Einführung: Elija – Ein starker Mann mit schwachem Herzen
Wahrscheinlich könnt ihr euch schon denken, um wen es heute geht. Ja, richtig: Elija, ein starker Mann mit schwachem Herz – oder wie Gott einem treuen Diener in Not hilft.
Wir wollen uns heute einmal bei dem Propheten Elija einquartieren und sehen, was ihm Mühe gemacht hat. Dadurch versuchen wir zu lernen, wie wir im Dienst stark bleiben und wie wir wieder Kraft und Mut zum Dienst bekommen.
Wahrscheinlich geht es euch auch so wie mir: Man versucht, dem Herrn treu zu dienen, und dann gibt es Zeiten dazwischen, in denen die Schultern runterhängen. Man atmet tief durch und meint, jetzt bräuchte ich Urlaub.
Dann hört sich das ja fromm an, wenn einer sagt, ich mache ein Sabbatjahr. Man denkt: Ja, das wäre schön. Aber wenn man in der Bibel nachschaut, finden wir das eigentlich überhaupt nicht.
Ein Sabbatjahr war nicht für die Menschen da, sondern für das Land, damit es sich erholt – nicht damit die Menschen sich erholen.
Aber wie können wir uns erholen und wie können wir wieder neue Kraft bekommen?
Wir wollen uns, wie in den vergangenen Tagen, mit verschiedenen Fragen beschäftigen: Zunächst mit den Hintergründen und der Vorgeschichte von Elija. Dann, welche Probleme er hatte, wie Gott vorging, wie er das Herz von Elija erreichte, wie er den Fall löste und was wir daraus lernen können.
Jakobus sagt, Elia war ein Mensch mit gleichen Gemütsbewegungen wie wir. Wenn man die Geschichte von Elia liest, kann man das sehr gut feststellen. An vielen Stellen kann man sich gut mit ihm identifizieren.
Historischer und politischer Hintergrund der Zeit Elijas
Wir wollen uns anschauen, wer Elija war und wie die Zeit Elias aussah. Ich habe dafür eine Tabelle erstellt, um die Zeitgeschichte von Elija zu verdeutlichen.
Oben in der Tabelle stehen die Könige Saul, David und Salomo. Nach dem Tod Salomos kam es zu einer Revolution, und das Land teilte sich in zehn Stämme, die von Salomo beziehungsweise seinem Sohn abfielen. Dieses Reich wurde Israel genannt. Es bestand aus den zehn Stämmen von Israel. Zwei Stämme blieben beim Nachfolger Salomos, Rehabiam, einem seiner Söhne. Dieses Königreich nannte sich Juda.
Juda hatte Jerusalem als Hauptstadt, Israel hingegen Samaria. Wenn man die Bücher der Könige und der Chroniken nacheinander liest, stellt man fest, dass alle Könige von Israel, also von den zehn Stämmen oder dem Nordreich, gottlos waren. Sie fragten nicht nach Gott, sondern waren Götzendiener und führten auch das Volk in den Götzendienst.
Im Südreich, in Juda, gab es sowohl gottesfürchtige als auch gottlose Könige.
Ich habe hier die Zeit eingekreist, in der der Prophet Elija lebte. Das war deutlich zur Zeit des Königs Ahab im Nordreich und des Königs Josaphat im Südreich. Ahab war ein sehr gottloser König, Josaphat hingegen glaubte an Gott. Zwischen den beiden Völkern gab es meistens auch Krieg, sozusagen einen Bruderkrieg unter den Israeliten.
Elija wohnte im Nordreich, also im Regierungsbezirk von Ahab, und lebte somit in einer völlig gottlosen Umgebung. Dazu muss man sagen, dass Ahab eine schreckliche Frau hatte, die Königin, die böse Isabel. Sie war eine ausgesprochen gottlose Frau, die überhaupt nicht nach Gott fragte, sondern Götzendienerin war.
Elija lebte während der 22-jährigen Regierung Ahabs, ungefähr von 920 bis 900 v. Chr. Das ist der politische Hintergrund, um die Situation Elias zu verstehen. Er stand sozusagen auf einem einsamen Posten. Alles um ihn herum war gottlos und die Menschen dienten dem Gott Baal. Elija fühlte sich dabei ziemlich allein gelassen.
Vorgeschichte und erste Erscheinung Elijas
Die Geschichte von Elia beginnt folgendermaßen: Zu der Zeit, als Ahab König war, bauten einige Menschen die Stadt Jericho wieder auf. Ihr erinnert euch sicherlich daran, dass das Volk Israel, als es nach Kanaan eingewandert war, als erste Stadt Jericho eingenommen hatte. Die Stadtmauern fielen damals zusammen wie ein Kartenhaus. Gott hatte diese Stadt verflucht.
