Einführung in das Verhältnis von Mensch und Gesetz
Ja, wir freuen uns, dass wir heute Abend den Römerbrief weiterlesen dürfen, und zwar Kapitel 7. Ich lese mal die ersten Verse:
Seid ihr darüber in Unkenntnis, Brüder? Denn ich rede zu solchen, die das Gesetz kennen: Das Gesetz ist über den Menschen Herr, solange er lebt. Denn die dem Mann unterstellte Frau ist mittels des Gesetzes an den lebenden Mann gebunden. Sollte der Mann aber sterben, ist sie dem Gesetz des Mannes enthoben.
Dann wird sie also, während der Mann lebt, als Ehebrecherin bezeichnet werden, wenn sie einem anderen Mann zu eigen wird. Sollte der Mann aber sterben, ist sie vom Gesetz frei, sodass sie nicht eine Ehebrecherin ist, wenn sie einem anderen Mann zu eigen wird.
Und so, meine Brüder, ist es auch bei euch: Ihr wurdet tot dem Gesetz durch den Leib des Christus, um eines anderen zu werden, dessen, der von den Toten erweckt wurde, damit wir Gottfrucht brächten.
Denn als wir im Fleisch waren, wirkten die Sündenleidenschaften, die durch das Gesetz aufkamen, in unseren Gliedern, um dem Tode Frucht zu bringen. Aber nun wurden wir dem Gesetz enthoben, da wir in dem starben, in dem wir festgehalten wurden. So sollten wir Sklavendienst tun im Neuen, im Geist, und nicht im Alten, im geschriebenen Gesetz, also in Buchstaben.
Wir haben ja in Römer Kapitel 7 das Thema der Gerechtigkeit und des Gesetzes, also den geretteten Menschen und das Gesetz. Wie ist jetzt das Verhältnis zum Gesetz? Hier die ersten sechs Verse, und dann in den Versen sieben bis fünfundzwanzig geht es um die Frage: Wie ist es mit dem Sündigen? Was geschieht da eigentlich?
Das wird ein sehr, sehr wichtiger Abschnitt für unser ganz praktisches Leben werden. Wir wollen den Herrn bitten, dass er uns hilft, diese Verse für unser Leben anwenden zu können.
Die Bindung an das Gesetz und die Freiheit durch Christus
Schauen wir uns die ersten sechs Verse an. Welche Beziehung hat der gerechtfertigte Mensch zum Gesetz?
In Vers 1 heißt es: Sei dir darüber im Klaren, denn ich rede ja zu solchen, die das Gesetz kennen, dass das Gesetz über den Menschen Herr ist, solange er lebt. Paulus sagt hier ganz klar: Wer unter dem Gesetz steht, der steht unter einer Herrschaft.
Er bringt dann ein Beispiel aus der Ehe. Er sagt: Wir haben ja ein Ehegesetz. Wenn ein Mann und eine Frau, ein Ehepaar, zusammenleben und ein Partner stirbt, dann ist die Ehe aufgelöst. Das erklärt er in Vers 2: Die dem Mann unterstellte Frau ist mittels des Gesetzes an den Mann gebunden, solange er lebt. Sollte der Mann aber sterben, dann ist sie frei. Sie ist nicht mehr dem Gesetz des Mannes unterworfen, das sie an ihn bindet.
Das versteht jeder. Wenn der Mann gestorben ist, ist die Frau frei. In Vers 3 heißt es: Solange der Mann lebt, würde man sie eine Ehebrecherin nennen, wenn sie zu einem anderen Mann ginge. Wenn aber der Mann gestorben ist, dann ist sie frei, sie kann einen anderen Mann heiraten, ohne Ehebrecherin genannt zu werden.
Das ist das Beispiel, das Paulus bringt, und er sagt: Mit dem Gesetz ist es genauso. Das heißt, wir waren verheiratet mit dem Gesetz.
In Vers 4 heißt es weiter: So, meine Brüder, ist es auch bei euch. Ihr wurdet getötet, ihr seid gestorben dem Gesetz. Wenn der Herr Jesus gestorben ist, dann bin ich gestorben. Das hatten wir schon in Kapitel 6 im Römerbrief in den letzten Tagen betrachtet.
Wenn der Herr Jesus an meiner Stelle gestorben ist, dann gilt sein Tod für mich rechtlich gesprochen. Dann bin ich tot in Bezug auf die Sünde. Ich muss nicht mehr sündigen, ich bin aus dem Herrschaftsbereich der Sünde gestorben. Ich muss nicht mehr das tun, was mir die Sünde befiehlt.
Hier sagt Paulus: In Bezug auf das Gesetz ist es auch so. Wenn ich tot bin, dann bin ich frei von dem Gesetz. Er sagt: So ist es, ihr seid tot, ihr wurdet tot gegenüber dem Gesetz durch Christus, weil Christus für uns gestorben ist, um jetzt einen anderen zu heiraten, um jetzt eines anderen zu werden.
Wir waren vorher mit dem Gesetz verheiratet, und jetzt sind wir gestorben. Wir sind nicht mehr an das Gesetz gebunden. Aber der Herr Jesus hat uns auch mit in den Tod hineingenommen und hat uns auch in die Auferstehung hineingenommen. So sind wir jetzt aus dem Toten herausgekommen und mit dem Herrn Jesus verheiratet.
Dieses Bild wird hier verwendet. Wozu sind wir also mit dem Herrn Jesus verbunden worden? Zu welchem Zweck?
In Vers 4 steht am Ende: Damit wir Gott Frucht bringen. Warum sind wir zu Jesus gekommen? Nicht einfach nur, damit es uns besser geht. Es geht uns ja auch viel besser bei dem Herrn Jesus. Sondern damit wir zum ersten Mal im Leben für Gott Frucht bringen.
Solange man nicht wiedergeboren ist, kann man gar nicht für Gott Frucht bringen. Ein Mensch fängt erst dann an, wirklich Frucht zu bringen für die Ewigkeit, wenn er mit dem Herrn Jesus Christus verbunden wird. Das ist hier, was der Apostel Paulus sagt.
Leben im Fleisch und im Geist
Denn als wir im Fleisch waren – Vers 5 –, wirkten die Leidenschaften der Sünden, die Leidenschaften, die durch das Gesetz aufkamen, in unseren Gliedern, um dem Tode Frucht zu bringen.
Steht bei Ihnen auch „als wir im Fleisch waren“ in der Bibel? Es sollte hier nicht „als wir fleischlich waren“ heißen, sondern „als wir im Fleisch waren“. Was bedeutet das?
Ich habe bereits davon gesprochen: Es gibt zwei Lebensbereiche. Einerseits den Lebensbereich des Fleisches und andererseits den Lebensbereich Jesus Christus. Von Natur aus sind alle Menschen im Fleisch. Was heißt das? Was bedeutet „Fleisch“?
Fleisch hat mit unserer alten Natur zu tun. Unsere normale Natur ist gebunden an die irdische Welt, an das irdische Leben. Fleisch ist die Welt des irdischen Lebens, die uns mit den fünf Sinnen mit dieser Welt verbindet. Und da gibt es natürlich viele Gefahren. Das ist unser Lebenselement.
Wenn ein Mensch auf die Welt kommt, was ist für ihn wichtig? Zuerst einmal essen und trinken, atmen und warm haben. Man muss sich in der Welt irgendwie wohlfühlen, ja klar. Dann ist wichtig, dass man Geld verdient. Dann ist es wichtig, dass es mir gut geht, dass ich nicht verhungere, dass ich Freude habe und nach Lust und Laune leben kann. Dass alle mich mögen, dass alle mir lieb tun und dass ich mich nie ärgern muss und so weiter. Wir wollen es gern gut haben.
Wir richten uns nach dem aus, was um uns herum ist. Wenn es kalt ist, sagen wir: „Es ist kalt, ich möchte, dass es wärmer wird.“ Wenn es zieht, sagen wir: „Ich möchte, dass die Luft aufhört, dass es nicht mehr so windet.“ Wenn es zu heiß ist, sagen wir: „Ach, es ist heiß, ich muss irgendwie raus, ich brauche frische Luft oder Schatten.“ Wir haben Hunger, Durst und möchten etwas Gutes essen. Also sind wir mit dieser Welt verbunden.
Grundsätzlich ist das alles in Ordnung, aber diese Welt ist nicht alles, was es gibt. Der Mensch lebt nicht nur von den Dingen des irdischen Lebens. Es gibt mehr, es gibt zwei Welten, es gibt eine andere Welt.
Der Mensch, der auf diese Welt kommt, fühlt sich zuhause in dieser Welt. Wer Jesus Christus gar nicht kennt, weiß überhaupt nichts von der anderen Welt. Er kennt die andere Welt gar nicht. Diese Welt ist sein Lebenselement.
Ich kenne viele, ich denke da an unsere Nachbarn zum Beispiel. Für sie ist es wichtig, dass sie jeden Sonntag irgendwo hinfahren, dass sie es schön haben und dass sie auf die Berge steigen. Ich habe nichts dagegen. Niemand hat etwas dagegen, dass man auf die Berge steigt und schaut, wie schön die Welt ist.
