Einführung in die Rätsel des Lebens
Und nun Prediger Kapitel acht und neun. Ich weiß nicht, wie viele das Buch zu Hause schon gelesen haben, aber ich hoffe, die meisten.
Im Kapitel acht geht es um vier Rätsel. Vielleicht wissen Sie nicht, was eine russische Puppe ist. Ich muss kurz das Mikrofon anpassen, Herr Hanspeter. Nein, das ist aber lästig. Ich muss ein anderes Kabel nehmen, weil da eine Silbe ausfällt. Am Fahrrad, nächstes Mal.
Eine russische Puppe kennt jeder. Sie stammt aus Russland, und sogar eine echte Russin hat man mal mitgebracht. Wenn man eine Puppe öffnet, stellt man fest: Die nächste Puppe ist schon drin. Man macht die zweite auf, dann kommt die dritte, und so geht es weiter.
Im Leben oder in dem Kapitel, das wir hier lesen, ist es sehr ähnlich. Es kommt ein Rätsel oder Problem, man löst es, und kaum ist das nächste da. Man löst das zweite Rätsel, und das dritte taucht auf. Ein Rätsel folgt dem anderen.
Das Kapitel ist nicht sehr ermutigend, man muss sagen, der Prediger hat schon recht, aber er konzentriert sich ziemlich auf die negativen Seiten des Lebens. Es ist ein wenig unausgewogen.
Es erinnert mich an eine Geschichte, ich weiß nicht, ob sie stimmt: Auf der Golden Gate Bridge in San Francisco stand jemand am Geländer, der springen wollte, ein Selbstmordkandidat. Ein Polizist kletterte hinauf und redete auf ihn ein, dass es eine andere Möglichkeit geben müsse, aus der Misere zu entkommen.
Der Selbstmordkandidat begann, dem Polizisten seine Geschichte zu erzählen, und zwanzig Minuten später sprangen zwei Personen. Manchmal geht es uns beim Prediger ähnlich: Man ist froh, wenn man das Kapitel geschafft hat, und denkt dann: Hilfe, jetzt brauche ich das nicht mehr. So ungefähr ist der Effekt.
Aber ich möchte ermutigen: Es wird besser, es bleibt nicht so tragisch.
Das Rätsel der Autorität und der Gehorsam gegenüber der Regierung
Das Erste: Ich habe seit dem Erhalt der Zettel ein wenig Platz gelassen, damit ihr bei Bedarf etwas hinzufügen könnt. Das erste Thema ist das Rätsel der Autorität. Wir lesen Prediger 8,2-8:
"Ich sage: Dem Befehl des Königs gehorche, und zwar wegen des Eides Gottes. Übereile dich nicht, von ihm wegzugehen, und lass dich nicht auf eine böse Sache ein; er tut ja doch alles, was er will. Denn das Königswort ist mächtig, und wer will zu ihm sagen: Was tust du da? Wer das Gebot hält, weiß um keine böse Sache, und das Herz seines Weisen kennt die richtige Zeit und das rechte Verhalten. Denn für jede Sache gibt es die richtige Zeit und das rechte Verhalten. Das Unglück des Menschen lastet schwer auf ihm, denn er weiß nicht, was werden wird. Wer sollte ihm mitteilen, wie es werden wird? Kein Mensch hat Gewalt über den Wind, den Wind zurückzuhalten, und niemand hat Gewalt über den Tag des Todes. Auch gibt es keine Entlassung im Krieg, und die Ungeduld rettet nicht ihren Herrn."
Das ist ein Telefon, gell, aber es macht gar nichts. Hier geht es darum: Im Vers 2 heißt es, dem Befehl des Königs gehorche, und zwar wegen des Eides Gottes. Die Bibel fordert die Christen auf, für ihre Regierung zu beten, für das Land einzustehen, der Regierung zu gehorchen, Steuern zu bezahlen und für die Politiker zu beten.
Im Römerbrief Kapitel 13 sagt Paulus Folgendes über die Regierung (Römer 13,1-7):
"Jede Seele unterwerfe sich den übergeordneten staatlichen Mächten, denn es ist keine staatliche Macht außer von Gott, und die Bestehenden sind von Gott verordnet. Wer sich daher der staatlichen Macht widersetzt, widersteht der Anordnung Gottes; die aber widerstehen, werden ein Urteil empfangen. Denn die Regenten sind nicht ein Schrecken für das gute Werk, sondern für das Böse. Willst du dich aber vor der staatlichen Macht nicht fürchten, so tue das Gute, und du wirst Lob von ihr haben. Denn sie ist Gottes Dienerin, dir zum Guten. Wenn du aber das Böse tust, so fürchte dich; denn sie trägt das Schwert nicht umsonst. Sie ist eine Gottesdienerin, eine Rächerin zur Strafe für den, der Böses tut. Darum ist es notwendig, untertan zu sein, nicht allein der Strafe wegen, sondern auch des Gewissens wegen. Deshalb entrichtet ihr auch Steuern, denn es sind Gottesdiener, die eben hierzu fortwährend beschäftigt sind. Gebt allem, was ihnen gebührt: die Steuer dem, dem Steuer gebührt, den Zoll dem, dem Zoll gebührt, die Furcht dem, dem Furcht gebührt, und die Ehre dem, dem Ehre gebührt."
Also ist die Bibel klar: Die staatliche Macht ist von Gott eingesetzt, und deshalb soll man sich der staatlichen Macht unterordnen.
