Einführung in das Thema Zukunftsangst und biblische Prophetie
Fortsetzung mit unserer Predigtreihe zu Daniel 2. Die Verse 29 bis 49 stehen heute auf dem Programm. Ich hoffe, Sie haben alle einen Gottesdienstzettel, damit Sie den Text gut mitverfolgen können.
Viele Menschen um uns herum kommen mit dem Leben nicht mehr zurecht. Warum ist das so? Es liegt daran, dass sehr viele Angst vor der Zukunft haben. Sie ertragen die Ungewissheit einfach nicht mehr. Die Furcht vor dem Unbekannten, dem Unüberschaubaren und dem Unberechenbaren treibt sie um und lässt sie nicht zur Ruhe kommen.
In dieser Situation besitzen wir als Christen einen Schatz, den wir oft gar nicht genug schätzen. Kein anderes Buch der Welt gibt uns so zuverlässig Auskunft über die Zukunft wie unsere Bibel. Die Bibel ist kein Orakel, das man für jede einzelne Situation befragen kann. Man legt nicht einfach den Finger blind auf eine Bibelstelle und meint, die Antwort gefunden zu haben. Das ist die Bibel nicht.
Aber die Bibel ist ein prophetisches Buch. Sie sagt voraus, was der lebendige Gott mit dieser Welt vorhat. Die Bibel offenbart auch, auf welcher Linie unser persönliches Leben verlaufen soll und welches Ziel es anstrebt. So entfaltet sie die großen Linien der Weltgeschichte bis hinein in die internationale Politik.
Heute kommen wir im Rahmen unserer Predigtreihe zu einem Bibeltext, der zu den aufregendsten Prophezeiungen gehört, die es je gegeben hat. Dieser Text entstand wahrscheinlich um 603 v. Chr., wie wir letzten Sonntag gesehen haben. Das Besondere an diesem Text ist, dass einige dieser Vorhersagen sich bereits erfüllt haben, andere aber noch ausstehen und für uns noch in der Zukunft liegen.
Das heißt, dieser Bibeltext, den Sie in Händen halten, enthält wirklich tragfähige Informationen. Um diese würde uns jeder Spiegel-Reporter, jeder Focus-Redakteur und jeder FAZ-Leitartikler beneiden – von der Bild-Zeitung ganz zu schweigen. Eigentlich stehen diese Informationen auch ihnen zur Verfügung, sofern sie die Bibel zur Hand nehmen und dieses Buch ernst nehmen.
Denn das ist eine der herausragenden Eigenschaften des lebendigen Gottes, von der gerade die Propheten im Alten Testament immer wieder in den höchsten Tönen gesprochen haben: Er kann und will Ereignisse und Entwicklungen voraussagen, die kein Mensch sich ausdenken könnte.
Die Einzigartigkeit göttlicher Offenbarung im Alten Testament
Beispielsweise hat der Prophet Jesaja dies immer wieder betont. In Jesaja 41,23 sagt Gott: „Verkündigt uns doch, was nachkommen wird, damit wir erkennen, dass ihr Götter seid.“ Diese Aussage ist als Herausforderung an die Götzen gedacht. Es heißt: Kommt doch, zeigt, was ihr könnt.
In Jesaja 41,26 fragt Gott dann: „Wer hat es denn von Anfang an verkündet, dass wir es vernahmen? Wer hat es denn vorher geweissagt?“
Weiter heißt es in Jesaja 42,8: „Ich, der Herr, das ist mein Name. Siehe, was ich früher verkündigt habe, das ist gekommen. So verkündige ich euch auch Neues; ehe es denn aufgeht, lasse ich es euch hören.“
Das ist eine deutliche Ansage. Diesen Unterschied zwischen dem lebendigen Gott auf der einen Seite und den toten Götzen auf der anderen Seite finden wir oft bei den Propheten im Alten Testament.
Der Unterschied besteht darin, dass der lebendige Gott mit Sicherheit vorhersagen kann, was in der Zukunft geschehen wird. Er enthüllt Ereignisse, und zwar nicht irgendwelche, sondern solche, die für seine Kinder und für sein Volk wichtig sind.
Darum ist es für uns wichtig, wenn es in der Bibel Prophetien gibt, diese zu kennen und zu verstehen. Das ist der sicherste Weg, um frei von Zukunftsangst zu werden.
Die vernachlässigte Bedeutung der Prophetie in der Kirche
Nun war es sicherlich ein Fehler der Kirche Jesu Christi, dass sie über diese Wahrheiten wenig gesprochen hat. Dadurch wurde das Thema Prophetie zu einem Tummelplatz für Sekten und alle möglichen Wunderlinge. Wenn man von Prophetie sprach, bekamen die Leute schon rote Ohren und dachten: „Na, das ist nicht seriös.“
Und das gibt es ja auch bis heute, dass alle möglichen Leute aufstehen und sagen: „Ich habe eine Prophetie von Gott bekommen, so spricht der Herr,“ und dann erzählen sie irgendetwas.
