Einführung in den Predigttext und seine Bedeutung
Unser Predigttext steht im Jakobusbrief. Wenn Sie in Ihrer Bibel aufschlagen, finden Sie ihn auf Seite 252 in dieser ausgelegten Bibel. In Ihrer eigenen Bibel kann die Seitenzahl anders sein. Es handelt sich um Kapitel 1, Verse 17 bis 21.
Alle guten Gaben und alle vollkommenen Gaben kommen von oben herab, von dem Vater des Lichts, bei dem keine Veränderung ist und kein Wechsel.
Er hat uns geschaffen nach seinem Willen durch das Wort der Wahrheit, damit wir gleichsam die Erstlinge unter seinen Geschöpfen sind.
Ihr sollt wissen, meine lieben Brüder: Jeder Mensch sei schnell zum Hören, langsam zum Reden, langsam im Zorn. Denn im Zorn tut kein Mensch, was vor Gott Recht ist.
Darum legt alle Unsauberkeit und alle Bosheit ab und nehmt das Wort bereitwillig an, das in euch eingepflanzt ist und das eure Seelen retten kann.
Herr, hilf uns, dass wir dieses Wort begreifen und verstehen. Amen!
Die Geschichte des Joachim Neander und seine Bedeutung für das Lob Gottes
Im Norden von uns, in der Nähe von Düsseldorf, gibt es ein Tal. Genauer gesagt bei Düsseldorf, Mettmann. Dort wurden im letzten Jahrhundert Knochen gefunden. Diese Knochen wurden sehr berühmt, weil sie einem Affen sehr ähnlich sehen. Wissenschaftler haben herausgefunden, dass diese Funde mit unseren Vorfahren zu tun haben. Es handelt sich dabei um den berühmten Neandertaler, den jedes Kind kennt.
Die meisten Kinder wissen jedoch gar nicht, warum das Neandertal so heißt. Es ist nach Joachim Neander benannt. Er war im 17. Jahrhundert Schulrektor in Düsseldorf. Der Zugang zum Pfarrdienst war ihm verwehrt. Joachim Neander wurde von seinen Mitchristen oft verspottet. Als Theologiestudent kam er in Bremen zum Gottesdienst des damaligen Erweckungspredigers Unterlaik. Dieses Wort hat ihn tief getroffen. Er fand zu einer klaren Umkehr. Es wurde ihm ein brennendes Anliegen, auch andere Menschen zu Jesus zu führen.
Er konnte nur Schulrektor in Düsseldorf werden. Daneben richtete er einige Hausbibelkreise ein. Das war etwa im Jahr 1670. Seine Mitchristen behandelten ihn schlecht. In seiner Traurigkeit zog er sich oft in das einsame Tal zurück, das später nach ihm benannt wurde: Neandertal. Dort setzte er sich tagelang in eine Höhle. In dieser Zeit entstanden seine wunderbaren Lieder, zum Beispiel „Lobe den Herrn, den mächtigen König der Ehren!“
Bald gab er seine Stelle als Schulleiter auf und durfte nur noch einen kurzen Hilfspredigerdienst in der Martinikirche in Bremen übernehmen. Gestern war ich aus Anlass eines Missionstages in Bremen und habe mir die Martinikirche direkt an der Weser noch einmal angeschaut. Morgens um fünf Uhr wurde ihm oft eine Predigt übertragen. Mit nur dreißig Jahren ist Joachim Neander gestorben.
Sein Leben war kurz und flüchtig. Doch dieser Joachim Neander, der uns so wundervolle Loblieder in unserem Gesangbuch hinterlassen hat, hat etwas vom Lob Gottes verstanden.
Die Bedeutung des Lobes Gottes in Zeiten der Not
Es ist merkwürdig, wenn man das Gesangbuch durchblättert. Man hat den Eindruck, dass dort vor allem Menschen Lieder, besonders Loblieder, gedichtet haben, die aus großer äußerer Bedrängnis kamen.
Es sind oft Leute, die innerlich ganz verzagt waren. Die Zeit des Dreißigjährigen Krieges, diese furchtbare Epoche, war eine Zeit, die besonders fruchtbar für das Singen und Loben Gottes war.
