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Mir ist Erbarmung widerfahren

08.03.1992Hebräer 4,14-16

Ich will Sie grüßen mit dem Wort Jesu: Wer zu mir kommt, den werde ich nicht hinausstossen.

Wir wollen miteinander das Lied singen, das uns heute Morgen schon im Losungsbüchlein begrüßt hat. Nehmen wir das Lied 129, „Tut mir auf die schöne Pforte“. Wir singen die ersten beiden und die beiden letzten Verse.

Nun wollen wir beten:

Herr Jesus Christus, du Heil der Welt, du Herrscher des Himmels und der Erde, es ist so groß, dass du dich heute Morgen um das kümmerst, was uns bewegt, und dass du bei uns allen Einkehr halten willst.

Wir dürfen jetzt einfach vor dir alles offenlegen, was uns bewegt, was uns umtreibt und was uns beschäftigt. Zuerst wollen wir dir aber ganz herzlich danken für deine große Liebe, mit der du uns auch durch die vergangenen Tage hindurchgetragen hast.

Wir dürfen jetzt bei dir Zuflucht finden. Es bedrückt uns so viel, was nicht recht war vor dir in den vergangenen Tagen – Schuld, Unrecht und Böses. Herr, nimm du es weg in deiner Vergebung.

Schenke uns, dass jeder von uns heute auch in diesem Gottesdienst das umsetzt, was wir gerade gesungen haben. Dass dein Wille erfüllt wird und dass wir Täter deines Wortes werden, die dir gehorsam sind.

So wollen wir dir in der Stille jetzt alles sagen, was uns ganz persönlich beschäftigt.

Wir beten in der Stille.

Danke, Herr, dass du hörst, was wir dir sagen und was wir rufen. Amen.

Die Freude an der Schöpfung und das größte Wunder

Wenn wir diese Welt sehen mit all ihrem Schönen, freuen wir uns daran. Es ist immer wieder ein Wunder, dass im Frühjahr die Knospen sprießen und die Sonne jeden Tag neu aufgeht.

Wir können uns daran erfreuen, denn es ist wirklich ein Wunder, das vor unseren Augen geschieht.

Doch das allergrößte Wunder, von dem unser nächstes Lied singt, ist das, was auf Golgatha passiert ist. Jesus ging ans Kreuz und trug dort unsere Schuld.

Wir haben nicht irgendeine Last zu tragen, sondern Jesus hat diese Last für uns auf sich genommen, weil er uns so sehr liebt.

Begrüßung eines missionarischen Gastes aus Ghana

Von dieser Gemeinde geht immer auch viel Liebe in die Welt hinaus. Wir freuen uns, dass wir heute unseren Bruder aus Ghana, Isaac Ababio, unter uns haben. Er leistet dort einen großen missionarischen Dienst bei einer einheimischen Missionsgesellschaft namens Hour of Visitation.

Wir haben ihn gebeten, uns im Gottesdienst ein kurzes Wort zu sagen. Guten Morgen! Ich bringe euch Grüße von meiner Familie. Ich habe sechs Kinder und grüße alle Christen in Ghana. Viele von euch wissen wahrscheinlich etwas über Ghana. Es liegt in Westafrika und ist bekannt für den Kakaoanbau, aus dem Schokolade hergestellt wird. Immer wenn ihr Schokolade esst, denkt auch an Ghana.

Die Bevölkerung Ghanas beträgt etwa 14 Millionen Menschen. Ich möchte euch kurz erzählen, was wir tun. Ich gehöre zur reformierten Kirche und arbeite mit dem Werk Hour of Visitation zusammen, das evangelistische Dienste leistet. Unsere Aufgabe ist es, das Evangelium überall im Land zu predigen. Viele unserer Landsleute dienen noch den Götzen. Wir sehen es als unsere Aufgabe, ihnen das Evangelium zu bringen.

Ich möchte euch eine kurze Geschichte erzählen. Wir hatten beschlossen, eine Freiluftversammlung mitten in der Hauptstadt Accra abzuhalten. Das ist die Hauptstadt unseres Landes. Dort gibt es immer noch Menschen, die Götzen anbeten. Unser Feldzug richtete sich gezielt an diese Menschen. Wir haben nicht viele Bekanntmachungen gemacht, sondern nur den Ort bestimmt, an dem die Veranstaltung stattfinden sollte.

Wir zeigten den Jesusfilm und predigten das Evangelium. Viele Leute kamen zusammen und hörten zu. Viele haben ihr Leben Jesus ganz hingegeben. Mit einigen führten wir seelsorgerliche Gespräche und beteten mit ihnen.