Aber traurig ist es, wenn das die einzige Befriedigung ist, wenn das das ganze Leben ist.
Paulus sagt: Früher waren wir im Fleisch. Was heißt das? Er meint nicht, früher waren wir im Leib, denn wir sind immer noch im Leib. Er meint: Früher war unser Lebenselement, unser Zuhause, diese Welt. Wir lebten nach unseren Gedanken und nach den Lüsten des Fleisches. Wir taten den Willen des Fleisches und waren von Natur aus Kinder des Zornes. Wir haben einfach gesündigt, zum Beispiel dachten wir: „Jetzt will ich sündigen.“ Und wir lebten nach unseren eigenen Wunschvorstellungen. Das war unser Zuhause.
Ich habe das Beispiel von der Kaulquappe gebracht, die im Wasser lebt. Das Lebenselement der Kaulquappe ist das Wasser. Aber irgendwann wird die Kaulquappe ein Frosch und springt aus dem Wasser heraus. Dann ist das Lebenselement die Luft.
Früher war das Lebenselement das Fleisch, unser diesseitiges Wesen, unser Leben nach dem Fleisch. Aber jetzt, wenn wir Christen geworden sind, leben wir nicht mehr im Fleisch, sondern mit dem Heiligen Geist. Das neue Lebenselement ist der Heilige Geist.
Hier heißt es in Vers 5: „Als wir im Fleisch waren, da wirkten die Leidenschaften der Sünden.“ Wir lebten nach den Leidenschaften und sündigten darauf los. Die Leidenschaften wirkten in unseren Gliedern und machten uns fast zu Sklaven. Und was war die Frucht davon? Sünde. Sünde und am Ende der Tod.
Vers 6: „Aber jetzt wurden wir von dem Gesetz frei gemacht, weil wir gestorben sind.“ Wir sind in dem gestorben, worin wir festgehalten wurden, im Gesetz. So sollten wir nun Sklavendienst im neuen Lebenselement, im Geist, tun – nicht mehr im Alten, im Gesetz, im geschriebenen Gesetz.
Vielleicht steht bei Ihnen hier „im Geschriebenen“. Im Griechischen heißt es einfach „im Geschriebenen“. Was bedeutet das? Paulus sagt: Wir haben jetzt ein neues Lebenselement. Dieses Lebenselement heißt Geist.
Hier, in Römer Kapitel 6 bis 8, steht zum ersten Mal das Wort „Geist“. Er meint den Heiligen Geist. Wir haben jetzt ein neues Lebenselement, das ist unsere neue Luft, unser neuer Bereich, in dem wir uns wohlfühlen: der Geist, der Heilige Geist.
Früher lebten wir mit unseren fünf Sinnen und dachten, es gäbe keine andere Welt. Aber jetzt kam der Heilige Geist in unser Leben hinein. Jetzt sind wir Christen geworden und haben einen neuen Bereich, in dem wir leben. Das ist der Bereich des Heiligen Geistes.
Jetzt leben wir in einem neuen Bereich. Dieses Neue bringt gute Frucht hervor. Es ist eine neue Lebensart, in der der Geist uns leitet. Es ist nicht einfach nur ein Gesetz, das sagt: „Du sollst nicht, du sollst nicht, du sollst nicht“, sondern da ist der Heilige Geist. Er fühlt mich anders. Er sagt mir auch, was ich nicht tun soll, aber er tut noch mehr: Er bringt mir Kraft und Leben.
Paulus will hier einfach zeigen: Es gibt zwei Bereiche – den Bereich des Fleisches und den Bereich des Geistes. Wir leben nicht nur für das Fleisch, wir leben nicht nur für die Welt hier, für das Diesseitige, für das Irdische. Nein, wir leben für den Himmel, für die geistliche Welt.
Mit Jesus Christus ist etwas anders geworden. Wenn wir jetzt an den Herrn Jesus Christus glauben, dann sind wir gestorben in Bezug auf das Gesetz. Nicht das Gesetz ist gestorben – das lebt immer noch –, aber wir sind tot. Wir sind gestorben und leben jetzt. Wir sind mit Jesus Christus auferweckt worden und gehören jetzt dem Herrn Jesus Christus.
Wir sind in eine neue Welt versetzt worden. In Römer 7 wird Paulus das noch deutlicher erklären. Das werden wir gleich besser verstehen. Aber zuerst noch…
Die neue Schöpfung in Christus
Ihr kennt doch den Vers: „Ist jemand in Christus, dann ist er eine neue Kreatur. Das Alte ist vergangen, und siehe, es ist alles neu geworden.“
Wenn jemand in Christus hineingesetzt wird, aus dem Alten in Christus, ist er eine neue Schöpfung. Was bedeutet das eigentlich?
Gott will eine neue Schöpfung schaffen. Er hat die Welt ja schon einmal erschaffen – die Welt, die wir hier sehen und mit unseren fünf Sinnen wahrnehmen. Doch das ist nicht die letzte Welt. Der Herr Jesus kam, um uns von der Sünde zu erlösen. In dieser Welt herrscht die Sünde, in dieser Welt herrscht der Tod. Alles geht einem Ende entgegen, alles verfällt.
Der Herr Jesus ist aber von den Toten auferstanden. Er ist der Erstling der Entschlafenen, der erste Teil der neuen Schöpfung. Einmal wird Gott alles neu machen, und Jesus ist der Erste dieser neuen Schöpfung. Er hat neues Leben – göttliches Leben.
Wenn jetzt jemand Christ wird, wird er in Christus hineingesetzt. Vielleicht sagen Sie: „Aber ich bin doch immer noch der gleiche.“ Äußerlich gesehen ist tatsächlich nichts neu. Äußerlich ist alles beim Alten. Wir sehen noch genauso aus, haben die gleiche Haut und dieselben Krankheiten. Aber innerlich sind wir neu geworden, weil der Heilige Geist in unser Leben eingezogen ist.
Er hat uns mit Jesus Christus, mit seinem Leben, verbunden. Durch diese Verbindung, durch den Glauben an den Herrn Jesus, haben wir etwas Neues in uns. Paulus sagt: „Ist jemand in Christus, ist er eine neue Schöpfung.“ Das bedeutet, dass er schon ein Teil von dem Neuen ist, das Gott einmal schaffen wird.
Was sich geändert hat, ist der Teil von uns, der ewig leben wird. Dieser Teil ist neu geworden durch die Verbindung mit dem auferstandenen Herrn Jesus Christus. Nun fragt man oft: „Wie erfährt man das?“ Das erfährt man in dem Maße, wie man mit dem Herrn Jesus lebt, mit ihm spricht und ihm vertraut.
Dann erfährt man: „Hey, jetzt ist Kraft vorhanden.“ Früher war diese Kraft nicht da. Jetzt ist eine Kraft da, durch die ich nicht mehr sündigen muss.
Paulus sagt, es gibt zwei Lebenselemente: Die einen leben im Fleisch, und das ist ihr ganzes Leben. Sie kennen nichts anderes als das Fleischliche – fleischliche Lüste, fleischliches Sehen, Hören, Riechen und Schmecken. Für sie ist die Welt alles, und die Kräfte in dieser Welt sind für sie alles. Sie kennen keine anderen Kräfte.
Aber wenn jemand Christ geworden ist, dann ist etwas ganz Neues geschehen. Paulus möchte, dass die Christen in Rom – und wir heute auch – verstehen, was das für unser praktisches Leben bedeutet. Und das bedeutet sehr viel.
Die Sünde und das Gesetz – eine Einführung
Und was jetzt in den Versen sieben bis zum Ende des Kapitels folgt, ist, dass Paulus uns aus seiner Erfahrung etwas mitteilt. Das ist eine ganz wichtige Lektion, die wir hier lernen. Er zeigt, was eigentlich geschieht, wenn wir sündigen. Was passiert da mit uns?
Zuerst beginnt er mit einer kurzen Frage als Einführung in Vers sieben. Er sagt: „Was werden wir also sagen? Ist das Gesetz Sünde?“ Also fragt er, ob das Gesetz etwas Böses oder Sündiges ist. Wir haben ja gemerkt, dass die Sünde dadurch entsteht, dass das Gesetz uns sagt: „Du sollst nicht töten, du sollst nicht lügen, du sollst nicht begehren.“ Und jetzt, wo ich merke, dass das Gesetz sagt: „Du sollst nicht begehren“, dann wird mir bewusst: „Oh, ich bin ein Sünder, ich begehre.“ Ich tue immer gerade das nicht, was das Gesetz sagt, dass ich tun soll, und das, was das Gesetz verbietet, das tue ich. Und jetzt fällt mir auf: Ich bin ein Sünder. Dann sagen wir vielleicht, das Gesetz sei böse.