An den Tagen, an denen es den Menschen gut ging, blieb es dagegen sehr still. Haben die Menschen nicht erkannt, dass das Lob Gottes gerade dort gesungen wird, wo man von sich selbst nichts mehr erwartet?
Musste es nicht gerade dieser Neander in die Welt hinausschreien? Er sagte, die anderen mögen noch Recht haben, wenn sie ihn kritisieren, und an ihm und seinem Leben sei nichts auf dieser Erde.
Aber er musste von dem erzählen, was Gott ihm gegeben hatte – von der großen Freude, die er in Gott fand. Und er wollte es allen Menschen zurufen, wie reich man wird, wenn man ihm folgt, wenn man ihm gehört und wenn man alles in seine Hand legt.
Die Schwierigkeit des Lobes und der Glaubenspraxis im Alltag
Ich wollte, dass sie auch so fröhlich dieses Gotteslob singen können. Ich weiß nicht, was man bei uns in unseren Wohnungen hört. Hört man dort vielmehr Meckern, Schimpfen, Brummen, Unzufriedenheit, schlechte Zeiten, Klagen oder gar das Jammerlied?
Ich meine, viele Leute können nicht singen. Das ist mein erster Punkt. Besonders Christen haben oft einen Kloß im Hals. Ich meine jetzt nicht diesen Kloß der Eitelkeit, wenn manche sich zu gut zum Singen fühlen. Manche widern das irgendwie an und fragen sich: Warum soll ich das singen?
Aber viele können nicht singen, weil sie sehr traurig sind. Und das nicht nur wegen äußerer Not. Merkwürdigerweise lähmt die äußere Not Christen nicht im Singen. Was habe ich schon für Menschen im Krankenlager singen hören! Oder Menschen in großem Schmerz. Wie haben wir schon bei einer Christenbeerdigung am Grab so mächtig und laut singen können wie sonst nie.
Was ist das Besondere daran, dass viele heute nicht singen können? Ich glaube, heute Morgen sind viele hier, die sagen: Ich bin traurig über mich selbst. Ich wollte Gott viel treuer dienen. Ich wollte Gott viel heißer lieben. Ich wollte Gott viel mehr dienen und auch treuer sein. Ich wollte seine Gebote eifriger halten. Ich wollte viel mehr für ihn tun in meinem Leben.
Das ist ja der Wille eines aufrechten Christen. Und da ist man sehr traurig. Geht es Ihnen nicht auch so, dass man ganz müde und verzagt ist und sagt: Ach, ich kann heute nicht singen. Ich habe gehofft, ich könnte meinem Herrn Ehre bereiten. Ich wollte, dass mein ganzes Leben ein Lobpreis für ihn wird. Und jetzt ist es bei mir so traurig, so enttäuschend. Mein ganzes Leben ist gefüllt mit anderen Dingen, und das geht nun schon eine ganze Zeit so. Da kann man ärgerlich werden.
Dann macht man wieder neue Vorsätze und sagt: So, jetzt möchte ich es noch einmal neu probieren. Jetzt möchte ich noch einmal versuchen. Von heute an möchte ich in meinem Leben eine ganz konsequente Nachfolge Jesu leben. Haben Sie schon so probiert?
Das ist der beste Weg weg von Jesus. So gut Sie es auch meinen und so eifrig Sie das tun, das ist der beste Weg weg vom Glauben, vom Lob Gottes sowieso. Es ist ein Kennzeichen, dass es nicht mehr stimmt.
Die Grenzen des menschlichen Willens und die Quelle des Glaubens
Ja, es ist wichtig, dass wir den Glauben mit unserem Leben bewähren. Heute spielt das für viele Menschen eine große Rolle. Manche denken vielleicht: Was sitzen die da heute im Gottesdienst zusammen? Ich will doch das Gute tun. Ich halte nicht so viel vom bloßen Hören, ich bin mehr für die Praxis. Ich bin nicht so für die Theorie des Glaubens, ich bin ein Praktiker, der den Gehorsam Gottes draußen tut.
