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So bilden Christen ihren Charakter

Wie Christen leben, Teil 3/4
05.12.2012Kolosser 1,9-11

Einleitende Gedanken

Letzten Sonntag haben wir entdeckt, wie Menschen zu Christen werden. Es beginnt immer mit der Verkündigung der Gnade Gottes. Dieser Same muss gesät werden, damit neues Leben wachsen und gedeihen kann. Petrus beschreibt das so: „Ihr seid ja von neuem geboren, und dieses neue Leben hat seinen Ursprung nicht in einem vergänglichen Samen, sondern in einem unvergänglichen, in dem lebendigen Wort Gottes, das für immer Bestand hat.“ 1. Petrus 1, 23. Dieser unvergängliche Same bewirkt eine Geburt – der Mensch wird von neuem geboren. In einem persönlichen Gespräch mit Nikodemus spricht Jesus auch von einer Geburt: „Wenn jemand nicht von neuem geboren wird, kann er das Reich Gottes nicht sehen.“ Johannes 3, 3. Das Bild der Geburt weist darauf hin, dass etwas Neues beginnt, das auf Wachstum angelegt ist. Es zeigt, wie verletzlich dieses neue Leben ist und deshalb beschützt werden muss. Wenn Menschen zu Jesus finden, beginnt etwas ganz Neues. Wie bei einem Baby, so ist auch dieses neue Leben verletzlich und muss genährt, gepflegt und beschützt werden. Wer zu Jesus findet ist nicht sofort ein reifer Christ. Den Korinthern schreibt Paulus: „Ich konnte mit euch, liebe Geschwister, nicht wie mit geistlich reifen Menschen reden. Ihr habt euch von den Vorstellungen und Wünschen eurer eigenen Natur bestimmen lassen, sodass ihr euch, was euren Glauben an Christus betrifft, wie unmündige Kinder verhalten habt.“ 1. Korinther 3, 1. Nun stellt sich die Frage, wie wir als Christen wachsen und reifen können. Oder anders gefragt: Wie wir unseren Charakter bilden. Paulus beantwortet diese Fragen, indem er den Kolossern schreibt, welches Anliegen er im Blick auf die Christen in Kolossä im Gebet vor Gott bringt. Diesen Abschnitt finden wir im Kolosserbrief 1, 9-11: „Deshalb hören wir auch seit dem Tag, an dem wir davon erfahren haben, nicht auf, für euch zu beten. Wir bitten Gott, dass er euch durch seinen Geist alle nötige Weisheit und Einsicht schenkt, um seinen Willen in vollem Umfang zu erkennen. Dann könnt ihr ein Leben führen, durch das der Herr geehrt wird und das ihm in jeder Hinsicht gefällt. Ihr werdet imstande sein, stets das zu tun, was gut und richtig ist, sodass euer Leben Früchte tragen wird, und werdet Gott immer besser kennen lernen. Er, dem alle Macht und Herrlichkeit gehört, wird euch mit der ganzen Kraft ausrüsten, die ihr braucht, um in jeder Situation standhaft und geduldig zu bleiben.“ Kolosser 1, 9-11.

