Vielen Dank, dass Sie heute Abend auch für mich gebetet haben. Ich glaube, es ist notwendig, diesen Abschnitt so zu lernen, dass er wirklich ankommt und vor allem die Wahrheit widerspiegelt. Es soll zeigen, wie Gott die Dinge sieht und wie Er denkt.
Ich habe gerade ein paar Gebete gesprochen, ganz praktisch, damit das Wort in unserem Leben wirklich wirksam wird. Es soll uns ermutigen und uns dem Herrn näherbringen.
Eigentlich würde ich heute Abend gerne ein ermutigendes Wort weitergeben, aber ich muss über Römer Kapitel 1 und 2 sprechen. Das ist zwar der Einstieg in das, was Paulus als das Evangelium Gottes beschreibt, aber ich fürchte, es ist nicht so ermutigend.
Dennoch werde ich versuchen, einige ermutigende Aspekte hervorzuheben, die in diesem Text irgendwo versteckt sind.
Einführung in den Römerbrief und Gottes Gerechtigkeit
Wir haben beim letzten Mal nur die Einleitung zum Römerbrief betrachtet. Dabei haben wir das Verhältnis, das Paulus zu den Römern hatte – oder zum großen Teil eben noch nicht persönlich hatte – näher betrachtet. Anhand einiger Stichpunkte, die er in seiner Einleitung betont und immer wieder verwendet, haben wir gesehen, worum es ihm eigentlich in diesem Brief geht, den er an die Gemeinde in Rom, an die Geschwister in Rom, geschrieben hat.
Ich möchte noch einmal die Kernverse lesen, Römer Kapitel 1, Verse 16 und 17, wo Paulus sagt: „Denn ich schäme mich des Evangeliums nicht, denn es ist Gottes Kraft zum Heil jedem Glaubenden, sowohl dem Juden zuerst als auch dem Griechen. Denn Gottes Gerechtigkeit wird darin offenbart, aus Glauben zu glauben, wie geschrieben steht: Der Gerechte aber wird aus Glauben leben.“
Wir haben gesehen, dass Gottes Gerechtigkeit im Evangelium offenbart wird. Dabei haben wir verschiedene Aspekte betrachtet, wie wir Gerechtigkeit empfinden. Ein wichtiger Aspekt ist der Gottgerechte, dessen Maßstab absolut ist. Er ist absolut heilig: Was böse ist, ist in seinen Augen böse, und was gut ist, ist in seinen Augen gut. Das ist ein Aspekt, den wir heute in diesem Abschnitt sehen werden. Wenn man wirklich darüber nachdenkt, ist das manchmal schon erschreckend. Gott ist nicht so relativ, wie wir es oft sind. Im Vergleich zu meiner Umgebung fühle ich mich vielleicht noch relativ gut, aber Gott zeigt seine Gerechtigkeit im Evangelium auf eine ganz andere Weise.
Wer das Evangelium schon ein Stück weit kennt, weiß, was das letztendlich bedeutet: Gott lässt niemanden in seinen Himmel, ohne dass jemand für dessen Sünden gestorben ist. Das ist ein strenger Maßstab. Gott sagt, es gibt keinen Menschen, der so gut ist, dass er in seinen Himmel kommen könnte. Alle Menschen sind so schlecht, dass sie das Todesurteil verdienen. Diesen Teil werden wir heute anschauen, und beim nächsten Mal dann noch etwas intensiver.
Wir haben außerdem gesehen, dass Gottes Gerechtigkeit im Evangelium offenbart wird und dass Gott nicht parteiisch ist. Er hat nicht gesagt: „Na ja, dieser Teil der Menschheit westlich vom Atlantik ist mir irgendwie sympathisch, die rette ich, oder denen erkläre ich es besser. Und die östlich vom Atlantik sind mir seltsam.“ Oder: „Weiße lasse ich lieber in meinen Himmel als Schwarze.“ Gottes Gerechtigkeit zeigt sich vielmehr darin, dass er das Evangelium allen Menschen anbietet, ohne Unterschied. Davon bin ich wirklich überzeugt.
Gott macht also keinen horizontalen Schnitt und sagt: Ja, die ja, die nein. Wir haben auch gesehen, dass Gott keinen vertikalen Schnitt macht, bei irgendeiner Eigenschaft. Gott sagt nicht: „Okay, alle, die unter diesem Maßstab sind, nein, alle, die darüber sind, ja.“ Es ist nicht so, dass die, die ihre Frauen weniger als einmal im Monat schlagen, noch relativ gut sind und deshalb in den Himmel kommen, während die anderen es nicht schaffen. Gott hat keinen Maßstab gemacht, der von unseren Fähigkeiten oder Anstrengungen abhängt.
Seine Gerechtigkeit zeigt sich darin, dass er jedem Menschen die Chance gibt, entsprechend seiner Veranlagung und Begabung. Es gibt keine Latte, die man überspringen muss. Wir haben gesehen, dass wir persönlich, und ich denke, das trifft auf vieles zu, auch auf Gott, Gerechtigkeit so empfinden, dass es gerecht ist, wenn jemand, der uns vertraut, nicht mit Füßen getreten wird. Wenn Kinder erwachsen werden und ihren Eltern Vertrauen entgegenbringen, empfinden wir es als gerecht, auf dieses Vertrauen zu reagieren.
So haben wir einige Aspekte der Gerechtigkeit Gottes betrachtet, die im Evangelium offenbar werden. Im Evangelium sucht Gott unser Vertrauen und reagiert darauf. Genau darum geht es im Evangelium.
