Darum dreht sich unser Gottesdienst heute darum, wie Gott sich zeigt und wie er sich fest mit uns verbinden möchte.
In 1. Mose 28 lesen wir weiter. Nachdem wir beim letzten Mal vom Betrug Jakobs gehört haben, sind wir jetzt bei Kapitel 28, Seite 31 in Ihrer Bibel. Zuerst wird erzählt, wie Rebekka sich Sorgen macht, wen Jakob heiraten wird. Das ist ebenfalls ein Problem.
Dann schicken die Eltern Jakob nach Mesopotamien zu Verwandten seiner Mutter Rebekka. Esau hingegen kümmert sich nicht um die Sorgen seiner Eltern. Zu den zwei Frauen, die er bereits hat, nimmt er noch zwei weitere hinzu.
Nun geht es in Vers 10 weiter.
Jakobs Aufbruch und der Traum von der Himmelsleiter
Aber Jakob zog aus von Beerscheba und machte sich auf den Weg nach Haran. Haran liegt bereits in Mesopotamien, im heutigen Irak. Dort kam er an eine Stätte und blieb über Nacht, denn die Sonne war untergegangen.
Der Übergang von Helligkeit zu Dunkelheit geschieht dort sehr schnell. In wenigen Minuten ist es dunkel. Jakob nahm einen Stein von der Stätte, legte ihn zu seinen Häupten und legte sich dort schlafen.
Ihm träumte, und siehe, eine Leiter stand auf Erden, die mit der Spitze den Himmel berührte. Die Engel Gottes stiegen daran auf und nieder. Der Herr stand oben auf der Leiter und sprach: „Ich bin der Herr, der Gott deines Vaters Abraham und Isaaks. Das Land, auf dem du liegst, will ich dir und deinen Nachkommen geben. Dein Geschlecht soll werden wie der Staub auf Erden. Du sollst dich ausbreiten gegen Westen, Osten, Norden und Süden. Durch dich und deine Nachkommen sollen alle Geschlechter auf Erden gesegnet werden. Siehe, ich bin mit dir.“
Vielleicht habe ich es am Sonntag zu kurz gesagt, warum ich Zeichenhandlungen wie den Segen nicht überschätzen möchte. Das Größte, was Gott Ihnen gibt, ist das Wort. Es ist unverwechselbar: „Ich will mit dir sein.“ Wenn Gott etwas sagt, ist das kein leeres Versprechen. Es ist wahr, und er hält sich daran. Sie können sicher sein, dass es nicht wanken wird.
Das sind Segensworte, die Sie im Glauben festhalten dürfen: „Ich bin mit dir und will dich behüten, wo du hingehst. Ich will dich wieder in dieses Land zurückbringen. Ich werde dich nicht verlassen, bis ich alles getan habe, was ich dir zugesagt habe.“
(1. Mose 28,10-15)Jakobs Erwachen und die Bedeutung des Ortes Bethel
Als Jakob von seinem Schlaf erwachte, sprach er: „Fürwahr, der Herr ist an dieser Stätte, und ich wusste es nicht.“
Der Herr war doch schon im Mutterleib bei ihm. Wir meinen oft, dass Gott auf heilige Plätze beschränkt sei. Nein, Gott ist viel größer. Jakob fürchtete sich und sprach: „Wie heilig ist diese Stätte! Hier ist nichts anderes als Gottes Haus, und hier ist die Pforte des Himmels.“
Früh am Morgen stand Jakob auf, nahm den Stein, den er zu seinen Häupten gelegt hatte, und richtete ihn als Steinmal auf. Dann goss er Öl darüber und nannte die Stätte Bethel. Vorher hieß die Stadt Luz.
Jakob tat ein Gelübde und sprach: „Wird Gott mit mir sein und mich behüten auf dem Weg, den ich reise, um mir Brot zu essen zu geben und Kleider anzuziehen, und mich mit Frieden wieder heim zu meinem Vater bringen, so soll der Herr mein Gott sein. Dieser Stein, den ich als Steinmal aufgerichtet habe, soll ein Gotteshaus werden. Von allem, was du mir gibst, will ich dir den Zehnten geben.“
Jakobs Verzweiflung und Gottes unerwartete Nähe
Ganz plötzlich war es zappenduster im Leben dieses jungen Mannes. Er läuft um sein Leben. Alles war ihm über Nacht verschlossen.
