
Studienreihe über biblische Lehren von Doktor Martin Lloyd-Jones
Band zwei: Gott der Sohn
Kapitel zwei: Das Ebenbild Gottes im Menschen
Nachdem wir die Erschaffung des Menschen, seine Natur und einige sich daraus ergebende Fragestellungen betrachtet haben, wenden wir uns nun den großen Fragen zu. Dabei geht es darum, was damit gemeint ist, dass der Mensch nach dem Ebenbild und der Ähnlichkeit Gottes erschaffen worden ist.
Ich möchte Ihnen eine Reihe von Versen nennen, die dieses Thema behandeln. Zuallererst natürlich die Verse in 1. Mose 1,26-27:
„Und Gott sprach: Lasst uns Menschen machen in unserem Bild, uns ähnlich. Sie sollen herrschen über die Fische des Meeres und über die Vögel des Himmels und über das Vieh und über die ganze Erde und über alle kriechenden Tiere, die auf der Erde kriechen. Und Gott schuf den Menschen nach seinem Bild, nach dem Bild Gottes schuf er ihn, als Mann und Frau schuf er sie.“
Als nächstes zwei Verse aus 1. Mose 5,1-3:
„Das ist das Buch der Geschlechterfolge Adams. An dem Tag, an dem Gott Adam schuf, machte er ihn Gott ähnlich. Und Adam lebte hundertdreißig Jahre und zeugte einen Sohn, ihm ähnlich, nach seinem Bild, und gab ihm den Namen Seth.“
Dann haben wir noch 1. Mose 9,6:
„Wer Menschenblut vergießt, dessen Blut soll durch Menschen vergossen werden, denn nach dem Bilde Gottes hat er den Menschen gemacht.“
Eine weitere wichtige Erwähnung finden wir in Jakobus 3,9. Hier bezieht sich Jakobus auf die Zunge, ein kleines Glied. Mit ihr preisen wir den Herrn und Vater, und mit ihr fluchen wir den Menschen, die nach dem Bild Gottes geschaffen worden sind. Hier wird noch einmal dieselbe Vorstellung betont.
Zwei weitere Belegstellen sind auf jeden Fall sehr wichtig. Zum einen Epheser 4,24:
„Ihr habt den neuen Menschen angezogen, der nach Gott geschaffen ist, in wahrhafter Gerechtigkeit und Heiligkeit.“
Und die dazu parallele Aussage in Kolosser 3,10:
„Ihr habt den neuen Menschen angezogen, der erneuert wird zur Erkenntnis nach dem Bild dessen, der ihn erschaffen hat.“
Nun mögen Sie sich fragen, warum ich Ihnen das Zitat aus Jakobus vor den beiden aus dem Epheser- und dem Kolosserbrief gegeben habe. Mein Grund dafür ist, dass die letzten beiden Verse sich auf den ‚neuen Menschen‘ beziehen, während die vorherigen Zitate dem Menschen gelten, der nicht wiedergeboren ist. Ich werde Ihnen später erklären, warum es wichtig ist, diese Unterscheidung vorzunehmen.
Dennoch ist es im Lichte dieser Bibelzitate – und es gibt noch weitere, auf die ich später noch eingehen werde – unsere Pflicht, uns mit der Frage auseinanderzusetzen, was die Bibel meint, wenn sie sagt, dass wir im Ebenbild Gottes und ihm ähnlich geschaffen sind.
Schon von den ersten Anfängen der Gemeinde an wurde über dieses Thema nachgedacht. Im Laufe der Jahrhunderte wurden viele Argumente dazu ausgetauscht, besonders während der protestantischen Reformation. Die reformierte Lehre vom Ebenbild Gottes unterscheidet sich nämlich deutlich von der römisch-katholischen. Wer sich an dieser Kontroverse beteiligen möchte, tut gut daran, sich auf diesen speziellen Punkt zu konzentrieren. Zusätzlich zu ihren Praktiken ist dies die Lehre der römisch-katholischen Kirche, der wir am stärksten widersprechen sollten. Aus diesen Gründen gehörte diese Lehre auch zu den wichtigsten Themen zur Zeit der Reformation. Und daran hat sich bis heute eigentlich nichts geändert.
Ich möchte eingangs sagen, dass dieses Thema sehr anspruchsvoll und schwierig ist. An manchen Stellen werden wir wohl keine endgültigen Antworten finden. Doch das ist ähnlich wie bei anderen Lehren, mit denen wir uns beschäftigt haben. Es ist unsere Pflicht, so weit zu gehen, wie wir können, ohne dogmatisch zu werden, wenn wir nicht dazu in der Lage sind.
Wir können jedoch bestimmte Dinge mit Gewissheit sagen. Erstens besteht allgemeine Übereinstimmung darüber, dass es keinen wirklichen Unterschied zwischen den Begriffen „Ebenbild“ und „Ähnlichkeit“ gibt. Beide Begriffe werden in 1. Mose 1,26 verwendet: „Lasst uns Menschen machen in unserem Bild, uns ähnlich.“ Wenn man die Belegstellen durchgeht, stellt man fest, dass die beiden Begriffe oft austauschbar gebraucht werden – manchmal „Ebenbild“, manchmal „Ähnlichkeit“ – und doch dasselbe bedeuten. Das hängt offensichtlich mit der Betonung zusammen und auch damit, die Bedeutung dieses Themas hervorzuheben.
Die Größe des Menschen ist vielleicht der entscheidende Grund, warum wir uns überhaupt mit dieser Lehre beschäftigen. Ich werde niemals müde, darauf hinzuweisen, dass für mich heute nichts tragischer ist, als dass der Mensch seine Größe nicht mehr erkennt. Das mag in einer Zeit, in der der Mensch den Menschen anbetet, seltsam erscheinen. Aber was er anbetet, ist des biblischen Konzepts völlig unwürdig.
Das eigentliche Problem in der heutigen Welt ist, dass der Mensch nicht weiß, wer er ist und was er ist. Er erkennt seine eigene Größe nicht. Aus biblischer Sicht ist beispielsweise die Evolutionstheorie eine absolute Beleidigung des Menschen. In Gottes Verständnis und Vorstellung ist der Mensch großartig und herrlich.
Der Begriff „Ebenbild“ oder „Ähnlichkeit“ vermittelt uns die Vorstellung von einem Spiegel und einem Widerschein. Paulus gebraucht ihn in diesem Sinn in 2. Korinther 3,18, wo er sagt: „Wir alle aber schauen mit aufgedecktem Angesicht die Herrlichkeit des Herrn an und werden so verwandelt in dasselbe Bild von Herrlichkeit zu Herrlichkeit, wie es vom Herrn, dem Geist, geschieht.“ In einem Lied drückt Charles Wesley es so aus: „Von Herrlichkeit zu Herrlichkeit verwandelt, bis wir im Himmel unseren Platz einnehmen.“
Paulus sagt, wir alle können in Christus auf ihn schauen – ohne die Decke, die das Gesicht Mose bedeckte, eine Decke, die die Juden noch immer daran hindert, dies zu begreifen. Wir aber, mit unbedecktem, offenem Gesicht, sind fähig, ihn zu sehen. Und wenn wir dies tun, wird sozusagen Gottes Ebenbild in uns gestaltet und wieder reflektiert. Wenn wir weiter auf ihn schauen, wird das Ebenbild immer herrlicher.
Das ist das Konzept des Ebenbildes: Wenn wir darüber sprechen, nach dem Ebenbild Gottes geschaffen zu sein, meinen wir im Grunde, dass Gott uns auf eine solche Weise geschaffen hat, dass wir eine Art Widerschein Gottes sind. Wir dürfen in unseren Vorstellungen nicht zu gewohnheitsmäßig werden, aber näher herantasten können wir uns wahrscheinlich nicht. Der Mensch als von Gott geschaffen ist eine Art Reflektor eines Teils der göttlichen Herrlichkeit selbst. Das ist das grundlegende Konzept.
Das nächste Prinzip, das ich betonen möchte, ist, dass dieser Begriff sowohl vor als auch nach dem Sündenfall gebraucht wird. Das ist ein sehr entscheidender Punkt, wie wir sehen werden. Schauen Sie sich die Zitate aus der Heiligen Schrift an, und Sie werden feststellen, dass der Großteil von ihnen aus der Zeit nach dem Sündenfall stammt. Das bedeutet, dass das Ebenbild Gottes nicht gänzlich verloren ging, als Adam und Eva sündigten und fielen.
Es gab Denker, ja ganze Schulen, die lehrten, dass in dem Moment, in dem der Mensch sündigte, alles, was zum Ebenbild gehörte, verloren ging, und dass in der Wiedergeburt das, was ganz verloren war, zurückgegeben wurde. Die Bibelzitate zeigen jedoch sehr klar, dass der Begriff „Ebenbild“ nach dem Sündenfall ebenso benutzt wird wie zuvor.
Mit anderen Worten: Als der Mensch fiel, verlor er etwas, er verlor einen Aspekt des Ebenbildes. Aber das gesamte Ebenbild verlor er nicht. Ein Teil dessen, was das Ebenbild wesensmäßig ausmacht, bleibt. Das weist sofort darauf hin, dass bestimmte Bestandteile dieses Ebenbildes Gottes in jeder Person wiederzufinden sind.
