Einführung in Jesajas Berufung
Wir haben heute unseren Predigttext aus Jesaja 6,1-8 gelesen.
Jesajas Berufung zum Propheten:
In dem Jahr, als der König Usia starb, sah ich den Herrn sitzen auf einem hohen und erhabenen Thron. Sein Saum füllte den Tempel. Über ihm standen Seraphim. Jeder von ihnen hatte sechs Flügel: Mit zweien deckten sie ihr Angesicht, mit zweien ihre Füße, und mit zweien flogen sie.
Einer rief zum anderen und sprach: „Heilig, heilig, heilig ist der Herr Zebaoth, das heißt: der Herr der Heerscharen. Alle Lande sind seiner Ehre voll.“
Das Wort „Ehre“ bedeutet hier mehr, als wir uns gewöhnlich darunter vorstellen. Luther übersetzt mit „Ehre“ das hebräische Wort „kabod“, das den ganzen Lichtglanz Gottes beschreibt, der über dieser Welt liegt. Ein Mensch erkennt plötzlich, dass nicht nur Gottlosigkeit, Sünde, Krankheit und Tod über der Welt liegen, sondern auch der Lichtglanz, die Majestät, die Nähe und die Schönheit unseres Herrn.
Die Schwellen bebten von der Stimme ihres Rufens, und das Haus wurde voll Rauch. Da sprach ich: „Weh mir, ich vergehe, denn ich bin unreiner Lippen und wohne unter einem Volk von unreinen Lippen. Denn ich habe den König, den Herrn Zebaoth, mit meinen Augen gesehen.“
Da flog einer der Seraphim zu mir und hatte eine glühende Kohle in der Hand, die er mit einer Zange vom Altar nahm. Er rührte meinen Mund an und sprach: „Siehe, hiermit sind deine Lippen berührt, damit deine Schuld von dir genommen werde und deine Sünde gesühnt sei.“
Und ich hörte die Stimme des Herrn, wie er sprach: „Wen soll ich senden? Wer will unser Bote sein?“
Ich aber sprach: „Hier bin ich, sende mich!“
Er segne dein Wort an unser aller Herzen. Amen.
Die Verantwortung des Redens im Namen Gottes
Liebe Brüder und Schwestern,
wenn jemand in ein Autogeschäft geht und in meinem Namen einen Kaufvertrag für ein neues Automodell unterschreibt, dann ist das eine ganz üble und heimtückische Fälschung. Wie kann jemand in meinem Namen handeln und unterschreiben?
Wenn jemand am Telefon eine Nummer wählt, seine Stimme verstellt und meinen Namen nachahmt, um zu sagen, er rufe in meinem Namen an, dann ist das ein dummer Trick und eine üble Fälschung.
Und wenn jemand durch diese Welt geht und vor anderen Menschen sagt: „Ich rede im Namen des lebendigen Gottes“, dann ist das ebenfalls eine Fälschung, ein Trick.
Machen wir uns klar, was das bedeutet, wenn wir uns anmaßen, anderen Menschen gegenüber im Namen Gottes zu reden: auf sie zuzugehen, sie zu trösten, zu ermuntern, zu sagen: „Sei ganz still, Gott ist bei dir.“ Wer darf das im Namen Gottes sagen? Wer kann das von sich beanspruchen? Wer kann so groß von sich selbst denken?
Wir verstehen ja viel zu gut, dass viele unserer Zeitgenossen uns vielleicht für verrückt halten oder uns gar nicht mehr ernst nehmen, wenn sie denken: „Die wollen tatsächlich Gewisses, Wahres und Gültiges von Gott weitersagen.“ Man kann das doch gar nicht. Wer kann das?
Machen wir uns klar, dass alle Menschen dieser Welt sehr wohl ihre Gedanken über Gott machen. Aber keiner wäre so vermessen zu sagen: „Ich bin gewiss, ich weiß das ganz genau, und ich kann das allen anderen wahr und zuverlässig sagen.“
Wie kommen wir denn dazu? Woher haben wir das Recht, so zu reden? Woher haben wir unsere Klarheit?
Zweifel und die Suche nach Gewissheit im Glauben
Wir dürfen heute Morgen einmal darüber sprechen, dass auch in unserem Leben durchaus Zweifel vorhanden sind. Wir stehen mit unseren Aufgaben und unserem Leben draußen in einer Welt, die voller Sorgen und Arbeit ist. Viele Menschen umgeben uns, und sie bereiten uns oft große Not.
