Einführung in das Thema radikales Nein zur Sünde
Gott wird Mensch – Leben und Lehre des Mannes, der Retter und Richter, Weg, Wahrheit und Leben ist.
Episode 195: Vorsicht, Perfektionismus.
Gestern haben wir uns mit einem Text aus Matthäus 5,29-30 beschäftigt:
„Wenn aber dein rechtes Auge dir Anstoß zur Sünde gibt, so reiß es aus und wirf es von dir; denn es ist dir besser, dass eins deiner Glieder umkommt und nicht dein ganzer Leib in die Hölle geworfen wird. Und wenn deine rechte Hand dir Anstoß zur Sünde gibt, so hau sie ab und wirf sie von dir; denn es ist dir besser, dass eins deiner Glieder umkommt und nicht dein ganzer Leib in die Hölle geworfen wird.“
Wir haben gesehen, dass der Text gar nicht so schwer zu verstehen ist. Der Herr Jesus möchte, dass wir in unserem Leben radikal gegen die Sünde vorgehen.
In diesem Zusammenhang erinnere ich mich an einen Schlüsselanhänger, den ich von meiner kleinen Tochter geschenkt bekommen habe. Auf dem Schlüsselanhänger stand „Zettfoss“. Darunter stand „Semper Fidelis“.
Zettfoss steht für „Zero Tolerance for Sin“. Und „Semper Fidelis“? Auf Deutsch bedeutet das „Immer treu“. Das ist es, was Jesus als Herr in unserem Leben sehen will: ein ganz bewusstes Nein zur Sünde.
Zero Tolerance bedeutet keine Toleranz, keine Spielchen, keine Kompromisse, kein Dulden und kein Unter-den-Teppich-Kehren. Das betrifft dann auch mich persönlich – mehr noch im Alter, wenn ich weiß, dass Sünde mich kaputtmachen will. Meine Haltung zur Sünde muss klar sein: raus aus meinem Leben.
Die Spannung zwischen Heiligung und Perfektionismus
Bis dahin ist die Auslegung von Matthäus 5,29-30 klar. Dennoch weiß ich, dass man bestimmte theologische Themen schnell missverstehen kann. Die zwingende Logik der Heiligung im christlichen Leben ist genau so ein Thema.
Während man sich noch Gedanken darüber macht, ob es in seinem eigenen Leben noch Sünde gibt, kann sich ein zweiter Gedanke einschleichen. Dieser lautet ungefähr so: Mache ich auch genug gegen die Sünde? Bin ich radikal genug?
Grundsätzlich ist dieser Gedanke gut. Man sollte sich solche Fragen stellen. Aber – und dieses „Aber“ ist wirklich wichtig – man muss auch lernen, damit aufzuhören, sich diese Fragen ständig zu stellen.
Sünde beziehungsweise das Bekämpfen und Vermeiden von Sünde ist ein wichtiges Thema im Leben eines Christen. Aber es ist nicht das Hauptthema. Wir müssen sehr darauf achten, dass wir erstens das Christentum nicht zu einer Religion des Sündenmanagements machen.
Es geht zuerst um unsere Beziehung zu Jesus. Wir meiden Sünde, weil wir ihn lieben. Zweitens müssen wir aufpassen, dass wir uns selbst nicht fertig machen, indem wir das Ziel mit dem Weg verwechseln.
Das Ziel ist Jesus. Wir werden ihm eines Tages gleich sein.
Die Hoffnung auf Vollendung und die Realität des Weges
Erster Johannesbrief Kapitel 3, Vers 2: Geliebte, jetzt sind wir Kinder Gottes, und es ist noch nicht offenbar geworden, was wir sein werden. Wir wissen aber, dass wir, wenn es offenbar wird, ihm gleich sein werden, denn wir werden ihn sehen, wie er ist.
Das ist eine wunderbare Hoffnung: Wenn wir Jesus sehen, dann werden wir ihm gleich sein. Die Betonung liegt auf „dann“. Dann, wenn unsere Gotteskindschaft in voller Schönheit offenbar wird, werden wir ihm gleich sein – nicht jetzt. Jetzt sind wir auf dem Weg dorthin, aber noch nicht am Ziel.
Spürt ihr die Spannung? Auf der einen Seite steht ein radikales Nein zur Sünde, auf der anderen Seite ebenso ein Nein zum Perfektionismus. Der Apostel Johannes geht im Blick auf diese Spannung so weit, dass er sagt: 1. Johannes 1,8 – Wenn wir sagen, dass wir keine Sünde haben, betrügen wir uns selbst, und die Wahrheit ist nicht in uns.
Paulus beschreibt seine Erfahrung ähnlich: Römer 7,19 – Denn das Gute, das ich will, übe ich nicht aus, sondern das Böse, das ich nicht will, das tue ich. Diese Erfahrung macht der Apostel immer wieder, und uns wird es jeden Tag nicht anders gehen.
Es gibt einen Grund dafür, dass im Vaterunser nach der Bitte um das tägliche Brot die Bitte um Vergebung der Sünden von gestern kommt. Dieses Gebet macht nur Sinn, weil es etwas zu vergeben gibt.
