Einführung in die dramatische Situation am Hof Nebukadnezars
Wir hören die Schriftlesung aus Daniel 2. Wenn Sie mitlesen möchten, teilen wir den Predigttext gleich in die Schriftlesung auf. In den ausgelegten Bibeln finden Sie den Text auf Seite 815.
Im zweiten Jahr seiner Herrschaft hatte Nebukadnezar einen Traum, der ihn so erschreckte, dass er aufwachte. Der König ließ daraufhin alle Zeichendeuter, Weisen, Zauberer und Wahrsager zusammenrufen. Er wollte, dass sie ihm seinen Traum berichten.
Sie kamen und traten vor den König. Der König sprach zu ihnen: „Ich habe einen Traum gehabt, der mich erschreckt hat. Ich möchte gerne wissen, was es mit dem Traum auf sich hat.“
Da antworteten die Wahrsager dem König auf Aramäisch: „Der König lebe ewiglich! Sage deinen Knechten den Traum, so wollen wir ihn deuten.“
Der König antwortete und sprach zu den Wahrsagern: „Mein Wort ist deutlich genug. Wenn ihr mir nun den Traum nicht kundtut und deutet, sollt ihr in Stücke gehauen werden, und eure Häuser sollen zu Schmelzöfen gemacht werden. Wenn ihr mir aber den Traum kundtut und deutet, sollt ihr Geschenke, Gaben und große Ehre von mir empfangen. Darum sagt mir den Traum und seine Deutung!“
Sie antworteten noch einmal und sprachen: „Der König sage seinen Knechten den Traum, so wollen wir ihn deuten.“
Der König antwortete und sprach: „Wahrlich, ich merke, dass ihr Zeit gewinnen wollt, weil ihr seht, dass mein Wort deutlich genug ist. Wenn ihr mir den Traum nicht sagt, so ergeht ein Urteil über euch alle, weil ihr euch vorgenommen habt, Lug und Trug vor mir zu reden, bis die Zeiten sich ändern. Darum sagt mir den Traum, so kann ich merken, dass ihr auch die Deutung trefft.“
Da antworteten die Wahrsager vor dem König und sprachen zu ihm: „Es ist kein Mensch auf Erden, der sagen könnte, was der König fordert. Ebenso gibt es keinen König, wie groß oder mächtig er sei, der so etwas von irgendeinem Zeichendeuter, Weisen oder Wahrsager fordern würde. Denn was der König fordert, ist zu hoch, und es gibt auch sonst niemanden, der es vor dem König sagen könnte, außer den Göttern, die nicht bei den Menschen wohnen.“
Die Bedrohung und die Reaktion Daniels
Da wurde der König sehr zornig und befahl, alle Weisen von Babel umzubringen. Das Urteil lautete, dass man die Weisen töten sollte. Auch Daniel und seine Gefährten suchte man, um sie zu töten.
Da wandte sich Daniel klug und verständlich an Arjoch, den Obersten der Leibwache des Königs, der ausgesandt worden war, um die Weisen von Babel zu töten. In diesem Augenblick zeigten sich Glaubensschritte, denn Daniel versuchte noch zu handeln.
Er begann und sprach zu Arjoch, dem der König Vollmacht gegeben hatte: „Warum ist ein so strenges Urteil vom König ergangen?“ Arjoch teilte Daniel das Urteil mit.
Daraufhin ging Daniel zum König und bat ihn, ihm eine Frist zu gewähren, damit er die Deutung dem König sagen könne. Daniel ging heim und teilte es seinen Gefährten Hananja, Misael und Asarja mit. Gemeinsam baten sie den Gott des Himmels um Gnade.
Wegen dieses Geheimnisses und damit Daniel und seine Gefährten nicht samt den anderen Weisen von Babel umkämen, wurde Daniel dieses Geheimnis durch ein Gesicht in der Nacht offenbart. Er selbst war lange im Ungewissen, ob Gott ihm die Deutung geben würde.
