn inniges Mitgefühl und Erbarmung gibt, dann macht meine Freude damit voll, dass ihr auf das Gleiche achtet, indem ihr dieselbe Liebe habt, in einer Seele verbunden seid und auf dasselbe aus seid. Tut nichts aus Eigennutz oder leerer Ruhmsucht, sondern in der Demut achtet einer den anderen höher als sich selbst. Jeder schaue nicht auf das Seine, sondern auch auf das, was dem anderen dient.“
Unter euch sei diese Gesinnung, die auch in Jesus, dem Gesalbten – das ist die Übersetzung von Christus, dem Gesalbten – war. Er, obwohl in der Gestalt Gottes seiend, hielt es nicht für einen Raub, Gott gleich zu sein, sondern entäußerte sich selbst, indem er die Gestalt eines Knechtes annahm, den Menschen gleich geworden, und in der äußeren Erscheinung wie ein Mensch erfunden wurde. Er erniedrigte sich selbst, indem er gehorsam wurde bis zum Tod, ja bis zum Tod am Kreuz.
Darum erhöhte Gott ihn auch über alles und gab ihm den Namen, der über jeden Namen ist, damit im Namen Jesus sich beuge jedes Knie, der himmlischen, der irdischen und der unterirdischen, und jede Zunge bekenne, dass Jesus der Gesalbte Herr ist, zur Verherrlichung Gottes, des Vaters.
Es ist ein unfassbarer Text, den wir heute vor uns haben. Er nimmt uns mit in die Ewigkeit und zeigt uns, wie du dich selbst erniedrigt hast, zu einem Menschen und einem Sklaven wurdest und den Tod am Kreuz gestorben bist. Gleichzeitig zeigt er, wie der Vater dich erhöht hat und du über allen Dingen stehst.
Vater, ich bitte dich, dass du uns Weisheit gibst im Auslegen, dass du uns offene Herzen schenkst, dass dein Wort in uns eintrinke. Lass uns diesen Charakter, den wir heute sehen – diesen wunderschönen Charakter, den du hast – nicht nur erkennen, sondern auch lieben lernen. Verändere uns durch diesen Charakter. Amen!
Nun, der Eintritt in das ewige Leben erfolgt nur durch die Tür der Demut. Jesus beginnt seine Bergpredigt mit den Worten: Selig sind die geistlich Armen – nicht die geistig Armen, nicht die Dummen, sondern die geistlich Armen –, denn ihrer ist das Reich der Himmel.
In das ewige Leben kann nur derjenige eintreten, der seine Schuld vor Gott demütig anerkennt, wie wir es vorhin gehört haben, vom Mann am Kreuz neben Jesus. Nur der, der demütig bekennt, dass er ein Sünder vor Gott ist, dass er einen Retter braucht und bedürftig ist nach der Gnade Gottes, kann eintreten.
Aber nicht nur der Eingang führt durch die Tür der Demut, auch der Lebensweg ist ein Weg der Demut. Der Weg bis zur endgültigen Erfüllung und Rettung, der Weg bis zur Sichtbarmachung unseres ewigen Lebens, das wir jetzt schon in uns haben, ist ein Weg der Demut. Genau dazu rufen wir die Menschen auf: dass sie von ihrem hohen Ross der Selbstgerechtigkeit herabsteigen und demütig zu ihrem Schöpfer umkehren.
Seht ihr, wir feiern keinen Pride-Monat, wir feiern keinen Monat, in dem wir den Stolz und den Hochmut des Menschen feiern. Nein, wir feiern den, der sich selbst zu nichts gemacht hat, und wir feiern den, der uns vorgelebt hat, was Vers 4 uns sagt: „Jeder achte nicht auf das Seine, sondern auf das des Anderen.“ Wir feiern den, der uns vorgelebt hat, was er selbst gesagt hat: „Der Größte unter euch soll euer Diener sein.“ Wer sich selbst aber groß macht, wird von Gott klein gemacht werden, und wer sich selbst erniedrigt, den wird Gott erhöhen.
Und genau das passiert in unserem Text heute: Jesus erniedrigt sich und wird vom Vater erhöht. Unser Text zerfällt eigentlich wie von selbst in diese beiden Abschnitte: Verse 5 bis 8 zeigen uns seine Erniedrigung, und Verse 9 bis 11 zeigen uns seine Erhöhung. Das ist auch das Thema: die Erniedrigung und Erhöhung Jesu.
Wenn wir den Zusammenhang anschauen, wird deutlich: Das ist der Schlüssel für Einheit in der Gemeinde. Der Schlüssel für Einheit ist diese Gesinnung, dieses Denken – Jesus, der sich zu nichts gemacht hat. Damit wird eine Sache deutlich: Einheit ist nicht durch Vielfalt möglich. Wir haben letzte Woche von Jona gehört, dass es eher das Gegenteil ist.
Echter Friede in der Gemeinde ist nicht dadurch möglich, dass wir sagen, jede Lehre, egal was du denkst, ist okay. Wir tolerieren einfach jede Lehre, dann haben wir Einheit, dann haben wir Frieden. Einheit ist nicht dadurch möglich, dass wir jede Meinung einfach so tolerieren. Das klingt theoretisch vielversprechend, oder? Friede durch Toleranz, Einheit durch Vielfalt.
Aber Paulus schreibt in Vers 2 nicht: „Erfüllt meine Freude, indem ihr jedes Denken und jede Einstellung einfach alles toleriert.“ Nein, er schreibt: „Indem ihr gleichgesinnt seid.“ Und was heißt das? Sie sollen dasselbe denken, sie sollen dieselbe Einstellung haben. Es spricht von der inneren Ausrichtung, und die soll gleich sein, und zwar dieselbe Gesinnung – dieselben Merkmale, wie sie Jesus Christus selbst hatte.
Eine innere Haltung, die dem natürlichen Menschen, diesem sündigen Menschen, völlig entgegengesetzt ist. Der Mensch pocht jederzeit auf sein Recht und weiß ganz genau, was andere ihm schuldig sind. Und wehe, jemand gibt mir nicht die Anerkennung, den Respekt oder die Wertschätzung, die ich meines Erachtens verdient habe! Dann bekommt er es vielleicht mit meinem Zorn zu tun, oder er bekommt eine kalte Schulter, ich ignoriere ihn, oder ich rede schlecht über ihn vor anderen Menschen, weil er mir nicht das gegeben hat, was mir meiner Meinung nach zusteht.
Und genau in eine solche von Selbstzucht beherrschte Welt kommt Jesus. Er demütigt sich, verlässt die Herrlichkeit beim Vater und ordnet sich dem Willen des Vaters unter. Er wird sogar Diener dieser selbstsüchtigen Menschen.
Also sehen wir diese beiden Abschnitte: die Erniedrigung Jesu und die Erhöhung. Und wir werden jetzt nicht erschrecken: Die Erniedrigung Jesu werden wir in acht Schritten anschauen. Also acht Schritte der Erniedrigung, und dann schauen wir uns kurz vier Punkte der Erhöhung an. Keine Angst, nur weil es in Summe zwölf Punkte sind, ist es nicht viermal so lang wie eine Drei-Punkte-Predigt.
Vers 6 ist der Ausgangspunkt, den Paulus zuerst deutlich machen will: Der, obwohl in Gestalt Gottes seiende. Die Übersetzung „Gestalt“ ist ein bisschen irreführend, denn wenn wir an eine Gestalt denken, dann denken wir vielleicht an Nebel, und da kommt jemand auf uns zu, und wir sehen nur seine Umrisse oder den Schatten. Wir können vielleicht erahnen, ob er zwei Meter oder nur einsfünfzig groß ist, aber mehr auch nicht.
Das ist, was wir unter Gestalt verstehen. Aber das ist nicht, was Paulus sagen möchte. Er will nicht sagen, Jesus habe eine ähnliche Form wie Gott. Wenn man nicht genau hinschaut, dann gleicht er Gott. Nein, das ist nicht, was Paulus meint. Das Wort „Gestalt“, das hier verwendet wird, spricht vom Wesen, vom Charakter, von den Eigenschaften.
Es heißt hier nicht, dass Jesus die äußerliche Gestalt, das Aussehen von Gott hatte. Er spricht vom Wesen Gottes. Er hat seine Eigenschaften, seinen Charakter. Christus war also nicht nur äußerlich wie Gott, sondern er ist Gott dem Vater in jeder Hinsicht gleich. Sie haben das gleiche Wesen.
Dieser Jesus heißt es im Hebräerbrief 1: Er ist die Ausstrahlung der Herrlichkeit des Vaters und der Ausdruck seines Wesens und trägt alle Dinge durch das Wort seiner Kraft.
Achte darauf, dass hier steht „in der Gestalt Gottes seiend“. Und ja, das ist ein Wort, das wir nicht im normalen Sprachgebrauch verwenden, aber es macht eine Sache deutlich: Hier wird nicht in der Vergangenheit geschrieben, hier wird nicht geschrieben, er war mal Gott und hat das alles hinter sich gelassen und ist jetzt Mensch. Nein, „Gott gleich seiend“ ist ein dauerhafter Zustand.
Auch die zweite Formulierung, die Paulus verwendet, dass er Gott gleich sei, spricht von einer dauerhaften Existenz als Gott. Dieses Gleichsein heißt wörtlich etwas, das gleich ist – entweder in Anzahl, in Größe, in Qualität, in Eigenschaften. Mit anderen Worten: absolut identisch.
Paulus spricht hier von völliger Gleichheit, von völliger Übereinstimmung. Er ist vollkommen Gott. Jesus spricht zu Philippus: „So lange Zeit bin ich bei euch, und du hast mich nicht erkannt, Philippus? Wer mich gesehen hat, hat den Vater gesehen.“ Also hier wird keine Vergangenheit beschrieben, er war mal so, es ist ein anhaltender Zustand.
Jesus war Gott, er ist Gott und wird immer Gott, vollkommener Gott, sein. Jesus existiert seit ewigen Zeiten als vollständig und ganz und gar Gott. Jesus sprach zu ihnen in Johannes 8: „Wahrlich, wahrlich, ich sage euch: Ehe Abraham war, bin ich.“ Und Jesus spielt damit explizit auf den persönlichen Namen Gottes an: „Ich bin.“ Ehe Abraham war, bin ich.