Aber wo sehen wir Gott? Dass wir Zweifel in unserem Glauben haben, ist doch klar. Wir sehen ja immer nur uns selbst und die anderen. Und wohin wir auch blicken, finden wir keine Gewissheit oder Klarheit, sondern nur viele neue Fragen.
Wenn wir uns hier versammeln, wollen wir gegenüber anderen nicht so tun, als ob uns das gar nicht beschäftigen würde. Es gibt keinen Christen, der in seinem Glauben nicht fortwährend angefochten wird. Denn wo er hinsieht, sieht er nichts von Gott. Er sieht eine Welt, die vergeht, den Tod und die Macht des Teufels in der Welt. Er sieht Menschen, die ihm Schwierigkeiten machen, und er sieht an sich selbst sein Versagen und seine Enttäuschung.
Wo ist denn der Grund, dass ich glauben kann, dass ich fest auftreten kann und sagen kann, ich kann etwas Gewisses von Gott sagen? Darüber müssen wir uns Rechenschaft geben, und das muss auf klare Weise geschehen.
Wir können anderen nur im Namen Gottes etwas sagen, wenn Gott selbst vor uns den Vorhang wegzieht und uns einen Blick in seine Welt gibt. In dem Buch des Jesaja, in dem so viel über die Wirksamkeit dieses Propheten steht, über das, was er verkündigt und gepredigt hat, finden wir ganz vorne seine Berufung. Das war das Geheimnis seines Lebens und machte ihn zum Propheten.
In diesem Namen konnte er reden, weil er einen Blick auf den lebendigen Gott geworfen hatte, weil er ein Sehender war.
Die Bedeutung des Sehens der Herrlichkeit Gottes
Und das macht uns nicht zum Christen, und das macht uns nicht zu Predigern, und das macht uns nicht zu Missionaren, dass wir Gedanken über Gott haben oder dass wir miteinander darüber reden.
Sondern es ist entscheidend, dass sich Gott uns offenbart und sich uns selbst zeigt. Die Jünger Jesu haben später von ihrem Leben gesagt: „Wir sahen seine Herrlichkeit!“
Wenn sie das Wort „Herrlichkeit“ gebrauchen, das bei uns heute so abgegriffen ist, dass es fast unansehnlich geworden ist, dann meinten sie genau das, was Jesaja hier erlebt hat: Wir sahen diesen Kabod, diese Herrlichkeit Gottes, diese Majestät, diese Lichtfülle, diese Größe unseres Gottes, der alles in allem erfüllt.
Wir sahen das, indem wir unsere Augen auf den Mann am Kreuz richteten. Dort sahen wir ihn in seiner Schwachheit. Die anderen standen nur da, lästerten und sagten: „Was ist das schon, ein sterbender Mensch?“
Doch wir erkannten, wie Gott mit uns ist, wie er uns mit Liebe umgibt, wie er sich müht, dass mein Leben frei wird von Schuld und dass er mir Vergebung zusprechen kann. Dort haben wir die Herrlichkeit, die Majestät und die Größe unseres Gottes gesehen.
Ich darf Sie heute Morgen einladen, in Ihrem ganzen Leben alles darauf zu konzentrieren, über diesem Kreuz diese Größe und Herrlichkeit Gottes zu erkennen und zu sehen. Das macht unser Leben so wertvoll.
Es sind nicht Gespräche, es ist nicht Grübeln, es sind nicht fromme Gedanken, nicht das Abquälen mit christlichen Vorsätzen und Leidsätzen – das ist es nicht. Sehend muss man werden.
Durchbrechen Sie diese Welt, in der wir nur Vergänglichkeit sehen, in der wir nur Menschen sehen, in der wir nur Leiden sehen. Brechen Sie durch und werden Sie Sehende!
Und wir wissen, dass das, was wir vorher aus dem Mund Jesu gelesen haben, gilt: Wir können das nicht aus eigener Kraft. Aber er hat versprochen, dass er dieses Wunder bei uns wirkt, dass er uns die Augen öffnet für sich selbst.