Der Prediger sagt zum Beispiel in Vers 2: "Wegen des Eides Gottes." Ich war selbst acht Monate im Bundesheer. Ob das sinnvoll war oder nicht, ist eine andere Frage. Aber bei der Angelobung habe ich einen Eid abgelegt. Ich habe nachgeschaut, was ich da gesagt habe. Dort heißt es: "Ich gelobe, mein Vaterland, die Republik Österreich und sein Volk zu schützen und mit der Waffe zu verteidigen. Ich gelobe, den Gesetzen und den gesetzmäßigen Behörden Treue und Gehorsam zu leisten, alle Befehle meiner Vorgesetzten pünktlich und genau zu befolgen und mit allen meinen Kräften der Republik Österreich und dem österreichischen Volk zu dienen." Das ist der Eid, den man im Bundesheer ablegt, falls du dabei warst.
Wenn es um den Gehorsam gegenüber der Regierung geht, ist das oft schwierig. Nicht nur ich, auch im Bibelkreis sprechen wir oft darüber, weil viele Politiker unglaubwürdig geworden sind – durch falsche Versprechen und vor allem durch Korruption. Viele Politiker scheinen mehr auf sich selbst bedacht zu sein als darauf, dem Volk zu dienen, von dem sie bezahlt werden, und sie verdienen dabei nicht wenig.
Trotzdem muss ich sagen: Mit einer korrupten Demokratie wie bei uns kann ich leben, uns geht es im Prinzip gut. Die meisten Politiker sind übrigens nicht schlechter als du und ich. Sie sind genauso fehlerhaft wie wir, nur stehen sie mehr im Rampenlicht. Das ist das Problem. Aber viel schlechter sind sie nicht.
Was aber ist mit Führern und Politikern, die Erfolg unterdrücken oder ausbeuten? Muss man sich einer solchen Regierung auch unterordnen? Bevor man darauf antwortet, muss man bedenken: Ein Volk ohne Regierung kann nicht existieren. Das heißt, wenn wir uns nicht selbst Gesetze auferlegen, in denen Unrecht bestraft wird, können wir nicht bestehen.
Das Schlimmste, was einem Volk passieren kann, ist eine Anarchie. In einer Anarchie wird niemand mehr bestraft, es gibt keinen, der für Recht und Ordnung sorgt. Es herrscht Chaos, Verwüstung und Brutalität.
Ich war letztes Jahr in Albanien. Dort haben wir seit etwa fünf Jahren ein Fackelträgerzentrum. Letztes Jahr fand die erste Bibelschule in Albanien statt, mit dreizehn albanischen Bibelschülern – die größte Bibelschule im Land. Albanien war das kommunistischste Land überhaupt. Der wahnsinnige kommunistische Diktator hat 700 Betoniglus im ganzen Land bauen lassen, weil er sagte: "Wir sind das Land, das jeder will, wir müssen uns verteidigen." Damit hat er das Land zugrunde gerichtet.
1997 herrschte für einige Monate Anarchie. Es gab keine Regierung mehr. Innerhalb weniger Monate zerfiel das Land völlig. Die Auswirkungen dieser Anarchie sind bis heute spürbar. Es gibt keinen Besitzschutz, keine Bestrafung, keinen Schutz für Schwächere – nur der Stärkere überlebt.
Darum hat jemand einmal richtig gesagt: Jede Regierung, auch die schlimmste, ist einer Anarchie vorzuziehen. Die Anarchie ist die schlimmste aller Zustände.
Das heißt nicht, dass wir als Christen jede Regierung gutheißen sollen – im Gegenteil. Als Christen soll man aufstehen, wo Schwache unterdrückt werden und wo das Wort Gottes verboten ist. In Apostelgeschichte 5,29 sagt der Apostel Petrus: "Man muss Gott mehr gehorchen als den Menschen." Den Jüngern wurde verboten, über Jesus zu reden. In dieser Situation sagte Petrus: "Wir müssen Gott mehr gehorchen als euch Oberen."
Wo die Regierung Gottloses fordert, muss man verweigern. Die Geschichte ist voll von Menschen und Christen, die in gottlosen Regimen aufgestanden sind und für die Wahrheit eingetreten sind. Oft genug hat es sie das Leben gekostet.
Martin Luther stand gegen die Unterdrückung der katholischen Kirche im Mittelalter auf. Abraham Lincoln kämpfte gegen die Sklaverei. Martin Luther King verurteilte den Rassismus. Dietrich Bonhoeffer und viele andere Tausende haben sich im Zweiten Weltkrieg gegen das Regime ausgesprochen und sind ermordet worden. Nelson Mandela kämpfte gegen die Apartheid. Mutter Teresa, übrigens Albanerin, setzte sich für die Armen und Elenden der Welt ein.
Sie haben die Umstände nicht gutgeheißen, aber sie haben oft einen hohen Preis dafür bezahlt.
Dennoch gilt: Wir als Christen sollten für Politiker beten. Ich bin überzeugt, dass es den Politikern viel besser tun würde, wenn wir für sie beten, anstatt ständig nur den Finger auf sie zu zeigen. Wenn man nur schimpft, hilft das nicht viel. Wenn man für sie betet, kann es sein, dass Gott ein Wunder tut und ihr Denken und Handeln ändert.
Darum soll man für die Politiker beten – auch für die Schlimmsten.
Das Rätsel des Todes und der Ungerechtigkeit
Aber es ist ein Rätsel. Das zweite Rätsel, das er aufgreift, ist das Rätsel vom Tod. In Prediger 8, Vers 8 und 9 heißt es: Kein Mensch hat Gewalt über den Wind, den Wind zurückzuhalten, und niemand hat Gewalt über den Tag des Todes.