Jesaja 9, Vers 5 verheißt uns Jesus als Retter, und dann wird ihm ein Name gegeben: „Denn ein Kind ist uns geboren, ein Sohn ist uns gegeben, und die Herrschaft ruht auf seiner Schulter; und man nennt seinen Namen: Wunder-Rat, Gott-Held, Ewig-Vater, Friedefürst.“ Wörtlich heißt es: Vater der Ewigkeiten. Aus ihm, aus Jesus, gehen die Ewigkeiten hervor.
Ähnlich lesen wir das in Micha 5: „Und du, Bethlehem Ephrata, die du klein bist unter den Tausenden in Juda, aus dir soll mir hervorgehen, der in Israel Herr sei, dessen Ausgang von Anfang und von Ewigkeit her gewesen ist.“ Er ist von den Tagen der Ewigkeit her gewesen.
Es hat nie einen Zeitpunkt gegeben, an dem er nicht existierte als vollständig und ganz und gar Gott. In Bethlehem ist er aus dieser Ewigkeit herausgetreten in Zeit und Materie und wurde Mensch.
Alle diese Verse und auch das, was Paulus hier schreibt, machen eines deutlich: Jesus existiert seit ewigen Zeiten als vollständig, ganz und gar vollkommener Gott, und es ändert sich nichts daran. Dieses gottgleiche Sein ändert sich auch nicht mit seiner Menschwerdung. Er lässt nicht die Gottheit hinter sich, aber er demütigt sich, er erniedrigt sich selbst.
Und wir sehen in diesem Text acht Schritte seiner Erniedrigung. Das erste, was wir sehen, ist nicht, dass er das Gottgleichsein nicht wie eine Beute ansagt. Das ist der erste Schritt.
Jesus und der Vater sind vollkommen gleich, aber er hält nicht daran fest. Diese Formulierung, die ihr hier seht, „wie eine Beute festklammern“, kann zum einen bedeuten, dass man etwas mit Gewalt festhält, dass man es auf gar keinen Fall loslässt, dass man sich daran festklammert.
Jesus besitzt alle Rechte und Privilegien Gottes, er ist ewiger Gott und kann das niemals verlieren, aber er klammert sich nicht daran fest. Das ist der erste Schritt seiner Erniedrigung: Er hält nicht mit Gewalt daran fest.
Jesus lehnt es ab, sich selbstsüchtig an diese bevorzugte Position als Gott zu klammern, um in diese Welt zu kommen.
Dieses Wort für Raub kann aber auch bedeuten, dass man seine Stellung ausnutzt, dass man eine Stellung hat und diese ausnutzt. Nun, er hat seine Macht, er hat seine Autorität, aber er hat sie niemals zu seinem persönlichen Vorteil genutzt.
Er sagt zum Beispiel zu Petrus in Matthäus 26: „Meinst du, ich könnte meinen Vater nicht bitten, und er würde mir sogleich mehr als zwölf Legionen Engel zur Seite stellen?“ Eine römische Legion bestand aus drei- bis sechstausend Mann, nur als Vergleich.
Jesus hätte die Macht gehabt, sich jederzeit eine Armee von Engeln zu holen, die ihn aus dieser Gefangenschaft befreien würde. Aber er tut es nicht. Der Zusammenhang macht deutlich, warum: weil er sich vollkommen dem Willen des Vaters unterordnet.
Jesus hat niemals seine Autorität und Macht als Gott für egoistische Ziele ausgenutzt. Er hat sich nicht an seine Privilegien, seine Stellung als Gott, festgeklammert, sondern er entäußerte sich selbst.
Vers 7: Er entäußerte sich selbst – wörtlich heißt es, er entleerte sich.
Von diesem griechischen Wort, für die Klugscheißer unter uns: Dieses Entleeren, das Wort, das hier verwendet wird, nennt man Kenosis. Das ist die Lehre der Menschwerdung Jesu.
Nun, von was hat sich Jesus entleert? Entleert er sich seiner Gottheit oder entleert er sich eines Teils seiner Gottheit? Was genau bedeutet das?
Dazu müssen wir die ganze Bibel anschauen und nicht nur diese Stelle und irgendetwas hineininterpretieren.
Von was hat er zurückgelassen, von was hat er sich entäußert?
Zum einen sehen wir in Johannes 17, dass er sich seiner Herrlichkeit entäußert hat. Dort heißt es: „Und nun verherrliche du mich, Vater, bei dir selbst, mit der Herrlichkeit, die ich bei dir hatte, ehe die Welt war.“ Also er spricht von einer Herrlichkeit, die er bei dem Vater hatte, die er jetzt offensichtlich nicht hat.
Er verlässt die Herrlichkeit beim Vater, setzt sich der Verleugnung, dem Unglauben, der falschen Anschuldigung und Verfolgung von sündigen Menschen aus. Seine Herrlichkeit war die ganze Zeit verborgen.
Das heißt nicht, dass er sie nicht mehr hatte. Er lässt sie ab und zu aufblitzen. Johannes fängt das Evangelium an mit: „Wir haben seine Herrlichkeit gesehen.“ Oder ihr erinnert euch an die Stelle, wo er auf dem Berg ist und die Jünger seine Herrlichkeit sehen. Aber sie ist den Großteil seines Lebens verborgen.
Stattdessen lesen wir in Jesaja 53 über ihn: „Wie ein kümmerlicher Spross wuchs er vor ihm auf, wie ein Trieb aus dürrem Boden. Er war weder stattlich noch schön, er war unansehnlich und gefiel uns nicht, er wurde verachtet und alle mieden ihn. Er war voller Schmerz, mit Leiden vertraut, wie einer, dessen Anblick man nicht mehr erträgt. Er wurde verworfen, und auch wir verachteten ihn.“
Jesus entäußert sich seiner Herrlichkeit, seiner Autorität, seiner unabhängigen göttlichen Autorität. Er unterordnet sich komplett dem Willen des Vaters.
Er sagt an einer Stelle zum Beispiel: „Ich kann nichts von mir selbst tun, wie ich höre, so richte ich, und mein Gericht ist gerecht, denn ich suche nicht meinen Willen, sondern den Willen des Vaters, der mich gesandt hat.“
Ihr kennt die Stelle in Gethsemane, wo er betet: „Nicht wie ich will, sondern wie du willst.“
Er entäußert sich seiner himmlischen Reichtümer. In 2. Korinther 8, Vers 9 lesen wir, dass er, obwohl er reich war, um eurer Willen arm wurde, damit ihr durch seine Armut reich würdet.
Wir sehen auch, dass er sich kurzzeitig seiner tiefen Beziehung zum Vater entäußert. Er ruft: „Eli, Eli, Lama Sabachthani? Mein Gott, mein Gott, warum hast du mich verlassen?“
Aber Jesus hat sich niemals seiner Gottheit entleert. Er war, er ist und er wird immer vollkommen Gott sein. Er hat es aber abgelehnt, seine göttlichen Vorrechte, seine Privilegien in Anspruch zu nehmen. Er hat es abgelehnt, seine göttliche Macht auszunutzen und seine göttlichen Eigenschaften auszuleben.
Trotzdem sehen wir es immer wieder aufblitzen. Nur ein Beispiel: In Johannes 1 kommt Nathanael zu Jesus, und Jesus sagt ihm: „Ich habe dich unter diesem Feigenbaum gesehen.“ Jesus war nicht dort, und trotzdem hat er ihn gesehen, weil er niemals seine Allgegenwart aufgegeben hat.
Er hat sie quasi nach hinten gestellt und konnte in diesem Körper eigentlich nur an einer Stelle sein, und trotzdem sehen wir immer wieder seinen göttlichen Charakter.
Was macht das alles deutlich? Es zeigt die Gesinnung Jesu, seine Einstellung, die Art und Weise, wie er denkt. Es zeigt die Demut Gottes. Es zeigt seinen Charakter.
Wie kann man den Charakter eines Menschen richtig sehen? Wenn ihr an eure Nachbarn oder Arbeitskollegen denkt, dann seht ihr sie und denkt: „Ja, okay, die sind manchmal schwierig, aber an und für sich komme ich ganz gut mit ihnen klar.“
Und dann sagt die Bibel: Sie sind aber komplett verdorben, in ihnen wohnt nichts Gutes, da ist keiner, der Gutes tut, auch nicht einer. Wir fragen uns: Das passt irgendwie nicht zusammen.
Wie kommt der wahre Charakter eines Menschen zum Vorschein? Indem wir ihm Macht und Privilegien geben. Macht und die Freiheit, diese auszuüben, ohne dass er jemals die Konsequenzen seines Handelns ertragen muss.
Gib einem Menschen unabhängige Macht, Macht, die er ausüben kann, wo und wann er will, ohne dass er dafür irgendjemandem Rechenschaft ablegen muss, und dann wird sein wahrer Charakter zum Vorschein kommen.
Deshalb sehen wir keinen einzigen wohltätigen, barmherzigen Diktator auf dieser Welt. Aber das ist es, was in uns steckt: in diesen Menschen, die Millionen von anderen töten und in Arbeitslager stecken.
Wir müssen nicht in die deutsche Geschichte zurückschauen. Wir können einfach nach Nordkorea oder in andere Länder schauen, wo einzelne Menschen oder ganze Gruppen ihre Macht ausüben und andere quälen. Da sehen wir, was in den Menschen steckt.
Je mehr Macht ein Mensch hat, je weniger er anderen Rechenschaft ablegen muss für sein Verhalten, desto mehr kommt sein verdorbener Charakter zum Vorschein.
Solange Menschen einem anderen Rechenschaft ablegen müssen über ihr Verhalten, wird ihr Inneres zurückgehalten. Wir haben Barrieren, wie Gesetze, die wir haben, gute Erziehung, die wir genießen – das sind Barrieren, die das Böse in uns zurückhalten. Oder einfach der soziale Umgang: die Freunde, die wir haben, wo wir nicht mehr so gut dastehen würden, wenn das ganze Böse aus uns herauskommen würde.
Dann wären die Freunde nicht mehr lange unsere Freunde.