Nun, wir wissen, seitdem die Bibel abgeschlossen vorliegt, haben wir alle Informationen, die nötig sind. Der Apostel Paulus sagt in 2. Timotheus 3,16, dass wir vollkommen ausgerüstet sind. Wir haben alles, was wir brauchen.
Die Ämter, die es jetzt in der neutestamentlichen Gemeinde gibt, sind nicht mehr die Ämter, die es am Anfang gab – also die Ämter der Apostel und Propheten. Stattdessen sind die Ämter jetzt Hirten, Lehrer, Evangelisten, Älteste und Diakone.
In einem der frühesten Briefe, nämlich in 1. Korinther 13,8, hat der Apostel Paulus gesagt: Das prophetische Reden wird aufhören, ebenso das Zungenreden und die Erkenntnis. Damit meint er hier die besonderen Offenbarungsworte, die ebenfalls aufhören werden.
Wenn wir uns heute seriös mit Prophetie befassen wollen, weil wir das, was Gott über die Zukunft sagt, auch annehmen wollen, dann geht es nicht um neue, zusätzliche Informationen jenseits der Bibel. Sondern es geht um die Prophetien, die Gott uns in der Bibel gegeben hat.
Während die einen schwärmerisch nach noch mehr Prophetien verlangen und über die Bibel hinausschauen wollen, glauben die anderen nicht einmal daran, dass es überhaupt in der Bibel echte Verheißungen gibt.
Ich erinnere mich noch sehr gut an eine Diskussion, die wir als Studenten führten, mit einem unserer Professoren, den wir öfter mal nach seiner Vorlesung angesprochen hatten. Er war ein Alttestamentler an der Universität Göttingen.
Dann lud er uns als kleine Gruppe zu einem Gespräch in seiner Wohnung ein. Ein Diskussionspunkt, an den ich mich noch ganz genau erinnere, war die Frage: Ist das ganze Buch Jesaja von ein und demselben Propheten geschrieben worden, so wie es der Text nahelegt?
Ich weiß noch genau, wie der Professor uns entgegnete: „Das kann gar nicht sein.“ Und ich versuchte, ihm bestimmte Kommentare aus dem englischsprachigen Raum hinzuweisen. Doch er sagte: „Ihr englischer Exeget kann schreiben, was er will, das kann gar nicht sein.“
Sein Argument war: Jesaja hat im achten Jahrhundert vor Christus geschrieben, aber ab Kapitel 40 werden Ereignisse berichtet, die sich erst im sechsten Jahrhundert zugetragen haben. Deshalb kann der Jesaja aus dem achten Jahrhundert das gar nicht geschrieben haben.
Was hier zum Vorschein kam, war ein ganz simples weltanschauliches Vorurteil – sogar bei einem Professor. Das Vorurteil lautete: Gott kann keine Vorhersagen offenbaren. Das hat er einfach so vorausgesetzt und geglaubt.
Damit stand er gegen alles, was die Propheten jemals gesagt hatten. Die Propheten hatten gerade gesagt, dass gerade das der Ausweis der Gottheit Gottes ist: dass er Dinge real vorhersagen kann.
Und jetzt wissen Sie auch zum Beispiel, warum es so etwas wie die ART unserer Akademie hier geben muss. Unser Predigttext heute Morgen ist auch so ein Ausweis. Denn hier wird um 600 vor Christus angekündigt, was sich dann in den folgenden Jahrhunderten Schritt für Schritt erfüllen sollte.
Es ist unvorstellbar.
Einstieg in die Traumdeutung des babylonischen Königs Nebukadnezar
Heute, in Kapitel zwei, machen wir den Anfang. Wenn wir dann in einigen Wochen zu Kapitel sieben kommen, werden die Vorhersagen noch detaillierter. Es gibt dann noch mehr Einzelheiten, die hochbrisant sind.
Gehen wir jetzt also schnell in unseren Text hinein. Sie erinnern sich: Letzten Sonntag hatten wir gesehen, wie der babylonische König Nebukadnezar von einem seltsamen Traum aufgeschreckt wurde. Er war zu diesem Zeitpunkt erst zwei bis drei Jahre im Amt, etwa um 603 v. Chr. Er hatte sein großes Reich noch nicht gefestigt und machte sich Sorgen, wie er die Zukunft bestehen würde. Er fragte sich, ob sein Reich stabil werden würde und wie er politisch und persönlich klarkommen würde.
