Zum Inhalt

Das Magnificat

Jesu Leben und Lehre, Teil 28/652
24.03.2021Lukas 1,46-55
SERIE - Teil 28 / 652Jesu Leben und Lehre

Gott wird Mensch – Leben und Lehre des Mannes, der Retter und Richter ist, Weg, Wahrheit und Leben.

Episode 28: Das Magnifikat

Einführung in das Magnifikat und Marias Glaubensbeispiel

Gestern habe ich euch Maria als Vorbild im Glauben vorgestellt. Sie ist eine, die Gott folgt, egal wohin er sie führt. Zum Schluss habe ich gesagt, dass wir unser Ja zu seinem Weg mit uns und unsere Begeisterung, an seinem Reich mitarbeiten zu dürfen, nicht verlieren dürfen.

Diese Begeisterung im Leben Marias wollen wir uns heute genauer anschauen. Der Text in Lukas 1,46-55 ist ein Lobgesang. Weil er im Lateinischen mit dem Wort Magnificat beginnt, nennt man diesen Lobgesang auch das Magnificat.

Was beim Lesen des Magnificat auffällt, ist sein Mangel an Individualität. Es ist im Grunde nur eine Aneinanderreihung von Bibelzitaten, ein Mosaik aus frei formulierten alttestamentlichen Bibelstellen. Es enthält keine wirklich neuen Gedanken, sondern genau das, was man bei einer gläubigen, tief in den religiösen Traditionen verwurzelten jungen Frau erwarten würde.

Das Ganze klingt fast ein wenig zu fromm. Doch genau diese Übertriebenheit findet man bis heute bei Jungbekehrten, die ihrer neugefundenen Spiritualität mit Worten Ausdruck verleihen, die vor heiligen Phrasen und Bibelversen nur so strotzen.

Marias Lobpreis und ihr Selbstverständnis

 Lukas 1,46-47: Maria sprach: „Meine Seele erhebt den Herrn, und mein Geist jubelt über Gott, meinen Retter.“

Halten wir kurz fest: Maria war nicht sündlos. Auch sie brauchte einen Retter, wie wir alle. Warum jubelt ihr Geist über ihren Rettergott?

 Lukas 1,48: „Denn er hat auf die Niedrigkeit seiner Magd hingeblickt. Siehe, von nun an werden mich alle Geschlechter glücklich preisen, denn Großes hat der Mächtige an mir getan. Heilig ist sein Name, und seine Barmherzigkeit währt von Geschlecht zu Geschlecht über die, welche ihn fürchten.

Er hat Macht ausgeübt mit seinem Arm. Er hat zerstreut, die in der Gesinnung ihres Herzens hochmütig sind. Mächtige hat er von Thronen gestoßen und Niedrige erhöht. Hungrige hat er mit Gütern erfüllt und Reiche leer fortgeschickt.

Er hat sich Israels, seines Knechtes, angenommen, um der Barmherzigkeit zu gedenken, wie er zu unseren Vätern gesprochen hat, gegenüber Abraham und seinen Nachkommen in Ewigkeit.“

Maria beginnt mit einem Blick auf sich selbst, auf ihre Niedrigkeit und auf das Große, das Gott an ihr getan hat.

Der große Gott, dessen Name heilig ist, der barmherzig zu den Gottesfürchtigen ist und ein Richter der Hochmütigen. Der Gott, der sich der Niedrigen und Hungrigen annimmt, während er die Mächtigen und Reichen verwirft.

Der Gott, der sich Israels wieder annimmt, weil er es den Vätern versprochen hat.

Parallelen zum Lobpreis der Hanna im Alten Testament

Sucht man diesen Gedankengang im Alten Testament, findet man in der Bibel eine Frau, die ganz ähnlich spricht: Hanna. Ich möchte euch den Lobpreis der Hanna aus 1. Samuel 2,1-10 vorlesen. Dabei solltet ihr besonders auf das Thema achten, das Maria ins Zentrum stellt. Gemeint ist das Thema „Gott erhöht die Niedrigen und richtet die Hochmütigen“.

