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Die Einheit der Gemeinde - Teil 3/3

Epheser Reihe, Teil 25/49
12.03.2006Epheser 4,4-6
SERIE - Teil 25 / 49Epheser Reihe

Einleitung: Die Bedeutung der Einheit in der Gemeinde

Seid mit euch und Friede von Gott, unserem Vater, und dem Herrn Jesus Christus!

Liebe Gemeinde, wie Sie sehen, habe ich heute meinen Talar vergessen. Ich hoffe jedoch, Sie hören mir trotzdem zu.

Beginnen möchte ich mit einer schwierigen Situation, die der bekannte amerikanische Pastor Walter A. Criswell einmal erlebt hat. Übrigens war er jemand, den auch John MacArthur noch gekannt hat. Criswell war Pastor der größten Baptistengemeinde von Dallas. Er erfuhr, dass einer seiner Mitarbeiter hinter seinem Rücken daran arbeitete, die Gemeinde zu spalten.

Es wurde deutlich, dass alle Gesprächsversuche keine wirkliche Besserung der Situation brachten. Da hielt es Criswell eines Tages vor lauter Sorge nicht mehr aus. Noch am Sonntag rief er in einer Tischlerei ein Möbelgeschäft an, das er kannte, und beauftragte sie, bis zum nächsten Sonntag vor jeder Bank, vor jedem Sitzplatz in der Kirche eine Kniebank anzubringen.

Sie können sich vorstellen, wie die Gemeinde sich wunderte, als sie am nächsten Sonntag in die Kirche kam und überall diese Kniebänke angebracht waren. Dann trat Criswell ans Pult und sagte: „In den letzten etwa siebzig Jahren hat es in dieser Gemeinde nie eine Spaltung gegeben, und wir können nicht einfach zuschauen, wenn jetzt so etwas passiert.“

Dann forderte er die ganze Gemeinde auf, niederzuknien. Dafür hatte er ja diese Kniebänke anbringen lassen, von denen man sagt, sie seien heute noch in dieser Kirche in Dallas zu finden. Die Gemeinde sollte gemeinsam den Herrn darum bitten, dass die Einheit der Gemeinde erhalten bleiben möge.

Und der lebendige Gott erhörte dieses Gebet, wie berichtet wird. Viele Risse, die in dieser Gemeinde entstanden waren, wurden geheilt. Gott bewahrte ihre Einheit durch die Krise hindurch.

Liebe Gemeinde, wie dankbar können wir sein, wenn Gott unsere Einheit als Gemeinde schützt und erhält. Wenn er uns zusammenschließt, wie Paulus sagt, durch das Band des Friedens.

Nun, hier an der Uni können wir sowieso keine Kniebänke anbringen – das ginge also ohnehin nicht. Umso mehr sollten wir, denke ich, zuhause und in unseren gemeinsamen Gebetskreisen den lebendigen Gott darum bitten, dass er unsere Einheit in der Gemeinde weiterhin erhält. Dass er die christliche Liebe unter uns wachsen lässt und dass wir alle miteinander das kostbare Geschenk der Gemeinde immer wieder zu würdigen wissen.

Wir sollten dieses kostbare Geschenk, das Gott uns gegeben hat, immer wieder auch als Geschenk von Gott begreifen. Auch Paulus erinnert daran: Die Einheit der Gemeinde Jesu, sagt er, ist ein ungemein hohes Gut.

Die Herausforderung der Einheit in der Gemeinde

In unserer Predigtreihe zum Epheserbrief sind wir jetzt genau an dem Punkt, an dem wir darüber sprechen, wie sich das Miteinanderleben in der Gemeinde praktisch bewährt. Die erste Frage, die wir uns letzten Sonntag gestellt haben, war: Wie kann die Einheit der Gemeinde bewahrt werden? Das war das große Thema, mit dem wir uns beim letzten Mal beschäftigt haben.

Für Jesus und Paulus war die Einheit der Gemeinde ein hohes Gut. Deshalb hat Jesus an einer entscheidenden Stelle, nämlich kurz vor seiner Kreuzigung, im hohen priesterlichen Gebet besonders für die Einheit seiner Gemeinde gebetet. Diese Stelle haben wir in der Lesung gehört. An dieser markanten Stelle betet Jesus vor allem für die Einheit – mit den eindringlichen Worten, die wir eben gehört haben.

Andererseits hat der Teufel ein großes Interesse daran, gerade die Einheit der Gemeinde zu zerstören. Die Einheit der Gemeinde war deshalb von Anfang an angegriffen. Wenn man etwa an die junge Gemeinde in Korinth denkt, an die Paulus schreibt, gab es dort schon ganz am Anfang Spaltungen und große Probleme.

Paulus schreibt dazu in 1. Korinther 1,11: „Es ist mir bekannt geworden über euch, liebe Brüder, durch die Leute der Chloä, dass Streit unter euch ist. Ich meine aber dies, dass unter euch der eine sagt: Ich gehöre zu Paulus, der andere zu Apollos, der dritte zu Kephas, der vierte zu Christus. Wie, ist Christus etwa zerteilt? Ist Paulus für euch gekreuzigt? Oder seid ihr auf den Namen des Paulus getauft?“

Das Problem war also, dass sich Grüppchen bildeten. Die einen hissten diese Fahne, die anderen jene. Und sie verbanden das mit Personen, obwohl sie im Kern ihres Glaubens einig waren. Das war in Korinth das Problem.

Wie viele Gemeinden und Werke sind wohl schon auseinandergedriftet – nicht wegen fundamentaler theologischer Gegensätze, die es auch gibt und die sich manchmal nicht vermeiden lassen –, sondern wie viele Gemeinden sind auseinandergebrochen wegen rein persönlicher Vorbehalte, Streitereien, Eifersüchteleien und Kleinigkeiten?

Schon MacArthur erzählte von einer Frau, die zu ihm zum Gespräch kam und sagte: „Meine Gemeinde ist dabei, sich zu spalten.“ MacArthur fragte zurück: „Warum?“ Die Frau war fast in Tränen aufgelöst und antwortete: „Ich weiß nicht warum. Es gibt so viel persönlichen Streit. Wir wissen eigentlich gar nicht mehr, warum wir streiten, wo das begonnen hat. Wir merken nur noch, dass wir immer mehr auseinanderdriften.“

Liebe Gemeinde, was der Teufel unbedingt zerstören will und worum Jesus den Vater inständig bittet, muss von großer Bedeutung sein: die Einheit der Gemeinde.

Paulus’ Ermahnung zur Verantwortung für die Einheit

Darum schreibt Paulus es jetzt mit seinem ganzen Herzblut in diesen Epheserbrief hinein, dessen Auszug sie vor sich haben. Wir haben beim letzten Mal gesehen, dass er sagt: Wir alle haben die Verantwortung, uns um die Einigkeit in der Gemeinde zu kümmern.