Da schickte Gott, so hatten wir letzten Sonntag gesehen, ausgerechnet diesem heidnischen Machthaber einen dramatischen Traum. Nebukadnezar wusste nicht, woher der Traum kam. Nach einer unruhigen Nacht rief er seine Berater zusammen. In Babylonien gehörten zu diesen Beratern auch Traumdeuter, Astrologen und Naturwissenschaftler – alles gemischt. Er sagte zu ihnen: „Sagt mir, was mein Traum bedeutet.“
Die Berater antworteten: „Bitte erzähl uns deinen Traum, dann können wir dir sagen, was er bedeutet.“ Doch Nebukadnezar wollte auf Nummer sicher gehen. Er dachte: „Woher soll ich wissen, dass ihr mir das Richtige sagt?“ Er verlangte Beweis für ihre natürliche oder übernatürliche Fähigkeit. „Sagt mir zuerst, was ich geträumt habe. Wenn ihr mir dann wirklich sagt, was ich geträumt habe, glaube ich auch dem, was ihr mir als Deutung vorlegt, was das für mich bedeutet.“
Die Traumdeuter und Berater fühlten sich natürlich total überfordert. Sie sagten: „Das geht doch nicht, das kann kein Mensch, das können nur die Götter. Was verlangst du hier von uns?“ Dann kam es richtig zu einem Streit. Nebukadnezar aber fürchtete einen Komplott. Er dachte, sie wollten ihm das nicht sagen, weil es etwas Schlechtes sei. Sie fürchteten, sie würden selbst einen Kopf kürzer gemacht, wenn sie ihm das Schlechte sagten.
Er sagte sinngemäß: „Ihr wollt es mir nur nicht sagen. Wenn ihr es mir nicht sagt, werde ich euch alle umbringen.“ So ordnete er einen Kahlschlag in seinem Beraterkreis an. Daniel und seine drei Freunde standen zu diesem Zeitpunkt kurz vor dem Examen ihrer diplomatischen und wissenschaftlichen Ausbildung oder hatten dieses Examen möglicherweise vor kurzem abgeschlossen. Sie wurden aber bereits dieser Berufsgruppe zugerechnet.
Deshalb kamen sie gleich mit auf die Abschussliste, obwohl sie bei diesem ominösen Treffen selbst gar nicht dabei gewesen waren. Damit war auch ihr Leben in Gefahr. Daniel reagierte genau richtig. Er ließ sich schnellstens ein Gespräch beim König geben und wurde irgendwie vorgelassen. Er handelte eine Frist aus. Er sagte: „Gib mir eine Frist.“ Der König wollte unbedingt wissen, was der Traum bedeutete. Deshalb sagte er: „Okay, wenn das helfen kann, dann machen wir es so.“
Gebet und Offenbarung des Traumes durch Gott
Daniel lief schnurstracks nach Hause, trommelte seine drei Freunde zusammen, und sie bildeten eine Gebetsgemeinschaft. Sie riefen Gott an und sagten: „Herr, wir wissen nicht, wie wir es herausfinden sollen. Nur du kannst uns das zeigen, nur du kannst unser Leben retten.“
Gott erhörte ihre Bitte und offenbarte Daniel, was der König geträumt hatte und was das bedeutete. Danach dankten sie Gott und lobten ihn. Daniel stürmte zurück in den Palast, denn die Zeit lief ab.
Er trat vor den König Nebukadnezar und sagte: „Nebukadnezar, es gibt einen Gott im Himmel, der Geheimnisse offenbaren kann.“ Dieser Gott hatte dem König kundgetan, was in zukünftigen Zeiten geschehen wird. Hier setzt unser Bericht heute ein.
Der König sagte zu Daniel: „Du, König, hast auf deinem Bett nachgedacht, was einst geschehen würde. Der, der Geheimnisse offenbart, hat dir kundgetan, was geschehen wird. Mir aber ist dieses Geheimnis nicht offenbart worden, weil meine Weisheit größer wäre als die aller Lebenden, sondern damit der König die Deutung erfährt und du die Gedanken deines Herzens verstehst.“
Dann erledigte Daniel gewissermaßen den ersten Teil der Hausaufgabe: Er erklärte, was der Traum enthielt.
Er sagte: „Du, König, hattest einen Traum, und siehe, ein großes, hohes und hell glänzendes Bild stand vor dir. Es war schrecklich anzusehen. Das Haupt dieses Bildes war von feinem Gold, seine Brust und Arme waren von Silber, sein Bauch und seine Lenden von Kupfer, seine Schenkel oder Beine waren aus Eisen, und seine Füße waren teils aus Eisen und teils aus Ton.
Das sahst du, bis ein Stein ohne Zutun von Menschenhänden herunterkam. Er traf das Bild an seinen Füßen, die aus Eisen und Ton waren, und zermalmte sie. Dabei wurden Eisen, Ton, Kupfer, Silber und Gold miteinander zermalmt. Sie wurden wie Spreu auf der Sommertenne, und der Wind verwehte sie, sodass man sie nirgends mehr finden konnte.