Das Gesetz ist aber nicht böse. Das Gesetz ist wie ein Fieberthermometer. Das Fieberthermometer stecke ich rein und merke, ich bin krank. Da kann ich doch nicht sagen, ich zerbreche das Fieberthermometer, das blöde, dumme Fieberthermometer, das ist schuld daran, dass ich krank bin. Nein, es hat mir nur gezeigt, dass ich krank bin. Wenn ich ein Haus gebaut habe und die Wasserwaage anlege, sehe ich, dass es schief ist. Dann mache ich nicht die Wasserwaage kaputt, sondern das Haus ist schief. Nicht die Wasserwaage ist schuld.
Das heißt, das Gesetz zeigt mir, dass ich ein Sünder bin, aber das Gesetz selbst ist deshalb nicht schlecht. „Ist das Gesetz Sünde?“ – „Nein“, sagt er, „das sei ferne.“ In Vers 7, in der Mitte, sagt er: „Die Sünde erkannte ich nicht als nur durchs Gesetz.“
Paulus beschreibt hier das Thema Sünde. Wir erinnern uns: Er spricht nicht von einzelnen Sünden, sondern von Sünde als Kraft. Wissen Sie noch den Unterschied? Sünden sind einzelne Taten, Worte oder Gedanken, einzelne Dinge, die wir tun. Sünde hingegen ist etwas anderes: Sie ist eine Kraft in uns, eine Neigung, die uns zum Sündigen zieht.
Paulus beschreibt seine Erfahrung bei der Begegnung mit dem Gesetz. Er sagt, die Sünde kannte er nicht ohne das Gesetz. Auch die Lust wäre ihm nicht bewusst gewesen, wenn das Gesetz nicht gesagt hätte: „Du sollst dich nicht gelüsten lassen.“ Welches Gebot ist das? „Du sollst dich nicht gelüsten lassen.“ Welches Gebot ist das genau? Wir haben ja zehn Gebote. Welches ist es? Das zehnte: „Du sollst nicht begehren.“ Und dann zählt er auf: „Deines Nächsten Frau, deines Nächsten Gut, deines Nächsten Esel“ und alles, was der Nächste hat. „Du sollst nicht begehren.“
Nach Luther beziehungsweise nach der katholischen Kirche ist es das neunte Gebot, aber nach der anderen Zählung, die wir in der Bibel haben, ist es das zehnte Gebot: „Du sollst nicht begehren.“ Mit diesem Gebot hatte Paulus große Schwierigkeiten.
Das erste Gebot kennen wir alle: „Du sollst den Herrn, deinen Gott, lieben von ganzem Herzen, mit ganzer Seele, mit all deiner Kraft, mit deinem Verstand, mit deinem ganzen Gemüt.“ Ja, mit allem, was du hast, sollst du Gott lieben. Oder wir können es auch negativ ausdrücken: „Ich bin der Herr, dein Gott, der dich aus Ägyptenland geführt hat. Du sollst keine anderen Götter neben mir haben.“ Das ist das Gleiche.
Ob ich jetzt zu meiner Frau sage: „Du sollst keine anderen Männer neben mir haben“, oder ob ich hier sage: „Du sollst mich allein lieben“, das ist dasselbe. Das eine ist positiv formuliert, das andere negativ. Gott sagt in 2. Mose 20 negativ: „Du sollst keine anderen Götter neben mir haben.“ Das ist negativ: keine anderen Götter. Und in 5. Mose 6 sagt er: „Du sollst den Herrn, deinen Gott, lieben von ganzem Herzen.“ So oder so ist es dasselbe.
Das ist das erste Gebot, die Zusammenfassung aller zehn Gebote. Es ist das wichtigste Gebot und gleichzeitig die Zusammenfassung. Die anderen neun Gebote, das zweite bis zehnte, sind eine Kontrolle. Damit kann ich mich selbst kontrollieren.
Das zehnte Gebot ist die strengste Kontrolle. Mit dem zehnten Gebot kann ich genau prüfen, ob ich den Herrn wirklich von ganzem Herzen liebe. Bei den anderen Geboten kann ich es nach außen hin ein bisschen vortäuschen. Ich tue nicht lügen, ich tue nicht stehlen, ich gehorche den Eltern – ich mache alles, was sie sagen, und bin brav, so wie es in den Geboten steht. Aber das letzte, das zehnte Gebot, ist ein Gebot, das Gott nach dem Herzen fragt: „Du sollst nicht begehren.“
Das können die anderen nicht überprüfen, ob ich es tue. Niemand weiß, was ich begehre. Das sieht man nicht. Du kannst nicht sagen: „Der schaut so komisch, der begehrt jetzt etwas.“ Nein, das weiß niemand, was er begehrt. Das weiß nur er selbst.
Das heißt, das ist die strengste Prüfung, weil ich mich selbst prüfen muss. Niemand sonst kann mich beim zehnten Gebot prüfen, aber ich selbst kann es sehr gut. Ich weiß, was ich begehre. „Du sollst nicht begehren.“ Das zehnte Gebot ist also ein ganz besonderes Prüfungsgebot für sich selbst. Da kann man sich selbst prüfen, ob man es ernst meint oder nicht. Nur du selbst kannst das.
Noch einmal: „Die Sünde erkannte ich nicht als nur durchs Gesetz.“ Was heißt das? Das heißt, ich lernte mein wahres Wesen, die Sünde in mir, nur durch das Gesetz kennen. Das Gesetz hat mir aufgedeckt, dass ich jemand bin, dem es immer wieder zum Sündigen hinzieht. Die Sünde, diese Kraft, die mich zum Bösen hinzieht, lernte ich nur durch das Gesetz kennen.
Paulus beschreibt das hier: Die Lust wäre ihm nicht bewusst gewesen, wenn das Gesetz nicht gesagt hätte: „Du sollst nicht begehren.“ Aber nachdem die Sünde einen Anlass hatte durch das zehnte Gebot, bewirkte sie in ihm jede Lust.
Paulus spricht hier von der Sünde in seinem Wesen, von dieser Kraft, von dieser Neigung zum Sündigen. Er sagt, er merkte in sich, in seinem Wesen, da war eine Kraft. Und diese Sünde in seiner Natur bewirkte, dass er gesündigt hat.
Das Gebot sagt: „Du sollst nicht begehren, du sollst nicht begehren, du sollst nicht begehren.“ Und er denkt daran: „Oh, nicht begehren, nicht begehren, nicht begehren.“ Und je mehr er daran denkt, desto mehr wächst die Lust. So hat also das Gebot ihn fast gereizt, zu sündigen.
Er bemerkt: In mir gibt es eine Neigung zum Sündigen, eine Kraft, die mich dorthin zieht. Also nachdem die Sünde einen Anlass hatte durch das Gebot, bewirkte sie in ihm jede Lust.
Die Sünde in der Natur bewirkt die Sünde im Handeln. Wir erinnern uns: Der Apfelbaum ist nicht deshalb ein Apfelbaum, weil er Äpfel trägt, sondern er trägt Äpfel, weil er ein Apfelbaum ist. Und der Sünder ist nicht deshalb ein Sünder, weil er sündigt, sondern er sündigt, weil er ein Sünder ist.
Merkt ihr den Unterschied? Wir meinen oft, wenn jemand viel sündigt, dann ist er ein Sünder. Nein, es ist genau umgekehrt: Weil er ein Sünder ist, sündigt er. Die Wurzel steckt darin, und daraus bringt er die Frucht hervor. Die Frucht ist die Sünde.
Die Wirkung des Gesetzes auf die Sünde
Ohne das Gesetz war die Sünde tot (Vers 8, Mitte)
Ohne das Gesetz war die Sünde tot. Das heißt, wenn kein Gesetz da war, war alles ruhig. Es war friedlich, denn es gab kein Gesetz. Wann war das so? Wann hatte Paulus kein Gesetz? Paulus war auch einmal jung, ganz jung. Fragt doch die zweijährigen Kinder, ob sie ein Gesetz haben oder ein Gesetz kennen. Sie kennen doch kein Gesetz. Irgendwann sagt die Mama vielleicht „Ahai“ oder etwas Ähnliches, und dann sagt das Kind: „Oh, da darf ich nicht hingehen“ oder „Das darf ich nicht angreifen.“ Aber ansonsten hat das ganz kleine Kind kein Gesetz, da ist alles friedlich.
Ohne das Gesetz war die Sünde tot. Welche Sünde denn? Die Neigung, die Kraft, die da schlummert, war wie tot. Sie war zwar vorhanden, aber schlief so fest, dass man meinte, sie sei tot. Diese Tendenz zum Sündigen ist ganz leicht vorhanden, aber unmerklich. Wenn man dann älter wird, was heißt dann Vers 9: „Ich lebte einst ohne Gesetz“? Früher lebte ich ohne Gesetz, jeder von uns, auch Paulus, als er klein war, ohne Gesetz. Da gab es noch kein Gebot, das hatte er noch gar nicht gewusst oder verstanden.
„Ich lebte einst ohne das Gesetz, aber als das Gebot gekommen war, lebte die Sünde auf.“ Irgendwann sagte die Mama zu Paulus: „Paulus, du sollst nicht begehren.“ Da hat er gelernt: „Aha, ich darf nicht begehren.“ Und was geschah? Jetzt wurde die Sünde lebendig. Welche Sünde? Die Neigung zum Sündigen – das ist die Sünde, die Kraft, die mich zum Sündigen hinzieht. Diese Kraft wurde jetzt lebendig, weil es ein Gesetz gab.
