Stille und Gebet zum Beginn
Wir möchten im Augenblick still werden. Lieber Vater, wir wünschen uns, dass du zu uns kommst. Du weißt, wie es uns ums Herz ist – du allein kennst es.
Unter uns sind Traurige, die um einen lieben Menschen trauern. Es gibt auch Belastete, die nicht fertig werden mit dem, was ihnen auferlegt ist. Ebenso sind Kranke unter uns, Herr, und solche, die nicht wissen, wie es weitergehen soll.
Wir möchten dich nun um deinen Rat bitten, um ein Wort von dir, das uns Wegleitung sein kann für die nächsten Schritte.
Herr, komm zu uns! Amen!
Einführung in das Sendschreiben an Sardes
Wir lesen die Offenbarung und sind nun beim dritten Sendschreiben. Ein weiteres war am vergangenen Sonntag, und auch am nächsten Sonntag wird es eines geben. Das wusste ich damals bei der Planung nicht. Dieses Sendschreiben ist der Predigttext aus Offenbarung Kapitel drei, also eine intensive Beschäftigung mit diesen Sendschreiben, die besondere Kapitel der Offenbarung sind.
Heute, als drittes, nun eben dieses Sendschreiben aus Sardes. Das finden Sie in der Offenbarung im dritten Kapitel. Dort lese ich die Verse 1 bis 6:
„Und dem Engel der Gemeinde in Sardes schreibe: Das sagt der, der die sieben Geister Gottes hat und die sieben Sterne: Ich kenne deine Werke. Du hast den Namen, dass du lebst, und bist doch tot. Werde wach und stärke das andere, das sterben will, denn ich habe deine Werke nicht als vollkommen befunden vor meinem Gott. So denke nur daran, wie du empfangen und gehört hast, und halte es fest und tue Buße. Wenn du aber nicht wachen wirst, werde ich kommen wie ein Dieb, und du wirst nicht wissen, zu welcher Stunde ich über dich kommen werde. Aber du hast einige in Sardes, die ihre Kleider nicht besudelt haben. Die werden mit mir einhergehen in weißen Kleidern, denn sie sind es wert. Wer überwindet, der soll mit weißen Kleidern angetan werden, und ich werde seinen Namen nicht austilgen aus dem Buch des Lebens. Ich will seinen Namen bekennen vor meinem Vater und vor seinen Engeln. Wer Ohren hat, der höre, was der Geist den Gemeinden sagt.“ Amen.
Adventspost und der ernste Brief an Sardes
Bevor wir uns diesen Brief näher anschauen, darf ich noch einmal den Chor bitten, mein Lied zu singen: „Schreib mal wieder.“
Dieser Slogan der Bundespost kommt in der Adventszeit besonders gut an. Briefträger gehören in diesen Wochen zu den am stärksten belasteten Berufsgruppen. An diesem Abend denken wir auch einmal an die Briefträger. Ich glaube, kaum jemand geht bei dieser Postbescherung leer aus.
Bundesweite Prospekte kommen an, die einem klar machen, dass die Weihnachtsfreude ohne die handgedrechselte Pfeffermühle überhaupt nicht einziehen kann. Dicke Kataloge verunsichern diejenigen, die bis dahin dachten, wunschlos glücklich zu sein. Und das Schönste finde ich immer: tönende Briefkarten. Haben Sie schon einmal eine bekommen? Tönende Briefkarten – man macht sie einfach auf, und dann hört man „Leise rieselt der Schnee“ oder „Morgen kommt der Weihnachtsmann“. Großartig, wenn schon die Post zu spielen beginnt.
Dann kommen noch die Weihnachtskarten von Freunden, die mit gleichem Text, aber wechselnden Schneelandschaften zum Fest grüßen. Wunschzettel, Rundbriefe, Ankündigungen von Besuchen – Freude, Freude über Freude.
„Schreib mal wieder!“ Variationen über dieses eine Thema. Aber kein solcher Brief ist dabei wie der, den der Bischof von Sachtes erhalten hat: Adventspost für Sachtes.
Ich bin überzeugt, dass er beim Überfliegen dieses Briefes blass wurde. Da schrieb nicht irgendein kleines Licht, sondern der, der mit den sieben Sternen steht. Da grüßte nicht jemand, der von allen guten Geistern verlassen ist, sondern der, der die sieben Geister Gottes hat.