I. Wachsen in Weisheit und Einsicht

Die Gemeinde in Kolossä war grossen Gefahren ausgesetzt und Paulus wusste genau, dass es jetzt sehr wichtig ist, dass die Christen in ihrem Glauben möglichst schnell gefestigt werden. „Deshalb hören wir auch seit dem Tag, an dem wir davon erfahren haben, nicht auf, für euch zu beten.“ Kolosser 1, 9. Paulus darf Rom nicht verlassen. Er muss auf seinen Prozess warten. So kann er nicht nach Kolossä reisen und die Gemeinde vor Ort unterstützen. Aber eines kann er immer tun: er kann die Christen in Kolossä im Gebet unterstützen. Also betet er mit seinen Mitarbeitern für die Christen. Sie beten jedoch nicht um Bewahrung, wie wir das vielleicht tun würden. Ihre Bitte ist viel konkreter und wesentlich grundlegender für die Entwicklung der Christen in Kolossä: „Wir bitten Gott, dass er euch durch seinen Geist alle nötige Weisheit und Einsicht schenkt, um seinen Willen in vollem Umfang zu erkennen.“ Kolosser 1, 9. Die Kolosser sollen in Weisheit und Einsicht wachsen, damit sie den Willen Gottes erkennen, damit sie verstehen, was Gott wichtig ist und was für ihn unwichtig und bedeutungslos ist. Sie sollen verstehen wie Gott denkt und was ihm am Herzen liegt. Es ist interessant, Paulus geht es hier offensichtlich nicht um Gebote und Gesetze, die sie kennenlernen müssten. Es geht ihm um wesentlich mehr. Wenn wir den Willen Gottes erkennen sollen, dann geht es darum zu verstehen, was Gott möchte. Jesus sagte einmal seinen Jüngern: „Ich nenne euch Freunde und nicht mehr Diener. Denn ein Diener weiss nicht, was sein Herr tut; ich aber habe euch alles mitgeteilt, was ich von meinem Vater gehört habe.“ Johannes 15, 15. Den vollen Umfang von Gottes Willen zu erkennen bedeutet, dass wir in die Pläne und Absichten Gottes eingeweiht sind, dass wir die grossen Linien des Handelns Gottes verstehen. Natürlich spielen Gebote auch eine wichtige Rolle, aber nicht die zentrale Rolle. Das möchte ich am Beispiel einer Ampel erklären. Doch zuerst möchte ich von Euch wissen, wer noch nie bei Rot über einen Fussgängerstreifen gelaufen ist. – Aha, das habe ich mir gedacht. Dann wisst ihr ja, von was ich jetzt reden werde. Wir stehen also vor einer Ampel, die rot leuchtet und wir sind in Eile, der Zug wird seine Abfahrt wegen uns nicht verzögern. Ungeduldig warten wir, obwohl weit und breit kein Auto in Sicht ist. Warum sollte ich warten? Das ist doch völlig sinnlos! Und schon überquere ich die Strasse. Damit habe ich eine eindeutige Verkehrsregel gebrochen. Ein Polizist könnte von mir ein Bussgeld einfordern – könnte! doch habe ich mich vorher vergewissert, ob ein Polizist in der Nähe steht. Spass beiseite – was habe ich nun unbewusst gemacht? Ich habe mich zwar nicht an das Gesetz gehalten, aber ich habe mich instinktiv vom eigentlichen Sinn dieser Ampel leiten lassen. Sie steht nämlich da, um die Verkehrssicherheit zu gewährleisten. Wenn jedoch kein Verkehr vorhanden ist, dann ist diese Ampel überflüssig. Sie hat in diesem Moment keine wirkliche Aufgabe. Deshalb kann ich die Strasse überqueren, denn wenn kein Auto in Sicht ist, kann ich die Verkehrssicherheit auch nicht gefährden. Ich bringe weder mich noch jemand anderen in Gefahr. Dasselbe Verhalten zeigen wir auch im umgekehrten Fall. Wenn nämlich unsere Ampel grün leuchtet, aber trotzdem ein Auto in hohem Tempo auf den Fussgängerstreifen zufährt, dann werde ich die Strasse in diesem Moment nicht überqueren, obwohl ich das Recht dazu hätte. Aber was nützt mir dieses Recht, wenn ich überfahren werde? Also, beim Erkennen von Gottes Willen, geht es nicht darum, viele verschiedene Regeln und Gesetze kennen zu lernen, sondern zu verstehen, was Gott wichtig ist und welche Absichten und Ziele er hat. Auch bei den Geboten geht es darum, dass wir das Prinzip eines Gebots verstehen. Nehmen wir das Gebot der Liebe. Wir wissen nicht immer genau, wie dieses Gebot der Liebe anzuwenden ist. Ein Prinzip, das diesem Gebot zugrunde liegt könnte lauten, dass ich niemandem mutwillig Schaden zufüge, sondern vielmehr so handle, dass der andere gefördert wird. So kann es in der Erziehung unserer Kinder sein, dass ich einmal nachsichtig bin und ein andermal bestrafe ich das Kind. Beides kann von der Liebe motiviert sein. Paulus sagt einmal: „Gott hat uns fähig gemacht, Diener des neuen Bundes zu sein – eines Bundes, der sich nicht mehr auf das schriftlich niedergelegte Gesetz gründet, sondern auf das Wirken von Gottes Geist. Denn das Gesetz bringt den Tod, aber der Geist Gottes macht lebendig.“ 2. Korinther 3, 6. Die Frage ist nur, wie der Geist Gottes heute wirkt. Wie funktioniert das? Paulus betet ja, „…dass Gott euch durch seinen Geist alle nötige Weisheit und Einsicht schenkt.“ Kolosser 1, 9. Wie kommt dieser Einfluss des Geistes Gottes in unser Leben und in unseren Alltag? Einmal bestimmt durch die Tatsache, dass der Geist Gottes in mir drin lebt, wenn ich von neuem geboren bin. Die Wiedergeburt geschieht gerade dadurch, dass der Heilige Geist in mein Leben hineinkommt. Wie das Paulus einmal schreibt: „Gott hat den Geist seines Sohnes in eure Herzen gesandt.“ Galater 4, 6. Das ist eine Tatsache. Doch wir wissen alle, dass wir deshalb nicht einfach alle Weisheit und Erkenntnis besitzen. Der Heilige Geist ist die absolute Voraussetzung, dass wir in Weisheit und Erkenntnis wachsen können. Aber wir brauchen unbedingt das Wort Gottes dazu, denn das Wort Gottes ist Geist. Der Heilige Geist ist der Autor der Bibel. Deshalb sagt Paulus den Ephesern: „Greift zu dem Schwert, das der Heilige Geist euch gibt; dieses Schwert ist das Wort Gottes.“ Epheser 6, 17. Wollen wir in Erkenntnis und Weisheit wachsen, dann müssen wir uns mit dem Wort Gottes beschäftigen! Uns fehlen nicht die Bibeln, um das zu tun. Bibeln haben wir im Überfluss und wer noch keine hat, dem kann ich gerne eine geben. Vielmehr meinen wir, uns würde die Zeit zum Bibelstudium fehlen. Doch wenn wir wachsen und reifen wollen, wenn wir unseren Charakter bilden möchten, wenn der Heilige Geist in unser Leben hineinsprechen soll, dann geht das nur, wenn wir uns mit dem Wort Gottes beschäftigen. Ansonsten werden wir unreife und eigensüchtige Christen bleiben. Paulus schreibt: „Alles, was in der Schrift steht, ist von Gottes Geist eingegeben, und dementsprechend gross ist auch der Nutzen der Schrift: Sie unterrichtet in der Wahrheit, deckt Schuld auf, bringt auf den richtigen Weg und erzieht zu einem Leben nach Gottes Willen.“ 2. Timotheus 3, 16. Das ist der Weg, wie uns Gott heute Weisheit und Erkenntnis schenkt, damit wir verstehen, was ihm wichtig ist.

