Einführung und biblischer Ausgangspunkt
Ich habe heute für diesen Pfingsttag ein Wort aus dem alttestamentlichen Propheten Haggai ausgewählt. In Ihren Bibeln ist es oft schwer zu finden. Es steht auf Seite 1050 in den gebundenen Ausgaben. In den kartonierten Ausgaben habe ich gar nicht nachgeschaut.
Haggai ist der drittletzte Prophet im Alten Testament. Wenn Sie das Buch aufschlagen, finden Sie im zweiten Kapitel, Vers 5, nur ein kurzes Wort: „Sei getrost als Volk im Lande“, spricht der Herr, „und arbeitet.“
Es heißt hier nur noch: „Ich bin mit euch“, spricht der Herr. In der alten Lutherübersetzung steht: „Mein Geist soll unter euch bleiben“, spricht der Herr.
Lieber Herr, segne uns heute mit diesem Wort! Amen!
Beobachtungen zur Situation der Kirche heute
Seit ich zurückdenken kann, habe ich die Beobachtung gemacht, dass Christen häufig über die Kirche und ihre Erfahrungen mit anderen Christen klagen.
Ich weiß nicht, wie es bei Ihnen ist, aber ich muss immer daran denken: Wenn man irgendwo mit Leuten zusammentrifft und sie fragt, wie es ihnen geht, hört man oft Antworten wie: „Ach, bei uns in der Gemeinde ist es schade, es werden immer weniger Leute.“ Oder: „Bei uns werden keine Besuche gemacht.“ Oder: „Bei uns fehlt die Jugend.“ Man sieht die Nöte so deutlich vor Augen.
Wenn man die letzten Jahrzehnte Revue passieren lässt, war das Thema „Erneuerung der Kirche“ ein unerschöpflicher Dauerbrenner in unseren Kirchenblättern und Radiosendungen. Es ging immer wieder um Kirchenreform und die Frage, wie man neues Leben in die Gemeinde bringen kann.
In der Tat, neues Leben soll her – aber wie? Man kann viele Dinge organisieren, planen und neue Ideen entwickeln. Aber wie entsteht wirklich neues Leben?
Was haben wir in den letzten Jahrzehnten alles erlebt? Es gab Erneuerungen: neue Lieder, neue Gottesdienstformen, neue Aktionen und neue Sprachen. Doch hat es wirklich eine Erneuerung gegeben? Hat es wirklich neues Leben gegeben?
Der biblische Weg der Erneuerung
Der Weg, den uns die Bibel zeigt, ist der Weg der Erneuerung. Dabei werden einfach glaubende Menschen beim Wort genommen und ermutigt: Baut ihr Gemeinde, ihr könnt das doch!
Heute neigen wir leider dazu, die Ämter zu stark zu betonen. Ich halte das für nicht gut. Sicher, wir Pfarrer tragen Verantwortung und werden auch gut bezahlt. Doch die Gemeinde lebt nicht von denen, die ein Amt innehaben. Vielmehr war der Schatz unserer evangelischen Kirche immer, dass die Gemeindeglieder aktiv mitwirkten.
Ich möchte an dieser Stelle erneut betonen, dass wir uns niemals an die verhängnisvolle Unterscheidung gewöhnen dürfen, die besagt, dass nur jene, die ein Gehalt erhalten, als Geistliche gelten. Geistliche müssen alle Gläubigen sein – Menschen, die vom Heiligen Geist erfüllt sind. Das kann man nicht durch eine Prüfung oder ein Examen erwerben.
Geistliche sind vom Geist Gottes erfüllte Menschen, die die Gemeinde Gottes in dieser Welt aufbauen. Sie sind die Dienstleute Gottes, die das Reich Gottes errichten. Das sollen wir alle sein!