Solange diese Barrieren da sind und wir Konsequenzen für das Böse erleben, das wir tun, bleibt der böse Charakter verborgen. Aber es heißt nicht, dass wir ihn nicht haben.
Je mehr Macht ein Mensch erhält, desto mehr kommt sein Charakter zum Vorschein.
Man sagt, Macht verdirbt den Charakter oder Geld verdirbt den Charakter. Ich kann euch sagen: Weder das eine noch das andere stimmt. Weder Macht noch Geld verderben den Charakter, aber sie zeigen, was tatsächlich in uns steckt.
Macht zeigt den wahren Charakter. Ein Mensch, der viel Macht hat und keiner Rechenschaft schuldig ist, bringt über das, was er tut, bereits zuvor in seinem Herzen hervor.
Deshalb haben wir eine Gewaltenteilung. Die unterschiedlichen Gewalten prüfen sich gegenseitig, weil wir wissen, was passiert, wenn ein Mensch unbeschränkte Macht hat.
Wir wissen, was im Menschen steckt, wir wissen, was seinen Charakter zum Vorschein bringt.
Gott braucht keine Gewaltenteilung. Wir sehen, dass sein Charakter rein und schön ist.
So kommt bei dem allmächtigen Gott, der niemandem Rechenschaft schuldig ist, sein reiner und schöner Charakter zum Vorschein.
Obwohl er alle Macht hat, entäußert er sich selbst und nimmt die Gestalt eines Knechtes an.
Und „Gestalt“ ist wieder genau dasselbe Wort wie in Vers 6. Er war in der Gestalt Gottes oder er ist in der Gestalt Gottes.
Jesus hat das Wesen Gottes, er hat die Privilegien Gottes, er hat die Vorrechte Gottes, aber er klammert sich nicht an ihnen fest, sondern nimmt das Wesen, die Vorrechte und die Privilegien eines Knechtes an, wörtlich „Doulos“, eines Sklaven.
Jesus zieht nicht nur äußerlich das Kleid eines Sklaven an, nein, er wurde im wahrsten Sinne des Wortes zu einem Sklaven.
Welche Privilegien und Vorrechte hat ein Sklave? Gar keine. Ein Sklave besitzt nichts, selbst die Kleidung, die er trägt, gehört seinem Herrn, und alles, was er besitzt, selbst sein eigenes Leben, ist im Besitz des Herrn. Er ist Besitz seines Herrn.
Jesus besaß gar nichts, das sehen wir durch sein ganzes Leben. Er musste Boote ausleihen, um auf die andere Seite des Sees zu kommen. Er war die ganze Zeit Gast in anderen Häusern, oft zum Beispiel bei der Schwiegermutter von Petrus.
Er musste einen Esel ausleihen, um nach Jerusalem zu ziehen. Er musste einen Raum leihen, um das Abendmahl zu feiern. Und selbst sein Grab war geliehen – für drei Tage, aber ein geliehenes Grab.
Der, der alles erschafft, beansprucht nichts als seinen Besitz. Der Herr der Herren wird zum Sklaven derer, die unter die Sünde versklavt sind.
Er selbst sagt: „Der Sohn des Menschen ist nicht gekommen, um sich dienen zu lassen, sondern um zu dienen.“ Und das ist sein größter Dienst: sein Leben als Lösegeld für viele zu geben.
Schritt vier: Den Menschen gleich geworden.
„Gleich“ ist hier ein anderes Wort als „Gestalt“. Es spricht von Ähnlichkeit, nicht von absoluter Gleichheit.
Er ist vollkommen gleich mit Gott dem Vater, aber nicht vollkommen gleich mit einem sündhaften Menschen.
Er hatte nicht die Verdorbenheit des Menschen in sich, die Sündennatur, also die Unfähigkeit, nicht zu sündigen. Diese hatte er nicht.
Aber sonst wurde er genau wie alle anderen Menschen, mit allen Eigenschaften der Menschen, ein echter Mensch unter Menschen.
Er war so offensichtlich wie andere Menschen, dass nicht einmal seine Familie und seine Jünger von seiner Gottheit wussten, wenn Gott es ihnen nicht offenbart hätte.
Er war offensichtlich ein normaler Mensch, ohne Sünde, aber ein normaler Mensch.
Der Schöpfer selbst wird geschaffen, er wird seinen Geschöpfen gleich.
Der, der deine Beine gemacht hat, muss laufen lernen. Der, der das Wort ist, der sprach und es wurde ein ganzes Universum, muss reden lernen.
Der Schöpfer muss den Befehlen und Regeln sterblicher Eltern gehorchen.
Seht ihr, er ist der Schöpfer seiner eigenen Mutter, und dennoch hat er das Gebot „Du sollst deinen Vater und deine Mutter ehren“ vollkommen erfüllt.
Wir lesen wenig über seine Kindheit, aber ich gehe davon aus, dass er ganz normal Windeln getragen hat wie seine Geschwister.
Er hat als Kind genau wie jedes andere Kind die Aufmerksamkeit und Fürsorge seiner Eltern gebraucht.
Der ewige Gott hat die Fürsorge sterblicher Menschen notwendig.
In gewisser Hinsicht wuchs und entwickelte er sich wie jedes andere Kind. In Lukas 2 lesen wir: „Er nahm zu an Weisheit und Alter und Gnade, als er wuchs.“ Er wurde mehr und mehr weise.
Er hatte Schwächen wie jeder andere Mensch. Er wurde hungrig, durstig, litt Schmerzen, wurde müde und schwach. Er brauchte Schlaf, teilweise so sehr, dass selbst ein Sturm ihn nicht wecken konnte.
Er war von Anfang an von Sündern umgeben.
Stell dir das mal vor: als einziges sündloses Kind unter lauter streitsüchtigen Geschwistern, die um jede Kleinigkeit streiten.
In seinem ganzen Leben geht es so weiter.
Er muss sich die ganze Zeit mit dem Kleinglauben der Jünger herumschlagen, dass sie so begriffsstutzig sind.
Er muss die Volksmenge ertragen, die immer wieder zu ihm kommt, die ihn nicht in Ruhe lässt, die teilweise einfach nur aus Schaulust kommen und die Wunder sehen wollen, andere, um einfach nur geheilt zu werden, die wenigsten, um wirklich Interesse an ihm und dem, was er sagt, zu haben.
Sie jubeln ihm zu, sie wollen ihn zum König haben, aber auch nur, weil er großartige Wunder tut und weil er sie mit Essen versorgen kann.
Er muss sich die ganze Zeit mit Pharisäern und Schriftgelehrten herumschlagen, starkköpfige, hartherzige Männer.
Und dann gibt es noch die armseligsten Menschen in dieser Zeit, den Abschaum der Gesellschaft, mit dem er immer wieder barmherzig umgeht: Zöllner, Huren, die ihn ganz besonders nötig hatten.
Keinen einzigen dieser Menschen hat Jesus jemals herablassend oder arrogant behandelt.
Er, der Schöpfer des Universums, begegnet ihnen demütig, sanftmütig und mitfühlend.
Und wir nehmen uns heraus, einen anderen von oben herab zu behandeln, weil wir mal etwas besser wissen oder vielleicht irgendetwas besser können.
Er ist allwissend, er ist allmächtig, und trotzdem achtet er die anderen höher als sich selbst.
Er kam von oben herab, aber er hat niemals jemanden von oben herab behandelt.
Er begegnete den Jüngern mit Geduld, der Volksmenge mit Mitgefühl.
Wir sehen, wie armselig unser Stolz und Hochmut im Vergleich zu dieser Demut Jesu ist.
Der allmächtige, souveräne Gott offenbart seinen Charakter in diesen Versen. Er zeigt seine Gesinnung, das, was ihn antreibt.
Und noch ein Schritt der Demütigung: Er wird als Mensch wahrgenommen, oder es heißt hier: in seiner äußeren Erscheinung wie ein Mensch erfunden.
Das spricht wirklich von dem Äußeren.
Paulus meint nicht einfach nur, dass er Mensch wurde, sondern dass ihn alle einfach nur als einen normalen Menschen wahrnahmen.
Wie demütigend ist das für den Schöpfer des Universums, dass er als normaler Mensch wahrgenommen wird, dass keiner ihm den Dank und die Ehrerbietung gibt, die ihm als Schöpfer des Universums eigentlich zustehen.
Er wird als ganz normaler Mensch wahrgenommen. Manche sehen ihn vielleicht als verrückt, andere als besonderen Menschen, aber sie sehen ihn als einfachen Menschen.
Er war die ganze Zeit bereit zu dienen, während wir vielleicht beleidigt, zickig oder eingeschnappt sind, wenn jemand uns nicht ausreichend wertschätzt, wenn jemand unsere Arbeit oder Anstrengung nicht sieht oder kleinredet.
Das Sechste, was wir sehen: Er erniedrigt sich selbst. Das heißt, er demütigt sich, er unterordnet sich in erster Linie dem Willen des Vaters.
Aber nicht nur das: In gewisser Hinsicht ordnet sich der Schöpfer seinen Geschöpfen unter.
Er erniedrigt sich selbst, das heißt, er nahm sich selbst zurück, nicht nur gegenüber dem Vater, sondern auch gegenüber den Menschen.
Er, der mit einem einzigen Wort ganze Galaxien ins Leben ruft, lernt von seinem menschlichen Vater, wie man einen Stuhl und einen Tisch baut.
Der Herr aller Herren wäscht wie ein Sklave seinen Freunden die Füße.
Es ist, als würde Paulus den Philippern zurufen: „Er hat sich selbst erniedrigt – vergiss das niemals! Vergiss das niemals, auch wenn nur der geringste Impuls in dir aufkommt, dich selbst zu behaupten, selbstsüchtig zu sein und das Band der Gemeinschaft, der Gemeinde zu zerreißen.“
Er wurde verspottet, zu Unrecht beschuldigt, hat sich aber nie verteidigt.
Er war nie verbittert, nie fordernd, nie anklagend.
Er lehnte es ab, seine Rechte als Gott einzufordern, und ging sogar so weit, seine Rechte als Mensch nicht einzufordern – sein Recht auf ein gerechtes Urteil zum Beispiel.
Und er geht noch einen Schritt weiter: Er wird gehorsam bis zum Tod.
