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Gott lässt sich umstimmen

08.10.1996Jeremia 18,1-17

Einleitung

Jeremia wurde trotz seiner Jugend im 13. Jahr König Josias (also 627 v.Chr.) von Gott zum Propheten berufen (Jer.1,1-20). Sein prophetischer Dienst beschränkte sich nicht nur auf Israel, sondern er hatte Botschaften für die Völker (Jer.1,5), denn Gott ist ein Gott der Menschheit, nicht allein der Gott Israels. Israel war schon sehr gedemütigt worden. Die 10 Stämme Israels wurden bereits vor ca. 100 Jahren (722 v.Chr.) deportiert und in alle Länder zerstreut. Übrig blieben noch zwei Stämme. Jeremia wirkte in einer Zeit der Wirren und Kriege. Er musste die Deportation seines Volkes durch Nebukadnezar 586 v.Chr. miterleben worauf er die Klagerlieder schrieb und er verstarb um 580 v.Chr. Die Bibel berichtet nicht über seinen Tod, aber eine Überlieferung berichtet, dass Jeremia von den Juden, nachdem sie ihn nacht Ägypten verschleppt hatten, dort gesteinigt wurde. Einen schweren Dienst hatte Jeremia zu bewältigen. So kennt er in seinem Leben ganz tiefe Punkte. Gedanken bemächtigten sich seiner, die für fromme Ohren fremd und fast gotteslästerlich anmuten mögen: Verflucht sei der Tag, an dem ich geboren bin; der Tag soll ungesegnet sein, an dem mich meine Mutter geboren hat! / Verflucht sei, der meinem Vater Gute Botschaft brachte und sprach: „Du hast einen Sohn“, so dass er ihn fröhlich machte! Jer.20,14-15.

Mit anderen Worten: Am liebsten wäre ich überhaupt nicht geboren. Er hatte sogar erwogen, sich von Gott zu lösen, so sagt er ganz offen: Da dachte ich: Ich will nicht mehr an ihn denken und nicht mehr in seinem Namen predigen.

Doch ging das nicht, Gott liess ihn einfach nicht los, und Jeremia muss sagen: Aber es ward in meinem Herzen wie ein brennendes Feuer, in meinen Gebeinen verschlossen, dass ich’s nicht ertragen konnte; ich wäre schier vergangen. Jer.20,9. Er musste einfach verkündigen. Wir werden heute eine Begebenheit im Leben des Jeremia genauer betrachten. Eine Botschaft, die er vermutlich in eine Zeit hinein zu sagen hatte, in der sich das Volk einigermassen sicher fühlte und nicht den Eindruck hatte, sie müssten ihr Leben ändern. Text lesen: Jeremia 18,1-17

I. Gott vermittelt Hoffnung (1-6)

Gott schickt Jeremia in das Haus eines Töpfers. Damals ein angesehenes Gewerbe. Natürlich wird es nicht das erste Mal im Leben des Jeremias gewesen sein, dass er einem Töpfer bei der Arbeit zusieht. Aber Gott möchte ihm anhand eines greifbaren Bildes eine Botschaft vermitteln. So geht Jeremia hinab in das Haus eines Töpfers und beobachtet ihn, wie er gerade an der Töpferscheibe beschäftigt ist. Er sieht, wie ein Versuch des Töpfers, ein Gefäss zu formen misslang. Nun machte er aus demselben Ton einen anderen Topf, so wie es dem Töpfer gefiel. Jetzt erst, nachdem Jeremia das beobachtet hatte, spricht Gott zu ihm: Kann ich nicht ebenso mit euch umgehen, ihr vom Hause Israel, wie dieser Töpfer? ... Siehe, wie der Ton in des Töpfers Hand, so seid auch ihr vom Hause Israel in meiner Hand. Jer.18,6.

Das Volk Israel, das durch seine Abgötterei, durch seine Missachtung der Heiligkeit ihres Gottes ein missratenes Gefäss in der Hand des Töpfers ist, kann zu einem schönen Gefäss geformt werden. Gott, der Schöpfer des Himmels und der Erde, der Gott Israels kann das tun. Somit sagt er dem Jeremia und dem Volk Israel: Ich kann euer Geschick werden. Mir ist es möglich euch zum Guten zu verändern. Gott vermittelt Jeremia und dem Volk Israel Hoffnung. Was vielleicht unmöglich scheint, das ist bei mir noch lange möglich.