Der Aufruf des Propheten Haggai zur Mitarbeit
Schon zur Zeit des alten Bundes in Israel rief der Prophet Haggai die Israeliten dazu auf, in Jerusalem die Städte Gottes zu bauen. Er forderte sie auf, sich dafür einzusetzen, dass Gott in der Welt geehrt wird.
Damals gab es einen Grund, warum sich die Menschen nicht besonders engagierten. Sie waren sehr materialistisch eingestellt. Vielleicht ist das auch in unserer Zeit oft der Fall. Die Menschen waren so beschäftigt damit, ihr Berufsleben in Ordnung zu bringen und ihre eigenen Häuser zu bauen.
Haggai kritisierte sie scharf und sagte, dass sie sich nur um ihr persönliches Wohlergehen kümmerten. Das sei zwar wichtig, aber warum ließen sie die Sache Gottes so unbeachtet? Die wichtigste und größte Aufgabe sei es, sich mit ganzer Kraft dafür einzusetzen, dass Gott geehrt wird.
Gott wird geehrt, indem wir unsere weltlichen Verpflichtungen erfüllen, unsere Arbeit im Beruf verrichten und unsere Familienpflichten wahrnehmen – aber all das in der Verantwortung vor Gott. Das ist noch viel mehr, als wenn wir diese Dinge nur um unserer selbst willen tun.
Die Ursache für das Scheitern und der Aufruf zur Priorität Gottes Ehre
Und Herr Geis sagt damals zu den Israeliten: Es gibt einen Grund, warum in eurem täglichen Leben alles durcheinander ist. Ihr fragt nicht nach der Ehre Gottes. Wenn ihr Geld verdient, legt ihr es in einen löchrigen Beutel. Wenn ihr euch Kleider anzieht, wärmen sie euch nicht. Und was ihr sät, bringt bei der Ernte nichts ein, weil ihr Gott vergesst. Euer ganzes Tun hat keine Mitte.
Das war der Grund, warum er sie auffordert, zuerst danach zu suchen, dass Gottes Ehre gefunden wird.
Jetzt habe ich immer Sorge, dass einige das vielleicht missverstehen könnten. Darum möchte ich ganz klar sagen: Wenn ich von Gottes Reich spreche, dann geht es uns jetzt nicht um die Kirche. Vielmehr geht es darum, dass wir mit unserem Leben dem ewigen Gott dienen. Vor ihm werden wir ja einmal in der Ewigkeit mit all unseren Diensten und Aufgaben stehen.
Wir sollten zuerst Gott dienen und nach dem Reich Gottes und seiner Gerechtigkeit trachten. Dann wird euch das Übrige alles zufallen. Nur von der Mitte her, von deinem Dienst für Gott, kommt der Segen über unsere anderen weltlichen Aufgaben.
Dazu ruft uns Haggai auf und macht uns heute an diesem Pfingsttag Mut.
Ermutigung gegen Entmutigung
Mein erster Punkt: Lasst euch nicht entmutigen, lasst euch nicht entmutigen.
Damals waren viele Israeliten entmutigt. Sie sagten: „Ach, in unseren Tagen steckt die Sache Gottes sowieso in einer tiefen Krise.“ Das gibt es. Und ich meine, dieses Wort von Haggai könnte heute für uns ganz besonders sprechen, weil wir ja auch oft so empfinden. Ist es heute nicht so, dass wir in einer Krise leben? Heute leidet die Sache Gottes so sehr. Es gibt nur noch wenige Menschen, die Gott lieben, wenige, die auf sein Wort hören, wenige, die ihm dienen und gehorchen.
