Das kirchengeschichtliche Verständnis
7 Sendschreiben 7 = göttliche Vollzahl 7 = Gemeinden aller Zeiten und aller Länder D.h. in einer dieser 7 Gemeinden finden wir uns wieder - als Gemeinde und auch als einzelne Christen. Man hat diese 7 Sendschreiben verschieden gedeutet. Eine Auslegungsmöglichkeit ist das so genannte kirchengeschichtliche Verständnis.
Ephesus = Gemeinde der ersten Zeit - die erste Liebe verlassen.
Philadelphia und Laodicea = die Gemeinden der letzten Zeit.
Philadelphia = Freundes- oder Bruderliebe = Gemeinde, in der die Bruderliebe lebendig ist.
Laodicea = Volksrecht, Volksrechtsprechung / die demokratische Gemeinde der Endzeit. In der Gemeinde Jesu gilt ja weder das Ein-Mann-Führer-Prinzip, noch das Demokratieprinzip, sondern das Leibesprinzip und die geistliche Leiterschaft der Ältesten. Philadelphia oder Laodicea? Das ist die Frage. Wir wollen zunächst Laodicea kurz kennen lernen.
Laodicea
Laodicea war eine alte phrygische Stadt in Kleinasien, der heutigen Türkei (alle Empfängerstädte der Sendschreiben...). Zur Zeit der Apostel war Laodicea eine äußerst wohlhabende Handelsstadt. Und da mittendrin hatte der gekreuzigte und auferstandene Herr eine Gemeinde. Es gab Christen in Laodicea. Und an die richtet sich der letzte Brief des erhöhten Herrn aus dem Himmel. Zuerst stellt sich Jesus vor: "Dies sagt der Amen heißt, der treue und wahrhaftige Zeuge, der Anfang der Schöpfung Gottes..." (V.14) Das sagt „der Amen“, der, in dem alle Gottesverheißungen „Ja und Amen“ sind; der zuverlässige und treue Zeuge aus der ewigen Welt; der Anfang der Schöpfung Gottes oder wie man auch übersetzen kann: die Quelle der Schöpfung Gottes. Und wenn sich der Herr Jesus der Gemeinde von Laodicea als Quelle vorstellt, dann wird bereits hier deutlich, dass sich die Gläubigen von dieser lebendigen Quelle entfernt hatten und wieder dorthin zurück kommen mussten. So hatte auch Gott schon 600 Jahre zuvor über sein Volk Israel klagen müssen: "Mich, die lebendige Quelle verlassen Sie und machen sich ausgehauene Brunnen, die doch rissig sind und kein Wasser geben." (Jeremia 2, 13)Der Psalmbeter hingegen bekennt: "Bei dir ist die Quelle des Lebens, und in deinem Lichte sehen wir das Licht." (Psalm 36, 10)
Und dann kommt ohne Umschweife der Tadel. Kein Lob! Wie weit musste diese Gemeinde abgeglitten sein, oder wie schwer musste ihre Hauptsünde wiegen, dass der Sohn Gottes hier nichts Positives mehr loben konnte! Jesus Christus sagt: "Ich weiß deine Werke." Er kennt die Gemeinde durch und durch, weil er Augen hat wie Feuerflammen. Der Herr Jesus kennt jede Gemeinde. Er sieht hinter Kulissen und hinter Fassaden - auch hinter fromme Fassaden. Aber er tut es, um zu helfen! Er will zurechtbringen. V.15+16 zitieren!
Lauheit
Da sehen wir die erste Not der Laodicea-Christen: Lauheit. Hintergrund: In der Nähe der Stadt gab es heiße Quellen. Thermalwasser. Wurde über Aquädukte in die Stadt geleitet. Je weiter das Wasser von der Quelle entfernt war, desto lauer wurde es. Versteht Ihr, wo die Wurzel aller geistlichen Lauheit liegt? Man lebt nicht mehr an der Quelle!
- Man entfernt sich von der Quelle des Wortes Gottes (kurze, unregelmäßige, oberflächliche Stille Zeit).
- Man entfernt sich von der Quelle Jesu indem man kleine und größere Sünden in seinem Leben duldet...
