Einführung in das Thema Gewohnheiten und Glauben
Die Macht der Gewohnheiten – ein paar Gedanken zur Theologie, die dich im Glauben wachsen lässt. Nachfolge praktisch – dein geistlicher Impuls für den Tag.
Mein Name ist Jürgen Fischer, und heute geht es um säkulare Gewohnheiten, Teil zwei.
Lasst mich noch einmal zu meinem banalen Beispiel aus der letzten Episode zurückkommen. Ihr wisst schon: Bauchmuskeltraining nach dem Aufstehen. Ich, meine Fitnessmatte und eine nette Physiotherapeutin per Video.
Einerseits wird mir Woche für Woche durch diese Gewohnheit die Sache selbst lieber. Andererseits strahlt diese Gewohnheit aus. Was meine ich damit?
Mit acht Minuten Sport direkt nach dem Aufstehen, also noch vor dem ersten Kaffee, predige ich mir selbst jeden Morgen, dass die Lust, die in meinem Körper steckt, nicht das letzte Wort hat. Und wisst ihr was? Von dem Moment an, als ich morgens mit Bauchmuskeltraining anfing, fiel mir das Abnehmen deutlich leichter. Ein wirklich signifikanter Unterschied, der mich selbst überrascht hat.
Das meine ich mit Gewohnheiten, die ausstrahlen. Erinnert euch bitte an den Denkfehler aus der ersten Episode: Wir sind eben nicht nur ein Kopf auf zwei Beinen, wir sind vielmehr Bauch als Kopf. Wir sind ganzheitliche Wesen.
Was wir tun – und eben nicht nur, was wir denken oder wissen – prägt uns, unsere Einstellung, unser Herz.
Und was mich bei dem Beispiel Bauchmuskeltraining so fasziniert, ist, wie eine kleine Änderung schon einen merklichen Unterschied macht. Wie gut, dass ich meiner Frau gefallen will.
Säkularer Einfluss auf Gewohnheiten und Glauben
Aber kommen wir zurück zu säkularen Gewohnheiten, die sich unmerklich in unser Leben einschleichen, unser Herz verführen und uns vom Glauben und von Gott abbringen können.
Gestern ging es um die Idee des expressiven Individualismus. Dabei wurde deutlich, dass es in unserer Zeit fast nur noch eine Sünde gibt: so zu sein wie alle anderen. Sei du selbst, entfalte deine Persönlichkeit, lebe deinen Traum – und zwar den Traum von einem guten Leben, das uns medial in Dauerbeschallung auf allen Kanälen präsentiert wird.
Gehen wir jetzt einen Schritt weiter zur Supernova. Der Begriff wurde vom Philosophen Charles Taylor geprägt, und ich benutze ihn zur Beschreibung eines Phänomens, das mit Wissen zu tun hat. So wie in einer Supernova eine Sonne explodiert, so ist in den letzten Jahren das Wissen explodiert. Wo vorher gerade in religiösen Dingen für viele Westeuropäer mit dem Christentum eine Sonne leuchtete, also ein Bezugspunkt für den Glauben vorhanden war, findet sich jetzt nur noch eine hellstrahlende Wolke aus Sonnenstaub und Meinungen.
Für jede krude These und jede abwegige Glaubensaussage gibt es ein Video, jemanden mit einem Doktortitel, der sie präsentiert, und eine Anhängerschaft.
Was passiert, wenn man in so einer Welt lebt? In einer Welt mit viel zu vielen Meinungen, alle nur einen Klick entfernt. Alle sind irgendwie gut gemacht und auf den ersten Blick wahr.
Auswirkungen der Informationsflut auf den Umgang mit Wissen
Antwort
Diese Welt wird unsere Gewohnheiten verändern – Gewohnheiten, wie wir mit Informationen umgehen. Je mehr ich mich der Informationsflut aussetze und unreflektiert Informationen aufnehme, desto mehr werde ich mir selbst predigen, dass Wissen etwas „da draußen“ ist. Etwas, das man einfach zum Spaß konsumiert, und dass es so etwas wie objektive Wahrheit beziehungsweise echte Überzeugungen nicht mehr gibt.
Schauen wir uns den ersten Punkt an: Wissen ist etwas „da draußen“. Ich trenne die Welt und ihr Wissen von mir und meinem Leben. Das Übermaß an Wissen schafft eine Distanz, ich gehe auf Abstand.
Witzigerweise gilt das nicht für den konkreten Umgang mit Information. Hier wird eher mehr konsumiert. Kürzere Videos liegen im Trend, kleine Infohäppchen sind gefragt. Meines Erachtens wird mehr aufgenommen, aber gleichzeitig auch weniger hinterfragt. Es entsteht eine innere Distanz zu dem, was gesagt wird.
Wissen, verpackt in eine schöne Aufmachung, dient nicht mehr primär dem Wissenserwerb, sondern ist Teil meiner persönlichen Bespaßung geworden. Aber dazu ist Wissen natürlich nicht da.
Damit wir uns richtig verstehen: Wissenserwerb darf gern Freude machen. Mir macht das Bibelstudium richtig viel Spaß. Aber wenn wir Wissen abkoppeln von Erfahrung, wenn Wissen nur noch eine Sache des Kopfes ist und nicht mehr auch des Bauches, wenn Wissen nicht mehr primär gewonnen wird, um mein Leben zu verändern, wenn es in Wirklichkeit nur um den Konsum von neuen Informationen geht, aber nicht mehr darum, das Gute zu erkennen, weil ich das Gute tun will – was passiert dann mit mir?