Heute wollen wir uns anschauen, was Paulus uns über dieses Evangelium sagt und ein wenig genauer in seine Argumentationskette einsteigen. Er beginnt damit in den ersten Kapiteln, im Rest von Kapitel 1, in Kapitel 2 und im großen Teil von Kapitel 3. Er erklärt uns, wie Gott uns Menschen eigentlich sieht. Denn das ist die Grundlage: Gott kommt uns entgegen, bringt uns eine Botschaft, die Triumphbotschaft des Evangeliums. Die prinzipielle Frage ist: Was ist das für eine Botschaft? Und das hängt davon ab, wie Gott uns sieht.
Gottes Zorn über Gottlosigkeit und Ungerechtigkeit
Und ich meine, ich weiß nicht, wie es euch persönlich geht. Ich sehe mich selbst meistens ziemlich positiv, aber ich bin einer der wenigen Menschen, die wirklich gut mit mir auskommen.
Wir haben so einen relativen Maßstab. Ich habe das schon gesagt: Wir kommen uns schnell besser vor als andere. Man muss ja nur mal den Fernseher anmachen – das kann ich jetzt nicht so oft – oder eine Zeitung aufschlagen oder vielleicht sogar etwas wie die Bild-Zeitung anschauen. Die Gelegenheit habe ich öfter, weil ich S-Bahn fahre. Dort haben die Leute, die mir gegenüber sitzen, oft solche Blätter in der Hand.
Und da triffst du eben eine ganze Menge Leute, von denen du den Eindruck hast: Ich bin eigentlich noch ganz gut. Auch wenn wir uns umschauen, und manchmal gibt es ja auch gute Nachrichten, wenn wir in unserem Bekanntenkreis oder in den positiven Nachrichten, die manchmal über Menschen verbreitet werden, nachsehen, haben wir doch den Eindruck, dass es moralisch relativ hochstehende Menschen gibt. Menschen, die wirklich etwas für die Menschheit tun, die sich engagieren, die mit irgendwelchen Hilfswerken nach Haiti fahren und dort ihre Zeit und zum Teil Geld investieren.
Wir haben also schon den Eindruck, dass es schlechte Menschen auf der Erde gibt. Sonst sähe die Erde offensichtlich auch anders aus. Es gibt Menschen, die sehr egozentrisch sind, die für ihr eigenes Vorankommen und ihre eigene Macht über Leichen gehen. Aber es gibt offensichtlich auch Menschen, die moralisch höher stehen, die sich für andere einsetzen, denen Menschen noch etwas bedeuten und die nicht nur selbst im Mittelpunkt ihres Denkens stehen.
Ich weiß nicht, wie es euch geht, aber oft geht es uns so. Heute wollen wir uns anschauen, wie Gott das sieht – nach seiner Gerechtigkeit, nach seinen Maßstäben.
Und dieser Abschnitt, in dem Paulus das Evangelium predigt, fängt schon erstaunlich an. Römer 1,18: „Denn es wird offenbart Gottes Zorn vom Himmel her über alle Gottlosigkeit und Ungerechtigkeit der Menschen.“ Es wird offenbart Gottes Zorn vom Himmel her über alle Gottlosigkeit und Ungerechtigkeit der Menschen.
Der Ralf hat sich am Sonntag hier hingestellt und gesagt, wir Christen sind zu den Ungläubigen manchmal einfach zu nett. Den Vorwurf muss sich Paulus, glaube ich, nicht gefallen lassen. Was er da schreibt, gehört nicht in die Kategorie „nett“. Gott – der Zorn? Wie fängst du das Evangelium an, wenn du es Menschen erklärst? Du bist auf der Straße an einem Büchertisch, kommst mit jemandem ins Gespräch: „Ja, Gott liebt alle Menschen. Er liebt auch dich. Und irgendwie ist es sein größtes Anliegen, dich zu retten und dich in seiner Nähe zu haben. Gott bietet dir eine Beziehung an. Gott möchte gerne in dein Herz einziehen. Er möchte dein Leben schöner machen. Dein Leben wäre so viel schöner, wenn du Gott zusätzlich zu all dem hättest, was du jetzt hast.“ Das ist alles nicht falsch, aber Paulus fängt es völlig anders an. Keine Ahnung, wie er es auf der Straße angefangen hätte. Er legte irgendwie Grundlagen: „Es wird offenbart Gottes Zorn vom Himmel her.“
Wisst ihr, wenn Gott in unsere Gesellschaft schaut, wenn Gott in deine Schulklasse schaut, wenn Gott an deinen Arbeitsplatz schaut, wenn Gott die Menschen in deiner Straße und den Straßen drumherum anschaut, dann ist Gott zornig. Hast du jemals darüber nachgedacht, dass Gott nicht nur die Menschen in deiner Umgebung mit Sehnsucht anschaut, dass sie ihn doch kennenlernen würden? Nicht nur mit Liebe, nicht nur mit Mitleid, weil es ihnen in ihren Beziehungen schlecht geht, sondern dass Gott sie anschaut und zornig ist?
Immerhin konnten wir eigentlich aufhören, nach Hause gehen und mal eine Woche darüber nachdenken und im Gebet mit Gott verarbeiten, dass Gott zornig ist. Es wird offenbart Gottes Zorn vom Himmel her.
Ja, Gottes Zorn ist nicht einfach emotional. Es ist nicht so, dass er es jetzt so lange angeschaut hat und jetzt kocht er über. Gottes Zorn ist nicht ungebremst, dass er einfach zornig ist und reinschlägt. Nein, Gottes Zorn ist sehr bewusst und sehr gezielt.
Es gibt extreme Fälle in unserem persönlichen, relativen Maßstab, wo wir Gottes Zorn sehr gut verstehen, oder? Es wird offenbart Gottes Zorn vom Himmel her über alle Gottlosigkeit und Ungerechtigkeit der Menschen. Ja, manchmal verstehen wir, dass Gott zornig ist über die Ungerechtigkeit der Menschen.