Der Stein aber, der das Bild zerschlug, wurde zu einem großen Berg, der die ganze Welt erfüllte.“
Ein dramatischer Traum.
Daniel bekennt die Quelle seiner Weisheit und beschreibt das Bild
Daniel beginnt mit einem mutigen Bekenntnis. Er sagt: Mein Gott ist der einzige, der so etwas offenbaren kann. Ganz bescheiden erklärt er in Vers 30: „Ich bin nur der Bote. Ich habe keine geheimen esoterischen Kräfte, um das besonders geschickt herauszubekommen. Gott hat mir das offenbart, und Gott kennt auch das Herz des Pharao.“
Daniel macht deutlich, dass Gott auch dein Herz kennt. Er weiß, welche Gedanken in deinem Herzen sind. Das ist auch für uns wichtig zu wissen: Gott kennt unser Herz. Er weiß genau, welche Gedanken uns bewegen. „Gott weiß genau, welche Motiven mich treiben. Er durchschaut uns.“
Nun sah Nebukadnezar in diesem Traum ein beeindruckendes, riesiges Standbild, eine Statue, eine Plastik – so müssen wir uns das vorstellen. Archäologische Funde belegen, dass Nebukadnezar eine besondere Vorliebe für solche Plastiken hatte. Er sammelte sie gerne, und das taucht nun auch in seinem Traum wieder auf.
Interessant ist das Material, aus dem diese Figur besteht. Es nimmt vom Kopf bis zu den Zehen immer mehr an Wert ab. Haben Sie bemerkt? Der Kopf ist aus reinem Gold, die Brust und Arme aus Silber, der Bauch und die Lenden aus Kupfer oder Bronze, die Beine aus Eisen und die Füße sowie die Zehen teilweise aus Eisen oder Ton. Das nachfolgende Material ist also immer weniger edel, je weiter es nach unten geht. Gleichzeitig ist es aber umso härter, weil es sich gegen das vorherige durchsetzt – wie wir gleich sehen werden –, mit Ausnahme des Tons natürlich.
Dann passiert Folgendes: In Vers 34 wird diese große Statue plötzlich angegriffen durch einen Stein. „Da saßt du, bis ein Stein herunterkam, ohne Zutun von Menschenhänden.“ Das heißt, auf unerklärliche Weise wird ein Stein in Bewegung gesetzt. Er trifft das Standbild an den Füßen, zerstört diese Füße, und im selben Moment kracht die ganze Statue in sich zusammen.
Vers 35 beschreibt: „Da, und das muss man eigentlich mit ‚im Nu‘ übersetzen, wurden miteinander zermalmt Eisen, Ton, Kupfer, Silber und Gold.“ Also alles miteinander. Sie werden gewissermaßen pulverisiert. All diese höchst unterschiedlichen Materialien werden zu Spreu, die weggeweht wird. Der Wind zerstreut sie wie Staub in alle Himmelsrichtungen, und es bleibt nichts übrig.
Aus den schwersten und edelsten Metallen wird Spreu, Staub, Pulver. Die Begriffe, die hier stehen, signalisieren, dass es um Gottes Gericht geht. Wenn in der Bibel vom Wind, von der Tenne und von dem Staub, der auseinandergeschüttelt wird, die Rede ist, dann sind das Begriffe, die einen Gerichtsvorgang beschreiben. Gott richtet hier.
Nun ist es spannend: An die Stelle dieser eigenartigen, bizarren Figur tritt jetzt dieser Stein selbst. Er wächst zu einem lebendigen Berg und erfüllt die ganze Welt. Der Leser beginnt zu ahnen, dass hier etwas geschildert wird, was am Ende die ganze Welt betreffen wird. Das ist eine universalgeschichtliche Perspektive, die sich hier vor uns auftut.
Dieser Stein wird alles prägen und bestimmen. Das ist der Traum. So sagt Daniel das in Vers 36: „Das ist der Traum.“ Mündliche Prüfung, erster Teil, erledigt. Das ist schon mal geschafft, das ist der Traum.
Wir können uns vorstellen, wie Nebukadnezar den Atem anhält und voller Spannung lauscht. Er merkt sofort: Dieser Junge weiß, wovon er redet. „Genau so war es in meinem Traum.“ Er merkt sofort, dass sich hier nicht jemand eine nette Geschichte ausdenkt, sondern dass Daniel die Wahrheit sagt.
Umso angespannter wartet Nebukadnezar jetzt auf die Deutung, auf die Interpretation dieses Traumes. Er weiß nämlich, so wie Daniel es darstellen wird, wird es kommen, denn er hat ja auch den Traum richtig wiedergegeben.
Es ist auffällig, dass hier in diesem Text kein Wort des Königs berichtet wird. Er macht keine Zwischenbemerkung, er enthält sich jeden Kommentars. Er wartet einfach darauf, was das nun zu bedeuten hat.