Der nächste Punkt, auf den ich hinweisen möchte, ist folgender: Hier kommen wir zum Grund, warum ich das Zitat aus dem Jakobusbrief vor den anderen beiden genannt habe. Ich habe den Eindruck – und ich stehe da nicht allein – dass es in gewisser Hinsicht irreführend ist, das ursprüngliche Ebenbild Gottes im Menschen mit dem zu identifizieren, was uns über den wiedergeborenen Menschen berichtet wird.
Die Zitate aus Epheser 4 und Kolosser 3 beschreiben, was wir werden, wenn wir wiedergeboren sind, wenn wir errettet sind und das Leben Gottes in uns eingekehrt ist. Auch wenn diese beiden Zitate uns etwas über das Ebenbild Gottes im Menschen sagen wollen, wäre es sehr verkehrt, unsere Vorstellung davon, was das Ebenbild am Anfang, vor dem Sündenfall, war, anhand dieser Zitate zu definieren.
Ich sage das aus folgendem Grund: Ich denke, ich kann Ihnen anhand der Bibel zeigen, dass in der Wiedergeburt mehr geschieht, als dass wir einfach in den Zustand Adams vor dem Sündenfall zurückversetzt werden. Wir gelangen über diesen Punkt hinaus. „Wo aber die Sünde überströmend geworden ist, ist die Gnade noch überschwänglicher geworden“ (Römer 5,20).
Isaac Watts hat es so ausgedrückt: „Reicherer Segnungen als ihr Vater verlor, rühmen sich Adams Stämme in ihm, in Christus.“ Errettung, Erlösung, Wiedergeburt versetzen uns nicht einfach dorthin zurück, wo Adam war. Wir sind in einer viel höheren Position.
Darum ist die Lehre vom Ebenbild Gottes, wie Sie sehen, wiederum sehr wichtig für die Betrachtung der Heilslehre. Wir müssen sehr sorgfältig darauf achten, dass wir sie richtig interpretieren. Während wir also weiterhin diese beiden Zitate verwenden, werden sie dennoch nicht unsere genaue Definition dessen bestimmen, was mit dem göttlichen Ebenbild gemeint ist.
Mein letzter allgemeiner Grundsatz lautet, dass es eindeutig einen Unterschied gibt zwischen dem Menschen, wie er am Anfang von Gott geschaffen wurde, und der Menschlichkeit oder dem Menschsein des Herrn Jesus Christus.
Wenn Sie sich die Verse am Anfang von Hebräer 1 ansehen, finden Sie Folgendes: „Christus ist das Ebenbild seines Wesens, all der prächtige Glanz der Herrlichkeit ist in ihm, er ist der Abglanz seiner“ (Hebräer 1,3, Lutherübersetzung). Das kann über den Menschen nicht gesagt werden. Der Mensch ist sozusagen eine geschaffene Kopie, Christus ist das Ebenbild. Er ist in der Tat das ausdrückliche, wesensmäßige Ebenbild von Gott selbst.
Es ist wichtig, dass wir uns daran erinnern, wenn wir uns mit der Person Jesu Christi beschäftigen.
Das Nächste, was wir jetzt sagen können, ist, dass es klar zu sein scheint, dass es zwei Hauptelemente im Begriff des Ebenbildes Gottes in uns gibt. Diese beiden Elemente werden oft als das natürliche Ebenbild und das geistliche Ebenbild bezeichnet.
Der große Jonathan Edwards beispielsweise sagte, das natürliche Ebenbild bestehe zu großen Teilen aus dem, wodurch Gott den Menschen in seiner Schöpfung von den Tieren unterschied, nämlich aus jenen Fähigkeiten und Prinzipien der Natur, durch die er fähig ist, moralisch zu handeln. Das ist der natürliche Teil des Menschen.
Der geistliche und moralische Teil, so sagte er, bestehe in der moralischen Vortrefflichkeit, mit der der Mensch am Anfang von Gott ausgestattet worden ist. Sehen Sie den Unterschied zwischen den natürlichen und den geistlichen Aspekten?
Lassen Sie es mich so ausdrücken: Sie können sagen, dass das Ebenbild aus der intellektuellen und moralischen Natur eines Menschen sowie aus seiner ursprünglichen moralischen Vortrefflichkeit besteht. Seine intellektuelle und moralische Natur ist das Natürliche, seine ursprüngliche moralische Vortrefflichkeit das Geistliche.
Hier erscheint es mir angebracht, Johannes Calvin zu zitieren. Er konnte vermutlich klarer als jeder andere zu seiner Zeit den wesentlichen Unterschied zwischen der reformierten und der römisch-katholischen Sicht erklären.
Er formuliert es so: „Nun strahlt gewiss auch am äußeren Menschen Gottes Herrlichkeit hervor, aber der eigentliche Sitz jenes Ebenbildes liegt doch zweifellos in der Seele.“ Wenn er das Ebenbild definiert, sagt er, dass damit eigentlich die ursprüngliche Integrität des Menschen, seine Einheit, seine Rechtschaffenheit, seine Aufrichtigkeit gemeint sei. Dabei hält er auch daran fest, dass sich Gottes Bild auf die ganze Vorzugsstellung erstreckt, welche die Natur des Menschen gegenüber allen anderen Arten von Lebewesen genießt.
Sie sehen, dass sie eigentlich alle dasselbe aussagen: Der Mensch als natürliches Wesen trägt in der Tat das Ebenbild Gottes in all dem, was ihn vom Tier unterscheidet. Aber es gibt mehr als das. Zusätzlich zu alledem hatte der Mensch eine ursprüngliche Gerechtigkeit, und das ist der geistliche Aspekt.
Nachdem ich Ihnen einige allgemeine Hinweise gegeben habe, wollen wir nun etwas genauer betrachten, was das Ebenbild Gottes ist. Zweifellos können wir den Sachverhalt aufschlüsseln.
Was ist dieses Ebenbild Gottes, nach welchem der Mensch am Anfang gemacht wurde? Was ist die Ähnlichkeit Gottes?
Erstens bezieht sich der Begriff offensichtlich auf die Seele oder den Geist, auf unsere geistliche Natur, unsere Spiritualität. Man kann diesen Begriff natürlich auch mehr konzeptionell benutzen und sagen, dass damit unsere Unsichtbarkeit gemeint ist.
Wir schauen uns gegenseitig an, und in gewissem Sinne sehen wir uns, doch in einem anderen Sinne sehen wir uns nicht. Keiner von uns sieht das wesensmäßige Ich eines anderen, noch sehen wir es von uns selbst. Sie haben sich selbst niemals wirklich gesehen. Ich frage mich, ob Sie darüber jemals nachgedacht haben. Versuchen Sie, an sich selbst zu denken und sich vorzustellen, wie Sie aussehen. Sie werden es nicht wirklich schaffen. Das liegt daran, dass unser essentielles Wesen, unsere Persönlichkeit, unsichtbar ist.
Wenn Sie eine andere Person anschauen, sehen Sie bestimmte sichtbare Erscheinungen dieser Person, aber wirklich sehen Sie die Person nicht.
In diesem Sinne, nun, lassen Sie uns das in Ehrfurcht sagen: Der Mensch ist wie Gott. Gott ist unsichtbar. Niemand hat Gott jemals gesehen (Johannes 1,18). Sie erinnern sich, dass wir, als wir uns mit der Lehre von Gott beschäftigten, festgestellt hatten, dass er unsichtbar ist. Und das trifft in gewisser Hinsicht auch auf uns zu. Unsere Seele beziehungsweise unser Geist ist unsichtbar.
An dieser Stelle müssen wir auch auf unsere Unsterblichkeit hinweisen. So wie sie ursprünglich gemacht und geschaffen wurden, waren Adam und Eva dem Tod nicht unterworfen. Und wir stellten wiederum fest, dass dies nach der biblischen Lehre auf Gott zutrifft.
An zweiter Stelle ist zu nennen, was man unsere geistigen Kräfte und Fähigkeiten nennen könnte – die geistigen Kräfte und Fähigkeiten der Seele. Sie haben bemerkt, dass ich „geistig“ gesagt habe und nicht „übersinnlich“. Ich bin nicht an übersinnlichen Phänomenen interessiert, aber sehr an seelischen. Damit ist gemeint, dass sich alles auf die Seele bezieht oder zu ihr gehört.
Diese psychischen Phänomene sind Teil des göttlichen Ebenbildes, darüber besteht allgemeine Übereinstimmung. Ich meine damit unter anderem Folgendes: Wir sind rationale und moralische Wesen, wir haben einen Intellekt und können denken, wir haben einen Willen und können etwas begehren. Verstand und Wille haben ihre Kräfte und Neigungen.
Unsere Fähigkeit, vernünftig zu urteilen und zu denken, zu analysieren und nachzusinnen, ist ein Abglanz derselben Fähigkeit, die wir in einem ewigen Maß in Gott finden. Und das ist einzig den Menschen eigen; man wird es nirgendwo sonst finden.
Wir haben außerdem ein Selbstbewusstsein. Wir sind uns unserer selbst bewusst, und dies müssen wir wiederum über Gott sagen: Unser Selbstbewusstsein, unsere Selbstwahrnehmung, unsere Unfähigkeit, das Selbst loszuwerden – all das ist wiederum ein Teil des göttlichen Ebenbilds.