So ermahne ich euch nun, der Gefangene im Herrn, dass ihr würdig lebt der Berufung, mit der ihr berufen seid. Und zwar in aller Demut, Sanftmut und Geduld. Ertragt einander in Liebe und seid darauf bedacht, die Einheit des Geistes zu wahren durch das Band des Friedens.

Das sagt er dringlich, ganz dringlich. Wir alle haben Verantwortung.

Letzten Sonntag haben wir dann gesehen, wie jeder von uns diese Verantwortung konkret wahrnehmen kann und soll. Das steht hier in Vers 2: Jeder von uns soll diese vier Grundhaltungen kultivieren, entwickeln und immer mehr im Gebet von Gott erbitten, die nötig sind.

Zunächst einmal Demut. Paulus sagt, dass einer den anderen höher achten soll als sich selbst. Dass ich bereit bin, mich zurückzunehmen und meinen Stolz nach und nach von Gott abnehmen zu lassen. Nicht so sehr darauf zu achten, wie ich durchkomme, wie ich gewürdigt werde oder wie es mir geht, sondern darauf, wie ich dem anderen dienen kann.

Dann Sanftmut, die nächste Haltung. Auch in kritischen Situationen Sanftmut zu zeigen, erfordert Selbstkontrolle. Ich muss lernen, meine Emotionen in den Griff zu bekommen und behutsam mit dem anderen umzugehen.

Die dritte Grundhaltung ist Geduld oder Langmut. Das heißt, dass ich einen langen Atem bekomme, auch mit demjenigen, der mir Mühe macht oder mir manchmal auf die Nerven geht – und dem ich vielleicht selbst auch auf die Nerven gehe. Ein langer Atem, Langmut.

Aus dieser Geduld erwächst dann die vierte Eigenschaft: Duldungsbereitschaft aus Liebe. Duldungsbereitschaft bedeutet, dass ich Böses ertragen kann. Nicht, dass ich Böses einfach zulasse und nur zuschaue, sondern dass ich Böses ertrage und dennoch versuche, dem anderen in Liebe wieder zurechtzuhelfen – mit Demut, Geduld und Sanftmut.

Ja, für diese Eigenschaften ist jeder von uns persönlich verantwortlich, wirklich jeder. Und wir alle können dadurch dazu beitragen, dass die Einheit in der Gemeinde wachsen und reifen kann.

Das haben wir letzten Sonntag gesehen.

Die geistliche Grundlage der Einheit

Aber so sehr wir uns hier auch bemühen sollen und so sehr der Apostel Paulus an unsere Verantwortung appelliert, eines können und müssen wir nicht tun: Wir müssen und können diese Einheit nicht selbst herstellen, wir können sie nicht herbeiführen. Paulus sagt, das müsst ihr auch nicht, denn dafür hat Gott schon längst gesorgt. Die Einheit ist ja schon da.

Wenn ihr als Gemeinde Jesu zusammenkommt, dann nur deshalb, weil der lebendige Gott den Grund dafür gelegt hat. Es ist die Einheit des Geistes. Der Heilige Geist hat sie schon unter euch gestiftet. Und wissen Sie, das ist sehr entlastend und beruhigend für uns, weil wir wissen: Die Einheit geht uns schon voraus, sie ist uns schon vorgegeben.

Wodurch ist sie vorgegeben? Sie ist nicht vorgegeben durch eine äußere Organisationsstruktur. Das macht noch nicht die geistliche Einheit aus. Selbst eine gut durchdachte Gemeindeordnung, die wir hoffentlich haben, gewährt noch nicht die geistliche Einheit. Die Einheit ist uns von Gott gegeben durch die gemeinsame Wahrheit, wie sie uns offenbart ist in der Heiligen Schrift.

Die Grundlage unserer Einheit ist die Wahrheit, das Fundament, auf dem wir gemeinsam stehen dürfen und auf das wir uns gemeinsam berufen dürfen. Das ist die Grundlage unserer Einheit. Und das ist damals wie heute im totalen Gegensatz zu der synkretistischen Zeitstimmung drumherum.

Damals herrschte ein ähnlich synkretistisches Denken im ersten Jahrhundert wie heute. Man meinte, die Religionen könnten teilweise ruhig miteinander vermischt werden. Jeder müsse von seinem ein bisschen Abstriche machen, und dann komme man schon aufeinander zu und bekomme so eine kulturelle Synthese. Einheit entstehe nur dann, wenn man die Wahrheit nicht zu ernst nimmt.

Paulus sagt es genau entgegengesetzt: Einheit entsteht nur dann, wenn wir die Wahrheit ernstnehmen. Nur Wahrheit schafft belastbare Einheit. Das ist die These der Bibel: Nur Wahrheit schafft belastbare Einheit, nur Wahrheit.

Das gemeinsame Fundament der Einheit

Paulus zeigt uns, worin dieses gemeinsame Fundament besteht. Es ist, als ob er sagen würde: „Leute, bedenkt doch, was wir alles gemeinsam haben in Christus. Bedenkt das doch!“

Dann folgt eine Aufzählung, die unseren heutigen Predigttext darstellt, ab Vers 4: ein Leib und ein Geist, wie ihr auch berufen seid zu einer Hoffnung eurer Berufung, ein Herr, ein Glaube, eine Taufe, ein Gott und Vater aller, der da ist über allen und durch alle und in allen.

Liebe Gemeinde, das ist ein machtvoller Text. Man wagt es kaum, darüber zu predigen, so machtvoll ist er. Wenn wir genauer hinschauen, nennt Paulus zunächst sieben Einheitsfaktoren: ein Leib, ein Geist, eine Hoffnung, ein Herr, ein Glaube, eine Taufe, ein Gott und Vater. Sieben – das ist wahrscheinlich kein Zufall. Sieben ist die Zahl der göttlichen Vollkommenheit.

Damit will Paulus sagen: Es ist alles da. Gott hat in seiner Vollkommenheit für alles gesorgt, was ihr für eure Einheit braucht. So wird auf den zweiten Blick eine weitere göttliche Zahl deutlich: Diese Verse sind trinitarisch aufgebaut, also entsprechend der Dreieinigkeit.

Das haben Sie wahrscheinlich schon bemerkt: Im vierten Vers geht es um den Heiligen Geist. Ich habe das jeweils fettgedruckt: ein Leib, ein Geist, wie ihr auch berufen seid zu einer Hoffnung. Im fünften Vers geht es um die zweite Person der Gottheit, den Sohn: ein Herr, ein Glaube, eine Taufe. Im Neuen Testament wird der Ausdruck „Herr“ in den allermeisten Fällen für Jesus gebraucht, so auch hier. Also: der Heilige Geist in Vers 4, der Herr Jesus Christus in Vers 5.