Wie viele Nachrichten – ich habe sie nicht gezählt – gab es in den letzten drei Wochen über Kindesmissbrauch in katholischen oder reformpädagogischen Einrichtungen in Deutschland? Wenn du dir vorstellst, was dort passiert und was aus dem Leben solcher Kinder oft wird und was ihnen angetan wird, dann verstehen wir Gottes Zorn, oder?
Wenn wir Nachrichten aus Ruanda hören, schon Jahre her, inzwischen haben viele es vergessen: Dort hat eine Volksgruppe eine andere niedergemetzelt. Wer schuld ist, ist schwierig zu sagen, aber das Ergebnis war, dass eine Volksgruppe eine andere brutal getötet hat – nicht nur Männer, sondern auch Frauen, Kinder und Schwangere. Dann verstehen wir Gottes Zorn über die Ungerechtigkeit der Menschen, oder? Dann sagen wir: Ja, es ist einfach so. Man kann nicht anders reagieren als mit Zorn. Wenn du auf solche Nachrichten nicht auch mit Zorn reagierst, dann stimmt bei dir irgendwas nicht.
Oder fast genauso lange her: der Jugoslawien-Konflikt, wo niemand genau weiß, wie aufgebauscht es war oder nicht. Ich möchte es gar nicht bewerten, aber es gab Nachrichten, dass Frauen öffentlich in Fußballstadien mit Zuschauern vergewaltigt wurden. Wenn du da nicht zornig wirst, dann ist irgendwas nicht in Ordnung.
Wir verstehen also zumindest in extremen Fällen den Zorn Gottes. Ich glaube, unser Problem ist, dass wir nicht verstehen, wo der Zorn Gottes anfängt.
Ich denke, ein anderes Wort, das hier gebraucht wird, ist vielleicht ein guter Punkt. Es wird offenbart Gottes Zorn vom Himmel her über alle Gottlosigkeit und Ungerechtigkeit der Menschen.
Wisst ihr, Gottes Zorn fängt nicht erst dort an, wo Dinge ein extremes Ausmaß annehmen und andere Menschen wirklich extrem darunter leiden. Wie jemand mal gesagt hat: Der Zorn Gottes verfolgt diese Extreme zurück, dieses wilde Tier, bis in seine Höhle. Und hier ist der Ursprung – die Gottlosigkeit.
Ursprung des göttlichen Zorns: Gottlosigkeit als Wurzel allen Übels
Gott hat den Menschen geschaffen, um mit ihm zu leben. Er hat den Menschen so gemacht, dass eine Gemeinschaft mit ihm wirklich funktionieren kann – als ein moralisch hochwertiges Wesen.
Das Problem, das Gott bei den Menschen sieht, in unserer Gesellschaft und in unserer Nachbarschaft, sind nicht die Extreme an sich. Vielmehr liegt das Problem im Ursprung, und dieser Ursprung ist laut Gott die Gottlosigkeit. Diese Gottlosigkeit zeigt sich manchmal in solchen Extremen. Gott ist nicht nur zornig über die Extreme, sondern vor allem darüber, dass sich Menschen von ihm abgewandt haben und gottlos leben.
Dabei ist nicht gemeint, dass man jemanden einfach als gottlosen Menschen bezeichnet, um die Extreme hervorzuheben. Vielmehr ist die Bedeutung des Wortes „gottlos“ hier wörtlich zu verstehen: Menschen leben ihr Leben ohne Gott. Und Gott sagt: Hier sehe ich den Ursprung, die Wurzel all dessen, was wir in der Gesellschaft beobachten. Gott ist also zornig, nicht nur über die Extreme, sondern darüber, dass Menschen ihr Leben, ihre Gesellschaft und ihr Miteinander ohne ihn gestalten wollen und dadurch letztlich alles zerstören – sei es auf einer extremen oder weniger extremen Basis.
Gott ist zornig über die Gottlosigkeit in deiner Umgebung, selbst wenn sie sich bisher nicht so extrem zeigt. Denn es heißt in der Bibel: „Gottes Zorn wird vom Himmel her offenbart über alle Gottlosigkeit und Ungerechtigkeit der Menschen.“ Doch was bedeutet Gottlosigkeit genau? Wie kann Gott zornig sein über Menschen, die ihn gar nicht kennen? Wie sollen sie nach Gott und seinen Maßstäben fragen, wenn sie nicht wissen, wer er ist?
Diese Frage würden wir Paulus direkt stellen. Und Paulus hat diese Frage gehört. Denn es heißt weiter: „Gottes Zorn wird vom Himmel her offenbart über alle Gottlosigkeit und Ungerechtigkeit der Menschen, die die Wahrheit in Ungerechtigkeit besitzen.“ Das liegt daran, dass das von Gott Erkennbare unter ihnen offenbar ist, denn Gott hat es ihnen offenbart.
Das Unsichtbare von Gott wird wahrgenommen – sowohl seine ewige Kraft als auch seine Göttlichkeit, die von der Erschaffung der Welt an im Geschaffenen sichtbar sind, damit sie ohne Entschuldigung sind. Gott sieht es so: Dass ihr nichts von mir wusstet, ist keine Ausrede. Ich bin der Meinung, dass ihr alles, was ihr wissen musstet, auch wissen konntet. Die Frage ist nur, ob ihr es wolltet.
Gott sagt: Ich habe mich so deutlich offenbart, es ist so klar, dass ich Gott bin. Wenn ihr nicht fragt, wie dieser Gott ist, wie man mit ihm eine Beziehung aufbauen kann und was dieser Gott eigentlich will, dann habt ihr niemanden, den ihr dafür beschuldigen könnt. Das von Gott Erkennbare ist offenbar, weil ihr so viel von dem seht, was ich gemacht habe.