Damals verglichen die Israeliten die Situation immer noch mit dem, was einmal war. Sie sagten: Früher, vor Jahrhunderten, da war die Sache des Reiches Gottes schön und groß. Sie dachten an die Zeit, als Salomo den Tempel baute. Dann sagten sie: „Ach, heute können wir nicht viel machen, wir werden ja gar nicht viel erreichen, heute bleibt alles so kümmerlich.“
Kennen Sie diese Verzagtheit auch? Dass man sagt: Wir leben jetzt am Ende des zwanzigsten Jahrhunderts, und da ist eben alles sehr klein und mickrig. Da fragen nicht viele Menschen nach Gott. Wir leben in einer Zeit, in einer Talsohle, und so viele Menschen wollen nichts vom Evangelium wissen. Ach, dann wollen wir vielleicht am besten ein wenig schweigen.
Die Rückerinnerung der Israeliten an die großen Zeiten ihres Volkes war natürlich entmutigend. Denn wenn man sich daran erinnert, wie der Tempel gebaut wurde, wissen Sie noch, wie das war? Damals waren 30 Holzfäller am Werk, 80 Steinmetze, 70 andere Arbeiter. Mir kommt das heute auch manchmal so vor, wenn wir an die Zeiten der Reformation denken. Damals waren die Menschen aufgeweckt und fragten nach dem Wort Gottes. Was ist das heute? Oder man sagt: Wie war das im letzten Jahrhundert in der Erweckungsbewegung bei Ludwig Hofacker? Da hatten die Menschen ein Ohr, aber heute? Und dann ist man entmutigt.
Aber Haggai sagt im Auftrag Gottes: „Du, heute will Gott große Dinge tun. Lass dich nicht entmutigen durch ein falsches Traditionsbewusstsein. Denke nicht an die großen Zeiten früher, sondern an heute! Auch wenn das nur ein paar kleine Leute sind, fang du an, für Gott zu leben. Setze den ewigen Gott in die Mitte deines Lebens.“
Darum ist uns die Zusage gegeben: „Mein Geist soll unter euch bleiben, fürchtet euch nicht.“
Die bleibende Gegenwart Gottes trotz Zeiten des Abfalls
Es ist nicht schlimm, dass es in der Geschichte der Christen in der Kirche immer wieder Zeiten des Abfalls und der Gottlosigkeit gibt, in denen viele nichts mehr von Christus wissen wollen. Das ist eigentlich ganz normal, denn jede Generation muss den Glauben neu erringen.
Schon in den Büchern der Richter und Josua war es so, dass die Menschen nach einer Generation immer wieder von Gott abfielen. Der Glauben wird nicht von Mutter zu Kind oder von Großeltern zu Enkeln vererbt. Die Erneuerung der Gemeinde geschieht immer durch eine neue Begegnung mit Gott und durch neuen Gehorsam.
Haggai ermutigt dazu und sagt: Lasst euch nicht entmutigen von dem, was die Gläubigen immer wieder mutlos macht. Das ist die Verzagtheit und Entmutigung, die immer wieder auftritt.
Aufruf zum aktiven Handeln
Jetzt möchte ich konkret mit Ihnen allen sprechen. Geht es Ihnen auch so, dass Sie sagen: „Ich kann nichts, wenn es darum geht, Besuche zu machen“? Wenn ich dann vorschlage, doch mit dem Hauskreis in Ihrer Gemeinde anzufangen, wenn dort nichts los ist, wundere ich mich oft.
Ich frage mich, warum viele von Ihnen nicht einfach die Kinder in der Nachbarschaft sammeln und ihnen biblische Geschichten erzählen, wenn sonst nicht viel in der Gemeinde passiert. Machen Sie doch einfach etwas!
Und wenn Sie sagen: „Ich habe das Amt nicht“, dann sage ich nochmals: Es kommt nicht auf das Amt an. Jeder Gläubige soll beginnen. Denn die entscheidende Zusage haben Sie: „Mein Geist soll unter euch bleiben, fürchtet euch nicht.“
Diese Zusage steht in Vers 5. Im Vers 6 wird es noch einmal betont: „Mein Geist soll unter euch bleiben.“ Das ist das, was Gott uns verspricht. Keine Resignation, keine Traurigkeit.