Versteht ihr, Gott kennt uns.
Gottes Wunsch nach unserem Herzen und praktische Schritte zur Heiligung
Was will Gott von uns in puncto Heiligung? Zuerst einmal will er unser Herz. Er möchte, dass wir hassen, was er selbst hasst. Gott nennt sich einen Gott, der kein Gefallen an Gottlosigkeit hat. Diese Haltung sollen auch wir einnehmen. Das ist der erste und wichtigste Schritt. Alle anderen Schritte sind dann eine logische Folge.
Erstens beschäftige ich mich mit Gottes Geboten, um herauszufinden, wo die Sünde in meinem Leben steckt. Sünden sind wie Motten. Wenn ich sie nicht aufstöbere, fressen sie Löcher in meiner Wäsche. Sünden tun das auch. Wenn ich sie nicht entdecke, machen sie mein Leben kaputt.
Zweitens: Action, genau das, was in Matthäus 5,29-30 steht. Keine Kompromisse. Egal, wie gut sich eine Sünde anfühlt, egal, wie verheißungsvoll der zeitliche Genuss der Sünde scheint, egal, wie viel Vorteil sie mir am Arbeitsplatz, in der Schule oder im Umgang mit dem anderen Geschlecht bringt – Sünde muss raus, egal was es mich kostet.
Drei Tipps: Lerne viele Bibelverse zu deiner Lieblingssünde auswendig, damit dein Gewissen geschärft wird und du an Unterscheidungsvermögen gewinnst. Suche dir Verbündete und lass dich bloß nicht entmutigen. Sünde kann ein zäher Gegner sein. Gib nicht auf. Glaub mir, zu seiner Zeit schenkt Gott den Sieg.
Drittens nehmen wir uns jeden Tag im Rahmen unseres täglichen Gebets Zeit, um unsere Sünden vom Vortag zu bekennen. Wir nutzen diesen Moment der ehrlichen Gemeinschaft mit Gott, um uns an dem zu freuen, was der Herr Jesus für uns getan hat. Gleichzeitig freuen wir uns auf die Ewigkeit, wenn unsere Sehnsucht nach Heiligkeit ein für alle Mal gestillt wird.
Viertens bitten wir Gott um Gnade, dass er uns verborgene Sünden offenbart und uns Weisheit für neue gute Gewohnheiten schenkt, um diese zu bekämpfen. Nicht vergessen: Wir leben aus Gnade, und Gnade will uns erziehen.
Leben im Licht und die Verheißung der Vergebung
Gott ist es, der sich um den Weg kümmert, und wir müssen ihn nur gehen. Das, was ich eben beschrieben habe, nennt Johannes das Leben im Licht.
In 1. Johannes 1,7 heißt es: Wenn wir aber im Licht wandeln, wie er im Licht ist, haben wir Gemeinschaft miteinander, und das Blut Jesu, seines Sohnes, reinigt uns von jeder Sünde.
Wie reinigt uns das Blut Jesu, also sein Tod am Kreuz, von jeder Sünde? Die Antwort finden wir in 1. Johannes 1,9: Wenn wir unsere Sünden bekennen, ist er treu und gerecht, dass er uns die Sünden vergibt und uns reinigt von jeder Ungerechtigkeit.
Wir bekennen, und er reinigt.
Warnung vor Perfektionismus und Ermutigung zur Gnade
Diese Episode trägt den Titel „Vorsicht Perfektionismus“. Sie richtet sich an alle Hörer, die immer wieder denken, sie seien nicht heilig genug, um Gott zu gefallen.
Wenn das deine Sorge ist, musst du drei Dinge verstehen.
Punkt eins: Gott liebt dich bedingungslos. Er hat dich schon geliebt, als du noch Sünder warst. Wie viel mehr liebt er dich jetzt als sein Kind.
Punkt zwei: Nimm Heiligung weiterhin ernst und bekenne deine Sünden. Aber hüte dich vor Perfektionismus! Ungerechtfertigte Selbstanklagen sind eine Form dämonischer Verführung. Vergiss das bitte nie!
Punkt drei: Du darfst jeden Tag deine Errettung feiern. Am Kreuz ist alles vollbracht. Folge einfach Schritt für Schritt deinem guten Hirten und bleib an seiner Seite. Mehr braucht es wirklich nicht.
Abschluss und Ausblick
Was könntest du jetzt tun? Du könntest darüber nachdenken, ob du zu denen gehörst, die Sünde verharmlosen, oder zu denen, die sich selbst mit Perfektionismus fertig machen. Oder ob du vielleicht eine gesunde Mitte gefunden hast.
Das war's für heute. Wie bereits angedeutet, möchte ich im nächsten Jahr viel mehr Folgen zu Jesu Leben und Lehre produzieren. Sei also nicht überrascht, wenn es nächsten Montag mit der Bergpredigt weitergeht.
Der Herr segne dich, lass seine Gnade erfahren, lebe in seinem Frieden und feiere ein schönes Silvester. Amen.