Vielleicht sollte ich hier besonders unsere Fähigkeit der Selbstbetrachtung und Analyse betonen, denn das ist zweifellos etwas, was dem Menschen eigen ist. Der Mensch kann sich selbst betrachten, er kann sich selbst prüfen und untersuchen. Das ist eine höchst erstaunliche Fähigkeit. Und wir werden uns wohl alle bisweilen gewünscht haben, sie nicht zu haben. Aber ohne diese Fähigkeit kann man keine Person sein.
Es ist ein Teil des Fluches, den der Sündenfall über uns gebracht hat, dass wir uns selbst nicht loswerden und nicht aufhören können, über uns nachzudenken und uns zu analysieren. Sogar in einem gefallenen Zustand bezeugen wir uns selbst gegenüber unsere eigene ursprüngliche Größe durch eben diese Fähigkeit.
Das dritte Merkmal des göttlichen Ebenbildes wollen wir so beschreiben: Es ist intellektuelle und moralische Integrität, die sich selbst in Erkenntnis, Rechtschaffenheit und Heiligkeit offenbart – um die Worte aus den Abschnitten aus Epheser und Kolosser zu wiederholen.
Der Mensch wurde intellektuell und moralisch so geschaffen, dass ihn eine Art Unversehrtheit umgab. Da war nichts Falsches, nichts Unvollkommenes, nichts Verkehrtes an ihm. Er war aufrichtig und rechtschaffen. In ihm gab es nur Wahrheit, seine Natur bildete ein ganzheitliches Wesen, sie war ausgeglichen und genau so, wie sie sein sollte: moralische und intellektuelle Rechtschaffenheit, die sich selbst in wahrhaftiger Gerechtigkeit und Heiligkeit ausdrückt (Epheser 4,24).
Als Nächstes komme ich auf etwas zu sprechen, über das nicht immer Einigkeit bestanden hat: die Frage des Körpers. Ist der Körper in irgendeiner Weise Teil des Ebenbildes Gottes?
Was mich betrifft, so bin ich bereit zu sagen: Ja, das ist er. Wenn ich das sage, beziehe ich mich nicht auf die materielle Substanz, aus der der Körper gemacht ist, sondern vielmehr auf den Körper als ein geeignetes Organ der Seele, als das Instrument der Seele. Das Ding, durch das sich die Seele und die Persönlichkeit ausdrücken.
Schließlich ist er das Instrument, durch das wir über die niedere Schöpfung herrschen, besonders über die Tiere. Das ist natürlich der schwierigste Aspekt von allen, und wir können, wie gesagt, nicht sicher sein. Aber es gibt in der Schrift viele Hinweise darauf, dass wir gottähnlich geschaffen worden sind, selbst in Bezug auf den Körper.
Aber wird jemand sagen: „Ich dachte, Sie hätten uns gelehrt, dass Gott Geist ist und haben seine Unsichtbarkeit betont?“ Ja, aber Sie erinnern sich, dass Paulus uns sagt, dass unser Herr vor der Menschwerdung in göttlicher Gestalt war.
Außerdem sagte unser Herr einmal, als er zu den Juden sprach, dass sie niemals Gottes Stimme gehört hätten, und er fügte hinzu: „Noch seine Gestalt gesehen“ (Johannes 5,37). Es gibt hier Hinweise auf die Gestalt Gottes, auf eine Art Aussehen Gottes, obwohl er Geist ist.
Weiterhin erfahren wir in Philipper 3, dass wir Christus vom Himmel erwarten, der unseren Leib der Nichtigkeit umgestalten wird zur Gleichgestaltung mit seinem Leib der Herrlichkeit (Philipper 3,21).
Unser Herr ist jetzt in einem geistigen Körper, und es scheint offensichtlich, dass es – weil er in seiner Herrlichkeit ist und weil wir, wenn unsere Körper verwandelt und verherrlicht werden, in der Herrlichkeit sein werden – dann zu diesem Zeitpunkt eine Ähnlichkeit geben wird.
Wir wissen noch nicht, was wir sein werden, sagt Johannes, aber dies wissen wir: Wenn wir ihn sehen, werden wir ihm gleich sein (1. Johannes 3,2).
Ich meine, dass die Ähnlichkeit den Körper einschließen wird, den verherrlichten Körper. Das ist richtig. Aber das lässt mich darauf schließen, dass der ursprüngliche Körper etwas von dieser Herrlichkeit an sich hatte.
Darum würde ich sagen, dass das Ebenbild sich zum Teil in unserem körperlichen Wesen selbst ausdrückt und sichtbar macht.
Das fünfte und letzte Merkmal des göttlichen Ebenbildes, und eines, das ich betonen möchte, ist: Das Ebenbild Gottes zeigt sich auch in der menschlichen Herrschaft über die Erde.
Es gibt überhaupt keinen Zweifel daran, dass das ein Teil des göttlichen Ebenbildes ist. Darin spiegelt der Mensch teilweise Gottes Herrschaft und Souveränität über die ganze Schöpfung wider.
Nahegelegt wird uns dieser Gedanke durch einen Hinweis in 1. Mose 1,26: „Lasst uns Menschen machen in unserem Bild, uns ähnlich; sie sollen herrschen über die Fische des Meeres und über die Vögel des Himmels und über das Vieh und über die ganze Erde und über alle kriechenden Tiere, die auf der Erde kriechen.“
Im Moment, in dem das Ebenbild erwähnt wird, wird auch die Funktion erwähnt. Es ist also zweifellos ein Teil des Ebenbildes Gottes im Menschen, dass er diese Herrschaft ausübt.
Betrachten Sie unter demselben Aspekt, was in Psalm 8 steht: „Herr, unser Herr, wie herrlich ist dein Name auf der ganzen Erde, der du deine Hoheit gelegt hast auf die Himmel. Aus dem Munde der Kinder und Säuglinge hast du Macht gegründet um deiner Bedränger willen.“
Dann fährt der Psalmist fort: „Wenn ich anschaue deine Himmel, was ist der Mensch, dass du an ihn denkst, und des Menschensohn, dass du dich um ihn kümmerst? Denn du hast ihn wenig geringer gemacht als die Engel, und mit Herrlichkeit und Pracht hast du ihn gekrönt; du hast ihn zum Herrscher über die Werke deiner Hände gemacht.“
Dass der Mensch diese Herrschaft innehat, diese Kontrolle, diese Regierungsgewalt über die Schöpfung, ist Teil seiner Herrlichkeit und Ehre. Was Gott für das ganze Universum ist, ist der Mensch sozusagen für die Schöpfung.
Nachdem wir uns das Ebenbild nun auf diese Weise im Detail angeschaut haben, lassen Sie es mich so zusammenfassen: Die wesentlichen Elemente im Ebenbild sind jene, die man nicht verlieren kann, ohne aufzuhören, ein Mensch zu sein. Sie sind jene Eigenschaften und Fähigkeiten der menschlichen Seele, die immer bleiben.
Aber es gibt andere Elemente, die wir „hinzukommende Elemente“ nennen können, und die ein Mensch verlieren kann, ohne dabei seine Menschlichkeit zu verlieren. Mit anderen Worten: Als der Mensch sündigte und fiel, verlor er nicht das ganze Ebenbild, sondern behielt die wesentlichen Elemente bei sich. Doch die hinzukommenden Elemente büßte er ein.
Wir müssen uns darüber im Klaren sein: Als der Mensch fiel, hörte er nicht auf, Mensch zu sein. Sein wesensmäßiges Menschsein blieb, und das behielt den Teil des göttlichen Ebenbildes bei, in dem er ursprünglich geschaffen war.
Deshalb ist es wichtig, dass wir dies betonen. Wir dürfen unsere Vorstellung des göttlichen Ebenbildes im Menschen niemals auf die ursprüngliche Rechtschaffenheit und Heiligkeit des Menschen begrenzen. Das wurde immer wieder getan, und das hat zu großen Schwierigkeiten hinsichtlich anderer Lehren geführt.
Man sagt, dass mit dem göttlichen Ebenbild im Menschen einfach seine ursprüngliche Rechtschaffenheit und Heiligkeit gemeint sei. Als er fiel, habe er diese daher ganz verloren. Aber das stimmt so nicht.
Das natürliche Element im göttlichen Ebenbild muss betont werden, weil es, wie die Heilige Schrift uns gelehrt hat, nach dem Sündenfall fortbesteht. Wir finden es im 5. und auch im 9. Kapitel von 1. Mose und im 3. Kapitel des Jakobusbriefes.
Der Mensch trägt diese Bestandteile und Aspekte des göttlichen Ebenbildes selbst in seinem sündigen Zustand an sich. Sie sind ein wesentlicher Teil der menschlichen Natur. Wenn er jene verlöre, wäre er nicht länger ein Mensch.
Die Frage, die wir an diesem Punkt stellen müssen, ist daher: Was war der ursprüngliche Zustand des Menschen, wenn all diese Dinge wahr sind?
Hier gibt es nun zwei wesentliche Gefahren. Die eine ist die Gefahr, zu übertreiben und aus Adam eine Art Monstrum zu machen. Die andere Gefahr ist, das, was er war, schmerzlich zu unterschätzen.
Hier kommen wieder die Evolutionisten ins Spiel, die ihn als eine Art halben Wilden und halbes Tier beschreiben. Beides ist verkehrt.
Was wir sagen müssen, ist Folgendes: Erstens steht außer Frage, dass der Mensch, wie er ursprünglich geschaffen wurde, mit der Erde verbunden war, aber ebenso auch mit Gott verbunden.
Zweitens machte Gott ihn zu seinem Stellvertreter in der Welt.