Die Deutung des Traumes: Die vier Weltreiche und ihre Bedeutung
Und dann beginnt Daniel mit der eigentlichen Botschaft in Vers 37. Das Erste, was er sagt, ist: Das goldene Haupt, Nebukadnezar, bist du selbst. Du, König, bist ein König aller Könige, dem der Gott des Himmels Königreich, Macht, Stärke und Ehre gegeben hat. Er hat dir alle Länder, in denen Menschen wohnen, dazu die Tiere auf dem Feld und die Vögel unter dem Himmel, in die Hände gegeben. Außerdem hat er dir über alles Gewalt verliehen. Du bist das goldene Haupt.
Das ist also die aktuelle politische Situation um sechshundert vor Christus. Das goldene Haupt ist Nebukadnezar selbst, er repräsentiert die Weltmacht Babylon. "König aller Könige" war der offizielle Titel der babylonischen Herrscher. Daniel macht aber auch gleich deutlich: Deine Macht verdankst du Gott. Auch der König ist nicht mächtig in sich selbst. Auch der König hat seine Position nicht in der Hand, denn der Gott des Himmels hat dir das alles gegeben, sagt er. Der Gott, der mir die Wahrheit offenbart hat, für den ich hier stehe, der hat es dir gesagt. Auch du hast deine Macht nicht in dir selbst, König.
Das ist mutig, das ist unendlich mutig von Daniel, dem Weltherrscher das zu sagen, in dieser Situation. Aber Daniel weiß: Ich bin dem lebendigen, heiligen Gott ganz anders verantwortlich als diesem Fürsten. Auch der Fürst muss sich vor Gott verantworten. Auch all die Menschen, die wir für groß halten, vor denen wir vielleicht Angst haben, müssen sich vor dem lebendigen Gott verantworten und vor niemandem sonst in letzter Instanz – genauso wie wir.
Aber immerhin hat Gott diesem Nebukadnezar für eine gewisse Phase diese Macht gegeben. Er darf auf eine ausgedehnte goldene Regierungszeit hoffen. Bedenken Sie: Der Mann ist erst kurz in seinem Amt. Das wird für ihn eine Ermutigung gewesen sein, er wird sich sehr darüber gefreut haben. Aber er weiß von Anfang an: Selbst mein glanzvolles goldenes Reich wird abgelöst werden.
Und das sagt Daniel dann in Vers 39: Nach dir wird ein anderes Königreich aufkommen, geringer als deins, danach das dritte Königreich, das aus Kupfer ist oder aus Bronze und über alle Länder herrschen wird. Die silbernen Arme und die silberne Brust dokumentieren das medopersische Weltreich, das das babylonische abgelöst hat. Und genau so ist es ja gekommen: Etwa sechzig Jahre später, 539 vor Christus, wurde die babylonische Vorherrschaft abgelöst durch das medopersische Weltreich.
Daniel sagt: Das nächste Weltreich ist geringer als deines. Silber ist weniger wert als Gold, das ist klar. Das persische Reich wird nicht ganz den Glanz entfalten können, wie das bei Babylon der Fall war. Es wird nicht diese perfekte Struktur und totale Organisation haben. Aber immerhin wird es Macht haben.
Es handelt sich genau gesagt um das Amt der Meder und Perser, diese beiden Arme. Deswegen reden wir ja auch von Medopersien oder vom Gesetz der Meder und Perser. Dieses Reich wird dann kommen. Silber ist immerhin noch ein Edelmetall, aber das persische Reich war nicht mehr die einzige unbestrittene Großmacht im östlichen Mittelmeerraum. Zum Beispiel Griechenland konnten sie zu keinem Zeitpunkt erobern.
Die Geschichte zeigt, dass sich allmählich das wirtschaftliche und das politische Zentrum wegverlagerte von Persien und immer mehr hin in Richtung Westen, Richtung Griechenland. Damit kommt das dritte Weltreich in den Blick, das hier auch in Vers 39 noch angesprochen ist. Das sind die kupfernen Lenden und der Bauch, und das ist Griechenland, Alexander der Große. Im vierten Jahrhundert vor Christus hat genau das erfüllt.
Kupfer kam aus dem Westen, das ist so der Hinweis auf die geografische Lage des Reiches. Interessant ist, dass das Reich von Alexander dem Großen eine deutlich weitere Ausdehnung hatte als das Perserreich. Deswegen steht hier: „über die ganze Erde herrschen“, also über weite Teile die Macht entfalten.
Das müssen wir uns mal vorstellen: Alexander gelang es nämlich wieder, Persien und Griechenland gewissermaßen in einem Großreich zusammenzufassen. Das ist hochinteressant. Sein Reich erstreckte sich von Europa über Ägypten. Israel gehörte dazu, zum Teil bis hin nach Indien. Das war das Reich Alexanders des Großen im vierten Jahrhundert.