Erste Entdeckung: Gott lebt
Ich möchte Ihnen anhand dieses Schauens drei Entdeckungen zeigen. Die erste Entdeckung lautet: Gott lebt. Es war eine weltpolitisch wichtige Stunde damals, im Jahr, in dem König Usia starb. Das Südreich Juda erlebte eine große wirtschaftliche Entwicklung, ähnlich wie das ganze Reich unter Salomo etwa 40 Jahre zuvor. Es war eine Zeit blühenden Handels, Reichtums und Wohlstands unter dem Volk.
Dann starb dieser König, und ab diesem Jahr begann der große Umschwung. Das Südreich Juda ging abwärts bis zur totalen Zerstörung Jerusalems. Es war ein Jahr des großen Einschnitts, in dem die Gedanken der Menschen an den weltpolitischen Vorgängen hängen blieben. Jeder beschäftigte sich mit Fragen wie: Was wird der neue König bringen? Wird er Entspannung zwischen den Völkern erreichen können? Kann er die außenpolitische Gefahr aus Assyrien abwenden? Wird es ihm gelingen, den Wohlstand im Land zu erhalten? Wird er Verständnis zwischen den verschiedenen Gruppen schaffen?
Doch plötzlich sind all diese weltpolitischen Themen weg. Hat jemand von Ihnen ungeschickt geparkt? Dann erbarmen Sie sich des Mannes, danke! Wir wollen keinen Hass auf uns laden.
In diesem Jahr, in dem die weltpolitische Entwicklung Israels so vor den Augen der Menschen lag, rückt Jesaja plötzlich von all diesen aktuellen Tagesfragen weg. Er sieht plötzlich den lebendigen Gott. Er hat ihn nicht von Angesicht zu Angesicht gesehen, denn wir sterblichen Menschen können Gott nicht schauen. Paul Gerhardt sagt: „Ich müsste stracks vergehen wie Wachs in Feuers Glut, wenn ich Gott schauen wollte.“
Jesaja sieht nur den Saum seines Mantels, der schon den ganzen Tempel füllt. Wir wissen nicht, ob Jesaja ein Priester war, ob er Tempelangestellter war oder ob er nur aus Tradition zum Gottesdienst ging, weil man es eben tun muss. Aber plötzlich kommt es in seinem Leben zu dieser großen Erkenntnis: Gott lebt!
Man kann lange im christlichen Betrieb mitschwimmen, Lieder singen und doch diese Entdeckung nicht machen. Gott ist da. Er sitzt auf seinem Thron und hält die Welt in seiner Hand. Das, was mich sonst ganz nervös und kribbelig macht – die Frage, was aus meinem Leben wird, was morgen kommt, die Angst und die Sorgen – all das verliert seine Macht, wenn man im Glauben sieht: Gott sitzt auf seinem Thron. Die ganze Welt, die Reiche und Völker sind in seiner Hand gehalten.
Ich brauche mich nicht zu sorgen. Dieser Gott ist viel größer, als ich denken kann. Er ist viel weiter, als meine Gedanken reichen. Das ist die erste Entdeckung, die ein Glaube machen kann: Man durchblickt mit seinem Leben den Horizont der täglichen Mühe und Arbeit und steht plötzlich vor dem Herrn aller Herren.
Er ist da, der große Gott, der Himmel und Erde geschaffen hat. So wie es später der Prophet tröstlich dem Volk zugerufen hat: „Weißt du es nicht? Hast du es nicht gehört? Da herrscht der ewige Gott, der die Enden der Welt geschaffen hat. Er ist doch bei dir, er steht doch vor dir.“
Schau doch auf und zähle einmal die Sterne. Die Zahl der Sterne ist ungeheuer groß. Es gibt allein 500 Millionen Sternbilder mit ganzen Sternsystemen. Sieh diesen großen Gott an, der viel weiter geht, als unser Blick ins Weltall uns ermöglichen lässt. Dieser Gott steht da.
Jesaja hatte dies nicht für möglich gehalten. Er ging aus Tradition in den Tempel, nahm sein Gesangbuch unter den Arm, wollte seine Lieder singen und sich zum Gebet versenken. Und plötzlich erkannte er durch das, was Gott ihm ermöglichte, dass der lebendige Gott vor ihm ist.