Daniel lobte daraufhin den Gott des Himmels und begann zu sprechen: „Gelobt sei der Name Gottes von Ewigkeit zu Ewigkeit! Ihm gehören Weisheit und Stärke. Er ändert Zeit und Stunde, setzt Könige ab und setzt Könige ein. Er gibt den Weisen ihre Weisheit und den Verständigen ihren Verstand. Er offenbart, was tief und verborgen ist. Er weiß, was in der Finsternis liegt, denn bei ihm ist lauter Licht.
Ich danke dir und lobe dich, Gott meiner Väter, dass du mir Weisheit und Stärke verliehen hast und jetzt offenbart hast, was wir von dir erbeten haben. Denn du hast uns des Königs Sache offenbart.“
Daniels mutiges Handeln und die Offenbarung des Traumes
Da ging Daniel zu Arjoch, der vom König den Befehl hatte, die Weisen von Babel umzubringen, und sprach zu ihm: Du sollst die Weisen von Babel nicht umbringen. Führe mich lieber zum König, ich will ihm die Deutung sagen.
Arjoch brachte Daniel eilends vor den König und sagte zu ihm: Ich habe einen Mann unter den Gefangenen aus Juda gefunden, der dem König die Deutung sagen kann.
Der König antwortete und sprach zu Daniel, den sie Belshazzar nannten: Bist du es, der mir den Traum, den ich gesehen habe, und seine Deutung kundtun kann?
Daniel begann vor dem König zu sprechen und offenbarte das Geheimnis, nach dem der König gefragt hatte. Die Weisen, gelehrten Zeichendeuter und Wahrsager vermögen dem König nicht zu sagen, was er wissen möchte. Aber es ist ein Gott im Himmel, der Geheimnisse offenbaren kann.
Dieser Gott hat König Nebukadnezar kundgetan, was in künftigen Zeiten geschehen soll. Durch einen Traum und durch Gesichte, als er schlief, hat er sich so verhalten.
Nun erzählt Daniel diesen Traum. Ich will das nicht zu sehr ausführen, denn es ist ein sehr langes Kapitel.
Das große Standbild mit dem goldenen Haupt, den silbernen Schultern, dem bronzenen Leib und den tönernen Füßen wird von einem großen rollenden Stein zermalmt und zermalmt. Aus diesen Trümmern entsteht ein riesengroßer Berg, der erschütternd ist. Das war der Schrecken für König Nebukadnezar, wie diese symbolisierten vier Reiche – diese vier großen Zeitepochen, die dargestellt werden – alle zermalmt werden.
Am Ende spricht Daniel davon (Daniel 2,44): „Aber zur Zeit dieser Könige wird der Gott des Himmels ein Reich aufrichten, das niemals zerstört wird. Sein Reich wird auf kein anderes Volk kommen. Es wird alle diese Königreiche zermalmen und zerstören, aber selbst wird es ewig bleiben – das Reich Gottes.“
Wie du gesehen hast, kam ein Stein ohne Zutun von Menschenhand vom Berg herunter, der Eisen, Kupfer, Ton, Silber und Gold zermalmte. So hat der große Gott dem König kundgetan, was dereinst geschehen wird. Der Traum ist zuverlässig, und die Deutung ist richtig.
Herr, zeige uns, was du uns damit sagen willst. Amen.
Die Macht der Könige und ihre innere Verzweiflung
Man erschrickt darüber, wie die Könige unserer Welt herrschen. Ein König von Babel steht an der Spitze dieses ungeheuer großen Königreiches und kann so blindlings wüten. In einer Aufwallung seiner Erregung befiehlt er, dass alle weißen, alle kundigen Leute seines ganzen Königreiches hingemordet werden sollen.
Ich denke, dieser Nebukadnezar ist für uns heute nicht ausschließlich eine historische Figur – das ist er zwar auch –, sondern gleichzeitig ein Typ, den er verkörpert. Diesen Typ können wir verfolgen durch all die Königreiche und Weltreiche, die in der Zwischenzeit noch existiert haben, ganz gleich, welcher politischen Färbung sie angehört haben.