In Josua 6,26 gibt Gott eine Verheißung: Wer die Stadt wieder aufbaut, wird beim Legen des Grundsteins seinen ältesten Sohn verlieren, und wenn die Stadt vollendet wird, wird er seinen jüngsten Sohn verlieren.
Diese Verheißung erfüllt sich zur Zeit Ahabs. Hiram baut Jericho entgegen dem Befehl Gottes wieder auf. Bei der Grundsteinlegung stirbt sein ältester Sohn, und bei der Vollendung der Stadt stirbt sein jüngster Sohn. Dennoch kommen die Menschen nicht zur Besinnung.
Das ist also die Vorgeschichte, bevor Elia auftritt. Elia tritt dann auf in 1. Könige 17. Es ist, als käme er aus dem Nichts. 1. Könige 17 beginnt mit den Worten, dass Elia, der Tischbitter aus Tisbe in Gilead, zu Ahab sagt: „So wahr der Herr, der Gott Israels, lebt, vor dem ich stehe: In diesem Jahr wird es weder Tau noch Regen geben, es sei denn, ich sage es.“
Vorher wird Elia mit keinem Wort erwähnt. Es wird nicht gesagt, dass er irgendeine Ausbildung gehabt hätte oder dass er vorher schon einmal prophezeit hätte. Mit dieser Prophezeiung tritt er also vor den gottlosen König Ahab und kündigt an, dass es in nächster Zeit weder Regen noch Tau geben wird – außer, er selbst gibt das Wort dazu.
Jakobus nimmt darauf Bezug in seinem Brief im Neuen Testament. Er schreibt in Jakobus 5,17: „Elia war ein Mensch mit denselben Gefühlen wie wir. Er betete inständig, dass es nicht regnen möge, und es regnete nicht auf der Erde drei Jahre und sechs Monate. Dann betete er wieder, und der Himmel gab Regen, und die Erde brachte ihre Frucht hervor.“
Elijas Abhängigkeit von Gott und göttliche Versorgung
Bei Elija sehen wir, wie sehr er von Gott abhängig lebt. Er hatte gebetet, und Gott hat sein Gebet erhört. Dann sagt Gott zu ihm: „Verberge dich am Bach Kritt, damit Ahab dich nicht findet.“ Wahrscheinlich hätte König Ahab ihn sonst unter Druck gesetzt, wieder zu beten und erneut Wunder zu wirken.
Elija soll sich also verstecken. Er sitzt am Bach Kritt, und Gott wirkt ein Wunder: Die Raben kommen und versorgen ihn morgens und abends. Doch es ist abzusehen, dass der Bach irgendwann vertrocknet, wenn es nicht mehr regnet und kein Tau fällt. Trotzdem fragt Elija Gott nicht: „Was mache ich, wenn der Bach vertrocknet?“ Stattdessen bleibt er dort sitzen und lässt sich von den Raben versorgen.
Wer Raben kennt, weiß, wie außergewöhnlich dieses Wunder ist. Raben sind bekannt dafür, dass sie nur für sich selbst stehlen. Dennoch versorgt Gott Elija durch die Raben.
Als der Bach schließlich vertrocknet ist, sagt Gott zu Elija: „Mach dich auf und geh nach Zarpat.“ Auf einer Karte lässt sich das gut verdeutlichen: Östlich vom Jordan liegt der Bach Kritt, wo Elija sich versteckt hatte. Samaria, der Wohnort König Ahabs, liegt ebenfalls in der Nähe. Elija war also am Bach Kritt, hatte sich dort verborgen, und als der Bach vertrocknete, schickte Gott ihn nach Zarpat.
Zarpat liegt im heutigen Libanon, also außerhalb Israels. Dort befiehlt Gott ihm, bei einer Witwe zu wohnen, die ihn versorgen soll. Auch dort erlebt Elija Wunder. Schließlich sagt Gott zu ihm: „Jetzt geh zu Ahab und zeig dich ihm.“
Der Kampf auf dem Berg Karmel und Gottes Machtbeweis
Als Elia sich Ahab zeigt, beginnt Ahab zu schimpfen, weil das Land unter der Trockenheit leidet. Elia tritt daraufhin entschlossen auf und sagt zu Ahab: „Komm auf den Berg Karmel! Dort wollen wir sehen, wie Gott entscheidet.“
Er befiehlt, dass auch die 400 Priester des Götzen Baal dorthin kommen sollen. Wahrscheinlich kennt ihr diese Begebenheit. Heute steht in Israel auf dem Karmel ein Denkmal an der Stelle, an der Elia die Baalspriester besiegt haben soll.