Und dann in Vers 6 die dritte Person der Dreieinigkeit, nämlich Gott, der Vater: ein Gott und Vater aller. Man könnte sagen: Der Heilige Geist ist der Schöpfer der Einheit, der Sohn, der Herr, ist das Haupt der Einheit, und der Vater ist der Bewahrer der Einheit. Denn so steht es ja hier in Vers 6: „Ein Gott und Vater aller.“

Mit „allen“ sind nicht einfach alle Menschen gemeint, sondern aus dem Zusammenhang wird deutlich, dass damit alle Christen gemeint sind. Gott, der Schöpfer, ist der Vater aller Christen. Denn was im Folgenden von Vers 6 steht, gilt nur für die, die Christen sind.

Auch an anderer Stelle macht Paulus deutlich: Gott ist der Schöpfer aller Menschen. Aber zum Vater haben ihn nur die, die durch Jesus Christus zu ihm kommen und an ihn glauben. Etwa Galater 3,26: „Ihr seid alle durch den Glauben Gottes Kinder in Christus Jesus“ oder Johannes 1,12, ganz ähnlich.

Paulus sagt also: Durch Jesus haben wir alle denselben Vater. Durch denselben Vater gehören wir alle zu einer Familie. Das ist der Garant für die Einheit der Gemeinde, dieser Vater. Denn dieser Vater geht jetzt mit jedem seiner Kinder durchs Leben.

Wenn wir einander begegnen als Christen, begegnen wir darin auch immer Gott, dem Gott, der unser Vater ist und der uns an seiner Hand hält. So sagt es Paulus hier fast wie in einer Hymne: „Ein Gott und Vater aller, der da ist über allen“ – also Gott wacht über alle seine Kinder –, „der da ist durch alle“ – das heißt, Gott wirkt durch uns alle, er gebraucht uns als seine Werkzeuge, er gebraucht uns als seine Boten – und „der da ist in allen“ – das heißt, Gott lebt in persönlicher Gemeinschaft in allen seinen Kindern.

Er wacht über alle, er wirkt durch alle und er lebt in allen. Das gilt für jeden Christen. Das ist ein starker Pfeiler, ein starkes Fundament unserer Einheit.

Das will Paulus den Leuten klar machen. Er sagt: Macht euch klar, so solide ist diese Einheit, die Gott euch schenkt, gegründet. Alle drei Personen der Trinität wirken daran mit.

Interessant ist, dass Paulus in seiner Darstellung mit dem Heiligen Geist beginnt. Das liegt nahe, denn in Vers 3 hatte er ja gesagt: „Es ist die Einheit des Geistes.“ Der Heilige Geist stiftet diese Einheit. Jetzt fängt er also in der Einzelbeschreibung mit dem Heiligen Geist an und macht deutlich: Ja, der Heilige Geist ist der Schöpfer dieser Einheit.

Paulus deutet auch an, wie der Heilige Geist das macht, wie er diese Einheit schafft: nämlich dadurch, dass er alle Christen zu einem Leib zusammenfügt – ein Leib und ein Geist.

Die Gemeinde als Leib Christi

Sie müssen wissen: Der Körper, der menschliche Körper, der Leib – das war das Lieblingsbild des Apostels Paulus für die Gemeinde. Er hat zwar auch andere Illustrationen und Metaphern verwendet, doch der Leib, der Körper, der Organismus war sein bevorzugtes Bild für die Gemeinde.

Dieses Bild hat er immer wieder angewendet, zum Beispiel in 1. Korinther 12 oder später noch in Epheser 4. Er spricht von einem Leib. Paulus sagt nun, was der Heilige Geist bewirkt: Er fügt uns alle zu einem Leib zusammen.

An anderer Stelle, in 1. Korinther 12, Vers 13, heißt es: „Wir sind alle durch einen Geist, nämlich durch den Heiligen Geist, zu einem Leib getauft.“ Das ist die Geisttaufe. Wir haben alle den Heiligen Geist empfangen und sind dadurch hineingetauft in den Leib Christi, weil Gott in uns lebt.

Paulus fährt fort: Ob wir Juden oder Griechen sind, ob Sklaven oder Freie – wir sind alle mit einem Geist getränkt. Das bedeutet, Gott hat uns seinen Heiligen Geist geschenkt. Durch diese Geisttaufe hat er uns in den Leib seiner Gemeinde hineingetauft.

Wir gehören jetzt dazu. Wir haben alle den Heiligen Geist empfangen, weil wir zu Jesus gekommen sind. Der Heilige Geist verbindet uns miteinander. Wir alle haben Anteil am Heiligen Geist. Das ist ein Grund für unsere Einheit.

Außerdem macht Paulus deutlich, dass wir alle zu diesem einen Leib gehören und eine gemeinsame große Hoffnung teilen. Das steht am Ende von Vers 4: „Wie ihr auch berufen seid zu einer Hoffnung unserer Berufung.“

Worin diese Hoffnung besteht, hatte Paulus bereits in Kapitel 1 angedeutet. Dort sagte er in Vers 14: „Ihr wurdet versiegelt mit dem Heiligen Geist, und der ist die Anzahlung unseres Erbes.“ Das bedeutet, der Heilige Geist, der uns jetzt in der Gemeinde Gottes zusammengefügt hat, ist wie eine Anzahlung oder ein Angeld für das vollkommene Erbe, das wir noch empfangen werden.

Wir sind also nicht nur Teil eines Leibes, sondern gehören dadurch auch zu einer noblen Erbengemeinschaft. Die Gemeinde ist eine solche Erbengemeinschaft.

Wir haben eine große Hoffnung, die Gott uns schenkt: Wir werden ihn von Angesicht zu Angesicht sehen, den Tod nicht mehr schmecken, von allem Leid, von Trauer und allen Nöten befreit sein. Wir werden ewig bei ihm leben, im Himmel, voller Freude, Wonne und Schönheit.

Das ist die Erbengemeinschaft, das ist die Hoffnungsgemeinschaft. All das bewirkt der Heilige Geist. Das ist der erste Pfeiler unserer Einheit.

Jesus Christus als Herr der Einheit

Paulus kommt nun zum zweiten Pfeiler der Einheit: Jesus, der Herr. Genau das ist der Sinn der Arbeit des Heiligen Geistes – dass wir zu Jesus geführt werden, zum Glauben an ihn, den Herrn Jesus Christus.

Paulus sagt: Seht, das ist der zweite große Pfeiler eurer Einheit. Ihr glaubt alle an denselben Herrn und ruft alle dieselbe Person als euren König an, Jesus Christus. Interessant ist der Titel, den Paulus hier für Jesus verwendet: Herr. Jesus hat diesen Titel auch für sich selbst benutzt.