Wenn wir die ganze Demütigung Jesu anschauen, würde man erwarten, dass er irgendwann an dem Punkt sagt: „Okay, das reicht, jetzt reicht es.“
Aber er unterwirft sich dem Willen des Vaters. Er wurde gehorsam bis zum Tod, weil das der Wille des Vaters war.
Es war der Wille Jesu, den Willen des Vaters vollkommen zu erfüllen, und deswegen war er bereit, sich zu demütigen.
Er war bereit, am Kreuz zu sterben, weil er den Willen des Vaters erfüllen wollte.
Das ist der siebte Schritt: Das Kreuz ist tot.
Er stirbt nicht auf irgendeine Art und Weise, er wird nicht einfach erschossen oder bekommt eine Giftspritze.
Diese Kreuzigung ist wahrscheinlich die grausamste, schmerzhafteste und schändlichste Form der Hinrichtung, die sich je ein Mensch ausgedacht hat.
Sie war in erster Linie Sklaven, den niedrigsten Verbrechern und Staatsfeinden Roms vorbehalten, und ein römischer Bürger durfte niemals gekreuzigt werden.
Ein englischer Autor beschreibt die Kreuzigung so: „Ein Tod durch Kreuzigung scheint alles zu beinhalten, was Schmerz und Tod an Schrecklichem und Grauenhaftem haben können: Schwinde, Krämpfe, Durst, Hunger, Schlaflosigkeit, Fieber, Scham, Öffentlichkeit der Schande, lange anhaltende Qualen – alles verstärkt bis zu dem Punkt, an dem es überhaupt ertragen werden kann, aber alles kurz vor dem Punkt, der dem Leidenden die Erleichterung der Bewusstlosigkeit verschaffen würde.“
Die unnatürliche Haltung machte jede Bewegung schmerzhaft, die zerfetzten Venen und zerquetschten Sehnen pochten mit unaufhörlicher Qual.
Jesus war bereit, all das für dich zu erleiden, weil er dem Willen des Vaters gehorsam sein wollte und weil er vollkommen demütig war.
Genau deswegen, und damit kommen wir zum zweiten Punkt, den wir nur kurz überfliegen: Genau deswegen wird, weil er sich selbst erniedrigt und gedemütigt hat, der Vater ihn auf den höchstmöglichen Stand erhöht.
Ich möchte nur kurz auf vier Punkte eingehen, die wir in diesem zweiten Teil sehen: den Grund seiner Erhöhung, den Namen seiner Erhöhung, das Ergebnis seiner Erhöhung und das Ziel seiner Erhöhung.
Ich werde die Punkte hier vorne noch einmal sehen.
Der erste Punkt ist der Grund, und der ist offensichtlich. Unser Text, unser zweiter Abschnitt, beginnt mit einem „Darum“ – also: Weil er sich gedemütigt hat, erhöht ihn Gott.
Achtet nicht nur auf dieses „Darum“, sondern auch darauf, wer in diesem Abschnitt aktiv ist. Wer ist hier aktiv? Es ist nicht Jesus.
Es ist nicht Jesus, der sich selbst erniedrigt und sich selbst erhöht hat.
Nein, Jesus war nur im ersten Teil aktiv, und im zweiten Teil ist es Gott, der Vater, der ihn erhöht.
Er ist aktiv in seiner Erniedrigung, aber passiv in seiner Erhöhung.
Der Vater erhöht ihn auf die höchstmögliche Position, weil er sich selbst gedemütigt hat. Das ist der Grund seiner Erhöhung.
Das Zweite, was wir sehen, ist der Name seiner Erhöhung.
Wir lesen hier: „Ihm ist ein Name gegeben, der über allen Namen ist, damit im Namen Jesu sich beuge jedes Knie der himmlischen und irdischen und unterirdischen, und jede Zunge bekenne, dass Jesus der Gesalbte Herr ist, zur Verherrlichung Gottes des Vaters.“
Nun ist die Frage: Was für ein Name ist damit gemeint?
Der eine oder andere würde sagen: „Ja, natürlich Jesus.“
Aber schau mal im Text, was da steht.
Da heißt es: „Damit in dem Namen Jesu.“ Also in dem, den dieser Jesus erhält.
Wenn Jesus der Name wäre, müsste hier stehen „damit in dem Namen Jesus“, aber es heißt „in dem Namen Jesu“, also den, den er erhält.
Es ist der Name gemeint, den der Vater Jesus gegeben hat als Teil seiner Erhöhung.
Jesus war der Name, den er erhalten hat als Teil seiner Erniedrigung, um deutlich zu machen, dass Gott der alleinige Retter ist.
Aber was ist das dann für ein Name?
Schaut im Text weiter: „Damit im Namen Jesu, den er vom Vater erhält, sich beuge jedes Knie der himmlischen“ – damit sind die heiligen Engel und gestorbene Gläubige gemeint –, „und irdischen“ – lebende Menschen, egal ob sie gerettet sind oder nicht –, „und unterirdischen“ – gefallene Engel, Satan, gestorbene Ungläubige.
Alle werden gemeinsam bekennen, dass Jesus Herr ist.
Herr ist der Name, den er erhalten hat.
Herr ist der Titel für die höchste Majestät, die höchste Autorität, der Titel für den, dem alle Ehre gebührt, dem souveränen Herrscher über alle Dinge.
In Offenbarung 19 heißt es über ihn: „Und er trägt auf seinem Gewand und auf seiner Hüfte einen Namen geschrieben: König der Könige und Herr der Herren.“
Herr macht deutlich, dass er über allen Dingen steht, ihm gehört alles, er hat die höchste Autorität, und er kann tun und lassen, was er möchte.
Psalm 135 sagt: „Alles, was dem Herrn wohlgefällt, das tut er im Himmel und auf Erden, in den Meeren und in allen Tiefen.“
In der griechischen Übersetzung des Alten Testaments wird hier genau dasselbe Wort wie in Philipper verwendet.
Dort wird gebetet: „Dein, o Herr, ist die Majestät und die Gewalt und die Herrlichkeit und der Glanz und der Ruhm, denn alles, was im Himmel und auf Erden ist, das ist dein. Dein, o Herr, ist das Reich, und du bist als Haupt über alles erhaben.“
Nun, eines Tages – und das ist der dritte Punkt der Erhöhung Jesu, das Ergebnis seiner Erhöhung – werden alle Menschen bekennen, was David hier bekannt hat in seinem Gebet.
Egal, in welche Gruppe du gehörst: Ob du dein Leben lang gegen ihn rebelliert hast, ihn vielleicht sogar lächerlich gemacht hast, oder dein Leben hier und jetzt schon ihm übergeben hast, egal, ob du stirbst, bevor er wiederkommt, oder seine Ankunft hier auf der Erde miterlebst.
Du kannst ihm nirgendwo entfliehen, egal ob tot oder lebendig, ob gerettet oder weiter an deinen Sünden lebend.
Am Ende wirst du anerkennen müssen, dass er über allen Dingen steht.
Letztendlich wird sich nicht nur jeder Mensch, jedes Geschöpf, einschließlich aller Engel – egal ob heilig oder gefallen –, alle Geschöpfe werden sich entweder freiwillig oder gezwungenermaßen Jesus als Herrn unterwerfen.
Die Frage ist: Auf welcher Seite stehst du? Auf welcher Seite wirst du knien?
Wirst du freiwillig aus Ehrerbietung diesem herrlichen Gott und deinem Retter gegenüber deine Knie vor ihm beugen, aus Dank und Ehrerbietung, weil er ein großer Gott und Retter ist? Oder wirst du zähneknirschend bekennen müssen: Er ist Herr, er ist Herr über alle Dinge?
Auf welcher Seite kniest du?
All das hat einen einzigen Sinn und Zweck: Die ganze Erniedrigung Jesu, seine Menschwerdung, sein grausamer Tod am Kreuz haben ein Endziel.
Das ist der vierte Punkt, das Ziel seiner Erhöhung, das wir ganz am Ende sehen: zur Verherrlichung Gottes des Vaters.
Jesus erniedrigt sich, er kommt auf die Erde mit dem einen Ziel, Gott den Vater zu verherrlichen.
Er sagt selbst in Johannes 17: „Ich habe dich verherrlicht auf Erden, ich habe das Werk vollendet, das du mir gegeben hast, damit ich es tun soll.“
Und was macht der Vater? Der Vater erhöht ihn über alle Dinge, über alle Völker, über jeden Menschen.
Er gibt ihm das letztendliche Gericht, und alle Geschöpfe, ob sie wollen oder nicht, werden sich vor ihm beugen.
All das ehrt den Vater.
Egal, ob das Ende deiner Laufbahn hier auf der Erde die Ewigkeit im Himmel oder die Ewigkeit in der Hölle ist: Gott, der Vater, wird verherrlicht.
Ob du dich am Ende vor Jesus als deinem Retter oder vor Jesus als deinem Richter beugst – Gott wird verherrlicht.
Gott wird verherrlicht, wenn ein Sünder Buße tut und Jesus als seinen Herrn und Retter annimmt.
Aber Gott wird genauso verherrlicht für jeden stolzen, hartherzigen Sünder, der die Ewigkeit unter dem Zorn Gottes in der Hölle verbringt.
Gott hasst den Stolz des Menschen, er widersteht dem Hochmütigen, er duldet keinen Stolz, er tritt dem Stolzen entgegen.
Auf der anderen Seite aber ist er dem nahe, der zerschlagenen und gedemütigten Geistes ist.
Er empfängt mit offenen Armen den, der über seine Sünde bestürzt ist, der demütig seine Schuld vor Gott bekennt.
Salopp ausgedrückt: Das ist deine Fahrkarte in die Ewigkeit.
Tu Buße und bekenne demütig deine Schuld vor Gott.
Bekenne demütig, dass du diesen demütigen, sich selbst erniedrigenden Retter und Gott Jesus Christus brauchst als deinen persönlichen Retter.
Aber wir bleiben dabei nicht stehen.
Ein wiedergeborener Christ ist niemand, der einmal bekannt hat, dass er ein Sünder ist, dass er Jesus als Retter braucht, und dann einfach danach weitermacht wie vorher.
Nein, ein wiedergeborener Christ lebt ein Leben, in dem er danach strebt, mehr und mehr diesem demütigen Rettergott Jesus Christus ähnlicher zu werden.
