Begegnungen mit Menschen aus verschiedenen Stadtteilen
Woher kommst du denn?
Er sagte: „Ich komme aus Kustadt.“
„Du brauchst nicht zu weinen“, antwortete ich. „In Kustadt gibt es Mineralbäder, und dort ist auch die Wilhelma. Du brauchst nicht zu weinen.“
Wir gingen weiter, und da war der nächste, der ebenfalls weinte.
„Ja, woher kommst du denn?“ fragte ich.
„Ich komme aus Wangen“, sagte er.
Wieder trösteten sie ihn: „Ach, da ist der Gaskessel, und dort ist der Großmarkt. Da weint man nicht.“
Sie gingen weiter, und dann kam jemand, der wieder weinte.
Ich fragte: „Woher kommst du denn?“
Er antwortete: „Ich komme aus Heslach.“
Dann setzten sie sich nieder und weinten mit ihm.
Verstehen Sie, egal woher sie auch kommen – ich grüße Sie.
Ein persönlicher Wunsch und das Gebet um Gottes Wort
Ich habe heute Morgen einen Wunsch für Sie gehabt, der mir beim Telefonieren gekommen ist. Ich rief jemanden an, um ihm vorab zum Geburtstag zu gratulieren. Am Telefon meldete sich jedoch seine Frau, und wir führten ein Gespräch – Smalltalk, wie man das heute nennt.
Dann sagte sie: „Sie wollen doch meinen Mann sprechen.“ Ich antwortete: „Ja, passen Sie auf.“ Doch anstatt zu sagen „Ich übergebe Sie“ oder „Ich verbinde Sie“, sagte sie: „Ich gebe Sie durch.“ Das habe ich so noch nie gehört. Ich stellte mir dabei einen Pfarrer mit zwei Zentner Lebengewicht vor, den sie einfach „durchgibt“.
Schließlich hat sie mich tatsächlich durchgegeben, und ich konnte mit ihm sprechen.
Diesen Abend möchte ich Sie alle gerne „durchgeben“. Sie sind nicht hierher gekommen, um irgendeinen Pfarrer zu hören, einen durchaus mittelmäßigen Theologen. Mein Wunsch und mein Gebet für Sie ist, dass ich Sie durchgeben darf zu dem, der selbst reden will – auch an diesem Abend. Es ist mein Wunsch und meine Bitte, dass wir ihn hören.
Lasst uns beten: Vater, wir brauchen dein Wort. Gib, dass wir deine Stimme hören können und alles andere jetzt abschalten. Du weißt, was wir heute schon gehört haben, was wir gesprochen haben, was uns bewegt, erfreut oder auch bedrückt. Herr, auf vielen lastet so viel. Deshalb schenke du uns in dieser Stunde der Gemeinschaft dein Wort und ein offenes Herz zu dir. Komm mit deinem Geist! Amen!
Das Bild vom Lebensschiff und den Stürmen des Lebens
Liebe Freunde,
Sie kennen das Bild, auch wenn wir zur Kategorie der Flachländer oder Flachland-Tiroler gehören, die mit der christlichen Seefahrt, dem Wasser und dem Meer nicht viel zu tun haben.
Wir haben den Neckar bis Blochingen begradigt und kanalisiert. Den Nesenbach haben wir unter dem Bräuninger verdolt, und die meisten Brunnen wurden abgeschaltet. So haben wir das Problem mit dem Wasser hier in Stuttgart einfach gelöst.
Bei uns gibt es allenfalls noch einen Sturm im Wasserglas oder ein Stürmchen auf dem Max-Eyth-See. Aber von jenem Wellengang an der Nordsee oder gar von einem Land unter hören wir nur in der Zeitung oder sehen es auf dem Bildschirm.
Trotzdem wissen wir, wie das zugeht, wenn der Wind kommt, wenn die Wellen zu schlagen beginnen, wenn die Schiffe anfangen zu dümpeln, wenn die Brecher hereinschlagen oder gar dann die Masten tanzen.
