Gott wird Mensch: Leben und Lehre des Mannes, der Retter und Richter, Weg, Wahrheit und Leben ist.
Episode 422: Jesu Brüder haben einen Vorschlag.
Einführung in die chronologische Betrachtung der Evangelien
In diesem Podcast gehe ich chronologisch-synoptisch durch die Evangelien. Chronologisch bedeutet, dass ich versuche, die zeitliche Reihenfolge der Ereignisse einzuhalten. Synoptisch heißt, dass ich dieselben Ereignisse, wenn sie in unterschiedlichen Evangelien vorkommen, zusammen betrachte.
Um das Rad nicht neu zu erfinden, orientiere ich mich dabei an der Jesuschronik von Karlheinz van Heyden. Für seine wertvolle Arbeit danke ich ihm einmal mehr.
Die Situation vor dem Laubhüttenfest
Johannes Kapitel 7, Verse 1 und 2:
Danach zog Jesus in Galiläa umher, denn er wollte nicht in Judäa umherziehen, weil die Juden ihn zu töten suchten.
Es war aber nahe das Fest der Juden, das Laubhüttenfest. Das Laubhüttenfest war eine Art jüdisches Erntedankfest. Es fand im September oder Oktober statt und dauerte acht Tage, während denen Feierlichkeiten in Jerusalem stattfanden.
Das Laubhüttenfest hat seinen Namen von dem Brauch, in dieser Zeit in Laubhütten zu übernachten. Es ist also eine Art Campingurlaub.
Im Frühjahr wurde das Passah gefeiert, im Herbst das Laubhüttenfest. Dieses Fest sollte bald stattfinden.
Der Vorschlag der Brüder Jesu
Johannes 7,3-4: Es sprachen nun seine Brüder zu ihm: „Zieh von hier fort und geh nach Judäa, damit auch deine Jünger deine Werke sehen, die du tust. Denn niemand tut etwas im Verborgenen und sucht dabei selbst öffentlich bekannt zu sein. Wenn du diese Dinge tust, so zeige dich der Welt.“
Jesus war kein Einzelkind. Maria und Joseph hatten auch gemeinsame Kinder, darunter vier Halbbrüder: Jakobus, Joseph, der auch Joses genannt wird, Simon und Judas. Diese Brüder geben ihrem älteren Bruder nun einen Rat. Eigentlich übernehmen sie die Rolle von PR-Agenten.
Mit anderen Worten sagen sie: „Wenn du, Bruderherz, bekannt werden willst – und davon gehen wir mal aus –, dann musst du dorthin gehen, wo jetzt die Leute sind, damit die ganze Welt, gerade auch deine Jünger, deine Wunder sehen.“
Das klingt zunächst aufrichtig besorgt, ist aber leider kein Ausdruck von Glauben.
Zweifel und fehlender Glaube der Brüder
Johannes 7,5: Denn auch seine Brüder glaubten nicht an ihn.
Ihr Ratschlag entbehrt natürlich nicht einer gewissen Klugheit, aber sie verstehen überhaupt nicht, worum es Jesus geht. Es geht ihm nicht um Popularität. Wenn er diese hätte haben wollen, dann hätte er sich nach dem Wunder mit der Brot- und Fischvermehrung in Johannes 6 einfach zum König machen lassen können.
Seine Brüder denken, er wolle öffentlich bekannt werden – das ist ganz falsch. Jesus will viel mehr. Er möchte nicht nur als wunderwirkender Rabbi von den Massen gefeiert werden. Er will, dass sie ihn als den erfassen, dem sie vertrauen müssen.
Ihr Bruder ist nicht nur gut für ein paar Wunder, er ist gut fürs ewige Leben. Aber genau diesen Glauben hatten nicht einmal die leiblichen Brüder Jesu. Und wenn ich die Brüder richtig verstehe, dann waren sie sich nicht einmal sicher, wie viel Glauben die Jünger Jesu hatten.
Man kann sie verstehen, oder?
Jesu Antwort auf den Vorschlag seiner Brüder
Johannes Kapitel 7, Verse 6 und 7:
Da spricht Jesus zu ihnen: „Meine Zeit ist noch nicht da, eure Zeit aber ist stets bereit. Die Welt kann euch nicht hassen, mich aber hasst sie, weil ich von ihr zeuge, dass ihre Werke böse sind.“
Jesus meinte damit, dass seine Zeit noch nicht gekommen sei, um zum Fest zu gehen. Andererseits wollte er auch noch nicht in Jerusalem so auftreten, wie es sich seine Brüder wünschten. Kurz vor Karfreitag würde Jesus mit viel öffentlicher Aufmerksamkeit in Jerusalem einziehen. An diesem Tag würde alles genau so ablaufen, wie seine Brüder es sich vorstellten – mit viel Tamtam. Dann würde ihr Bruder tatsächlich alle Aufmerksamkeit in Jerusalem auf sich ziehen. Doch zu diesem Zeitpunkt war die Zeit dafür noch nicht gekommen.