Es sind einzelne Menschen, Chefmanager der Macht, die ganz oben sitzen und das Recht formen, wie es ihnen gerade gut scheint. Sie sind erfolgreich, ausgesprochen glücklich, denen alles in den Schoß fällt, denen die Millionen zujubeln und die Weltgeschichte machen.
Doch jetzt fällt unser Blick darauf, dass solche Leute wie dieser Nebukadnezar und mit ihm all die, die solche unheimliche Macht in ihren Händen haben, im Grunde ihres innersten Herzens verzweifelte und unsichere Menschen sind. Sie brauchen jemanden, der ihnen raten kann.
Sie sind umgeben von einer Clique von Leuten, die sie nur nachäffen. Diese können ihnen jedoch nicht die letzten Sinnfragen des Lebens klären helfen.
Die Suche nach Wahrheit und die Ohnmacht der religiösen Berater
Ich hatte ursprünglich geplant, diese Predigt „Vom Betrug des Aberglaubens“ zu überschreiben. Doch ich wollte nicht zu negativ sprechen, sondern positiv. Gläubige Menschen werden gesucht, genau dorthin ist Daniel gesandt.
Es wäre so einfach, wenn man sagen könnte: Da drüben ist die Welt, da ist Babel, da ist der Unglaube, dort sind die Menschen, die sich gegen Gott entschieden haben. Aber Gott hat Nebukadnezar nicht abgeschrieben.
Was wollen wir denn noch hören im missionarischen Jahr? Was soll uns Gott noch deutlich machen? Wie soll er uns sagen, dass all die großen Leute, vor denen wir oft zittern, diese Mächtigen unserer Welt, dringend Menschen brauchen, die zu ihnen kommen – Menschen, die nichts weiter mitbringen als die Offenbarung Gottes, die ihnen kund geworden ist? Davon wollen wir heute sprechen.
Gläubige Menschen werden gesucht. Mein erster Punkt: Angst, geht um!
Als Nebukadnezar aus seinem Schlafgemach trat, war er nicht mehr wiederzuerkennen. Er sah angegriffen und verzweifelt aus – und das alles konnte ein Traum bewirken. Gott hat mit Nebukadnezar gesprochen, darum war es mehr als nur ein Traum.
Ich bin vielen Menschen begegnet, die mir nach kurzer Zeit zugegeben haben, dass etwas mit ihnen geschehen ist, das sie selbst nicht erklären können. Ich frage mich oft, ob es überhaupt Menschen in unserer Welt gibt, die Gott nicht schon einmal auf geheimnisvolle Weise angesprochen hat – so wie er Nebukadnezar durch einen Traum zur Besinnung bringt.
Dieser sichere Mann, der in Babel Feste feierte, war plötzlich total verunsichert. Er konnte auf sein Reich blicken: Alles funktionierte – seine Beamtenschaft, die Erträge, die Steuern, alles war in Ordnung. Doch tief in ihm herrschte eine große Unsicherheit.
Er hatte den Traum vergessen, aber der Eindruck von dem schrecklichen Bild blieb. Er sah, wie all das Große, Mächtige, das reine Gold des Hauptes, das Silber der mächtigen Brust dieser Statue zermalmt und zerrieben wird. Am Ende bleibt nur Schutt übrig.
Und das hat Nebukadnezar schlaglichtartig begriffen: Die großen Leute unserer Welt sind gar nicht dumm. Sie wissen, dass das, was sie machen, keinen Bestand hat. Das kann Nebukadnezar aber niemals nach außen zugeben, denn das wäre eine Schwäche, die er offen eingestehen müsste.
Doch seinen Ratgebern gegenüber offenbart er sich: Er weiß keinen Weg mehr. Das ist so groß. Das Wort Gottes gibt uns hier einen Einblick, wie es jetzt im Augenblick im Kreml aussieht, wie es im Weißen Haus aussieht, wie es in den großen Direktionsetagen unserer Industriebetriebe aussieht.
Wie es bei den Topmanagern unserer Wirtschaft aussieht, wie es auf den Verhandlungsgängen der UNO in den Köpfen der großen Spitzendiplomaten aussieht: Ratlosigkeit und das Gefühl, die Katastrophe, die vor uns liegt, vielleicht doch noch vermeiden zu können.