„Als das Gebot gekommen war, lebte die Sünde auf, aber ich starb.“ Inwiefern starb Paulus? Das Gesetz verurteilt ihn zum Tode. Das Gesetz sagt: Wenn du sündigst, musst du sterben. Im Gewissen bekam er Gewissensbisse. Sünde bringt immer den Tod hervor. Im Endeffekt führt Sünde zum Tod. Der Lohn der Sünde ist der Tod (Vers 10).
„Und das Gebot, das mir zum Leben gegeben war, erwies sich mir einst als zum Tod.“ Das Gebot ist doch gut, oder? Du sollst Gott lieben – das erste Gebot ist ein gutes Gebot. Es ist dazu da, damit der Mensch lebt. Wenn er es tut, dann wird er leben, so steht es im Gesetz Mose. Wenn du diese Dinge tust, dann wirst du leben. Du sollst nicht begehren. Wenn du das tust, wirst du leben.
Also das Gebot, das zehnte Gebot in diesem Fall, das zum Leben gegeben war, erwies sich Paulus als einst zum Tod. Warum? Jetzt verklagte es ihn, und das Gewissen verklagte ihn. Die Sünde in ihm, die Sünde als Kraft in seinem Leben, betrog ihn (Vers 11). Denn die Sünde nahm einen Anlass durch das Gebot, betrog ihn gänzlich und tötete ihn durch das Gebot.
Was heißt das? Die Sünde, die Neigung, die Kraft der Sünde in Paulus’ Leben, hat ihn betrogen. Sünde verspricht immer etwas Gutes und hält es nicht. Das kennen wir doch, oder? Die Verlockung ist da, und das Versprechen lautet: „Komm, sündige ein bisschen, dann hast du Leben, das ist wunderbar, das ist cool“, sagen die jungen Leute. Und dann sündigt man, und was ist es? Da hat man ein schlechtes Gewissen und merkt, dass etwas Böses eingezogen ist. Man erwartet Schuld, weiß bewusst, dass man schuldig ist. Wie werde ich meine Schuld los? Wie werde ich mein schlechtes Gewissen los?
Die Sünde verspricht viel, hält es aber nicht ein. Das Gegenteil ist der Fall: Die Sünde erschlägt mich. Sie verspricht mir das Leben, aber sie erschlägt und tötet mich. Das Gebot Gottes deckt auf, dass die Folge der Sünde der Tod ist – traurig.
Wenn man sich lange genug an den Ungehorsam gewöhnt, verhärtet man sich. Wenn man sich verhärtet, macht man es noch einmal. Dann meldet sich das Gewissen nicht mehr so stark. Man macht es noch einmal, und das Gewissen wird noch weniger, noch mehr verhärtet. Es meldet sich immer weniger. Schließlich rührt sich das Gewissen gar nicht mehr.
Wenn wir als Christen ungehorsam sind und uns daran gewöhnen, sollen wir nicht überrascht sein, wenn der Heilige Geist nicht mehr mahnt. Wir haben ihm immer wieder die Stimme totgeschlagen, das Gewissen abgestumpft. Wenn wir gegen unser Gewissen handeln, zieht sich der Heilige Geist zurück und wir werden unsensibel. Das heißt, wir bemerken es nicht mehr – das ist furchtbar.
Da muss man ans Licht kommen, mit der Sünde zum Herrn kommen, die Sache aufdecken, vielleicht mit jemandem zusammen beten oder wenn man allein ist, alles mit dem Herrn ins Licht bringen. Dann die Dinge wieder in Ordnung bringen, die Fehler beheben und neu beginnen.
Zurück zum Text: Das Gesetz deckt auf, wie schwach ich bin und wie unfähig ich bin, Gottes Willen zu tun. In den Versen 12 bis 14 lesen wir:
Somit ist das Gesetz heilig, ja, und das Gebot, das zehnte Gebot, ist heilig, gerecht und gut. Es ist also ein Gutes, das mir zum Tode geworden ist. Nein, es war nicht das Gesetz, sondern die Sünde. Die Sünde, nicht das Gesetz, ist das Problem. Das Gesetz hat nur aufgedeckt, dass ich ein Sünder bin, aber das eigentliche Problem ist die Sünde.
Was heißt Sünde? Die Kraft der Sünde, diese Neigung zum Sündigen hin. Die Sünde, damit sie als Sünde richtig offenbar wird, steht bei Paulus in Vers 13: „Damit sie als Sünde offenbar würde, indem sie durch das Gute, also durch das Gesetz, mir den Tod bewirkte, damit durch das Gebot die Sünde überaus sündig würde.“
Was heißt das? Wenn das Gebot kommt, lebt die Sünde auf. Dann kommt die Versuchung, und dann die böse Tat. Jede Sünde macht mich nicht schlechter, sondern offenbart nur, wie schlecht ich bin.
Versteht ihr das? Da ist ein Apfelbaum, und es sind keine Äpfel dran. Du wartest und wartest, dann kommt ein Apfel, noch ein Apfel, noch ein Apfel. Je länger du wartest, desto mehr Äpfel kommen. Du merkst: Aha, es ist offenbar geworden, das ist ein Apfelbaum.
Mit der Sünde ist es genauso. Zuerst sieht man nichts. Dann bringt man das Gesetz, und das Gesetz zeigt Sünde. Das ist Sünde, das ist Sünde, das ist Sünde. Ich handle immer wieder gegen das Gesetz, und das Gesetz sagt mir, ich soll das nicht tun. Jetzt wird offenbar, wie schlecht ich bin. Je mehr Sünden ich tue, desto mehr wird offenbar, wie schlecht ich bin.
Es ist nicht so, dass wir oft meinen: Wenn jemand viele Sünden tut, ist er ein schlechter Mensch, und wer wenig Sünden tut, ist nicht so schlecht. Denken wir so? Klar. Die Bibel sagt aber etwas anderes. Die Bibel sagt: Du bist total schlecht. Und das wird jetzt offenbar, je länger du wartest.
Alle meine Sünden machen den Menschen nicht schlechter, sondern sie offenbaren nur das schlechte Wesen dieses Menschen. Alle meine Sünden zeigen nur, wie schlecht ich bin. Ich bin von Grund auf so schlecht, dass ich gar nicht weiß, wie schlecht ich bin. Furchtbar schlecht, so schlecht, dass Gott sagt: „Da gibt es nur eins: Tod, Tod, Tod. Du hast den Tod verdient, den ewigen Tod.“
Wir Menschen sind von keinem guten Holz geschnitzt. Die Tat ist also nur die Offenbarung dessen, was im Fleisch drinnen ist. Die Sünde wohnt in mir, und ich als Christ bin gänzlich sündhaft und unfähig, Gottes Willen zu tun. Das ist die Lektion, die wir hier haben.
Vers 13: „Damit sie als Sünde offenbar würde, indem sie durch das Gute, durch das Gesetz, den Tod bewirkte, damit durch das Gebot die Sünde überaus sündig würde.“ Das heißt, die Sündhaftigkeit wird jetzt richtig deutlich und klar ans Licht gestellt.
Vers 14: „Denn wir wissen, dass das Gesetz geistlich ist, ich aber bin fleischlich.“ Das Gesetz ist geistlich – was heißt das? Das Gesetz fördert die geistliche Welt. Gott, das Gesetz ist etwas Gutes. Das Gesetz Mose ist ganz gut. Dort steht: Du sollst den Herrn, deinen Gott, lieben von ganzem Herzen.
Das Gesetz fördert die geistliche Welt. Es möchte zeigen, wohin es geht, wohin wir gehören sollen. Es gibt zwei Welten: die geistliche Welt und die materielle Welt. Gott hat Geistwesen geschaffen und materielle Dinge. Der Tisch ist materiell, mein Körper ist materiell. Gott hat die Menschen geschaffen, und die Menschen wohnen eigentlich in beiden Welten.
Die Menschen sind nämlich beides: materiell – ihr könnt euch anfassen, ihr seid materiell – und ihr seid auch Geist. Hier sitzen lauter Geister, die aber in einem Körper stecken. Den Geist sieht man nicht. Wir sind beides: materiell und geistlich. Wir können beten und mit der geistlichen Welt in Kontakt treten, und wir können mit der materiellen Welt in Kontakt treten. Wir leben in zwei Welten.
Das Geistliche hat aber Vorrang. Die geistliche Welt ist die wichtige Welt. Sie ist viel wichtiger als die materielle Welt. Geistliche Nahrung ist wichtiger als materielle Nahrung. Die materielle Nahrung brauche ich auch, aber die geistliche ist noch wichtiger. Der Mensch lebt nicht vom Brot allein, sondern von jedem Wort Gottes.
Gott herrscht über beide Welten, und das Gesetz Gottes will mich auf die andere Welt aufmerksam machen: dass es eine andere Welt gibt. Es gibt einen Gott in der anderen Welt, und den sollst du lieben, sagt das Gesetz.