- Man entfernt sich von der Quelle der Gemeinschaft, indem man die Versammlungen weniger und eines Tages gar nicht mehr besucht... Und man bemerkt gar nicht, wie das Herz lau und träge wird und wie das weltliche Denken und Leben immer mehr die Oberhand gewinnt. Aber das Schlimmste ist die Distanz zu Jesus. Der Friede weicht aus dem Herzen, und die Liebe zu ihm erkaltet. Es läuft wie in Ephesus. Und der Herr muss sagen: "Ich habe wider dich, dass du die erste Liebe verlässest."
Erste Liebe = die Liebe der Brautleute vor der Hochzeit - die können stundenlang miteinander reden - Hast Du noch die Gemeinschaft mit Jesus?
Selbsttäuschung
Und dann ein weiteres: die Selbsttäuschung! Ich glaube, Lauheit und Selbsttäuschung hängen immer zusammen. V.17 lesen: „Ich bin reich und bin reich geworden und brauche nichts...“ Ihr lieben Geschwister, es gibt kaum etwas Schlimmeres, als geistliche Sattheit! Der materielle Reichtum Laodiceas hatte sich auch auf das geistliche Leben ausgewirkt. Das war schon immer die Gefahr des kapitalistischen Geistes. Nun meinten die Gläubigen, Gott müsse mit ihnen zufrieden sein. Oh, was für eine Verblendung! Sie lebten in der Selbsttäuschung! Sie waren betriebsblind geworden und sahen nicht mehr ihren wirklichen Zustand!
Der erhöhte Herr Jesus sah die Gemeinde von Laodicea in einem ganz anderen Licht: „...und weißt nicht, dass du der Elende und bemitleidenswert und arm und blind und bloß bist...“ Was die Armut angeht, sagt ihnen der Herr: „...ich rate dir, von mir im Feuer geläutertes Gold zu kaufen, damit du reich wirst...“ Was heißt das?
Die Laodizeer hatten alles im Kopf, aber wenig im Herzen. Sie hatten viel Lehre und Erkenntnis, aber im praktischen Leben fehlte es vorne und hinten! Der Herr Jesus empfiehlt ihnen Gold zu kaufen. Vom ersten Petrusbrief her wissen wir, dass Gold einen praktischen, erprobten durchs Feuer bewährten Glauben beschreibt (1. Petrus 1, 7). Genau das fehlte in Laodizea. Die Lehre war da. Erkenntnis auch. Aber es war ein kraftloser Kopfglaube, der nicht in die Hände und in die Füße ging. Ich muss offen gestehen: das ist auch eine meiner Schwachstellen. Was hat man sich nicht im Laufe der Jahre alles angelesen!
- Man weiß genau, dass negatives Reden hinter dem Rücken eines andern nicht gut ist, und doch passiert es immer wieder...
- Man weiß genau, dass man keine Furcht haben braucht, wenn man anderen das Evangelium sagt, und doch ist die Angst, ausgelacht zu werden oft stärker...! Unsern Herrn hat man doch auch ausgelacht - und viel mehr als das!
Der Herr Jesus sagt weiter: „...und kaufe weiße Kleider, damit du bekleidest wirst...“ Weiße Kleider sprechen hier vom geheiligten Wandel der Gläubigen. Gott will, dass wir vor seinem Angesicht wandeln. Nicht nur am Sonntagmorgen - auch am Montag in der Schule und am Mittwoch im Betrieb und jeden Tag daheim in Elternhaus und Familie. Weiße Kleider sprechen hier nicht von der Glaubensgerechtigkeit - die besaßen die Laodizeer - sondern von der Lebensgerechtigkeit, d.h. von dem geheiligten Leben der Christen. Da fehlte es Laodizea wiederum.
Und noch etwas sollen sie kaufen: „...Augensalbe, deine Augen zu salben, damit du siehst!“ Augensalbe meint hier in diesem Zusammenhang „Offenbarung des Geistes“. Es ist schön und gut, wenn in einer Gemeinde gesunde Lehre weitergegeben wird. Aber Watchman Nee beklagt zu Recht, dass die Lehre oft nur aus dem Transport von Gedanken vom einen zum andern besteht, und die geistlichen Augen haben vielleicht gar nichts gesehen! Die Folge ist, dass man im Licht anderer wandelt. Man tut bestimmte Dinge, weil dieser Bruder es gesagt hat. Man lässt bestimmte Dinge, weil jener Bruder es gesagt hat. Usw. Das ist aber zu wenig. Wenn das unser Zustand ist, dann müssen wir wie die Laodizeer Augensalbe kaufen, d.h. Gott um persönliche Offenbarungen seines Geistes bitten, sei es beim Lesen in seinem Wort oder auch beim Hören der Predigt.