Er muss von zu Hause weggehen und liegt unter freiem Himmel. Das war eine dumme Sache – ein Familienkrach. Sein Bruder ist hinter ihm her, voller wildem Zorn. Mit seinem Bruder war nicht zu spaßen. Er wusste, dass dieser es ernst meinte. Es ging um sein Leben.
Nun lag er da in der Nacht. Er konnte nicht einfach weiterlaufen, es war zu dunkel. Wo sollte er auch hingehen? Wie würde das gehen, wenn er zu seinen Verwandten kam? Er war ein verlorener Mann. Er lag in der Steppe – grauenvoll, öde, einsam. Niemand war da, niemand nahm sich seiner an.
Es gibt Stunden im Leben, in denen wir so etwas durchmachen müssen. Da rebellieren wir und sagen: Wo ist die Gesellschaft? Diese herzlosen Leute! Keiner nimmt sich meiner an, niemand hat Liebe für mich. Das machen wir gern so bitter. Manche klagen sogar Gott an und sagen: Gott, wo bist du?
Jakob wusste, dass er sich alles selbst eingebrockt hatte. Er sagte: Ich habe es gemacht. Es kommt ganz selten vor, dass jemand so viel Einsicht zeigt. Ich habe betrogen. Ich habe den Zorn meines Bruders herausgefordert. Das war kein blindes Schicksal, das war nicht Gott. Ich habe mein Leben versaut.
So lag er hilflos und verzweifelt auf dem Boden und schlief ein. In diesem Augenblick hatte er einen wunderbaren Traum. Er sah plötzlich den Himmel Gottes offen. Die Herrlichkeit Gottes leuchtete in das Leben eines verzweifelten und hoffnungslosen jungen Mannes.
Die Engel – das sind die starken, mächtigen Boten Gottes, die seinen Willen ausführen. Die Leiter, die er sah, war der Zugang zu Gott. Dort, wo alle menschlichen Türen sich verschlossen hatten, war bei Gott die Tür nicht verrammelt und nicht zu.
Das erfährt dieser junge Mann mit seinem schuldbeladenen Leben, mit all dem, was er verkorkst und falsch gemacht hatte. Als er aufwacht, weiß er: Es ist kein Traum, das ist wahr. Der heilige, ewige Gott ist mir, der ich so viel falsch gemacht habe, ganz nah.
Das gilt mir: Der Himmel ist offen. Ich brauche heute gar keinen Traum mehr, weil Gott mir in seinem Wort so oft sagt: Ich bin dir nahe, und niemand kann dich von mir wegreißen. Was willst du denn mehr haben, steht geschrieben.
Bei meinen Träumen würde ich auch noch zweifeln, aber dass es im Wort steht und immer wieder bestätigt wird, das ist wahr.
Die Bedeutung von Jakobs Geschichte für unseren Glauben
Darf ich noch einmal vom letzten Sonntag wiederholen: Im Alten Testament werden alle großen Glaubenslehren anschaulich am Leben von Menschen dargestellt. Für diese Glaubenslehren haben wir viele theologische Fachbegriffe. Doch im Alten Testament werden sie durch das Leben von Menschen illustriert – und man kann es nicht schöner ausdrücken: Ein Mann mit gescheiterter, hilfloser und ohnmächtiger Existenz. Jakob war nicht so leicht zu erschüttern, aber jetzt war er am Ende, jetzt war er in der Sackgasse.
Zu solchen Menschen neigt sich der ewige Gott herab. Theologen haben dafür Fachbegriffe, doch diese klingen oft kalt und abstrakt. Es lässt sich jedoch nicht schöner zeigen, dass Gott das ganz umsonst tut, ohne Vorbedingungen. Er sucht diesen Menschen. So wie sich der heilige Gott heute zu Ihnen herabsenkt und fragt: Was bewegt dich? Was bedrückt dich? So sucht er sie.
Lange Zeit dachte Jakob, er müsse die Sache Gottes selbst vorantreiben. Das meine ich, wenn ich sage, er dachte, er müsse die Mission, die Evangelisation und das Wachsen des Reiches Gottes selbst durchführen. Aber sind wir nicht manchmal töricht? Gott ist doch derjenige, der seine Sache vorantreibt. Er hat beschlossen, Jakob zu segnen. Wenn Gott Sie nicht in Ihrem Leben ruft, können Sie machen, was Sie wollen – Sie kommen nicht weiter. Er ist der Anfänger und Vollender unseres Glaubens.
