Mit Schwäche leben – Fünf Impulse aus dem Wort Gottes
Theologie, die dich im Glauben wachsen lässt, Nachfolge praktisch – dein geistlicher Impuls für den Tag. Mein Name ist Jürgen Fischer, und heute geht es um Schwäche, weil Gott sich offenbaren will.
In gewisser Weise ist die heutige Episode inhaltlich eine Fortsetzung der gestrigen. Gestern ging es darum, dass Gott mir Schwäche zumutet, weil er mich stark machen will. Das klingt paradox, ist aber eine dieser geistlichen Eigentümlichkeiten, die Gott all denen zumutet, die sich der Realität nähern.
Die paradoxe Kraft der Schwäche
Der in Gott Schwache ist der Starke. Fairerweise muss man sagen, dass dies nur dann gilt, wenn er die Schwäche aus Gottes Hand annimmt und feiert.
Natürlich kann mich meine Schwäche auch irreführen, nämlich dann, wenn sie mich ins Murren, in die Isolation oder in eine sündige Protesthaltung treibt. Alle drei Reaktionen wären falsch: Rückzug von Gott, Rückzug aus der Gemeinschaft oder Rückzug vom Gehorsam. Das sind sehr gefährliche Reaktionen auf Schwäche.
Deshalb möchte ich uns zuerst noch einmal Paulus zeigen, der Schwäche feiert.
In 2. Korinther 11,30 heißt es: „Wenn gerühmt werden muss, so will ich mich der Zeichen meiner Schwachheit rühmen.“ Kaum hat er das geschrieben, erzählt er eine Geschichte, wie er aus Damaskus heimlich fliehen musste. Damit wir verstehen, was er meint.
Später lesen wir in 2. Korinther 12,10: „Deshalb habe ich Wohlgefallen an Schwachheiten, an Misshandlungen, an Nöten, an Verfolgungen, an Ängsten um Christi willen. Denn wenn ich schwach bin, dann bin ich stark.“
Das ist der intelligenteste Umgang mit Schwachheiten und Nöten, die Gott uns zumutet. Freue dich daran! Freue dich daran, weil Gott weiß, dass deine Schwäche die Voraussetzung für seine Stärke ist. Und wenn du richtig schwach bist, dann kann dich keiner aufhalten.
Gottes Kraft in unserer Schwäche
Jürgen, willst du damit sagen, dass die Momente, die mir besonders übel vorkommen – weil ich vielleicht Migräne habe oder mich um Geschwister sorge, die seit der Corona-Krise nicht mehr zum Gottesdienst kommen – dass ich in solchen Momenten besonders stark bin?
Meine Antwort wäre: Nein, das wollte ich nicht sagen. Du bist nicht stark, aber Gott ist stark in dir.
Ein Beispiel: Gestern bin ich mit einer leichten Bewusstseinstrübung aufgewacht. Das habe ich manchmal, und dann stehe ich schon mal für einen halben Tag etwas neben mir. Als ich mittags im Wald beten gegangen bin, hatte ich immer noch leichte Konzentrationsschwierigkeiten. Das ist uncool, wenn man einen Podcast schreiben will. Und doch ist es eine Chance für Gott, durch mich hindurch zu wirken.
Es ist seine Kraft, die in Schwachheit zur Vollendung kommt. Und zwar dann, wenn ich glaube, dass er da ist, dass er keinen Fehler macht, dass er alles in seiner Hand hält.
Dass meine schwachen Tage – obwohl sie sich super mies anfühlen, mich megamäßig nerven und auf den ersten Blick nicht gefallen wollen – womöglich meine stärksten sind. Meine stärksten sind sie, weil ich Gott am wenigsten im Wege stehe, wie gesagt, wenn ich mein Vertrauen auf Gott setze und meine Schwäche feiern kann.
Schwäche als Offenbarung Gottes
Und Gott beschenkt uns nicht nur mit Schwäche, weil er uns seine Kraft schenken möchte, sondern auch, weil er sich offenbaren will.
Lasst mich dieses Thema anhand von zwei Beispielen erläutern. Beispiel eins:
Beispiel 1: Gottes Offenbarung in Hiobs Schwäche
Gott offenbart sich mir in der Schwäche. Wenn es ums Schwachsein geht, ist Hiob ein Beispiel für jemanden, der viel durchgemacht hat. Er verliert seinen Wohlstand, seine Kinder und seine Gesundheit. Was ihm bleibt, verschlimmert seinen Zustand noch: Seine Frau und seine Freunde. Sie machen die Situation schlimmer, weil sie ihn auffordern, Gott zu verfluchen, beziehungsweise ihm Sünde unterstellen, die er gar nicht begangen hat.