Man muss wissen, wie das bei den Menschen klang, die das zum ersten Mal hörten. Das griechische Wort, das hier steht, ist Kyrios. Kyrios machte deutlich: Der Herr hier ist eigentlich Gott. Etwa 250 Jahre vor Christus gab es für die Juden in der Diaspora, die teilweise kein Hebräisch mehr konnten, eine griechische Übersetzung des Alten Testaments.

In dieser Übersetzung musste der ehrwürdige, heilige Gottesname „Jahwe“, der Eigenname und Hoheitsname Gottes, übersetzt werden. Wissen Sie, welches griechische Wort man für „Jahwe“ verwendete? Kyrios – genau das Wort, das hier steht. Kyrios ist Jahwe.

Wenn jetzt gesagt wird, Jesus ist Kyrios, dann heißt das: Jesus ist Jahwe, Jesus ist Gott selbst. Er hat alle Hoheit. Das ist nicht einfach nur ein harmloser Ehrentitel, wenn hier „Herr“ steht, sondern es bedeutet, dass Gott der Sohn Gott ist.

Gleichzeitig war das eine klare Abgrenzung gegenüber dem Anspruch des römischen Kaisers. Der ließ sich nämlich auch Kyrios nennen. Man kann sich vorstellen, er ließ sich auch Gottes Sohn und Herr nennen.

Das war eine Kampfansage an den Anspruch des Kaisers: Nein, nicht der römische Kaiser ist Kyrios, sondern Jesus ist Kyrios. Er ist der Gott, der alle Macht hat, auch die, die der römische Kaiser hatte. Ihm allein gebührt unsere unbedingte Unterwerfung, unsere völlige Loyalität und unsere ganze Hingabe.

Das ist der Pfeiler eurer Einheit, sagt Paulus: dass ihr diesen Kyrios als euren Gott anruft. Und das ist ganz wichtig: Ihr gebraucht nicht nur denselben Namen. Ihr sagt alle „Jesus Herr, Jesus Herr, Jesus Herr“, sondern ihr meint damit auch dieselbe Person.

Ihr meint inhaltlich dasselbe, wenn ihr Jesus anruft. Ihr glaubt an ihn so, wie die biblische Offenbarung ihn wirklich beschreibt: als den wahrhaftigen Sohn Gottes, der für unsere Schuld gestorben und leibhaftig auferstanden ist. Vor allem aber glaubt ihr, dass Jesus allein der Retter ist, der nicht ergänzt werden muss durch eine Kirche oder durch irgendwelche Heiligen.

Jesus allein, Jesus der Herr, Jesus der Sohn Gottes, Jesus das Opferlamm für unsere Sünden – ein Herr!

Darum sagt Paulus: Wer Jesus nachfolgt, hat nicht nur denselben Herrn, sondern auch denselben Glauben. Ein Herr, ein Glaube.

Wissen Sie, was Glaube an dieser Stelle meint? Glaube steht hier für den Glaubensinhalt, für die Glaubenswahrheit, für das Glaubensbekenntnis. Das heißt, wir glauben an den einen Herrn und empfangen von ihm auch den einen Glauben, das eine Glaubensbekenntnis, die eine Glaubenswahrheit.

Paulus sagt: Leute, ihr habt so viel Entscheidendes gemeinsam! Liebe Brüder und Schwestern, ihr habt eine so breite, solide gemeinsame Substanz: ein Leib, ein Geist, eine Hoffnung, ein Herr, ein Glaube!

Da dürft ihr euch doch nicht durch ein paar lächerliche persönliche Streitereien auseinanderbringen lassen!

Die Taufe als gemeinsames Zeichen der Einheit

Paulus hat noch mehr zur Festigung der gemeindlichen Einheit zu bieten. Wer an Jesus glaubt und die biblische Wahrheit annimmt, der hat etwas Gemeinsames: eine Taufe. Damit berühren wir natürlich einen sensiblen Punkt. Ich weiß nicht, ob Paulus ahnte, dass gerade das Thema Taufe – oder vielmehr die Art und Weise, wie wir damit umgehen – sich in der Kirchengeschichte oft nicht als einheitsstiftend, sondern leider häufig als Streitgegenstand und Spaltpilz erwiesen hat.

Als ich sah, dass im Epheserbrief irgendwann das Thema „eine Taufe“ auftaucht, dachte ich: Wie wird das wohl werden? Die Taufe ist ein sensibler Punkt, das wissen wir alle. Darum müssen wir im letzten Teil der Predigt genau hinschauen, was Paulus hier mit „Taufe“ meint und inwiefern auch in der Taufe ein Hinweis auf die Einheit liegt, die Gott seinen Kindern geschenkt hat. Das ist jetzt die letzte Strecke, die wir heute gehen.

Für uns ist die Tauffrage oft eine knifflige Sache. Wir wissen: Im Glauben an Jesus Christus gehören wir zusammen, das verbindet uns. Trotzdem gibt es gerade beim Thema Taufe noch sehr viele Meinungsunterschiede. Ich kenne viele Christen und viele Themen, aber kein anderes Thema führt bei ernsthaften Christen, die sich sonst fast an allen Punkten einig sind, zu so vielen unterschiedlichen Sichtweisen wie die Taufe.

Da sind die einen, die für die Säuglingstaufe eintreten und sagen: „Ja, wir wollen unsere Kinder sofort taufen, sobald sie geboren sind.“ Andere sagen: „Nein, das ist nicht in Ordnung. Wir können Menschen erst taufen, wenn sie zum Glauben gekommen sind. Vorher ist die Taufe nicht gültig.“ Und unter denen, die das so sehen, gibt es wiederum verschiedene Untergruppen.

Die einen sagen, für die Taufe sei ausschlaggebend, dass Wasser dabei ist, selbst wenn es nur auf die Stirn gesprenkelt wird. Andere meinen: Nein, das ist keine richtige Taufe, selbst wenn sie einem Gläubigen vollzogen wird. Eine Taufe ist nur dann gültig, wenn sie durch Untertauchen erfolgt. Sobald auch nur eine Nasenspitze aus dem Wasser herausragt, war es keine wörtliche Taufe.

Es gibt eine große theologische Diskussion und viel Literatur zu diesem Thema. Verschiedene Theorien und Sichtweisen existieren. Oft haben die Vertreter der einen Position nur ein verzerrtes Bild dessen, was die andere Seite wirklich glaubt und denkt. So sagen beispielsweise manche Befürworter der Gläubigentaufe: „Wer für die Säuglingstaufe ist, glaubt auch an die Taufwiedergeburt.“ Das stimmt aber gar nicht.

Oder umgekehrt: Ein Befürworter der Säuglingstaufe behauptet manchmal, wer auf die Gläubigentaufe besteht, sehe die Taufe nur als ein Werk des Menschen, als eine fromme Leistung. Auch das stimmt nicht. Wir haben also oft nur sehr verzerrte Wahrnehmungen von der jeweils anderen Position.