Die Banalität von Wissen und ihre Folgen für den Glauben
Und zuerst passiert Folgendes: Wissen wird banal, weil alles, wovon ich zu viel habe, seinen Wert verliert. In dem Maß, wie Wissen banalisiert wird, wird auch der Umgang mit göttlichen Wahrheiten unwichtig.
Die Gewohnheiten, die meinen Umgang mit säkularem Wissen prägen, wirken sich direkt auf meinen Umgang mit der Bibel aus. Es ist einfach naiv zu glauben, ich könne mein Herz auf schnelle, schrille und leicht zu verdauende Infohäppchen aus YouTube oder vom Handwerker-Blog konditionieren und dann einfach umschalten, um lange und ausgiebig über das Wort Gottes nachzusinnen. Das wird nicht passieren.
Das wird nicht passieren, weil vorher die existenzielle Verbindung von Wissen und Leben gekappt wurde. Wenn Wissen eine unüberschaubare, abstrakte Größe da draußen ist und ich trotzdem irgendwie lernen muss, mein Leben zu meistern, dann tue ich das, indem ich mir aus der Fülle des Wissens die Dinge herausnehme, die mir irgendwie richtig und wahr zu sein scheinen.
Und das ist für mich das eigentliche Drama des postmodernen Menschen: Er hat kein Fundament. Er benutzt sein Wissen – ein Wissen, das eigentlich nur halbes Wissen ist. Er nutzt es, um sich selbst zu rechtfertigen und sich vor kritischen Rückfragen abzuschirmen. Aber dieses Wissen ist nur gefunden, aufgeschnappt, im Vorbeigehen mitgenommen. Es ist nicht durchgekaut, nicht abgewogen.
Oft fehlt die Überzeugung, und ohne Überzeugungen lauert der Zweifel hinter der nächsten Ecke. Jemand hat gesagt: Heute sind wir alle kleine Thomasse. Wie wahr! Der Zweifel wird zum wahren Glauben. Aber genau so tickt unsere Welt: Wer nicht alles bezweifelt, dem wird abgesprochen, etwas verstanden zu haben.
Die Bedeutung objektiver Wahrheit für den Glauben
Und damit kommen wir zum zweiten Punkt. Wenn wir uns täglich durch den Umgang mit Wissen selbst predigen, dass Wissen banal ist und nicht existenziell, dann wird mein Herz aufhören, an eine objektive Wahrheit zu glauben.
Wir werden vielleicht noch behaupten, dass die Bibel Gottes Wort ist, aber unser Umgang mit ihr wird eine andere Sprache sprechen. Wenn Jesus seinen Vater bittet: „Heilige sie durch die Wahrheit! Dein Wort ist Wahrheit“, dann wird deutlich, dass das Wort Gottes heiligend in unser Leben hineinsprechen will.
Es will nicht eine Wahrheit unter vielen sein, sondern die Wahrheit, die mich prägt und der ich erlaube, mich täglich in den Grundfesten meines Denkens zu erschüttern. Das ist die Macht von objektiver Wahrheit – Wahrheit, die mir im Gericht als Richter entgegentreten wird.
Praktische Empfehlungen für den Umgang mit Wissen und Glauben
Und deshalb mein Tipp: Weniger ist mehr. Schau dir nicht ein Predigtvideo nach dem anderen an und auch keinen Podcast-Marathon. Füttere dich nicht mit allen möglichen Inhalten, sondern bete und bitte Gott um Weisheit. Konzentriere dich dann auf ein Thema oder auf ein biblisches Buch, das du in Ruhe studierst.
Dazu gehört nicht nur das Aufnehmen von Informationen, sondern auch das Nachdenken, das schriftliche Zusammenfassen und ganz wichtig die Anwendung.
Nach Sprüche 22,17-18 bin ich erst dann mit dem Verstehen fertig, wenn ich in der Lage bin, ein Thema anderen zu erklären. Hört euch die beiden Verse mal an.
Die Bedeutung des Verstehens und Weitergebens biblischer Erkenntnisse
Sprüche 22,17-18:
„Neige dein Ohr und höre die Worte von Weisen, und richte dein Herz auf meine Erkenntnis. Denn lieblich ist es, wenn du sie in deinem Innern bewahrst. Sie mögen sich alle miteinander auf deinen Lippen bereithalten.“
Es geht also darum, zuzuhören, nachzudenken, das Gehörte zu bewahren und weiterzugeben.
Willst du wissen, was daraus erwächst? Wenn ich mir Mühe gebe, über biblische Themen nachzudenken, Bibelverse vielleicht sogar auswendig lerne und auch mal eine Andacht schreibe, dann zeigt sich das Ergebnis.
Sprüche 22,19 sagt: „Damit dein Vertrauen auf den Herrn steht, belehre ich dich heute, gerade dich.“
Ich mag diesen Vers sehr, denn aus dem richtigen Umgang mit Wissen erwächst Glaube!
Abschluss und Ermutigung zum bewussten Umgang mit Informationen
Was könntest du jetzt tun? Du könntest dir anschauen, wie du grundsätzlich mit Informationen umgehst und wie viel unnötige Information du dir jeden Tag zuführst.
War das schon alles für heute? Wenn du noch keine Liste mit deinen Lieblingssünden hast, dann schreibe heute eine und bete regelmäßig um Veränderung.
Der Herr segne dich, erfahre seine Gnade und lebe in seinem Frieden. Amen.