Wochen nach der Veranstaltung hörte ich von einem jungen Mann, der bei der Versammlung zum Glauben gekommen war. Er war ein Buddhist gewesen und wollte mit dem Evangelium von Jesus Christus nichts zu tun haben. Eines Abends kam er zufällig an dem Veranstaltungsort vorbei. Als er hörte, dass es eine christliche Veranstaltung war, wollte er weitergehen. Doch plötzlich hörte er eine innere Stimme, die sagte: „Geh doch zurück!“ Er drehte um und kam zurück. Er hörte eine Weile zu und ging dann wieder nach Hause.

Doch erneut hörte er die Stimme: „Geh doch wieder zurück!“ Er kam zurück, hörte ein Stück zu und wollte dann wieder gehen. Gerade als er ganz hinten stand, hatte er den Eindruck, als würde eine riesige Faust ihn festhalten und zurückziehen. Er blieb stehen und hörte weiter zu. Als die Leute eingeladen wurden, ihr Leben Jesus zu übergeben, kam er und tat es.

Wir führten ein Gespräch mit ihm und beteten mit ihm. Danach sahen wir ihn nicht oft, bis wir hörten, wie er in der Stadt Zeugnis gab von dem, was Gott in seinem Leben getan hatte. Er zog durch die ganze Stadt und erzählte überall, was Gott in seinem Leben bewirkt hatte.

Das ist für uns eine große Freude, wenn wir erleben, wie das Evangelium bei Menschen wirkt. Uns geht es da wie Paulus: „Was sollte ich sonst tun? Wehe mir, wenn ich das Evangelium nicht predigen würde!“

Ich bitte euch, betet für uns. Und wenn sich die Gelegenheit ergibt, nach Ghana zu kommen, besucht uns doch. Gott segne euch!

Die Last der Schuld und die Sehnsucht nach Vergebung

Oft stehen wir dir im Weg und wollen unser Leben selbst gestalten. Doch das führt häufig in eine Sackgasse. Dann sind wir vor dir wie Staub, wie ein geknickter Grashalm. Wir bitten dich: Schenk uns deine Vergebung!

Du bist gekommen, damit wir leben und in Fülle haben sollen. Fülle uns ganz neu an mit deinem Heiligen Geist und mit deinen Gaben. So machst du unser Leben reich.

In unserer Zeit ist es eine Art Mode, dass Menschen ihre Möglichkeiten maßlos überschätzen. Wir alle bilden uns sehr viel ein und sind dann enttäuscht und entmutigt, wenn wir an die Grenzen unserer Gaben stoßen.

Darum ist das Lied, das Philipp Friederich Hiller uns gegeben hat, eine so schöne Zusammenfassung unseres Glaubens: "Mir ist Erbarmung widerfahren, Erbarmung, deren ich nicht wert bin." (277) Wir singen alle fünf Verse.

Einführung in den Predigttext: Christus als Hoher Priester

 Hebräer 4 ist unser Predigttext. Er steht am Ende der Briefe des Neuen Testaments. Im Hebräerbrief lesen wir in Kapitel 4, Verse 14 bis 16:

„Weil wir denn einen großen hohen Priester haben, Jesus, den Sohn Gottes, der die Himmel durchschritten hat, so lasst uns festhalten an dem Bekenntnis. Denn wir haben nicht einen Hohen Priester, der nicht mitleiden könnte mit unserer Schwachheit, sondern der versucht worden ist in allem wie wir, doch ohne Sünde. Darum lasst uns hinzutreten mit Zuversicht zu dem Thron der Gnade, damit wir Barmherzigkeit empfangen und Gnade finden zu der Zeit, wenn wir Hilfe nötig haben.“

Vor 14 Tagen hatten wir die Verse davor als Predigttext und setzen diesen nun fort. Die Überschrift lautet: Christus, der wahre, das heißt der richtige hohe Priester.

Die Herausforderung der heutigen Zeit und der Umgang mit Schuld

In der Welt spricht man heute von der freien Marktwirtschaft. Aber was gehört eigentlich zur freien Marktwirtschaft? Es gibt ein Modewort, das heißt Marketing. Einige von Ihnen arbeiten in diesem Bereich. Ich darf das kurz für die anderen erklären: Marketing bedeutet, dass man seine Produkte den Wünschen der Kunden anpasst. Dahinter steht nicht nur eine Verkaufsstrategie, sondern auch die Überprüfung: Was wollen die Leute haben?

Marketing wäre auch ganz gut für uns in unserem kirchlichen Dienst. Wir sollten uns einmal bei den Menschen unserer Stadt, den Menschen von heute, umhören: Was wollen sie eigentlich hören? Was können wir verkündigen? Was erwarten sie von der Predigt? Wenn man jemanden fragen würde, könnte die Antwort lauten: „Mit dem Bibelabschnitt fange ich absolut nichts an. Vielleicht nur noch mit einem ganz kleinen Stück am Ende, über das darfst du noch predigen, wenn uns Hilfe nötig ist.“

Das ist wichtig: Wenn uns Hilfe nötig ist, möchte ich mir das im Telefonbuch notieren, wo es Essen auf Rädern gibt, wie man die Krankenschwester erreicht, wie der Notarzt erreichbar ist und wo die Rettungsdienste sind. Das ist ein Thema für heute. Aber davon spricht der Text ja gar nicht. Wovon spricht er denn?