II. Tun, was gut und richtig ist

Wenn uns Gott durch seinen Geist die nötige Weisheit und Einsicht schenkt, damit wir seinen Willen erkennen können, dann haben wir sozusagen die theoretische Grundlage für unser praktisches Leben entdeckt. Wir wissen dann, wie wir unser Leben führen können und sollen, damit es Gott gefällt und er geehrt wird: „Dann könnt ihr ein Leben führen, durch das der Herr geehrt wird und das ihm in jeder Hinsicht gefällt. Ihr werdet imstande sein, stets das zu tun, was gut und richtig ist, sodass euer Leben Früchte tragen wird, und werdet Gott immer besser kennen lernen.“ Kolosser 1, 10. Wir sind also in der Lage ein Leben zu führen, das Gott gefällt! Das finde ich eine ermutigende und tröstliche Tatsache. Ich kann Gott genügen. Ich muss nicht immer Angst haben, dass ich es eh nie schaffen werde. Das klingt doch einfach: wir sollen das tun, was gut und richtig ist. Ist das wirklich so einfach? Ja es ist einfach! Wenn es ein Problem gibt, dann liegt das Problem bei uns und zwar bei unserem Ego. Mit diesen beiden Pfeilen, die aufeinander prallen, kann man das schön aufzeigen. Auf der einen Seite ist mein Wille und sind meine Wünsche, die mit der Bekehrung nicht einfach verschwinden. Als Christen bleiben wir eigenständige Persönlichkeiten, die mehr oder weniger frei entscheiden können. Auf der anderen Seite ist Gottes Wille. Im Prozess der Reifung und Charakterbildung müssen wir lernen den Willen Gottes zu unserem eigenen Willen zu machen. Nebenbei ist zu bemerkten, dass das nicht nur für Gott gut ist, sondern es ist vor allem für mein Leben optimal. Denn wenn ich nicht nur zur Kenntnis nehme, was Gott gefällt, sondern wenn ich tatsächlich auch entsprechend lebe, dann werde ich reifer werden und mein Charakter wird geformt. Man könnte in diesem Zusammenhang auch vom geistlichen Kampf sprechen. Paulus schilderte das einmal ganz eindrücklich: „Ich führe einen harten Kampf gegen mich selbst, als wäre mein Körper ein Sklave, dem ich meinen Willen aufzwinge. Denn ich möchte nicht anderen predigen und dann als einer dastehen, der sich selbst nicht an das hält, was er sagt.“ 1. Korinther 9, 27. Charakterbildung und Festigung im Glauben geschieht dort, wo wir das, was wir verstehen in unserem Leben praktisch anwenden. Wenn wir uns für den Willen Gottes entscheiden, dann geschieht etwas noch viel wichtigeres in unserem Leben: „Ihr werdet Gott immer besser kennen lernen.“ Kolosser 1, 10. Warum? Weil wir erfahren, dass wir uns auf das verlassen können, was Gott sagt. Wir erleben wie zuverlässig, treu und barmherzig er ist.