Die Sünde hat zum Ziel, in der materiellen Welt zuhause zu sein und dort Wurzeln zu schlagen. Die Sünde zieht mich – die Neigung in mir, die Kraft der Sünde – zu dem Punkt hin, dass sie sagt: Schau, diese Welt ist die wichtigste Welt. Die Versuchung ist da, dass ich meine, die Lust dieser Welt ist das Wichtigste, dass es mir gut geht, dass ich viel besitze, ist das Wichtigste, und dass ich von allen Menschen anerkannt bin und stolz auf mich selbst bin, ist das Wichtigste.
Die Sünde zieht mich und bindet mich an diese Welt. Sie will, dass ich dort Wurzeln schlage und von dieser Welt lebe. Paulus sagt, das ist fleischlich. Er gebraucht hier das Wort „Fleisch“, weil Fleisch etwas ist, das man anfassen kann. Geist nicht, Geist kann man nicht anfassen, aber Fleisch schon.
Er sagt, das ist fleischlich, also das Irdische, das Ausgerichtetsein nach dem irdischen Leben ist fleischlich. Wir sind aber nicht nur geschaffen, um fleischlich zu sein. Nein, wir sind geschaffen für eine andere Welt. Aber mit dem Sündenfall kam eine Verlagerung unseres Interesses. Die geistliche Welt wurde unwichtig, die materielle Welt wurde wichtig.
Beim sündigen Volk schadet das. Das Sichtbare und Greifbare trat in den Vordergrund. Adam und Eva im Garten Eden lebten miteinander, aber das Wichtigste im Garten Eden war die Personenbeziehung. Adam konnte Eva anschauen, und als er sie anschaute, sah er tief in sie hinein. Er bemerkte gar nicht, dass sie nackt war.
Aber als sie gesündigt hatten, wo blieben ihre Augen? Sie blieben an der Haut stecken. Er konnte nicht mehr in Eva hineinschauen. Als sie erkannten, dass sie nackt waren, sagte Gott: „Ihr müsst euch bekleiden.“ Das war vorher nicht nötig, denn das Innere war viel wichtiger als das Äußere.
Jetzt durch die Sünde wurde das Äußere das Wichtigste. In dem Moment, als Adam von der Frucht aß, zog er die materielle Welt der geistlichen Welt vor. Das heißt, die materielle Welt war ihm lieber als die geistliche Welt. Die Schöpfung war wichtiger als der Schöpfer.
Und was sagt Gott in Römer 1? Das ist das Wesen der Sünde: Sie liebt die Schöpfung mehr als den Schöpfer. Das ist das Schlimme. Als Adam von dem Baum aß, drückte er drei Dinge damit aus:
Erstens: Was die Schlange sagte, ist wichtiger als das, was Gott sagt. Adam und Eva sagten: Was die Schlange sagt, ist wichtiger als Gottes Wort.
Zweitens: Er sagte zu Gott: „Gott, ich will nicht, was du willst, ich will, was ich will. Mein Wille ist wichtiger als dein Wille.“
Drittens: „Gott, diese Frucht ist mir wichtiger als du selbst.“ Nicht der Apfel, aber die Frucht vom Baum ist wichtiger als Gott. Die Schöpfung ist wichtiger als der Schöpfer.
„Du bist nicht wichtig, Gott, du bist mir nicht so wichtig. Die Frucht schmeckt mir mehr als die Gemeinschaft mit dir. Ich will Gemeinschaft mit der Frucht haben, nämlich essen und spüren. Ich will nicht Gemeinschaft mit dir haben. Mir ist die Gemeinschaft mit der Frucht wichtiger als mit dir, und ich verzichte auf dich, ich verzichte auf Gott, damit ich die Frucht habe.“
Er war sich nicht bewusst, welche Konsequenzen das eigentlich hatte. Und was tun wir, wenn wir sündigen? Wir tun genau dasselbe. Wenn wir sündigen, sagen wir zu Gott: „Gott, mir ist die Lust wichtiger als du. Gott, mir ist die Bequemlichkeit wichtiger als du.“
Der Kampf zwischen Geist und Fleisch
Gehen wir weiter zu Römer 7, Vers 14: "Denn wir wissen, dass das Gesetz geistlich ist, ich aber bin fleischlich." Haben Sie jetzt etwas bemerkt? Bis jetzt hat Paulus immer in der Vergangenheit gesprochen – in Vers 7, Vers 8, Vers 9, Vers 10, Vers 11, Vers 12 und Vers 13. Plötzlich spricht er in der Gegenwart.
Woher kommt der Wechsel von der Vergangenheit zur Gegenwart? Das Gegenwort lautet: "Ich bin fleischlich." Ab diesem Punkt spricht Paulus nur noch in der Gegenwart. Was bedeutet das? Es bedeutet, dass die Erfahrung, die er ab Vers 13 beschreibt, sich nicht ändert. Sie ist bei jedem Menschen gleich und bleibt auch nach der Wiedergeburt bestehen.
Paulus wurde gläubig, doch es änderte sich nichts daran, dass er weiterhin dieses Ziehen zur Sünde verspürte. Dieses Verlangen ändert sich nicht durch die Wiedergeburt. Ich habe schon gestern gesagt: Das Fleisch wird nicht wiedergeboren.
Ein Nichtchrist ist ein Sünder – das verstehen wir, oder? Wer nicht Christ ist, ist ein Sünder. Aber auch ein Christ ist ein Sünder. Warum? Weil in seinem Wesen etwas schlummert, das ihn zur Sünde zieht, und das jederzeit wach werden kann.
Der Christ und der Nichtchrist sind beide Sünder. Der Unterschied ist jedoch, dass der Nichtchrist keine Vergebung hat, während der Christ Vergebung besitzt. Was Gott möchte, ist natürlich, dass der Christ aufhört zu sündigen. Wie das geschieht, will Paulus gleich beschreiben.
Es gibt einen Unterschied: Der Nichtchrist hat keine Kraft in sich, der Christ aber schon. Diese Kraft wird in Römer 8 beschrieben. Es ist jedoch sehr wichtig, dass wir Römer 8 nicht verstehen können, wenn wir Römer 7 nicht verstanden haben. Deshalb ist das heute Abend so wichtig.
Der Nichtchrist ist ein Sünder, und ebenso ist der Christ in seinem Wesen ein Sünder – nicht unbedingt in seinem Handeln, hoffentlich nicht. Hoffentlich leben wir nicht ständig in Sünden. Aber im Wesen, im Inneren, sind wir Sünder im Fleisch.
Beim Christen ist das Schöne, dass der Heilige Geist hinzukommt. Das hat der Nichtchrist nicht. Der Nichtchrist hat keinen Heiligen Geist und keine Kraft. Er ist hoffnungslos verloren. Beim Christen kommt eine Kraft hinzu.
Wir dürfen jedoch nicht glauben, dass das Fleisch ausgetauscht wird. Wir dürfen nicht meinen, die Sünde wird hinausgeworfen und der Heilige Geist kommt hinein. Nein, eben nicht. Das Wesen und die Kraft der Sünde bleiben bestehen.
Die einzelnen Sünden werden vom Herrn vergeben, denn dafür ist er gestorben. Aber das Wesen, dass ich im Inneren ein Sünder bin und zur Sünde hingezogen werde, bleibt bis zum Tod. Verstehen wir diesen Unterschied? Das ist äußerst wichtig.
Viele Christen haben das nicht verstanden und haben deshalb große Probleme im Christenleben. Sie kommen nicht weiter. Bitte erwarten Sie nicht von sich selbst, dass Sie ein besserer Mensch werden. Das werden Sie nie.
"Ja, aber was soll ich jetzt machen?" Die Antwort finden wir in Römer 8: Auf den Heiligen Geist vertrauen und nicht auf sich selbst. Wir müssen uns selbst verleugnen, denn aus uns selbst ist nichts zu holen, was dem Herrn gefällt.
Das Fleisch kann dem Herrn gar nicht gefallen, und das Fleisch bleibt Fleisch bis zum Sterben. Das Schöne ist, dass wir uns auf den Herrn verlassen können – darin liegt unsere Rettung.
Das Fleisch, das verdorbene Wesen, bleibt dasselbe. In Galater 5, Vers 16 sagt Paulus: "Ich sage aber: Wandelt im Geist, so werdet ihr die Begierde des Fleisches nicht ausführen." Das ist die Lösung.
Römer 8 und Galater 5, Vers 16 sprechen genau über dasselbe. Galater 5, Vers 17: "Denn das Fleisch begehrt gegen den Geist, und der Geist gegen das Fleisch; diese widerstreben einander, sodass ihr nicht das tut, was ihr wollt."
Ihr wollt immer das Böse tun – das sagen wir von uns selbst. Aber der Geist ist jetzt in uns gekommen, um dagegen anzukämpfen. Der Heilige Geist ist die Lösung.
Das alles ist erst der Anfang, der "Römer-Teil". Ich habe das nur gesagt, damit wir heute nicht verzweifeln. Es wäre schade, wenn wir heute nach Hause gehen und denken, es sei hoffnungslos verloren. Das ist es nicht.