Was sollen wir noch tun? Diese Unruhe ist ausgebrochen – und wichtig ist: Das tut Gott. Denn Gott redet auch mit ungläubigen Menschen auf seine Weise. Gott kann Menschen ansprechen und Unruhe bringen.
Gott macht Angst – aber nicht auf billige Weise. Er zeigt Realitäten auf. Das ist so, wie Menschen plötzlich aufwachen durch einen plötzlichen Todesfall, wie Menschen erschrecken, wenn der Arzt eine Krankheit bei ihnen feststellt.
So wie Menschen plötzlich über eine Wirtschaftsentwicklung stutzig werden und fragen: Was ist denn da eigentlich los? Dann kommt die Frage: Worauf kann man sich noch gründen? Worauf soll Nebukadnezar sein Riesenreich bauen?
Er braucht die letzte Wahrheit, die letzte Antwort auf die Sinnfrage des Lebens: Was trägt mein Leben? Was trägt mein Riesenreich?
Die Grenzen menschlicher Weisheit und die Notwendigkeit göttlicher Offenbarung
Zweitens: Die Ohnmacht der religiösen Beamten.
Wir wollen jetzt nicht leichtfertig über die Ratgeber sprechen, die am Hofe Nebukadnezars standen. Sicherlich wollten sie auch das Beste und haben versucht, so gut es Menschenmeinung und Menschendenken erlauben, in die Geheimnisse Gottes einzudringen. Deshalb habe ich heute auf das Wort „Aberglauben“ verzichtet. Dieses klingt bei uns oft nach Scharlatanerie, doch ich denke, in vielen Religionen liegt eine aufrichtige Suche verborgen.
Dennoch ist es Menschen verwehrt, in die Geheimnisse Gottes einzudringen. Als Nebukadnezar seine Beamten, denen er ja viel Geld zahlte, befragte, sagten sie ihm freimütig: „Du verlangst von uns etwas Unmögliches. Kein Mensch kann in die Geheimnisse Gottes eindringen. Wir wissen nicht, was Gott meint. Das können vielleicht die Götter, aber wir sind keine Götter.“
Das ärgerte Nebukadnezar unglaublich. Er warf ihnen vor, dass sie ständig das Geld in ihre Taschen gesteckt hätten und sich bezahlen ließen. Sie hätten immer so getan, als wären sie das Botenpersonal Gottes. Doch wenn es darum ging, die Wahrheit zu sagen, waren sie genauso ratlos wie alle anderen.
Bei ihm war die Lage besonders, denn er konnte prüfen, ob sie die Wahrheit sagten. Ihm war der Traum entfallen, aber sie konnten ihm kein Märchen erzählen. Er hätte sich ja wieder erinnern können und sagen: „Richtig, das war der Traum.“ Er verlangte, dass sie ihm den Traum nennen sollten. An dieser Nagelprobe scheiterten die Weisen am Hofe Nebukadnezars – die Astrologie und Religion der damaligen Welt.
Ganz schlicht und klar: Es wird unheimlich viel religiöses Gewäsch in dieser Welt erzählt, viele fromme Sprüche gemacht. Es stellt sich immer wieder die Frage, ob wir nicht auch von der Kanzel in die Welt der Politik hineinreden müssen. Natürlich sollen wir das. Aber der Unterschied wird jetzt deutlich: Wir sollen nicht so reden wie die Wahrsager Babels.
Wenn Nebukadnezar sprach, haben sie ihm nur nachgebellt und ihr „Wowwow“ hinten angefügt. Das war dieses religiöse Nachgeplapper im Zeitgeist der damaligen Mode. Sie konnten nur mitsprechen, als wären sie eine Partei unter vielen. Sie brauchten ein paar fromme Worte zur Verklärung.
Heute frage ich mich, ob viele Worte, die angeblich im Namen Gottes öffentlich gesprochen werden, nichts weiter sind als harmlose Worte von Wahrsagern und Zeichendeutern – Worte, die zeitbedingt sind.