Dann sieht man, wie entweder die kleinen Schiffer, die draußen mit ihren Kuttern unterwegs sind, schnell auf den Heimathafen zufahren oder die Seeleute, die zuhause sind und Eigentümer solcher Boote sind, schnell zum Hafen laufen, um dort angesichts des Sturmes und der Wellen ihre Boote zu vertäuen und zu verknoten, nicht wahr, wo sie ihr Boot festmachen können.
So sind wir ja, auch wenn wir nicht an der Küste wohnen, alle mit unserem Lebensschiff oder Lebensschifflein unterwegs. Und manchmal sitzen wir auch im Kirchenschiff, und oft genug fängt es an, aus allen Löchern zu blasen.
Viele von uns befinden sich sogar mitten in einem Sturm. Wir werden verschaukelt, manchmal steht uns das Wasser bis zum Halse. „Wir kommen um!“, schrien die Jünger.
Wohl dem, der beim Sturm seines Lebens eine Bohle findet, um sich festzumachen.
Die „Ich-bin-Worte“ als Halt im Sturm
Und eine solche Bohle, ein solcher Bohlen, das sind ganz bestimmte Worte im Neuen Testament, nämlich die sogenannten Ich-bin-Worte.
Mit einigem Schrecken habe ich festgestellt, dass bei der Planung dieser Bibelstundenreihe, bei der es eigentlich darauf ankam, das zu unterstreichen, was mir besonders wichtig ist, der Hinweis auf die Ich-bin-Worte buchstäblich ins Wasser gefallen ist.
Deshalb habe ich mir die Freiheit genommen, die für heute Abend angegebene Stelle Matthäus 14 kurzerhand zu streichen – die Geschichte über den sinkenden Petrus –, weil wir diesen Text vor nicht allzu langer Zeit bereits hier besprochen haben.
Stattdessen habe ich ein Ich-bin-Wort eingefügt, exemplarisch für alle sieben, die wir als die Bohlen für die Stürme unseres Lebens brauchen. Diese Bohlen sind alle aus demselben Holz geschnitzt: Mutmacher im Sturm der Zeit.
So lese ich eines dieser Worte, das Sie gut kennen und das im Johannes 10 steht. Dort heißt es: „Ich bin die Tür; wenn jemand durch mich hineingeht, wird er selig werden und wird ein- und ausgehen und Weide finden. Ein Dieb kommt nur, um zu stehlen, zu schlachten und umzubringen. Ich bin gekommen, damit sie das Leben und volle Genüge haben sollen.“ (Johannes 10)
Ergänzend dazu lese ich aus Lukas 13 eine erste Auslegung, in der Jesus sagt: „Ringet danach, dass ihr durch die enge Pforte hineingeht, durch die enge Tür. Denn viele, das sage ich euch, werden danach trachten, hineinzukommen, und werden es nicht können, wenn der Hausherr aufgestanden und die Tür verschlossen hat. Dann werdet ihr draußen stehen und an die Tür klopfen und sagen: ‚Herr, tu uns auf!‘ Aber er wird antworten und zu euch sagen: ‚Ich kenne euch nicht, wo seid ihr her?‘“ (Lukas 13)
Doch bevor wir weitermachen, lassen Sie uns noch einmal singen – und zwar Lied 271, die Verse vier bis sechs.
Die Bedeutung der „Ich-bin-Worte“ als Urworte der Bibel
Und nun zwei Vorbemerkungen vorweg zu diesen „Ich bin“-Worten, zu diesen Mutmachern in den Stürmen unserer Zeit.
Erstens: Sie gehen auf Jesus zurück. Es gibt nämlich eine endlose Diskussion darüber, welche Worte tatsächlich von Jesus stammen und welche erst viel später in der Gemeinde entstanden sind und Jesus in den Mund gelegt wurden. Besonders gebildete Theologen sprechen sehr schnell von Gemeindebildung – besonders schnell dann, wenn sie eingebildet sind.