Ich kenne einige Kollegen und Freunde, die in der Tauffrage anders denken als ich. Zum Beispiel in der Malachi-Konferenz sind wir mit Brüdern zusammen, die ganz unterschiedliche Auffassungen zur Taufe haben. Bruder Nordzig war kürzlich bei der Shepherd's Conference in Amerika, wo unter den Hauptreferenten unter anderem John MacArthur und Assis Prowl waren. Assis Prowl ist ein Vertreter der Säuglingstaufe, John MacArthur ein Vertreter der Gläubigentaufe, und sie haben gemeinsam diese Konferenz bestritten.

Als ich darüber nachdachte, habe ich mir die Theologenbilder in meiner Bibliothek angesehen. Ich habe schon mal Leute aufgehängt – oder zumindest deren Konterfeis –, von denen ich viel gelernt habe, aus deren Büchern ich unendlich viel Hilfreiches entnommen habe und die mir aus der Ferne geistliche Helfer geworden sind. Ich habe Ihnen nur ein paar ganz wenige mitgebracht.

Da sehe ich Wilhelm Buschtes, einen Vertreter der Säuglingstaufe, oder Charles Haddon Spurgeon, einen Vertreter der Gläubigentaufe. Martin Lloyd-Jones, dessen Bild zu groß war, steht ebenfalls für die Gläubigentaufe, und John Wesley ist ein Vertreter der Säuglingstaufe. Ich könnte viele weitere Brüder nennen und stoße immer wieder auf denselben Befund: Sie waren sich in wesentlichen Fragen einig, in der Tauffrage aber nicht.

Und sie wussten alle: Entscheidend ist nicht unser spezielles Taufverständnis, sondern dass wir alle zu dem einen Herrn gehören, der uns gerettet hat. Deswegen können wir gemeinsam beten und auch gemeinsam zum Abendmahl gehen.

Paulus würde dem prinzipiell zustimmen. Er hat ja ausdrücklich davor gewarnt, die Tauffrage zu hochzuhängen. In 1. Korinther 1,17 sagt er: „Christus hat mich nicht gesandt zu taufen, sondern das Evangelium zu predigen.“ In einer bestimmten Situation betont er: „Ich bin froh, dass ich kaum einen bei euch getauft habe“, und nennt einige wenige Ausnahmen. Sein Thema sei nicht die Taufe, sondern das Evangelium.

Im Johannes-Evangelium heißt es in Kapitel 4, Vers 2, dass Jesus selbst nicht taufte, sondern seine Jünger. Das ist ein interessanter Vermerk. Jesus taufte nicht selbst, sondern seine Jünger.

Trotzdem sagt Paulus in Epheser 4,5 noch mehr. Das kann uns Mut machen: Er formuliert als Tatsache, dass ihr, weil ihr einen gemeinsamen Herrn habt, auch eine Taufe habt. Was heißt das? Selbst wenn ihr das vielleicht noch nicht wüsstet – sagt Paulus – habt ihr, weil ihr einen gemeinsamen Herrn habt, auch eine Taufe.

Jetzt möchte ich mich nochmals darauf konzentrieren und fragen: Worin könnte diese Gemeinsamkeit bestehen? Die Diskussion über die Taufe leidet seit vielen Jahrzehnten nach meiner Überzeugung an einem Hauptfehler: Sie wird auf die Frage des äußeren Zeitpunktes verkürzt. Die Taufdiskussion dreht sich fast nur um die Frage: Groß oder klein, vor oder nach dem Glauben.

Man beschränkt sich also gewissermaßen auf die Frage des äußeren Modus. Bei manchen hat man den Eindruck: Hauptsache, der Modus stimmt. Wenn jemand Säuglingstaufe praktiziert, fragt man nicht weiter, wie er das im Einzelnen meint. Oder bei denen, die für die Gläubigentaufe stehen, scheint es oft zu reichen, dass zum „richtigen“ Zeitpunkt getauft wird. Was sie sonst unter Taufe verstehen, interessiert kaum.

Ich habe festgestellt, dass es oft zwischen Leuten, die sich über den Zeitpunkt der Taufe nicht einig sind, in der Substanz mehr Gemeinsamkeiten im Taufverständnis gibt als zwischen Leuten, die gemeinsam für die Kindertaufe oder für die Gläubigentaufe sind, aber sich ansonsten völlig uneins darüber sind, was Taufe bedeutet.

Es gibt Vertreter der Kindertaufe, die sagen, sie sei Wiedergeburt und mache jemanden zum Christen. Andere sagen: Das kann es auf keinen Fall sein. Auch wenn wir Kinder taufen, vertreten wir nie die These, dass durch die Taufe Wiedergeburt geschieht.

Dabei wird das Entscheidende übersehen: Bei der Fixierung auf das Äußere, auf Form und Zeitpunkt, wird die Frage nach der Bedeutung und dem Wesen der Taufe vernachlässigt. Von dieser Seite möchte ich es heute noch einmal angehen.

Ich denke, unter uns herrscht weitgehend Einigkeit darüber, dass die Taufe ein Zeichen ist, ähnlich wie das Abendmahl. Die Reformatoren haben sie nicht nur so genannt, sondern auch als Sakrament bezeichnet und vom sichtbaren Wort gesprochen. Taufe und Abendmahl sind wie ein sichtbares Wort – eine Predigt mit Wasser oder eine Predigt mit Brot und Wein.

Das heißt: Die Taufe hat keine magische Wirkung. Sie wirkt nicht aus sich selbst heraus. Wenn jemand getauft wird, geschieht nicht automatisch etwas Magisches. Die Taufe ist ein Zeichen, das das Wort braucht. Sie muss durch das Wort erklärt werden und unterstützt ihrerseits das Wort, das sie unterstreicht und bekräftigt.

Zeichen können eine große Wirkung haben. Nehmen wir als Beispiel den Ehering. Auch dieser hat keine magische Wirkung. Ich bin nicht verheiratet, nur weil ich einen Ehering trage. Jemand kann in den Juwelierladen gehen, sich einen Ehering kaufen und ihn anstecken – verheiratet ist er dadurch noch nicht.

Der Ehering macht mich nicht zum Ehemann. Aber er hat eine Wirkung: Er ist die sichtbare Bekräftigung eines Versprechens, das ich meiner Frau gegeben habe und das sie mir gegeben hat. Dazu dient seine Zeichenwirkung.

Der Ring ist ohne Anfang und Ende, so soll auch meine Liebe und Treue ohne Ende sein zu meiner Frau. In den Ring, den meine Frau trägt, ist mein Name eingraviert, innen, und umgekehrt auch. Das heißt: Mein Name ist eingraviert, ich gebe mein Leben, ich gebe meinen Namen in deine Hand. Ich binde mich an dich ohne Vorbehalt.