Dann im Vers 9 – Entschuldigung, es ist Vers 8 – steht: „Das alles sah ich und richtete mein Herz auf alles Tun, das unter der Sonne getan wird, zur Zeit, da der Mensch über den Menschen Gewalt hat, zu seinem Unglück.“ Weiter heißt es: „So sah ich Ungerechte, die begraben wurden und zur Ruhe eingingen, die aber das Rechte getan haben mussten, von der heiligen Stätte wegziehen und wurden in der Stadt vergessen. Auch das ist Nichtigkeit.“
Es geht hier um den Tod, aber speziell ums Begräbnis. Er sagt, es ist ungerecht: Der Ungerechte bekommt ein ehrenvolles Begräbnis, und der Gerechte bekommt kein Begräbnis – besonders im Alten Testament, wo ein Begräbnis sehr wichtig war. Das ist heute auch noch wichtig, da man ja nicht einfach weggeworfen wird.
Aber er fragt hier: Warum bekommt der Ungerechte ein Begräbnis und der andere nicht? Mit anderen Worten: Warum wird beim Begräbnis selten die Wahrheit gesagt? Eigentlich wird dort fast nie die Wahrheit gesagt. Beim Begräbnis wird immer gelogen – aus dem Guten wird ein Held, und aus dem Schlechten wird ein Guter.
Es gibt eine Geschichte, in der ein Vikar über den Verstorbenen nichts Gutes wusste, sondern nur Schlechtes. Er sagte in der Predigt, er habe nichts Gutes gefunden und wahrscheinlich werde ihn keiner vermissen. Jeder sei froh, dass er gestorben sei. Daraufhin gab es eine Beschwerde beim Bischof, und der Vikar wurde entlassen. Er hatte ein unausgesprochenes Gesetz gebrochen: Beim Begräbnis wird nicht die Wahrheit gesagt.
Wir tun uns nämlich schwer mit der Wahrheit im Angesicht des Todes. Obwohl man beim Tod eigentlich ehrlich sein sollte, ist es doch ein Rätsel. Tod und Begräbnis sind ein Rätsel, sagt der Prediger.
Das dritte Rätsel ist die Frage nach der Ungerechtigkeit, die im Vers 11 behandelt wird. Dort heißt es: „Weil der Urteilsspruch über die böse Tat nicht schnell vollzogen wird, darum ist das Herz der Menschenkinder davon erfüllt, Böses zu tun. Denn ein Sünder tut hundertmal Böses und verlängert doch seine Tage. Aber ich habe auch erkannt, dass es den Gottesfürchtigen gutgehen wird, die sich vor seinem Angesicht fürchten.“
Er sagt, das Leben ist ungerecht – nicht nur beim Begräbnis, sondern allgemein. Im Vers 11 erklärt er, dass, weil der Urteilsspruch über die Bösheit nicht schnell vollzogen wird, das Herz der Menschenkinder böse ist. Der Sünder tut hundertmal Böses und verlängert doch seine Tage.
Er sagt, es gibt jemanden, der hundertmal Böses tut, aber dem geschieht nichts. Und der andere tut einmal etwas und wird bestraft. Oft sind es die kleinen Staatsbürger, die vielleicht eine Kleinigkeit tun, wie Steuern nicht zahlen oder ähnliches, und sofort eine Strafe bekommen.
Dann gibt es andere, die hundertmal so viel tun, Millionen veruntreuen, und bleiben unbehelligt. Das ist für ihn ein Rätsel – das Rätsel der Ungerechtigkeit.
Das vierte und letzte Rätsel ist im Vers 14: das Rätsel von Glück und Unglück. Dort heißt es: „Es gibt etwas Nichtiges, das auf Erden geschieht: Das sind Gerechte, denen es nach dem Tun der Ungerechten ergeht, und das sind Ungerechte, denen es nach dem Tun der Gerechten ergeht. Ich sage, auch das ist Nichtigkeit.“
Er sagt, das Problem ist nicht nur, dass der Ungerechte ungestraft davonkommt. Nicht nur, dass es ihnen gut geht, Gott bestraft sie auch nicht, und das Leben scheint auf ihrer Seite zu sein.
Es stimmt, es gibt gottlose Menschen, die sich weder um Gott noch um Menschen kümmern. Diese sind gesund, erfolgreich, schön und so weiter.
Dann gibt es Menschen, die gottesfürchtig sind und doch ein schweres Los tragen. Man fragt sich: Wo ist die Gerechtigkeit?
Schlagen wir Psalm 73 auf. Der Schreiber dieses Psalms verzweifelte fast daran. Er sagt: „Wenn ich mich umschaue in der Welt, das ist ein Wahnsinn, und da kann man zynisch werden.“
Psalm 73, Vers 2: „Ich aber, fast wären meine Füße ausgeglitten, beinahe hätten gewankt meine Schritte, denn ich beneidete die Übermütigen, als ich das Wohlergehen der Gottlosen sah. Denn keine Qualen haben sie bei ihrem Tod, und wohlgenährt ist ihr Leib. In der Mühsal der Menschheit sind sie nicht, und sie werden nicht wie die anderen Menschen geplagt.“
Weiter heißt es: „Deshalb umgibt sie Hochmut wie ein Halsgeschmeide, Gewalttat umhüllt sie wie ein Gewand. Es tritt aus dem Fett heraus ihre Augen, sie fahren daher in den Einbildungen des Herzens, sie höhnen und reden in Bosheit. Bedrückendes, von oben herabreden sie. Sie setzen in den Himmel ihren Mund und ihre Zunge, er geht sich auf der Erde. Deshalb wendet sich hierher sein Volk, denn Wasser in Fülle wird bei ihnen geschlürft.“
„Ja, sie sprechen: Wie sollte Gott es wissen? Gibt es ein Wissen beim Höchsten? Siehe, die sind gottlos und immer sorglos erwerben sie sich Vermögen.“
Dann kommt er zum Schluss, Vers 13: „Fürwahr, umsonst habe ich mein Herz reingehalten und in Unschuld gewaschen meine Hände, doch ich wurde geplagt den ganzen Tag, meine Züchtigung ist jeden Morgentag.“
Er sagt, eigentlich ist es völlig vergeblich, dass er gläubig ist, weil es vielen Ungläubigen viel besser geht. Und daran verzweifelt er. Man kann wirklich zynisch werden.