Wenn wir erkennen, dass Gott der Macher ist, blitzt das oft nur in kurzen Augenblicken auf. Jakob verstand das erst spät. Seine Mutter hatte ihm oft erzählt, dass seine Berufung und Wahl zum Dienst schon im Mutterleib geschah. Ach, Jakob, warum hast du Gott nicht früher vertraut und geglaubt? Warum wolltest du es mit deiner Verbissenheit selbst schaffen? Ich mache es doch, ich mache es doch, sagte Jakob. Und Gott tut ganz große Dinge.
Gott ist es, der bei Jakob angefangen hat und ihn gerufen hat. Wenn Sie so eine Geschichte lesen, verschwinden plötzlich all die theologischen Fragen, die man sonst oft hat: Wie ist das, wenn Gott ruft? Was bedeutet das? Gott ruft Sie! Und Sie spüren es am Klopfen Ihres Herzens, wie Gott Ihr Gewissen berührt. Sie wissen: Er will mich. Das ist eine lange Geschichte, die weit zurückreicht, wie Gott in Ihrem Leben wirken will.
Man erschrickt und denkt: Wie kann der heilige Gott das Leben dieses Jakobs annehmen? Wir haben letzten Sonntag gelesen, wie Jakob immer wieder ganz cool sagt: Ich bin Esau. Und Gott geht in das Leben eines solchen Lügners hinein. Wenn Sie im Neuen Testament lesen, merken Sie, dass es Gottes Markenzeichen ist, sein Symbol: Er sucht die Gescheiterten, die Schwarzhändler, die Huren, die Versager und die Schwachen. Die anderen wollen ihn nicht.
Gott hat uns gerufen, weil er dachte, diese Menschen würden ihn machen lassen. Darum hat er Jakob gerufen, nicht Esau. Jakob trägt noch den Namen des Hinterlistigen, er wird später Israel genannt. Es ist schlimm, mit so einem Namen durchs Leben zu gehen, aber offenbar war er sehr treffend. Wir alle haben schöne Namen, hinter denen wir uns verstecken. Ich weiß nicht, welcher Vater es sich erlauben würde, seinen Säugling so zu nennen. Das macht heute keiner – auch nicht Kain, obwohl wir alle unseren Bruder hassen.
Heute wählen wir geschicktere und schönere Namen, geben uns flotte und charmante Namen. Jakob aber hatte diesen Namen, und Gott will damit etwas ausdrücken: Gerade bei solchen Leuten möchte er einkehren, die sucht er, die will er, die braucht er. Ich bin der Gott Abrahams – denk doch mal zurück! Du darfst dich in die Segensgeschichte der Glaubenden einreihen. Gott will so handeln wie bei Abraham, der mit leeren Händen dastand.
Ach, das macht uns doch nicht untätig, wie manche immer sagen. Das ist gerade der Grund, warum es sich lohnt, mit diesem Gott etwas zu tun: Weil er Schwache erwählt und die entscheidenden Siege erringen will. Ich bin der Gott Abrahams, Isaaks und Jakobs.
Die Nähe Gottes als Quelle der Freude und Zuversicht
Wenn wir beten, hat Paulus im Philipperbrief geschrieben, ist das die Freude: Der Herr ist nahe, ganz nahe. Lasst eure Bitten mit Danksagung vor Gott kundwerden. Wenn man das einmal begriffen hat, erkennt man: Gott ist gegenwärtig. Lasst uns anbeten, denn Gott kennt all den Schutt und Schrott meines Lebens. Und genau dort will er hinein; dort sucht er mich.
Der Herr ist nahe. Jakob, lass mich doch machen, ich will mit dir sein. Wenn Gott das sagt, ist das sein Programm. Und daran hält er fest. Sie wissen genau, dass Jesus es noch einmal bestätigt hat: Nicht ein Häkchen davon kann abgebrochen werden, nicht ein Krümmchen daran. Bis zum letzten Tüpfchen will Gott es bei Ihnen wahrmachen.
Viele sind sicher zu sicher und zu stolz. Sie sagen: Ich brauche ihn nicht, ich brauche keinen Heiland, ich brauche keinen Ritter.