Drittens war er offenkundig intelligent und fähig zu verstehen. Gott brachte die Tiere zu ihm und forderte ihn auf, sie zu benennen. Adam war es, der all diesen Tieren und Geschöpfen Namen gab (1. Mose 2,19-20). Er konnte voneinander unterscheiden und auseinanderhalten, erkannte die jeweilige Tierart und den passenden Namen – Namen, die Bedeutungen haben und uns etwas über den Charakter jedes einzelnen Tieres erzählen.
Also war er offenbar mit hoher Intelligenz beschenkt.
Wir gehen auch davon aus, basierend auf dem, was wir wissen, dass er glücklich war. Er arbeitete ohne Mühe, herrschte über die Welt, gewann seinen Lebensunterhalt aus dem Pflanzenreich, ohne sich groß abzumühen, und hatte ganz eindeutig einen vertrauten Umgang mit den Tieren.
Wie war seine Beziehung zu Gott? Es war eine Beziehung kindlicher Abhängigkeit, die Abhängigkeit eines Kindes, eines Sohnes. Er gehorchte Gott bedingungslos, und ganz wichtig: Seine Gemeinschaft, seine Verbundenheit, sein Umgang mit Gott waren vollkommen frei von Angst.
Wie sah sein geistlicher Zustand aus? Das ist ein wichtiges Thema. An diesem Punkt gab es erneut viele Irrtümer.
Als Gott alles schuf, den Menschen eingeschlossen, wird uns berichtet: „Und Gott sah alles, was er gemacht hatte, und siehe, es war sehr gut“ (1. Mose 1,31).
In Prediger 7,29 erfahren wir, dass Gott den Menschen aufrecht gemacht hat. Das ist nicht nur ein Hinweis auf seinen Körperbau, sondern auch auf seine wesensmäßige, moralische und geistliche Verfassung.
Das bedeutet nun, so scheint es mir, dass es im Menschen niemals einen Konflikt zwischen seinen höheren und niedrigeren, zwischen den körperlichen und geistigen Elementen gegeben hat.
Die Katholiken sagen, das habe es gegeben. Sie behaupten, der Körper habe von Beginn an immer eine Gefahr für den Menschen dargestellt, und Gott habe dem Menschen eine Extra-Gabe geben müssen, um ihn davor zu bewahren, von seiner niederen Natur heruntergezogen zu werden. Das ist die römisch-katholische Vorstellung des Ebenbildes.
Mit anderen Worten, eine gewisse Fähigkeit zu sündigen sei schon da gewesen, bevor der Mensch fiel. Aber das lehrt die Heilige Schrift nicht.
Es hat überhaupt keinen Konflikt gegeben; es bestand eine vollkommene Harmonie zwischen Körper und Geist.
Das Gewissen ist ein Beweis dafür. Jedes Mal, wenn uns unser Gewissen anklagt, ist das ein Beweis dafür, dass der Mensch ursprünglich sündlos war.
Wir haben das Gefühl, dass wir nicht gesündigt haben sollten, dass es verkehrt war zu sündigen. Ja, das ist eine Erinnerung, eine Vergegenwärtigung des ursprünglichen sündlosen Zustands des Menschen.
Eine andere Sache, die wir verneinen müssen, ist folgende: Wir dürfen uns Adam nicht einfach in einem Zustand der Unschuld vorstellen.
Manche Leute stellen sich ihn so vor, als wäre er einfach ein Kind gewesen, obwohl er ein Mann war, aber eben doch ein Kind in seinen Ansichten und seiner Gesinnung. Sie sagen, er sei moralisch nicht festgelegt gewesen. Er sei weder gut noch schlecht gewesen, sagen sie, er hatte nicht gesündigt, er war nichts, eben neutral.
Aber die Bibel lehrt uns das nicht. Sie sagt uns, dass der Mensch sich in einem Zustand eindeutiger Heiligkeit und wahrer Rechtschaffenheit befunden hat.
Das ist es, wo die Zitate aus Epheser und Kolosser wichtig sind. Errettung muss uns mindestens an diesen Punkt zurückbringen – und noch weiter.
Was ist nun der Unterschied, werden Sie fragen, zwischen Adam, bevor er fiel, und dem wiedergeborenen und erretteten Menschen?
Ich meine, der Unterschied besteht darin, dass diese Dinge bei Adam im Keim vorhanden waren, in embryonaler Form. Sie waren nicht völlig entwickelt. Sie waren da, und so wie sie da waren, waren sie vollkommen. Sie waren im Ansatz vollkommen, aber nicht im Sättigungsgrad.
Mit anderen Worten: Der Mensch war, so weit er gekommen war, vollkommen, aber da war noch Raum für eine Entwicklung. Es war überhaupt nichts Unvollkommenes an ihm.
Es kann eine vollkommene Eichel geben und eine vollkommene Eiche. Es handelt sich dabei um unterschiedliche Vollkommenheiten, und doch sind sie miteinander verbunden.
Die Tatsache, dass die Eichel keine Eiche ist, bedeutet nicht, dass sie unvollkommen ist. Nein, sie ist eine vollkommene Eichel, und all die Entwicklungsmöglichkeiten einer vollkommenen Eiche sind in der vollkommenen Eichel eingelegt.
So war es zweifellos am Anfang mit Adam und Eva.
Die Erkenntnis, die Rechtschaffenheit und die wahre Heiligkeit waren im Keim, im Embryo vorhanden, in vollkommener Form, aber noch nicht vollständig entwickelt.
Mit anderen Worten: Der Mensch befand sich in der Erprobung, in der Bewährung, in einem Zustand der Vorbereitung, der entweder zu unendlich größerer Würde und Herrlichkeit führen oder in einem Sündenfall enden konnte.
Wir wissen, dass er tatsächlich im Sündenfall endete, aber Adam hätte auch weiter wachsen und sich entwickeln können bis zur vollen Blüte und Vollkommenheit.
So also hat Gott den Menschen geschaffen.
In diesem Zustand der Vollkommenheit stellte er ihn in den Garten und schloss einen Bund mit ihm. Er teilte ihm mit, dass er, wenn er seine Gebote halten würde, weiter wachsen und sich zu dieser endgültigen, absoluten Vollkommenheit entwickeln würde.
Andererseits, wenn er Gottes Gebote brechen würde, würde er fallen und bestimmte Segnungen verlieren.
So machte Gott den Menschen nach seinem eigenen Ebenbild und nach seiner Ähnlichkeit.
So war der Mensch am Anfang, und trotz des Sündenfalls – trotz der Sünde – bleiben Elemente davon bis heute.
Das ist die Tragödie der Welt.
Das sollte der größte Impuls und das größte Motiv zur Evangelisation sein.
In gewisser Hinsicht sollte unsere erste Botschaft an den Menschen sein, dass er begreifen soll, wer er ist, wozu Gott ihn gemacht hat, und dann, was er sich selbst angetan hat und wozu er sich selbst gemacht hat.
Das nächste Prinzip, das ich betonen möchte, ist, dass der Begriff „Ebenbild Gottes“ sowohl vor als auch nach dem Sündenfall verwendet wird. Das ist ein sehr entscheidender Punkt, wie wir sehen werden.
Wenn man die Zitate aus der Heiligen Schrift betrachtet, stellt man fest, dass die meisten davon aus der Zeit nach dem Sündenfall stammen. Das bedeutet, dass das Ebenbild Gottes nicht vollständig verloren ging, als Adam und Eva sündigten und fielen.
Es gab Denker, ja sogar ganze Schulen, die etwas anderes gelehrt haben. Es existierten unwürdige und unangemessene Vorstellungen von der Ebenbildlichkeit, die behaupteten, dass in dem Moment, in dem der Mensch sündigte, alles, was zum Ebenbild gehörte, verloren gegangen sei. Demnach sollte das, was ganz verloren war, erst durch die Wiedergeburt zurückgegeben werden.
Die Bibelzitate zeigen jedoch sehr deutlich, dass der Begriff „Ebenbild“ auch nach dem Sündenfall verwendet wird. Mit anderen Worten: Als der Mensch fiel, verlor er zwar etwas – einen Aspekt des Ebenbildes –, aber nicht das gesamte Ebenbild.
Ein Teil dessen, was das Ebenbild wesensmäßig ausmacht, bleibt erhalten. Das weist darauf hin, dass es bestimmte Bestandteile im Ebenbild Gottes gibt, die in jeder Person wiederzufinden sind.
Der nächste Punkt, auf den ich hinweisen möchte, ist folgender. Hier kommen wir auf den Grund zu sprechen, warum ich das Zitat aus dem Jakobusbrief vor den anderen beiden genannt habe.
Ich habe den Eindruck – und ich stehe damit nicht allein –, dass es in gewisser Hinsicht irreführend ist, das ursprüngliche Ebenbild Gottes im Menschen im Sinne dessen zu verstehen, was uns über den wiedergeborenen Menschen berichtet wird. Die Zitate aus Epheser 4 und Kolosser 3 beschreiben, was wir werden, wenn wir wiedergeboren sind, wenn wir errettet sind und das Leben Gottes in uns eingezogen ist.
Auch wenn diese beiden Zitate uns etwas über das Ebenbild Gottes im Menschen sagen möchten, ist es sehr verkehrt, unsere Vorstellung davon, wie das Ebenbild am Anfang, vor dem Sündenfall, gewesen war, entsprechend diesen Zitaten zu definieren.