Solchen Menschen müssen wir sagen: Uns ist eine Erkenntnis geschenkt worden, dass wir das mit dem Tun eben nicht hinkriegen. Vielleicht sitzen jetzt noch einige unter uns, die denken, sie schaffen das doch noch. Ich wünsche ihnen den Durchblick des Heiligen Geistes, dass sie wissen: Sie können sich anstrengen, wie sie wollen, sie schaffen das nicht. Sie können sich Vorsätze geben, so viele sie wollen. Aber das war sicher bei vielen Menschen der Grund, der sie immer mehr vom Glauben weggetrieben hat – immer mehr Vorsätze, immer mehr Wollen und immer weiter weg vom Glauben.
In unserer Philosophie, von Kant her, ist bekannt, dass nichts in der Welt lieber gut gehalten werden möchte als allein ein guter Wille. Der Wille ist es doch, der den Menschen auszeichnet und ihn heraushebt. Von unserer Erfahrung her möchten wir ganz schlicht sagen: In unserem Leben haben wir viel, viel mit unserem Willen probiert. Es ist immer schiefgegangen.
Sie können noch einmal den Versuch wagen, in Ihrem Leben etwas Neues hineinzubringen, indem Sie sich ganz fest vornehmen: Jetzt will ich Gott noch treuer dienen, die Gebote noch ernsthafter nehmen. Das bezeichnet die Bibel als den Weg des Gesetzes. Es ist ein Weg, der von Christus durchgestrichen wird, ein Weg, der uns wegführt von ihm, ein Weg, der uns in die Hölle führt – so gut gemeint er auch sein mag, so edel er auch wirken mag.
Denn man kann von seinen eigenen Kräften, von seinem Fleisch nichts erwarten. Darum setzt Jakobus ein: Alle gute Gabe kommt vom Vater des Lichts. Man hat Jakobus ja gern unterschoben, er würde meinen, dass der Mensch mehr mit seinem Willen erreichen muss. Nein, gerade Jakobus sagt: Alles Neue kommt nur von Gott her. Das ist ein Geschenk, das man nur empfangen kann.
Das Wunder geschieht dort, wo ein Mensch sich neu begreift als einer, der von Gott her leben darf. Wenn Sie versuchen, Ihr Leben aus eigener Kraft zu heilen, werden Sie scheitern. Sie werden das nicht bewältigen, die Krisen Ihres Lebens nicht überwinden, die Schwierigkeiten nicht überwinden.
Alle gute, alle vollkommene Gabe kommt von oben herab, von dem Vater des Lichts. Man kann sich immer nur neu beschenken lassen von dem Herrn, der ein Leben neu machen kann.
Das Licht Gottes als Ursprung der Erneuerung
Wenn das Wort „Licht“ fällt, denkt man unwillkürlich an die Schöpfungsgeschichte der Welt. Gott spricht in das Chaos der Welt hinein – diese dunkle Urflut, dieses Unheimliche am Anfang. Dann sagt Gott: „Es werde Licht!“ Und es ward Licht.
Dieses Licht kann auch in meinem finsteren und in ihrem finsteren Herzen neu werden. Wenn Gott dieses lösende „Es werde“ hineinspricht, sprechen wir gern vom Wunder der Wiedergeburt. Gott muss einen ganz neuen Anfang setzen. Dieses neue Leben muss von ihm in uns geschaffen werden.
Ein wunderbares Geheimnis! Hier erinnert Jakobus daran. Immer steht dieses Geheimnis dahinter: das Werden eines Kindes, das geboren wird. Ein kleines Baby wird im Mutterleib getragen und dann plötzlich geboren.
Das neue Leben kann nicht von einem Menschen erzwungen oder erkämpft werden, sondern es ist da, weil Gott es macht. Darum muss das Lob Gottes in unserem Leben erklingen – nicht dort, wo wir mit eigener Kraft vollenden wollen, sondern dort, wo Gott schafft.
Er hat das Licht aus der Finsternis hervorgeleuchtet lassen. Er hat uns nach seinem Willen gemacht. Über unserem Christsein steht: Gott will mich haben, Gott will etwas Neues machen.