Er spricht von der unheimlich schweren Last unseres Lebens, von der Schuld, von der unheimlich schweren Last der Schuld. Wissen Sie, was das heißt, wenn wir das heute in den Mittelpunkt unseres Gottesdienstes rücken? Das heißt doch, dass die meisten Leute sagen: „Also davon will ich nichts wissen, das interessiert mich nicht.“ Meinen Sie, das hätte je einen Menschen interessiert? Von den ersten Menschen, die eines Tages im Paradies lebten, hat jemand gesagt: „Gott, gehen wir doch weg mit dem Thema Schuld, ich bin recht, ich bemühe mich, dass ich mein Leben schön gestalte, ich mein’s recht und will nur das Beste.“

Haben Sie je einen Menschen getroffen, den seine Schuld umgetrieben hat? Ich habe viele Menschen getroffen, die haben mir das freiweg ins Gesicht gesagt und gesagt: „Das ist eine Marotte der Kirche, die hat das nur ausgedacht, um uns unter Druck zu halten.“ Und heute, besonders wo Menschen ihr Leben so freigestalten, nach Lust und Laune, so wie es ihnen gerade passt, da meinen wir doch alle, das sei so ein Freudverderber der Kirchenfunktionäre, die uns da etwas mies machen wollen. Darum reden sie dauernd auf uns ein und wollen uns ein schlechtes Gewissen einreden und die Freude wegnehmen.

Darum ist es in den meisten Kirchen so, dass über Schuld kaum noch geredet wird. Es wird über Versöhnung gesprochen, aber meist nur über die Versöhnung der Völker. Dass zwischen Gott und uns ein riesiger Berg von Schuld liegt, der uns den Zugang zu Gott versperrt, ist gar nicht mehr bewusst.

Ich habe oft mit Theologen gesprochen, die mir freiweg sagten: „Das ist doch eine altertümliche Vorstellung, die ist für uns erledigt, dass ein anderer uns die Schuld wegnehmen kann. Ich möchte mit meiner Schuld selber fertig werden.“ Wissen Sie, was das heißt? Ein Mensch sagt mit all seinen Sinnen: „Ich nehme meine Schuld auf mich und ich will dafür gerade stehen.“ Wer kann das eigentlich?

Wir erleben doch in diesen Tagen, wie Menschen sich genieren, nur weil es für uns sehr verständlich wäre, aus der Zeit des DDR-Regimes ihre Verflechtungen offenzulegen. Sie sagen: „Ach, das waren besondere Umstände, man muss verständnisvoll sein.“ Sie leugnen das: „Ach, ich habe doch keine Schuld.“ Was ist das?

In diesem großen Stolz und Hochmut auf der einen Seite ist es heute Mode, dauernd anderen Schuld zuzuschreiben. Nicht nur, wenn Sie eine Bildzeitung kaufen, sondern auch im Stern und im Spiegel ist das Thema immer: Wo versagen die anderen? Wo tun sie Unrecht? Wo liegen die Behörden falsch? Wo tun die anderen Böses? Es wird schonungslos aufgezeigt.

Wo haben Christen heute noch den Mut, von ihrer Schuld zu reden? Ganz offen zu sagen: „Ich bin schuld.“

Die Realität der Sünde und die menschliche Schwäche

Ein Freund von mir erzählte eindrücklich aus seiner Lebensgeschichte, wie er auf dieses Thema gestoßen ist. Er ist in den kirchlichen Seminaren in Schöntal und Blaubeuren aufgewachsen und hat dort die Schule besucht. Schon damals sagte ihm der Altphilologe, dass „Sünde“ ein altes Wort sei, das nicht mehr in unsere Zeit passe. Er machte dies anhand der griechischen Schriftsteller deutlich. Es gebe höchstens eine Tragik: Der Mensch sei mit einer großen Natur begabt, doch ihm fehle die Vernunft, um diese Natur zu kontrollieren. Das Wort „Sünde“ sei für die heutigen Menschen jedoch nichts mehr.