Bei den „Ich bin“-Worten verstummen die Diskussionen jedoch weithin, so wie es bei Ureis der Fall ist. Zum Beispiel gibt es in einem Delikatessengeschäft hier in Stuttgart Ureis als Partygag – nicht aus der Eismaschine, sondern aus dem dreitausend oder sogar zwanzigtausend Jahre alten Packeis Grönlands. Merken Sie sich das für Ihre nächste Party! So wie es Ureis gibt oder Urgestein, zum Beispiel auf der Schwäbischen Alb, das man mit Hämmerleinen herausklopfen kann – eine besonders interessante Ruhestandsbeschäftigung dort oben auf der Alb. Und so wie es Urelefanten gibt, wie drüben im Rosensteinpark, so gibt es eben auch Urworte der Bibel. Die „Ich bin“-Worte sind Urworte der Bibel. Diese Bohlen stecken ganz tief im Urgestein der Bibel, unbeweglich und sicher. Daran kann man sich festmachen.
„Ich bin“ – also sie gehen auf Jesus zurück, das ist die erste Vorbemerkung.
Die zweite Vorbemerkung: Sie weisen auf Jesus hin. Normalerweise muss das Wörtchen „ich“ im Griechischen nicht besonders extra ausgedrückt werden, denn es ist in der Verbalform schon enthalten. Wo es aber ausdrücklich vorangestellt ist, wie hier, liegt der Ton darauf, der eindeutige Ton: „Ich bin die Tür“, „Ich bin das Licht“, „Ich bin das Brot“. Also nicht: „Ich öffne die Tür“ oder „Ich backe das Brot“ oder „Ich bringe das Licht“, nein, sondern „Ich bin es selbst, höchstpersönlich“.
Diese Bohle ist nicht aus Holz, an der wir uns festmachen, sondern diese Bohle ist aus Fleisch und Blut. Jesus hat sich in die Stürme der Welt gewagt, und im schwersten aller Stürme, dem Todessturm auf Golgatha, ist er hinabgestiegen in das Reich des Todes. Er selbst also ist der sicherste Halt, der Mutmacher par excellence. Alle anderen Mutmacher, von denen wir bisher gesprochen haben und die uns oft schon Mut gegeben haben, das waren alles letztlich nur schwache Zeichen, schwache Hinweise auf den, der einen allein halten kann.
Wer sich an ihn hält, ist gehalten. Wer sich an ihn bindet, ist gebunden. Und wer sich an ihn festklammert, der ist geklammert in Zeit und Ewigkeit.
Eigentlich kenne ich gar keinen anderen Mutmacher als diesen Namen: Jesus Christus. Er sagt: „Ich bin die Tür.“ Er sagt es für mich heute Abend so: Ich bin die offene Tür, die enge Tür und die vordere Tür, aber ich bin auch die verschlossene Tür.
Die offene Tür als Schutz und Zugang
Er sagt zuerst: Ich bin die offene Tür. Wer, wie ich am Anfang sagte, schon manchmal an der See war, der zitterte in den letzten Wochen besonders mit, wenn davon die Rede war oder im Bild gezeigt wurde, wie die Fluten hochgingen, die Deiche sich vollsaugten und zu brechen drohten.
Mit unwahrscheinlicher Mühe und für uns unvorstellbarer Kraft ist ja jenes sogenannte Polderland dem trutzblanken Hans abgerungen worden, dem Mäher. Ganz ähnlich müssen wir uns nun die damaligen Schafspferche vorstellen. Die Hirten stellten kein Holzgatter im Viereck auf, so wie droben im hohen Zollern oder an irgendeiner Stelle in unserem Land. Sie trieben die Herde nicht einfach hinein, schlossen das letzte Loch, legten sich lebend an in den zweirädrigen Karren und genossen ihr Schäferstündchen nach dem Hirtenstress.