Ein Beispiel, das ich besonders mag: Wir bewundern oft große technische Leistungen. Männer neigen dazu, solche Stahlkolosse zu bewundern, die fliegen. Hier in Offenbach ist das manchmal unangenehm, weil wir es noch mehr bewundern würden, wenn diese Stahlkolosse leise und abgasfrei fliegen würden.
Viele Besucher im Rhein-Main-Gebiet finden es interessant, zum Beispiel zum Flughafen zu gehen. In Paris bewundert man den Eiffelturm. Wir neigen dazu, große Leistungen aus Vergangenheit oder Gegenwart schnell zu bewundern. Gott sagt dazu: Ihr seid albern.
Es gibt viele Beispiele, aber mein Lieblingsbeispiel ist ein Baum. Ich habe gerade ein paar Apfelbäume auf meinem Grundstück, deshalb liegt mir das besonders am Herzen. Ein Baum ist beeindruckend. Ein großer Baum ist relativ groß, und jeder Baum sieht anders aus.
Das Gewirr der Äste ist bei Fichten noch relativ langweilig, aber bei einem Laubbaum wie einer Eiche oder einem schönen großen Apfelbaum ist es eine unglaubliche Vielfalt. Kein Blatt sieht genau gleich aus wie ein anderes. Das ist erstaunlich.
Ein Baum kann bis zu dreißig Meter hoch sein – der Apfelbaum nicht so hoch, aber trotzdem beeindruckend. Er holt Wasser und Mineralien aus dem Boden mit seinen Wurzeln. Man kann kompliziert berechnen, wie die Osmose funktioniert und warum Wasser angesaugt wird.
Der Baum schafft es, das Wasser überall zu verteilen, weil es dort gebraucht wird. Aber wisst ihr, was das Verrückte an diesem Baum ist? Er produziert seine eigene Solarenergie. Heute kommen wir langsam dahin, dass Solarenergie vielleicht etwas Gutes ist. Um eine vernünftige Energiemenge zu erzeugen, müssen wir riesige Flächen mit Kollektoren bedecken – mindestens das ganze Hausdach.
Wenn wir Photosynthese könnten! Photosynthese ist so kompliziert, dass ich nicht weiß, ob irgendjemand sie zu hundert Prozent verstanden hat. Der Baum versteht es auch nicht bewusst, aber er macht es einfach. In all seinen Blättern gewinnt er Energie aus Licht.
Die Stoffe, die er aus dieser Energie produziert, treiben neue Äste heraus. Diese wachsen in verschiedene Richtungen oder verzweigen sich. Er baut komplizierte Blätter, in denen die Moleküle für die Photosynthese enthalten sind, und verteilt sie auf Transportwegen im ganzen Baum.
Der Baum macht noch viele verrückte Dinge, die ich heute nicht alle erzählen kann. Man muss auch wissen, dass der Baum Mechanismen hat, sich selbst zu reparieren. Wenn er an einer Stelle der Rinde krank ist, wächst die Rinde rundherum stärker, um den Transport aufrechtzuerhalten. Manchmal wird das Loch so zugewachsen, dass ein Wulst entsteht.
Diese Selbstreparaturmechanismen haben wir Menschen auch, zum Glück. Sonst würden wir nur im Krankenhaus liegen. Der Baum produziert und verwendet seine Energie viel effektiver als ein Jumbojet, der über uns fliegt.
Doch das Verrückteste an diesem Baum ist: Trotz all seiner Fähigkeiten und der Millionen von Genen, die koordiniert arbeiten, kann er all die Informationen, die nötig sind, um so ein komplexes Wesen aufzubauen, in einem kleinen Samen verpacken.
Stellt euch einen Apfelkern vor oder eine Eichel – die ist schon relativ groß – oder einen Kiefern-Samen aus einem Kiefernzapfen. All die Informationen, um wieder einen genauso komplizierten Baum wachsen zu lassen, der Photosynthese betreibt, sind darin enthalten.
Ich arbeite mit Computern, und wir speichern auch Informationen auf kleinem Raum. Aber im Vergleich zum Informationsgehalt eines Baumes ist das lächerlich.
Gott sagt: „Denn das von Gott Erkennbare ist offenbar, denn Gott hat es ihnen offenbart. Das Unsichtbare von ihm wird gesehen, sowohl seine ewige Kraft als auch seine Göttlichkeit, die von der Schöpfung der Welt an im Geschaffenen wahrgenommen werden, damit sie ohne Entschuldigung sind.“
In dem, was Gott geschaffen hat, wird das Unsichtbare Gottes sichtbar. Er hat es absichtlich so gemacht, damit – egal, was ein Mensch von anderen gehört hat – er letztlich keine Entschuldigung hat, wenn er gottlos lebt.
Die Ablehnung Gottes durch die Menschen und ihre Folgen
Warum ist Gott zornig?
Gott ist zornig, weil die Menschen ihn zwar erkennen könnten, aber ihn nicht wollten. Sie wollten ihn nicht erkennen, und das macht Gott zornig. Ich denke, sein Zorn entsteht auch wegen all dem, was daraus resultiert – was er sieht und welche Auswirkungen das auf unser persönliches Leben und das Leben unserer Umgebung hat.
Egal aus welchem Grund genau es ihn zornig macht, möchte ich es nicht hundertprozentig erklären. Fest steht: Gott ist zornig.
In Römer 1,21 heißt es: „Denn obwohl sie Gott kannten, verherrlichten sie ihn nicht als Gott und brachten ihm keinen Dank dar, sondern verfielen in ihren Überlegungen in Dummheit.“ Das Wort „Torheit“ ist ein etwas altes Wort, es bedeutet Unverständnis. Ihr Herz wurde verfinstert. Sie gaben sich für weise aus, wurden aber zu Toren. Sie verwandelten die Herrlichkeit des unverweslichen Gottes in das Bild eines verweslichen Menschen, von Vögeln, vierfüßigen und kriechenden Tieren.