Er berichtet weiter, dass das erste Mal etwas bei ihm aufblitzte, als er Germanistik studierte. Ein Professor in München sprach über Hebel, einen Maurersohn. Damals waren Maurer noch arme Leute. Hebel hatte eine Freundin, die Lehrerin war, und sie gab ihr ganzes Geld, damit er studieren konnte. Als er fertig war, ließ er seine Freundin sitzen und heiratete eine Schauspielerin. Der Professor sagte dazu: „Meine Damen, das überrascht Sie wohl, aber so ist eben der Mensch. Wo gehobelt wird, da fallen auch Späne. Das ist der Mensch.“

Dann erzählt er von seiner Zeit im Kriegsgefangenenlager in Russland. Er war schockiert, denn dort sprachen alle vom guten Menschen. Doch es waren Generäle dabei, die sich um eine Brotrinde prügelten. Von einem stolzen, tapferen Menschen war nichts mehr zu sehen. Oberlandesgerichtsräte stahlen so viel sie konnten, nur damit sie einen Bissen zu essen hatten. Das war ihre Natur.

Er erinnert sich auch an einen Mann aus Westfalen, den sie nur den „klauenden Pfaffen“ nannten. Dieser hatte meistens seine Kameraden bestohlen. Es gehe nicht um das Gute im Menschen, und manchmal bricht das Schlechte auch in unserem Leben durch – gerade in unserer Zeit. Wenn wir uns umschauen, sehen wir Menschen, die am Leben verzweifeln, in Mutlosigkeit versinken und dauernd nur noch sagen: „Das ist alles sinnlos.“ Wo ist heute der stolze Mensch, der von Minderwertigkeitsgefühlen geplagt sagt: „Ich kann das nicht mehr, ich schaffe das nicht mehr, ich bewältige das nicht mehr, und das Leben ist leer.“

Er ist froh, dass die Bibel sagt: Schuld wird aufgedeckt, wo das Wort Gottes hinkommt. Dieses Wort ist schärfer als ein zweischneidiges Schwert. So wird im Gewissen vor Gott aufgedeckt: „Ich habe gesündigt.“

Jesu Umgang mit Sünde und die Bedeutung seines Wirkens

Jesus hat merkwürdig wenig über Sünde gesprochen. Wenn man sich die Worte Jesu ansieht, in denen er wirklich von Sünde sprach, dann war es meist nur in Verbindung mit der Aussage: Dir sind deine Sünden vergeben.

Das ganze Tun und Wirken Jesu war jedoch darauf gerichtet, Menschen aus dieser unheimlichen Dunkelheit und Finsternis herauszuholen. Jesus hat dies zur Mitte seines gesamten Wirkens gemacht. Das ist der Grund unserer Freudlosigkeit, dass wir keine Kraft und keinen Mut haben und den Tod nicht überwinden können. In dieser Welt herrscht Streit und Zwietracht, und genau diesen Punkt hat Jesus angesprochen.

Der Hebräerbrief sagt: Wir haben einen großen Hohenpriester, einen, der uns die Schuld wirklich vergeben kann. Gibt es das überhaupt, dass man Schuld auslöschen kann? Ja, wie soll das möglich sein? Die Bibel erzählt, wie Jesus sich ans Kreuz nageln lässt für meine Schuld.

Verstehen kann ich das nicht, ich kann nur anbetend davorstehen. Dein Blut macht all meinen Schaden gut. Und ich darf jetzt alles — aber auch wirklich alles — in meinem Leben, was verkehrt und falsch war, wo ich an Menschen und an Gott gesündigt habe, unter dem Kreuz Jesu niederlegen. Denn er macht mich total rein. Alles, alles hat sein Blut hinweggetan.

Was auch immer gegen mich sprechen mag, es ist nicht mehr gültig, weil Jesus mich frei und losmacht von aller Schuld, die mich anklagt. Die schwerste Schuld ist weggenommen und in die Tiefe des Meeres versenkt. Ich habe einmal gehört, dass der Marianengraben im Pazifik über zehntausend Meter tief ist, irgendwo ganz unten, wo kein Tor mehr hinreicht.

Das ist das, was getan ist. Das ist die Freude der Christen: Meine Schuld ist bewältigt. Wir haben einen Hohenpriester. Ist das ein Wort für heute? Ja, das ist das Wort, das alle Menschen hören müssen. Das muss man allen Menschen erzählen und mitteilen, dass die große Last weggetragen ist.

Das Leben in der Nachfolge Jesu

Ich wollte zuerst über die große, schwere Last sprechen, die unheimliche Last unseres Lebens. Doch bevor ich das tue, muss ich Ihnen noch ein anderes Wort sagen: Wir wollen leben.

Die meisten Menschen interessieren sich dafür, wie man richtig lebt. Sie haben einen Lebenshunger. Wahrscheinlich steckt genau das auch hinter den Fastnachtstagen, die hinter uns liegen – Sehnsüchte der Menschen, die leben wollen und alles auskosten möchten, was Freude bedeutet.

Vielleicht hören die Menschen unser Wort auch ein wenig anders, wenn sie spüren, dass wir ihnen Leben anbieten. Manche sind dann ein wenig verschreckt und sagen: „Der rät immer nur von meiner Schuld, der wühlt in alten Wunden.“ Und dann laufen sie wieder davon.