Doch in meinem Leben gibt es eine riesengroße Macht – die Macht der Finsternis. Sie will mich immer wieder prägen und bestimmen. Gegen diese Versuchungsmächte kann ich nicht ankämpfen, sagt Jakobus. Er richtet den Blick höher.
Keine Macht der Finsternis kann das Licht Gottes verdunkeln. Öffne dich diesem Licht Gottes! Das ist der Weg des Evangeliums.
Gottes Zusage und die Kraft des Glaubens im Alltag
Wenn man versteht, wie schwierige Menschen, wie notvolle und belastete Menschen neu werden können – genauso wie wir – indem sie sich für das Licht öffnen, das Gott uns gegeben hat, dann kann ich nur dieses große Wort hören: „Fürchte dich nicht, ich bin mit dir. Weiche nicht, ich bin dein Gott. Ich stärke dich, ich helfe dir auch, ich erhalte dich durch die rechte Hand meiner Gerechtigkeit.“
Doch wenn man daran denkt, wie wir das in der kommenden Woche schaffen sollen, fragt man sich: Wie werde ich im Glauben durchhalten? Ist mein Glaube stark genug? Nein, er ist nicht stark genug. Aber der Herr will in unserem Leben dabei sein. Er spricht zu uns: „Ich bin bei dir. Ich bin da. Ich stärke dich.“ Die auf den Herrn Harrenden bekommen neue Kraft, sodass sie auffahren mit Flügeln wie Adler, dass sie laufen und nicht matt werden, dass sie wandeln und nicht müde werden.
In jedem Christenleben muss dieses Wunder geschehen sein: dass man von Gott einen neuen Anfang erhalten hat. Ob man es Bekehrung oder Wiedergeburt nennt – dieser neue Anfang ist geschehen. Gott hat bei mir einen neuen Grund gelegt, den er nun weiter ausbauen kann.
Von meinem Fleisch, von meiner Wesensart, von meinem Willen und von meinem Gemüt erwarte ich gar nichts. Meine Entschlüsse und mein Ja-Wort sind sehr brüchig. Aber dass ich gezeugt bin nach dem Willen Gottes – das ist das Wunder, an das ich mich halte. Und das lässt mich fröhlich singen.
Dann schaue ich weg von all dem Bösen meines Lebens und weiß: Ich kann etwas Großes von ihm erwarten. Mein Leben wird neu.
Warum viele Christen nicht singen können und die Quelle des Lobes
Zunächst haben wir darüber gesprochen, warum so viele Christen so schlecht singen können. Der Grund liegt darin, dass sie alles von sich selbst erwarten und mit ihrer eigenen Kraft erneuern wollen. Dadurch gerät man oft in Traurigkeit und Resignation.
Das Lied, das frohe Lied des Glaubens, wird gesungen, weil alles von Gott herkommt. Er ist der Vater des Lichts, bei dem es keine Veränderung oder Wechsel von Licht und Finsternis gibt.
Er wird auch mit unserem Leben zum Ziel kommen. Wir müssen uns ihm nur öffnen und ihm Raum geben. Dann können wir loslassen und sagen: Danke, Herr, dann ist ja alles gut. Ich darf auf dich bauen und auf dich vertrauen.
Die Bedeutung des Wortes Gottes für die Erneuerung des Menschen
Zweite Frage: Wie erfährt man das?
In den letzten Jahren hat eine große Abwertung stattgefunden, die vielen gar nicht bewusst geworden ist. Man hat oft nur oberflächlich gesprochen und gesagt: „Ach, was geschieht denn da schon? Die machen ja nur Worte.“ Besonders in der christlichen Verkündigung wurde das so gesehen. Man wollte endlich einmal Taten sehen. Doch was ist schon dabei? Da predigt jemand Sonntag für Sonntag, und wie viele Predigten werden gehalten – was kommt denn daraus wirklich hervor?
Jakobus ist sehr skeptisch, was das Tun der Menschen betrifft. Das stimmt mit dem überein, was Paulus sagt, nämlich dass er vom Willen des Menschen nichts erwartet. „Was vom Fleisch geboren ist, das ist Fleisch“, und das bleibt menschlich und brüchig.