In Vers 25 wird beschrieben, wie sie die Wahrheit Gottes mit der Lüge vertauschten und dem Geschöpf Verehrung und Dienst darbrachten, anstatt dem Schöpfer, der gepriesen ist in Ewigkeit.
In Vers 28 steht: „Weil sie es nicht für gut befanden, Gott in Erkenntnis zu haben.“
Dreimal in diesem Abschnitt betont Gott, dass die Menschen ihn nicht erkennen wollten. Sie haben sich bewusst entschieden, Gott nicht zu wollen.
Viele Menschen haben das nicht offen zugegeben, sondern den Gedanken an Gott verdrängt. Gott sagt, man sieht oft, wie verrückt das ist. Wenn man ernsthaft darüber nachdenkt, hat man den Eindruck, sie sind auf sehr absurde Ideen gekommen. Das muss Verdrängung sein, denn wenn man selbst versteht, wie unsinnig das ist, kann man es kaum nachvollziehen.
Letzten Endes haben sie Gott immer wieder durch irgendetwas ersetzt und den Gedanken an ihn zur Seite geschoben.
In animistischen Kulturen der Vergangenheit oder in vielen Regionen dieser Erde wurde Gott durch Steinfiguren ersetzt, die angebetet wurden. Oder durch Tierfiguren. Man sagte zum Beispiel, der Geist, der über diesem Weg wacht, wohnt in diesem Baum. Deshalb müsse man dem Baum Opfer bringen, wenn man den Weg passieren will.
Gott sagt, das ist dumm. Man muss nur einmal hochgucken und sich den nächsten Berg oder großen Baum anschauen, um zu wissen, dass das nicht irgendein Geist gemacht haben kann, der über den Weg regiert. Sie haben die Herrlichkeit Gottes mit etwas anderem vertauscht.
Gott sagt letztlich, weil sie Gott nicht in Erkenntnis haben wollten.
Damals wurde das sichtbar in der Kaiserverehrung, wo man Gott durch einen Menschen ersetzt hat, dem man absolute Macht zusprach. Heute zeigt es sich in vielen Bereichen, in denen wir Gott durch Menschen ersetzen.
Ich habe schon einmal über die Verehrung von Technik gesprochen. Was Menschen geschaffen haben, wird manchmal wie Gott verehrt. Viele Menschen bewundern andere Menschen. Sie sind Fans von jemandem, und dieser erhält fast göttlichen Status.
Fanclubs von Fußballvereinen sagen oft, dieser Verein sei ihre Religion. Das habe ich wörtlich gehört, und man kann es lesen.
Jeder Film mit einem bestimmten Schauspieler oder der Auftritt einer Popgröße wird verfolgt, weil man sich daran orientiert. Eine bestimmte Jeansmarke muss getragen werden.
Überall setzen wir das, was Menschen leisten – oder auch nicht leisten – an die Stelle von Gott und seiner Gemeinschaft.
Welche Fußballer spielen schon durchgehend gut? Viele Popgrößen werden verehrt, obwohl sie nicht einmal singen können.
Wir haben das Bedürfnis, jemanden zu bewundern, jemandem zu folgen und zu gehorchen. Dieses Bedürfnis haben wir, aber wir verdrängen Gott und kanalisieren es anders, auch wenn es noch so unsinnig ist.
Gott sagt, sie sind zu Toren geworden.
Was Menschen sich zum Vorbild nehmen, kann man manchmal nur mit dem Kopf schütteln – sagt Gott, nicht ich.
Wenn wir heute in unsere Zeit schauen, dann haben wir Gott ersetzt, indem wir unsere eigenen Bedürfnisse und Wünsche zur höchsten Gottheit unseres Lebens erhoben haben.
„Tu dir selbst etwas Gutes“ ist die Religion unserer Gesellschaft geworden.
Wir haben den unsichtbaren Gott durch das Geschöpf ersetzt.
Warum ist Gott zornig? Wegen der Gottlosigkeit und der Ungerechtigkeit der Menschen, weil sie Gott nicht wollten.
Sichtbarkeit und Folgen von Gottes Zorn in der Gesellschaft
Wie wird Gottes Zorn sichtbar? Paulus, du hast gerade gesagt, Gottes Zorn wird vom Himmel her offenbart über alle Gottlosigkeit und Ungerechtigkeit der Menschen. Paulus, wo sehe ich Gottes Zorn? Meinst du, in der Zukunft wird er sichtbar werden, oder wie meinst du das?
Paulus meint nicht in erster Linie die Zukunft. Er sagt, Gottes Zorn zeigt sich momentan nicht durch ein mächtiges Eingreifen. Er sagt nicht: „Ich bin zornig, und jetzt sage ich Schluss, und jetzt greife ich ein, und der ist so böse, den lasse ich jetzt an den Baum fahren.“ Paulus sagt nein, so sieht man Gottes Zorn momentan nicht.
Gottes Zorn sieht man gerade in dem, was Menschen Gott vorwerfen: Gott, wo warst du in dieser und jener Situation? Paulus sagt: Ja, genau. Das ist da. Und nicht nur in diesen extremen Situationen offenbart sich Gottes Zorn momentan darin, dass Gott sich aus unserer Gesellschaft zurückgezogen hat. Dass Gott sich aus deinem Leben zurückgezogen hat, wenn du ihn nicht wolltest. Das ist die Auswirkung des Zornes Gottes.