Die Kraft des Heiligen Geistes als Grundlage der Gemeindeerneuerung
Wenn Sie die letzten Jahrhunderte der Geschichten der Christen betrachten, würden Sie staunen: Die Erneuerung der Gemeinde kam nie durch große Entschlüsse von Synoden und Konzilien. Sie geschah immer durch unbekannte kleine Leute, die mit dem Geist Gottes wirkten und plötzlich neues Leben in eine erstarrte Kirche brachten.
Die Erneuerung geschieht so wie am Pfingsttag. Da standen ein paar unbekannte Männer, und plötzlich reden sie. Das Wort trifft die Menschen, und viele kommen zum Glauben.
Ich hatte gerade einen interessanten Besuch bei mir zuhause. Dr. Barnes, ein Professor und Chemiker aus den USA, der über dreizehn Jahre lang eine Universität als Dekan geleitet hat, erzählte mir nebenbei, dass er vorgestern seinen fünfundsiebzigsten Geburtstag gefeiert hat. Ohne Familie, auf Reisen unterwegs, hat er in Afrika Not gesehen. Dort sind die Einheimischen sehr schlecht ausgebildet.
Er nutzt seinen Ruhestand, um jetzt wieder nach Nairobi zu gehen und dort ein großes College zu leiten. Er sagte: „Ich will diese Leute dort ausbilden, solange ich noch Kraft habe.“ Ihm geht es besonders darum, dass im Journalismus und im Informationswesen befähigte Christen wirken können.
Ist das Reich Gottes nicht immer durch solche Menschen gebaut worden? Ich darf das so erzählen, weil dieser Mann jetzt unter uns sitzt. Sie kennen ihn nicht. Er ist ein Mann, der in den Ruhestand geschickt wurde, weil man meinte, man brauche ihn nicht mehr. Aber Gott braucht ihn. Die Alten sind genauso gebraucht wie die Jungen.
Mein Geist soll unter euch bleiben, fürchtet euch nicht.
Auch all die großen Einrichtungen, die uns heute erfreuen, sind so entstanden. Wenn ich daran denke, dass Albrecht Bengelhaus in Tübingen einen großen Dienst tut, erinnere ich mich daran, wie wir einmal im Kellergeschoss in der Furtbachstraße 16 saßen. Wir waren elf oder zwölf Personen und gründeten einen Verein. Wir wussten alle nicht, wie das werden sollte. Aber Gott hat sich zu diesem kleinen Werk bekannt und etwas daraus gemacht.
Die Geschichte, wie bei Ihnen der Hauskreis entstanden ist, ist ähnlich. Viele von uns haben solche Arbeiten begonnen. Sie haben einfach angefangen, obwohl sie sich nicht besonders begabt fühlten. Aber sie rechneten damit, dass Gott das jetzt will.
So sind die CVJM entstanden, so sind Gemeinschaften entstanden – überall.
Wenn sich heute sieben junge Leute draußen in Eidligen zum großen Jugendtreffen versammeln, dann ist das ein Zeichen dafür. Da war doch eine junge Frau, Schwester Christa von Fiebern. Sie stammte aus einem guten Hause, aber sie legte wenig Wert darauf. In Stuttgart kümmerte sie sich um Hausgehilfinnen und alleinstehende Frauen, die damals wenig galten. So begründete sie eine Frauenarbeit.
Gott hat aus diesem kleinen Besuchsdienst ein großes Diakonissenwerk geschaffen. Das ist einfach so gegangen, weil Gott solche Dinge tut.
Mein Geist soll unter euch bleiben, darum fürchtet euch nicht.
Wir hören all diese Geschichten, damit wir am Pfingsttag ermutigt werden: Wir wollen an die Arbeit gehen, wir wollen etwas tun, wir können etwas bewegen.
Die Zusage des Heiligen Geistes im Zentrum des Glaubens
Jetzt aber: Was verspricht uns Gott? Was ist seine Ermutigung? Mein zweiter Punkt lautet: Mein Geist soll unter euch bleiben.