Ich sage das aus folgendem Grund: Ich denke, dass ich Ihnen anhand der Bibel zeigen kann, dass in der Wiedergeburt mehr geschieht, als dass wir einfach wieder in den Zustand Adams vor dem Sündenfall zurückversetzt werden. Wir gelangen über diesen Punkt hinaus.
Wo aber die Sünde überströmend geworden ist, ist die Gnade noch überschwänglicher geworden (Römer 5,20). Isaac Watts hat es so ausgedrückt: „Reicherer Segnungen als ihr Vater verlor, rühmen sich Adams Stämme in ihm, in Christus.“
Errettung, Erlösung, Wiedergeburt versetzen uns also nicht einfach dorthin zurück, wo Adam war. Wir nehmen eine viel höhere Position ein.
Darum ist die Lehre vom Ebenbild Gottes, wie Sie sehen, wiederum sehr wichtig für die Betrachtung der Heilslehre. Wir müssen sehr sorgfältig darauf achten, dass wir sie richtig interpretieren.
Während wir also weiterhin diese beiden Zitate gebrauchen werden, bestimmen sie dennoch nicht unsere genaue Definition dessen, was mit dem göttlichen Ebenbild gemeint ist.
Mein letzter allgemeiner Grundsatz lautet, dass es einen eindeutigen Unterschied gibt zwischen dem Menschen, wie er am Anfang von Gott geschaffen wurde, und der Menschlichkeit beziehungsweise dem Menschsein des Herrn Jesus Christus.
Wenn man die Verse am Anfang des Hebräerbriefs, Kapitel 1, betrachtet, findet man Folgendes: Christus ist das Ebenbild seines Wesens, der ganze prächtige Glanz der Herrlichkeit ist in ihm. Er ist der Abglanz seiner Herrlichkeit, das ist Gottes Herrlichkeit (Hebräer 1,3 nach der Lutherübersetzung).
Das kann über den Menschen nicht gesagt werden. Der Mensch ist sozusagen eine geschaffene Kopie, Christus hingegen ist das Ebenbild. Er ist in der Tat das ausdrückliche, wesensmäßige Ebenbild von Gott selbst.
Es ist wichtig, dass wir uns daran erinnern, wenn wir uns mit der Person Jesu Christi beschäftigen.
Das Nächste, was wir sagen können, ist, dass es offensichtlich zwei Hauptelemente im Begriff des Ebenbildes Gottes in uns gibt. Diese beiden Elemente werden oft als das natürliche Ebenbild und das geistliche Ebenbild bezeichnet.
Der große Jonathan Edwards zum Beispiel erklärte, dass das natürliche Ebenbild hauptsächlich aus den Fähigkeiten und Prinzipien der Natur besteht, durch die Gott den Menschen bei der Schöpfung von den Tieren unterschied. Insbesondere sind das jene Fähigkeiten, durch die der Mensch moralisch handeln kann. Dies ist der natürliche Teil des Menschen.
Der geistliche und moralische Teil hingegen besteht laut Edwards in der moralischen Vortrefflichkeit, mit der der Mensch ursprünglich von Gott ausgestattet wurde. Er betont also den Unterschied zwischen den natürlichen und den geistlichen Aspekten.
Man kann es so ausdrücken: Das Ebenbild Gottes besteht aus der intellektuellen und moralischen Natur eines Menschen sowie aus seiner ursprünglichen moralischen Vortrefflichkeit. Die intellektuelle und moralische Natur ist das Natürliche, die ursprüngliche moralische Vortrefflichkeit das Geistliche.
An dieser Stelle erscheint es mir angebracht, Johannes Calvin zu zitieren. Er konnte vermutlich klarer als jeder andere seiner Zeit den wesentlichen Unterschied zwischen der reformierten und der römisch-katholischen Sicht erklären.
Calvin formuliert es folgendermaßen: „Nun strahlt gewiss auch am äußeren Menschen Gottes Herrlichkeit hervor, aber der eigentliche Sitz jenes Ebenbildes liegt doch zweifellos in der Seele.“ Wenn er das Ebenbild definiert, sagt er, dass damit eigentlich die ursprüngliche Integrität des Menschen, seine Einheit, seine Rechtschaffenheit und seine Aufrichtigkeit gemeint seien.
Gleichzeitig hält Calvin daran fest, dass sich Gottes Bild auf die ganze Vorzugsstellung erstreckt, die die Natur des Menschen gegenüber allen anderen Arten von Lebewesen genießt.
Sie sehen, dass alle diese Aussagen im Grunde dasselbe meinen: Der Mensch als natürliches Wesen trägt tatsächlich das Ebenbild Gottes in allem, was ihn vom Tier unterscheidet. Doch es gibt mehr als das.
Zusätzlich zu all dem hatte der Mensch eine ursprüngliche Gerechtigkeit. Und genau das ist der geistliche Aspekt.
Nachdem einige allgemeine Hinweise gegeben wurden, wollen wir nun genauer betrachten, was das Ebenbild Gottes ist. Zweifellos lässt sich dieser Sachverhalt aufschlüsseln.
Was ist dieses Ebenbild Gottes, nach dem der Mensch am Anfang gemacht wurde? Was ist die Ähnlichkeit Gottes?
Erstens bezieht sich der Begriff offensichtlich auf die Seele oder den Geist, auf unsere geistliche Natur, unsere Spiritualität. Man kann den Begriff auch konzeptionell verwenden und sagen, dass damit unsere Unsichtbarkeit gemeint ist. Wir schauen uns gegenseitig an, und in gewissem Sinne sehen wir uns, doch in einem anderen Sinne sehen wir uns nicht wirklich. Keiner von uns sieht das wesensmäßige Ich eines anderen, noch sehen wir es von uns selbst. Sie haben sich selbst niemals wirklich gesehen. Man kann sich fragen, ob man jemals darüber nachgedacht hat. Versuchen Sie, an sich selbst zu denken und sich vorzustellen, wie Sie aussehen. Sie werden es nicht wirklich schaffen. Das liegt daran, dass unser essentielles Wesen, unsere Persönlichkeit, unsichtbar ist.
Wenn Sie eine andere Person anschauen, sehen Sie bestimmte sichtbare Erscheinungen dieser Person, aber wirklich sehen Sie die Person nicht. In diesem Sinne, nun, lassen Sie uns das in Ehrfurcht sagen: Der Mensch ist wie Gott. Gott ist unsichtbar. Niemand hat Gott jemals gesehen (Johannes 1,18). Sie erinnern sich, dass wir, als wir uns mit der Lehre von Gott beschäftigten, festgestellt hatten, dass er unsichtbar ist. Und das trifft in gewisser Hinsicht auch auf uns zu. Unsere Seele beziehungsweise unser Geist ist unsichtbar.
An dieser Stelle müssen wir auch auf unsere Unsterblichkeit hinweisen. So wie sie ursprünglich gemacht und geschaffen wurden, waren Adam und Eva dem Tod nicht unterworfen. Und wir stellten wiederum fest, wie Sie sich erinnern, dass das nach der biblischen Lehre auch auf Gott zutrifft.
An zweiter Stelle ist zu nennen, was man unsere geistigen Kräfte und Fähigkeiten nennen könnte, die geistigen Kräfte und Fähigkeiten der Seele. Sie haben bemerkt, dass ich „geistig“ gesagt habe und nicht „übersinnlich“. Ich bin nicht interessiert an übersinnlichen Phänomenen, aber sehr am Seelischen. Damit ist gemeint, dass sich alles auf die Seele bezieht oder zu ihr gehört. Diese psychischen Phänomene sind Teil des göttlichen Ebenbildes, darüber besteht allgemeine Übereinstimmung.
Ich meine damit unter anderem Folgendes: Wir sind rationale und moralische Wesen, wir haben einen Intellekt und können denken, wir haben einen Willen und können etwas begehren. Verstand und Wille haben ihre Kräfte und Neigungen. Unsere Fähigkeit, vernünftig zu urteilen, zu denken, zu analysieren und nachzusinnen, ist ein Abglanz derselben Fähigkeit, die wir in einem ewigen Maß in Gott finden. Und das ist einzig den Menschen eigen. Man wird es nirgendwo sonst finden.
Wir haben außerdem ein Selbstbewusstsein. Wir sind uns unserer selbst bewusst, und dies müssen wir wiederum über Gott aussagen: Unser Selbstbewusstsein, unsere Selbstwahrnehmung, unsere Unfähigkeit, das Selbst loszuwerden, all das ist wiederum ein Teil des göttlichen Ebenbilds.
Vielleicht sollte ich hier besonders unsere Fähigkeit der Selbstbetrachtung und der Analyse betonen, denn das ist zweifellos etwas, was dem Menschen eigen ist. Der Mensch kann sich selbst betrachten, er kann sich selbst prüfen und untersuchen. Das ist eine höchst erstaunliche Fähigkeit. Wir werden uns wohl alle bisweilen gewünscht haben, wer hätte sie nicht. Aber ohne diese Fähigkeit kann man keine Person sein.
Es ist ein Teil des Fluches, den der Sündenfall über uns gebracht hat, dass wir uns selbst nicht loswerden und nicht aufhören können, über uns nachzudenken und uns zu analysieren. Sogar in einem gefallenen Zustand bekunden wir uns selbst gegenüber unsere eigene ursprüngliche Größe durch eben diese Fähigkeit.