Es gibt etwas in uns, das ständig gegen Gott rebelliert. Das müssen wir wissen. Das bedeutet, dass wir uns dem Problem stellen müssen: Ein Christ hat in sich Sünde und neigt zur Sünde. Das heißt aber nicht, dass wir nachgeben müssen – das müssen wir nicht.
Römer 6 sagt uns, dass wir nicht sündigen müssen. Jedes Mal, wenn die Sünde drängt, jedes Mal, wenn die Versuchung kommt, müssen wir nicht nachgeben.
Wir dürfen uns jedoch nicht einer Illusion hingeben und glauben, wir seien durch die Wiedergeburt bessere Menschen geworden. Das sind wir nicht. Der einzige Gute ist der Herr Jesus, und er ist in uns gekommen. Aber ich bin nicht gut.
Wenn irgendetwas Gutes von mir kommt, dann war es vom Herrn Jesus. Wir sind nicht verpflichtet zu sündigen. Der Heilige Geist ist stark genug, uns zu bewahren und zu helfen.
Ich habe hier notiert: Wenn wir auf den Herrn blicken, uns vom Heiligen Geist durch das Wort Gottes Kraft geben lassen und uns durch Brüder und Schwestern ermahnen lassen, dann können wir den Sieg haben.
Wir haben nicht deshalb den Sieg, weil die sündige Natur nicht mehr vorhanden ist, sondern weil eine stärkere Kraft in unser Leben gekommen ist. Die Tendenz zur Sünde wird bei uns immer vorhanden sein.
Das Gesetz und die innere Zerrissenheit
Jetzt kehren wir zum Text zurück. Wir wissen, dass das Gesetz geistlich ist, ich aber bin fleischlich. Was jetzt folgt, ist eine Beschreibung dessen, was geschieht, wenn man sündigt – und zwar jedes Mal, wenn man sündigt.
Manche Christen haben Römer 7 völlig missverstanden, ich früher auch. Ich dachte, Römer 7 beschreibt eine Phase im Christenleben, wenn man noch schwach ist und irgendwie noch kein richtiger, guter Christ. Man hat eine schlechte Phase und erlebt dann das, was in Römer 7 steht. Nein, Römer 7 beschreibt das, was jedes Mal geschieht, wenn wir sündigen. Es ist eine genaue Beschreibung dessen, was konkret vor sich geht, wenn wir aus eigener Kraft handeln.
Das Sündigen wird hier genau unter die Lupe genommen und analysiert. So wird bewiesen, dass weder das Gesetz noch ich selbst mich heilig machen können. Ich kann mich nicht heilig machen, Geschwister, es ist hoffnungslos verloren. Kein Christ kann sich selbst heilig machen, das geht nicht. Kein Christ kann sich zu einem guten Christen machen, das ist absolut unmöglich. Auch das Gesetz nicht.
Manche Christen meinen, das Gesetz macht mich zu einem heiligen Menschen. Dann schreiben sie sich das Gesetz irgendwohin, groß oder klein, nehmen es immer mit, sagen es immer vor und sprechen es auswendig: „Du darfst nicht, du darfst nicht, du darfst nicht.“ Das ist schön und gut, aber es wird dich nicht zu einem heiligen Menschen machen. Zu einem heiligen Menschen kann dich nur der Herr Jesus Christus machen.
Heiligkeit entsteht nicht durch die Begegnung mit dem Gesetz, sondern durch den Heiligen Geist. Römer 8 wird das erklären. Also, ich bin fleischlich unter die Sünde verkauft. Er fühlt sich wie ein Sklave. Ich sage: Ich komme mir vor wie ein Sklave. Immer wieder muss ich sündigen, obwohl ich es eigentlich nicht will. Und genau das zeigt, wer er wirklich ist.
Vielleicht sagen einige von uns: „Na ja, da war er halt schlecht drauf und hat oft gesündigt.“ Nein, es sagt nicht, wie oft er sündigt. Es steht nicht da: „Tausendmal habe ich heute gesündigt.“ Nein, jedes Mal, wenn er sündigt – und vielleicht sündigt er nur ganz selten –, aber gerade dann, wenn er sündigt, geschieht genau das, was hier beschrieben ist.
Es zeigt auf, dass er ein Sklave ist. Wenn man nämlich seine Glieder der Sünde zur Verfügung stellt, dann ist man ein Sklave der Sünde. Und er stellt fest: „Oh, jetzt habe ich zwei Tage ausgehalten und nicht gesündigt, und jetzt habe ich wieder gesündigt. Gerade eben war ich ein Sklave der Sünde.“ Dann hält er es vielleicht wieder zehn Tage ohne Sünde aus und sündigt wieder einmal. Dann beweist er, dass er wieder ein Sklave der Sünde war. Immer wenn ich sündige, bin ich ein Sklave der Sünde. Ich bin verkauft unter die Sünde.
Verkauft heißt nicht, dass er sündigen muss – er muss nicht sündigen. Aber wenn er sündigt, dann ist er ein Sklave. Wir sind nicht unter das Sündigen verkauft, sondern unter das Prinzip der Sünde. Das heißt, wir haben eine Neigung in uns, die bleibt. Sie wird immer wieder da sein.
Wenn ich ein Auto auf eine schiefe Ebene stelle und die Bremsen kaputt sind, was wird geschehen? Ich kann entweder den Motor anschalten und fahren, aber wenn ich nicht fahre, was passiert dann? Dann rollt es zurück, denn die Bremsen sind kaputt. Also: Entweder fahren oder zurückrollen. Es tendiert immer wieder nach unten, wenn ich nicht fahre.
Bei uns Christen ist es auch so. Entweder ist die Kraft des Heiligen Geistes im Leben und kommt zum Vorschein und kann sich auswirken – oder es rollt zurück.
Vers 15: „Denn was ich ausführe, kenne ich nicht“, im Sinne von „Ich verstehe es nicht, ich kenne mich nicht aus, ich bejahe es nicht.“ Paulus zeigt auf, was geschieht, wenn er sündigt: „Denn nicht das, was ich will, das tue ich, sondern das, was ich hasse, das übe ich aus.“ Das ist bitte keine Entschuldigung, er erklärt nur, was das Problem ist.
Vielleicht kennen Sie das: Ich sage zu meiner Frau etwas, ich werde ärgerlich und sage etwas im Zorn. Dann merke ich: „Oh nein, was habe ich jetzt gemacht?“ Dann gehe ich zu ihr hin und sage: „Du, ich wollte dich nicht beleidigen.“ Ist es damit gut gemacht? Nein. Das zeigt nur, wie schlimm ich bin. Ich wollte etwas tun, was ich gar nicht tun wollte. Das offenbart nur meine Schlechtigkeit, das ist keine Entschuldigung.
Wenn man etwas nicht tun wollte, ist das keine Entschuldigung. „Es tut mir leid, aber ich wollte es nicht.“ Ja, ich wollte dir nicht wehtun. Gerade die Tatsache, dass wir es getan haben, ist das Problem.
Diese Wahrheit, dass wir schlimme Sünder sind, genau dazu sollen wir uns stellen und sagen: „Weißt du, ich bin ein ganz schlimmer Sündling, ich tue Dinge, die ich gar nicht tun will.“ Wer soll unsere Sünden bekennen? Ja, jede Sünde bekennen, so schnell wie möglich, sonst verhärten wir uns.
Vers 16: „Wenn aber das, was ich nicht will, wenn ich das tue, stimme ich dem Gesetz bei, dass das Gesetz gut ist.“ Oder? Das Gesetz sagt: „Du sollst nicht tun, ich soll es nicht begehren.“ Und ich begehre es doch. Dann gebe ich damit zu, dass das Gesetz gut ist und ich schlecht.
Vers 17: „Aber nun führe nicht länger ich die Sünde aus, sondern die in mir wohnende Sünde.“ Die Quelle ist das Problem. Die Quelle, da wohnt etwas in mir. Und das, was in mir wohnt, ist Sünde – Einzahl, die Kraft, die Neigung zu sündigen.
Vers 18: „Wenn ich weiß, dass in mir, das heißt in meinem Fleisch, nicht Gutes wohnt.“ Vielleicht habe ich gedacht, in mir wohnt etwas Gutes. Da habe ich mich getäuscht. In mir wohnt nämlich nicht das Gute, in mir wohnt das Fleisch, und die Sünde wohnt im Fleisch. Die Tendenz zum Sündigen, die Neigung zum Sündigen, die Kraft, die mich dahin zieht, das wohnt in mir.
In meinem Fleisch wohnt nicht das, was Gott gefällt. Mein Fleisch ist gänzlich unfähig, Gott Freude zu machen. Vielleicht denkt sich jemand: „Aber ich diene heute mit dem Fleisch, ich tue jetzt mit dem Fleisch Gott dienen.“ Also ich mache es einfach aus mir selbst heraus. Ja, sag Gott: „Das gefällt mir nicht.“ Alles, was du aus dir selbst tust, gefällt Gott nicht.