Wenn ich Ihnen heute in der Tagespolitik etwas sagen wollte, könnte ich Ihnen nur das erzählen, was ich im Fernsehen, in der Tagesschau sehe und in der Zeitung lese. Und ich frage mich: Haben diese Reden wirklich Offenbarungscharakter? Ist das wahr?
Die Ohnmacht der religiösen Beamten in Babel zeigt sich deutlich. Auch die Welt der Politik hungert nach einem Weisungswort Gottes. Aber nicht nach billigen Modeworten, sondern nach einem Offenbarungswort, das allein von Gott kommt. Das wollen wir von all den anderen Worten unterscheiden, die gesprochen wurden.
Hier wird uns unsere Ohnmacht bewusst. Auch ein Daniel hatte dieses Wort nicht einfach auf der Zunge – das Wort, das wir im Munde führen, und hinter dem wir oft schon wissen, dass es nicht das Wort ist, das wir brauchen.
Es stimmt, dass wir in unsere Zeit hineinreden müssen und heute den Mächtigen der Welt als Gemeinde Jesu ein Wort sagen sollen. Aber es muss ein Wort der Offenbarung sein.
Mir gefällt die ehrliche Aufrichtigkeit der Wahrsager und Zeichendeuter, die im Vers 11 sagen: „Das kann doch niemand, das können nur die Götter, die nicht bei den Menschen wohnen.“
Jetzt wissen Sie, welchem Anspruch eine Gemeinde Jesu genügen muss. Wir gehen davon aus, dass Gott bei den Menschen wohnt und seinen Geist in Menschen gibt. Darum hat Gott uns den Auftrag gegeben, heute ein Weisungswort zu sprechen, heute mit Menschen zu reden und ihnen auf ihre letzten Sinnfragen Worte zu sagen, die sie aufnehmen und begreifen können.
Denn Gott wohnt in den Herzen der Menschen. Wie groß ist dieser Gott, der so nahe ist bei denen, die zerbrochenen Herzens sind, bei den Gedemütigten und Zerschlagenen!
Es sind schlichte, glaubende Leute, die wagen, in dieser Zeit zu reden. Die Bibel nennt dies Weissagen. Nicht Weissagen, indem man irgendwelche makabren Einzelheiten über die Endzeit erfindet, sondern Weissagen heißt, in das Leben eines Menschen und eines Volkes hinein konkret Gottes Anspruch zu verkündigen, Gottes Wahrheit zu verkünden.
Daniel hat sich nicht in Weltberechnungen des Weltendes oder ähnlichem verloren. Er hat klar die Vergänglichkeit aller irdischen Reiche gepredigt. Er hat deutlich das Kommen des Reiches Gottes mitgeteilt, so wie Gott es ihm in diesem Augenblick offenbart hat.
Ich bin überzeugt, wenn Sie dies erkennen, werden Sie ein brauchbarer Bote unseres Gottes werden können. Nicht indem wir den Zeitgeist und die Zeitmode nachahmen, indem wir heute an diesem Tag auch noch mitreden oder wie manche Kirchenbesetzer versuchen, die Kirche auf ihren Kurs zu zwingen.
Das ist nicht das Wort, das von uns gefordert ist. Das Wort, das die Gemeinde Jesu sprechen soll, ist ein Offenbarungswort. Es ist größer, weiter und tiefer. Es sprengt unser Denken und lässt Menschen erschüttert horchen.
Daniels mutiges und kluges Handeln als Vorbild
Und das ist das Dritte: Daniel wagt mutige Schritte.
Daniel haben wir das letzte Mal als einen Mann erlebt, der festhalten kann und der feststeht. Das wird natürlich von Spöttern immer wieder karikiert. Dann heißt es also, das sei das konservative Bewahren. Ja, das schätzen wir. Wir werden festhalten, was Gott uns anvertraut hat und was uns heilig ist, so wie wir von seinem Wort nicht lassen können.
Aber wir erleben Daniel nicht als einen unbeweglichen Klotz, der dasteht wie ein Geldschrank, den man nicht vom Platz rücken kann. Er ist gleichzeitig ein ungeheuer beweglicher Mann, der vorwärts schreitet. In dem Augenblick, als er davon hört, was König Nebukadnezar empfindet, weiß er: Jetzt bin ich gerufen.