Er möchte ihn immer besser kennenlernen, diesen wunderschönen, sich selbst demütigenden Charakter, mit dem Wunsch, genau so zu werden.
Auch diesen Charakter zu haben, seine Gesinnung, seine innere Einstellung und Haltung nachzuahmen.
Wie können wir ihn also nachahmen? Was können wir von Jesus hier in diesen Versen lernen?
Ich will nur ein paar Fragen zum Abschluss stellen.
Jesus pocht nicht auf seine Rechte, er klammert sich nicht an sein gottgleiches Sein.
Er wird einem Sklaven gleich, ohne Rechte, ohne Besitz, ohne dass die Menschen ihm den Dank und Lob bringen, der ihm als Schöpfer und Erhalter des Universums eigentlich gebührt.
Die Frage ist: Wie sehr pocht du auf deine Rechte?
Nur wenn deine Arbeit nicht gesehen wird, wenn du keine Wertschätzung dafür erhältst, wenn es vielleicht nicht einmal genannt wird, egal ob zu Hause, in der Arbeit, in der Gemeinde – wie sehr wurmt dich das?
Wie sehr macht dich das zornig, dass das nicht gesehen wird, dass du keine Wertschätzung erhältst?
Wie sehr pocht du da auf deine vermeintlichen Rechte?
Jesus hat nicht nur sein ganzes Leben das Unrecht der Menschen ertragen, er hat selbst für die, die ihn gequält und getötet haben, am Ende noch um Vergebung gebetet: „Vater, vergib ihnen, denn sie wissen nicht, was sie tun.“
Nur die Frage an dich: Wie schnell bist du dabei, jemandem zu vergeben – deinem Partner, deinen Freunden –, wenn er dir Unrecht tut?
Oder wie lange brauchst du, um dich dazu zu überwinden, jemand anderem zu vergeben?
Wie lange hältst du das vielleicht in deinem Hinterkopf, um es vielleicht noch mal zu gebrauchen, was der andere dir angetan hat?
Wie lange erinnerst du dich an das Schlechte, das dir angetan wurde? Vielleicht noch als Pfeil im Köcher, um gegebenenfalls auf den anderen zurückzuschießen?
Wie schnell bist du bereit, jemand anderem zu vergeben?
Vielleicht fragst du dich: Heißt das jetzt, dass ich einfach alles runterschlucken muss? Wenn mir Unrecht getan wird, muss ich einfach alles in mich hineinfressen?
Nein, musst du nicht.
Wenn uns oder vielleicht auch einem anderen Unrecht getan wird, heißt Demut nicht, alles einfach stillschweigend über sich ergehen zu lassen.
Aber die Frage, die wir uns stellen müssen, ist: Warum stört mich das Unrecht, das mir oder einem anderen angetan wird?
Ist es, weil der andere vielleicht gegen Gott sündigt und das uns zu schaffen macht?
Ist es, weil Gott verunehrt wird, weil schlecht über ihn geredet wird?
Oder ist es einfach nur unser erbärmlicher Stolz, der verletzt ist?
Das ist die Frage, die wir uns stellen müssen.
Er hat sich selbst erniedrigt.
Und das ist der Punkt, den wir hier nur machen können: Vergiss das nicht.
Wenn Selbstzucht oder Stolz in dir aufkommt, wenn du anfangen willst, auf dein Recht zu pochen, dann denk an ihn, der sich selbst zurückgenommen hat und sich selbst zu nichts gemacht hat – für dich.
Das ist der Schlüssel für echte Einheit in der Gemeinde.
Amen.
Wir sehen in diesen beiden Abschnitten zunächst die Erniedrigung Jesu und anschließend seine Erhöhung. Dabei betrachten wir die Erniedrigung Jesu in acht Schritten. Danach schauen wir uns kurz vier Punkte der Erhöhung an. Also: acht Schritte der Erniedrigung und vier Punkte der Erhöhung.
Keine Sorge: Nur weil es insgesamt zwölf Punkte sind, ist die Predigt nicht viermal so lang wie eine Drei-Punkte-Predigt.
Vers 6 ist der Ausgangspunkt, den Paulus deutlich machen will: Der, obwohl in Gestalt Gottes seiend. Die Übersetzung „Gestalt“ ist etwas irreführend. Wenn wir an eine Gestalt denken, stellen wir uns vielleicht Nebel vor, und jemand kommt auf uns zu. Wir sehen nur seine Umrisse oder den Schatten, können vielleicht erahnen, ob er zwei Meter oder nur einsfünfzig groß ist – mehr aber nicht. So verstehen wir üblicherweise „Gestalt“.
Doch das ist nicht, was Paulus sagen möchte. Er will nicht sagen, dass Jesus eine ähnliche Form wie Gott hat oder dass er Gott nur ähnlich sieht, wenn man nicht genau hinschaut. Nein, das ist nicht gemeint. Das Wort „Gestalt“, das hier verwendet wird, spricht vom Wesen, vom Charakter, von den Eigenschaften.
Es heißt hier nicht, dass Jesus die äußerliche Gestalt, das Aussehen Gottes hatte, sondern er spricht vom Wesen Gottes. Jesus hat seine Eigenschaften, seinen Charakter. Christus war also nicht nur äußerlich wie Gott, sondern er ist Gott dem Vater in jeder Hinsicht gleich. Sie haben das gleiche Wesen.
Dieser Jesus heißt es in Hebräer 1, ist die Ausstrahlung der Herrlichkeit des Vaters und der Ausdruck seines Wesens. Er trägt alle Dinge durch das Wort seiner Kraft.
Achte darauf, dass hier steht „in der Gestalt Gottes seiend“. Ich habe bewusst die Esra-Bibel verwendet. Ja, das ist ein Wort, das wir im normalen Sprachgebrauch nicht verwenden, aber es macht eine Sache deutlich: Hier wird nicht in der Vergangenheit geschrieben. Es wird nicht gesagt, er war mal Gott und hat das alles hinter sich gelassen und ist jetzt Mensch. Nein, „Gott gleich seiend“ ist ein dauerhafter Zustand.
Auch die zweite Formulierung, die Paulus verwendet, dass Jesus Gott gleich sei, spricht von einer dauerhaften Existenz als Gott. Dieses Gleichsein heißt wörtlich etwas, das gleich ist – entweder in Anzahl, Größe, Qualität oder Eigenschaften. Mit anderen Worten: absolut identisch.
Paulus spricht hier von völliger Gleichheit, von völliger Übereinstimmung. Jesus ist vollkommen Gott.
Jesus spricht zu Philippus: „So lange Zeit bin ich bei euch, und du hast mich nicht erkannt, Philippus? Wer mich gesehen hat, hat den Vater gesehen.“ Hier wird keine Vergangenheit beschrieben. Er war mal so, sondern es ist ein anhaltender Zustand. Jesus war Gott, er ist Gott und er wird immer vollkommener Gott sein.
Jesus existiert seit ewigen Zeiten als vollständig und ganz und gar Gott.
Jesus sprach zu ihnen in Johannes 8: „Wahrlich, wahrlich, ich sage euch: Ehe Abraham war, bin ich.“ Dabei spielt Jesus explizit auf den persönlichen Namen Gottes an: „Ich bin.“ Ehe Abraham war, bin ich.
Jesaja 9, Vers 5 verheißt uns Jesus als Retter und gibt ihm einen Namen: „Denn ein Kind ist uns geboren, ein Sohn ist uns gegeben, und die Herrschaft ruht auf seiner Schulter. Man nennt seinen Namen: Wunder-Rat, Gott-Held, Ewig-Vater, Friedefürst.“ Wörtlich heißt es „Vater der Ewigkeiten“. Aus ihm, aus Jesus, gehen die Ewigkeiten hervor.
Ähnlich lesen wir das in Micha 5: „Und du, Bethlehem Ephrata, bist zwar gering unter den Hauptorten von Juda, aber aus dir soll mir hervorgehen, der Herrscher über Israel werden soll, dessen Hervorgehen von Anfang, von den Tagen der Ewigkeit her gewesen ist.“ Er ist von den Tagen der Ewigkeit her gewesen.
Es hat nie einen Zeitpunkt gegeben, an dem er nicht existiert hat als vollständig und ganz und gar Gott. Und in Bethlehem ist er aus dieser Ewigkeit herausgetreten in Zeit und Materie und wurde Mensch.
All diese Verse und auch das, was Paulus hier schreibt, machen eines deutlich: Jesus existiert seit ewigen Zeiten als vollständig und ganz und gar vollkommener Gott. Und daran ändert sich nichts.
Dieses gottgleiche Sein ändert sich auch nicht mit seiner Menschwerdung. Er lässt nicht die Gottheit hinter sich, aber er demütigt sich. Er erniedrigt sich selbst.
In diesem Text sehen wir acht Schritte seiner Erniedrigung.
Der erste Schritt ist, dass er das Gottgleichsein nicht wie eine Beute festhält. Jesus und der Vater sind vollkommen gleich, aber er hält nicht daran fest.
Die Formulierung „wie eine Beute festklammern“ kann bedeuten, dass man etwas mit Gewalt festhält, auf gar keinen Fall loslässt, sich daran klammert. Jesus besitzt alle Rechte und Privilegien Gottes. Er ist ewiger Gott und kann das niemals verlieren. Aber er klammert sich nicht daran fest.
Das ist der erste Schritt seiner Erniedrigung: Er hält nicht mit Gewalt daran fest.
Jesus lehnt es ab, sich selbstsüchtig an diese bevorzugte Position als Gott zu klammern, um in diese Welt zu kommen.
Das Wort für Raub kann auch bedeuten, dass man seine Stellung ausnutzt. Nun, er hat seine Macht und Autorität, die er hat, niemals zu seinem persönlichen Vorteil genutzt.
Er sagt zum Beispiel zu Petrus in Matthäus 26: „Meinst du, ich könnte meinen Vater nicht bitten, und er würde mir sogleich mehr als zwölf Legionen Engel zur Seite stellen?“ Eine römische Legion bestand aus drei- bis sechstausend Mann, nur als Vergleich.