Es ist ein spektakuläres Wunder. Elia fordert dazu auf, zwei Altäre zu bauen. Auf dem Altar der Baalspriester soll ein Opfer dargebracht werden. Sie sollen Gott bitten, das Opfer anzuzünden. Die Baalspriester tanzen sich in Trance, doch es passiert nichts.
Elia beginnt zu spotten und sagt: „Ihr müsst noch ein bisschen mehr machen, vielleicht schläft er gerade. Weckt ihn auf, werdet lauter!“ Doch es funktioniert nicht.
Dann sagt Elia: „Jetzt werdet ihr sehen, was unser Gott macht.“ Er ordnet sogar an, dass sein eigenes Opfer nass gemacht wird. Drumherum wird ein Graben gezogen, der mit Wasser gefüllt wird.
Dann betet Elia, und Gott antwortet, indem er Feuer vom Himmel schickt, das das Opfer anzündet.
Elia fordert das Volk auf: „Entscheidet euch heute, ob ihr dem Baal oder Gott dienen wollt. Warum hinkt ihr auf beiden Seiten?“
Anschließend befiehlt er, dass die Baalspriester getötet werden – ein fürchterliches Blutbad. Merkwürdigerweise steht Ahab dabei sprachlos.
Dann betet Elia, dass Gott Regen schenken möge. Gott erhört das Gebet und schickt Regen.
Elia sagt zu Ahab: „Spann die Wagen an, fahr nach Hause!“ Danach läuft Elia die ganze Strecke vom Berg Karmel bis nach Samaria durch die Jesreelebene. Das sind etwa 28 Kilometer. Er läuft vor den Pferden her in einem ungeheuren Spurt.
Elijas Angst und Flucht vor der Königin Isabel
Dann kommt in der Geschichte von Elija eine entscheidende Wende. Ahab erzählt seiner Frau Isabel, was passiert ist, und sie rastet aus. Sie sagt: „Morgen um diese Zeit mache ich dir den Kopf kürzer.“ Elija bekommt Angst.
Er war also von Karmel hierher gelaufen. Isabel droht ihm, ihm den Kopf abzuschlagen, und daraufhin beginnt er zu laufen – und läuft und läuft und läuft. In Beerscheba lässt er seinen Diener zurück und läuft weiter.
Man könnte sich fragen: Elija, was ist mit dir passiert? Du hattest keine Angst vor dem König, keine Angst vor 400 Baal-Priestern und keine Angst vor dem gesamten Volk. Und plötzlich bekommst du Angst vor einer Frau, die nur eine Drohung ausspricht? Wenn sie das wirklich hätte machen wollen, hätte sie es doch direkt tun können, oder? Das ist schon eigenartig.
Wir lesen das in 1. Könige 19: Ahab berichtete Isabel alles, was Elija getan hatte, und den ganzen Hergang, wie er alle Propheten mit dem Schwert umgebracht hatte. Da sandte Isabel einen Boten zu Elija und ließ ihm sagen: „So sollen mir die Götter tun und so sollen sie hinzufügen, ja, morgen um diese Zeit mache ich dein Leben dem Leben eines von ihnen gleich.“
Da fürchtete er sich, machte sich auf und lief um sein Leben. Er kam nach Beerscheba, das zu Juda gehört, und ließ seinen Diener dort zurück. Er selbst aber ging in die Wüste eine Tagesreise weit und ließ sich unter einem einzelnen Ginsterstrauch nieder.
Dort wünschte er sich zu sterben und sagte: „Es ist genug, nun Herr, nimm mein Leben hin, denn ich bin nicht besser als meine Väter.“ Dann legte er sich nieder und schlief unter dem Ginsterstrauch ein.
Gottes fürsorgliche Begleitung in Elijas Tiefpunkt
Und siehe, ein Engel rührte ihn an und sprach zu ihm: Steh auf, iss!
Als er aufblickte, siehe, da lag neben seinem Kopf ein Brotfladen, auf heißen Steinen gebacken, und ein Krug Wasser. Er aß und trank und legte sich wieder hin.
Der Engel des Herrn kehrte zurück, kam zum zweiten Mal, rührte ihn an und sprach: Steh auf, iss, denn der Weg ist zu weit für dich.
Da stand er auf, aß und trank. In der Kraft dieser Speise ging er vierzig Tage und vierzig Nächte bis an den Berg Gottes, den Horeb. Dort ging er in die Höhle und übernachtete dort.