Da meldet sich nicht ein kleines Weihnachtsbesüchlein an, sondern der lebendige Herr selbst. Und er sagt nichts Geringeres als: „Du bist tot, lieber Bischof, du bist tot – mitsamt deiner Familie, du bist tot – mitsamt deiner Gemeinde. Du hast zwar einen bekannten Namen und eine gute Presse, aber du bist tot. Du bekennst dich zwar zu Gottes Wort und hältst seine Gebote, aber du bist tot. Du faltest die Hände und beugst die Knie, aber du bist tot. Du feierst schöne Gottesdienste und wunderschöne Bibelstunden, aber du bist tot.“
Geistlich tot trotz äußerem Schein
Liebe Freunde, man kann religiös funktionieren und dennoch geistlich tot sein. Verstehen Sie das? Man kann vor der Gemeinde und in der Gemeinde als geistliche Persönlichkeit erscheinen, aber vor Gott wie ein Leichnam sein.
Am liebsten hätte dieser Wirtenträger damals sicher die Adventspost wieder an den Absender zurückschicken lassen. Aber das war nicht möglich. So ein Mahnschreiben kann man nicht einfach zurückschicken. Deshalb blieb dieses ernste Mahnschreiben wie ein Totenschein auf seinem Tisch liegen.
Später wanderte eben dieser Brief als Visitationsschreiben durch die Gemeinden in Kleinasien. Diese Briefe, die wir dann als Sendschreiben überliefert bekommen haben, werden bis heute von allen Kanzeln der Christenheit verkündigt – so wie an diesem Abend hier.
Die Frage ist: Muss auch uns, muss auch mir ein Totenschein ausgestellt werden? Ist unser Glaube frisch und lebendig? Sind wir hellwache Christen oder nur eine leichte Adventspost? Man hätte sich für solch einen Abend im Advent sicher eine fröhlichere und leichtere Botschaft gewünscht.
Aber wir haben ganz vergessen, was die Adventszeit eigentlich bedeutet.
Die wahre Bedeutung der Adventszeit
Liebe Freunde,
Adventszeit ist bei uns oft schon vor der eigentlichen Festzeit oder sogar vor Weihnachten. Es gibt kaum noch einen Laden, ein Geschäft oder einen Stand, der nicht in weihnachtlichem Glanz erstrahlt. Die Weihnachtszeit scheint heute viel länger zu sein, während die Adventszeit fast verloren geht.
Früher war die Adventszeit bei unseren Vätern eine sehr ernste Zeit. Sie galt als Buß- und Fastenzeit. Deshalb passt auch dieser Brief gut in die Adventszeit hinein. Er stellt uns, er stellt mich vor eine wichtige Frage: Bin ich nur ein Namenschrist, ein Scheinkrist oder ein Kartellchrist? Diese Frage wird hier deutlich gestellt.
In keinem anderen Brief kommt das Lokalkolorit so stark zum Ausdruck wie in diesem. Wer keine Ahnung von Sardes hat, wird den Brief nicht in seiner Tiefe verstehen können. Deshalb habe ich noch einmal einiges über Sardes gelesen und konnte erst danach diese Verse richtig verstehen.
Namenschristen und ihre Herkunft
Also, die erste Frage, die sich aus diesem Text ergibt, lautet: Sind wir nur Namenschristen? Sind wir Christen nur dem Namen nach?
Die Menschen von Sardes hatten selbstverständlich einen Stammbaum, so wie Sie ihn auch haben. Vielleicht kennen Sie Ihren Stammbaum gar nicht. Es gibt ja Leute, die beschäftigen sich ein halbes Leben lang – vor allem im Ruhestand – damit, ihren Stammbaum auszukundschaften. Sie belästigen alle Pfarrämter, die in Frage kommen könnten, um nachzuschauen, wo ihre Vorfahren herstammten.
Im Geheimen denkt man ja immer, der Stammbaum müsste schließlich irgendwo auf eine besonders interessante, vielleicht sogar adlige Linie zurückgehen. Einige Jahre oder sogar einige hundert Jahre zurück – und dann wäre es gewiss, dass ich eigentlich von Eisler heißen müsste.