Ich würde sagen, wir sind auf der Seite der Bevorzugten. Aber wenn man einmal einen Schritt zurücktritt und sich das Treiben dieser Welt anschaut – das ist übrigens ganz gesund –, dann sieht man das Elend.
Peter Wiegand hielt vor kurzem einen Vortrag und sagte, im letzten halben Jahr sind dreimal so viele Kinder am Hungertod gestorben als in allen Katastrophen zusammen – Tsunami, Erdbeben und alles zusammengenommen. Es sind längst nicht so viele gestorben wie die Kinder, die verhungert sind.
Das hätten wir verhindern können, haben wir aber nicht. Millionen Kinder sterben am Hungertod. Aber weißt du was? Es ist uns eigentlich relativ egal.
Aber weißt du, was uns nicht egal ist? Wenn wir gerade unseren Vater verloren haben, können wir uns aufregen. Denkst du, sind wir noch normal? Ist die Welt normal? Ich glaube nicht.
In Pakistan bewegt sich die Welt, sie haben Hunderte Nachbeben gehabt. Dazu habe ich noch mehr Informationen. Menschen kommen ums Leben, und wir machen uns Gedanken, ob wir einen weißen Golf oder einen rauten Vektor kaufen. Normal ist das nicht.
Wenn man die Welt anschaut, geht es nicht gerecht zu. Es ist ein Wahnsinn, wie es zugeht, es ist ein Rätsel. Warum kann der eine so viel Glück erfahren und der andere nur Unglück? Es bleibt ein Rätsel.
Und genau das sagt der Prediger: Er versteht das Rätsel von Glück und Unglück nicht. Aber vergiss nicht, er beleuchtet nur das Leben unter der Sonne. Wenn du Gott ausschließt und die Welt so anschaust, musst du verzweifeln oder weglaufen.
Man muss weghören und ignorieren, sonst kann man nicht weiterleben. Ich verstehe vollkommen, wenn Leute sagen, sie hören sich das nicht mehr an. Du kannst das nicht mehr ertragen, weil du keine Antwort darauf hast und dich hilflos fühlst.
Aber er sagt, Gott gibt uns auch vier Antworten. Am unteren Ende des Kapitels finden wir diese vier Antworten von Gott.
Gottes Antworten auf die Rätsel des Lebens
Geht es wieder zurück zum Prediger, bitte? Prediger 8, Vers 8 – die erste Antwort ist die Allmacht Gottes.
Wir lesen im Prediger 8, Vers 8: Kein Mensch hat Gewalt über den Wind, den Wind zurückzuhalten. Der Mensch kann das nicht bestimmen, sonst tut er viel Unrecht. Niemand hat Gewalt über den Wind, ihn zurückzuhalten. Und niemand hat Gewalt über den Tag des Todes.
Weltliche Machthaber glauben manchmal, das letzte Wort zu haben, doch Gott sagt: Nein, das letzte Wort habe ich. Manche Reiche meinen, das letzte Wort zu haben. Man sagt das auch bei den Frauen: Was waren seine letzten Worte am Sterbebett? Da sagen sie, der hat keinen Kopf, weil sie bis zum Schluss bei ihm war.
Ein weltlicher Machthaber glaubt, das letzte Wort zu haben, aber Gott sagt, so ist es nicht – auch wenn sie es mit Gewalt durchsetzen.
Weißt du, was auch interessant ist? Es ist nicht nur Saddam Hussein. Vor ein paar Wochen war ich in Mauthausen, in den KZ-Lagern. Es ist ein Wahnsinn, wenn du daran denkst, dass das vor 50 Jahren in unserer Kultur, in der deutschen Kultur, im Land der Dichter und Denker geschehen ist. Es ist ein grausamer Zugang, schlimmer als vieles andere.
Es ist egal, in welcher Kultur du bist: Der Mensch ohne Gott ist ein Wahnsinn.
Im Kapitel 8, Vers 3, sagt der Prediger: Übereile dich nicht, vom König wegzugehen, lass dich nicht auf eine böse Sache ein, denn er tut ja doch alles, was er will. Manchmal scheint der Machthaber alles tun zu können, was er will, aber der Prediger sagt: Nein.
Kein Mensch hat Gewalt über den Tod. Gott kann jederzeit seinen Machthaber absetzen. Nicht der Mensch hat das letzte Wort, sondern Gott. Er kann Menschen entfernen, wann immer er möchte. Letztlich ist der Allmächtige Gott, nicht der Mensch. Das ist ein Trost.
Der zweite Trost ist die Gerechtigkeit Gottes, Prediger 8, Verse 12 und 13: Denn ein Sünder tut hundertmal Böses und verlängert doch seine Tage. Aber ich habe auch erkannt, dass es den Gottesfürchtigen gut gehen wird, die sich vor seinem Angesicht fürchten. Doch nicht gut wird es dem Ungerechten gehen, und er wird dem Schatten gleich seine Tage nicht verlängern, weil er sich vor dem Angesicht Gottes nicht fürchtet.
Das heißt: Gott ist letztlich gerecht.
Ich habe dazu drei Unterüberschriften:
Erstens: Gott wird alle Menschen zu seiner Zeit richten.
Manchmal denken wir, wenn Menschen nicht sofort gerichtet werden, werden sie überhaupt nicht gerichtet. Leider steht im Vers 11: Weil der Urteilsspruch über die böse Tat nicht schnell vollzogen wird, darum tut das Herz der Menschenkinder viel Böses.