Es hat mich ganz tief bewegt, als neulich in der IWZ, dieser Programmzeitschrift, jene schreckliche und unheimliche Hexenanzeige kam, ganzseitig. Ich habe mich mit ein paar Freunden entschieden: Wir wollen keine Unterschriftenaktion machen. Die Welt bleibt Welt, wir ändern sie nicht.
Da erzählte einer aus unserer Gemeinde, er habe hingeschrieben, und vielleicht waren ein paar von Ihnen auch dabei. Die Antwort war, dass die Redaktion geschrieben hat: „Wir haben uns überzeugen lassen, eine solche Anzeige wird nicht mehr gedruckt.“ Verstehen Sie, was dieses mutige Vorwärtsgehen ist?
Das ist merkwürdig. Dem einen schenkt es Gott, ich muss hier in ganzer Stille tun. Er hat gar nicht Tausende und Abertausende mobilisiert. Daniel hat nicht gesagt: Nur wenn wir Hunderttausende Unterschriften von allen inhaftierten Juden hinter uns haben, gehen wir vor.
Er ging als Einzelner und vertraut dem Wort. Dann geht er, obwohl er denken muss: Das hat ja gar keinen Sinn. Und er hat noch gar keine Sicherheit, dass ihm Gott das schenkt. Aber er weiß, und das ist das Große: Nebukadnezar ist von dem Gott der Barmherzigkeit noch nicht abgeschrieben.
Wie hat Daniel das überhaupt ahnen können, bevor Jesus Christus kam und den Universalanspruch über die ganze Welt ausbreitete? Bevor Jesus verkündigte, dass er gekommen ist, zu suchen und selig zu machen, was verloren ist in aller Welt? Das hat Nebukadnezar geahnt, dass dieses Volk Israel zum Licht der Heiden gesetzt ist.
Da findet sich bei den Frommen unserer Tage so leicht ein merkwürdiger Zug in ihrem Reden. Sie sagen gern: Die muss man eben lassen, das ist gottlose Welt, und da ist sowieso nichts mehr drin. Dann zieht man sich in sein Gehäuse zurück, in seine Gruppe, und sagt: Wir sind wenigstens die Auserwählten des Herrn.
Da wird uns hier durch das Wort Gottes wieder deutlich gemacht: Gott will Nebukadnezar retten. Sein Erbarmen ist bis heute ohne Ende.
Und was könnte in unseren Tagen geschehen, wenn die wenigen Gläubigen unserer Tage wieder mutig auftreten wie Daniel und hingehen und das verkünden, was Gott ihnen aufgetragen hat?
Es heißt hier von Daniel: Er sprach mit klugen und verständlichen Worten. Wir haben das schon das letzte Mal bei Daniel beobachtet, dass er nicht mit der Wahrheit poltert, dass er nicht überheblich und arrogant auftritt.
Er kam mit klugen und verständlichen Worten. Er kann sich in das Denken Nebukadnezars einfügen. Er kommt nicht, indem er die anderen heruntersetzt oder herabwürdigt. Er macht nicht die Propheten lächerlich, und die Astrologie karikiert er nicht.
Sondern er kommt und sagt: Ich trete mit einem Anspruch auf, nämlich die Wahrheit Gottes zu verkünden.
Das Schlimmste geschieht in unseren Tagen, wenn man in der Christenheit weniger bringen will als die Wahrheit. Ich meine, dass da die ganze Entscheidung fällt.
Wenn einer sagt: Ja, wir sind eben im Letzten auch selber unsicher, und wir haben alle auch nur einen Teil der Wahrheit, und wir sind selber unsicher und fragen uns, und wir stehen ja selber als Kirche in einer Krise.
Was hat denn Daniel gemacht? Er hat seine drei Freunde gerufen und gesagt: Lasst uns beten.
Und dann wissen wir, dass Gott uns Offenbarung geben wird. Nicht, dass Sie meinen, es gäbe irgendwelche neuen Offenbarungen. Es gibt keine neue Offenbarung über die Schrift hinaus.