Manche sagen vielleicht auch: „Du kannst mich um den Finger wickeln.“ Aber jedenfalls ist der Ehering ein wirkungsvolles Zeichen. Ohne Ende soll meine Treue und Liebe zu dir sein, ich gebe mein Leben in deine Hand. Das wird durch den Ehering besiegelt und bekräftigt.

Ganz ähnlich verhält es sich mit dem Zeichen der Taufe. Die Taufe besiegelt und bekräftigt. Sakrament kann man wörtlich mit Eid oder Gelöbnis übersetzen. Wer gelobt hier? Gott! Gott bekräftigt ein Versprechen.

Der eigentlich Handelnde in der Taufe ist Gott. Deswegen werden wir ja auch getauft – wir taufen uns nicht selbst. Im Judentum gab es die Proselytentaufe derer, die zum jüdischen Glauben übertraten. Dort tauchten sich die Proselyten selbst unter.

Die christliche Taufe ist eine passive Taufe: Wir werden getauft, es geschieht etwas an uns. Wenn Paulus in Römer 6 sagt, wir werden mit Christus durch die Taufe begraben, dann begraben wir uns nicht selbst. Oder wenn er sagt, wir werden getauft zu einem Leib durch den Heiligen Geist, dann taufen wir uns nicht selbst hinein in den Leib der Gemeinde, sondern wir werden getauft.

Der erste Handelnde in der Taufe ist Gott, dann auch die Menschen. Aber der erste Handelnde ist Gott.

Jetzt müssen wir einen Schritt weitergehen und fragen: Gut, die Taufe ist ein Zeichen – wofür steht dieses Zeichen eigentlich? Was wird durch die Wassertaufe ausgedrückt?

Man kann deutlich sagen: Die Wassertaufe bekräftigt durch ihr Zeichen das, was in der Geisttaufe geschieht. Die Wassertaufe symbolisiert und bekräftigt, was in der Geisttaufe passiert.

Über die Geisttaufe haben wir ja schon gesprochen. Die Geisttaufe ist eigentlich nur ein anderes Wort für Christwerden. Jeder, der Christ wird, erhält die Taufe mit dem Heiligen Geist.

Geisttaufe bedeutet: Wir werden Christen. Wir bekommen den Heiligen Geist, wir ergreifen im Glauben an Jesus die Vergebung unserer Sünden, unser altes Leben wird in den Tod Christi mit hineingenommen. Das alles geschieht in der Geisttaufe, wenn wir Christen werden.

Diese Geisttaufe meint der Apostel Petrus, wenn er von der Taufe spricht, die euch rettet (1. Petrus 3,21). Damit meint er natürlich nicht die Wassertaufe. Die Wassertaufe rettet keinen, sondern diese Geisttaufe, die Taufe durch den Heiligen Geist, wenn ihr Christ werdet. Das rettet euch, das geistliche Geschehen, in dem Gott uns zur Bekehrung führt und uns in seine Familie eingliedert.

Diese Geisttaufe haben alle Christen gemeinsam, egal wie sie sonst über die Wassertaufe denken. Jeder, der zu Jesus Christus gehört, hat diese Geisttaufe bei seiner Bekehrung, bei seiner Wiedergeburt erfahren.

Jetzt kommt die Wassertaufe in den Blick. Wir haben gesagt, sie ist ein Zeichen, durch das Gott spricht, so wie er durch sein Wort spricht. Die Wassertaufe verbildlicht und bekräftigt, was geschieht, wenn jemand Christ wird.

Darum passt auch das Symbol des Wassers: Wie Wasser Schmutz abwäscht, so wäscht Jesus uns den Schmutz der Sünde ab, wenn wir Christen werden. Wie man in Wasser ertrinken kann (Römer 6), so nimmt Jesus unser altes Leben mit in seinen Tod. Er rechnet uns an, was an ihm geschehen ist, und nimmt uns hinein in sein neues Leben.

Wie Wasser den Durst löscht, so stillt Jesus unseren Durst nach Leben. Und wie gesagt: Das geschieht nicht durch die Wassertaufe – weder durch die Säuglings- noch durch die Gläubigentaufe – aber die Wassertaufe ist ein Zeichen dafür.

Gott bekräftigt: Ja, ich will das schenken. Und deshalb sagt auch Petrus in seiner Pfingstpredigt (Apostelgeschichte 2,38): „Lasst euch taufen auf den Namen Jesu!“ Und wie geht es dann weiter? Zur Vergebung eurer Sünden.

Petrus meint nicht, die Wassertaufe vergibt automatisch die Sünden – das kann er nicht meinen, weil die ganze Heilige Schrift etwas anderes sagt. Aber Petrus sagt: Lasst euch taufen auf den Namen Jesu zur Vergebung der Sünden. Damit will er deutlich machen, dass die Taufe bekräftigt, dass Jesus dem, der glaubt, die Sünden vergibt.

Ähnlich schreibt Paulus in Römer 6,4: „Wir sind durch die Taufe mit Christus begraben in seinen Tod.“ Auch das geschieht natürlich nicht automatisch bei der Wassertaufe, sondern die Wassertaufe bekräftigt, bezeichnet, verdeutlicht und symbolisiert: Wer im Glauben zu Jesus kommt, wird in seinen Tod mit hineingenommen.

Wer Christ wird, die Wiedergeburt erfährt und sich im Glauben zu Jesus flüchtet, wird in das Sterben Jesu mit hineingenommen, in seinen Tod. Dem wird angerechnet, was Jesus durch seinen Tod erworben hat – nämlich Vergebung der Sünden.

Und der wird von Jesus in ein neues Leben hineingestellt. Jesus nimmt uns mit in seinen Tod hinein und in seine Auferstehung und schenkt uns ein neues Leben unter seiner Führung.

Das ist symbolisiert durch die Taufe. Sie ist das äußere Zeichen, Gottes Siegel, mit dem er seine Verheißung, die er uns im Wort gibt, nochmals zeichenhaft bekräftigt. Er sagt: Ja, das schenke ich jedem, der meinem Sohn vertraut, und ich besiegle es, ich bekräftige es durch das Abendmahl immer wieder und durch die Taufe einmal.

Zusammenfassung zur Bedeutung der Taufe

Fassen wir also zusammen: Die Wassertaufe ist ein äußeres Zeichen, durch das Gott redet. Dieses Zeichen beschreibt symbolisch, was geschieht, wenn ein Mensch zum Glauben an Jesus kommt, also wenn er die Geisttaufe erfährt. Damit bekräftigt und besiegelt die Wassertaufe Gottes Verheißung, die er uns im Wort gegeben hat, und zeigt, dass sie wahrhaftig ist.

Das Zeichen bekräftigt das Wort. So wie Wasser Schmutz abwäscht, vergibt Gott wirklich den Schmutz der Sünde dem, der an Jesus glaubt. Das ist das Wesen der Taufe.