Wir glauben: Schau, was der da hat, und dem passiert nichts. Die Schlussfolgerung lautet: Es gibt kein Gericht und keinen Gott. So sündigen sie frech weiter.
Die Bibel sagt aber etwas anderes: Der Tag des Gerichts wird kommen.
Dazu gibt es eine schöne Geschichte, die heißt "Schönen Gruß von Gott". Es ist einfach eine Bosshaftigkeit, wenn man sie liest:
Zu Beginn des Jahrhunderts lebte im Schwabenland ein Schmied namens Huschwadl. Er war stark wie ein Bär und hatte große Hände. Wenn er mit leeren Händen durch die Straße ging, meinte man, er trüge zwei Handkoffer.
Als Geselle begab er sich auf Wanderschaft und kam in ein kleines Städtchen in Thüringen. Dort suchte er Arbeit. Auf dem Weg zur Herberge sah er ein Plakat: „Heute Abend um zwanzig Uhr spricht Professor X aus Berlin im Hinterstübchen des Ochsen zum Thema ›Warum es Gott nicht geben kann‹.“
Huschwadl dachte sich: Warum es Gott nicht geben kann? Ich habe doch eben noch mit ihm gesprochen. So findet er sich um zwanzig Uhr im Ochsen ein und muss mit anhören, wie ein kleiner Mann aus Berlin eine ganze Stunde lang in lästerlicher Weise über Gott herzieht.
Seine Schimpf- und Spottreden gipfeln in dem Satz: „Liebe Leute, wenn es Gott wirklich gäbe, dann müsste er nach so viel Hohn und Spott jetzt einen Engel schicken, der mir vor euren Augen eine Ohrfeige gibt.“
Huschwadl erhebt sich, geht in aller Ruhe auf die Bühne und sagt: „Einen schönen Gruß von Gott, aber für solche Banausen wie dich schickt Gott keine Engel, das kann ich auch erledigen.“
Dann legt er ihm die Hand an die Backe. Wenn er zugehauen hätte, dann wäre der Mann wohl hingewiesen gewesen.
Aber das ist das Denken: Wenn etwas nicht sofort bestraft wird, glauben wir, es wird überhaupt nicht bestraft.
Interessant ist, dass in der Bibel das Wort Gericht oder Richten viel öfter vorkommt als das Wort Liebe.
Ungefähr vier- bis fünftausend Mal lesen wir in der Bibel, dass Gott richten wird.
Der Psalmist, der fast verzweifelt war, hat dann doch noch etwas erkannt. Das ist oft ein Trost – nämlich die Gerechtigkeit Gottes.
Psalm 73, den wir gerade gelesen haben, beschreibt einen, der ganz verzweifelt war über die Ungerechtigkeit. Er schreibt dann im Vers 16: Nachdem er verzweifelt war, dachte er nach, um es zu begreifen. Es war eine Mühe. Das heißt, es fiel ihm schwer.
In Vers 17 steht, und das habe ich blau unterstrichen: Bis ich hinging in das Heiligtum Gottes, das heißt in seine Gegenwart, und bedenken wollte ich dort ihr Ende.
Er sagt: Das Ende der Gottlosen will ich bedenken. Das Ende ist wichtiger als der Anfang – das haben wir letztes Mal besprochen.
In Hebräer 9,27 lesen wir: Es ist dem Menschen gegeben, einmal zu sterben, und dann kommt das Gericht.
Der Tag des Herrn wird auch so genannt in der Bibel. Er wird kommen.
Wir haben etwa 300 Prophezeiungen im Alten Testament, dass Jesus Christus als der Messias, als der Diener, als der Menschensohn kommen wird. Er ist vor 2000 Jahren gekommen.
Ebenso gibt es viele Prophezeiungen, dass er wiederkommen wird – aber dann zum Gericht.
Und genauso sicher, wie Jesus zum ersten Mal kam, wird er auch zum zweiten Mal kommen – hundertprozentig.
Manchmal frage ich nach der Predigt die Zuhörer: Wenn du heute stirbst und vor Gott stehst, gib mir einen Grund, warum er dich annehmen sollte. Was würdest du ihm sagen?
Ich weiß, was ich sagen würde: Vater, meine Annahme hat nichts mit mir zu tun. Ich habe so ziemlich alles gebrochen, was man brechen kann. Ich bin nicht würdig, das weiß ich. Aber Vater, dein Sohn ist für mich gestorben, für meine Sünden. Auf ihn berufe ich mich. Darum stehe ich vor dir.
Kannst du das auch sagen? Wenn nicht, was sagst du dann? Was ist ein anderer Grund, warum Gott dich annehmen sollte?
Das ist wichtig zu überdenken.
Also: Erstens, Gott wird alle Menschen richten – aber zu seiner Zeit.
Zweitens: Ohne Gericht ist es egal, wie ich lebe.
Richard Wurmbrand – vielleicht kennt ihr ihn – hat Bücher geschrieben. Er war viele Jahre in Rumänien in der kommunistischen Zeit im Gefängnis und hat elende Qualen durchlitten.
Seine Bücher habe ich als Junge gelesen, sie sind mir tief unter die Haut gegangen. Die Qualen, die dort beschrieben sind, kann man sich kaum vorstellen.
Im Gefängnis erzählte er den Mitgefangenen immer von Jesus.
Er schrieb in einem seiner Bücher: Die Brutalität des Atheismus ist unglaublich. Wenn ein Mensch keinen Glauben an die Belohnung des Guten und die Bestrafung des Bösen hat, gibt es keinen Grund, menschlich zu sein. Es gibt keine Zurückhaltung vor dem Abgrund des Bösen in Menschen.
Die kommunistischen Folterer sagten zu ihm: Es gibt keinen Gott, kein Danach, keine Bestrafung des Bösen. Wir können tun, was wir wollen. Einer sagte sogar: Ich danke Gott, an den ich nicht glaube, dass ich diese Stunde erleben kann, in der ich all meine Bosheit zum Ausdruck bringen kann.