Andere würden hier im Gottesdienst gerne mehr Ermutigung hören, mehr Freude, mehr praktische Umsetzungsmöglichkeiten, eine echte Lebensperspektive. Aber genau darum geht es doch! Haben sie das nicht begriffen?

Wenn Jesus in diese Welt kommt, möchte er doch gerade sagen: Dein Leben ist nicht zerstört, nicht wüst und kaputt!

Die Sünde als Virus und die Notwendigkeit der Reinigung

In den letzten Tagen gab es viel Aufregung um einen Computervirus namens Michelangelo. Alle, die einen PC, also einen Personalcomputer, besitzen, haben überprüft, ob sich dieser Virus nicht auch auf ihrem Gerät befindet. Es ist wirklich schlimm, denn der Virus vermehrt sich sehr schnell und besetzt dann alles. Die Festplatte ist plötzlich voll, und kein vernünftiges Programm läuft mehr darauf.

Ich habe dabei an etwas noch viel Schlimmeres gedacht: die Sünde in unserem Leben. Wir können uns noch so sehr vornehmen, ein guter Familienvater zu sein. Ich habe mir auch einmal vorgenommen, ein Mensch zu sein, der wirklich nach seinen Prinzipien lebt. Doch wenn die Festplatte besetzt ist, bekommt man nichts mehr darauf. So oft hat Jesus das offenbart: die böse und ehebrecherische Art unseres Herzens, aus dem all das Böse nur so herausquillt.

Warum hat Jesus das gesagt? Wollte er uns Menschen demütigen? Nein. Er hat es gesagt als der große Arzt, als der Hohepriester. Das Bild vom obersten Priester, der nur mit Leinengewändern am Jom Kippur, dem großen Versöhnungstag, in den Tempel ging. Dort legte er seine Hände auf ein Opfertier und übertrug symbolisch die ganze Schuld des Volkes auf dieses Tier. Das Volk hatte die Hoffnung, dass dieses Tier, das dann in die Wüste hinausgetrieben wurde, ihre Schuld wegträgt.

Das war aber nur ein Symbol. Diese Hoffnung ist erfüllt im wahren und richtigen Hohepriester Jesus, der jetzt meine Schuld wegträgt. Damit mein Herz völlig frei wird, damit ich ein verwandelter und von innen heraus neuer Mensch werde. Damit meine Seele, meine Gedanken und mein Wille gereinigt werden von diesem schrecklichen Virus der Sünde.

Denn ich habe in der tiefsten Art meines Denkens eine Feindschaft gegen Gott. Sein Wort ist mir unbequem, ich weiche ihm aus und habe gar keine Lust, sein Gebot zu befolgen. Doch das Leben beginnt erst, wenn ich wirklich von Herzen ihm nachfolge.

Jesus als Vorbild in Versuchung und Schwachheit

Wir haben einen Hohenpriester, der mit unserer Schwachheit mitleiden kann. Er hat das durchlitten und weiß, wie tief diese Schwäche in unserem Wesen verankert ist – in unserer ganzen Art und Weise, wie sie ein Teil unserer Person geworden ist. Die Sünde prägt uns bereits, und er hat mitgelitten bei den Versuchungen.

In unserem Leben wüten Versuchungen, und es ist schwer, wenn der Druck der Verantwortung auf uns lastet. Hinzu kommt die Hetze der Termine. Dann stehen wir unter einem wirklich unausweichlichen Druck. Wenn dann noch meine Ängste dazukommen, ist es kein Wunder, dass in meinem Leben so viele Missstände Raum finden.

Ich darf in all meinen Versuchungen auf Jesus blicken und sehen, dass er meine Versuchungen schon durchlitten hat. Ich habe an ihm ein Modell, ein Vorbild, dem ich nachfolgen kann. Er hat es so deutlich für uns gemacht, dass wir uns nicht von unseren Augen leiten lassen dürfen. Das gilt für unsere Lebensziele: Wir dürfen uns nicht von unseren Wünschen beherrschen lassen. Unsere Zeit liegt sonst völlig quer.

Jesus aber hat in großer Ruhe und Stille immer wieder gefragt: „Herr, was willst du?“ Nur dein Wille geschehe.

Haben Sie sich das zum Lebensmotto gemacht? Haben Sie Zeit und Stille, um in Ihrem Leben zu prüfen: „Herr, was willst du?“ Ich möchte doch nicht den Zielen nachlaufen, die mir so tagtäglich zufliegen.

