Einführung in das Thema Selbstgerechtigkeit
Gott wird Mensch – Leben und Lehre des Mannes, der Retter und Richter, Weg, Wahrheit und Leben ist.
Episode 625: Der Pharisäer und der Zöllner, Teil 2.
Ich war bei einer Warnung stehen geblieben: Wir müssen uns vor Selbstgerechtigkeit hüten. Natürlich kann ich das Gleichnis vom Pharisäer und dem Zöllner lesen und über den Pharisäer nur den Kopf schütteln.
Doch es wäre viel klüger, darüber nachzudenken, wie viel pharisäisches Denken in mir steckt oder noch steckt. Ja, vielleicht bin ich nicht derjenige, der im Gebet mehr zu sich selbst als mit Gott spricht. Vielleicht formuliere ich es nur nicht so direkt.
Die Selbstgerechtigkeit des Pharisäers
Lukas 18,11-12: Der Pharisäer stand und betete bei sich selbst: „Gott, ich danke dir, dass ich nicht bin wie die übrigen Menschen – Räuber, Ungerechte, Ehebrecher oder auch wie dieser Zöllner. Ich faste zweimal in der Woche, ich verzehnte alles, was ich erwerbe.“
So ein Gebet ist schon ziemlich dreist, keine Frage. Aber könnte es sein, dass es subtilere Methoden der Selbstgerechtigkeit gibt? Diese sind vielleicht weniger offensichtlich als die plumpe Überheblichkeit dieses Pharisäers, aber nicht weniger gefährlich.
Man könnte es weicher formulieren: Ich bin zwar nicht perfekt, aber im Vergleich zu anderen bin ich doch ganz in Ordnung. Merkt ihr, eigentlich sage ich dasselbe wie der Pharisäer im Gleichnis, es klingt nur ein bisschen netter.
Dann gibt es auch noch den Vergleich mit der bösen Welt. Die Welt ist verdorben, aber wir in der Gemeinde leben so, wie Gott es will. Okay, hoffen wir mal, dass das stimmt.
Oder was geht in uns vor, wenn wir uns anderen als geistliche Vorbilder präsentieren? Nicht, dass so etwas grundsätzlich falsch wäre. Wir brauchen geistlich reife Christen, die uns in ihr Leben hineinschauen lassen. Aber sind wir in gleicher Weise auch bereit, unser Scheitern einzugestehen? Oder geht es uns primär um eine fromme Imagepflege?
Ich bin halt der Geistliche, von dem alle anderen nur lernen können.
Cool sind auch Demutsinszenierungen, wenn man lautstark betont, ein Sünder zu sein, um dann auf die eigene Demut stolz zu werden. Das ist paradoxe Selbstgerechtigkeit – stolz darauf zu sein, demütig zu sein.
Oder wenn man sich bei Lehrfragen ein wenig zu sicher wird. Wisst ihr, es ist schon schwer, wenn man der Einzige ist, der die Bibel ganz und gar richtig auszulegen weiß. Ironie Ende.
Da formuliert jemand: Ich diene seit Jahren treu im Werk des Herrn, ich bin wirklich keiner von denen, die nur konsumieren. Das kann ja sein. Aber was wäre, wenn du deinen Dienst als Ausdruck von Gnade verstehen würdest? So formuliert klingt es doch ein wenig nach Selbstdarstellung.
Wie gesagt, es gibt subtilere Methoden der Selbstgerechtigkeit als die plumpe Überheblichkeit dieses Pharisäers im Gleichnis. Deshalb lohnt es sich auch, das Gebetsleben unter die Lupe zu nehmen, wenn man wissen will, wo man geistlich steht.
Wie reden wir im Gebet über uns und wie reden wir über andere, wenn diese überhaupt in unseren Gebeten vorkommen?
Die Haltung des Zöllners im Gebet
Lukas 18,13: Der Zöllner aber stand weit entfernt und wagte nicht einmal, die Augen zum Himmel zu erheben. Stattdessen schlug er sich an die Brust und sprach: „Gott, sei mir, dem Sünder, gnädig!“
Ich werde manchmal gefragt, was genau in ein Übergabegebet gehört – also in ein Gebet, mit dem man sich bekehrt. Muss ich alle meine Sünden bekennen? Muss ich das Glaubensbekenntnis aufsagen? Paulus formuliert es in Römer 10,13: „Denn jeder, der den Namen des Herrn anruft, wird gerettet werden.“
Bleibt die Frage: Was soll ich dabei genau sagen? Dahinter steckt oft die Angst, sich falsch zu bekehren und dann womöglich nicht gerettet zu sein.