"O Jakob, jetzt fängt das Leben an. Merkst du es? Gott spritzt die Berufung in dein Leben hinein: Ich will mit dir sein. Er wird deinen Fuß nicht gleiten lassen. Der dich behütet, schläft nicht. Er hat seinen Engeln befohlen über dir, dass sie dich behüten auf allen deinen Wegen."
Die Einladung Gottes und Jakobs ambivalente Reaktion
Ich hätte heute so viele Schriftlesungen gehabt, die ich Ihnen alle gerne vorgelesen hätte. Nehmen Sie doch das Wort Gottes und sagen Sie: Herr, dass das mir gilt. Ich bin so ein Jakobstyp. Ich gehöre auch zu diesen gescheiterten Existenzen. Bei mir ist auch so viel verbogen. Ich bin in der Nacht wie Jakob. Ich weiß auch nicht mehr weiter, keinen Schritt mehr. Mein Weg ist verhüllt, aber du bist der Herr.
Einmal staunt man und sagt: Jetzt verstehe ich erst. Wenn in unserer Gemeinde je etwas geschehen ist, wissen Sie, was es gemacht hat? Es war der Herr. Wenn in Ihrem Leben große Dinge geschehen sind, war es der Herr. Und er steht heute da, lädt Sie wieder ein und sagt: Komm, ich will mit dir sein. Er bindet sich an Sie ganz fest: Ich will mit dir sein.
Es hängt nicht an äußeren Handlungen, es hängt nicht an der Mitgliedschaft einer Kirche, es hängt nicht an der Segenshandlung, es hängt nicht an irgendeinem Symbol. An was hängt es? An einem Gott, der will, und an Ihrem Glauben, der sagt: Ja Gott, ich will auch. Komm, Herr, komm in mir wohnen, keine Minute mehr ohne Dich. Das ist es.
Aber jetzt geht es ganz seltsam weiter. Sie haben das ja gelesen: die Reaktion des Jakob. Sie haben sicher nicht richtig zugehört an der Stelle. Man muss manche Bibelstellen ein Leben lang lesen, bis man so dahinterkommt. Wissen Sie, dass Jakob das Grauen überfällt?
Die Angst vor Gottes Nähe und der lange Weg der Bekehrung
Das wird in der Bibel wieder so beschrieben. Warum überfällt uns dann das Grauen? Es ist doch herrlich, wenn Gott uns so umgibt. Haben Sie es auch schon erlebt, dass Ihnen Gottes Gegenwart unheimlich wird? Ja, das ist Angst vor unbereinigter Sünde. Wir haben ja vor Gott vieles geleugnet und versteckt.
In dem Augenblick, wenn Gott ganz nah zu uns kommt, dann meinen wir oft – und das kennen Sie aus Gesprächen mit vielen verzweifelten Menschen – dass uns die Schuld plötzlich zum großen Abhaltungsgrund wird. Dabei ist das doch gerade der Grund, warum Gott seinen Heiland Jesus geschickt hat. Es dürfte ja keiner mehr auf Abstand bleiben. Das bleibt das Problem. Bei Ihnen auch, vielfach im Leben. Aber ich darf das doch nicht für mich einnehmen, weil ich so oft wieder in diese alte Sache hineingetreten bin, die mein Leben belastet und so dunkel macht.
Da begreift Jakob gar nicht, wenn Gott so redet: „Ich will mit dir sein.“ Er will einen Trennungsstrich machen, einen ganz dicken Trennungsstrich. Ich habe vorhin gesagt, im Alten Testament sind die großen theologischen Begriffe einfach bildhaft entfaltet. Das wird an dieser Stelle noch einmal ganz wunderbar gezeigt.
Dieser Trennungsstrich, das nennen wir ja Bekehrung, ist aber manchmal gar nicht so gut, wie wir das mit den begriffenen Vorstellungen verbinden. Der eine ist geschockt, der andere steht unter Druck. Wie war es denn bei Jakob? Da war es auch nicht gleich ein Trennungsstrich. Im Gegenteil.
Darf ich mal kurz probieren, wie wir die Geschichte heute erzählen würden, als fromme Evangelikale? Da würden wir sagen: Jakob hat einen Traum, es ist ja die Himmelsleiter und so weiter. Dann steht er auf und sagt: „Herr, ich habe mich entschieden.“ Er hat sich gründlich bekehrt. Am nächsten Morgen war alles tipptopp, und er hat hunderttausend Menschen zu Jesus geführt oder zu Gott, wie man es nennen will. Gut.