Und siehe, das Wort des Herrn geschah zu ihm, und er sprach zu ihm: Was tust du hier, Elija?
Er antwortete: Ich habe sehr geeifert für den Herrn, den Gott der Heerscharen. Deinen Bund haben die Söhne Israel verlassen, haben deine Altäre niedergerissen und deine Propheten mit dem Schwert umgebracht. Ich allein bin übrig geblieben, ich allein. Und nun trachten sie danach, auch mir das Leben zu nehmen.
Da sprach er: Geh hinaus und stell dich auf den Berg vor den Herrn! Siehe, der Herr ging vorüber.
Da kam ein Wind, groß und stark, der die Berge zerriss und die Felsen zerschmetterte vor dem Herrn her. Der Herr aber war nicht in dem Wind.
Nach dem Wind kam ein Erdbeben, der Herr aber war nicht in dem Erdbeben.
Nach dem Erdbeben kam ein Feuer, der Herr aber war nicht in dem Feuer.
Nach dem Feuer kam der Ton eines leisen Wehens.
Es geschah, als Elija das hörte, verhüllte er sein Gesicht mit seinem Mantel, ging hinaus und stellte sich in den Eingang der Höhle.
Und siehe, eine Stimme geschah zu ihm: Was tust du hier, Elija?
Er sagte: Ich habe sehr geeifert für den Herrn, den Gott der Heerscharen. Deinen Bund haben die Söhne Israel verlassen, haben deine Altäre niedergerissen und deine Propheten mit dem Schwert umgebracht. Ich bin übrig geblieben, ich allein, und nun trachten sie danach, auch mir das Leben zu nehmen.
Gottes Auftrag und Elijas neue Perspektive
Der Herr sprach zu ihm: „Geh, kehre auf deinem Weg durch die Wüste zurück und geh nach Damaskus. Wenn du dort angekommen bist, dann salbe Hazael zum König über Aram. Jehu, den Sohn des Nimshi, sollst du zum König über Israel salben, und Elisa, den Sohn Schaffats von Abelmeholah, sollst du zum Propheten an deiner Stelle salben.
Es wird geschehen: Wer dem Schwert Hazarels entkommt, den wird Jehu töten, und wer dem Schwert Jehus entkommt, den wird Elisa töten. Aber ich habe mir siebentausend in Israel übriggelassen, alle die Knie, die sich nicht vor dem Baal gebeugt haben, und jeden Mund, der ihn nicht geküsst hat.“
Ich denke, das ist eine bewegende Geschichte. Elia ist völlig erschöpft, und wahrscheinlich würde ein Arzt heute sagen, das ist ein deutliches Zeichen von Burn-out. Er hatte gekämpft – als Einzelner gegen die Macht Israels, als Einzelner gegen das gesamte Volk, als Einzelner gegen den Götzendienst.
Gott hat ihn gebraucht, und wir würden sagen: In den Kapiteln 17 und 18 erscheint Elija als ein starker Gottesheld. Wir denken: Prima, so Leute kann Gott gebrauchen. So möchte ich auch sein. Ich möchte für Gott kämpfen.
Und plötzlich ist die Luft raus. Plötzlich kann er nicht mehr. Er flieht und gerät in eine tiefe Depression. Er wandert eine Tagereise in die Wüste, legt sich unter einen Strauch und schläft.
Ursachen von Elijas Niedergeschlagenheit und menschliche Schwächen
Wir könnten fragen: Woher kommen diese Depressionen? Woher kommt die Niedergeschlagenheit?
Wir können sagen, er hat Angst, er ist enttäuscht, er sieht keinen Ausweg mehr, er ist mutlos und verzweifelt. Er hat Selbstmitleid und Frust. In seinem Herzen ist Bitterkeit. Außerdem ist er körperlich erschöpft. Wenn man bedenkt, wie er da vor den Pferden hergelaufen ist, und dass er auch nicht mehr der Jüngste war, ist ein solcher Zusammenbruch durchaus geistlich und auch medizinisch erklärbar.
Aber warum kommt es dazu? Und warum passiert so etwas auch bei uns manchmal? Ich denke, jeder von uns kennt solche Augenblicke, in denen man die Schultern hängen lässt und sich fragt: Was soll das alles?
Vielleicht hätten wir ihn gefragt, Elia: Hast du denn alles vergessen? Hast du vergessen, was Gott alles getan hat? Hast du vergessen deinen Mut vor Ahab? Hast du vergessen, wie Gott dich all die Zeit dort am Bachkrit versorgt hat? Hast du vergessen, wie die Witwe dich versorgt hat und welche Wunder du dort tun konntest?