Hier haben wir einen Bibeltext, der einem Übergabegebet meines Erachtens am nächsten kommt. Lukas 18,13: Der Zöllner aber stand weit entfernt und wagte nicht einmal, die Augen zum Himmel zu erheben. Stattdessen schlug er sich an die Brust und sprach: „Gott, sei mir, dem Sünder, gnädig!“
Das muss in ein Übergabegebet: Ehrlichkeit, Betroffenheit über die eigene Sünde, Demut und der Wunsch, von Gott gerettet zu werden.
Schauen wir uns den Zöllner an. Er steht weit entfernt, das heißt irgendwo hinten, wo ihn außer Gott niemand richtig sieht. Er traut sich nicht, die Augen zum Himmel zu erheben. Stattdessen schlägt er sich an die Brust und bittet: „Gott, sei mir, dem Sünder, gnädig!“
Das ist nicht besonders imposant, aber ehrlich, betroffen, demütig und mit dem Fokus auf die Gnade Gottes.
Der Pharisäer steht als Bild für Selbstgerechtigkeit, der Zöllner ist das genaue Gegenteil. Ihm fehlt es an Selbstvertrauen. Er weiß, dass er sich nicht selbst retten kann. Wenn Gott nicht gnädig ist, gibt es keinen Plan B.
Die richtige Haltung für das Übergabegebet
Ein Übergabegebet ist also nicht dann richtig, wenn ich meine Sünden bekenne. Das kann ich tun, es schadet nicht. Ich kann meine Sünden auch auf einen Zettel schreiben und diesen dann verbrennen – das tut gut. Aber es macht mein Übergabegebet dadurch nicht richtiger.
Es braucht nicht die richtigen Worte, sondern vielmehr die richtige Haltung. Diese besteht aus einer Mischung von Ehrlichkeit, Betroffenheit über die eigene Sünde und Demut. All das verbunden mit dem Wunsch, von Gott gerettet zu werden.
Der erste Schritt ist, die eigene Hilflosigkeit und Verlorenheit einzusehen. Darauf folgt der zweite Schritt: Ich begreife, dass Gott mir seine Vergebung, Gnade und Erlösung anbietet. Was braucht es dafür von meiner Seite? Nur eine Sache: Glauben.
Ich muss zu ihm kommen und mich in seine Arme werfen – ohne Netz und doppelten Boden. Das ist Bekehrung. Rettung ist immer aus Glauben durch Gnade. Ich vertraue auf Gott, und er beschenkt mich mit Vergebung. Es war nie anders, und es wird nie anders sein.
Dabei ist Glaube mehr als ein bloßes Abnicken von Glaubensinhalten. Glaube ist eine Mischung aus der Entscheidung für Gott, dem Vertrauen auf die Wahrheit und einem Lebensstil der Nachfolge. Glaube ist der Einstieg in eine Beziehung mit Gott.
Gnade ist, um mit Bonhoeffer zu sprechen, nie billig. Sie kostet mich immer alles. Aber wo sich ein Moment echter Buße, also echter Umkehr zu Gott findet – und nur dort –, dort findet sich auch Rechtfertigung.
Die Bedeutung von Rechtfertigung und Demut
Lukas 18,14: Ich sage euch, dieser ging gerechtfertigt hinab in sein Haus, im Gegensatz zu jenem. Denn jeder, der sich selbst erhöht, wird erniedrigt werden. Wer aber sich selbst erniedrigt, wird erhöht werden.
Rechtfertigung bedeutet Gerechtsprechung. Gott schenkt mir seine Gnade, weil er meinen Glauben sieht. Gerechtigkeit ist in der Bibel ein Begriff, der viel mit Beziehung zu tun hat.
Wenn ein Mensch Glauben wagt, sich ehrlich betroffen und demütig Gott zuwendet, dann findet er bei ihm Vergebung, Rechtfertigung und neues Leben.
Abschluss und Einladung zur Reflexion
Was könntest du jetzt tun? Überlege, ob du bekehrt bist. Falls nicht, hole es jetzt nach. Denn jeder, der den Namen des Herrn anruft, wird gerettet werden.
Das war es für heute. Hast du Fragen zur Bibel? Probiere doch einmal meinen Chatbot aus: www.bibel.chat.
Der Herr segne dich. Erfahre seine Gnade und lebe in seinem Frieden! Amen.