Ich denke, auch heute will niemand einen Krieg. Niemand auf der Welt wünscht sich Krieg. Wer will denn schon Krieg? Jeder will nur das Gute, das Gerechte und den Frieden. Aber mit welchen Mitteln? Es ist töricht zu glauben, man müsse nur ein paar Ratschläge geben. Unser menschliches Tun bleibt immer so brüchig. Wir wollen das Beste, und doch entsteht so viel Leid, so viel Angst und so viel Gefahr.
Darum sagt Jakobus hier, wie es neu wird und wie man das erfahren kann: Durch das Wort. Gott hat uns durch das Wort neu gemacht. Menschen werden durch das Wort Gottes verändert. Er hat uns nach seinem Willen geschaffen – durch das Wort der Wahrheit. Er betont ausdrücklich das Wort der Wahrheit. Dieses Wort der Wahrheit ist in Jesus von Nazareth sichtbare Gestalt geworden.
Jesus hat dieses Wort bis zu seiner letzten Handlung getrieben. Er sagte: „Ich bin der Weg, die Wahrheit und das Leben.“ So legte man ihn ins Grab, doch dieses Wort der Wahrheit hat das Grab aufgesprengt.
Die ersten Christen hatten nichts anderes. Sie gingen nicht in die Welt und behaupteten, sie hätten die Lösungen für ein friedliches Zusammenleben der Menschen oder für eine gerechte Wirtschaftsordnung. Sie sagten: Wir haben das Wort der Wahrheit. Das war die Pfingstpredigt der Apostel. Kurz darauf bezeugten sie erneut: Es gibt kein anderes Heil, keinen anderen Namen unter dem Himmel, durch den wir gerettet werden können als allein den Namen Jesus.
Dann wurden sie bedroht: „Schweigt doch mit diesem Wort!“ Doch sie konnten nicht schweigen. Die Welt wird verändert, wo dieses Wort der Wahrheit gepredigt wird.
Wir müssen uns noch einmal vergegenwärtigen, was die Kraft der Christen war. Ich wünschte mir, mein Tun wäre so überzeugend, dass alle Menschen kommen und sagen würden: „Du bist ein Heiliger.“ Aber es gelingt mir nicht. Und das Tun der Christen war auch immer anstößig. Zu allen Zeiten war es dem Gericht Gottes unterworfen. Das Tun der Christen hatte nie von sich aus Heilsbedeutung.
Alle unsere Taten, auch die besten, müssen noch durch das Gericht Gottes gehen. Auch das, was heute in der Kirche geschieht, muss von Gott gerichtet werden. Dabei ist viel, viel Sündiges dabei. Es ist falsch, wenn wir auf unser Tun bauen.
Doch in der römischen Verfolgung war die Kraft der Christen, dass sie das Wort der Wahrheit gepredigt haben. Diejenigen, die man den Löwen vorwarf oder auf Scheiterhaufen legte, bekannten es und beteten den Christus Gottes an.
Die Reformation und die Kraft des Wortes der Wahrheit
Was war denn die Reformation? War die Reformation eine Bewegung des Tuns? Im Mittelalter gab es sehr viel Bewegung des Tuns, doch das Tun an sich führt uns noch nicht zum Heil. Natürlich gehört das Tun zum Wort, aber das Tun allein hat keine Heilsbedeutung.
Das Wort der Wahrheit war es in der Reformation, und die größte Not unserer gegenwärtigen Christenheit ist doch sicher, dass man nicht mehr nach dem Wort der Wahrheit forscht und sucht. Das war die Kraft des einen Augustinermönchs Luther, dass er mit dem Wort der Wahrheit nach Worms zog.
Es mag sein, dass wir sehr unvollkommen sind mit unserem Leben und all unserem Tun, wenn wir anschauen, wer die Boten Gottes sind, was seine Jünger heute sind und wie die Christenheit und die Kirche sind. Aber wenn wir das Wort der Wahrheit haben, dann können wir das bezeugen, was in unserer Zeit nötig ist. Dann kann etwas Großes geschehen.