Damals waren alle Wälle aus Erde aufgeworfen, genau wie ein Polderland. An einer Stelle befand sich eine Öffnung, durch die die Tiere hinaus- und hineingehen konnten. Wenn nun abends oder nachts alle Tiere drin waren, legte sich der Hirte quer vor den Eingang. Er war im wahrsten Sinne des Wortes die Tür. Nur über ihn hinweg ging es hinein oder hinaus.
Wenn Jesus also die Tür für uns ist, so wie er hier sagt, dann gibt es nichts, was an uns gelangen könnte, außer über ihn hinweg oder außerhalb seiner Zulassung. Da mag der Sturm noch so hoch kommen, da mögen die Wasser noch so hoch steigen, da mag mir heute Abend das Wasser bis zum Halse stehen – immer wieder kann mir nichts geschehen, als was er vorhergesehen hat.
Jedes Unglück, auch jedes Glück, jedes Leid, auch jede Freude, jedes Weinen, auch jedes Lachen muss zuerst an ihm vorbei. Das ist der biblische Hintergrund für das Abendlied, das wir hier in Württemberg gerne singen: "Hirte deiner Schafe, der von keinem Schlafe etwas wissen mag, sei die Nacht auch auf der Wacht."
Dieses Bild ist mir immer wieder tröstlich: Vor dem Eingang, vor diesem Schutzwall, der ja eine Öffnung hat und dort offen ist, eigentlich auch für alle aufsteigenden Wasser und Stürme, dort liegt der Herr selbst. Und es kann nur das an mich gelangen, was an ihm vorbei oder über ihn hinweg kann.
Die Tür als Zugang zum Vater und der Absolutheitsanspruch Jesu
Aber nun müssen wir noch eine Schaufel tiefer graben. Jesus sieht sich nicht nur als die Tür zwischen Drinnen und Draußen, sondern auch zwischen Droben und Drunten. Er kann also nicht nur den Ausgang freimachen, sondern auch den Aufgang.
Durch ihn haben wir den Zugang zum Vater (Philipper 2,8). Jesus erschließt den Weg zu Gott; kein anderer kann das. Das ist der Absolutheitsanspruch Jesu, auf den wir immer wieder stoßen. Wer diesen Anspruch kippt, der kippt das ganze Evangelium, für das viele unserer Väter gelitten und selbst gestorben sind.
Sehen Sie, ich bin die Tür. Gegenwärtig beobachte ich auch innerhalb der Kirche neue Bauarbeiten. Der Eingang wird vergrößert. Dieser Eingang wird vergrößert – Jesus, die Tür, wohl – aber Mohammed, Buddha, alle drei oder alle fünf oder alle fünfzig liegen miteinander in der Öffnung. So muss man sich das vorstellen.
Es gibt eben verschiedene Zugänge und es gibt verschiedene Aufgänge. Das demonstrieren und praktizieren wir im interreligiösen Gespräch – so heißt das heute. Das interreligiöse Gespräch bedeutet, dass ein Paar im Eingang liegt. Diese ist dabei, aber die anderen eben auch.
Wer das als intolerant abtut, hat das alles nicht verstanden, was wir mit dem Absolutheitsanspruch Jesu sagen. Ich möchte es noch einmal erklären, weil es mir so wichtig ist.
Sehen Sie, es gibt eine Personenintoleranz. Personenintoleranz heißt zum Beispiel, dass wir gegen jeden Menschen, der um uns herum wohnt, tolerant sein müssen. Das ist auch richtig. Das ist Gottes Gebot und Nächstenliebe. Die Personen-Toleranz verlangt Toleranz von uns.
Gegen jeden, der um uns herum wohnt, haben wir tolerant zu sein – auch gegen den Türken, auch gegen den Koreaner oder Indonesier. Das ist von Gott geboten.