Ich habe das ja auch mal getan. Mein Bruder war besonders interessiert an Stammbaumfragen. Wir sind bei allen Bemühungen nur bis Oeschingen bei Tübingen gekommen. Dort waren die Vorfahren Bauern und Gastwirte, wobei anzumerken war, dass die Gastwirte meistens ihre besten Gäste selbst gewesen seien. So haben wir nicht weiter nachgeforscht im Stammbaum.
Die Leute in Sardes stießen auf die richtige Linie. Sie konnten ihren Stammbaum bis auf die Königslinie von Lydien zurückverfolgen. Der bedeutendste König dieser Linie war der, dem der Name nach auch heute noch bekannt ist: König Kroisos, der Croesus von Lydien.
Wir sagen heute noch „The Croesus“ für den, der am meisten besitzt. Croesus war der reichste Mann in der ganzen damaligen Welt. Er besaß den allerschönsten Schatz, und Menschen von überall kamen, um den Schatz des Croesus zu besichtigen. Selbst der weise Solon aus Griechenland ließ es sich nicht nehmen, diese Krone und diesen Schatz mit seinem Besuch zu ehren.
Glanzvolle Vergangenheit und ernüchternde Gegenwart
Die Leute von Lüni verfügten über einen umfangreichen Stammbaum, vermutlich den einzigen, von dem sie abstammen konnten. Sie hatten nicht nur einen Stammbaum, sondern auch ein Stammwappen, das uns bis heute bekannt ist. Auf diesem Wappen war noch etwas Besonderes zu sehen.
Durch die untere Stadt floss der Paktolos, ein Fluss, von dem man weiß, dass er in früheren Zeiten Gold geführt haben soll. Dort wuschen die Menschen Gold, und von diesem Reichtum stammte auch ihr Wohlstand. Es ist daher kein Wunder, dass sie das Goldzeichen in ihr Wappen aufgenommen haben.
Sie hatten also einen großartigen Stammbaum, ein goldenes Stammwappen und zudem war heute, anscheinend noch in den Grundresten, ein Stammhaus zu besichtigen. Die alten Gemäuer wurden durch ein Erdbeben zerstört, doch der Neubau, der errichtet wurde, hatte eine bedeutende zentrale Funktion in der ganzen Gegend.
Man muss wirklich sagen: Was für eine großartige Vergangenheit mit einem solchen Stammbaum, einem solchen Stammwappen und einem solchen Stammhaus! Doch wie sah die Gegenwart aus, zu der Zeit, als dieser Brief geschrieben wurde?
Der Croesus war nur noch eine nette Legende, das Goldzeichen war nur noch eine hübsche Dekoration, und das Stammhaus war lediglich ein Museum. Heute würden wir sagen, das war ein ganz degenerierter, um nicht zu sagen ein verkommener Adel.
Sie hatten zwar das richtige Stammwappen, das richtige Wappen und das richtige Haus, doch sie waren eben degeneriert. Adlige, ja – aber nur noch dem Namen nach. Adlige, aber nur dem Namen nach.
Die geistliche Realität heute
Verstehen Sie, es gibt Christen in verschiedenen Formen – genauso vielfältig wie die Menschen selbst. Unser Stammbaum führt zurück auf Bauern oder Gastwirte, während andere vielleicht auf ein Fürstenhaus zurückblicken. Doch im letzten Grunde geht unser aller Stammbaum, sofern wir diesem Herrn gehören und auf seinen Namen getauft sind, auf den größten König aller Zeiten zurück: Jesus Christus.
Wir sind hineingepflanzt in die Königslinie Jesu Christi, die bis ins Alte Testament zurückreicht, wo auch David eingeschrieben ist. Wenn wir genau forschen, stoßen wir auf diese Königslinie und erkennen, dass wir den richtigen Stammbaum haben. Ebenso tragen wir das richtige Wappen: das strahlende Kreuz vom Berg Golgatha.
Unser Haus ist die Zentralkirche, die Landeskirche von Württemberg, die Stiftskirche. Dazu gehören wir, und dorthin gehen wir auch. Was für eine Vergangenheit, liebe Freunde! Und die Frage: Was für eine Gegenwart?