Hast du vergessen, wie Gott dein Gebet auf dem Karmel erhört hat? Hast du den Sieg über die Baalpriester vergessen? Hast du die Kraft vergessen, die in dir war, als du vor Ahab herliefst?
Ich habe den Eindruck, dass es bei uns oft genauso ist. Viele, die länger auf dem Weg sind, haben viel mit dem Herrn Jesus erlebt. Doch es gibt oft Situationen, in denen man zusammenklappt, enttäuscht ist und plötzlich nicht mehr an all die Gebetserhörungen und Wunder denkt, die man erlebt hat.
Elia ist enttäuscht und frustriert. Er sagt: „Ich allein bin übrig geblieben.“
Gottes einfühlsamer Umgang mit Elija
Wie geht Gott vor? Kapitel neunzehn finde ich besonders wohltuend, weil es zeigt, wie sensibel Gott mit diesem Gottesknecht umgeht.
Als Elia flieht, läuft er nach Bershba, ganz in den Süden Israels. Er lässt seinen Knecht zurück und läuft dann eine Tagereise weit weiter. Was hätten wir wohl gemacht? Wahrscheinlich hätten wir Elia überholt und uns überlegt, wann ein Hohlweg kommt. Dort hätten wir uns ihm in den Weg gestellt, so wie damals der Engel bei Bileam den Esel aufhielt. Wir hätten gesagt: Halt, stopp, Elia, du bist auf dem falschen Weg. Komm zurück, reiß dich zusammen! Du bist doch ein Glaubensheld, atme jetzt noch einmal tief durch.
Gott geht mit Elia ganz anders um. Es sieht so aus, als ob Gott die ganze Zeit hinter Elia hergeht, ihn beobachtet, aber ihn laufen lässt. Dann schläft Elia unter einem Strauch, und Gott lässt ihn erst einmal schlafen. Bei Burnout ist es durchaus nötig, dass man erst einmal ausspannt. Gott gibt ihm die Zeit der Ruhe.
Er stellt ihm etwas zu essen und zu trinken hin und weckt ihn auf: „Elia, komm, es ist heiß, du musst Wasser trinken! Elia, iss etwas!“ Elia nimmt dieses Wunder gar nicht wahr. Wie kommt denn dieser frisch gebackene Brotfladen dahin? Wie kommt das Wasser dahin? Wer hat das hingestellt? Elia wird wach, sieht das, isst und trinkt, legt sich wieder hin und schläft weiter.
Wir merken, das ist ein typisches Zeichen für jemanden, der völlig erschöpft ist. Du kannst ihm etwas Gutes tun, er nimmt es an, registriert es aber kaum. Gott lässt ihn schlafen. Dann weckt er ihn noch einmal: „Elia, steh bitte auf!“ Anscheinend ist er beim ersten Mal sitzen oder liegen geblieben. „Elia, steh auf! Der Weg ist zu weit für dich!“ Wieder isst und trinkt er, dann macht er sich auf den Weg.
Wer die Landkarte vor sich hat: Elia war ja schon eine Tagereise weit in die Wüste gegangen. Wie weit war es von dort bis zum Horeb? Er hätte das sicherlich innerhalb von drei oder vier Tagen schaffen können. Wie lange braucht er? Vierzig Tage und vierzig Nächte.
Wie ist er dann gegangen? Er ist geschlichen. Wir merken, wie kaputt der Mann war, obwohl er hier gegessen hat. Das heißt, er ging in der Kraft dieser Speise vierzig Tage und vierzig Nächte.
Elijas Suche nach Gott am Berg Horeb
Die Frage ist, Elija, warum gehst du dorthin?
Wissen Sie, ich staune darüber, wie sensibel Gott mit diesem Mann umgeht. Er treibt ihn nicht an, sondern gibt ihm Zeit. Er sorgt dafür, dass Elija zu essen und zu trinken bekommt. Immer wieder schenkt er ihm Zeit.
Und dann geht Elija bis zum Horeb. Die Frage ist: Elija, warum gehst du dorthin? Was suchst du dort? Warum bist du nicht nach Hause gegangen und hast dich ins Bett gelegt? Warum gehst du an den Horeb?
Gott führt ihn sozusagen an die Anfänge seines Volkes zurück. Am Horeb hatte Gott sich seinem Volk offenbart, als das Volk aus Ägypten gezogen war. Dort am Horeb hatte Gott ihnen das Gesetz gegeben. Dort hatte er ihnen die Stiftshütte, den Opferdienst und den Priesterdienst gegeben.