Jetzt können Sie sich noch einmal vergegenwärtigen, wie Jesus in der Wüste versucht wurde. Wie der Teufel probierte, Jesus aus der engen Gemeinschaft mit dem Vater herauszulösen. Jesus war es wichtig, dass er Stille und Zeit hat, um das Wort Gottes zu hören und dann fragen zu können: „Herr, was willst du? Ich möchte doch mit dir leben. Ich möchte doch deine Spur gehen.“

Das ist Leben. Es gibt kein erfülltes Leben, das an dem vorbeigeht, was Gott von uns will – und an seinen Geboten vorbei. Das ist Leben. Wir sollen leben.

Mit Zuversicht zum Thron der Gnade treten

Und jetzt noch das Letzte, was hier steht: Wir sollen herzutreten.

Wir sollen herzutreten mit Freudigkeit, mit Zuversicht, heißt es in der neuen Übersetzung: „Lasst uns hinzutreten mit Zuversicht!“ Am Ende dreht sich das eigentlich fast um. Wenn wir dann hinausgehen aus dieser Kirche und mit Menschen reden – mit jungen Leuten, vielleicht drüben im Lokal La Concha oder bei der Pizza Taxi, oder wo wir junge Menschen treffen, aber auch ältere –, dann sagen sie oft: „Ach, der Mensch ist eben, wie er ist. Der Mensch hat seine Fehler.“

Ist das die Meinung der Menschen? Nein, unsere nicht. Wir haben eine herrliche Botschaft: Es gibt überhaupt keinen Mist auf der Welt, den der Herr nicht beseitigen wollte. Es gibt Menschen, die sich lösen lassen von der schrecklichen Umklammerung durch die dunklen Mächte.

Lasst uns hinzutreten mit Zuversicht und Hilfe empfangen! Ja, die Hilfe, die brauche ich. In meinen Predigten komme ich immer nur auf einen Punkt. Ganz bewusst sage ich: Ich möchte auch nur den einen Punkt haben. Ich will Christus ergreifen, Jesus Christus, meinen Herrn, und mit ihm leben.

Er ist meine Hilfe, er ist meine Stärkung in der Versuchung. Wenn ich irgendwo schuldig geworden bin, ist er mein Trost. Und wenn die anderen sagen: „Ja nun, du bist einmal so.“ Nein, so bin ich nicht. Ich will ganz anders sein. Ich will einer sein, der gereinigt ist durch das Blut Jesu.

Und ich darf mit meinem Leben große Zuversicht haben, große Erwartungen. Wir wollen Barmherzigkeit empfangen und Gnade finden zu der Zeit, wenn wir Hilfe nötig haben. Wir dürfen mit unserem Leben heute viel, viel Großes beginnen und wirken. Gott hat große Pläne.

Keine Familie, die nicht geheilt wird. Keine Ehe, die nicht neu werden kann. Kein Verhältnis zwischen Menschen, kein noch so von dunklen Mächten beherrschter Mensch – ob das Süchte sind oder Bindungen, unreine Gedanken, die ihren Kopf belasten.

Fassen Sie Jesus, lassen Sie sich reinigen, treten Sie herzu! Sie bekommen Hilfe. Er will in Ihnen wohnen.

Festhalten am Glaubensbekenntnis

Lasst uns das Bekenntnis festhalten! Schon damals, in der ersten Christengemeinde, war es schlimm, dass unter dem Namen des Christentums – oder wie man damals sagte, im Namen Jesu – die absonderlichsten Lehren herumgeisterten.

Es ist immer eine Not, wenn in der christlichen Gemeinde alles Mögliche und Unmögliche gelehrt wird. Dem Schreiber des Hebräerbriefs war es deshalb ganz wichtig, dass wir am Bekenntnis festhalten. Welches Bekenntnis? Das, was später Martin Luther so formuliert hat: Der mich verlorenen und verdammten Menschen erlöst hat, erworben und gewonnen von allen Sünden, vom Tod und von der Gewalt des Teufels – dieser Jesus sei mein Herr.

Das ist mein Glaubensbekenntnis. Marketing hin, Marketing her, ob die Leute das hören wollen oder nicht – das ist die Mitte meines Lebens. Das ist die Freude, die mich erfüllt, und die Kraftquelle für heute. Das ist das, woraus Verzweifelte Trost schöpfen. Wenn einmal in ihrem Leben alles dahingeht, wird das noch leuchten.

Und selbst wenn ihre Lebenskraft in der Todesstunde zerbricht, dann leuchtet das ganz hell: Ja, ich bin ein verlorener und verdammter Mensch, aber Christus hält mich. Das geht durch alle Not der Welt. Das ist der Anker ihres Glaubens, die Mitte ihrer Freude.

Der hohe Priester, der mir meine Schuld vergeben hat, lässt mich zu Gott gehören. Niemand kann mich mehr von seiner Nähe trennen. Ich bin neu geworden durch das Wunder seiner Gnade. Amen!