Aber es gibt auch eine Sach-Toleranz, und dort ist Intoleranz geradezu verlangt. Wie meine ich das? Stellen Sie sich vor, ein Kaufhaus brennt, Panik herrscht. Ich bin mittendrin, ich kenne den Ausgang, ich weiß, wo es hinausgeht. Aber ich kann doch nicht so intolerant sein und sagen: „Freunde, das ist der Notausgang, dort geht es hinaus, dort ist der Weg.“
Diese Erfahrung muss doch jeder selber machen. Wir müssen Toleranz üben, jedem seinen Weg finden lassen. So wird gesagt: „Liebe Freunde, und das ist das Falsche und das Gefährliche. Es gibt nur einen Zugang zu Gott, es gibt nur einen einzigen, der in diesem Eingang liegt.“
Auf den nicht hinzuweisen, das ist Sünde. Wenn wir also sagen: Jesus ist die Tür, Jesus ist die einzige Tür, Jesus ist ihre einzige Tür hinaus und hinauf – wenn ich so sage, dann bin ich nicht intolerant, sondern dann bin ich im größten Maße barmherzig mit Ihnen und mit mir. Alles andere hilft dir nicht.
Seien Sie wach in den nächsten Jahren an dieser Stelle, an dieser Verbreiterung dieser Tür. Wir kippen damit das ganze Evangelium.
Die enge Tür und der persönliche Eintritt ins Reich Gottes
Schön. Und nun zweitens: Ich bin die enge Tür. Der Begriff weitet sich. Es ist hier nicht nur an Stalltüren gedacht. Diese Bilder schieben sich übereinander, sondern es ist auch an Haustüren gedacht.
Machen Sie mit mir einen Spaziergang rund um Stuttgart oder in Stuttgart und schauen Sie sich die Türen bedeutender Häuser an. Gehen Sie mit mir zum Beispiel zur Solitude. Der Dupier hat, ich glaube, um 1770 für Herzog Eugen dieses Lustschloss erbaut. Wenn Sie davor stehen, gehen Sie die Treppen hinauf. Links und rechts sowie oben erwarten Sie große Eingänge, die in die Halle führen. Dieses Schloss ist bestimmt durch seine Treppen und die großen Türen. Große Häuser werden durch große Türen geprägt.
Dann gehen Sie mit mir hinunter, vorbei am großen Haus des württembergischen Staatstheaters, erbaut 1910 von Professor Littmann. Beachten Sie die Freitreppen und, wenn ich richtig gezählt habe, gleich sieben Türen nebeneinander. Danach gehen Sie zum Bahnhof, erbaut 1920 von Albonats. Dort gibt es an allen Seiten große Türen, durch die man hinein- und hinausgehen kann. Die Häuser werden durch große Türen bestimmt.
Nun ist das Reich Gottes ja nicht nur eine Solitude, nicht nur ein großes Haus wie das Staatstheater, nicht nur ein großer Hauptbahnhof, sondern ein Bau mit einem himmelweiten Dach. Größer kann man es sich kaum vorstellen. Wenn große Bauherren große Türen gebaut haben, muss dieser große Bauherr der Welt erst recht eine Riesentür eingefügt haben.
Derjenige, der uns das Reich Gottes zeigt, der uns hinführt und sagt: „Freunde, dort hinein müsst ihr“, sagt: „Ich bin die Tür“ und fügt hinzu: „Ich bin die enge Tür. Ich bin die kleine Pforte.“ Warum keine großen Türen im Reich Gottes? Warum die kleinen Pforten? Warum so ein klein kariertes Bauen? Aus drei einfachen Gründen.
Erstens: Man kann in das Reich Gottes nur einzeln eintreten. Man wird dort nicht im großen Haufen mitgezogen. Man wird in diesem Haus nicht mitgeschwemmt, so wie wenn man vor einem Kaufhaus steht zur Zeit des Winterschlussverkaufs. Dann geht es auf und alles zieht hinein, man wird mitgezogen, rudert mit und wühlt mit. So weit es eben alle tun, ist man dabei. So wird aber keiner mitgezogen, auch nicht.