„Gott hat den Menschen dahingegeben.“ Dreimal in diesem Abschnitt – genau wie Paulus dreimal wiederholt – lesen wir, dass Gott die Menschen dahingegeben hat. Das sieht man an seinem Zorn. In 1. Korinther 5,24 heißt es: „Darum hat Gott sie hingegeben in den Begierden ihrer Herzen zur Unreinheit, ihre Leiber untereinander zu schänden.“
Wie man auf dem Gebiet von Partnerschaft und Sexualität in unserer Gesellschaft miteinander umgeht, ist ein Zeichen, nicht nur Anlass, des Zornes Gottes. Vielleicht auch Anlass, aber Paulus sagt, dass es in unserer Gesellschaft so weit gekommen ist, dass es ein Zeichen dafür ist, wie weit sich Gott aus unserer Gesellschaft zurückgezogen hat. Wie wenig Gott eingreift. Es ist ein Zeichen des Zornes Gottes, dass Gott sie dahingibt in den Begierden ihrer Herzen zur Unreinheit, ihre Leiber untereinander zu schänden.
Dieser Standardmaßstab, den wir in unserer Gesellschaft haben, dass man einfach sexuelle Beziehungen hat – ohne Verbindlichkeit, völlig außerhalb der Ehe oder zusätzlich zur Ehe oder nach der Ehe oder wie auch immer –, ist zum Maßstab geworden. Das ist nichts Neues. Paulus hat diesen Brief aus Korinth geschrieben. Genau so war es damals.
Wir sagen heute oft: „Boah, wie schlimm ist es geworden in Deutschland in den letzten fünfzig Jahren.“ Aber in Korinth war es genauso. Und in Rom war das nicht anders. Die Oberschicht in Rom, die politische Schicht, hatte genau solche Ehe- und Nicht-Ehe-Verhältnisse wie Hollywood heute.
Paulus sagt, das ist ein Zeichen des Handelns Gottes, dass er sich zurückgezogen hat aus dieser Gesellschaft. Dass Gott nicht sagt: „Wenn das passiert, wie wäre es, wenn ich eingreifen würde?“ Ja, alle würden irgendwie einen Standard haben, alle würden moralisch miteinander umgehen. Dann gäbe es ein Vergehen, und Gott würde eingreifen, dafür sorgen, dass es bestraft wird, damit es sich nicht weiter ausbreitet. Aber das tut Gott offensichtlich nicht mehr.
So konnte sich das durch die Gesellschaft ausbreiten und heute zur Norm werden. Man kann Jan mal fragen, wie seltsam alle seine Studienkollegen gucken, wenn er ihnen erzählt, dass er in diesem Alter heiraten will.
In Vers 26 heißt es: „Deswegen hat Gott sie hingegeben in schändliche Leidenschaften, denn sowohl ihre Frauen haben den natürlichen Verkehr mit dem wieder natürlichen vertauscht, was auch immer das genau heißt, als auch ebenso die Männer, die natürlichen Verkehr mit der Frau verlassend, in ihrer Wollust zueinander entbrannt sind, indem sie Männer mit Männern Schande treiben und den gebührenden Lohn ihrer Verirrung an sich selbst empfingen.“
Paulus sagt: Der nächste Schritt, wenn Gott eine Gesellschaft dahingibt und sich von ihr abwendet, zeigt sich in zunehmenden Formen unnatürlicher sexueller Beziehungen und in Homosexualität. Allerdings müsste ich jetzt das Band anhalten, weil dafür wahrscheinlich kein Gefängnis kommen darf. Das sagt Paulus, okay? Ich erkläre das nur.
Gott sagt, das sind Zeichen. Das ist nicht der Anlass des Zornes Gottes. Bei Sodom und Gomorra war es ein Anlass des Zornes Gottes, dass sie so miteinander umgingen. Aber Paulus sagt, es ist auch ein Zeichen des Zornes Gottes, dass Gott sich so weit abgewandt hat, dass er eine Gesellschaft so weit kommen lässt, dass das normal ist.
Wir haben einen homosexuellen Außenminister. Wie normal muss das sein? Er sagt, Gott hat den Menschen dahingegeben, sich selbst und seine Beziehungen kaputtzumachen. Und wisst ihr, was er sagt? Er sagt, Homosexualität ist in sich selbst eigentlich schon eine Strafe. Es ist schon ein Zeichen, wie kaputt man eigentlich selbst ist in seiner Beziehungsfähigkeit.
Dann geht es weiter. Paulus sagt in Vers 28, der dritte Punkt: Die Menschen wollten Gott nicht, und Gott hat sie dahingegeben. Erst sexuelle Freizügigkeit, dann anormale Sexualität. Nachdem er noch einmal wiederholt hatte, dass die Menschen Gott nicht wollten, wiederholt er zum dritten Mal zu Beginn von Vers 28, dass die Menschen Gott nicht wollten.
Dann sagt er: „Darum hat Gott sie hingegeben, zum dritten Mal, in einem verworfenen Sinn zu tun, was sich nicht gezähmt, erfüllt mit aller Ungerechtigkeit, Bosheit, Habsucht.“ Ich sage das immer an dieser Stelle, gell? Habsucht.
Gott hat uns Menschen dahingegeben, hat unsere Gesellschaft dahingegeben, dass wir von Habsucht bestimmt werden. Unser Wirtschaftssystem basiert auf Habsucht. Ein kapitalistisches Wirtschaftssystem könnte nicht funktionieren, wenn der Mensch nicht habsüchtig wäre.
Wir haben unsere ganze Gesellschaft auf diese Eigenschaft aufgebaut – nicht auf Hilfsbereitschaft, nicht auf das Wohl des Anderen –, sondern auf „mehr haben, ich will mehr haben.“ Unsere Gesellschaft, unsere Wirtschaft kann nur mit Wachstum funktionieren. Sobald wir Nullwachstum haben, bricht dieses Wirtschaftssystem zusammen.