Hören wir den Lobpreis der Hanna aus 1. Samuel 2,1-10:

„Und Hanna betete und sprach: Mein Herz jauchzt in dem Herrn, mein Horn ist erhöht in dem Herrn. Mein Mund hat sich weit aufgetan gegen meine Feinde, denn ich freue mich über deine Rettung. Ja, wenn ihr Maria noch im Ohr habt, dann hört ihr förmlich die Parallele: Jubel über einen Gott, der mich rettet.

Keiner ist heilig wie der Herr, denn außer dir ist keiner, und kein Fels ist wie unser Gott. Häuft nicht Worte des Stolzes, noch gehe Freches aus eurem Mund hervor, denn der Herr ist ein Gott des Wissens, und von ihm werden die Taten gewogen.

Der Bogen der Helden ist zerbrochen, und die Stürzenden haben sich mit Kraft umgürtet. Die Sattwaren müssen um Brot dienen, und die Hungerlitten brauchen es nicht mehr. Sogar die Unfruchtbare hat sieben geboren, und die viele Kinder hatte, welkt dahin.

Der Herr tötet und macht lebendig. Er führt in den Scheol hinab und wieder herauf. Der Herr macht arm und macht reich. Er erniedrigt und erhöht. Er erhebt den Geringen aus dem Staub empor, aus dem Schmutz erhöht er den Armen, um ihn sitzen zu lassen bei Edlen.

Und den Thron der Ehre lässt er sie erben, denn dem Herrn gehören die Säulen der Erde, und auf sie hat er den Erdkreis gestellt. Die Füße seiner Getreuen behütet er, aber die Gottlosen kommen um in Finsternis.

Denn niemand ist stark durch eigene Kraft. Die mit dem Herrn Rechten werden niedergeschlagen werden, und im Himmel wird er über ihnen donnern. Der Herr wird richten die Enden der Erde, er wird seinem König Macht verleihen und erhöhen das Horn seines Gesalbten.“

Vielleicht müsst ihr den Text noch einmal in Ruhe lesen, aber Maria ist gedanklich ganz eng an Hanna gebunden. Es sind andere Worte, aber sehr ähnliche Gedanken.

Gott ist ein Gott, der sich den Schwachen zuwendet und ihnen eine Zukunft verspricht. Die Stürzenden bekommen Kraft, die Hungrigen werden satt, die Unfruchtbare wird schwanger, die Toten werden lebendig. Die Armen werden reich, und die Geringen sitzen auf dem Thron.

Gott weiß, das Schicksal eines Menschen zu wenden. Wer gegen ihn ist, hat keine Chance. Warum nicht? Weil Gott der Fels ist – ich mag diesen Gottesnamen. Denn Gott ist der Fels, und das lesen wir in Vers 10: Er wird seinem König Macht verleihen. Er wird das Horn, das heißt den Einfluss und die Macht seines Gesalbten erhöhen.

Und dieses Wort Gesalbter kennen wir in seiner hebräischen Form als Messias oder in seiner lateinischen Form als Christus. Er wird das Horn seines Gesalbten erhöhen.

Hier wird der zukünftige Messias mit der Idee der Königsherrschaft verbunden. Also dieselbe Idee, die auch der Engel Gabriel formuliert hat: Das Kind, das von Maria geboren werden sollte, wird ein König sein, der in Ewigkeit herrschen wird.

Es ist also kein Wunder, dass der Lobpreis der Hanna und das Magnifikat der Maria dieselben Ideen transportieren.

Gottes Erwählung von Randfiguren und die Bedeutung von Samuel und Jesus

Hier sind zwei Frauen, die eigentlich nur Nebenfiguren sind, sozusagen Statisten. Doch Gott – genau der Gott, der ein Herz für Schmuddelkinder und Randfiguren hat – benutzt sie, um den Weg für seinen König zu bereiten.