Elija wollte zu Gott. Natürlich ist Gott überall, aber er möchte an die Anfänge zurück. Vielleicht ist das für uns auch ein Hinweis: Wenn wir ganz unten sind, wenn wir ausgepowert sind, sollten wir an den Anfang zurückgehen. Wir sollten uns daran erinnern: Gott, wie hat es denn bei mir mit dir angefangen? Wie hast du dich damals offenbart?
Elija geht in eine Höhle und übernachtet dort. Gott hat Zeit. Ich bin leider noch nicht unten am Sinai gewesen, ich habe nur Fotos von einer Bildagentur. Aber wenn ich das so sehe, würde es mich schon reizen, einmal auf diesen Bergen zu stehen und daran zu denken, was dort geschehen ist. Heute ist das einfach, heute gibt es Seilbahnen und Treppen. Zurzeit Elias jedoch nicht.
Elija geht in eine Höhle und übernachtet dort. Erst dann spricht Gott ihn an. Er hat also wie viel? 41 Tage gewartet.
Gottes leise Gegenwart und Elijas erneute Klage
Und was tut Gott? Was haben wir in dieser Woche gesehen, wenn Gott mit Menschen redet? Was tut er dann? Er geht auf die Situation ein und er fragt. Gott fragt: Was tust du hier?
Wir haben das ja schon ein paarmal bei den letzten Bibelarbeiten gesehen. Gott stellt Fragen, wo wir sagen würden: „Gott, du weißt es doch.“ Elia, was tust du hier? Natürlich wusste Gott, was er da will. Natürlich kannte er die ganze Vergangenheit. Aber er möchte, dass wir ihm das sagen, was auf unserem Herzen ist.
Und wir dürfen durchaus in unseren Gebeten so beten, wie Elija das hier tut. Da kommt der ganze Frust heraus: „Ich habe sehr für den Herrn, den Gott der Herrscherinnen, geeifert. Deinen Bund haben die Söhne Israels verlassen, deine Altäre niedergerissen, deine Propheten mit dem Schwert umgebracht, und ich allein bin übrig geblieben, ich allein. Und nun trachten sie danach, auch mir das Leben zu nehmen.“
Merken wir: Elija hatte eigentlich die Hoffnung gehabt, als er damals vor Ahab trat, dass Gott durch sein Auftreten und dann auch durch sein mächtiges Handeln auf dem Karmel eine Reformation in Israel schaffen würde. Und das hatte zuerst ja auch so ausgesehen. Die Israeliten hatten gerufen: „Der Herr ist Gott, der Herr ist Gott!“ Aber das war nur ein begeisterter Ruf, das war noch keine Umkehr zu Gott.
Und Elija ist enttäuscht. „Ich habe gekämpft, und was ist das Resultat? Gott, ich bin nicht besser als meine Väter. Ich schaffe es nicht. Ich hätte gedacht, ich käme jetzt groß raus. Und wir hätten jetzt in Israel vielleicht eine Evangelisation nach der anderen machen können.“
Wäre es nicht schön, wenn so etwas in Deutschland mal wieder passieren würde? Wenn eine Erweckung wieder stattfinden würde? Kennst du das? Man macht einen Missionseinsatz in der Stadt, setzt sich voll ein, und hinterher hat sich keiner bekehrt. Und dann fragt man sich: Was bringt das alles?
Wir sind nicht anders als Elija. Und er hat selbst mit Leid zu Gott gesagt: „Ich allein. Gott, du konntest auf mich stolz sein, aber was bringt das, ich allein?“
Gottes stille Antwort und neue Aufgaben für Elija
Gott geht gar nicht auf seine Äußerungen ein. Er sagt nicht: „Elija, pass mal auf, du siehst das völlig falsch, du musst mal meine Perspektive sehen. Weißt du, ich habe siebentausend, und am besten gehst du zurück und organisierst die siebentausend.“ Dann macht er irgendeinen Aufstand oder eine Demo durch Samaria. Ein Glaubensmarsch, wäre doch was.
Was kommt dabei raus? Wie viele Jesusmärkte sind schon durch Deutschland gezogen? Das bringt nichts. Eine Demo bringt nichts. Nein, Gott geht so nicht vor.
Was ist der Punkt, an dem Elija verzweifelt ist? Er ist verzweifelt an der Reaktion des Volkes. Und Gott sagt zu Elija: „Tu das mal jetzt aus deinem Blickfeld, du musst jetzt erst mal begreifen, wer ich bin.“ Dann sagt er: „Geh auf den Berg vor den Herrn.“ Und jetzt pass mal auf, Elija, du sollst mich kennenlernen.