Ich möchte das mit einem ganz einfachen Beispiel verdeutlichen, um was es sich handelt. Wenn Menschen zum Glauben kommen – das Beispiel stammt von Jesus selbst – erzählt er von einem Mann, der in seiner Arbeit unglücklich und unzufrieden ist. Die Arbeit befriedigt ihn nicht, sie macht ihn nicht satt. Er ist abhängig von den Leuten. Er hat keine Freunde mehr, sie haben ihn alle verlassen. Er ist auf Gedeih und Verderb auf seinen Chef angewiesen, der ihn hart an die Arbeit herannimmt.
Oft sitzt er träumend dazwischen und denkt: Was ist eigentlich in meinem Leben dran? Was habe ich denn von meinem Leben? Und plötzlich kommt diese eine Entdeckung, diese eine Erkenntnis: Ich habe einen Vater. Ich habe meinen Vater. Ich will umkehren, ich will aufbrechen und zu meinem Vater gehen. Dort will ich sein.
Das ist die eine Erkenntnis, die der Glaube plötzlich wieder macht: Da ist der lebendige Gott, mein Gott. Wie hat der verlorene Sohn nur vergessen können, dass er einen Vater hat? Wie hat ein Mensch, wie habe ich das nur in meinem Leben vergessen können, dass direkt um mich herum der lebendige Gott in seiner Majestät ist? Wie habe ich das versäumen können? Man kann es nicht verstehen.
Und darum geht es nicht jetzt darum, wie ich unseren Gott in unserer Welt den Menschen nahebringe, wie wir es so oft machen. Wie ich den Leuten jetzt doch noch argumentieren kann und sage: Du musst doch noch etwas vom Christentum festhalten, du musst doch noch versuchen, etwas Richtiges an der Bibel zu sehen. Wie wir dann argumentieren und beweisen wollen.
Darum kann es doch gar nicht gehen, dass wir unseren Gott verteidigen in der Welt. Wir wollen doch darum ringen, dass Menschen den ganzen Gott erkennen, unseren Herrn in seiner Majestät und Größe. Dass Menschen erkennen: Ich stehe vor ihm. Nicht Gott muss sich an unsere moderne Welt anpassen, sondern unsere Welt muss umgekehrt werden.
Mein Leben muss umgekehrt werden. Ich muss zu meinem Vater gehen. Mein Leben braucht wieder diese Mitte, von der es allein leben kann und von der es allein seine Kraft bezieht. Ich muss zu meinem Vater gehen.
„Alle Lande sind seiner Ehre voll“, rufen die Seraphim einander zu, die dort vor dem Thron Gottes stehen. „Alle Lande sind seiner Ehre voll.“ Das stimmt doch gar nicht, wir sehen doch, wie die Erde voll ist von Jammer, Herzeleid, Nöten und von weinenden Menschen, ja, von weinenden Kindern und von Leuten, die gar keinen Mut mehr haben.
Dann sagt Jesaja: Das ist vordergründig so, aber wer durchsieht, der sieht, wie alles von der Nähe dieses Gottes umgeben ist. Du musst nur die Augen haben, diesen heiligen, herrlichen Gott zu sehen.
Und von daher kommt dieser fröhliche Entschluss des Jesaja: Ich möchte mein Leben für diesen herrlichen Gott öffnen. Diese Kabot Gottes, diese Schönheit Gottes, diese Macht und Majestät soll jetzt auch Jesajas Leben prägen.
Und das ist eine Bekehrung, wenn ein Mensch in seinem Leben zu dem Entschluss kommt: Von diesem Gott möchte ich auch umgestaltet werden. „Alle Lande sind seiner Ehre voll.“ Über der Schöpfung Gottes, über dieser Welt liegt noch die Schönheit dessen, was er geschaffen hat.
Nur in meinem Leben ist so viel zerstört, von mir selbst. In meinem Leben ist so viel zerbrochen, weil ich selbst Gott weggedrückt habe. Und jetzt ruft dieser Jesaja vor diesem Gott, dass er sein Leben ihm öffnen kann. Dass Gott in sein Leben einbrechen und es gestalten kann nach seiner herrlichen Art.
Zweite Entdeckung: Gott macht mich rein
Das war die erste Entdeckung: Gott lebt. Die zweite Entdeckung lautet: Er macht mich rein, er macht mich rein.