Jetzt stellt sich die Frage: An wem darf oder soll dieses Zeichen vollzogen werden? Wir sind hier anders vorgegangen, indem wir zunächst zusammengetragen haben, was die Bibel an vielen Stellen über die Taufe sagt und was sie eigentlich bedeutet. Erst jetzt können wir fragen: An wem soll dieses Zeichen, das Gottes Verheißung bekräftigt und unterstreicht, vollzogen werden?

Hier gibt es unterschiedliche Auffassungen. Einige sagen, das Zeichen kann erst an dem vollzogen werden, der den Glauben bereits ergriffen hat. Es ist also ein Zeichen, das nur an Mündigen vollzogen werden darf. So ist es auch die Regel in der Missionssituation heute: Menschen hören das Evangelium, werden gläubig und dann getauft. Das war auch der Regelfall in der Apostelgeschichte.

Die Frage stellt sich ab der zweiten Generation: Was wird mit den Kindern der Christen? Befürworter der Säuglingstaufe sagen, wenn die Taufe als ein Zeichen und eine Form der Bekräftigung von Gottes Verheißung dient, dann dürfen wir dieses Verheißungszeichen auch über das Leben der Säuglinge setzen. Es geht in beiden Fällen um dieselbe Verheißung.

Man kann sagen: Bei Mündigen ist die Taufe eine nachträgliche Bekräftigung der Gotteszusage, die sie beim Bekehrtwerden ergriffen haben. Diese gilt wirklich, und zur Bekräftigung taufen wir sie jetzt. Bei Unmündigen, also Säuglingen, ist die Taufe keine nachträgliche, sondern eine vorauslaufende Bekräftigung. Gottes Zusage, die sie noch ergreifen sollen, wird über ihr Leben gestellt. Wir rufen sie im Glauben dazu auf und laden sie ein. Diese Verheißung gilt auch für sie, und daran werden wir sie immer wieder durch das Wort erinnern: Wer glaubt, wird gerettet. Darum: Komm zum Glauben an Jesus, seine Verheißung gilt auch für dich.

Hinter dieser Praxis steht eine Aussage von Paulus, in der er die Beschneidung im Alten Testament mit der Taufe im Neuen Testament vergleicht. In Kolosser 2,11-12 sagt Paulus: „Ihr seid durch Christus beschnitten, ihr seid begraben durch die Taufe.“ Paulus stellt hier eine Parallele zwischen der Beschneidung und der Wassertaufe her. Beide, Beschneidung und Wassertaufe, sind äußere Zeichen für ein inneres Geschehen.

Die äußere Beschneidung im Alten Testament war ein Zeichen für die Beschneidung des Herzens, wie Gott es immer wieder durch die Propheten gefordert hat. Nur weil die Kinder im Alten Testament äußerlich beschnitten waren, waren sie noch lange nicht gläubig. Vielmehr war es der Ruf Gottes: „Lasst eure Herzen beschneiden!“

So ist die Wassertaufe im Neuen Testament ein äußeres Bild für die Geisttaufe durch Vergebung der Sünden, neues Leben aus Christus, Beschneidung des Herzens. Es ist die Geisttaufe durch Vergebung der Sünden.

Interessant ist auch, dass Abraham, der Stammvater, erst beschnitten wurde, nachdem er zum Glauben gekommen war. Er wurde als Erwachsener beschnitten. Danach bekam er den Auftrag, die Säuglinge seiner Sippe in den Bund mit einzubeziehen, indem er sie am achten Tag ihres Lebens beschneiden ließ. Das ist eine interessante Parallele.

Paulus sagt auch in 1. Korinther 7,14, dass die Kinder der Christen von den Kindern der Nichtchristen unterschieden sind. Er sagt nicht, dass sie automatisch Christen sind, doch wenn nur ein Ehepartner Christ ist, sind die Kinder dadurch schon heilig. Damit meint er nicht, dass sie automatisch gerettet oder Christen sind, aber sie stehen unter einer besonderen Verheißung.

In unserer Gemeinde und vielen anderen Gemeinden gibt es deshalb beide Möglichkeiten: Manche Eltern möchten, dass ihre Kinder die Taufe als Bekräftigung der Verheißung erhalten, nachdem sie diese ergriffen und zum Glauben gekommen sind. Diese Eltern lassen ihre Säuglinge nicht taufen, schicken sie aber zum biblischen Unterricht, nehmen sie mit in die Gemeinde und beten dafür, dass sie in einem passenden Alter zur Bekehrung finden. Dann werden sie getauft, wenn sie noch nicht getauft sind.

Andere Eltern wünschen, dass die Verheißung Gottes schon über das Leben ihrer Säuglinge bekräftigt wird, zu der sie die Kinder im Glauben einladen wollen.

Diese beiden Haltungen widersprechen sich nicht. So können wir uns gegenseitig tragen. Niemand wird unter Druck gesetzt, seine Säuglinge taufen zu lassen, und niemand wird schief angesehen, wenn er den anderen Weg geht.

Beide Male handelt es sich um dieselbe Taufe. Es ist dasselbe Zeichen, mit dem der allmächtige Gott besiegelt, dass seine Verheißung gültig ist. Diese eine Taufe wird nur zu unterschiedlichen Zeitpunkten vollzogen: einmal am Säugling, ein anderes Mal an dem, der bekennt, dass er zum Glauben an Jesus Christus gekommen ist.

Ein Herr, ein Glaube, eine Taufe.

Ich möchte noch einmal bekräftigen: Selbst dort, wo man unterschiedliche Auffassungen über den richtigen Zeitpunkt der Taufe hat, kann man im Prinzip übereinstimmen, was das Wesen der Taufe ist. Die Wirklichkeit der Taufe durch den Heiligen Geist ist allen Christen gemeinsam.

Wir wurden alle zum Glauben an Jesus geführt, in sein Sterben und Auferstehen mit hineingenommen, in seine Gemeinde eingefügt und durch den einmaligen Opfertod Jesu Christi gerettet. Darum kann Paulus mit Recht auch die eine Taufe in dieser Aufzählung als einen Stein in unserem gemeinsamen Fundament nennen.

Unsere Glaubensväter haben das immer wieder gesehen und bezeugt. Ich erinnere an Martin Lloyd Jones, der die mündige Taufe befürwortete, aber auch in seinen Büchern deutlich machte, dass dies kein Trennungsgrund sein darf. Er schätzte die geistliche Aufrichtigkeit der Brüder, die anders entschieden hatten, genauso wie umgekehrt George Whitefield, John Wesley oder Wilhelm Busch, Befürworter der Säuglingstaufe, mit großem Respekt und brüderlichem Vertrauen mit denen Gemeinschaft hatten, die beim Zeitpunkt der Taufe anders dachten.