Gott offenbart sich, und das ist eine sagenhafte Demonstration, die Gott da macht. Zuerst einmal so ein richtiger Orkan. Du kannst dir ja vorstellen: Du stehst im Gebirge, hast zwar zum Schutz eine Höhle hinter dir, und dann geht das Donnerwetter los. Es rumst so richtig. Erst der Orkan, danach ein Erdbeben, danach Feuer. Pah, das ist ja fast wie auf dem Karmel. Ja, so stelle ich mir Gott vor. „Gott kann alles, und jetzt, Gott, mach mal ein Donnerwetter über dein Volk!“
Die Jünger hatten solch einen Blick auch. Da waren die Jünger mit dem Herrn Jesus durch Samaria gezogen, und ein Dorf wollte sie nicht aufnehmen. Und was sagen Johannes und Jakobus? „Herr Jesus, jetzt zeig mal, was du kannst, ne? Lass mal so richtig was vom Himmel runter!“ Pah, das wär doch was, oder? Wünschen wir uns das auch mal? Pah, Herr Jesus, jetzt mach mal der Merkel Feuer unter den Hintern! Yes, puah, pah, das wär doch was, oder? Herr Jesus, jetzt lass mal den Reichstag zittern! Mach mal so ein richtiges Feuerwerk in Berlin!
Elija steht an dem Berg, er sieht den Orkan, er merkt, Gott ist nicht da. Ich kann mir vorstellen, wenn solch ein Berg zittert, das ist schon gewaltig. Aber er merkt, Gott ist nicht da. Dann ein Feuer – Gott ist nicht da. Dann kommt, wie heißt es da? Der Ton eines leisen Wehens. Und da spricht Gott.
Wie sagt man: An aller stillen Stelle legt Gott seinen Anker an. Wir wünschen uns manchmal so ein Donnerwetter: „Gott, zeig mal, was du kannst.“ Und Gott sagt zu Elija: „Elija, werd mal ruhig. Du brauchst die innere Ruhe.“ Elija verhüllt sein Angesicht.
Das finde ich schon interessant, wie Gott dann noch mal ansetzt. Er stellt die gleiche Frage wie zu Anfang: „Elija, was tust du hier?“ Elija, du hattest deinen Platz in Israel, und du bist jetzt weggelaufen. Gott redet mit ihm ganz ruhig.
Wir merken, Elija hatte ja die gleiche Antwort gegeben wie beim ersten Mal. Und oft dauert es sehr lange, bis unser Frust aus unserem Herzen raus ist. Gott macht ihm keinen Vorwurf. Er sagt nicht: „Elija, halt mal deinen Mund, Elija, das habe ich doch schon gehört, das Gebet kenne ich doch schon, Elija, reiß dich doch mal zusammen.“ Nein, Gott schweigt dazu.
Stattdessen gibt er ihm drei Aufgaben. Er sagt zu Elija: „Ich schicke dich noch nicht in Rente, ich habe noch Aufgaben für dich. Du kannst nur aus deinem Auftrag aussteigen, wenn ich dir das sage.“ Jetzt geh mal zurück. Zunächst mal gehst du nach Damaskus. Das war ein weiter Weg.
Unten vom Sinai, durch die ganze Wüste zurück, durch ganz Israel bis nach Syrien, nach Damaskus. Das heißt: „Ja, aber Gott, das sind doch unsere Feinde.“ „Ja, und? Du sollst den König von Syrien salben, Hazael.“ „Aber Gott, das ist doch ein gottloser Mann. Er hat auch vieles gegen Israel unternommen.“ Aber Gott gibt ihm den Auftrag.
Warum schickt er ihn zuerst nach Damaskus? Wo musste er vorbeikommen, wenn er nach Damaskus ging? Bei Ischbel musste er vorbei. Da, wo er Angst gehabt hatte, oder? Da, wo er weggelaufen war. Und Gott sagt: „Ich gebe dir einen Auftrag. Und wenn ich dir einen Auftrag gebe, nach Damaskus zu gehen, dann brauchst du keine Angst zu haben, an Samaria vorbeizugehen.“
Er nimmt ihm im Grunde die Angst, indem er ihm einen Auftrag gibt. So geht der Herr Jesus oft vor, auch im Neuen Testament. Denken wir an Maria Magdalena dort am Grab. Als sie den Herrn Jesus erkennt und ihn festhalten will, sagt er: „Nimm den Finger weg, geh hin zu meinen Brüdern.“ Er gibt ihr einen Auftrag.