Dieses Wort soll nicht leer zurückkommen, es soll tun, wozu es gesandt ist. Das Große geschieht nun. Wo dieses Wort verkündigt wird, gelingt es plötzlich, die hart gepanzerten Herzen der Menschen zu sprengen. Das gelingt auch plötzlich im zwanzigsten Jahrhundert, dass Menschen frei werden von ihrer Selbstsucht, umgedreht und umgepolt werden, sodass sie Gott dienen können.
Plötzlich geschieht die größte Verwandlung durch das Wort der Wahrheit: Menschen werden frei von ihrer Selbstsucht, von ihrer Sucht, selber Lust zu haben. Sie bekommen plötzlich ihre Lust am Herrn und wollen ihm mit allem, was sie sind, dienen.
Wo dieses Wort der Wahrheit in uns Raum gewinnt, da kann es plötzlich Wurzeln schlagen. Da kann es uns umdrehen, und da kann es aus uns eine neue Kreatur, eine neue Schöpfung formen. Es kommt zum Tun nur durch das Wort der Wahrheit.
Beispiele für die Kraft des Wortes der Wahrheit
Warum wurde einst ein Zöllner, als er Jesus begegnete, ein verwandelter Mensch? Weil ihn das Wort der Wahrheit traf. Jesus hatte es geschafft, aus einer Dirne einen neuen Menschen zu machen. Wie hatte er ihr belastetes Charakterleben verändert? Durch das Wort der Wahrheit, durch die Begegnung mit dem Wort der Wahrheit allein.
Im Neuen Testament gibt es überhaupt keine anderen Wandlungen von Menschen, außer dass sie von Selbstsucht hin zum Dienen gelangen. Die Veränderung geschieht durch die Begegnung mit dem Wort der Wahrheit.
In unserer Zeit ist es so läppisch und naiv, wenn wir meinen, Christen müssten noch ein paar Appelle an die Welt richten: „Seid doch lieb und nett zueinander!“ Als ob die Menschen das nicht selbst wüssten. Sie wollen das doch. Haben sie es noch nie empfunden, wie traurig Menschen heute sind, wenn sie spüren, dass ihr Familienleben zerbricht? Wie sie an den Disharmonien leiden?
Und dann sagen wir ihnen, sie müssten eben nur wollen, sie müssten sich ein bisschen mehr bemühen. Stattdessen sollten wir ihnen das Wort der Wahrheit sagen: Dass allein vom Vater des Lichts die Grunderneuerung kommen kann. Der Vater des Lichts kann unseren sündigen Menschen heilen und uns zu neuen Menschen formen – in seiner Vergebung und indem er durch seinen Heiligen Geist in unserem Leben wohnen will.
Dann wird es wirklich neu.
Der Gegensatz zwischen Hören und Tun im Glaubensleben
Jetzt muss ich doch noch drittens auf den Gegensatz zwischen Hören und Tun eingehen. Warum gibt es diesen Gegensatz? Oft wird so getan, als hätten manche Menschen etwas gegen das Tun. Ich glaube aber, es gibt niemanden, der etwas dagegen hat, Gutes zu tun. Oder glauben Sie das etwa? Es gibt doch wirklich niemanden, der gegen das Tun ist. Das Tun selbst ist wichtig. Wer will nicht das Gute tun?
Ich frage mich, ob nicht jeder Mensch die Sehnsucht hat, Gutes zu tun. Nur sind viele Menschen so im Widerstreit mit sich selbst, dass sie es nicht schaffen – so wie wir ja auch.
Warum entsteht dann dieser Gegensatz zwischen Hören und Tun? Ich vermute, dass heute das Tun in unserem Reden zu einseitig überbewertet wird. Zum Beispiel wird offen gesagt, dass in unserem Gesangbuch so wenige Lieder vom Tun enthalten sind. Da gibt es viele Lieder vom Glauben, oft dogmatisch und schwer, aber kaum etwas vom Liebe üben.
Was wollen wir denn besingen? Wollen wir zum Gottesdienst zusammenkommen und singen, wie lieb wir sind, wie viel Gutes wir tun, wie freigebig wir sind und wie wir die Nöte der Welt heilen und den Hunger überall auf der Welt stillen?