Wurmbrand schrieb: Wenn es kein Gericht gibt, dann ist es völlig egal, wie ich lebe. Und wenn es völlig egal ist, wie ich lebe, dann hat das Leben überhaupt keinen Sinn.
Also der zweite Grund: Ohne Gericht – das muss man sich überlegen. Wir reden nicht gern über das Gericht, aber ohne Gericht ist es völlig egal, wie du lebst.
Drittens: Ohne Gericht hätte der Mensch keine Würde.
Carl Jung hat dazu geschrieben: Wenn Gott unser Handeln nicht richtet, dann hat all unser Handeln, ob gut oder böse, keine Konsequenz.
Wenn das, was ich tue, keine Konsequenz hat, dann ist alles, was ich tue, bedeutungslos.
Und wenn das, was ich tue, ohne Bedeutung ist, dann bin auch ich als Person bedeutungslos.
Das lässt Gott nicht zu. Gott lässt nicht zu, dass du ein bedeutungsloses Leben führst. Schuld und Gericht haben mit unserer Menschenwürde zu tun.
Dr. Viktor Frankl, den ich oft zitiere, war Psychiater und entwickelte die Logotherapie. Er ist leider schon verstorben.
Er ging oft in Gefängnisse und sprach zu den Gefangenen.
Interessant ist, was er sagte: Die meisten Psychiater, die mit Schwerverbrechern arbeiten, sagen den Gefangenen, es sei nicht ihre Schuld, sondern die Gesellschaft. Sie seien Opfer dieser Gesellschaft und müssten das aussitzen. Sie glauben, ihnen damit ein gutes Gefühl zu geben.
Frankl aber sagte: Ihr Gefangenen, ihr seid voll schuld an dem, was ihr getan habt. Jede Tat, die ihr verübt habt, ist eure Verantwortung. Ihr sitzt hier zu Recht und müsst eure Strafe absitzen.
Das ist Gerechtigkeit. Du bist verantwortlich für jede Tat, die du begehst. Lern, in Verantwortung zu leben – jetzt und in Zukunft.
Die Sträflinge sagten dazu: Du bist der erste Psychiater, der uns sagt, dass wir Menschen mit Verantwortung sind, der uns ernst nimmt, der uns als vollwertige Menschen behandelt und uns unsere Würde zurückgibt.
Bei anderen fühlten wir uns immer nur anders behandelt: „Du kannst nichts dafür, du bist ein Produkt der Gesellschaft.“
Nein, du bist ein verantwortungsvoller Mensch.
Gericht und Strafe haben mit Würde zu tun. Darum brauchen wir keine Angst haben, über Gericht zu reden.
Ich habe kürzlich ein Zitat gelesen: Früher hatten die Menschen Angst vor dem Gericht Gottes und der Hölle, heute haben die Pfarrer und Prediger Angst, über Gericht und Hölle zu reden.
Das stimmt. Wir brauchen aber keine Angst zu haben, denn es hat mit der Menschenwürde zu tun.
Dann drittens: Das Geschenk Gottes, Prediger 8, Vers 15.
Wir sind jetzt bei den vier Antworten Gottes.
Prediger 8, Vers 15: „Denn es gibt nichts Besseres für den Menschen unter der Sonne, als zu essen, zu trinken und sich zu freuen. Das wird ihn bei seinen Mühen begleiten, die Tage seines Lebens, die Gott ihm unter der Sonne gegeben hat.“
Es ist wirklich ein Geschenk Gottes, wenn man das genießen kann, was man hat.
Das Geheimnis ist nicht, wie viel man hat, sondern ob ich das, was ich habe, genießen kann.
Das ist das Geheimnis.
Nur die Lust nach mehr hindert uns daran, das zu genießen, was wir haben.
Ich meine, was haben wir nicht? Was fehlt uns, um das Leben genießen zu können?
Aber es ist ein Geschenk Gottes.
Und das Vierte, das Geheimnis Gottes, Prediger 8, Verse 16 und 17:
Der Prediger spricht: „Als ich mein Herz darauf richtete, Weisheit zu erkennen und das Treiben auf der Erde zu beobachten – denn weder bei Tag noch bei Nacht sieht man Schlaf mit seinen Augen – da sah ich am ganzen Werk Gottes, dass der Mensch das Werk nicht ergründen kann, das unter der Sonne geschieht.“
Wie sehr der Mensch sich auch abmüht, es zu erforschen, er ergründet es nicht.
Und selbst wenn der Weise behauptet, es zu erkennen, so kann er es trotzdem nicht ergründen.
Der Prediger gesteht hier: Die letztendlichen Fragen bleiben uns verborgen.
Übrigens, ich muss ein Fenster kippen, es wird so warm hier. Das hört sich irgendwann einmal aus. Vielleicht machen wir das Fenster auch kurz auf, dann ist es ein bisschen besser. Vielleicht könnt ihr dahinter auch kurz aufmachen, ein paar Minuten?
Nochmal wieder zumachen, damit nicht zu viel Zug entsteht.
Die Begrenztheit menschlichen Wissens und die Bedeutung des Herzens
Schlagt 1. Korinther 13,12 auf. Dort sagt der Apostel Paulus: Wir erkennen nicht alles. Denn wir sehen jetzt mittels eines Spiegels undeutlich, dann aber von Angesicht zu Angesicht. Jetzt erkenne ich stückweise, dann aber werde ich erkennen, wie auch ich erkannt worden bin. Er sagt, jetzt erkennen wir noch nicht alles.