Jesus hätte die Macht gehabt, sich jederzeit eine Armee von Engeln zu holen, die ihn aus der Gefangenschaft befreien würde. Aber er tut es nicht.
Der Zusammenhang macht deutlich, warum: Weil er sich vollkommen dem Willen des Vaters untergeordnet hat.
Jesus hat niemals seine Autorität und Macht als Gott für egoistische Ziele ausgenutzt. Er hat sich nicht an seine Privilegien und seine Stellung als Gott festgeklammert.
Stattdessen entäußerte er sich selbst.
In Vers 7 heißt es wörtlich, er „entleerte sich“. Von diesem griechischen Wort stammt der Begriff Kenosis, die Lehre von der Menschwerdung Jesu.
Nun, von was hat sich Jesus entleert? Entleerte er sich seiner Gottheit oder eines Teils seiner Gottheit? Was genau bedeutet das?
Dazu müssen wir die ganze Bibel anschauen und nicht nur diese Stelle isoliert interpretieren.
Von was hat er zurückgelassen, wovon hat er sich quasi entäußert?
Zum einen sehen wir in Johannes 17, dass er sich seiner Herrlichkeit entäußert hat. Dort heißt es: „Und nun verherrliche du mich, Vater, bei dir selbst, mit der Herrlichkeit, die ich bei dir hatte, ehe die Welt war.“ Er spricht von einer Herrlichkeit, die er bei dem Vater hatte, die er jetzt offensichtlich nicht hat.
Er verlässt die Herrlichkeit beim Vater, setzt sich der Verleugnung, dem Unglauben, der falschen Anschuldigung und Verfolgung durch sündige Menschen aus. Seine Herrlichkeit war die ganze Zeit verborgen.
Das heißt nicht, dass er sie nicht mehr hatte. Er lässt sie ab und zu aufblitzen.
Johannes fängt das Evangelium mit den Worten an: „Wir haben seine Herrlichkeit gesehen.“ Oder erinnert euch an die Stelle, wo Jesus auf dem Berg ist und die Jünger seine Herrlichkeit sehen.
Aber sie ist den Großteil seines Lebens verborgen.
Stattdessen lesen wir in Jesaja 53 über ihn: „Wie ein kümmerlicher Spross wuchs er vor ihm auf, wie ein Trieb aus dürrem Boden. Er war weder stattlich noch schön, er war unansehnlich und gefiel uns nicht. Er wurde verachtet, und alle mieden ihn. Er war voller Schmerz, mit Leiden vertraut, wie einer, dessen Anblick man nicht mehr erträgt. Er wurde verschmäht, und auch wir verachteten ihn.“
Jesus entäußert sich seiner Herrlichkeit. Er entäußert sich seiner Autorität, seiner unabhängigen göttlichen Autorität. Er unterordnet sich komplett dem Willen des Vaters.
Er sagt an einer Stelle zum Beispiel: „Ich kann nichts von mir selbst aus tun. Wie ich höre, so richte ich, und mein Gericht ist gerecht; denn ich suche nicht meinen Willen, sondern den Willen des Vaters, der mich gesandt hat.“
Ihr kennt die Stelle in Gethsemane, wo er betet: „Nicht wie ich will, sondern wie du willst.“
Er entäußert sich seiner himmlischen Reichtümer.
In 2. Korinther 8, Vers 9 lesen wir: „Obwohl er reich war, wurde er um eurer Willen arm, damit ihr durch seine Armut reich würdet.“
Wir sehen auch, dass er sich kurzzeitig seiner tiefen Beziehung zum Vater entäußert und ruft: „Eli, Eli, Lama Sabachthani? Mein Gott, mein Gott, warum hast du mich verlassen?“
Aber Jesus hat sich niemals seiner Gottheit entleert.
Er war, er ist und er wird immer vollkommen Gott sein.
Er hat es aber abgelehnt, seine göttlichen Vorrechte und Privilegien in Anspruch zu nehmen. Er hat es abgelehnt, seine göttliche Macht auszunutzen und seine göttlichen Eigenschaften auszuleben.
Trotzdem sehen wir diese Eigenschaften immer wieder aufblitzen.
Nur ein Beispiel: In Johannes 1 kommt Nathanael zu Jesus, und Jesus sagt zu ihm: „Ich habe dich unter dem Feigenbaum gesehen.“ Jesus war nicht dort, und trotzdem hat er ihn gesehen, weil er niemals seine Allgegenwart aufgegeben hat.
Er hat sie zwar quasi zurückgestellt und konnte in seinem Körper immer nur an einer Stelle sein. Trotzdem sehen wir immer wieder seinen göttlichen Charakter.
Was macht das alles deutlich? Es zeigt die Gesinnung Jesu, seine Einstellung und die Art und Weise, wie er denkt.
Es zeigt die Demut Gottes.
Es zeigt seinen Charakter.
Nun, wie kann man den Charakter eines Menschen wirklich erkennen? Wenn ihr jetzt an eure Nachbarn oder an eure Arbeitskollegen denkt, dann seht ihr sie und denkt: Ja, okay, sie sind manchmal schwierig, aber im Grunde komme ich ganz gut mit ihnen klar.
Doch die Bibel sagt, sie sind komplett verdorben. In ihnen wohnt nichts Gutes, keiner tut Gutes, nicht einmal einer. Da fragt man sich: Das passt doch irgendwie nicht zusammen.
Die Frage ist also, wie der wahre Charakter eines Menschen zum Vorschein kommt. Das geschieht, indem wir ihm Macht und Privilegien geben. Macht und die Freiheit, diese auszuüben, ohne jemals die Konsequenzen seines Handelns tragen zu müssen. Gib einem Menschen unabhängige Macht, Macht, die er ausleben kann, wo und wann er will, ohne jemandem Rechenschaft schuldig zu sein. Dann wird sein wahrer Charakter sichtbar.
Deshalb gibt es keinen einzigen wohltätigen, barmherzigen Diktator auf dieser Welt. Doch genau das steckt in diesen Menschen, die Millionen anderer töten und in Arbeitslager sperren. Wir müssen nicht in die deutsche Geschichte zurückschauen. Wir können einfach nach Nordkorea oder in andere Länder schauen, wo einzelne Menschen oder ganze Gruppen ihre Macht ausleben und andere quälen. Dort sehen wir, was wirklich in den Menschen steckt.
Je mehr Macht ein Mensch hat und je weniger er anderen Rechenschaft ablegen muss, desto mehr zeigt sich sein verdorbener Charakter. Solange Menschen Rechenschaft über ihr Verhalten ablegen müssen, wird ihr Inneres zurückgehalten.
Wir haben Barrieren wie Gesetze, die wir haben, oder die gute Erziehung, die wir vielleicht genießen. Das sind Barrieren, die das Böse in uns zurückhalten. Auch der soziale Umgang spielt eine Rolle: Freunde, bei denen wir nicht mehr gut dastehen würden, wenn das ganze Böse aus uns herauskäme. Dann wären diese Freunde nicht mehr lange unsere Freunde.
Solange diese Barrieren bestehen und wir Konsequenzen für das Böse, das wir tun, erleben, bleibt unser böser Charakter verborgen. Aber das heißt nicht, dass wir ihn nicht haben. Je mehr Macht ein Mensch erhält, desto mehr zeigt sich sein Charakter.
Man sagt oft, Macht verdirbt den Charakter oder Geld verdirbt den Charakter. Ich kann euch sagen: Weder das eine noch das andere stimmt. Weder Macht noch Geld verderben den Charakter, aber sie zeigen, was tatsächlich in uns steckt. Macht zeigt den wahren Charakter.
Ein Mensch mit viel Macht, der niemandem Rechenschaft schuldig ist, bringt bereits in seinem Herzen hervor, was er tut. Deshalb haben wir eine Gewaltenteilung und die unterschiedlichen Gewalten kontrollieren sich gegenseitig. Wir wissen, was passiert, wenn ein Mensch unbeschränkte Macht hat. Wir wissen, was in den Menschen steckt und was seinen Charakter zum Vorschein bringt.
Gott jedoch braucht keine Gewaltenteilung. Wir sehen, dass sein Charakter rein und schön ist. Trotz seiner allumfassenden Macht, der niemandem Rechenschaft schuldig ist, zeigt Gott seinen reinen und schönen Charakter. Er entäußert sich selbst und nimmt die Gestalt eines Knechtes an.
Das Wort „Gestalt“ ist hier dasselbe wie in Vers 6, wo es heißt, Jesus sei in der Gestalt Gottes. Jesus hat das Wesen Gottes, die Privilegien Gottes und die Vorrechte Gottes. Doch er klammert sich nicht daran fest. Stattdessen nimmt er das Wesen, die Vorrechte und die Privilegien eines Knechtes – wörtlich „Doulos“, eines Sklaven – an.
Jesus zog also nicht nur äußerlich das Kleid eines Sklaven an, sondern er wurde im wahrsten Sinne des Wortes zu einem Sklaven.
Welche Privilegien und Vorrechte hat ein Sklave? Gar keine. Ein Sklave besitzt nichts. Selbst die Kleidung, die er trägt, gehört seinem Herrn. Alles, was er besitzt, sogar sein eigenes Leben, ist im Besitz seines Herrn. Er ist Eigentum seines Herrn.
Jesus besaß nichts, das sehen wir in seinem ganzen Leben. Er musste Boote ausleihen, um auf die andere Seite des Sees zu kommen. Er war oft Gast in anderen Häusern, zum Beispiel bei der Schwiegermutter von Petrus. Er musste einen Esel ausleihen, um nach Jerusalem zu ziehen. Er musste einen Raum leihen, um das Abendmahl zu feiern. Selbst sein Grab war geliehen – für drei Tage.
Der, der alles erschafft, beansprucht nichts als seinen Besitz. Der Herr der Herren wird zum Sklaven derer, die unter die Sünde versklavt sind.
Er selbst sagt: Der Sohn des Menschen ist nicht gekommen, um sich dienen zu lassen, sondern um zu dienen. Und das ist sein größter Dienst: Sein Leben zu geben als Lösegeld für viele.