Nicht mit der Familie. Man wird nicht mit der Familie mitgezogen, auch nicht mit einer noch so schönen oder lieben Stiftsgemeinde. Niemand wird mit hineingezogen. Jeder muss einzeln durch die enge Tür.
Das tut uns ja so weh, dass wir Kinder nicht mitnehmen können. Es tut uns so weh, dass ich meine Konfirmanten nicht mitnehmen kann. Es tut weh, dass ich nicht eine ganze Bibelstunde hineinbringen und sagen kann: „Herr, hier hast du sie, nimm sie auch an.“ Nein, jeder Einzelne muss durch die Tür gehen und sagen: „Herr, hier bin ich.“ Nur Einzelne gehen hinein.
Zweitens: Nur gebeugt. Deshalb ist die Pforte klein. Hoch erhobenen Hauptes soll sich niemand trauen, nicht mit stolz geschwellter Brust. Im Reich Gottes stolziert man nicht hinein wie die Pharisäer, sondern dort geht man und sagt: „Herr, sei mir sündergnädig.“ Nur gebeugt.
Drittens: Nur mit leeren Händen. Vollgepackt soll sich niemand trauen. Man wankt nicht unter der Last hinein. Vorher wird die Sorge abgegeben. Ich stelle mir das ähnlich vor, wie wenn man im Flugzeug eincheckt. Dann stellt man den Koffer ab, und auf einmal ist er nicht mehr da, er ist einfach schon weg. Dann gehe ich ohne Gepäck hinein.
So wird es sein, Freunde. Natürlich muss ich den Koffer loslassen, sonst geht er nicht weg. Ich muss ihn hinstellen und sagen: „Hier ist er.“ Sie haben Riesengepäck, manche haben Riesenkoffer. Lassen Sie es doch los! Mit all dieser Last – Ihrem Haus, Ihrem Geld, Ihren Sorgen – kommen Sie nicht hinein. Stellen Sie es ab und sagen: „Herr, nimm du es weg, trag du es.“ Man kommt nur so hinein.
Die Bedeutung der Hirten und die Unversehrtheit der Tiere
Ein Ausleger fügte an dieser Stelle hinzu, dass die Hirten damals abends an den Ausgängen einen Stock nahmen und ihn ganz tief hielten. Dadurch mussten die Tiere langsam gehen, und die Hirten konnten sehen, ob ein Tier gesund und unverletzt war.
Der Hirte möchte also abends überprüfen, ob das Tier gesund und unverletzt ist.
Kennen Sie das Lied „Dies Kind soll unverletzt sein“? Ihr Hirte, Ihr Herr, will abends sehen, dass sie unverletzt sind und ruhig schlafen können. Er will Wunden verbinden. So sollen wir durch die enge Tür hineingehen.
Ich bin Sie, trete dort ein.
Die vordere Tür und die Ablehnung von Hintertüren
Und drittens: Ich bin die vordere Tür. Bauherren großer Häuser planen ja nicht nur große Türen vorne, sondern es gibt immer noch andere Eingänge. Als ich am Sonntag in der Predigt an Blankenese in Hamburg dachte, erinnerte ich mich auch an meine ganze Studentenzeit. Das ist ein Zeichen des hohen Alters, wenn man ganz zurückdenkt an die Jugendzeit. Verstehen Sie? Immer wenn man von früher erzählt, ist man alt.
Damals wohnte ich in diesem schönen Viertel vor Ort in einem Gemüseladen, genauer gesagt in einem Bananengeschäft. Das war großartig. Wenn dort etwas übrig blieb – und es blieb viel übrig – stellten sie das immer auf die Studentenbude. Ich war tatsächlich eine umweltfreundliche Entsorgungsanlage. Samstags bot ich mich manchmal an, der Frau, die das Geschäft mit ihrer Tochter betrieb, zu helfen. Das war auch notwendig, denn die reichen Leute in der Umgebung bestellten per Telefon, und dann musste man es ihnen bringen.