Anwendung

Gott zeigt hier einmal mehr, um was ihm in Wirklichkeit geht, nämlich nicht um Zerstörung, nicht um Gericht, nicht um Strafe. Gott will Rettung, Heilung. Er möchte Wunden verbinden und nicht aufreissen. Keineswegs freut er sich über zerstörtes Leben. Über Not im Leben eines Volkes und im Leben eines Menschen ist Gott traurig. Durch Jeremia lässt er beispielsweise seinem Volk ausrichten: Und du sollst zu ihnen dies Wort sagen: Meine Augen fliessen über von Tränen, unaufhörlich Tag und Nacht; denn die Jungfrau, die Tochter meines Volks, ist unheilbar verwundet und völlig zerschlagen. Jer.14,17.

Auch von Jesus wissen wir, dass er über den schlimmen Zustand Jerusalem weinte (Lk.19,41-42). Unser Gott ist ein Gott des Mitgefühls. Er sucht das Verlorene zu Heilen. Er will Hoffnung vermitteln. Das ist die Liebe Gottes, die aus lauter Liebe handelt, aus Erbarmen zu uns Menschen. Ein Gott, der um das Verlorene wirbt, es zu gewinnen. Seine Liebe zu seinen Geschöpfen trieb ihn so weit, dass er sein Liebstes, seinen Sohn hergab: Denn also hat Gott die Welt geliebt, dass er seinen eingeborenen Sohn gab, damit alle, die an ihn glauben, nicht verloren werden, sondern das ewige Leben haben. Joh.3,16. Gott gibt in der tiefsten Not eines Volkes, eine frohe und hoffnungsvolle Botschaft weiter. Egal wie es Dir jetzt geht, ob du verschuldet oder unverschuldet in einer schwierigen Lebenslage bist: Gott ist es nicht gleichgültig. Er hat Hoffnung für Dich! Noch eine Frage, die sich in diesem Zusammenhang an uns richtet: Teilen wir diese Liebe zu dem Verlorenen. Werden wir von Not sei sie materieller und geistlicher Art überhaupt noch rühren?

II. Gott ist souverän - auch in der Gnade (7-9)

Und nun spricht er zu seinem Prophet, der ein Prophet der Völker ist, ein Wort, das allgemeine Gültigkeit für alles Nationen und Menschen hat. Er sagt, dass er in seiner Souveränität einerseits über ein Volk ein negatives Urteil spricht, eine Strafe verhängt, andererseits spricht er über ein Volk, dass er es aufbauen will. Warum das Gott auch immer macht, das können wir in den meisten Fällen nicht erklären. Er wird seine Gründe dafür haben und uns als seine Geschöpfe geht das eigentlich gar nichts an. Gott wird immer gerechte Urteile sprechen, ob wir das mit unserem kleinen Gehirn einordnen können oder nicht, ist nicht so wichtig. Jesaja spricht diesbezüglich ein deutliches Wort: Weh dem, der mit seinem Schöpfer hadert, eine Scherbe unter irdenen Scherben! Spricht denn der Ton zu seinem Töpfer: Was machst du? Jes.45,9. Und Paulus greift diesen Gedanken auf und schreibt: Ja, lieber Mensch, wer bist du denn, dass du mit Gott rechten willst? Spricht auch ein Werk zu seinem Meister: Warum machst du mich so? (Jes.45,9 + 29,16) Rö.9,20. Gott kann gestalten wie er will und bestimmen, was er will. Aber nun sagt Gott etwas ganz verblüffendes, das uns in Jubel und Dank ausbrechen lassen muss: Bald rede ich über ein Volk und Königreich, dass ich es ausreissen, einreissen und zerstören will; / Wenn es sich aber bekehrt von seiner Bosheit, gegen die ich rede, so reut mich auch das Unheil, das ich ihm gedachte zu tun. 18,7-8.