Allerdings hatte dieses Reich eine wesentlich kürzere Dauer. Alexander der Große starb schon in jungen Jahren mit etwa 33. Manche Forscher vermuten Malaria, es gibt verschiedene Spekulationen. 323 vor Christus, noch als junger Mann, stirbt Alexander der Große. Danach zerfällt sein Reich.
Nach ihm brechen die sogenannten Diadochenkämpfe aus. Das heißt, die Generäle aus seinem Heer streiten jetzt um die Nachfolge. Seleukos zum Beispiel, Ptolemäus, alles bekannte Leute. Aber sie schwächen sich gegenseitig. Das Reich zersplittert und damit auch die Macht.
Wir werden noch einiges darüber erfahren, wenn wir zu Daniel 7 kommen.
Das vierte Weltreich und seine Aufteilung
Tja, und dann? Dann tritt ein viertes Weltreich auf die Bühne, und dieses vierte Weltreich wird in diesen Versen besonders prägnant beschrieben. Es sind die eisernen Beine, die eisernen Schenkel, und das ist Rom (Daniel 2,40).
Das vierte Reich wird hart sein wie Eisen, denn wie Eisen alles zermalmt und zerschlägt, ja, wie Eisen alles zerbricht, so wird es auch alles zermalmen und zerbrechen. Eisen war das Symbol für Härte, für militärische Macht und Durchsetzungsvermögen. Hart wie Eisen kann man auch mit stark, mächtig oder einflussreich übersetzen. Dieses vierte Weltreich wird noch durchsetzungsstärker und machtbewusster sein als das vorhergehende. Es wird seine Gegner brutal aus dem Weg räumen.
Die Reihenfolge und die Charakterisierung machen ganz deutlich, dass es sich hier um das römische Weltreich handeln muss. Das römische Weltreich zeichnet sich durch militärische Entschlossenheit aus. Alle Widerstände werden niedergeknickt, jede Gegenwehr mit eiserner Faust zu Boden geschlagen.
Aber auch dieses Reich teilt sich in zwei Schenkel, also Ostrom und Westrom. Diese Aufteilung erfolgte im vierten Jahrhundert nach Christus. Interessant ist auch die Fortsetzung dieses Reiches, nämlich in den Zehen, also in den Füßen der Statue. Das passt genau zur römischen Geschichte.
Schauen Sie mal hier: In Vers 33 steht, dass seine Füße ganz rätselhaft waren, teils von Eisen, teils von Ton. Eisen war hart, Ton hingegen war brüchig, weich und auch ein eher minderwertiges Material. In Vers 41 heißt es dann noch einmal, dass du die Füße teils von Eisen, teils von Ton gesehen hast. Das bedeutet, es wird ein zerteiltes Königreich sein, doch etwas von der Härte des Eisens wird darin bleiben.
Was heißt das für dieses römische Reich? Das römische Reich wird in sich geteilt sein. Es wird keine totale staatliche Einheit bilden, sondern später eine gespaltene Staatengemeinschaft. Wir haben hier gewissermaßen den Übergang vom vierten Weltreich zu einem viereinhalbten, das an diesem vierten Weltreich dranhängt. Dieses ist sozusagen ein Folgereich des römischen Reiches.
Es wird eine gespaltene Staatengemeinschaft sein, das Reich wird geteilt werden. Die Macht dieses Reiches wird in verschiedenen geschichtlichen Phasen schwanken, mal stärker und mal schwächer (Vers 42). Dass die zehn Zehen an seinen Füßen teils von Eisen und teils von Ton sind, bedeutet, dass es zum Teil ein starkes und zum Teil ein schwaches Reich sein wird. Es setzt sich teilweise durch, wird immer wieder gebremst und gewinnt dann wieder neue Macht.
Noch etwas ist interessant: die Koalition in diesem Reich bildet dennoch keine innere organische Einheit. Das steht in Vers 43. Dass du Eisen mit Ton vermengt gesehen hast, bedeutet, sie werden sich zwar zum Beispiel durch Heiraten miteinander vermischen, aber sie werden doch nicht fest zusammenhalten. So wie sich Eisen mit Ton nicht wirklich vermischen lässt, können auch diese Teile nicht zu einer neuen Einheit verschmelzen.
Es besteht eine Verbindung innerhalb dieser Staatengemeinschaft, aber keine wirkliche innere Einheit. Das ist das Folgereich des römischen Reiches.
Schauen Sie mal, was für ein Bild das für die Nachfolgestaaten des römischen Weltreichs ist: Wir haben eine gemeinsame Kultur, eine gemeinsame Rechtstradition und trotzdem eine große Vielfalt von Nationalitäten und Prägungen. Sie koalieren miteinander, dann fallen sie wieder auseinander.