So steht es aber nicht da. Unsere Bekehrungsgeschichten laufen scheinbar alle so ab. Das hat manche schon abgestoßen. Die Bibel ist da ganz offen: Manche dieser Bekehrungsgeschichten sind ja auch ein Stück weit verlogen, vielleicht in guter Absicht. Aber das hindert ja nichts daran, dass sie unwahr sind.
Die Bibel ist ehrlicher. Bei Jakob war es ein ganz langer Weg. Der Prophet Hosea sagt noch einmal: „Es geht beim gottesfürchtigen Leben lang. Wann endlich bekehrst du dich, Jakob?“ Wie lange geht das bei Ihnen schon mit Hängen und Würgen? Sie wissen ganz genau, wo es heilig wird, und dann kommt man wieder, und dann humpelt man wieder weiter.
Und wie war es bei Jakob? Da macht er einen Deal mit Gott und sagt: „Also lieber Gott, wenn das stimmt, was du mir sagst, dann kriegst du zehn Prozent von allem, was ich verdiene.“ Also gut. Er sagt, er wartet mal ab, ob Gott das alles einlöst.
Es dauert noch Jahre, bis er sein Leben wirklich ganz in die Hand Gottes wirft. Ich kann Jakob nicht kritisieren, weil er uns haushoch überlegen ist. Aber die Bibel zeigt uns, was das oft für eine furchtbar elendlange Geburt ist, bis wir endlich sagen: „Ich bin nicht wert aller Barmherzigkeit und Treue, die du, Gott, in meinem Leben getan hast.“ Bis wir sagen: „Wir haben alles, alles in dir, Herr Jesus Christus. Du bist alles, und ich bin gar nichts. Herr, ich warte auf dein Heil.“ So stirbt Jakob später: „Herr, ich warte auf dein Heil.“
Es ist so viel Gewurzeltes, so viel Menschenwerk und so viel Frommgemachtes. Ach, Jakob, wirf dich doch in die Hand dieses Gottes, der dir sei! Was willst du noch?
Natürlich wäre es ein Grund, sich spontan zu bekehren. Es wäre das Schönste, wenn heute einer sagt: „Ich mache heute einen reinen Tisch.“ Absolut klar ist doch, wie erbärmlich es ist, wie lange wir das hinziehen. Spontan und im Augenblick zu sagen: „Ja, jetzt möchte ich in meinem Leben einen dicken Strich machen, und ich will gar nicht mehr weitergehen.“
Aber bei Jakob war es leider ein langer Weg. Die Bibel sagt nichts als Vorbild, sondern zeigt, mit welcher unendlichen Geduld und Güte Gott uns nachgeht. Jakob versucht es immer noch mal. Wir werden verfolgen, wie er dort selbst als Viehhirte noch einmal probiert, der Sache Gottes nachzuhelfen.
Er meint immer, er müsse den Segen Gottes mit unbrauchbaren Mitteln noch ein bisschen schieben. Er meint, er müsse immer noch mal lavieren, damit es richtig stimmt. Nein, das müssen wir nicht. Wir wollen auch nicht die Sache Gottes mit falschen Mitteln verkaufen.
Wir meinen manchmal, wenn wir das irgendwie groß herausbringen und toll machen, und die Leute sagen: „Guck mal, da ist einer“, dann hat Gott das doch nicht nötig. Lass die Sache auf den Tisch legen.
Gottes unerschütterliche Treue trotz menschlicher Schwäche
Dass Gott sich an sündige Menschen bindet, wissen Sie, weil wir immer wieder aufs Kreuz von Jesus hinsehen. Darum hat er sein Leben gegeben, um uns zu sagen: Niemand kann dich aus meiner Hand reißen. Ich will dein sein, ganz gleich, wie tief deine Schuld ist.
Es gibt keine Schuld, so schwer sie auch sein mag, die Jesus nicht vollkommen auslöschen und wegnehmen will. Er hat sich für dich entschieden, genauso wie Gott sich für Jakob entschieden hat. Ja, das sind keine verruchten Leute! Manche könnten sagen, man könne ja jetzt sorglos sündigen. Doch das ist nicht möglich. Wer das verstanden hat, kann nicht einfach weiter sündigen.
Wie könnte man da noch Abstand halten, wenn Gott sein Herz uns schenkt?