Was Jesaja hier erlebt, ist seine Berufung zum Dienst. Wenn wir uns dazu entschließen und sagen, dass wir auch mit unserem Leben für Gott etwas bewirken möchten, ist das ein schöner Entschluss. Wenn wir bereit sind und sagen, es soll aus meinem Leben etwas für Gott hervorgehen, dann ist das ein guter Anfang.
Doch genau das stand bei Jesaja am Anfang nicht im Vordergrund – der Entschluss, Gott dienen zu wollen. Am Anfang stand die Erkenntnis: Ich bin vor Gott nichts. Haben nicht viele Menschen diese wichtige Erkenntnis? Manchmal geraten sie an den Punkt, an dem sie ihr Leben nicht mehr ertragen wollen. Woher kommt das? Ist es so abwegig, dass man manchmal sagt: An meinem Leben ist nichts mehr dran? Dass man fragt: Was habe ich denn noch? Wofür lebe ich noch?
Jesaja stand genau an diesem Punkt, als er rief: „Ich bin ein Verlorener.“ So wie Menschen zusammenbrechen unter der Last ihres Lebens, weil sie nicht mehr rückblickend ordnen können, weil Tatsachen da sind, die Schuld bedeuten und die sie nicht mehr verdrängen können. An genau diesem Punkt steht Jesaja. Und das ist der Moment, an dem Gott eingreift und Menschen beruft. Dort rüstet er seine Diener aus. An diesem Punkt geht der heilige Gott auf Jesaja zu und nimmt ihn in seinen Dienst.
Wenn Menschen Gott begegnet sind und im Glauben Gott erkannt haben, hat sich immer wieder gezeigt, dass sie von ihrem eigenen, unbrauchbaren Leben überzeugt wurden. Wir wissen von Petrus, der vor Jesus auf die Knie fiel und bat, Jesus möge doch weggehen, weil er es nicht ertrug, dass Gott in seiner Nähe war. Wenn jemand in seinem Leben leidet und denkt, sein Leben sei unbedeutend, klein, beschmutzt und verdreckt – und wenn darin so viel Empörung gegen Gott und Beleidigung Gottes ist –, dann sollen solche Menschen wissen, dass sie von Gott berufen werden. Solche Menschen werden Gottes tüchtigste Mitarbeiter, ohne dass eigenes Können oder eigener Glanz sich dazwischen schiebt.
Was Jesaja hier erlebt, ist ein Wunder, das wir kaum begreifen können. Mit Kohlen und glühenden Kohlen kann man keine Schuld wegdrücken. Man könnte sich den ganzen Körper verbrennen, doch die Schuld bleibt bestehen. Nur der lebendige Herr kann in seiner Verfügung Schuld vergeben. So wie er das Blut Jesu Christi nimmt, um unsere Schuld wegzuwaschen, nimmt er sich das Recht heraus, in unser Leben hineinzusprechen und zu sagen: „Ich mache dich jetzt ganz rein und ganz frei.“
Was auch immer Sie heute Morgen mitgebracht haben und was in Ihrem Leben an Dunklem, Schwerem und Belastendem liegt, dieser Herr will heute an Ihnen wirken, damit Sie ganz frei werden. Sie sollen es ganz vor ihm und durch ihn wegwerfen können.
So steht Jesaja da und merkt plötzlich: „Meine Lippen, mein ganzes Wesen ist ja unrein.“ Dann erkennen Sie: Dieser Herr macht Menschen ganz frei, ganz rein, ganz neu. Es gibt keinen Teil an uns, den er nicht ganz verändern will. Er will unser ganzes Leben, unser Familienleben, unsere Berufsarbeit, unsere Gedanken, unseren Willen, unsere Pläne und unsere Geldgeschäfte in sein Licht rücken.
Diese Herrlichkeit Gottes ruht nicht irgendwo heilig in einem Tempel. Dieser heilige Gott will Menschen heilig machen. Dieses dreimal Heilige, das die Seraphim Gott zurufen, und diese Ehre Gottes, von der sie sprechen und die die ganze Welt erfüllt, soll jetzt im Leben sterblicher, sündiger Menschen sichtbar werden. Das hat Jesus sich zum Ziel gesetzt. Darum hat er sie gerufen, darum hat er mich gerufen, weil das sein Plan ist.
Werden Sie nicht mutlos, wenn Sie sagen, in meinem Leben taucht immer wieder das Böse und Dunkle auf! Er hat sein Wort dafür gegeben, dass er in Ihrem Leben dafür streiten will. Lassen Sie ihn eintreten in Ihr Leben, er macht Sie rein. Sie können sich anstrengen, so viel Sie wollen, aber Sie schaffen keine eigene Heiligkeit.