So ging ich eben mit meinen Bananenkörben hauptsächlich durch die Straßen zu den Villen. Natürlich ging ich nicht vorne hinein, dort über den roten Teppich, sondern ich musste hinten herein, hinten für das Dienstpersonal. Dort kam einem nicht der Herr Konsul entgegen, sondern die dicke Küchennudel, die mir die Waren abnahm und mir oft einen Rest aus der Küche zuschob.
Sehen Sie, große Häuser haben Hintertüren, Seitentüren, Nebentüren, Kellertüren. So denken wir, muss es ja auch bei Gott sein. An seinem Hause muss es ganz ähnlich sein. Da gibt es doch ganz sicher nicht nur den Haupteingang, von dem ich eben gesprochen habe. Es gibt die Nebentür der guten Werke: Spenden, Besuche, die ich gemacht habe – waren die nicht für die Kasse? Blutspunkte sind Sesam, öffne dich für diese Nebentüren! Die Nebentüren der guten Werke müssten doch eigentlich genügen, um auch hineinzukommen, oder?
Oder es gibt die Seitentür der billigen Gnade, weil es Jesus das Leben gekostet hat. Habe ich ein Freiticket? Er macht mir das Türchen schon auf, durch das ich schlüpfen kann – eine Seitentür der billigen Gnade.
Oder die Kellertür für Spätheimkehrer: Die Lebenstage sind so randvoll, dass ich einfach keine Zeit hatte und keine Zeit blieb für die Ewigkeit. Aber jetzt bin ich alt geworden, und kurz vor dem Ende ist der Wunsch, selig zu sterben. Der liebe Gott wird schon noch ein Kellertürchen offenhalten.
Täuschen wir uns nicht, und das ist der Ernst dieser „Ich bin“-Worte Gottes: Sein Bau hat keine Nebeneingänge, er hat keine Schlupflöcher, er hat keine Hintertürchen. Niemand kann damit rechnen, dass Gott ausgerechnet wegen mir einen Sondereingang aufschließt.
Er hat einen Eingang geschaffen ohne Schild „Zutritt verboten“, ohne Aufschrift „Only for white people“ – nur für weiße Leute –, ohne Aufkleber „Personaleingang“. Einen Eingang offen für alle, die ihr mühselig und beladen seid. Und dort müssen wir hineinkommen, dort müssen wir rein.
Wer durch die Hintertür steigen will, der versteigt sich. Andere wollten dies tun. Aber dies waren die Diebe und Räuber, die sich hineinstellen wollten und sich das ewige Leben aneignen. „Mit ihnen habt nichts gemein“, sagt dieser Herr.
Diebe und Räuber sind heute solche, die sagen, es geht auch ohne Jesus hinein, zum Beispiel die Esoteriker. Esoteriker sind nach dem Neuen Testament Räuber oder Pantheisten, die sagen: „Über die Natur komme ich schon hinein.“ Pantheisten sind Räuber und Diebe.
Es gibt nur diesen Haupteingang: Jesus, die enge Pforte, durch die ich gehen muss.
Die verschlossene Tür und die Warnung vor dem zu späten Eintritt
Ich bin die Tür, aber – und das ist das Letzte – ich bin die verschlossene Tür. Auch das schwingt hier mit und darf nicht überhört werden.
Sehen Sie, es ist klar: Wir denken immer an offene Türen. Wenn irgendwo ein Bau steht und die Türen sind geschlossen, wissen wir, dass das immer nur für eine bestimmte Zeit ist. Während der Bauzeit sind die Türen geschlossen, aber dann gehen sie wieder auf. Geschlossene Türen sind immer nur für einen bestimmten Zeitraum.
Aber hier ist es nicht eine Frage der Zeit. Das heißt, alle Bauherren bauen Türen, die nicht für immer geschlossen bleiben. Doch Gott baut Türen, die eines Tages für immer ins Schloss fallen.