Jesus Christus steht draußen vor der Tür
Und dann V. 20: "Siehe, ich stehe vor der Tür und klopfe an..." Wie furchtbar! Es verschlägt einem fast den Atem. Jesus Christus steht draußen vor der Tür, außerhalb einer christlichen Gemeinde! Alles ist da: Evangelisation, Gottesdienst, Jugendarbeit, Taufe, usw. - nur Er, der Herr der Gemeinde, ist nicht mehr da! Mit Laodicea war es wie mit Simson (und wie mit vielen in der heutigen Christenheit). Von Simson heißt es einmal: "...und er wusste nicht, dass der Herr von ihm gewichen war" (Richter 16, 20). Wisst Ihr, es gibt heute Gemeinden und Christen, da hat man den Eindruck, die Anti-Apartheitspolitik sei der Mittelpunkt des christlichen Glaubens, oder der Weltfrieden, oder die Anti-Atomkraftbewegung, usw.
Es gibt auch Gemeinden und Christen, da ist die Akzentverschiebung schwerer zu erkennen. Da hat man vielleicht den Eindruck Zungenreden und Krankenheilungen seien der Mittelpunkt des Evangeliums... ...und wieder woanders steht vielleicht unbemerkt eine Person oder die Pflege des Gemeinde-Images im Zentrum. Von den ersten Jüngern heißt es: Jesus trat mitten inne. Er war der unsichtbare Mittelpunkt! Wie ist das eigentlich? Ist Jesus Christus wirklich der Mittelpunkt unseres Gemeindelebens? Geht es um Ihn, wenn wir zusammenkommen? Dass er gelobt, gepriesen und verherrlicht wird? Dass er mehr Gestalt in unserem Leben gewinnt? Dass wir verfügbarer und brauchbarer werden für ihn? Und ist er wirklich der Herr unseres persönlichen Lebens, oder haben wir ihn zur frommen Randfigur degradiert? Kurz: Sitzt er auf dem Thron? Oder steht er bereits vor der Tür? „Herr, schenke uns Licht über diese Frage!“
Aber so eigenartig es klingt, dieses harte Gerichtswort "Ich stehe vor der Tür!" wird zugleich zum Wort der Gnade und Geduld. "Ich stehe vor der Tür und klopfe an!" Jesus Christus ist nicht mehr drinnen, sondern draußen. Aber das ist die Gnade: Er bleibt stehen und klopft weiter an! Doch die Tür muss von innen aufgetan werden. "Wenn jemand meine Stimme hört (das Wort bewirkt die Umkehr) und die Tür öffnet, zu dem werde ich hineingehen und mit ihm essen, und er mit mir." (V.20)
Wisst Ihr, was mir aufgefallen ist? Jesus spricht in diesem Sendschreiben zu der ganzen abgefallenen Endzeit-Christenheit. Doch in seinem Bußbrief wird er sehr persönlich. "So jemand.... zu dem werde ich..." usw. Christus weiß, dass sich nicht seine ganze Gemeinde zu ihm hinwenden wird, aber er hofft und wartet auf Einzelne! Auch unter uns! Wenn irgendwo einer nüchtern wird und sein Herz in Liebe zu Jesus entbrennt, dann vergibt Jesus alle Schuld - auch Lauheit und Weltliebe - und schenkt neue Freude und Kraft, den Weg des Gehorsams zu gehen. Das ist das Evangelium dieses Sendschreibens! Jakob Kroeker schrieb einmal: "Die Wellen des Gerichts Gottes brechen sich am Felsen der Buße." Aber ohne Buße geht es nicht. Buße tun heißt nicht Bußwerke tun, sondern meine ganze Lebensrichtung ändern. Wie kann das praktisch aussehen?
Beispiel: Streit gehabt / der ist Schuld / ich bin im Recht / soll der kommen / Unversöhnlichkeit (Predigt / ein schlichter Bruder predigt) / Wort Gottes trifft / Änderung der Lebensrichtung um 180 % / hin zum Bruder / Bitte um Vergebung / Gebet / alles wieder in Ordnung / das heißt Buße tun.