Ein Ausleger hat geschrieben: Bis heute beherrscht diese politisch auf Rom zurückgehende europäisch-nordatlantische Staatenwelt die Geschichte und die Zivilisation der Erde.
Zusammenfassung der vier Weltreiche und Ausblick auf den Höhepunkt
So können wir nun eine erste Zwischenbilanz ziehen. Daniel hat in seiner Vision vier Weltreiche gesehen, wobei das vierte gewissermaßen in eine fünfte Phase übergeht. Diese Vision hat Daniel im Jahr 603 vor Christus erhalten. Es ist wichtig, sich diesen Zeitpunkt klar vor Augen zu halten.
Vor seinem staunenden Auge ziehen diese vier Weltreiche wie in einem großen Panorama vorüber. Zuerst das babylonische Weltreich, dargestellt durch den goldenen Kopf, das bis 539 v. Chr. bestand. Danach folgt die silberne Brust mit den Armen, das medopersische Reich, das mit Kyros im Jahr 539 v. Chr. beginnt. Dieses Reich erlebt Daniel noch zu seinen Lebzeiten mit.
Das dritte Reich ist Griechenland, das Reich Alexanders des Großen im vierten Jahrhundert vor Christus. Anschließend folgt Rom mit seinen verschiedenen großen Phasen in der Geschichte. Besonders hervorzuheben ist die Machtausdehnung Roms im östlichen Mittelmeerraum im zweiten und ersten Jahrhundert vor Christus und darüber hinaus.
Man kann sagen, dass wir Europäer in der Tradition dieses römischen Reiches stehen. Bei der Gründung der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft spielten die sogenannten Römischen Verträge eine entscheidende Rolle – an die sich die Älteren noch erinnern werden.
In einigen Wochen, wenn wir zu Kapitel sieben des Danielbuches kommen, werden wir noch mehr Einzelheiten über diese vier Epochen kennenlernen. Was Gott dem Nebukadnezar in seinem Traum gezeigt hat, war gewissermaßen der erste Durchgang. Daniel selbst erhält von Gott eine noch ausführlichere Offenbarung zu diesen vier Weltreichen. Dabei wird bestätigt und vertieft, was wir heute besprochen haben.
Das wollen wir schon einmal festhalten: Die Prophetie zeigt, wie allmächtig und souverän der lebendige Gott über der Geschichte steht. Um 600 vor Christus empfängt Daniel den Traum, den Gott Nebukadnezar gezeigt hat. Er erhält diese Offenbarung von Gott und kann sie mit Gottes Hilfe und Eingebung so deuten und verstehen, dass er dieses universalgeschichtliche Panorama vor den staunenden Augen und Ohren des Königs entfalten kann.
Wir erinnern uns an Kapitel 1, Vers 20, wo es heißt: „Über Gott gehören Weisheit und Stärke; er ändert Zeit und Stunde, er setzt Könige ab und setzt Könige ein; er gibt den Weisen ihre Weisheit und den Verständigen ihren Verstand.“ Das ist der lebendige Gott.
Nun erreicht der Text seinen Höhepunkt, auf den alles zuläuft. Ich habe lange überlegt, mich aber nun dazu entschlossen, dass wir uns diesen Höhepunkt am nächsten Sonntag ausführlich anschauen werden. Es wäre nicht gut, wenn wir jetzt noch schnell hindurchgehen müssten.
Das sind die vier Weltreiche. Ich möchte Ihnen nur noch sagen, damit Sie fröhlich und getrost nach Hause gehen können: Was kommt dann? Das werden wir beim nächsten Mal ausführlicher sehen.
Dann kommt dieser mächtige Stein. Nächsten Sonntag werden wir sehen, was dieser Stein bewirkt, wann er die Weltreiche zerschlagen wird und wie er kommen wird.
Eines muss ich Ihnen heute noch sagen: Wer dieser Stein ist. Dieser Stein ist Jesus Christus. Ich kann Ihnen am nächsten Sonntag ausführlich in biblischen Zusammenhängen beweisen, dass mit dem Stein der Messias gemeint ist.
Das ist die Botschaft, die Gott schon Daniel gibt: Der Messias wird kommen, Gottes Retter wird kommen. In seiner Machtvollkommenheit wird er die Macht all dieser Reiche zertrümmern und sein eigenes Reich aufbauen.
Wie das geschieht, werden wir nächsten Sonntag sehen.
Schlussappell und Ausblick auf die persönliche Bedeutung der Prophetie
Aber, liebe Gemeinde, lassen Sie uns festhalten: Das ist die Zukunft, die uns erwartet, sofern wir zum Herrn Jesus Christus gehören.