Jesus erinnert an dieser Stelle an die Sitte, die zu Beginn eines Festes damals herrschte: Zu Beginn eines Festes wurden die Haustüren geschlossen. Wenn die Erdkerzen angezündet und die Musik intoniert war und das Fest begann, dann wurden die Türen zugemacht und verschlossen.
Einige hatten sich verspätet und keuchten heran. Sie nahmen das letzte Treppchen und klopften, aber drinnen ertönte die Stimme: „Ich kenne euch nicht.“ Die Gäste schnappten nach Luft und schüttelten die Köpfe. Sie zogen die Einladung heraus und trommelten an die Tür: „Aber hören Sie mal, was fällt Ihnen da drinnen ein? Sie können doch nicht… Wir sind nicht irgendwer, wir sind ja extra eingeladen, wir gehören dazu. Hier ist das Büttenpapier, nun machen Sie keinen Unsinn und schließen mal schnell auf!“
Aber die Stimme sagte: „Ich kenne euch nicht.“ Und sie ließen nicht los, sie wollten hinein, aber es war zu.
Liebe Freunde, das ist der Ernst dieses Wortes, das mir schier den Atem nimmt: Es gibt Türen, die einmal für immer ins Schloss fallen. Es gibt ein „zu spät“. Verspätete werden kommen und klopfen: „Wir sind eingeladen worden!“ Doch damals, in der Bibelstunde, damals beim Gottesdienst in Stifts, haben wir schon verstanden, was der Prediger damals gesagt hat: „Hier sind die Papiere!“ Und Jesus sagt: „Ich kenne euch nicht.“
Verspätete werden kommen: „Wir sind doch gar nicht ausgetreten, wir haben unsere Steuer bezahlt.“ Die Antwort bleibt: „Ich kenne euch nicht.“ „Herr, wir waren einmal fünf Jahre lang bewährte Mitarbeiter in der Gemeinde und gehörten sogar zum Mitarbeiterkreis.“ Doch die Antwort bleibt: „Ich kenne euch nicht.“
Kennen Sie noch den Ernst des Evangeliums? Wenn mein Nachbar sagt: „Ich grüße Sie nicht“, was ist schlimm daran? Und wenn mein Kind sagt: „Ich mag dich nicht mehr“, dann ist das schlimmer. Und wenn meine Frau sagt: „Ich liebe dich nicht mehr“, dann ist das am schlimmsten.
Aber am allerschlimmsten ist es, wenn dieser Herr sagt: „Ich kenne dich nicht.“ Wenn dieser Herr sagt: „Ich kenne dich nicht“, das ist die Hülle, das ist die Hölle.
„Kennen“ meint die innerste Gemeinschaft, das Festhalten aneinander. Wer so an ihm bleibt, der hört: „Ich kenne dich.“ Das wäre der größte und schönste Augenblick meines Lebens.
Und ich rechne damit, nein, ich bin gewiss, dass ich in jener letzten Stunde, in der mich der Herr ruft und ich vor der letzten Tür stehe, jene Stimme hören darf: „Ich kenne dich.“
Schlussgebet um Gottes Beistand und Erinnerung
Lassen wir uns darum ringen und beten, dass der Herr uns kennt. Alles andere ist vergeblich. Wir wollen beten.
Vater, darum ringen wir an diesem Abend, dass du unseren Namen in dein Gedächtnis schreibst. Dass dieser Name nicht verloren geht, auch wenn wir verloren sind. Immer wieder verlieren wir unser.
Du kennst unsere Sorgen, unsere Arbeit und unsere Verzweiflungen. Unsere Ängste vor dem, was morgen wieder kommt.
Herr, vergiss uns nicht! Vergiss unseren Namen nicht! Und vergiss den Namen unserer Kinder nicht. Vergiss den Namen unserer Kranken und Alten nicht. Vergiss den Namen derer nicht, die um deines Namens willen heute Nacht leiden. Vergiss den Namen derer nicht, die in der Hoffnung auf dich sterben.
Herr, halt uns fest!