„Eure Zeit aber ist stets bereit“, sagt Jesus weiter. Seine Brüder mussten sich keine Gedanken um solche Fragen machen, mit denen Jesus sich beschäftigte. Für sie gab es keine passenden oder unpassenden Zeiten, sondern einfach nur Urlaub – Urlaub in Jerusalem. Der Grund dafür liegt auf der Hand: „Die Welt kann euch nicht hassen.“ Sie waren so sehr Teil des Systems, dass sie nicht aneckten.
Bei Jesus war das anders. Deshalb sagt er: „Mich aber hasst sie.“ Warum? Weil Jesus derjenige ist, der die bösen Werke aufdeckt. „Mich aber hasst sie, weil ich von ihr zeuge, dass ihre Werke böse sind.“
Warum wollen Menschen nichts mit Jesus zu tun haben? Vor allem deshalb, weil er ihnen zeigt, was in ihrem Leben nicht stimmt. Das ist ein Punkt, den Menschen nur schwer vertragen, wenn man ihnen vor Augen hält, dass sie nicht zu den Guten gehören.
Jesu Entscheidung, vorerst in Galiläa zu bleiben
Johannes Kapitel 7,8:
„Geht ihr hinauf zu diesem Fest, ich gehe nicht hinauf zu diesem Fest, denn meine Zeit ist noch nicht erfüllt.“
Man muss hier verstehen, dass Johannes manchmal kryptisch und kurz formuliert. Wenn es hier heißt „denn meine Zeit ist noch nicht erfüllt“, dann meint Jesus, dass seine Zeit noch nicht gekommen ist, um auf die Weise, die seine Brüder vorgeschlagen haben, nach Jerusalem zu gehen. Damit ist gemeint, öffentlich und mit dem Ziel, möglichst viel Aufmerksamkeit zu erregen, nach Jerusalem zu reisen.
Für diesen Zeitpunkt war die Zeit noch nicht reif, noch nicht erfüllt. Die Brüder können ruhig nach Jerusalem gehen, aber Jesus bleibt vorerst in Galiläa. Jedenfalls noch für eine Weile.
Johannes Kapitel 7,9:
„Nachdem er dies gesagt hatte, blieb er selbst in Galiläa.“
Reflexion über das eigene Verhalten im Glauben
Lasst mich diesen Text heute nutzen, um kurz auf ein Thema einzugehen, das vielen aktiven Christen nur zu gut bekannt ist. Wir laufen nämlich oft Gefahr, uns wie die Brüder Jesu zu verhalten.
Was meine ich damit? Ein mir persönlich nur zu gut bekanntes Beispiel: Ich bin für Gott unterwegs, arbeite an einem geistlichen Projekt, bete viel dafür und setze mich intensiv dafür ein. Während ich mich mit dem Projekt beschäftige, entsteht in meinem Kopf eine klare Vorstellung davon, wie sich dieses Projekt entwickeln soll.
Das Projekt, das ich im Auftrag Gottes tue, wird mit der Zeit immer mehr zu meinem Projekt. Und ohne dass ich es bewusst will, habe ich eine ziemlich genaue Vorstellung davon, wie sich mein Projekt entfalten soll. Ich weiß, was für mein Projekt gut ist. Oft kann ich mir dann gar nicht vorstellen, dass Gott es anders sehen könnte.
Denn mein Projekt ist ja für sein Reich, und wenn ich schon bete und ein Gottesreich baue, dann ist mir Gottes Unterstützung doch sicher, oder? Ja, die Unterstützung ist da. Aber gleichzeitig läuft es eben nicht nach meinem Kopf.
Nur weil ich etwas für logisch, wünschenswert oder folgerichtig halte, heißt das noch lange nicht, dass Gott es genauso sieht. Deshalb tun wir gerade als aktive Christen gut daran, zwei Bibelverse nicht aus dem Blick zu verlieren.
Gottes Wege sind höher als unsere Gedanken
Da ist zum einen Jesaja 55,9: „Denn so viel der Himmel höher ist als die Erde, so sind meine Wege höher als eure Wege und meine Gedanken als eure Gedanken.“ Das ist, was Gott sagt.
Dann gibt es noch Prediger 8,17: „Da sah ich am Ganzen des Werkes Gottes, dass der Mensch das Werk nicht ergründen kann, das unter der Sonne geschieht. Wie sehr der Mensch sich auch abmüht, es zu erforschen, so ergründet er es nicht. Und selbst wenn der Weise behauptet, es zu erkennen, er kann es doch nicht ergründen.“
Lasst uns dafür sorgen, dass in unserem Denken Gott immer Gott bleibt und wir unsere Ideen stets als das betrachten, was sie sind – eben nur unsere Ideen.
Einladung zur persönlichen Reflexion und Abschluss
Was könntest du jetzt tun? Überlege einmal, an welchen Stellen Gott dich enttäuscht hat, weil er sich nicht deinen Vorstellungen vom Leben beugen wollte.
Das war es für heute. Wenn du möchtest, kannst du die App oder den Podcast bewerten – natürlich nur, wenn du ihn gut findest.
Der Herr segne dich, lasse dich seine Gnade erfahren und lebe in seinem Frieden. Amen.