Gemeinsames Singen und Gebet

Jetzt wollen wir alle gemeinsam das Lied singen, alle Verse: "Ach, mein Herr Jesu, wenn ich dich nicht hätte" (420) und "Und wenn dein Blut nicht für die Sünder räte". Christian Gregor war ein Mann der Herrnhuter Brüdergemeinde, der uns dieses schöne Lied geschenkt hat.

Wir beten:

Du, Heiland der Welt, wir sind so froh, dass du mitfühlen kannst, auch mit unseren Schwachheiten. Deine Sympathie mit uns reicht so tief, dass du uns nicht verurteilst und verdammst, sondern retten willst. Darum rufst du uns heute, dass wir vor dir einfach offen bekennen, was falsch war, wo wir gesündigt haben – in Gedanken, Worten und auch in handfesten Taten.

Herr, es tut uns leid, besonders dort, wo wir dich weggestoßen haben, wo wir dir nicht vertraut haben und wo wir dein Wort gebrochen haben. Wir möchten dich bitten, dass du in uns nicht bloß die Sünde vergibst, sondern auch die ganzen Wurzeln herausreißt, aus denen immer wieder das Böse wächst.

Heilige uns ganz und in Besitz von unserem Leben, damit bei uns Neues wachsen kann. Lass unser Leben und die vielen Gaben, die du uns geschenkt hast, zum Heil und zu unserer Freude eingesetzt werden. So soll deine Gottesherrschaft auch in unserem Leben Raum haben.

Wir brauchen deine tägliche und stündliche Versöhnung, lieber Herr, und wir danken dir, dass wir jetzt völlig frei und losgelöst wieder zurückgehen dürfen an die Plätze, wo du uns hingestellt hast. Dort dürfen wir dir dienen mit den Gaben, mit denen du uns in die Welt hineinsendest, damit wir etwas seien zu deinem Lob.

Wir möchten dich auch bitten für unsere Kranken. Wir denken an die vielen Menschen in unserem Land, die dein Evangelium nicht verstehen, denen wir es nicht übersetzen können. Ach, gib doch auch in den nächsten Tagen, wenn wir versuchen, anderen zu sagen, wie deine Vergebung ein Leben heilt, dass du mit uns gehst. Lass Menschen offen werden, damit dein Heiliger Geist an ihnen wirken kann. Gib ihnen Frieden und Versöhnung, Freude durch Annahme.

Ach Herr, gib doch, dass noch viele dich erkennen und zum Glauben an dich kommen.

Lasst uns gemeinsam beten:

Vater unser im Himmel, geheiligt werde dein Name.
Dein Reich komme.
Dein Wille geschehe wie im Himmel so auf Erden.
Unser tägliches Brot gib uns heute.
Und vergib uns unsere Schuld, wie auch wir vergeben unseren Schuldigern.
Und führe uns nicht in Versuchung, sondern erlöse uns vom Bösen.
Denn dein ist das Reich und die Kraft und die Herrlichkeit in Ewigkeit.
Amen!

Berichte aus der Gemeindearbeit und Ausblick

Nehmen Sie noch einmal Platz. Wenn ich mich so umschaue, sehe ich viele braune Gesichter unserer jungen Leute.

Ach, Matthias Kümmel, komm doch vor und sag ein Wort von der Skifreizeit! Das wäre doch schön. Ich sehe die jungen Leute, die aus dem Wallis zurückgekehrt sind. Seid alle wieder heil da!

Ja, wir sind alle wieder heil da. Es ist so ungewohnt, wenn alle ruhig sind, wenn ich etwas sagen will.

Also, wir waren im Berner Oberland in der Jungfrau-Region Skifahren. Es war eine ganz tolle Sache. Jeden Tag haben wir gespürt, dass Gott bei uns war.

Erstmals auf der Piste: Der spektakulärste Sturz ist per Video festgehalten worden. Es sah übel aus – der Ski war kaputt, die Bindung war kaputt, der Schuh war kaputt, aber der Mann war heil.

Solche Sachen haben mich auch sehr beeindruckt: die Gemeinschaft unter den Teilnehmern. Jeder war akzeptiert und geachtet. Es gab keine Grüppchen, die gegeneinander waren. Jeder stand für jeden.

Wir konnten auch beobachten, dass Menschen, die den Glauben eigentlich noch nicht so gut kannten, festgestellt haben, dass die Bibel Antworten auf wichtige Lebensfragen und mehr bereithält.

Denjenigen unter Ihnen, die für uns gebetet haben, möchte ich danken. Es hat sich gelohnt.

Wir freuen uns immer wieder an den jungen Leuten in unserer Mitte. Das ist doch wunderschön.

Es gibt eine ganze Reihe Papier. Ich darf die Helfer vom Gemeindedienst bitten, die Mappen mitzunehmen und sie in den nächsten Tagen auch in den Gemeindebezirken weiterzutragen.