Und Wachstum, ständiges Wachstum, kannst du nur haben, wenn der Mensch immer mehr haben will. Und das ist absolut so. Wir haben unsere ganze Gesellschaft darauf aufgebaut, was Gott erfüllt sieht mit aller Ungerechtigkeit, Bosheit, Habsucht, Schlechtigkeit, voll von Neid, Mord, Streit, List, Tücke, Ohrenbläse – also Ohrenbläse sind Gerüchteverbreiter, Verleumder –, Gotteshassern, Gewalttätern, Hochmütigen, Prahlern.
Wer hat in unserer Gesellschaft Erfolg? Erfinder böser Dinge, Eltern ungehorsamer, unverständiger, treuloser, ohne natürliche Liebe, unbarmherziger Menschen.
Gott hat sich zurückgezogen, und das Ergebnis ist, dass all diese Dinge sich entfalten in der Gesellschaft ohne Gott. Diese Gesellschaft bestimmt ohne Gott.
Und Gottes Zorn wird offenbart vom Himmel her über alle Gottlosigkeit und Ungerechtigkeit der Menschen.
Gottes gerechtes Urteil und menschliche Reaktion darauf
Was denkt Gott darüber?
Vers 32 sagt, dass sie Gottes gerechtes Urteil erkennen, nämlich dass diejenigen, die solche Dinge tun, des Todes würdig sind. Der Mensch zeigt, was in ihm steckt, und das gerechte Urteil Gottes ist ein Todesurteil.
Wisst ihr, was Gott sagt? Gott sagt, der Mensch hat sich so entwickelt, dass er eigentlich irreparabel ist. Es nützt nichts, ihn wegzuschließen.
Ich persönlich bin nicht für die Todesstrafe, weil man sich zu oft irren kann, und das wäre sehr schade. Außerdem weiß man nie, was noch im Leben eines Menschen passieren kann, und auch das wäre sehr schade.
Aber letzten Endes ist Gott der absolute Maßstab, der die Dinge sieht. Er sagt, eigentlich ist der Mensch nicht zu reparieren – nicht einmal mit allen psychologischen Maßnahmen. Eigentlich gibt es nur ein gerechtes Urteil, um ihn daran zu hindern, sich selbst und seine Umgebung weiter zu zerstören: Er sollte aufhören zu leben.
Wenn wir ganz ehrlich sind und uns all diese Dinge anschauen, insbesondere unsere Gesellschaft und ihre Extreme, dann stimmen wir dem Urteil Gottes leichter zu als bei weniger extremen Fällen. Gott sagt: „Ihr erkennt oder anerkennt Gottes gerechtes Urteil, dass die, die solches tun, des Todes würdig sind.“ Aber sie tun es nicht nur selbst, sondern haben auch Wohlgefallen an denen, die es tun.
Das ist auch etwas, was wir beobachten können. Wie oft gefällt uns das, wenn Menschen so sind? Manche finden es gut, weil sie denken: „Wow, super, ich bin doch noch relativ gut. Gut, dass es so schlechte Menschen gibt, da kann ich mich gut fühlen.“
Oder warum glaubt ihr, lesen viele Leute Bild, Bunte, das Goldene Blatt oder ähnliche Blätter, in denen all diese Auswüchse breitgetreten werden? Man fühlt sich dabei relativ gut, weil die anderen schlecht sind und man selbst relativ gut dasteht. Das ist ein Grund, warum man Gefallen an denen findet, die solche Dinge tun.
Manchmal gefällt es uns auch, weil es einfach der Kick ist, dass jemand Grenzen überschreitet. Es schwingt eine gewisse Bewunderung mit. Warum gucken wir gerne Actionfilme, in denen Menschen einfach niedergemäht werden, die sich durchsetzen? Das ist spannend. In der Realität ist das oft nicht mehr so schön, aber die Realität wird ja auch nicht verfilmt. Irgendwie hat das Böse auch seinen Kick.
Gott sagt: „Wow, so weit ist die Gesellschaft gekommen, dass sie es nicht nur tun, sondern auch Gefallen daran finden, wenn andere es tun.“
Gottes Zorn kommt vom Himmel her über alle Gottlosigkeit und Ungerechtigkeit der Menschen.
Drei Menschengruppen im Römerbrief: Extreme, Moralisten und Gesetzesfolger
Na ja, und jetzt sagst du: Weißt du, Gerald, ich sehe das so wie du, aber zu extrem bin ich doch nicht. Ich meine, Kindesmisshandlung und all das, was da beschrieben wird an Eigenschaften, das trifft auf mich ja nur minimal zu. Ich bringe doch gar keinen um. Also wirklich, in den letzten Jahren habe ich überhaupt keinen umgebracht, ganz ehrlich.
Ich habe davon gelesen, dass das passiert, aber ich bin doch nicht derjenige, der da beschrieben wird. Ich meine, ich lebe in einer stabilen Ehebeziehung. Gerald, weißt du, das fällt mir nicht leicht in dieser Gesellschaft, aber schau mal, ich versuche wirklich, moralisch zu leben, auch solange ich noch nicht verheiratet bin. Das ist doch nicht allgemein gut. Ich meine, ich bin nicht irgendwie pervers und ich bin auch noch nicht mal homosexuell.
Am Ende von Kapitel 1 werden Extreme beschrieben, obwohl der Verfasser der Überzeugung ist, dass diese Extreme irgendwo schon auf alle zutreffen, aber er weiß, dass das irgendwie extrem gezeichnet ist. Hier in Kapitel 1 und 2 und am Anfang von Kapitel 3 beschreibt Paulus drei Menschengruppen. Die erste haben wir jetzt gesehen. Das sind die Extremen, bei denen wirklich extrem die Auswirkungen der Gottlosigkeit sichtbar werden.