Das dritte Merkmal des göttlichen Ebenbildes wollen wir so beschreiben: Es ist intellektuelle und moralische Integrität, die sich in Erkenntnis, Rechtschaffenheit und Heiligkeit offenbart – um die Worte zu wiederholen, die in den Abschnitten aus dem Epheser- und dem Kolosserbrief zu finden sind.
Der Mensch wurde intellektuell und moralisch so geschaffen, dass ihn eine Art Unversehrtheit umgab. Da war nichts Falsches, nichts Unvollkommenes, nichts Verkehrtes an ihm. Er war aufrichtig und rechtschaffen. In ihm gab es nur Wahrheit. Seine Natur bildete ein ganzheitliches Wesen, sie war ausgeglichen, genau so, wie sie sein sollte: moralische und intellektuelle Rechtschaffenheit, die sich in wahrhaftiger Gerechtigkeit und Heiligkeit ausdrückt (Epheser 4,24).
Als Nächstes komme ich auf etwas zu sprechen, über das nicht immer Einigkeit bestanden hat: die Frage des Körpers. Ist der Körper in irgendeiner Weise Teil des Ebenbildes Gottes? Was mich betrifft, so bin ich bereit zu sagen: Ja, das ist er.
Wenn ich das sage, beziehe ich mich nicht auf die materielle Substanz, aus der der Körper gemacht ist, sondern vielmehr auf den Körper als ein geeignetes Organ der Seele, als das Instrument der Seele. Das Ding, durch das sich die Seele und die Persönlichkeit ausdrücken. Und schließlich ist er das Instrument, durch das wir über die niedrigere Schöpfung herrschen, und zwar besonders über die Tiere.
Das ist natürlich der schwierigste Aspekt von allen, und wir können, wie gesagt, nicht sicher sein. Aber es gibt in der Schrift viele Hinweise darauf, dass wir gottähnlich geschaffen worden sind, selbst in Bezug auf den Körper.
Aber wird jemand sagen: „Ich dachte, Sie hätten uns gelehrt, dass Gott Geist ist und haben seine Unsichtbarkeit betont?“ Ja, aber Sie erinnern sich, dass Paulus uns sagt, dass unser Herr vor der Menschwerdung in göttlicher Gestalt war. Außerdem sagte unser Herr einmal, als er zu den Juden sprach, dass sie niemals Gottes Stimme gehört hätten, und er fügte hinzu: „noch seine Gestalt gesehen“ (Johannes 5,37). Es gibt hier Hinweise auf die Gestalt Gottes, auf eine Art des Aussehens Gottes, obwohl er Geist ist.
Weiterhin erfahren wir in Philipper 3, dass wir Christus vom Himmel erwarten, der unseren Leib der Nichtigkeit umgestalten wird zur Gleichgestaltung mit seinem Leib der Herrlichkeit (Philipper 3,21). Unser Herr ist jetzt in einem geistigen Körper, und es scheint offensichtlich, dass es, weil er in seiner Herrlichkeit ist und weil wir, wenn unsere Körper verwandelt und verherrlicht werden, in der Herrlichkeit sein werden, dann zu diesem Zeitpunkt eine Ähnlichkeit geben wird.
Wir wissen noch nicht, was wir sein werden, sagt Johannes, aber dies wissen wir: Wenn wir ihn sehen, werden wir ihm gleich sein (1. Johannes 3,2).
Ich meine, dass die Ähnlichkeit den Körper einschließen wird, den verherrlichten Körper. Das ist richtig. Aber das lässt mich darauf schließen, dass der ursprüngliche Körper etwas von dieser Herrlichkeit an sich hatte. Darum würde ich sagen, dass das Ebenbild sich zum Teil in unserem körperlichen Wesen selbst ausdrückt und sichtbar macht.
Das fünfte und letzte Merkmal des göttlichen Ebenbildes, und eines, das ich betonen möchte, ist: Das Ebenbild Gottes zeigt sich auch in der menschlichen Herrschaft über die Erde. Es gibt überhaupt keinen Zweifel daran, dass das ein Teil des göttlichen Ebenbildes ist. Darin spiegelt der Mensch teilweise Gottes Herrschaft und Souveränität über die ganze Schöpfung wider.
Nahegelegt wird uns dieser Gedanke durch einen Hinweis in 1. Mose 1,26: „Lasst uns Menschen machen in unserem Bild, uns ähnlich, sie sollen herrschen über die Fische des Meeres und über die Vögel des Himmels und über das Vieh und über die ganze Erde und über alle kriechenden Tiere, die auf der Erde kriechen.“
In dem Moment, wo das Ebenbild erwähnt wird, wird auch die Funktion erwähnt. So ist es zweifellos ein Teil des Ebenbildes Gottes im Menschen, dass er diese Herrschaft ausübt.
Betrachten Sie unter demselben Aspekt, was in Psalm 8 steht: „Herr, unser Herr, wie herrlich ist dein Name auf der ganzen Erde, der du deine Hoheit gelegt hast auf die Himmel. Aus dem Munde der Kinder und Säuglinge hast du Macht gegründet um deiner Widersacher willen.“
Dann fährt der Psalmist fort: „Wenn ich anschaue deine Himmel, was ist der Mensch, dass du an ihn denkst, und des Menschen Sohn, dass du dich um ihn kümmerst? Denn du hast ihn wenig geringer gemacht als die Engel, und manche würden uns sagen, dass man hier ‚wenig geringer gemacht als Gott‘ lesen sollte. Mit Herrlichkeit und Pracht krönst du ihn, du machst ihn zum Herrscher über die Werke deiner Hände.“
Dass der Mensch diese Herrschaft innehat, diese Kontrolle, diese Regierungsgewalt über die Schöpfung, ist Teil seiner Herrlichkeit und Ehre. Was Gott für das ganze Universum ist, ist der Mensch sozusagen für die Schöpfung. Der Mensch ist von Gott gemacht worden.
Nachdem wir uns das Ebenbild nun auf diese Weise im Detail angeschaut haben, lassen Sie mich es zusammenfassen: Die wesentlichen Elemente im Ebenbild sind jene, die man nicht verlieren kann, ohne aufzuhören, ein Mensch zu sein. Sie sind jene Eigenschaften und Fähigkeiten der menschlichen Seele, die immer bleiben.
Es gibt andere Elemente, die wir hinzukommende Elemente nennen können, und die ein Mensch verlieren kann und dabei doch Mensch bleiben kann. Mit anderen Worten: Als der Mensch sündigte und fiel, verlor er nicht das Ganze des Ebenbildes. Er behielt die wesentlichen Elemente bei sich. Doch die hinzukommenden Elemente büßte er ein.
Wir müssen uns darüber im Klaren sein: Als der Mensch fiel, hörte er nicht auf, Mensch zu sein. Sein wesensmäßiges Menschsein blieb, und das behielt den Teil des göttlichen Ebenbildes bei, in dem er ursprünglich geschaffen war.
Deshalb ist es wichtig, dass wir dies betonen. Wir dürfen unsere Vorstellung des göttlichen Ebenbilds im Menschen niemals auf die ursprüngliche Rechtschaffenheit und Heiligkeit des Menschen begrenzen. Dies wurde immer wieder getan, und das hat zu großen Schwierigkeiten hinsichtlich anderer Lehren geführt.
Man sagt, dass mit dem göttlichen Ebenbild im Menschen einfach seine ursprüngliche Rechtschaffenheit und Heiligkeit gemeint sei. Als er fiel, habe er sie daher ganz verloren. Aber das stimmt so nicht.
Das natürliche Element im göttlichen Ebenbild muss betont werden, weil es, wie die Heilige Schrift uns gelehrt hat, nach dem Sündenfall fortbesteht. Wir finden es im 1. Mose 5 und auch im 1. Mose 9, und wir finden es im Jakobus 3. Der Mensch trägt diese Bestandteile und Aspekte des göttlichen Ebenbildes selbst in seinem sündigen Zustand an sich. Sie sind ein wesentlicher Teil der menschlichen Natur. Wenn er jene verlöre, wäre er nicht länger ein Mensch.
Die Frage, die wir an diesem Punkt stellen müssen, ist daher diese: Was war der ursprüngliche Zustand des Menschen, wenn all diese Dinge wahr sind?
Hier gibt es nun zwei wesentliche Gefahren. Die eine ist die Gefahr, zu übertreiben und aus Adam eine Art Monstrum zu machen. Die andere Gefahr ist, das, was er war, schmerzlich zu unterschätzen. Hier kommen wieder die Evolutionisten ins Spiel und beschreiben ihn als eine Art halben Wilden und halbes Tier. Beides ist verkehrt.
Was wir sagen müssen, ist Folgendes: Erstens steht außer Frage, dass der Mensch, wie er ursprünglich geschaffen wurde, mit der Erde verbunden war, aber ebenso war er auch mit Gott verbunden.
Zweitens machte Gott ihn zu seinem Stellvertreter in der Welt.
Drittens war er offenkundig intelligent und fähig zu verstehen. Gott brachte die Tiere zu ihm und forderte ihn auf, sie zu benennen. Adam war es, der all diesen Tieren und Geschöpfen Namen gab (1. Mose 2,19-20). Er konnte voneinander unterscheiden und auseinanderhalten, erkannte die jeweilige Tierart und den Namen, der dazu passte – Namen, die Bedeutungen haben und uns etwas über den Charakter jedes einzelnen Tieres erzählen.