Hannas Sohn Samuel wird zunächst Saul und dann David zum König salben. Marias Sohn, Jesus, wird als der Letzte und Größte, als der ewige König, den Thron seines Vorfahren David besteigen. Er wird ein Königtum errichten, das kein Ende haben und bis in die Ewigkeit hineinreichen wird.

Marias Selbstbild als Magd Gottes und die Haltung der Demut

Werfen wir einen Blick auf das Magnifikat in Lukas 1, Verse 46-48:

„Und mein Geist hat gejubelt über Gott, meinen Retter, denn er hat hingeblickt auf die Niedrigkeit seiner Magd. Denn siehe, von nun an werden mich glückselig preisen alle Geschlechter.“

Wie denkt Maria über sich selbst? Sie beschreibt sich als „Magd“ oder „Sklavin Gottes“. Das ist ein sehr schöner Gedanke. Es ist das Gegenteil von Hochmut und eingebildet sein, wenn man sich selbst als Dienerin Gottes sieht.

Wie wichtig diese Sichtweise ist – also wie wir uns selbst wahrnehmen – wird später im Lukasevangelium deutlich, wenn Jesus selbst diesen Gedanken formuliert.

Die Haltung der „unnützen Sklaven“ im Lukas-Evangelium

 Lukas 17,7-10

Wer von euch, der einen Sklaven hat, der pflügt oder hütet, wird zu ihm sagen, wenn er vom Feld hereinkommt: „Komm und leg dich sogleich zu Tisch!“? Antwortet niemand. Ein Sklave hat keinen Achtstundentag, keine Gewerkschaft, kein Recht auf Mindestlohn, und Lohnfortzahlung im Krankheitsfall gibt es auch nicht.

Wird der Herr nicht vielmehr zu ihm sagen: „Richte zu, was ich zu Abend essen soll, und gürte dich und diene mir, bis ich gegessen und getrunken habe; danach sollst auch du essen und trinken“? Ja, genau das wird passieren. Der Sklave arbeitet, bis es keine Arbeit mehr gibt.

Dankt der Herr dem Sklaven dafür, dass er das Befohlene getan hat? Ich meine nicht.

Und jetzt, in Vers zehn, kommt die Übertragung auf uns: So sprecht auch ihr, wenn ihr alles getan habt, was euch befohlen ist: Wir sind unnütze Sklaven. Wir haben getan, was wir zu tun schuldig waren.

Das ist die Haltung eines Christen, der alles getan hat, was ihm aufgetragen war. Wir sind unnütze Sklaven; wir haben getan, was wir zu tun schuldig waren.

Ein schöner Gedanke, oder? Statt mit dem anzugeben, was wir erreicht haben, mit unserem vollen Einsatz und unserer hundertprozentigen Hingabe, sagen wir einfach: Wir haben getan, was wir zu tun schuldig waren.

Lass uns ein wenig vorsichtig sein, wenn unser Leben gelingt, wir geistlich gut unterwegs sind, unser Dienst gefeiert wird oder Gott uns auf spektakuläre Weise gebraucht. Ein bisschen von der Haltung einer Maria tut uns in unserem Leben jeden Tag gut.

Wir sind nur Mägde und Knechte, unnütze Sklaven Gottes.

Abschluss und Ausblick

Was könntest du jetzt tun? Du könntest 1. Samuel 1,1 bis 2,11 lesen, um die Person der Hanna besser kennenzulernen.

Das war's für heute? Noch ein Hinweis: Ich werde jedes Jahr zwölf Urlaubswochen einstreuen. In diesen Wochen gibt es eine Predigt, die auf fünf Episoden aufgeteilt ist – quasi ein Oldie.

Der Herr segne dich. Erfahre seine Gnade und lebe in seinem Frieden. Amen.

Vielen Dank an Jürgen Fischer, dass wir seine Ressourcen hier zur Verfügung stellen dürfen!

Seine App "Frogwords" gibt's für Android und iOS.

Jürgens aktuellste Gebets-Infos gibt's hier zum Lesen und Abonnieren.