Dieser Herr schafft es durch seine wunderbare Verfügung, dass er Menschen rein macht – ganz rein, ganz rein. Es ist so wichtig, dass in unserem Leben diese Heiligkeit Gottes und diese Majestät, Schönheit und Herrlichkeit Gottes als Glanz sichtbar wird.
Verstehen Sie das nicht falsch: Es gibt Menschen, die immer wieder so tun, als könnten sie das in ihrem Leben so leuchten lassen. Sie führen ein verkrampftes Christenleben und wollen vor ihren Mitmenschen etwas Strahlendes und Leuchtendes zeigen. Sie kennen solche verkrampften Gesichter. Doch das ist es nicht.
Wenn Sie in das Gesicht eines solchen Boten schauen, sehen Sie vielleicht sogar das schmerzverzerrte Gesicht eines Leidenden. Sie sehen das ausgemergelte Gesicht eines alten Menschen, der viel gearbeitet hat und am Ende seiner Kraft ist. Äußerlich sehen Sie das nicht. Was sehen Sie in dem Menschen? Sie sehen nur die große Freude, dass er Vergebung gefunden hat. Dass er von diesem Vorrecht beschenkt wird, heilig gemacht zu sein.
Allein durch Gottes Verfügung sind Menschen geprägt, in deren Leben keine Vollkommenheit oder Perfektion herrscht. Es sind Menschen, die durch viel Trübsal und Not gegangen sind, auch durch viele Enttäuschungen in ihrem eigenen Leben. Aber sie haben erfahren: Sein Blut macht hell und rein. Er macht das. Und diese Freude ist groß. Und diese Freude sieht man.
Dritte Entdeckung: Gott braucht mich
Noch ein letztes Mal: Er braucht mich, er braucht mich.
Gott hat wunderbare Seraphim, und Jesus sprach selbst davon, dass er Legionen von Engeln hat. Man versteht oft nicht, dass Gott Personalnöte haben könnte. Das kann doch gar nicht sein – er hat doch so viele dienstbare Geister. Es müsste ihm doch ein Leichtes sein, in dieser Welt sein Reich zu bauen.
Es wird ihm einmal ein Leichtes sein, unsere ganze Welt außen an Engeln zu heben, sodass sogar die Kräfte der Erde das Gleichgewicht der Welt verlieren. Im Untergang der Welt und in der Neuschaffung der kommenden Welt verfügt Jesus über große Macht, um das zum Ziel zu bringen.
Aber heute hat er alle seine Arbeit in unsere Hände gelegt – in Hände von schwachen, sterblichen, unreinen Menschen. Dann ruft er diesem Jesaja zu: „Wen soll ich senden?“ Er hätte doch einfach bestimmen und sagen können: „Jesaja, steh auf!“ Doch das tut er nie, er macht es nie.
Man kann ein Leben lang vor der Bibel sitzen und nie verstehen, dass Gott niemals zwingt. Er fragt. Und es ist die Entscheidung jedes Einzelnen, ob er sagt: „Ich will.“
Dieses „Ich will“ kann man sich nicht heraushalten. Man wird so lange in seinem Glauben nichts erleben, bis man sagt: „Ich will gehen. Ich will Bote Gottes sein. Ich will seine Heiligkeit in meinem Leben haben und sie wie einen Schatz weitertragen. Ich möchte hineingehen in den Kampf dieser Welt. Ich möchte dort stehen, wo man gar nichts mehr von der Herrlichkeit und Heiligkeit Gottes sieht.“
Und ich weiß, dass es doch nur wie ein Vorhang ist, den man zur Seite schieben muss – und dann ist dieser Gott da.
Wer will mein Bote sein? Wer will das wagen? Sind Sie bereit, hinauszugehen, dorthin, wo Menschen verzweifelt klagen und sagen: „Man sieht nichts von Gott, man hört nichts von ihm“? Dort hinzustehen als Bote der Herrlichkeit Gottes, als Bote dieses dreieinigen Gottes und zu sagen: „Ich bekenne dir, er ist da, der alle Gewalt hat im Himmel und auf Erden.“
Welche Erfahrungen würden Sie machen? Wie würde Ihr Glaube plötzlich voll sein mit tiefen Eindrücken, die Sie in dieser Welt machen, wo man angeblich so wenig von Gott sieht – wenn Sie es wagen, Bote zu sein?