Ich habe das vorhin im Vers gar nicht richtig gelesen, weil meine Augen schon Schwierigkeiten machen. Im Vers 5 steht es ja richtig: Mein Geist soll unter euch bleiben. Fürchtet euch nicht! Ich hatte zuvor Vers 4 in unserem Textabschnitt gelesen. Noch einmal: Mein Geist soll unter euch bleiben.
Viele Christen sind ganz ratlos, wenn man sie fragt, was sie denn mit dem Heiligen Geist glauben. Dann meinen sie, das sei vielleicht irgendetwas Seelisches. Viele denken an etwas Gefühliges, wenn der Geist Gottes erwähnt wird. Sie meinen, das sei so etwas wie eine Stimmung. Andere denken, das sei so etwas wie eine Kraft.
Nein, nein! Der Heilige Geist ist – und so bekennen wir das mit der Lehre unserer Kirche – die dritte Person der Dreieinigkeit. Das ist Gott selbst, der zu uns kommt. Und da verspricht uns Gott nichts anderes, als dass er selbst bei uns sein will.
Da müssen Sie klar darüber sein: Ist das bei Ihnen so? Mein Geist soll unter euch bleiben. Gott will durch seinen Geist unter uns sein.
Wenn ich jetzt Christen frage: Bist du gewiss, dass du Gottes Geist hast? – dann werden sie ganz verlegen und sagen: Ich weiß es nicht so genau. Sie müssen es aber wissen, denn man darf um den Geist Gottes bitten. Und Jesus hat gesagt: Wer darum bittet, der empfängt.
Sie erkennen den Geist Gottes nur an einem untrüglichen Kennzeichen: dass der Geist Gottes ihnen das Glauben ermöglicht.
Lassen Sie sich nicht durcheinanderbringen! Den Heiligen Geist erkennt man nicht an äußeren Zeichen, auch nicht an irgendwelchen spektakulären Dingen wie Wunderheilung oder Zungenrede. Paulus sagt ganz deutlich, das ist nur bei Einzelnen da, nicht alle haben das.
Aber den Heiligen Geist erkennen Sie daran, dass er uns Christus vor Augen stellt. Niemand kann Jesus Christus einen Herrn nennen ohne durch den Heiligen Geist. Wenn Sie zu Jesus Christus Herr sagen können, haben Sie den Geist. Denn dann haben Sie dieses Verstehen von Dingen, die sowieso außerhalb unserer möglichen Betastbarkeit liegen.
Dieser Geist Gottes ist uns verheißen: die Gegenwart Gottes mitten unter uns.
Und wir erinnern uns jetzt gerne daran, wie das damals war, am Pfingsttag, als durch eine Verkündigung und eine Predigt dreitausend Menschen zum Glauben kamen und Petrus geredet hat.
Und wir erwarten das auch in unseren Tagen.
Zeugnisse von der Kraft des Heiligen Geistes in der Welt
Das sind die größten Wunder des Heiligen Geistes, wenn Menschen zum Glauben kommen.
Es hat mich sehr getroffen, dass vor ein paar Tagen Bischof Festo Kivenschre heimgerufen wurde. Einige waren noch verunsichert, weil diese Meldung von der spektakulären Krankenheilung unglücklicherweise aus Afrika in die Medien lanciert wurde. Sie wissen, welche Zurückhaltung wir immer wieder haben, wenn solche Meldungen so spektakulär hinausposaunt werden.
Aber ich denke daran, wie Festo Kivenschre 1975 im Neckarstadion zu uns sprach und uns damals erzählte, wie dieses blutende Land Uganda unter der Predigt des Evangeliums verwandelt wurde. Er sagte, die Menschen strahlen Hoffnung aus. Und die Menschen haben eine Liebe in sich.