Hiob wird beschimpft, fühlt sich im Unrecht, verliert seine Hoffnung, seine Ehre und den Respekt seiner Angestellten. Er magert ab, stinkt, sitzt in der Asche und schabt mit einer Tonscherbe an seinen Geschwüren. Mehr Schwäche geht kaum. Und doch geschieht im Buch Hiob ein Wunder. Ich nenne es so: Gott offenbart sich durch die Schwäche Hiob auf eine ganz neue Weise.
Am Ende kann er sagen (Hiob 42,1-6):
Hiob antwortete dem Herrn und sagte:
„Ich habe erkannt, dass du alles vermagst und kein Plan für dich unausführbar ist. Wer ist es, der den Ratschluss verhüllt ohne Erkenntnis? So habe ich denn meine Meinung mitgeteilt und verstand doch nichts – Dinge, die zu wunderbar für mich sind und die ich nicht kannte. Höre doch, und ich will reden; ich will dich fragen, und du sollst es mich wissen lassen. Vom Hörensagen hatte ich von dir gehört, jetzt aber hat mein Auge dich gesehen, darum verwerfe ich mein Geschwätz und bereue in Staub und Asche.“
„Vom Hörensagen hatte ich von dir gehört, jetzt aber hat mein Auge dich gesehen.“ Achtung, Bildsprache! Übersetzt heißt das: Ich kannte dich nur ein wenig, aber jetzt habe ich dich viel besser kennengelernt. Das sagt übrigens der gottesfürchtigste und heiligste Mann seiner Zeit.
In der Zeit der Schwäche offenbart sich Gott ihm auf eine ganz neue Weise. Das ist, was Schwäche bewirkt. Sie zeigt mir Gott in seiner Souveränität. Sie zwingt mich, eine Entscheidung zu treffen: Wem vertraue ich? Wenn ich es wage, Gott trotz aller Widrigkeiten zu vertrauen, wird Gott selbst aus dem Sturm meines Lebens zu mir sprechen. Darauf kommt es an: dass ich seine Stimme höre.
Gott erkennen hat viel damit zu tun, seine Stimme in den dunkelsten und schwächsten Stunden meines Lebens zu hören. Lasst uns das bloß nicht vergessen. Gott wird sich mir in seiner Liebe, Souveränität und Heiligkeit womöglich nie gründlicher offenbaren als mitten im Schmerz.
Das war mein erstes Beispiel: Gott offenbart sich mir in der Schwäche. Beispiel Nummer zwei folgt.
Beispiel 2: Gottes Offenbarung durch meine Schwäche in der Welt
Gott offenbart sich der Welt durch meine Schwäche – ein klein wenig Drama.
Johannes 9,1-3: Als Jesus vorüberging, sah er einen Menschen, der von Geburt an blind war. Seine Jünger fragten ihn: „Rabbi, wer hat gesündigt, dieser oder seine Eltern, dass er blind geboren wurde?“ Jesus antwortete: „Weder dieser hat gesündigt noch seine Eltern, sondern damit die Werke Gottes an ihm offenbart werden.“
Blind geboren zu sein, ist Schwäche pur. Aber warum? Damit die Werke Gottes an ihm offenbart werden.
In unserer Geschichte dreht sich, wenn wir weiterlesen, alles um die Heilung des Blinden und wie er zu einem Botschafter Jesu an die Juden wird. Ich möchte das Prinzip dahinter gern etwas verallgemeinern.
Ich würde es so sagen: Wenn ich meine Schwäche im Sinne Jesu annehme, werde ich zu einem Zeugnis für eine Welt, in der Schwachsein völlig normal ist.
Der Blinde in Johannes 9 bekommt den Auftrag, sich im Teich Siloah zu waschen. Er tut es und wird sehend. Damit wird er zum Botschafter.
Ich weiß nicht genau, was Gott uns mitgibt, wie wir mit unserer Schwäche umgehen sollen. Aber eines weiß ich: Er will sich in dieser Welt offenbaren. Und meine Schwäche ist dafür definitiv ein guter Ausgangspunkt.
Einfach deshalb, weil Menschen an mir, in meiner Schwachheit, den Gott erleben können, der in mir lebt, der mich begeistert und der mich stärkt.
Praktische Anregung zum Umgang mit Schwäche
Was könntest du jetzt tun? Du könntest dir überlegen, ob du manchmal auf falsche Weise mit Schwäche umgehst. Wie sieht es zum Beispiel mit Murren, Rückzug aus der Gemeinschaft oder bewusster Sünde aus?
Das war's für heute.
Ein seelsorgerlicher Tipp: Mach eine Liste mit Schwachheiten in deinem Leben und fang an, Gott für jede einzelne zu danken.
Der Herr segne dich, erfahre seine Gnade und lebe in seinem Frieden. Amen.