Gott hält also nicht an seinem ursprünglichen Entschluss fest. In seiner Souveränität lässt er vom verhängten Urteil ab, wenn das Volk sich bekehrt. Ein eindrückliches Beispiel sehen wir in Ninive. Jona verkündigt in der Stadt, es werde noch vierzig Tage dauern, dann werde die Stadt untergehen (Jona 3,4). Jona verkündigte nur Gericht, keine Gnade. Er machte den Entschluss Gottes kund. Das Volk glaubte dieser Verkündigung und sie taten Busse und fasteten und sagten: Wer weiss? Vielleicht lässt Gott es sich gereuen und wendet sich ab von seinem grimmigen Zorn, dass wir nicht verderben. Jo,2,9. Und tatsächlich: Als aber Gott ihr Tun sah, wie sie sich bekehrten von ihrem bösen Wege, reute ihn das Übel, das er ihnen angekündigt hatte , und tat’s nicht. Jo.2,10. Jona selbst freute sich nicht darüber, aber Gott lässt sich nicht davon abhalten gnädig zu sein, auch wenn er bereits Gericht gesprochen hat. Viele Beispiele gäbe es noch anzufügen. Jona kannte seinen Gott gut, denn er sagt: Ach, Herr, das ist’s ja, was ich dachte, als ich noch in meinem Lande war, weshalb ich auch eilends nach Tarsis fliehen wollte; denn ich wusste, dass du gnädig, barmherzig, langmütig und von grosser Güte bist und lässt dich des Übels gereuen. Jona 4,2. Aber auch das andere gilt: Und bald rede ich über ein Volk und Königreich, dass ich es bauen und pflanzen will; / Wenn es aber tut, was mir missfällt, dass es meiner Stimme nicht gehorcht, so reut mich auch das Gute, das ich ihm verheissen hatte zu tun. Jer.18,8-9. Diesbezüglich bietet das Volk Israel eine Vielfalt von Beispielen, ein Volk, das Gott mit ganzen Herzen aufbauen möchte, das aber immer wieder andere Wege geht, als die, die Gott gefallen. Auch hier ist Gott souverän. Er kann seine ursprüngliche Absicht wieder ändern.

Anwendung

Viel lieber erbarmt sich Gott. Er zeigt sich lieber als erbarmender Gott. Viel lieber ist er gnädig, als dass er Gericht übt. Doch eines können wir nicht umgehen: Gott achtet auf das Verhalten der Völker und auf das Verhalten von Menschen.

Darum regiert er nach sittlichen Normen. Und da er auch den vernunftbegabten Geschöpfen die Freiheit des Willens verliehen hat, lässt er seine eigenen souveränen Herrscherpläne mitbestimmt werden von der Sittlichen Betätigung der Menschen. Die Menschen und Völker sind also imstande, selbst auf ihr Schicksal entscheidenden Einfluss auszuüben. Das ist das „Selbstbestimmungsrecht“, das er ihnen verliehen hat. In welcher Weise das Zusammenwirken von freier sittlicher Selbstbestimmung der Geschöpfe und göttlicher absoluter Souveränität geschieht, das ist ein Geheimnis, das sich unserer beschränkten Einsicht entzieht. Über diese spekulative Frage macht sich auch der Prophet, dessen Nachsinnen auf das praktische Leben gerichtet ist, keine Gedanken. [1] Gott ist bereit auch Menschen gnädig zu sein, über denen eigentlich ein anderes Urteil steht. Er lässt seine ursprüngliche Absicht fallen und lässt sich umstimmen. Das z.B. bei der kanaanäischen Frau. Sie fleht Jesus um Hilfe an, um Ihre Tochter, aber sie war eben keine Jüdin und Jesus erklärte ihr, er sei nicht gekommen um ihr zu helfen sondern den Juden. Aber er antwortete und sprach: Es ist nicht recht, dass man den Kindern ihr Brot nehme und werfe es vor die Hunde. / Sie sprach: Ja, Her; aber doch fressen die Hunde von den Brosamen, die vom Tisch ihrer Herren fallen. / Da antwortete Jesus und sprach zu ihr: Frau, dein Glaube ist gross. Dir geschehe, wie du willst! Und ihre Tochter wurde gesund zu derselben Stunde. Mt.15,26-28. Sie anerkannte ihre Stellung und bezeichnete Jesus nicht als ungerecht. Sie spricht nicht zu ihrem Töpfer: warum hast Du mich so gemacht. Vielmehr sagt sie ich bin so gemacht und ich bitte Dich, dass Du Dich trotzdem über mir erbarmst.