Petrus am See Tiberias: „Petrus, liebst du mich? Weide meine Schafe.“ Das heißt, die Beziehung zu Gott, die Beziehung zum Herrn Jesus hat immer auch gleichzeitig einen Auftrag: hinauszugehen und die Botschaft weiterzugeben.
Genauso hier: Elija, du bist hier in der Gegenwart Gottes, du hast mich erlebt, und jetzt schicke ich dich mit einem Auftrag weg. Siehst du, Gott gestattet uns nicht, einfach immer nur in Zabelstein zu bleiben, wo man auftanken kann. Sondern Gott schickt uns auch wieder nach Hause. „Da habe ich Aufgaben für dich.“
Der zweite Auftrag: Er sollte den Nachfolger von Ahab salben. Ha, wird Elija gesagt haben, dann ist der schreckliche Mann endlich weg. „Nein“, sagt Gott, „du sollst nicht Ahab umbringen, du sollst den Nächsten salben.“ Hätte Elija gewusst, wie schrecklich Jerobeam gewesen ist, dann hätte er sich wahrscheinlich gedacht: „Nee.“ Jehu sollte er salben.
Und als Drittes: „Elija, dann sprechen wir erst über die Rente. Dann darfst du deinen Nachfolger nehmen und ihn anschulen. Dann machst du mit ihm Mentoring, und dann können wir darüber reden, wie es mit dir zu Ende geht.“
Ich finde es schon interessant, wie Gott mit diesem Mann umgeht. Und ich staune über Gott.
Schlussfolgerungen: Wie kommen wir aus Tiefpunkten?
Was lernen wir daraus? Wie kommen wir aus einem Tief?
Flieh nicht aus deiner Situation, so wie Elija es getan hat. Flieh vielmehr zu Gott. Sag ihm deine Mühe und deine Not. Teile ihm mit, was du nicht verstehst. Bekenne ihm deine Bitterkeit und erinnere dich daran, was er dir Gutes getan hat.
Lass dir durch sein Wort Mut machen und frage ihn nach dem nächsten Schritt.
Viele Menschen erleben einen Lebensabend, der von Frustration und Niedergeschlagenheit geprägt ist. Elija hatte zwar nach dieser Geschichte nicht mehr den inneren Antrieb wie zuvor, doch Gott belohnt ihn. Er belohnt die Treue Elijas, und Elija darf zu Gott gehen, ohne zu sterben. Die Himmelfahrt Elijas ist einmalig.
Ich kann dir nicht garantieren, dass auch du so eine Himmelfahrt erleben wirst. Aber ich kann dir garantieren, dass Jesus dich zu sich nimmt, wenn du sein Eigentum bist. Wenn wir zu dem Zeitpunkt noch auf der Erde sind, wird er uns zu sich entrücken. Das geschieht wahrscheinlich sogar noch viel schneller als Elijas Himmelfahrt – und zwar in einem Augenblick.
Ich möchte uns allen Mut machen: Gott belohnt Treue. Es ist keine Schande, wenn du einmal kraftlos oder niedergeschlagen bist. Gott hat Verständnis dafür. Aber er möchte dich wieder aktivieren. Er möchte dir Mut machen, so wie er es auch mit Elija getan hat.
Ermutigung durch ein Lied und Gottes liebevolle Hilfe
Ich habe ein Lied gefunden von Manfred Siebald:
Als ich ganz unten war, da zogst du mich hoch.
Als niemand mit mir sprach, da hörte ich dich noch.
Als ich am Ende war, da sagtest du zu mir,
dass das, was mir das Ende schien, der Anfang sei bei dir.
Ich hatte mir mein Leben ganz genau durchdacht
und hatte mir für alles Pläne schon gemacht.
Auf einmal war das aus, und ich war wie ein Kind,
dem Burg- und Kartenhaus beim Spiel zerfallen sind.
Ich weiß nicht recht, wie ich dir danken soll,
denn all meine Worte klingen leer und hohl.
Ich weiß nur eins, dass dir mein Leben gehört,
mach daraus, was du willst, du machst es nicht verkehrt.
Wenn ich ganz unten bin, dann ziehst du mich hoch.
Wenn niemand mit mir spricht, dann höre ich dich noch.
Wenn ich am Ende bin, dann sagst du zu mir,
dass das, was mir das Ende scheint, der Anfang ist bei dir.
Gott will uns liebevoll aus unseren Tiefen herausholen.
Er offenbart uns sein Gottesbild und stellt uns neu in den Dienst.
Amen.