Ich habe ja nun mehrfach dieses Land Uganda kennengelernt, und in der Zwischenzeit ist es immer schlimmer geworden mit dem schrecklichen Leiden, dem Bürgerkrieg und den vielen Tausenden, die dort umgekommen sind. Aber das Leben und der Glaube dort leben weiter. Wenn Sie diese Menschen treffen, die dort die Kirchen füllen und ihren Glauben im Alltag leben, dann ist dort diese große Gotteskraft lebendig.
Ich habe es ja erleben dürfen in diesem Hungerlager im Lovero-Trajek, wo man heute die Skelette von Tausenden von Menschen ausgräbt. Dort knieten diese Menschen bittend vor uns nieder und flehten uns nur um Wasser an, als wir damals einige Kleider verteilen durften. Und dann strömten sie zusammen und hielten einen Gottesdienst. Ich habe selten Menschen so geborgen in der Nähe Gottes gesehen – das macht der Geist Gottes.
Sehen Sie, der Glaube ist kein Werk von Menschen. Das kann ich nicht als Prediger bewirken. Es wäre schön, wenn ich es könnte, aber ich kann es nicht. Ich kann keinen einzigen Zweifelnden zum Glauben führen. Ich kann nicht auf einen Knopf drücken, ich kann nicht mit Worten jemanden überreden. Aber der Geist Gottes kann es.
Über den Geist Gottes verfügen wir nicht, sondern wir können darum bitten. Und darum tun wir Dienste, darum machen wir Jugendarbeit, darum evangelisieren wir auf dem Schillerplatz, und darum laden wir Leute ein und gehen an die Krankenbetten und bitten Gott: Wirke du durch deinen Geist, heute durch die Predigt und auch durch all die Dienste, dass Frucht geschieht und Menschen erfüllt werden von deinem Geist.
Das ist wunderbar, wie neues Leben entsteht. Ich habe große Hoffnung für unsere Kirchengemeinden überall, für unsere Stadt und für unser Land. Ich habe überall in der Welt erlebt, wie Gott das tun kann – wie ein Flächenbrand. Jetzt in Indonesien sagten zu mir die Christen: Man darf kaum darüber reden, sonst wird der muslimische Staat noch allergisch. Die Gemeinden explodieren an allen Enden, weil das Evangelium sich als Kraft im Leben von Menschen erweist.
Wenn Gott seinen Geist damals am Pfingstfest gegeben und durch einen schwachen und ungelehrten Petrus gewirkt hat, dann hat Gott seinen Geist nicht wieder zurückgeholt in den Himmel. Sondern der Geist Gottes wirkt weiter auf dieser Erde.
Und wir wissen, dass das das Geheimnis ist, auch der Geschichte der Christenheit, dass sich überall Aufbrüche erleben dürfen. Und die laufen oft ganz anders. Sie laufen außerhalb der Organisation, weil Gott merkwürdigerweise nicht nach Titeln und Konfessionsnamen fragt. Das geschieht in Freikirchen, in Landeskirchen und in der katholischen Kirche.
Und immer wird das das Kennzeichen sein, dass Menschen durch den Heiligen Geist Christus erkennen und ihm glauben.
Mein Geist soll unter euch bleiben, fürchtet euch nicht.
Aufruf zum tatkräftigen Einsatz
Mein letzter Punkt noch: Lasst uns ans Werk gehen. Das heißt hier im vierten Vers: Arbeitet, arbeitet!
Damals waren die Leute etwas entmutigt. Sie sagten, es habe gar keinen Sinn, überhaupt noch anzufangen, weil sowieso nichts herauskomme. Jetzt sagt Haggai im Auftrag Gottes: Arbeitet mal schön! Ihr werdet merken, dass dort, wo ihr anfangt zu arbeiten, für Gott etwas herauskommen wird.