Er wird das letzte Wort sprechen. Er wird das Gericht halten – wie die Tenne, die die Spreu vom Korn trennt. Er wird das Gericht über die Völker, über alle Macht, alle Mächtigen und alle Menschen bringen. Er wird das Böse in die Schranken weisen.
Man könnte es bildlich sagen: Schon jetzt rollt der Stein des Gerichtsgottes durch die Geschichte. Jede menschliche Macht muss früher oder später vor diesem Stein scheitern. Schon jetzt rollt der Stein des Gerichts Gottes durch die Geschichte, um alle Sünde zur Rechenschaft zu ziehen.
Aber es gibt einen sicheren Ort, an dem dieser Stein zum Stillstand kommt. Dieser sichere Ort ist das Kreuz von Golgatha. Dort hat der Stein selbst, nämlich Jesus Christus, die Strafe für unsere Sünde auf sich genommen.
Wer zu diesem Kreuz von Golgatha flüchtet, wer zu dem Herrn und Erlöser Jesus Christus selbst flieht, den kann kein Gericht mehr treffen oder vernichten.
Nehmen Sie das für heute mit und kommen Sie am nächsten Sonntag wieder, wenn wir genauer hinschauen: Wie wird das mit dem Stein sein? Alle Herren dieser Welt müssen einmal gehen. Aber unser Herr kommt.
Nebukadnezar musste gehen, Kyros der Perser musste gehen, Alexander der Große musste schon in jungen Jahren gehen, Kaiser Augustus, Nero – all die römischen Weltherrscher mussten gehen. Und das gilt erst recht für die kleineren historischen Figuren, die danach kamen.
Wie viele von ihnen hatten versucht, die Welt zu befrieden? Wie viele hatten versucht, sich ein Denkmal für die Ewigkeit zu setzen? Doch die Geschichte ist über sie alle hinweggegangen.
Daniel macht deutlich, und der lebendige Gott durch Daniel, dass das letzte Wort dieser Stein sprechen wird – der Messias Jesus Christus.
Oder wie es die Älteren gesungen haben: „Es wird nicht Friede werden, bis Jesu Liebe siegt, bis dieser Kreis der Erden zu seinen Füßen liegt.“
Wie das kommt, sehen wir auf jeden Fall am Sonntag. Daniel leistet uns allen einen großen Dienst.
Ich wünsche mir so, dass Sie das mit nach Hause nehmen: diesen großen, gewaltigen Dienst, der unseren Blick weit nach vorne richtet und sagt, dass der lebendige Gott die Zukunft in der Hand hat.
Die Frage an uns lautet: Lassen wir uns davon bewegen?
Wir werden sehen, wie Nebukadnezar bis ins Mark getroffen war, wie er, der babylonische Weltmonarch, sich zu Füßen dieses jungen jüdischen Mannes warf. Er merkte, hier redet nicht einfach ein examinierter Student von den Juden, sondern hier redet einer, der größer ist als ich.
Nehmen wir das mit: Was auch immer sonst noch kommt, am Ende kommt er.
Das gilt für die große Geschichte der Welt, aber auch für Ihre und meine persönliche Geschichte – sofern wir ihm gehören.
Und noch einmal die Frage: Lassen wir uns davon bewegen?
Wie schnell kann es passieren, dass wir uns einsperren lassen in den kleinen und großen Mühen unseres Alltags?
Vielleicht lassen wir uns als Christen, als Gemeinde Jesu Christi, vom Blick auf ganz andere Dinge fesseln. Dann sehen wir vielleicht vornehmlich zurück in frühere Zeiten, in denen alles vermeintlich viel besser gewesen war. Oder wir sehen nur auf uns und unsere kleinkarierten Fragen und Gedanken.
Klar, wir müssen in dieser Welt klarkommen. Wir müssen in unserem praktischen Alltag klarkommen, auch morgen wieder am Arbeitsplatz. Und auch dabei will der Herr Jesus Christus uns helfen.
Aber die Frage ist, liebe Geschwister: Wovon lassen wir uns prägen? Was bestimmt unsere Gedanken und Ziele? Worum drehen sich unsere Gebete? Worauf leben wir zu? Wovon ist unser Herz voll? Was treibt uns wirklich an, und was ist uns wirklich wichtig?
Der lebendige Gott will uns heute durch Daniel ganz neu auf seine großen Ziele ausrichten. Er will uns auf sich selbst ausrichten – den mächtigen Herrn.
Und er ruft uns das heute in diesem Predigttext zu: „Sieh meine Macht und wisse, dass ich alle Zukunft bestimme und fest in meinen Händen halte. Vertraue doch diesem Stein, diesem Eckstein, diesem Messias.“
Er allein ist deine Rettung, und er allein bringt diese Welt zu seinem Ziel.
Lasst uns diesen Herrn loben, der unsere aller Zukunft in seinen Händen hält. Amen.