Ein bewegendes Beispiel aus dem 17. Jahrhundert möchte ich noch erwähnen: Die Westminster Confession von 1647 ist ein reformiertes Bekenntnis, das sich für die Säuglingstaufe ausspricht und weltweit verbreitet ist.

Wenige Jahre später, in den 1680er Jahren, waren zwei Älteste einer ehrwürdigen Baptistengemeinde in London, William Collins und Nehemiah Coves, der Meinung, dass ihre Gemeinden ein Glaubensbekenntnis brauchten. Sie wollten damit geistliche Festigung schaffen und lehrmäßige Abweichungen verhindern.

Das beste zu dieser Zeit verfügbare Glaubensbekenntnis war die Westminster Confession von 1647, die noch relativ neu war. Die beiden Baptisten übernahmen weitgehend die Formulierungen dieser Confession und drückten so ihre Verbundenheit mit den puritanischen Gläubigen aus.

Nur einige wenige Passagen, vor allem zur Taufe und den damit verbundenen Themen, änderten sie ab. So entstand die berühmte Baptist Confession von 1689.

Diese Baptist Confession wird heute zum Beispiel von einer Vereinigung italienischer Baptistengemeinden genutzt, die sich darauf stützen will.

Die Baptist Confession von 1689 ist somit die jüngere Schwester der Westminster Confession von 1647.

Warum war das möglich? Weil die Brüder wussten: Es gibt den einen Herrn, dem unser Leben gehört, und die eine Wahrheit, der wir folgen. Nur weil man sich beim Zeitpunkt der Taufe nicht einig ist, gehören wir dennoch als Brüder zusammen.

Diese enge Verwandtschaft der Baptist Confession von 1689 mit der Westminster Confession von 1647 drückt genau das aus.

Abgrenzung zur römisch-katholischen Kirche

Bleibt eine letzte Frage, die angesprochen werden muss, damit keiner von uns mit einem Missverständnis nach Hause geht. Man könnte ja jetzt sagen: Bitteschön, warum dann nicht auch mit der katholischen Kirche? Kann man da nicht auch sagen, dass sich das eine oder andere vereinbaren lässt?

Ich will Ihnen sagen, warum ich der Überzeugung bin, dass das nicht geht. Sicherlich mögen einige Mitglieder der römisch-katholischen Kirche im Prinzip auf dem gleichen Fundament stehen. Dann sind sie aber in ihrer Lehre nicht mehr katholisch. Sie wissen es nur noch nicht. Mit der römisch-katholischen Kirche selbst werden wir so eine Gemeinsamkeit der Bekenntnisse niemals haben können.

Warum ist das so? Ich will das an einem Punkt klar machen, weil dort in der Substanz nicht derselbe Herr wirklich bekannt wird wie bei uns. So hart das klingt, aber ich habe mich lange mit den Texten und der Fragestellung auseinandersetzen müssen: Dort wird nicht der eine Herr wirklich bekannt, der uns eint.

Oberflächlich betrachtet lehrt ja auch die römisch-katholische Kirche, dass Jesus Gottes Sohn ist und dass er auferstanden ist. Aber dort ist Jesus nicht der eine, völlig ausreichende Retter, dessen ein für allemal gebrachtes Opfer wirklich genügt. Sondern Jesus ist nicht der eine unumschränkte Herr. Er wird ergänzt durch andere Zusatzinstitutionen, die ihn umgeben und sozusagen noch einmal eine Vermittlung zwischen Jesus und uns einbauen.

Das hat der Theologe Helmut Frey wunderbar beschrieben. Er hat gesagt: Im Katholizismus nimmt Jesus eine andere Stellung ein als in der Bibel. Zwar steht er offiziell in der Mitte, aber weil die Bedeutung seines Kreuzestodes nicht in der Tiefe erkannt wird, weil der Schluss aus der Einmaligkeit und Genugsamkeit seines Erlösungswerkes nicht gezogen wird, wird Jesus selbst durch Zwischeninstanzen in den Herzen der Menschen aus der Mitte gedrängt.

Laut katholischem Verständnis wird ja in jeder Eucharistie durch den Priester unblutig Christus stets wieder geopfert, was völlig dem Neuen Testament widerspricht.

Und weil das so ist, sagt Frey, wird Jesus selbst durch Zwischeninstanzen in den Herzen der Menschen aus der Mitte gedrängt: durch die Kirche, die behauptet, sein Werk auf Erden fortzuführen; durch den Papst, der seine Person auf Erden vertritt; durch Maria, die ihn im Himmel umstimmt; durch Heilige, die als kleine Schutzgötter geduldet werden, ihre Verdienste; und durch die Handlungen der Priester, die uns Beistand leisten.

So werden die Hoheit und die Liebe Jesu verdunkelt. Es ist nicht der Glaube an den einen Herrn, dessen einmaliges Opfer völlig ausreicht, um uns zu erlösen.

Das ist der traurige Unterschied. Darum ist es wichtig, dass wir gerade im Gespräch mit Menschen, die der römisch-katholischen Kirche angehören, versuchen, behutsam auf diesen Zusammenhang aufmerksam zu machen. Vielleicht werden wir auf den einen oder anderen stoßen, der es so glaubt, wie es in der Bibel steht, und der nur noch nicht weiß, dass seine Kirche in ihren Bekenntnissen etwas ganz anderes genährt hat und bis heute lehrt.

So kommen wir wieder zu dem Punkt, den wir am Anfang aussprachen: Echte Einheit gibt es nur auf dem Fundament der Wahrheit. Paulus sagt uns hier in diesen Versen: Leute, seid dankbar! Seid dankbar, dass der dreieinige Gott euch dieses gemeinsame Fundament gegeben hat.

Nun pflegt dieses kostbare Geschenk! Pflegt es zur Ehre Gottes, pflegt es, um euch gegenseitig zu stärken und um damit anderen zu dienen.

Liebe Geschwister, in diesem Sinne lassen Sie uns auch wirklich als Einheit in die Bibeltagswoche hineingehen, die jetzt vor uns liegt. Diese Bibeltagswoche und das kommende Wochenende wird sicher manche Herausforderungen für uns alle bereithalten, möglicherweise auch manche Anfechtungen.

Wir werden einander brauchen. So lassen Sie uns wirklich gemeinsam auch in diese Aufgabe hineingehen, damit wir gemeinsam unserem Herrn dienen, einander dienen und dann auch gemeinsam denen dienen können, wie Gott uns am nächsten Wochenende schicken wird.

So wollen wir gemeinsam zur Ehre unseres großen Gottes seine Gemeinde bauen – ein Leib und ein Geist, wie ihr auch berufen seid zu einer Hoffnung eurer Berufung: ein Herr, ein Glaube, eine Taufe, ein Gott und Vater aller, der da ist über allen, durch alle und in allen. Ihm sei die Ehre. Amen.

Lassen Sie uns jetzt das Lied zu unserem Predigt...