III. Gestärkt in jeder schwierigen Situation

Die Kolosser standen grossen Herausforderungen gegenüber. Es waren Leute in Kolossä, die die Christen von falschen Lehren überreden wollten (Kolosser 2, 4.8.18). Sie wollten ihnen vorschreiben, was sie noch essen und trinken dürfen (Kolosser 2, 16) usw. Paulus ist überzeugt, wenn das, was er für die Christen in Kolossä bittet, sich in ihrem Leben erfüllt, dann seien sie allen schwierigen Situationen gewachsen. Sie können sich auf die Kraft Gottes verlassen. „Er, dem alle Macht und Herrlichkeit gehört, wird euch mit der ganzen Kraft ausrüsten, die ihr braucht, um in jeder Situation standhaft und geduldig zu bleiben.“ Kolosser 1, 11. Ist das nicht wunderbar! Gott selber wird dafür sorgen, dass die Kolosser ihr Ziel erreichen. Er gibt ihnen die nötige Kraft dazu, selbst wenn sie sich schwach fühlen oder tatsächlich schwach sind. Das erinnert mich an das, was Jesus der Gemeinde in Philadelphia sagt, die schwach war, aber die sich im Leben am Wort Gottes orientierten: „Weil du dich an meine Aufforderung gehalten hast, standhaft zu bleiben, werde auch ich zu dir halten und dich bewahren, wenn die grosse Versuchung über die Welt hereinbricht, jene Zeit, in der die ganze Menschheit den Mächten der Verführung ausgesetzt sein wird.“ Offenbarung 3, 10. Gott selbst gibt uns die Kraft für ein Leben, das ihm gefällt. Er selbst ist dafür besorgt, dass wir in schwierigen Situationen genügend Kräfte bekommen.

Schlussgedanke

Wir sind keine perfekten Christen, aber wir sind Christen, die in einem Wachstumsprozess stehen. Wir können diesen Prozess in gewisser Weise selber beeinflussen, indem wir Gottes Wort in unserem Leben den nötigen Raum geben. Ohne diesen Einfluss sind wir, wie es Paulus den Christen in Korinth sagt „unmündige Christen in Christus“. Doch wenn wir den Einfluss von Gottes Wort in unserem Leben zulassen, dann werden wir reifer und unser Charakter wird gebildet und wir werden zu lebenstüchtigen Christen heranwachsen. Paulus sagt: „So ist der, der Gott gehört und ihm dient, mit Hilfe der Schrift allen Anforderungen gewachsen; er ist durch sie dafür ausgerüstet, alles zu tun, was gut und richtig ist.“ 2. Timotheus 3, 17. So werden wir zu Christen, die selbst durch schwierige Zeiten hindurch ihr Leben bewältigen und erfahren, wie Gott sie dabei unterstützt.