Ich habe das gerade an ein paar Beispielen versucht zu beschreiben, dass sich das schon durch unsere Gesellschaft durchzieht. Die zweite Gruppe, zu der er jetzt am Anfang von Kapitel 2 kommt, versucht in all dem noch ein Stück Moral zu bewahren. Sie verurteilen vieles und sagen: Das müsste man anders machen. So kann man nicht miteinander umgehen, so kann man nicht leben.
Paulus schreibt über diese Gruppe, hauptsächlich in der ersten Hälfte von Kapitel 2. Es ist ganz unterschiedlich, wo die Menschen ihre Motivation herbekommen, moralischer sein zu wollen. Manchmal ist es aus Religion. Manche ernsthafte Katholiken möchten eigentlich moralischer sein als der Durchschnitt der Gesellschaft. Viele Moslems, Zeugen Jehovas oder andere, die auf Regeln leben, möchten irgendwie moralischer sein als andere Menschen.
Aber es gibt auch Atheisten, die sagen: Das macht unsere Gesellschaft kaputt, wir müssen eigentlich anders miteinander umgehen. Ganz verschiedene Motivationen. Paulus fasst es hier einfach zusammen, ohne groß auf die Motive einzugehen, und sagt: Das sind Menschen, die gerne moralisch sein möchten.
Was sagt Paulus zu diesen Menschen? Im dritten Teil spricht er nochmal speziell von Leuten, die eher anders leben, weil sie nicht nur eine Moral aus einer Religion ableiten, sondern weil sie religiöse Regeln von vornherein haben und in diesen Regeln leben. Sind sie etwas Besseres, weil sie jüdisch sind oder weil sie römisch-katholisch sind?
Paulus geht auch nochmal auf diese Gruppe ein. Er sagt etwas ganz Eigenes: Wenn ich gar keine Moralentwickler, sondern einfach religiöse Gesetzesfolger habe, was ist denn eigentlich mit diesen Leuten? Manchmal sind es ja gute religiöse Gesetze, die wirklich irgendwo aus dem Alten Testament kommen oder sogar aus dem Neuen.
Und wisst ihr, was interessant ist zu beobachten? Es sind drei Gruppen, wenn Paulus über sie spricht. Das merkt man gleich, wenn Kapitel 2 anfängt. Schaut mal in die ersten Verse: „Deshalb bist du nicht zu entschuldigen, oh Mensch, jeder, der da richtet, denn worin du den anderen richtest, verurteilst du dich selbst; denn du, der du richtest, tust dasselbe.“
Merkt ihr was? Ich meine, ich habe es schon ein bisschen betont. Ich könnte jetzt so weiterlesen. Dieser ganze Abschnitt bis Vers 11 ist durchzogen davon, dass Paulus plötzlich „Du“ sagt. Und er macht das in dieser Gruppe der Moralisten und auch in der Gruppe der religiösen Menschen.
In der Gruppe der extremen Menschen am Anfang wirst du gar kein einziges „Du“ finden. Von denen spricht er immer in der dritten Person. Das kann verschiedene Ursachen haben. Ich dachte mir: Na ja, Paulus ist davon ausgegangen, dass Leute, die sich um Moral bemühen, aus welchem Grund auch immer, oder irgendwelche Leute, die sich mit Religion beschäftigen, weil es ihnen wichtig ist, dass vielleicht relativ viele von ihnen doch mal diesen Brief in die Hand kriegen.
Damit sie sich persönlich angesprochen fühlen, sagt er „Du“. Ich meine, die extremen Leute, die nur sich selbst im Gesetz sehen, vielleicht hatte er das Gefühl, dass relativ wenige von ihnen diesen Brief wirklich lesen werden, solange sie noch in diesem Stadium sind. Und er spricht von ihnen irgendwie in der dritten Person. Aber das ist nur eine Theorie von mir, okay? Er sagt nicht, dass er es deswegen so verwendet.
So Leute, jetzt ist die Hälfte meiner Predigt rum. Wie viel Zeit haben wir noch? Okay, Sie können nachfangen. Aber schade, das hört so negativ auf. Ja, dazu kommen wir noch. Die erste Gruppe hatten wir jetzt, und die zwei anderen werden wir dann in Kapitel 2 sehen.
Kapitel 2 fängt damit an, Vers 1.
Die Herausforderung der Selbstreflexion für Moralisten und Gesetzesanhänger
Deshalb bist du nicht zu entschuldigen, o Mensch. Wer den Grund richtet, richtet auch andere, verurteilst du dich selbst. Denn du, der du richtest, tust dasselbe.
Hier sehen wir deutlich eine andere Gruppe als im letzten Vers von Kapitel 1. Dort hatten sie Gefallen an denen, die Böses tun. Hier sind jetzt plötzlich Leute, die das Böse verurteilen und sagen: Das finden wir nicht gut. Man erkennt also, dass hier ein anderer Schwerpunkt gesetzt wird.
Ein bisschen später, in Kapitel 2, Vers 17, geht Paulus weiter: „Wenn du aber Jude genannt wirst und dich nicht auf das Gesetz stützt...“ Hier sieht man, dass es im Vergleich zum Anfang von Kapitel 2 nicht mehr nur um Moral geht. Es geht wirklich um Leute, die sich an religiöse Gesetze halten.
In dieser Gruppe der moralisch sensibilisierten Menschen gibt es zumindest zwei Untergruppen: Die eine bezieht ihre Moral von irgendwoher, die andere erhält ihre Moral durch ihren Formalismus. Diese sagen: Weil ich zur richtigen Gruppe gehöre, komme ich automatisch in den Himmel.
Gut, ich denke, wir hören an dieser Stelle auf. Das ist nicht so schlimm, dann haben wir beim nächsten Mal nur einen größeren Abschnitt. Das Arbeitsblatt behandelt hauptsächlich den Abschnitt, den wir jetzt schon betrachtet haben, und von daher passt es eigentlich ganz gut.