Ich habe Ihnen immer wieder gezeigt, wie Jakob ein häuslicher Typ war. Er stand gern bei seiner Mutter am Herd, auch wenn ihm das manchmal etwas schwerfiel. Doch dann kam eine Zeit, in der er draußen auf der Steppe lag, ohne Schlafsack und ohne Bett.
Es gibt in unserem Leben Umstände, die uns ganz besonders zu Gott hinführen. Manchmal müssen wir sehr tief geführt werden, bis wir wirklich erkennen, was Gott sagt: Ich will mit dir sein.
Die Überwindung von Angst vor Gott und die Einladung zur Nähe
Und noch einmal: Lassen Sie sich noch einmal stehen. Warum hat Jakob solche Angst? Hat er wirklich Angst vor Gott? Ja, die meisten Menschen haben Angst vor Gott. Nur diejenigen, die Frieden mit Gott geschlossen haben, sind von dieser Angst befreit und in die Liebe versetzt.
Es ist ganz richtig beschrieben, dass Jakob hier Angst hat. Vor ein paar Monaten las ich in einer Zeitung von einem Atheisten, einem bekannten Literaten. Er schrieb, dass ihm auch immer Angst vor Gott gemacht wurde – vor dem Gott, der zu jeder Dachluke hereinschaut. Doch nicht Angst wurde ihm gemacht, sondern man erzählte ihm die schönen Geschichten von der Gegenwart Gottes. Sein gottfernes Herz aber verwandelte diese Geschichten in Angst.
Der moderne Mensch hat Angst, im Licht Gottes zu bleiben. Deshalb verstecken wir alles vor ihm. Jakob hat Angst. Er könnte doch vor Gott sagen: „Herr, erbarme dich meiner Nöte, erbarme dich meines kleinen Glaubens.“ Vor Gott muss man keine Angst haben. Bei dir ist die Finsternis nicht finster, bei dir leuchtet die Nacht so hell wie der Tag, bei dir ist das Dunkel so hell wie das Licht.
Nein, Jakob war eben Jakob, der den Segen Gottes suchte, aber die Nähe Gottes war ihm fremd. Ist Gott ihr Freund? Können sie ihn lieben? Sind sie so eng mit ihm verbunden? Ach, das muss doch sein, sonst haben sie ja noch nie das alles erlebt, was Gott ihnen schenken will.
Er will ihnen das heute geben: „Ich will mit dir sein.“ Dann will er alle seine Verheißungen erfüllen. So, wie er die großen Landzusagen an Abraham erfüllt hat, will er auch all die großen Worte der Propheten bestätigen. Wenn du durchs Wasser gehst, will ich bei dir sein. In Krankheit, in Einsamkeit, wenn Menschen hinter deinem Rücken tuscheln, will Gott das wahr machen: „Ich will mit dir sein.“
Die Zuversicht in Gottes Führung trotz Ungewissheit
Und ich kann nur bitten, dass heute jeder von Ihnen das in ganzer Freude ergreift. Wissen Sie, genau das lässt das Leben beginnen. Dann kann Gott uns auch in die Nacht schicken. Ich weiß den Weg nicht, aber er kennt ihn, und das macht nichts. Ich bin froh und unbekümmert.
Was auch an Gefahr droht, ich bleibe unbekümmert. Ich will mit dir sein, denn der Herr hat sich an mich gebunden. Bleiben Sie dabei, auch in diesem schmutzigen Ich.
Wie sagt die Bibel: Das Herz ist ein trotziges und verzagtes Ding. Kennen Sie das? Trotzig und verzagt, mutlos, depressiv. Das will Gott sprengen und sagen: „Ich will in deinem Ich sein.“ Machen Sie das Ich Gottes zu Ihrem Ich, damit es in Ihr Leben kommt. Das will Gott tun: „Ich will mit dir sein, ich will in dir wohnen.“
Entthrone dein Ich und lass Gottes Ich in deinem Leben herrschen. Seid still und erkenne, dass ich der Herr bin.
Wie ist das bei Ihnen, wenn Gott wirklich der Herr ist? Wenn er in Ihnen regiert, Ihre Gedanken bestimmt, Ihre Wünsche, Ihr Tun und Lassen? Das ist das Größte: „Ich will mit dir sein!“ Lauter unverdiente Gnade! Amen!