Die anderen möchte ich darauf hinweisen, dass es drei Dinge sind: Neben dem Gemeindebrief in der gewohnten Kürze ist jetzt wieder neu das Verzeichnis aller Gruppen und Kreise aufgelegt worden – acht Seiten. Das können Sie auch mitnehmen, hinten nachher.

Und dann ist mir ganz wichtig die Bibelwoche. Die liegt ja so – natürlich ist das auch wieder ungeschickt – aber sie hat auch wieder Vorteile für die Auswärtigen, die außerhalb der Stadt wohnen und daran teilnehmen.

Mir ist es so wichtig, dass die Passionswoche gefüllt wird und wir uns in diesen Tagen von verschiedenen Seiten her zurüsten lassen. Indem wir einfach wieder Dinge neu entdecken in unserem Glauben, aus der Kirchengeschichte, aus den Diensten heute.

Wichtig ist, dass Sie sich diese Zeit freihalten und andere dazu einladen. Es ist keine Evangelisation, aber für Christen eine wichtige Zurüstung – auch für Leute, die vielleicht nur noch traditionell dem Namen nach Christen sind.

Doktor Schack und seine liebe Frau haben einen interessanten Brief von ihrer Arbeit im Rift Valley geschrieben. Der hat jetzt nicht mehr auf die Ablage gepasst, er liegt hinten auf dem Simson.

Diese Woche nach den Ferien ist wieder ganz normaler Betrieb. Der Seniorenkreis ist wie im grünen Notizzettel angeschrieben. Danach gehen wir zum Bibeltraining, das wieder über den Geiler der Briefe am Dienstagabend um 19 Uhr stattfindet.

Nächsten Sonntag ist Mannschaft um 19 Uhr.

Und nächsten Sonntag haben wir auch, wie im Notizzettel steht – aber ich will es doch noch einmal ankündigen – die Matinee mit Walter Wassermann über die Herausforderung durch den Islam heute, nach dem ersten Gottesdienst.

Wir sind froh, dass wir so einen profunden Islamkenner haben: Walter Wassermann, der viele Jahre im Libanon gearbeitet hat und jetzt in den meisten muslimischen Ländern unterwegs ist und einheimische Christen zurüstet.

Die Matinee dauert eineinhalb Stunden. Was ist Islam? Er hat uns extra gewarnt und gesagt, er werde nicht das sagen, was viele Christen behaupten, dass man mit dem Islam ganz herrliche Ökumene haben kann.

Denn Wassermann ist anderer Meinung. Er sagt, er müsse das vorher sagen, damit niemand entsetzt sei. Ich sage, das wird für viele gerade deshalb anziehend sein.

Es gibt viele Möglichkeiten für unser Opfer, für unsere Kollekte. Das Fastenopfer beginnt von Hilfe Brüder, das soll aber heute nicht im Mittelpunkt stehen.

Annette Steiner, die von unserer Jugendarbeit kommt, ist Missionarin bei der Deutschen Indianermission in Brasilien. Nach ihrer schweren Sprachschulzeit ist sie ausgereist und tief im Inneren in Alves in einer Urwaldstation eingesetzt, wo sie noch ein Praktikum haben sollte.

Dort ist es passiert, dass ihre Missionarin, der sie beigegeben war, schwer verunglückt ist. Durch einen schweren Autounfall kippte der Geländewagen und begrub sie unter sich.

Annette Steiner, die selbst Krankenschwester ist, meinte zuerst, der Arm der Missionarin sei ab. Das war ganz furchtbar, bis man sie überhaupt bergen konnte – nicht Annette Steiner, sondern die Missionarin, Fatima.

Bis man sie über das unwegsame Gelände herausgetragen und zu einem Auto, einem Krankenwagen, gebracht hatte, der sie noch 250 Kilometer nach Campogrande mitnahm, hat man versucht, den Arm zu erhalten. Es war ein Trümmerbruch.

Wir sehen, wie dunkle Mächte immer wieder versuchen, den Dienst unserer Missionare lahmzulegen.

Wir sollten uns auch an Annette Steiner erinnern und heute durch unser Opfer mithelfen.

Unsere Jugendkreise und Jugendgruppen tragen den Dienst sehr stark mit. Heute wollen wir mithelfen, dass Annette Steiner nun in die Lücke treten kann – dort bei den Urwaldindianern in Brasilien, wo so viel Dämonenfurcht herrscht und so viel Gebundenheit an dämonische Mächte.

Die Befreiung durch Christus soll Raum greifen.

Vielen Dank für Ihr Mittragen.

Schlusssegen

Und nun wollen wir um den Segen Gottes bitten.

Herr, segne uns und behüte uns. Herr, lass dein Angesicht über uns leuchten und sei uns gnädig. Herr, erhebe dein Angesicht auf uns und gib uns deinen Frieden.