Oder: ich habe mich fast unmerklich Stück um Stück vom Leben mit Jesus entfernt / keine Freude mehr an Ihm / keine Lust zur Stillen Zeit / kein Zug in die Gemeinschaft / keine Bereitschaft zum Dienst für Jesus / alles zu viel / dann schickt Gott eine aufrüttelnde Predigt / und ich weiß, ich bin gemeint / und ich schlage dann nicht um mich, sondern in mich und bekenne zu Hause vor dem Herrn meine Schuld und bitte um Reinigung von aller Lauheit und gebe mich wieder neu dem Herrn hin --> dann ist Buße geschehen! Genau das erwartete der Herr von Laodicea. Keine Schönheitskorrekturen oder geistigen Klimmzüge, auch nicht mehr Gnadengaben. Nirgends klagt Jesus in den Sendschreiben über mangelnde Gaben, aber er sagt fünfmal: „Tue Buße!"
Aber die Laodizeer sollten erkennen, dass die geistliche Zucht, die der Herr nun an ihnen ausübte, pure, lautere Liebe war. "Welche ich lieb habe, die züchtige ich." Ihr lieben Brüder und Schwestern, es ist die Liebe Jesu, die uns in dieser Stunde begegnet. Er tut uns nur weh, weil er uns helfen will. Er hat sich am Kreuz für uns gegeben und möchte nun unser ungeteiltes Herz. Jesus Christus will uns ganz. "Halb dem Herrn und halb der Welt heißt ganz dem Teufel!"
Lasst mich in einem letzten Gedankengang noch eben ausführen, was uns das Sendschreiben als ganze Gemeinde zu sagen hat. Ich folge dabei der kirchengeschichtlichen Deutung von Arnold Fruchtenbaum und Watchman Nee.
Die sieben Gemeindezeitalter der Kirchengeschichte
(siehe auch PDF)
Ephesus, ohne die erste Liebe, die ersten christlichen Gemeinden, 30-95 (n.Chr.)
Smyrna, ohne rosige Zukunft, verfolgte Gemeinde, ab Nero
Pergamon, ohne Unterscheidungsvermögen, Vermischung von Staat und Kirche, ab 313
- aus Pergamon geht Thyatira hervor...
Thyatira, ohne Zucht, Röm.-kath. Kirche, ab 600
- Priestersystem
- aus Thyatira ging Sardes hervor...
Sardes, ohne Leben, Reformation mit anschließenden protestantischen Kirchen, ab 1517
- Evangelium, aber anstelle des Priestersystems trat ein anderes klerikales System
- aus Sarden ging Philadelphia hervor...
Philadelphia, ohne Tadel, weltweite Brüderbewegung, ab 1825
- „Bruderliebe“ / ohne Klerus / freie, schriftgemäße Anbetung / biblische Gemeindeform
- Versammlung zum Herrn hin / Er allein in der Mitte...
- aus Philadelphia ging Laodizea hervor...
Laodizea, ohne Herrn, Kirche des Abfalls, ab 1848
- Laodizea ist ein geistlich hochmütiges Philadelphia!
- Die katholische Kirche ist kein Laodizea, sondern Thyatira!
- Die evangelische Kirche ist kein Laodizea, sondern Sardes!
- Irgendwelche christliche Kirchen, die sich weit von der Bibel entfernt haben, sind nicht Laodizea, sondern ihrem Wesen nach Pergamon oder Thyatira oder Sardes.
Noch einmal: Laodizea ist ein geistlich hochmütiges Philadelphia!
Es kann sein, dass zwischen einer Philadelphia-Gemeinde und einer Laodizea-Gemeinde
äußerlich kein Unterschied zu sehen ist. Nur der Herr kennt den Unterschied. Er sieht,
wenn sich eine Gemeinde reich, satt und besser als andere dünkt. Dann ist sie Laodizea
geworden, und der Herr steht draußen vor der Tür.
Es ist gefährlich, wenn wir denken oder sagen: wir sind Philadelphia!
Wir wollen es anstreben, aber Vorsicht mit dem Gedanken, dass wir es sind.
Diese Beurteilung wollen wir dem Herrn überlassen.
Schluss
Das Sendschreiben schließt mit der größten Verheißung von allen. V. 21 lesen!
Ganz einfach. Wer den Herrn Jesus hier auf seinem Lebensthron regieren lässt, der darf dort in der Herrlichkeit mit auf seinem Thron sitzen. Ist das nicht großartig? Spornt uns das nicht an? Jede neue Segnung fängt mit einer Beugung an (Römer 2, 4).