Herr, auf deinen Namen will ich reden. Das ist keine Urkundenfälschung, sondern du hast mich, den Unreinen, berufen, weil du mich heilig gemacht hast. Du sendest mich. Es ist ja nicht meine Sache. Ich gehe ja nicht hin wie jemand, der ins Autogeschäft geht und sich einen Sportwagen auf einen falschen Namen kauft. Du sendest mich. Es ist deine Sache, was ich in dieser Welt wirken will.
Die Antwort Jesajas war ganz einfach: „Hier bin ich.“ Es war militärischer Gehorsam: „Sende mich!“ Hier bin ich, sende mich.
Was würde geschehen, wenn heute Morgen 450 oder 500 Leute da wären, die sich Gott zur Verfügung stellen? Wenn unser Gott uns dann in den kommenden Tagen an ganz verschiedene Orte unserer Stadt verteilen könnte? Das wären nur Menschen, die sagen: „Herr, was willst du? Hier bin ich, fülle mich, gebrauche mich, ich bin da!“
Dann darf ich Sie senden: Im Namen dieses Herrn gehen Sie! Amen!
Schlussgebet und Segenswunsch
Herr, unser Gott, wir sind oft wie Menschen, die ein Brett vor dem Kopf haben. Wir sind so verbohrt in unseren Nöten, in unseren Fragen und Zweifeln. Du scheinst uns dann so fern zu sein, doch eigentlich sind nur wir blind für deine Nähe.
Herr, wir danken dir, dass du nicht von uns gewichen bist und dass wir dich jeden Augenblick in deinem Wort finden können. Wir können nur in Demut zu dir kommen. Ich bitte dich: Gib uns diesen freien Blick auf dich durch dein Wort. So werden wir dich in den Aufregungen und Stürmen des Alltags als den großen und erhabenen Herrn vor Augen sehen. Wir werden erkennen, wie du unser Leben heiligst.
Mit all dem, was uns wichtig ist – mit unserer Arbeit, unseren Wünschen, unserer Freude, unseren Planungen, unseren Geschäften und unserem Geld – wollen wir dich als Boten gebrauchen, um dein Reich und deine Herrschaft auszubreiten. Herr, du sendest uns in deinem Namen. Lass uns uns senden und hinausgehen in die Welt, um deinen Namen zu rühmen und in dieses Lob einzustimmen, das deine Engel jetzt schon vor dir singen.
Herr, mach unser ganzes Leben zu einem Lobgesang für dich, zu einem Lied, das dich preist. Hier bringen wir jetzt auch alle vor dich, die leiden und niedergeschlagen sind und dich nicht sehen können. Zeig du sie uns, damit wir sie vor dich führen und mitnehmen können dorthin, wo sie dich von Angesicht zu Angesicht schauen.
Herr, rede auch in deiner Christenheit durch dein Wort, in all den vielen Veranstaltungen, die landauf, landab abgehalten werden – in den Gottesdiensten, in den Schulstunden, in den Vorlesungen der Universität und überall dort, wo Menschen zusammenkommen. Gib du den Blick frei auf dich.
Wir bitten dich auch für die Beratungen der Landessynode. Gib du den Synodalen deine Weisheit und Einsicht für gute Beratungen. Wir bitten dich auch für unsere unruhige Welt mit all dem Unfrieden. Sei du bei den Christen, besonders im Libanon, in ihrer großen Not. Lass sie in aller äußeren Bedrängnis ruhig werden vor dir.
Wir danken dir, dass wir in allem, was uns bewegt, zu dir kommen dürfen, weil du unsere Sorgen trägst und für uns sorgst. Lasst uns gemeinsam beten:
Führe uns nicht in Versuchung, sondern erlöse uns von dem Bösen. Denn dein ist das Reich und die Kraft und die Herrlichkeit in Ewigkeit. Amen.
Und nun sende der Herr in diese Welt all seine Boten. Herr, segne uns und behüte uns. Herr, lass dein Angesicht leuchten über uns und sei uns gnädig. Herr, erhebe dein Angesicht auf uns und gib uns deinen Frieden!