Und Jesus erbarmt sich. Aber nicht einfach aufgrund von einem frommen Getue, sondern aufgrund einer aufrichtigen Hinwendung: Und wenn ihr auch eure Hände ausbreitet, verberge ich doch meine Augen vor euch; und wenn ihr auch viel betet, höre ich euch doch nicht; denn eure Hände sind voll Blut. / Wascht euch, reinigt euch, tut eure bösen Taten aus meinen Augen, lasst ab vom Bösen! / Lernet Gutes tun, trachtet nach Recht, helft den Unterdrückten, schaffet den Waisen Recht, führet der Witwen Sache! Jes.1,15-17.

III. Gott lässt sich nicht spotten (11-17)

Nun soll Jeremia das dem Volk sagen. Die Botschaft der Hoffnung weitervermitteln. Kehrt um, denn Jahwe Euer Gott sehnt sich danach, euch wieder aufrichten zu können. Aber nun begegnet Jeremia einmal mehr die harte Realität seines Volkes. Denn ihre Antwort ist klar und deutlich: Aber sie sprechen: Daraus wird nichts! Wir wollen nach unsern Gedanken wandeln, und ein jeder soll tun nach seinem verstockten und bösen Herzen. Jer.18,12. Wer hat sowas schon gehört? Ein Volk, das den Schöpfer des Himmels und der Erde als seinen Gott nennen darf, widersetzt sich frech seinen Anweisungen. Gott lässt sein Volk fragen: Wo findet man das unter den Heiden? Wer hat sowas schon gehört? Schrecklich, wie schnell das Volk seinen Gott vergisst. Nun spricht Gott erneut das Urteil über sein Volk. Seine Absicht war aufzubauen. Seine Absicht war zu vergeben und zu heilen, aber das Volk spuckt auf Gottes Angebot. Aber Gott lässt sich nicht spotten, das gilt bis heute. Sogar den Gemeinden schreibt Paulus: Irret euch nicht! Gott lässt sich nicht spotten. Denn was der Mensch sät, das wird er ernten. Gal.6,7.

Evangelisation

Zu allen Menschen hat Gott durch seinen Sohn deutlich gesprochen. Er sandte seinen Sohn in diese Welt. Er ist der Vermittler zwischen dem Schöpfer und dem Menschen. Im Brief an Timotheus lesen wir: Denn es ist ein Gott und ein Mittler zwischen Gott und den Menschen, nämlich der Mensch Christus Jesus, / der sich selbst gegeben hat für alle zur Erlösung... 1.Tim.2,5-6. Es ist der Wunsch Gottes, dass durch diesen Mittler, Jesus Christus, alle Menschen gerettet werden, so heisst es: Dies ist gut und wohlgefällig vor Gott, unserem Retter, / welcher will, dass allen Menschen geholfen werde und sie zur Erkenntnis der Wahrheit kommen. 1.Tim.2,3-4. Egal aus welcher Nation Du kommst. Egal, wieviel Sünde Du in Deinem Leben angehäuft hast. Wenn Du zu Jesus kommst und Busse tust, dann wird Gott aus Dir ein wunderbares Gefäss formen. Und noch viel mehr, er wird Dich Retten für Zeit und Ewigkeit. Wahrlich, wahrlich, ich sage euch: Wer mein Wort hört und glaubt dem, der mich gesandt hat, der hat das ewige Leben und kommt nicht in das Gericht, sondern er ist vom Tode zum Leben hindurchgedrungen. Joh.5,24. Es liegt an Dir zu reagieren wie die Leute in Ninive oder wie Leute in Jerusalem. In jedem Fall wird Gott Deine Reaktion ernst nehmen.

Schluss

Gott ist heilig, gerecht und allmächtig. Er bestimmt die Geschicke dieser Welt nach seinem Gutdünken. Niemand kann ihm die Stirn bieten. Doch eines erweicht das Herz Gottes. Wenn Menschen und Völker zu ihm kommen und echte aufrichtige Busse tun. Dann lässt sich der souveräne Gott umstimmen. Ist das nicht wunderbar zu diesem Gott zu gehören? Gott ist und bleibt ein liebender und barmherziger Gott. Amen

----------------------- [1] Willibald Lauck, Herders Bibelkommentar, Die Heilige Schrift für das Leben erklärt, (Freiburg, Herder, 1938), IX/1, S. 136.