Christus wird oft zu einer Weihnachtslegende verkommen. Wenn ich am Heiligen Abend in der Stiftskirche die zweitausend, zweitausenddrei- oder fünfhundert Leute fragen würde, ob sie denn glauben, was sie im Bekenntnis gelernt haben – dass Jesus geboren wurde von der Jungfrau Maria und gelitten hat unter Pontius Pilatus – dann würden viele milde lächeln. Christus – eine Weihnachtslegende.
Warum kommen sie denn? In diesen Tagen werden wir im Pfarramt und in der Stiftskirche fast belästigt von Anrufen. Immer wieder die Frage: Wann ist am Heiligen Abend nicht Gottesdienst? Herr Pfarrer, was haben Sie denn am Heiligen Abend zu bieten? Einer fragte sogar, ob es Eintrittskarten gibt und wann die Messknaben singen.
An diesem Abend geht es um eine schöne, wunderschöne Legende, einen großartigen Stammbaum, der aber zu einer Legende verkommen ist. Das Kreuzzeichen ist sicher noch präsent, doch heute eher als herrlicher Modeschmuck. Die Stiftskirche ist für viele ein Museum. Gläubige mit richtigem Wappen, aber Christen nur dem Namen nach.
Einladung zur Buße und Rückkehr
Genau diese Menschen werden hier angesprochen, und es wird gesagt: Gedenke, was du empfangen hast. Gemeint ist damit: Gedenke, was du empfangen hast. Dieses Gedenken bedeutet ein Zurückgehen.
Ich möchte es am besten so erklären: Wenn Menschen nicht nur ihrem Stammbaum nachgehen, sondern es viel näher erleben können, zum Beispiel, wenn sie lange in einem Heimatort gewohnt haben – dort, wo ihre Eltern zu Hause waren, wo sie zur Schule gegangen sind und gelebt haben – und dann weggegangen sind und jahrelang nicht mehr dort waren. Wenn sie dann zurückkehren, laufen sie um das Haus, in dem sie als Kind gelebt haben. Sie gehen zur Schule, in die sie gegangen sind, und spazieren auf den Wegen, auf denen sie einst mit ihren Eltern unterwegs waren.
Dann lebt all das in ihnen wieder auf. Es entsteht eine Welt, die sie, wenn sie eine schöne Jugendzeit hatten, mit Dankbarkeit erfüllt. Von dieser Dankbarkeit können sie neue Kraft für ihren weiteren Weg schöpfen.
"Gedenke, was du empfangen hast" – so empfiehlt dieser Schreiber den lieben Leuten von Sardis. Geht doch bitte nicht nur bis zum Stammbaum zurück, sondern geht zurück in die Vergangenheit, die am Kreuz auf euch zugekommen ist. Geht bis ans Kreuz Jesu Christi und erlebt es noch einmal ganz neu.
Dort hängt einer, der für die hing, die nicht mehr können. Dort hängt einer, der für die hing, die sterben müssen, die beerdigt werden und die herausfallen. Dort hängt einer, der für die gestorben ist, die mit ihrer Schuld nicht fertig werden.
So, liebe Freunde, werden wir an diesem Abend eingeladen, Buße zu tun und umzukehren. Wir sollen einmal zurückkehren an den Ort des Kreuzes, dorthin schauen und es noch einmal neu erleben. Dort können wir neue Kraft schöpfen für den Tag und sagen: Doch, Herr, Du bist ja auch für meine Last dort gehangen. Du bist ja auch für meine Schuld dort gestorben. Du bist ja auch für meine Angst vor dem Tod dort durch den Tod hindurchgegangen.
Gedenke, was du empfangen hast, und gehe dorthin zurück. Ihr alle Namenschristen, kehrt um und lasst euch nicht treiben! Es muss doch Punkte in unserem Leben geben, an denen man dies hört, umsetzt und an den Ort zurückkehrt, von dem man gekommen ist – nämlich zu seiner Liebe und seiner Barmherzigkeit, zu seinem Leiden und Sterben am Kreuz.
Die Scheinkristen – eingeschlafene Wachposten
Das sind die Namenschristen. Und das sind die Scheinkristen – nur Scheinkristen oder Christen nur dem Schein nach.