Aber Gott kann uns auch in solchen bedrängten Zeiten sein Wort der Schrift so deutlich machen. Es gibt keine Prophetie über Christus hinaus, die so deutlich macht, dass wir das unseren Zeitgenossen verständlich sagen können als die Wahrheit.
Und wir können das niemandem ersparen, wir müssen das sagen.
Ja, ja, wir haben die Wahrheit. Nicht weil wir weiser wären als ihr und nicht weil wir besser und frömmer wären als ihr, sondern weil es Gott gefällt, Menschen in diesen wirren Zeiten auch der Achtzigerjahre zu lenken und zu leiten.
Gott gibt Anleitung für Menschen, die in hohen verantwortungsvollen Positionen leben. Der Herr bringt Licht in die Finsternis unserer Welt. Das ist ganz fest, das ist ganz klar, das bezeugt Daniel.
Die priesterliche Haltung Daniels als Vermittler zwischen Gott und der Welt
Und nun möchte ich noch auf Daniel hinweisen, wie er hier dasteht. Er ist ja nicht nur ein Prophet. Ich möchte noch einmal betonen, damit hier kein Irrtum bleibt: Es gibt keine Offenbarung über das hinaus, was uns in der Schrift gesagt ist. Was über die Schrift hinausführt, steht gegen die Schrift der Bibel.
Daniel ist nicht nur der Prophet. Im Neuen Testament ist an dieser Stelle die Weissagung gekommen, das konkrete Zusprechen eines Gotteswortes in einer Situation. Aber er ist auch der Priester. Und es fehlt in der Haltung so vieler gläubiger Menschen heute die priesterliche Haltung.
Er steht nicht bloß da, so wie man sich einen Propheten vorstellt, der sagt: „Da, da, da!“ und mit dem Wort zurechtweist, was falsch ist. Sondern er ringt um eine Welt, die sich selbst zerstört. Nicht nur in der modernen Welt, sondern damals schon in Babel.
Wenn Nebukadnezar seine eigene Eliteschicht ausmerzt, eliminiert, macht er sich doch selbst kaputt. Und die Welt ohne Gott richtet sich selbst zugrunde. Das ist das Übel all unserer Wirtschaftsordnungen und politischen Ordnungen: Sie gehen von einer Katastrophe in die nächste.
Da steht Daniel als ein Priester dazwischen, ein Priester, der das Heil für andere vermitteln kann. Er geht auf Nebukadnezar zu und darf ihm das Erbarmen Gottes bezeugen.
Ich habe nicht mehr weitergelesen, weil die Zeit unseres Gottesdienstes beschränkt ist, wie dieser Nebukadnezar Buße tut, umkehrt und den einen Gott des Himmels und der Erde anbetet.
Was könnte Ihnen geschenkt sein, überall dort, wo Gott Sie nun hingestellt hat, wenn Sie ein priesterlicher Glaubenszeuge wären? Sie haben schwierige Menschen um sich herum. Daniel hatte es bestimmt auch nicht viel leichter als Sie. Aber wenn Sie dort ein Priester sind, der fürbittend eintritt für die Welt, damit sie nicht untergeht, damit nicht die von Ihnen selbst beschlossenen Gerichte eintreten.
Und dass wir dann das Wort der Weisung sagen, so wie es Daniel verkünden kann: „Lobet den Gott des Himmels, gelobt sei der Name Gottes von Ewigkeit zu Ewigkeit!“
Wenn da nur ein paar Leute in unserem Stuttgart und darüber hinaus dazwischen hineingestellt sind, die den Herrn loben, anbeten und ihm dienen, dann ist über unserer Stadt noch nicht die Finsternis angebrochen, sondern es wird noch hell werden können.
Wir werden gebraucht und gesucht. Was könnte geschehen durch uns zur Rettung einer wirklich verlorenen Welt, einer Welt ohne Hoffnung, ohne Ziel, einer Welt in der Angst?
Wir sind gerufen, weil Gott offenbaren will und weil er sein Wort heute durch Sie schenkt. Amen.