Es gibt einen großartigen Vers im fünften Buch Mose, den sollte man direkt aufschlagen und unterstreichen. Wenn ich nicht mehr weiß, was sie sagen, gehe ich dorthin. 5. Mose 29,28 lautet: Das Verborgene steht bei dem Herrn, unserem Gott, aber das Offenbare gilt uns und unseren Kindern für ewig. Er sagt, es gibt Verborgenes, das nur Gott erkennt. Das, was wir wissen müssen, wissen wir, aber wir wissen nicht alles.
Manchmal treffe ich ab und zu jemanden, der an Gott überhaupt nicht glaubt – Atheisten, die trifft man wahrscheinlich auch. Wenn jemand sagt, es gibt keinen Gott – das passiert mir öfter –, habt ihr das vielleicht auch schon gehört? Wenn es um Gott geht, merkt euch das: Wisst ihr, was man dann sagen muss? Man sollte fragen: Würdest du mir zustimmen, dass es über alle Dinge, die es in diesem Leben zu wissen gibt – Philosophie, Psychologie, Astronomie und so weiter – weniger als die Hälfte weißt? Gibt er das zu, wenn er halbwegs normal ist, wird er sagen: Ich weiß nicht einmal ein Zehntel von dem, was es zu wissen gibt.
Bleiben wir bei der Hälfte. Wenn der andere zugibt, über 50 Prozent von dem, was es zu wissen gibt, weiß er überhaupt nichts, ist es dann möglich, dass in den 50 Prozent, von denen er nichts weiß, Gott existiert? Wenn jemand sagt, es gibt keinen Gott, dann muss ich sagen: Du weißt alles, gratuliere! Besteht die Möglichkeit, dass es in dem Bereich, wo du keine Ahnung hast, Gott gibt? Die Aussage „Es gibt keinen Gott“ ist kein gutes Argument aus vielerlei Gründen, darauf gehen wir jetzt nicht ein. Aber das ist eine einfache Sache, die man sich merken kann.
Ich frage auch manchmal intellektuelle Leute, öfter rede ich zu Studenten, und die haben dann viele Fragen über Gott und die Bibel. Das ist super, das freut mich sehr. Aber manchmal merkt man, sie fragen nur noch, um zu entdecken, wie viel du weißt. Sie fragen nur, um Antworten zu bekommen. Dann habe ich schon zwei- oder dreimal gesagt: Angenommen, ich könnte euch jetzt die nächsten drei Stunden all eure Fragen zu eurer Zufriedenheit beantworten. Würdet ihr dann Jünger Jesu werden? Dann sagen sie: Nein, eigentlich nicht. Dann sage ich: Gehen wir auf einen Kaffee, das wäre gescheiter. Warum kämpfen wir uns da durch? Weil ich euch alle Fragen beantworten kann und Jesus es trotzdem nicht annimmt.
Dann tun wir was anderes, gehen Rad fahren. Wisst ihr, dass man immer mehr bewusst wird, dass bei Gott nicht zählt, was du weißt, sondern sein Herz. Ihr seid selbst Prediger. Geht ein bisschen nach links zu Sprüche 4. Den Vers müsst ihr nicht unbedingt unterstreichen, wenn ihr ihn nicht schon habt. Sprüche 4,23 ist einer meiner Lieblingsverse. Dort heißt es: Mehr als alles, was man sonst bewahrt, behüte dein Herz. Denn in ihm entspringt die Quelle des Lebens.
Mehr als alles, was du bewahrst, behüte dein Herz, denn aus ihm entspringt die Quelle des Lebens. Und im 1. Samuel 16,7 – den Vers kennt ihr alle, er hängt in Fuihäuser bei Enk – heißt es: Der Herr sieht nicht auf das, was der Mensch sieht, was vor Augen ist. Der Herr schaut das Herz an.
Was ist eigentlich das Herz? Wir reden ja vom Wissen, aber was ist das Herz? Das Herz ist ein quer gestreifter Muskel, ich glaube, quer ist er. Jede Minute pumpt er vier bis zwölf Liter Blut durch unseren Körper, und das meistens für 80 bis 100 Jahre. Es ist ein erstaunliches Organ. Aber wenn wir vom Herz sprechen, dann meinen wir nicht die faustgroße Pumpe, sondern den inneren Menschen. Das Herz ist, wer du als Person bist – das ist das Herz.
Sagen wir es auch in der Umgangssprache: Wenn zwei verliebt sind, sagt er nicht: „Ich liebe dich mit meiner ganzen Pumpe“, sondern mit dem Herzen. Und wenn jemand „Herz“ sagt, meint er nicht diese Pumpe, sondern seine ganze Person. Das Herz ist das Zentrum unseres Denkens.
Schlagt bitte Hebräer 4 auf. Hebräer 4,12 ist ein bekannter Vers, den ersten Teil kennen die meisten. Dort heißt es: Das Wort Gottes ist lebendig und wirksam und schärfer als jedes zweischneidige Schwert. Es durchdringt bis zur Scheidung von Seele und Geist, sowohl der Gelenke als auch des Markes. Und jetzt hört zu: Es ist ein Richter der Gedanken und der Gesinnung des Herzens.
Das heißt, Gott richtet die Gesinnung unseres Herzens. So wie wir wirklich sind, so werden wir gerichtet. Wisst ihr, unsere Gesinnung, unsere Einstellung ist viel wichtiger als die Information, die wir haben. Die Information, die du hast, bestimmt nicht, wie du denkst. Deine Einstellung bestimmt, wie du denkst. Wir denken nicht in erster Linie mit unseren Gedanken, wir denken mit unserer Einstellung.