Unsere Christenheit ist sehr müde geworden im Tun, und es geschieht nur sehr wenig. Auch bei den großen Geldern der Kirche geht nur ein Teil an die Armen. Das Tun wird klein geschrieben, obwohl viel darüber geredet wird.
Das Schlimme ist, dass man vom Tun reden und Appelle zum Tun machen kann. Jakobus empfiehlt eine Erneuerung und war selbst ein Praktiker. Er fordert, dass man zuerst schnell zum Hören bereit sein soll. Ein Christenleben soll vom Hören geprägt sein – mit großen Ohren, damit das Wort Gottes tief in uns eindringen kann. Und dann langsam zum Reden kommen.
Viel Schweigen, keine großen Worte darüber, was die anderen tun müssten oder was heute Not täte. Stattdessen soll man hören und das Wort in sich wirken lassen – auch im Zorn, auch im Ärger über andere Menschen und auch über das, was heute in der Welt getan werden sollte. Höre erst einmal dieses Wort!
Legt alle Unreinigkeit, Unsauberkeit und Bosheit ab und nehmt das Wort bereitwillig an, das in euch eingepflanzt ist und eure Seelen retten kann. Das sagt nicht Paulus, sondern Jakobus, der Praktiker, dem es sehr ums Tun geht.
Jakobus war ein Mann, dem es wichtig war, dass sich das Wort Gottes im Leben widerspiegelt. Er vergleicht das Wort mit einem Samenkorn, das ausgesät wird und in die Erde fällt. Dann braucht dieses Samenkorn Licht und Platz, damit es wachsen und groß werden kann.
Wo liegt die Schwierigkeit, dass dieses Wort bei uns nicht wächst, oft verhallt und zum einen Ohr hereingeht und zum anderen wieder herausgeht? Das liegt daran, dass es keinen Raum in unserem Leben findet. Unreinigkeit und Bosheit, unser Herz, unser Innerstes, unsere Selbstsucht – all das blockiert das Wort. Wir gehören uns selbst.
Jakobus sagt: Legt das ab und schafft die äußeren Bedingungen, damit das Wort in euer Herz hineingehen kann!
Abschluss: Die Kraft der Liebe Gottes und die Harmonie von Hören und Tun
Jetzt wünsche ich mir, dass sie heute etwas von der Liebe Gottes ahnen. Dass sie hören, wie Jesus sie liebhat, wie er in ihrem Leben etwas Neues schaffen will und wie er sein Licht in ihr Leben hineingeben möchte. So kann ihr ganzes Leben umgestaltet werden.
Natürlich muss das durchdringen, das geht dann weiter. Seid nun Täter des Wortes. Lasst es durchdringen, lasst eure Hände und eure Gedanken davon voll sein. Lasst das Wort Gottes reichlich unter euch wohnen. In aller Weisheit lehret und vermahnet euch selbst mit Psalmen und Lobgesängen. Macht, dass dieses Wort Gottes in euch umgeht, und dann wird es euch treiben und erfüllen.
Ich denke manchmal, der Teufel weiß in unseren Tagen genau, was er tut. Wie leicht gehen unseren jungen Leuten die Schlager ins Ohr. Man pfeift sie auf der Straße, das sind solche Ohrwürmer, die bekommt man gar nicht mehr aus dem Kopf.
Und wenn anstelle dieser Ohrwürmer die großen Loblieder Gottes in unserem Kopf wären, die uns nicht mehr aus dem Sinn gehen – zum Beispiel: Vergiss nicht, was er dir Gutes getan hat, dass er dir alle deine Sünden vergibt –, dann könnte unser träges Herz lieben. Dann könnten wir den Hass überwinden durch Vergeben. Dann könnten wir zurücktreten, und wir müssten nicht mehr um unser Recht kämpfen.
Dann wären wir geborgen, wenn das Wort Gottes uns treibt. Dann wären Hören und Tun zu einer wunderbaren Harmonie gekommen. Dann wären wir Täter des Wortes und nicht Hörer allein. Amen.