„Aber ich mache etwas Gutes, ich putze den Saal heute, um dir zu zeigen, wie gut ich bin. Ich putze den Saal ganz sauber.“ Sag Gott: „Kannst du sparen, dadurch wirst du nicht besser.“ Das beeindruckt Gott überhaupt nicht.
Ja, was soll ich tun, damit ich Gott beeindrucke? Gar nichts. Bekenne deine Sünde, du bist ein Sünder. „Ja, aber ich habe mich doch bekehrt.“ Ja, du hast dich bekehrt, aber die Neigung zum Sündigen wohnt immer noch in dir.
„Ja, was soll ich also tun?“ Ich habe dir den Heiligen Geist gegeben. Der Heilige Geist würde gern etwas Schönes in dir tun. Streck mal deine Hände aus, und ich fahre mit meinem Heiligen Geist in deine Hände, und dann machen wir etwas Schönes. Gib mir mal deine Zunge, und ich fahre mit meinem Heiligen Geist in deine Zunge, und dann reden wir etwas Schönes, das Gott Frucht bringt: echte Liebe, Friede, Freude, Geduld, Freundlichkeit, Würde, Treue, Sanftmut und Haltsamkeit.
Zurück zum Text:
Vers 18: „Denn ich weiß, dass in mir, das heißt in meinem Fleisch, nicht Gutes wohnt, denn das Wollen ist bei mir vorhanden, aber das Ausführen des Guten finde ich nicht.“ Von uns aus, auf mich gestellt, bin ich unfähig, Gottes Willen zu tun.
Vers 19: „Denn nicht das Gute, das ich will, übe ich aus, sondern das Schlechte, das ich nicht will, das tue ich.“ Bitte nicht jeden Tag, nicht jede Stunde und nicht jede Minute, nein, aber irgendwann, vielleicht einmal am Tag. Ja, und jetzt? Was machst du jetzt? Jetzt hast du gezeigt, dass du ein Sklave der Sünde bist. Das Schlechte, das du nicht wolltest, hast du gerade getan. Das zeigt das Problem.
Wenn aber das, was ich nicht will, wenn ich das tue, dann führe nicht länger ich es aus, sondern die in mir wohnende Sünde. Das ist keine Entschuldigung. Es ist nicht so, dass Paulus sagt: „Ah ja, ich kann ja nichts dafür, dass ich jetzt ein bisschen zornig war, das war ja die Sünde in mir.“ Das will er nicht sagen.
Er will sagen: Das Problem liegt bei der in mir wohnenden Kraft, die mich zum Sündigen treibt oder neigen lässt. Das heißt, wenn wir bessere Menschen werden wollen, dann machen wir das nicht dadurch, dass wir einfach sagen: „So, jetzt reiß dich mal richtig zusammen und werde ein besserer Mensch.“ Das geht nicht so, sagt er.
Du brauchst eine ganz andere Kraft, du brauchst eine Kraft von außen. In dir ist nicht die Kraft. Das hältst du vielleicht eine Zeit lang aus, und dann fällst du wieder auf die Nase. In dir ist nicht die Kraft. Der Schlüssel ist Christus in dir, der Heilige Geist!
War Paulus ein Sünder? Ja, er war ein Sünder. Und als er sich bekehrt hat, war er dann auch noch ein Sünder? Nicht in der Tat, nicht im Tun, aber im Wesen blieb er ein Sünder. Aber der Herr Jesus hat ihn gerecht gemacht. War er nicht auch ein Gerechter? Doch, er war auch ein Gerechter.
Er war gleichzeitig ein Sünder und ein Gerechter. Luther hat das auch richtig erkannt: Sünder und Gerechter gleichzeitig. Wieso? Ein Sünder vom Wesen her, ein Gerechter in der Stellung. Sünder vom Wesen, weil in mir die Neigung zum Sündigen ist. Ein Gerechter, weil der Herr Jesus meine Schuld getragen hat und mir seine Gerechtigkeit geschenkt hat.
Jetzt bin ich ein Gerechter. Und je nachdem, was ich jetzt gerade tue: Wenn ich böse handle, dann bin ich auch in der Tat ein Sünder; wenn ich gut handle, dann bin ich in der Tat ein Gerechter.
Wäre der Christ kein Sünder in seinem Wesen, dann müsste er gar nicht sterben. Wisst ihr das? Wie kam es, dass wir Sünder sind? Adam hat gesündigt. Und weil Adam gesündigt hat, sind alle Menschen Sünder, nicht schuldig.
Die katholische Kirche ist falsch. Sie lehrt, dass, weil Adam gesündigt hat, das Baby ein Sünder, ein Schuldiger ist. Das Baby trägt Schuld. Das stimmt nicht! Wenn ein Baby auf die Welt kommt, hat es keine Schuld, es ist unschuldig, aber es ist ein Sünder. Seht ihr den Unterschied? Es hat keine Schuld, weil es nicht gesündigt hat. Aber es ist ein Sünder, weil die Sünde im Wesen schlummert. Das ist die Erbsünde, nicht Erbschuld.
Erbschuld gibt es nicht, aber Erbsünde gibt es. Diese Tendenz zum Sündigen haben alle von Adam geerbt. Wir sind nicht schuldig als Babys. Und wenn ein Baby stirbt, dann kommt es nicht in die Hölle. Warum nicht? Weil es nicht schuldig ist. Es kommen nur Schuldige in die Hölle. Gott bestraft für Werke, ein Baby kann kein böses Werk tun.
Der Leib ist tot wegen der Sünde. Der Tod kam in den Leib von Adam hinein, als er gesündigt hat, und dann musste Adam sterben. Und jeder von uns, der auf die Welt kommt, muss sterben. Warum? Weil er ein Sünder im Wesen ist.
Deshalb musste Jesus Christus sterben. Warum? Weil in seinem Leib nie die Sünde eingezogen ist und auch nicht der Tod. Der Herr Jesus hätte gar nicht sterben müssen, hätte er nicht freiwillig sein Leben hingegeben. Er hätte ewig leben können. Niemand nimmt ihm sein Leben, er gibt es von sich selbst.
Der Herr Jesus ist der Einzige, der sagen konnte: „So, jetzt gebe ich mein Leben hin.“ Wir nicht, wir sterben automatisch, er nicht.
Dort, wo der Mensch sündlos wird, wird er nicht sterben – im Himmel. Dort sind wir wirklich sündlos, dort werden wir aber auch nicht sterben. Dort haben wir keine Neigung mehr zum Sündigen, keine Neigung.
Wenn du in den Himmel kommst, dann kämpfst du nicht mehr gegen die Versuchung, etwas Böses zu tun. Das wird weg sein, und es wird auch kein Sterben mehr geben dort.
Aber solange wir im Leib sind, sind wir Sünder. Wer Jesus nachfolgt, wird, solange er im Leib ist, merken, dass er manchmal das Auge vom Herrn Jesus Christus abwendet. Das Auge vom Herrn abzuwenden ist ein Heraustreten aus der Abhängigkeit von Gott, und das ist Sünde.
Also soll niemand sagen: „Ein Christ kommt, der schafft es, ein Christ zu sein.“ Es soll niemand sagen: „Ich schaffe es, sündlos zu leben auf dieser Welt.“ Das schafft niemand. Denn sobald jemand das sagt, hat er schon wieder gesündigt.
Wer dem Herrn nachfolgt, muss sein Auge auf den Herrn richten. Er muss vom Herrn abhängig bleiben. Wenn wir nicht vom Herrn abhängig sind, sündigen wir. Denn es ist Sünde, das Auge vom Herrn Jesus wegzulenken und auf etwas anderes zu schauen.
Versteht ihr? Ich muss Schluss machen, aber das ist hinterher fertig.
Die innere Zerrissenheit und das Ringen um Befreiung
Vers 21
So finde ich also bei mir das Gesetz, dass bei mir, der ich das Gute tun will, das Schlechte vorhanden ist. Paulus beschreibt hier ein Gesetz, das er mit einem Schwerkraftgesetz vergleicht. Die Schwerkraft zieht den Kugelschreiber nach unten, und genauso ist es mit der Sünde. Die Sünde ist ein Gesetz, ein Kraftgesetz, das mich zum Sündigen zieht. So entdecke ich in mir ein Gesetz, ein Kraftgesetz, das bewirkt, dass ich, obwohl ich das Gute tun will, das Böse in mir vorhanden ist.
Vers 21
Denn ich habe Freude am Gesetz Gottes, nach dem inneren Menschen. Paulus sagt, er hat Freude am Gesetz Gottes, so wie der Psalmist in Psalm 119 es beschreibt: „Ich freue mich über dein Gesetz wie einer, der große Beute macht.“ Er möchte Gott gefallen und kennt die Bibel gut. Doch gleichzeitig sieht er ein anderes Gesetz in seinen Gliedern – in seiner Zunge, seinen Geschlechtsorganen oder anderswo. Dieses Gesetz der Sünde zieht ihn zum Sündigen hin. Es kämpft gegen das Gesetz seines Denkens, führt Krieg und macht ihn zum Gefangenen dieses Gesetzes der Sünde, das in seinen Gliedern wirkt.