Also war er offenbar mit hoher Intelligenz beschenkt.
Wir gehen auch davon aus, anhand dessen, was wir wissen, dass er glücklich war. Er arbeitete ohne Mühe. Er herrschte über die Welt, er gewann seinen Lebensunterhalt aus dem Pflanzenreich, ohne sich dafür groß abzumühen, und er hatte ganz eindeutig einen vertrauten Umgang mit den Tieren.
Wie war seine Beziehung zu Gott? Es war eine Beziehung kindlicher Abhängigkeit, der Abhängigkeit eines Kindes, eines Sohnes. Er gehorchte Gott bedingungslos, und, ganz wichtig, seine Gemeinschaft, seine Verbundenheit, sein Umgang mit Gott waren vollkommen frei von Angst.
Wie sah sein geistlicher Zustand aus? Das ist ein wichtiges Thema. An diesem Punkt hat es erneut viele Irrtümer gegeben.
Als Gott alles schuf, den Menschen eingeschlossen, wird uns berichtet: „Und Gott sah alles, was er gemacht hatte, und siehe, es war sehr gut“ (1. Mose 1,31).
In Prediger 7,29 erfahren wir, dass Gott den Menschen aufrecht gemacht hat. Das ist nicht nur ein Hinweis auf seinen Körperbau, sondern auch auf seine wesensmäßige, moralische und geistliche Verfassung.
Das bedeutet nun, so scheint es mir, dass es im Menschen niemals einen Konflikt zwischen seinen höheren und niedrigeren, zwischen den körperlichen und geistigen Elementen gegeben hat.
Die Katholiken sagen, das habe es gegeben. Sie sagen, dass der Körper von Beginn an immer eine Gefahr für den Menschen dargestellt habe und dass Gott dem Menschen eine Extra-Gabe habe geben müssen, um ihn davor zu bewahren, von seiner niedrigeren Natur heruntergezogen zu werden. Das ist die römisch-katholische Vorstellung des Ebenbildes.
Mit anderen Worten: Eine gewisse Fähigkeit zu sündigen sei schon da gewesen, bevor der Mensch fiel. Aber das ist etwas, was die Heilige Schrift nicht lehrt.
Es hat überhaupt keinen Konflikt gegeben, es bestand eine vollkommene Harmonie zwischen Körper und Geist.
Das Gewissen ist ein Beweis dafür. Jedes Mal, wenn uns unser Gewissen anklagt, ist das ein Beweis dafür, dass der Mensch ursprünglich sündlos war. Wir haben das Gefühl, dass wir nicht gesündigt haben sollten, dass es verkehrt war zu sündigen. Ja, das ist eine Erinnerung, eine Vergegenwärtigung des ursprünglichen sündlosen Zustands des Menschen.
Eine andere Sache, die wir verneinen müssen, ist Folgendes: Wir dürfen uns Adam nicht einfach in einem Zustand der Unschuld vorstellen. Manche Leute stellen sich ihn so vor, als wäre er einfach ein Kind gewesen, obwohl er ein Mann war, aber eben doch ein Kind in seinen Ansichten und seiner Gesinnung. Sie sagen, dass er moralisch nicht festgelegt gewesen sei. Er sei weder gut noch schlecht gewesen, sagen sie, er hatte nicht gesündigt, er war nichts – eben neutral.
Aber die Bibel lehrt uns das nicht. Sie sagt uns, dass der Mensch sich in einem Zustand eindeutiger Heiligkeit und wahrer Rechtschaffenheit befunden habe. Das ist es, wo die Zitate aus dem Epheser- und Kolosserbrief wichtig sind.
Errettung muss uns mindestens an diesen Punkt zurückbringen und noch weiter.
Was ist nun der Unterschied, werden Sie fragen, zwischen Adam, bevor er fiel, und dem wiedergeborenen und erretteten Menschen?
Ich meine, der Unterschied besteht darin, dass diese Dinge bei Adam im Keim vorhanden waren, in embryonaler Form. Sie waren nicht völlig entwickelt. Sie waren da, und so wie sie da waren, waren sie vollkommen. Sie waren im Ansatz vollkommen, aber nicht im Sättigungsgrad.
Mit anderen Worten: Der Mensch war, so weit er gekommen war, vollkommen, aber da war noch Raum für eine Entwicklung.
Es war überhaupt nichts Unvollkommenes an ihm. Es kann eine vollkommene Eichel geben und eine vollkommene Eiche. Es handelt sich dabei um eine unterschiedliche Vollkommenheit, und doch sind sie miteinander verbunden. Die Tatsache, dass die Eichel keine Eiche ist, bedeutet nicht, dass sie unvollkommen ist. Nein, sie ist eine vollkommene Eichel, und all die Entwicklungsmöglichkeiten einer vollkommenen Eiche sind in der vollkommenen Eichel eingelegt.
So war es zweifellos am Anfang mit Adam und Eva.
Die Erkenntnis, die Rechtschaffenheit und die wahre Heiligkeit waren im Keim, im Embryo vorhanden, in vollkommener Form, aber sie waren noch nicht vollständig entwickelt.
Mit anderen Worten: Der Mensch befand sich in der Erprobung, in der Bewährung. Er befand sich in einem Zustand der Vorbereitung, der entweder zu unendlich größerer Würde und Herrlichkeit führen oder in einem Sündenfall enden konnte.
Wir wissen, dass er tatsächlich in einem Sündenfall endete, aber Adam hätte auch weiter wachsen und sich entwickeln können bis zur vollen Blüte und Vollkommenheit.
So also hat Gott den Menschen geschaffen. In diesem Zustand der Vollkommenheit stellte er ihn in den Garten und schloss einen Bund mit ihm. Er teilte ihm mit, dass er, wenn er seine Gebote halten würde, weiter wachsen und sich zu dieser endgültigen, absoluten Vollkommenheit entwickeln würde.
Andererseits, wenn er Gottes Gebote brechen würde, dann würde er fallen und bestimmte Segnungen verlieren.
So machte Gott den Menschen nach seinem eigenen Ebenbild und nach seiner Ähnlichkeit.
So war der Mensch am Anfang, und trotz des Sündenfalls, trotz der Sünde, bleiben Elemente davon bis heute.
Das ist die Tragödie der Welt. Das sollte der größte Impuls und das größte Motiv zur Evangelisation sein.
In gewisser Hinsicht sollte unsere erste Botschaft an den Menschen sein, dass er doch begreifen soll, wer er ist, wozu Gott ihn gemacht hat, und dann, was er sich selbst angetan und wozu er sich selbst gemacht hat.
Das fünfte und letzte Merkmal des göttlichen Ebenbildes, das ich betonen möchte, ist, dass sich das Ebenbild Gottes auch in der menschlichen Herrschaft über die Erde zeigt. Es besteht keinerlei Zweifel daran, dass dies ein Teil des göttlichen Ebenbildes ist. Darin spiegelt der Mensch teilweise die Gottesherrschaft und Souveränität über die ganze Schöpfung wider.
Dieser Gedanke wird uns durch einen Hinweis in 1. Mose 1,26 nahegelegt: „Lasst uns Menschen machen in unserem Bild, uns ähnlich; sie sollen herrschen über die Fische des Meeres, über die Vögel des Himmels, über das Vieh, über die ganze Erde und über alle kriechenden Tiere, die auf der Erde kriechen.“
In dem Moment, in dem das Ebenbild erwähnt wird, wird auch die Funktion genannt. So ist es zweifellos ein Teil des Ebenbildes Gottes im Menschen, dass er diese Herrschaft ausübt.
Betrachten wir unter demselben Aspekt, was in Psalm 8 steht: „Herr, unser Herr, wie herrlich ist dein Name auf der ganzen Erde, der du deine Hoheit gelegt hast auf die Himmel! Aus dem Munde der Kinder und Säuglinge hast du Macht gegründet um deiner Bedränger willen.“
Dann fährt der Psalmist fort: „Wenn ich anschaue deine Himmel, was ist der Mensch, dass du seiner gedenkst, und des Menschen Sohn, dass du dich um ihn kümmerst? Denn du hast ihn wenig geringer gemacht als die Engel.“ Manche würden uns sagen, dass man hier „wenig geringer gemacht als Gott“ lesen sollte.
Weiter heißt es: „Mit Herrlichkeit und Pracht krönst du ihn, du machst ihn zum Herrscher über die Werke deiner Hände.“
Dass der Mensch diese Herrschaft innehat, diese Kontrolle und Regierungsgewalt über die Schöpfung, ist Teil seiner Herrlichkeit und Ehre. Was Gott für das ganze Universum ist, ist der Mensch sozusagen für die Schöpfung. Der Mensch ist von Gott gemacht worden, um diese Rolle einzunehmen.
Nachdem wir uns das Ebenbild nun im Detail angeschaut haben, möchte ich es zusammenfassen. Die wesentlichen Elemente im Ebenbild sind jene, die man nicht verlieren kann, ohne aufzuhören, ein Mensch zu sein. Es sind die Eigenschaften und Fähigkeiten der menschlichen Seele, die immer bleiben.
Es gibt jedoch andere Elemente, die wir als hinzukommende Elemente bezeichnen können. Diese kann ein Mensch verlieren und dabei trotzdem Mensch bleiben. Mit anderen Worten: Als der Mensch sündigte und fiel, verlor er nicht das gesamte Ebenbild. Er behielt die wesentlichen Elemente bei sich, aber die hinzukommenden Elemente büßte er ein.