Es ist wichtig zu erkennen: Nicht die Information bestimmt dein Denken, sondern deine Gesinnung. Ich habe dazu ein Zitat von Jacques Windel, das ich sehr gut finde. Ich lese es euch vor: „Je länger ich lebe, desto mehr erkenne ich, welchen enormen Einfluss meine Einstellung auf das Leben hat. Die Einstellung zum Leben ist für mich wichtiger als Tatsachen, wichtiger als die Vergangenheit, als Ausbildung, als Geld, als Umstände, als Versagen, als Erfolg, wichtiger als das, was andere Menschen denken, sagen oder tun. Meine Haltung, meine Einstellung oder Gesinnung ist wichtiger als mein Auftreten, meine Gaben oder mein Können. Sie baut oder zerstört eine Firma, eine Gemeinde und eine Familie. Und das Bemerkenswerte daran ist, dass wir wählen, welche Einstellung wir einnehmen, jeden Tag neu. Wir können weder die Vergangenheit ändern, noch können wir beeinflussen, wie andere Menschen sich verhalten werden. Das Unveränderbare können wir nicht verändern. Das Einzige, was wir tun können, ist die eine Seite zu spielen, die wir haben: unsere Einstellung.“
Ich bin überzeugt, dass das Leben zu zehn Prozent daraus besteht, was mir geschieht, und zu neunzig Prozent daraus, wie ich darauf reagiere. Genauso ist es auch in deinem Leben. Wir sind verantwortlich für unsere Einstellung oder Gesinnung.
Schaut heute Abend: Jeder von euch erhält dieselbe Information. Der eine alles, der andere nur die Hälfte, weil er ein bisschen schläft, aber das verstehe ich auch vollkommen. Im Prinzip erhalten alle dasselbe. Aber wisst ihr was? Wir gehen alle hinaus und denken etwas anderes. Denn nicht die Information prägt allein unser Denken, sondern unsere innere Haltung, die Gesinnung, das Herz.
Mehr als alles behüte dein Herz. Darum hat Jesus gesagt: Was hilft es dem Menschen, wenn er die ganze Welt gewinnt und Schaden an seiner Seele nimmt? Dann hat er alles verloren, denn das Herz ist der Ursprung unseres Lebens.
Ich zitiere gern Blaise Pascal. Er bekehrte sich mit 31 Jahren zu Christus und schrieb seine Gedanken immer nieder. Diese nähte er in einen Mantel ein, daraus entstand das Werk „Pensées“. Dort schrieb er: „Die Argumentation des Menschen kommt von seinem Herzen.“ So wie du argumentierst, kommt es nicht von deinem Denken, sondern vom Herzen – deiner Gesinnung.
Abschluss und Ermutigung
Und ich schließe, dann bin ich fertig für die erste Stunde.
Es gibt eine Geschichte von Herzchirurgen und seinem Sohn. Ein kleiner Bub wurde einmal eingeschüchtert, weil es um seinen Vater ging. Man sagte zu ihm: Weißt du, was dein Vater tut? Dein Vater betäubt Menschen, wenn sie hilflos sind. Er zerschneidet Menschen, sägt sie in Stücke und entfernt ihre Organe. Man stellte seinen Vater wie ein Frankenstein-Monster dar.
Doch der Junge blieb standhaft und sagte: Nein, mein Vater ist nicht so. Daraufhin sagten wir: „Sagen wir es dem Butler.“ Man zeigte dem Jungen Bilder vom Butler, auf denen er ein Herz in der Hand hielt, Knochen in der Hand hatte, und sagte: „Schau, das sind die Butler, das ist dein Vater.“ Aber der Junge antwortete: „Nein, ich kenne meinen Vater.“ Alle Tatsachen und Beweise sprachen für das, was man sagte, aber der Junge kannte seinen Vater.
Und der Junge hatte Recht. Er glaubte fest daran, dass es eine gute Erklärung dafür geben müsse. Und zu Recht, denn sein Vater war einer der besten Herzchirurgen und rettete jede Woche Dutzenden Menschen das Leben.
Wie du ein Foto interpretierst, hängt davon ab, wie gut du die Person kennst. Wir denken nicht nur mit unseren Informationen, sondern auch danach, wie gut wir eine Person kennen.
Übrigens ist es mit der Bibel genauso. Wie du die Bibel interpretierst, hängt nicht in erster Linie davon ab, wie viel du über die Bibel weißt, sondern von deiner inneren Haltung Gott gegenüber. Ja, es bleiben Rätsel, aber wenn man Gott kennt, kann man ihm dennoch vertrauen.
Dein Bibelverständnis hängt von deiner inneren Haltung ab, nicht von dem, was du weißt. Ob du ein liberaler Theologe mit einer historisch-kritischen Bibelauslegung bist oder ein konservativer Theologe, der am Wort Gottes festhält, hat wenig mit Information zu tun, sondern mit deinem Gottesbild.
Ich habe vor kurzem ein Zitat gelesen, das schon etwas älter ist: Professor Adolf Harnack war ein Liberaler, und Adolf Schlatter war bibeltreu. Sie hatten ein Gespräch, in dem Harnack zum Schlatter sagte: „Nicht wahr, Herr Kollege, wir unterscheiden uns nur in der Wunderfrage.“ Mit anderen Worten: Er glaubte nicht an Wunder, Schlatter aber schon. Ansonsten glaubten sie dasselbe.
Schlatter antwortete: „Nein, wir unterscheiden uns in der Gottesfrage.“ Es geht um das Innere, darum, was ich Gott zutraue und ob ich Gott kenne. Es hat wenig mit Information zu tun, sondern mit dem, was in unserem Herzen ist.
Ja, bis dahin ist es sehr gut ausgegangen. Lieselotte stellt dann ein paar Bücher vor. Lieselotte, komm kurz nachher! Heute zeigt sie die Bücher, die ihr gefallen. Letzte Woche war es eigentlich die Zeit, die mir gefallen hat. Aber nicht jedem gefällt das, was mir gefällt, gell?