Manchmal kann die Arbeit für Gott sehr hart erscheinen. Ich kenne manche, die in einem Hauskreis oder in einer Gemeinde Jahrzehnte lang arbeiten, ohne dass sichtbare Frucht da ist. Ich traf jetzt in Bali den Missionar Roger Louis. Er gehörte zu den Missionspionieren und war ein unmittelbarer Freund von Jim Elliot. Jim Elliot war jener Missionar, der 1957 bei den Aukas ermordet wurde. Auch David Howard, ein Sportsmann, gehörte dazu. Roger Louis hat viele Jahrzehnte auf Bali gearbeitet und sagt, er könne bald an der Hand abzählen, wie viele Menschen zum Glauben kamen.
So sieht es bei uns oft aus: Eine Großmutter sagt, wenn sie an ihre Enkel denkt, sehe sie überhaupt keine Frucht. Sie meint, sie habe so viel wirken wollen in ihrem Leben, aber sehe nichts davon. Das soll sie nicht entmutigen. Auch wenn wir nichts sehen, reicht Gottes Wirken viel, viel weiter in die Länge. Es kann geschehen, dass Frucht aus einer Saat erst nach zehn oder zwanzig Jahren aufgeht.
Wir schauen nicht nach dem Äußeren. Es kann eine ganz kleine Versammlung sein, eine leere Kirche – darauf kommt es gar nicht an. Entscheidend ist, dass Gottes Geist wirkt und Menschen im Gehorsam gegen Gott arbeiten und sein Geist unter ihnen bleibt. Man braucht sich nicht verunsichern zu lassen, wenn Leute sagen: Wollt ihr im altmodischen Evangelium heute noch Leute anziehen? Ihr müsst euch doch mit der Zeit anpassen!
Nein, das macht uns gar keine Not. Es interessiert uns nicht, was die Menschen dazu sagen. Wir wollen nur Gott und seinem Wort treu bleiben.
Es war so, wie der englische König vor langer Zeit, vor Jahrhunderten, zu seinen Hofräten sagte. Mit ihnen war er nicht ganz einig, weil sie etwas aufmüpfig waren. Er sagte: „Ich werde wohl den Hof von London wegverlegen, dann werden wir sehen, wie es weitergeht.“
Die Hofräte antworteten: „Majestät, wenn Sie geruhen lassen, die Themse uns hierzulassen in London, dann werden die Bürger schon versuchen, ohne den Hof zurechtzukommen.“
So wird es bei uns manchmal sein. Wir fragen nicht danach, ob die Welt uns anerkennt oder was die Menschen zu uns sagen. Wenn wir nur den Strom des Geistes Gottes haben und erfüllt sind von göttlichen Gedanken, wenn wir ihm dienen in unseren täglichen Verpflichtungen und Lebensaufträgen, dann werden wir ganz gut zurechtkommen.
Die Voraussetzung für das Wirken des Geistes Gottes
Und das Geheimnis ist immer wieder, dass Gott auch durch die Jahrhunderte hindurch Gemeinde gebaut hat – und das geschieht auch in diesen Tagen. Vieles passiert. Menschen kommen zum Glauben, besonders junge Menschen. Sie dienen Gott. Gemeinde wird aufgebaut und arbeitet daran. Deshalb lohnt sich der Einsatz.
Wir sollten daran denken, dass Gottes Geist nur wirken kann, wenn wir uns ihm öffnen. Wenn der Geist Gottes uns von Grund auf reinigen kann – unsere Motive, unsere Gedanken und unser Herz.
„Ich will meinen Geist in euch geben“, heißt es. Gott sucht solche Menschen, die in seinen Geboten wandeln, seine Rechte halten und danach handeln. Er will uns reinigen und uns ein gehorsames Herz schenken.
Welch ein reiches Pfingstfest, wenn Gott uns Mut macht und uns diese Zusage gibt: „Mein Geist soll unter euch bleiben. Fürchtet euch nicht und arbeitet.“ Amen.