Wir müssen uns darüber im Klaren sein: Als der Mensch fiel, hörte er nicht auf, Mensch zu sein. Sein wesensmäßiges Menschsein blieb erhalten. Dadurch behielt er den Teil des göttlichen Ebenbildes, in dem er ursprünglich geschaffen war. Deshalb ist es wichtig, dies zu betonen.
Wir dürfen unsere Vorstellung vom göttlichen Ebenbild im Menschen niemals auf die ursprüngliche Rechtschaffenheit und Heiligkeit des Menschen beschränken. Das wurde immer wieder getan und hat zu großen Schwierigkeiten bezüglich anderer Lehren geführt. Manche sagen, dass mit dem göttlichen Ebenbild im Menschen nur seine ursprüngliche Rechtschaffenheit und Heiligkeit gemeint sei. Als er fiel, habe er diese daher ganz verloren.
Das stimmt jedoch nicht. Das natürliche Element im göttlichen Ebenbild muss betont werden, denn es besteht, wie die Heilige Schrift lehrt, auch nach dem Sündenfall fort. Wir finden dies im 1. Mose 5 und 9 sowie im Jakobus 3.
Der Mensch trägt diese Bestandteile und Aspekte des göttlichen Ebenbildes selbst in seinem sündigen Zustand in sich. Sie sind ein wesentlicher Teil der menschlichen Natur. Wenn er sie verlöre, wäre er nicht länger ein Mensch.
Die Frage, die wir an diesem Punkt stellen müssen, lautet daher: Was war der ursprüngliche Zustand des Menschen, wenn all diese Dinge wahr sind?
Hier gibt es nun zwei wesentliche Gefahren. Die eine ist die Gefahr, zu übertreiben und aus Adam eine Art Monstrum zu machen. Die andere Gefahr besteht darin, das, was er war, schmerzlich zu unterschätzen. Hier kommen wieder die Evolutionisten ins Spiel, die ihn als eine Art halben Wilden und halbes Tier beschreiben. Beides ist verkehrt.
Was wir sagen müssen, ist Folgendes: Erstens steht außer Frage, dass der Mensch, wie er ursprünglich geschaffen wurde, mit der Erde verbunden war. Aber ebenso war er auch mit Gott verbunden. Zweitens machte Gott ihn zu seinem Stellvertreter in der Welt. Drittens war er offenkundig intelligent und fähig zu verstehen.
Gott brachte die Tiere zu ihm und forderte ihn auf, sie zu benennen. Adam war es, der all diesen Tieren und Geschöpfen Namen gab (1. Mose 2,19-20). Er konnte voneinander unterscheiden und auseinanderhalten, erkannte die jeweilige Tierart und den dazu passenden Namen. Diese Namen hatten Bedeutungen und erzählten uns etwas über den Charakter jedes einzelnen Tieres. Also war er offenbar mit hoher Intelligenz beschenkt.
Wir gehen auch davon aus, anhand dessen, was wir wissen, dass er glücklich war. Er arbeitete ohne Mühe. Er herrschte über die Welt und gewann seinen Lebensunterhalt aus dem Pflanzenreich, ohne sich dafür groß abzumühen. Außerdem hatte er ganz eindeutig einen vertrauten Umgang mit den Tieren.
Wie war seine Beziehung zu Gott? Es war eine Beziehung kindlicher Abhängigkeit, die Abhängigkeit eines Kindes, eines Sohnes. Er gehorchte Gott bedingungslos und – ganz wichtig – seine Gemeinschaft, seine Verbundenheit, sein Umgang mit Gott waren vollkommen frei von Angst.
Und wie sah sein geistlicher Zustand aus? Das ist ein wichtiges Thema. An diesem Punkt hat es erneut viele Irrtümer gegeben. Als Gott alles schuf, den Menschen eingeschlossen, wird uns berichtet: „Und Gott sah alles, was er gemacht hatte, und siehe, es war sehr gut“ (1. Mose 1,31).
In Prediger 7,29 erfahren wir, dass Gott den Menschen aufrecht gemacht hat. Das ist nicht nur ein Hinweis auf seinen Körperbau, sondern auch auf seine wesensmäßige, moralische und geistliche Verfassung. Das bedeutet nun, so scheint es mir, dass es im Menschen niemals einen Konflikt zwischen seinen höheren und niedrigeren, zwischen den körperlichen und geistigen Elementen gegeben hat.
Die Katholiken sagen, das habe es gegeben. Sie behaupten, dass der Körper von Beginn an immer eine Gefahr für den Menschen dargestellt habe und dass Gott dem Menschen eine Extra-Gabe habe geben müssen, um ihn davor zu bewahren, von seiner niedrigeren Natur heruntergezogen zu werden. Das ist die römisch-katholische Vorstellung des Ebenbildes.
Mit anderen Worten: Eine gewisse Fähigkeit zu sündigen sei schon da gewesen, bevor der Mensch fiel. Aber das ist etwas, was die Heilige Schrift nicht lehrt. Es hat überhaupt keinen Konflikt gegeben. Es bestand eine vollkommene Harmonie zwischen Körper und Geist.
Das Gewissen ist ein Beweis dafür. Jedes Mal, wenn uns unser Gewissen anklagt, ist das ein Beweis dafür, dass der Mensch ursprünglich sündlos war. Wir haben das Gefühl, dass wir nicht gesündigt haben sollten, dass es verkehrt war zu sündigen. Ja, das ist eine Erinnerung, eine Vergegenwärtigung des ursprünglichen sündlosen Zustands des Menschen.
Eine andere Sache, die wir verneinen müssen, ist Folgendes: Wir dürfen uns Adam nicht einfach in einem Zustand der Unschuld vorstellen. Manche Leute stellen sich ihn so vor, als wäre er einfach ein Kind gewesen, obwohl er ein Mann war, aber eben doch ein Kind in seinen Ansichten und seiner Gesinnung.
Sie sagen, dass er moralisch nicht festgelegt gewesen sei. Er sei weder gut noch schlecht gewesen, sagen sie. Er habe nicht gesündigt, er sei nichts gewesen – eben neutral. Aber die Bibel lehrt uns das nicht. Sie sagt uns, dass der Mensch sich in einem Zustand eindeutiger Heiligkeit und wahrer Rechtschaffenheit befunden habe.
Das ist es, wo die Zitate aus dem Epheser- und Kolosserbrief wichtig sind. Errettung muss uns mindestens an diesen Punkt zurückbringen und noch weiter.
Was ist nun der Unterschied, werden Sie fragen, zwischen Adam, bevor er fiel, und dem wiedergeborenen und erretteten Menschen?
Ich meine, der Unterschied besteht darin, dass diese Eigenschaften bei Adam im Keim vorhanden waren, in embryonaler Form. Sie waren nicht vollständig entwickelt. Sie waren da, und so wie sie da waren, waren sie vollkommen. Sie waren im Ansatz vollkommen, aber nicht in der vollen Ausprägung.
Mit anderen Worten: Der Mensch war, soweit er gekommen war, vollkommen, aber es gab noch Raum für eine weitere Entwicklung. Es war überhaupt nichts Unvollkommenes an ihm.
Man kann eine vollkommene Eichel und eine vollkommene Eiche haben. Es handelt sich dabei um unterschiedliche Vollkommenheiten, und doch sind sie miteinander verbunden. Die Tatsache, dass die Eichel keine Eiche ist, bedeutet nicht, dass sie unvollkommen ist. Nein, sie ist eine vollkommene Eichel, und all die Entwicklungsmöglichkeiten einer vollkommenen Eiche sind in der vollkommenen Eichel angelegt.
So war es zweifellos am Anfang mit Adam und Eva. Die Erkenntnis, die Rechtschaffenheit und die wahre Heiligkeit waren im Keim, im Embryo vorhanden, in vollkommener Form, aber sie waren noch nicht vollständig entwickelt.
Mit anderen Worten befand sich der Mensch in der Erprobung, in der Bewährung. Er war in einem Zustand der Vorbereitung, der entweder zu unendlich größerer Würde und Herrlichkeit führen oder in einem Sündenfall enden konnte.
Wir wissen, dass er tatsächlich im Sündenfall endete, aber Adam hätte auch weiter wachsen und sich bis zur vollen Blüte und Vollkommenheit entwickeln können. So also hat Gott den Menschen geschaffen.
In diesem Zustand der Vollkommenheit stellte er ihn in den Garten und schloss einen Bund mit ihm. Er teilte ihm mit, dass er, wenn er seine Gebote halten würde, weiter wachsen und sich zu dieser endgültigen, absoluten Vollkommenheit entwickeln würde.
Andererseits, wenn er Gottes Gebote brechen würde, dann würde er fallen und bestimmte Segnungen verlieren. So machte Gott den Menschen nach seinem eigenen Ebenbild und nach seiner Ähnlichkeit.
So war der Mensch am Anfang. Und trotz des Sündenfalls, trotz der Sünde, bleiben Elemente davon bis heute. Das ist die Tragödie der Welt.
Das sollte der größte Impuls und das größte Motiv zur Evangelisation sein. In gewisser Hinsicht sollte unsere erste Botschaft an den Menschen sein, dass er begreifen soll, wer er ist, wozu Gott ihn gemacht hat und dann, was er sich selbst angetan hat und wozu er sich selbst gemacht hat.
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