Schritt vier: Den Menschen gleich geworden
Das Wort „gleich“ ist hier ein anderes als „Gestalt“. Es spricht von Ähnlichkeit, nicht von absoluter Gleichheit. Jesus ist vollkommen gleich mit Gott dem Vater, aber nicht vollkommen gleich mit einem sündhaften Menschen. Er trug nicht die Verdorbenheit des Menschen in sich, also nicht die Sündennatur – die Unfähigkeit, nicht zu sündigen. Diese hatte er nicht.
Sonst wurde er jedoch genau wie alle anderen Menschen, mit allen Eigenschaften eines Menschen. Er war ein echter Mensch unter Menschen. Er war so offensichtlich ein normaler Mensch, dass nicht einmal seine Familie und seine Jünger von seiner Gottheit wussten, wenn Gott es ihnen nicht offenbart hätte.
Er war ein normaler Mensch ohne Sünde, aber ein normaler Mensch, der Schöpfer selbst wurde geschaffen. Er wurde seinen Geschöpfen gleich. Derjenige, der deine Beine gemacht hat, musste laufen lernen. Der, der das Wort ist, der sprach und es wurde ein ganzes Universum, musste sprechen lernen. Der Schöpfer musste den Befehlen und Regeln sterblicher Eltern gehorchen.
Er ist der Schöpfer seiner eigenen Mutter und dennoch hat er das Gebot „Du sollst deinen Vater und deine Mutter ehren“ vollkommen erfüllt. Über seine Kindheit lesen wir wenig, aber ich gehe davon aus, dass er ganz normal wie seine Geschwister versorgt wurde. Er hat als Kind genau wie jedes andere Kind die Aufmerksamkeit und Fürsorge seiner Eltern gebraucht.
Der ewige Gott brauchte die Fürsorge sterblicher Menschen. In gewisser Hinsicht wuchs und entwickelte er sich wie jedes andere Kind. In Lukas 2 lesen wir, dass er zunahm an Weisheit, Alter und Gnade, als er wuchs. Er wurde mehr und mehr weise.
Er hatte Schwächen wie jeder andere Mensch: Er wurde hungrig, durstig, litt Schmerzen, wurde müde und schwach. Er brauchte Schlaf, teilweise so sehr, dass selbst ein Sturm ihn nicht wecken konnte. Von Anfang an war er von Sündern umgeben. Stell dir das mal vor: als einziges sündloses Kind unter lauter streitsüchtigen Geschwistern, die um jede Kleinigkeit streiten.
In seinem ganzen Leben geht es so weiter. Er musste sich ständig mit dem Kleinglauben der Jünger herumschlagen, weil sie so begriffsstutzig waren. Er musste die Volksmenge ertragen, die immer wieder zu ihm kam, ihn nicht in Ruhe ließ, die teilweise einfach nur aus Schaulust kamen, um die Wunder zu sehen. Andere kamen, um geheilt zu werden, aber die wenigsten hatten wirkliches Interesse an ihm und dem, was er sagte.
Sie jubelten ihm zu und wollten ihn zum König machen, aber auch nur, weil er großartige Wunder tat und sie mit Essen versorgen konnte. Er musste sich ständig mit Pharisäern und Schriftgelehrten herumschlagen – starkköpfige, hartherzige Männer.
Und dann gab es noch die armseligsten Menschen dieser Zeit, den Abschaum der Gesellschaft, mit denen er immer wieder barmherzig umging: Zöllner und Huren, die ihn ganz besonders nötig hatten. Keinen einzigen dieser Menschen hat Jesus jemals herablassend oder arrogant behandelt.
Er, der Schöpfer des Universums, begegnete ihnen demütig, sanftmütig und mitfühlend. Wir hingegen nehmen uns heraus, andere von oben herab zu behandeln, weil wir glauben, etwas besser zu wissen oder besser zu können. Er ist allwissend und allmächtig, und trotzdem achtete er die anderen höher als sich selbst.
Er kam von oben herab, aber er hat niemals jemanden von oben herab behandelt. Er begegnete den Jüngern mit Geduld und der Volksmenge mit Mitgefühl. So sehen wir, wie armselig unser Stolz und Hochmut im Vergleich zu der Demut Jesu ist.
Der allmächtige, souveräne Gott offenbart seinen Charakter in diesen Versen. Er zeigt seine Gesinnung, das, was ihn antreibt.
Und noch ein Schritt der Demütigung: Er wird als Mensch wahrgenommen, oder es heißt hier in seiner äußeren Erscheinung, dass er wie ein Mensch erfunden ist. Und das spricht jetzt wirklich von dem Äußeren. Was Paulus hier meint, ist nicht einfach nur, dass er Mensch wurde, sondern dass ihn alle einfach nur als einen normalen Menschen wahrgenommen haben.
Nun, wie demütigend ist das für den Schöpfer des Universums, dass er als normaler Mensch wahrgenommen wird, dass keiner ihm den Dank und die Ehrerbietung gibt, die ihm als Schöpfer des Universums zustehen, sondern er wird als ganz normaler Mensch wahrgenommen. Nur manche sehen ihn vielleicht als verrückt, andere sehen ihn vielleicht als besonderen Menschen, aber sie sehen ihn als einfachen Menschen.
Er war die ganze Zeit bereit zu dienen, während wir vielleicht beleidigt, zickig oder eingeschnappt sind, wenn jemand uns nicht ausreichend wertschätzt, wenn jemand unsere Arbeit oder Anstrengung nicht sieht oder sie vielleicht kleinredet.
Das Sechste, was wir sehen: Er erniedrigt sich selbst, das heißt, er demütigt sich. Er unterordnet sich nun in erster Linie dem Willen des Vaters, aber nicht nur das. In gewisser Hinsicht ordnet sich der Schöpfer seinen Geschöpfen unter. Er erniedrigt sich selbst, das heißt, er nahm sich selbst zurück, nicht nur gegenüber dem Vater, sondern auch gegenüber den Menschen.
Er, der mit einem einzigen Wort ganze Galaxien ins Leben ruft, lernt von seinem menschlichen Vater, wie man einen Stuhl und einen Tisch baut. Der Herr aller Herren wäscht wie ein Sklave seinen Freunden die Füße.
Und es ist so, als würde Paulus den Philippern zurufen: Er hat sich selbst erniedrigt, vergiss das niemals, vergiss das niemals, auch wenn nur der geringste Impuls in dir aufkommt, dass du dich selbst behauptest, dass du in irgendeiner Weise selbstsüchtig bist und dieses Band der Gemeinschaft, der Gemeinde zu zerreißen drohst.
Nun, er wurde verspottet, er wurde zu Unrecht beschuldigt, er hat sich aber nie verteidigt. Er war nie verbittert, nie fordernd, nie anklagend. Er lehnte es ab, seine Rechte als Gott einzufordern, und er ging sogar so weit und demütigte sich so weit, dass er sogar seine Rechte als Mensch nicht einforderte – sein Recht auf ein gerechtes Urteil zum Beispiel.
Und er geht noch einen Schritt weiter: Er wird gehorsam bis zum Tod. Wenn wir uns die ganze Demütigung Jesu anschauen, dann würde man eigentlich erwarten, dass er irgendwann an dem Punkt kommt, wo er sagt: Okay, das reicht, jetzt reicht es. Aber er unterwirft sich dem Willen des Vaters. Er wurde gehorsam bis zum Tod, weil das der Wille des Vaters war.
Und es war der Wille Jesu, den Willen des Vaters vollkommen zu erfüllen, und deswegen war er bereit, sich zu demütigen, dass er selbst für die Demütigung bereit war, am Kreuz zu sterben, weil er den Willen des Vaters erfüllen wollte.
Und das ist der siebte Schritt: das Kreuz ist tot. Nun, er stirbt nicht auf irgendeine Art und Weise. Er wird nicht einfach erschossen oder bekommt eine Giftspritze. Nein, diese Kreuzigung ist wahrscheinlich die grausamste, schmerzhafteste und schändlichste Form der Hinrichtung, die sich je ein Mensch erdacht hat.
Sie war in allererster Linie Sklaven, den niedrigsten Verbrechern und Staatsfeinden Roms vorbehalten, und ein römischer Bürger durfte niemals gekreuzigt werden.
Ein englischer Autor beschreibt die Kreuzigung so: Er sagt, ein Tod durch Kreuzigung scheint alles zu beinhalten, was Schmerz und Tod an Schrecklichem und Grauenhaftem haben können: Schwinde, Krämpfe, Durst, Hunger, Schlaflosigkeit, Fieber, Scham, Öffentlichkeit der Schande, lange anhaltende Qualen – alles verstärkt bis zu dem Punkt, an dem es überhaupt ertragen werden kann, aber alles kurz vor dem Punkt, der dem Leidenden die Erleichterung der Bewusstlosigkeit verschaffen würde.
Die unnatürliche Haltung machte jede Bewegung schmerzhaft. Die zerfetzten Venen und zerquetschten Sehnen pochten mit unaufhörlicher Qual.
Und Jesus war bereit, all das für dich zu erleiden, weil er dem Willen des Vaters gehorsam sein wollte und weil er vollkommen demütig ist.
Und genau deswegen kommen wir zum zweiten Punkt, den wir nur kurz überfliegen werden. Weil er sich selbst erniedrigt und gedemütigt hat, erhöht ihn der Vater auf den höchstmöglichen Stand.
Ich möchte kurz auf vier Aspekte eingehen, die wir in diesem zweiten Teil sehen: den Grund seiner Erhöhung, den Namen seiner Erhöhung, das Ergebnis seiner Erhöhung und das Ziel seiner Erhöhung. Diese vier Punkte – Grund, Name, Ergebnis und Ziel – werde ich hier vorne noch einmal zusammenfassen.
Der erste Punkt ist der Grund seiner Erhöhung, und dieser ist offensichtlich. Unser Text, der zweite Abschnitt, beginnt mit einem „Darum“, also: Weil er sich gedemütigt hat, erhöht ihn Gott. Dabei ist es wichtig, nicht nur auf dieses „Darum“ zu achten, sondern auch darauf, wer in diesem Abschnitt aktiv ist. Wer handelt hier? Es ist nicht Jesus. Jesus ist nicht derjenige, der sich selbst erhöht hat. Im ersten Teil war Jesus aktiv in seiner Erniedrigung, im zweiten Teil ist es Gott, der Vater, der ihn erhöht. Jesus ist in seiner Erniedrigung aktiv, aber in seiner Erhöhung passiv. Der Vater erhöht ihn auf die höchstmögliche Position, weil Jesus sich selbst gedemütigt hat. Das ist der Grund seiner Erhöhung.