In seinen Gedanken hat er das Gesetz Gottes: „Du sollst Gott lieben.“ Doch in seinen Gliedern tut er es nicht. Diese Spannung entsteht zwischen dem Gesetz Gottes, das er gerne tun möchte, und dem Gesetz der Sünde, dem er oft nachgibt. Gerade dann gehorcht er nicht.
Vers 24
Ich elender Mensch, wer wird mich befreien aus dem Leibe dieses Todes? Paulus beschreibt sich hier als hoffnungslosen Fall. Er sagt: „Ich bin ein elender Mensch, ich bin gefangen.“ Wer wird ihn befreien von diesem Leib? Dieser Leib ist ein „Leib des Todes“. Warum? Weil der Tod eingezogen ist. Als Adam gesündigt hat, kam der Tod in die Welt. Der Tod bewirkt, dass Paulus sündigt. Der Tod ist so stark in diesem Leib, dass er fast aufgibt.
Doch Paulus gibt nicht auf. Er ruft nach Hilfe von außen. Er beschreibt ein Bild: Er und seine Frau stehen auf einer Brücke in Luzern. Ein Mann springt in die Reuss, den Fluss, der aus dem See fließt. Der Fluss wird immer schneller und mündet in einen Wasserfall. Der Mann versucht, gegen die Strömung zu schwimmen, doch er kommt keinen Millimeter voran. Er schwimmt und schwimmt, doch es geht nicht weiter. Die Kräfte lassen nach, und er beginnt zu schreien: „Hilfe!“ Er erkennt, dass er es nicht schafft.
Genauso ist es mit Paulus. Er kommt ans Ende seiner Kräfte. Gott möchte jeden Menschen an dieses Ende führen, damit er erkennt: „Ich kann es nicht.“ Dieses Schreien um Hilfe ist gesund. Es ist ein Eingeständnis: „Herr, ich kann nicht, ich bin am Ende. Ich schaffe es nicht.“ Genau darauf hat Gott gewartet, dass wir erkennen, dass wir es nicht alleine schaffen.
Das Christenleben kann niemand aus eigener Kraft führen. Nur Christus kann es in uns führen. Deshalb ist Jesus in unser Leben gekommen – um das Christenleben zu führen.
Ich elender Mensch, wer wird mich befreien? Die Antwort ist klar: Ich danke Gott durch Jesus Christus, unseren Herrn. Durch ihn kommt die Hilfe, durch ihn die Lösung. Auch dafür dürfen wir danken. Durch Jesus ist es möglich, ein Christenleben zu führen.
Das Dilemma des Christenlebens
Dann fasst Paulus in Vers 25 nochmals zusammen: Das ist nicht die Lösung. Vers 25 bringt das Dilemma in einem Satz auf den Punkt.
Er sagt: „Dann leiste ich also Sklavendienst mit dem Denksinn, dem Gesetz Gottes.“ Das bedeutet, ich diene mit meinem Verstand dem Gesetz Gottes. Aber zugleich fügt er hinzu: „Mit dem Fleisch diene ich dem Gesetz der Sünde.“
Das ist das Dilemma, die Krankheit, das Problem.
Die Lösung dafür ist Jesus Christus. Das beschreibt Paulus im Kapitel 8, doch dazu kommen wir morgen.
Praktische Anwendung und Motivation im Dienst
Fragen
Es ist jetzt etwas passend für Ostern, weil man so sagt, dass man bei der nächsten Angelegenheit wartet, bis der Geist einen Tag verbraucht hat. Ich denke, das würde wahrscheinlich den Geist verbrauchen.
Ja, also es ist ganz klar: Wenn ich eine Aufgabe habe, die getan werden soll, dann soll ich sie auch tun. Die Frage ist natürlich, mit welchem Motiv ich sie tue. Wenn ich sage: „Jetzt mache ich es, weil Alex hinschaut und dann sieht, was für ein guter Christ ich bin“, dann ist das nicht die beste Motivation.
Aber wenn ich es einfach mache, weil es getan werden soll, merkt mancher gar nicht, dass er etwas Gutes tut, weil er sich schon so daran gewöhnt hat, zu dienen. Für ihn ist es in Fleisch und Blut übergegangen, freundlich zu sein. Er sagt sich nicht: „Jetzt muss ich umschalten, jetzt muss ich freundlich sein, damit ich vor den anderen gut dastehe.“ Nein, das ist die falsche Motivation.
Wir sind freundlich, weil es einfach unsere zweite Natur geworden ist. Das heißt, ohne große Anstrengung, wenn etwas getan werden muss, dann mache ich die Arbeit. Das ist eine Frucht des Heiligen Geistes.
Wir dürfen nicht meinen, wir brauchen immer einen Impuls. Wir leben nicht von Impulsen. Es ist nicht so, dass der Heilige Geist mir immer sagt: „Jetzt musst du das mitmachen.“ Der Heilige Geist ist kein Guru. Ein Guru sagt mir jeden Schritt, den ich tun muss. Der Heilige Geist wirkt ganz anders. Er wirkt in meiner Persönlichkeit, verändert sie und prägt mich.
Dadurch, dass ich jeden Tag mit dem Heiligen Geist lebe, lerne ich, so zu denken, wie der Heilige Geist denkt. Die Geschwister, die lange mit dem Herrn leben, werden das bezeugen. Das ist einem schon ganz normal geworden.
Und die anderen, die das sehen, denken sich: „Das ist so ein liebenswürdiger Mensch, woher hat er das?“ Das hat der Heilige Geist über viele Jahre einfach beigebracht.
Also, was ich vorher sagte: Wenn ich mit dem Fleisch diene, das heißt, wenn ich es aus der Motivation aus mir selbst heraus tue, um irgendwie Eindruck zu machen auf Gott oder auf Menschen, dann hat das keinen Wert.
Tun kann man es trotzdem, aber es hat keinen Wert. Das ist nicht Frucht des Heiligen Geistes.
Frucht des Heiligen Geistes ist das, wo der Herr Jesus durch die Verbindung mit ihm etwas Neuartiges in meinem Charakter bewirkt. Er verändert mich.
Vielleicht mahnt er mich: „Schau, das soll getan werden, mach es.“ Und ich denke: „Herr, ich mag überhaupt nicht.“ Aber ich mache es trotzdem, weil du es sagst. Jetzt habe ich mich überwunden. Gut, hast du es gemacht.
Das heißt, mit dem Fleisch diene ich dem Gesetz der Sünde. Wenn ich aus mir selbst heraus handle, dann schaffe ich es nicht. Dann werde ich irgendwann wieder sündigen.
Aus mir selbst heraus kann ich Gott nicht gefallen. Aber wenn ich in Demut sage: „Herr, ich könnte nicht, oder ich würde es auch nicht mögen, aber ich mache es mit deiner Hilfe und jetzt für dich. Ich bin zwar müde, aber ich mache es jetzt noch. Bitte hilf mir, gib mir Kraft dazu.“ Und dann mache ich es, dann ist es eine Frucht des Heiligen Geistes.
Da ist jemand, der Hilfsgüterarbeit macht, schuftet und es tut. Aber er macht es für die Brüder, aus Liebe für die Brüder, die es brauchen. Das ist eine Frucht des Heiligen Geistes. Das macht er in der Fülle des Heiligen Geistes. Da merkt man etwas von Jesus.
Oder da ist jemand, der jemanden besucht oder Geschwister anruft, weil er merkt, sie brauchen vielleicht Hilfe. Er kümmert sich um andere.
Da ist eine Mutter, die für die Kinder sorgt. Sie tut es aus Pflichtbewusstsein, aber nicht nur aus Pflichtbewusstsein. Sie tut es auch aus Liebe zum Herrn Jesus.
Vielleicht gibt es manchmal Tage, an denen es einem nicht so gut geht, und man sagt: „Ich bin zwar jetzt nicht drauf, aber ich tue es jetzt einfach aus Pflichtbewusstsein.“ Ja, dann tue es aus Pflichtbewusstsein.
Pflichtbewusstsein ist auch eine gute Frucht. Das ist eine Disziplin. Disziplin ist eine Frucht des Heiligen Geistes.
Das heißt, der Herr Jesus will uns verändern. Wir lassen uns verändern. Wir sagen dem Herrn: „Herr, bitte mach mich zu einem Werkzeug deines Friedens und zu einem Werkzeug, das für dich tätig wird.“ Und der Herr macht uns auf gewisse Dinge aufmerksam. Wir erleben Kraft.
Manchmal sind wir vielleicht ein bisschen müde und spüren keine Kraft. Aber es ist trotzdem Kraft da, die uns willig macht, auch wenn wir müde sind, das zu tun.
Also, der Herr hilft uns da schon. Morgen davon noch mehr.
Sieg ist möglich nicht dadurch, dass wir weniger verdorben werden, sondern wir sind verdorben. Aber Sieg ist möglich durch den Heiligen Geist, der in uns ist.
Ja, ich denke, wir müssen Schluss machen. Stehen wir noch auf zum Gebet.