Der zweite Punkt ist der Name seiner Erhöhung. Wir lesen: „Ihm ist ein Name gegeben, der über allen Namen ist, damit sich im Namen Jesu jedes Knie der himmlischen, irdischen und unterirdischen Welt beugt und jede Zunge bekennt, dass Jesus der Herr ist, zur Verherrlichung Gottes, des Vaters.“ Nun stellt sich die Frage: Was für ein Name ist hier gemeint? Manche würden sagen: Natürlich Jesus. Aber schau dir den Text genau an. Da steht: „damit sich im Namen Jesu“ – also in dem Namen, den dieser Jesus erhält. Wenn Jesus der Name wäre, müsste es hier heißen: „damit sich im Namen Jesus“. Aber es heißt „im Namen Jesu“, also in dem Namen, den er erhält. Gemeint ist der Name, den der Vater Jesus als Teil seiner Erhöhung gegeben hat.
Jesus war der Name, den er als Teil seiner Erniedrigung erhalten hat, um deutlich zu machen, dass Gott der alleinige Retter ist. Aber was ist dann dieser neue Name? Im Text steht weiter: „Damit sich im Namen Jesu, den er vom Vater erhalten hat, jedes Knie der himmlischen, also der heiligen Engel und gestorbenen Gläubigen, und der irdischen, also der lebenden Menschen, egal ob sie gerettet sind oder nicht, und der unterirdischen, also der gefallenen Engel, Satan, gestorbenen Ungläubigen, beugt. Und alle werden gemeinsam bekennen, dass Jesus Herr ist.“
Herr ist der Name, den er erhalten hat. Herr ist der Titel für die höchste Majestät und Autorität, der Titel für den, dem alle Ehre gebührt, der souveräne Herrscher über alle Dinge. In Offenbarung 19 heißt es über ihn: „Und er trägt auf seinem Gewand und auf seiner Hüfte den Namen geschrieben: König der Könige und Herr der Herren.“ Der Titel „Herr“ macht deutlich, dass er über allem steht, ihm alles gehört und er die höchste Autorität besitzt. Er kann tun und lassen, was er will.
Psalm 135 sagt: „Alles, was dem Herrn wohlgefällt, das tut er im Himmel und auf Erden, in den Meeren und in allen Tiefen.“ In der griechischen Übersetzung des Alten Testaments wird hier dasselbe Wort verwendet wie in Philipper. In einem Gebet wird bezeugt: „Dein, o Herr, ist die Majestät und die Gewalt und die Herrlichkeit und der Glanz und der Ruhm; denn alles, was im Himmel und auf Erden ist, das ist dein. Dein, o Herr, ist das Reich, und du bist als Haupt über alles erhaben.“
Der dritte Punkt ist das Ergebnis seiner Erhöhung. Eines Tages werden alle Menschen bekennen, was David in seinem Gebet bekannt hat – unabhängig davon, zu welcher Gruppe man gehört. Egal, ob du dein Leben lang gegen ihn rebelliert hast, ihn vielleicht lächerlich gemacht hast oder ihm dein Leben bereits übergeben hast, egal ob du stirbst, bevor er wiederkommt, oder seine Ankunft auf der Erde noch erlebst: Du kannst ihm nirgendwo entfliehen, ob tot oder lebendig, ob gerettet oder weiterhin in deinen Sünden lebend. Am Ende wirst du anerkennen müssen, dass er über allem steht.
Letztendlich wird sich nicht nur jeder Mensch, sondern jedes Geschöpf, einschließlich aller Engel – egal ob heilig oder gefallen – entweder freiwillig oder gezwungenermaßen Jesus als Herrn unterwerfen. Die Frage ist: Auf welcher Seite stehst du? Auf welcher Seite wirst du knien? Wirst du freiwillig aus Dank und Ehrerbietung vor diesem herrlichen Gott und deinem Retter deine Knie beugen? Oder wirst du zähneknirschend bekennen müssen: Er ist Herr, er ist Herr über alle Dinge? Auf welcher Seite wirst du knien?
All das hat einen einzigen Sinn und Zweck: die ganze Erniedrigung Jesu, seine Menschwerdung, sein grausamer Tod am Kreuz haben ein Endziel. Das ist der vierte Punkt, das Ziel seiner Erhöhung. Dieses Ziel sehen wir ganz am Ende: zur Verherrlichung Gottes, des Vaters.
Jesus erniedrigt sich, er kommt auf die Erde mit dem einen Ziel, Gott den Vater zu verherrlichen. Er sagt selbst in Johannes 17: „Ich habe dich verherrlicht auf Erden; ich habe das Werk vollendet, das du mir gegeben hast, damit ich es tun soll.“ Und was macht der Vater? Der Vater erhöht ihn über alle Dinge, über alle Völker, über jeden Menschen. Er gibt ihm das letztendliche Gericht. Alle Geschöpfe, ob sie wollen oder nicht, werden sich vor ihm beugen. Und all das ehrt den Vater.
Egal, ob das Ende deiner Laufbahn auf dieser Erde die Ewigkeit im Himmel oder in der Hölle ist: Gott, der Vater, wird verherrlicht. Ob du dich am Ende vor Jesus als deinem Retter oder vor Jesus als deinem Richter beugst – Gott wird verherrlicht.
Gott wird verherrlicht, wenn ein Sünder Buße tut und Jesus als seinen Herrn und Retter annimmt. Aber Gott wird genauso verherrlicht für jeden stolzen, hartherzigen Sünder, der die Ewigkeit unter dem Zorn Gottes in der Hölle verbringt.
Gott hasst den Stolz des Menschen. Er widersteht dem Hochmütigen und duldet keinen Stolz. Er tritt dem Stolzen entgegen. Auf der anderen Seite aber ist er nahe bei dem, der zerschlagenen und gedemütigten Geistes ist. Er empfängt mit offenen Armen den, der über seine Sünde bestürzt ist, der demütig seine Schuld vor Gott bekennt.
Salopp ausgedrückt: Das ist deine Fahrkarte in die Ewigkeit. Tue Buße und bekenne demütig deine Schuld vor Gott. Bekenne demütig, dass du diesen demütigen, sich selbst erniedrigenden Retter und Gott Jesus Christus als deinen persönlichen Retter brauchst.
Aber wir bleiben nicht dabei stehen. Ein wiedergeborener Christ ist niemand, der einmal bekannt hat, dass er ein Sünder ist und Jesus als Retter braucht, und dann einfach weitermacht wie vorher. Nein, ein wiedergeborener Christ erlebt ein Leben, in dem er danach strebt, mehr und mehr diesem demütigen Rettergott Jesus Christus ähnlicher zu werden. Er möchte ihn immer besser kennenlernen und diesen wunderschönen, sich selbst demütigenden Charakter nachahmen. Er strebt danach, genau diesen Charakter, diese Gesinnung, diese innere Einstellung und Haltung zu haben.
Nun, wie können wir ihn also nachahmen? Was können wir von Jesus in diesen Versen lernen?
Ich möchte zum Abschluss nur ein paar Fragen stellen. Jesus pocht nicht auf seine Rechte. Er klammert sich nicht an sein gottgleiches Sein. Er wird einem Sklaven gleich, ohne Rechte, ohne Besitz und ohne den Dank und das Lob, die ihm als Schöpfer und Erhalter des Universums eigentlich gebühren.
Die Frage ist: Wie sehr pochst du auf deine Rechte? Nur wenn deine Arbeit nicht gesehen wird, wenn du keine Wertschätzung dafür erhältst, wenn sie vielleicht nicht einmal erwähnt wird – egal ob zu Hause, bei der Arbeit oder in der Gemeinde – wie sehr wurmt dich das? Wie sehr macht es dich zornig, dass deine Leistung nicht anerkannt wird? Wie sehr pochst du dann auf deine vermeintlichen Rechte?
Jesus hat nicht nur sein ganzes Leben lang das Unrecht der Menschen ertragen, sondern er hat am Ende sogar für diejenigen, die ihn gequält und getötet haben, um Vergebung gebetet: „Vater, vergib ihnen, denn sie wissen nicht, was sie tun.“ Die Frage an dich lautet: Wie schnell bist du bereit, jemandem zu vergeben – deinem Partner, deinen Freunden –, wenn sie dir Unrecht tun? Wie lange brauchst du, um dich dazu zu überwinden, einem anderen zu vergeben?
Wie lange behältst du das Unrecht vielleicht im Hinterkopf? Denkst du dir: „Man kann das vielleicht noch einmal gebrauchen, was der andere mir angetan hat.“ Wie lange erinnerst du dich an das Schlechte, das dir widerfahren ist? Vielleicht als Pfeil im Köcher, um gegebenenfalls auf den anderen zurückzuschießen? Wie schnell bist du wirklich bereit, jemandem zu vergeben?
Vielleicht fragst du dich: Heißt das jetzt, dass ich einfach alles runterschlucken muss, wenn mir Unrecht getan wird? Muss ich alles in mich hineinfressen? Nein, das musst du nicht. Wenn uns oder anderen Unrecht geschieht, heißt Demut nicht, alles stillschweigend über sich ergehen zu lassen.
Aber die Frage, die wir uns stellen müssen, lautet: Warum stört mich das Unrecht, das mir oder einem anderen angetan wird? Ist es, weil der andere vielleicht gegen Gott sündigt und uns das zu schaffen macht? Ist es, weil Gott verunehrt wird oder schlecht über ihn gesprochen wird? Oder ist es einfach nur unser verletzter, erbärmlicher Stolz? Das ist eine wichtige Frage, die wir ehrlich beantworten sollten.
Jesus hat sich selbst erniedrigt. Und das ist der entscheidende Punkt, den wir hier festhalten müssen: Wenn Selbstzucht oder Stolz in dir aufkommt, wenn du anfangen willst, auf dein Recht zu pochen, dann denk an ihn – der sich selbst zurückgenommen und sich selbst zu nichts gemacht hat – für dich.
Das ist der Schlüssel für echte Einheit in der Gemeinde. Amen.