Nun gehen wir noch einmal gemeinsam nach Sardes. Nach der Beschreibung habe ich festgestellt, dass es ganz ähnlich sein muss, wie wenn man nach Neuffen geht. Dort schaut man nicht nur ins Tal, sondern auch hinauf. Von oben sieht man alles, überragt vom Hohenäufen. Wer schon dort oben war – welcher Schwabe war noch nicht auf dem Hohenäufen? – stellt fest, dass die Berge von allen Seiten abfallen. So war es auch in Sardes.
Sardes lag an seinem ursprünglichen Platz auf einem Bergkamm, von dem es auf allen Seiten abfiel. Die Stadt war umgeben von lauter Wachhäuschen, die die Schluchten beobachten konnten. Dort oben standen auch Wachsoldaten. Über der Stadt befand sich sogar ein gewaltiger, großer Wachturm, den man schon von weitem sehen konnte. Was für ein Schein – dieses uneinnehmbare Sardes!
Nun beschreibt der Geschichtsschreiber Herodot Folgendes: Eines Tages kam der persische König Kyros und belagerte Sardes. Er bot jedem Soldaten eine riesige Belohnung an, wenn er es hinauf schaffte. Doch keiner schaffte es.
Unter den Soldaten war aber ein sehr aufgeweckter Mann namens Heroidas. Er beobachtete stets die Mauern dort oben und auch die Wachsoldaten, die man mit bloßem Auge sehen konnte. Eines Tages sah er, wie einem Wachsoldaten aus Versehen sein glänzender Helm hinunterfiel. Der Helm rollte eine Schlucht hinunter.
Kurz darauf beobachtete Heroidas, wie dieser Soldat die Mauer überstieg und an der Schlucht, die von unten uneinnehmbar aussah, hinunterkletterte. Er holte seinen Helm aus einem Gebüsch, kletterte wieder hinauf und schwang sich über die Mauer.
Heroidas dachte: Wenn der Soldat das schafft, dann komme ich wenigstens bei Nacht hinauf. Zusammen mit ein paar Mitsoldaten gelang es ihm, mitten in der Nacht oben anzukommen – in dem uneinnehmbaren Sardes. Dort stellten sie fest, dass die Wachsoldaten alle schliefen.
Ein richtiger Wachturm, ein richtiges Wachhäuschen, richtige Wachsoldaten – aber richtig eingeschlafen. Wachsoldaten, Schlafsoldaten, Soldaten nur dem Schein nach.
Das ist der Hintergrund, das ist das Lokalkolorit: Christen nur dem Schein nach.
Warnung vor geistlichem Schlaf
Die Bibel sagt: Der Herr ist nahe. Das Glaubensbekenntnis sagt, dass er wiederkommen wird. Im Gesangbuch heißt es: Bald wird erscheinen Gottes Sohn.
Viele Christen, die wachen sollten, sind wie eingeschlafene Wachposten. Sie haben die richtige Bibel, das richtige Bekenntnis und das richtige Gesangbuch, aber sie sind dennoch richtig eingeschlafen. Sie merken gar nicht, wie der Teufel sie noch tiefer in den Schlaf versetzt. Dieser Durcheinanderbringer legt es darauf an, dass wir von den Vorgängen im Reich Gottes überhaupt nichts mitbekommen.
Er lässt uns schlafen, sodass wir es nicht glauben können, dass Gott uns eigentlich belagert und schon in dieser Welt so wirkt, dass er sie einnehmen wird. Schlafende Wachposten, liebe Freunde, sind gesuchte Vorposten der Hölle.
Es ist interessant, wie in diesen Wochen alles getan wird, um uns schlafen zu lassen – Schlaf in himmlischer Ruhe. Doch genau das ist das Problem. Solche, die müde geworden sind – ich denke hier nicht an Menschen, die nach einem anstrengenden Tag müde sind, denn das ist erlaubt –, sondern an jene, die im Glauben müde geworden sind. Die sich immer wieder hierher, fast widerwillig, quälen und sagen: „Ich will ja, aber…“ Die kein neues Leben in sich spüren.
Diesen wird gesagt: Wach auf! Christen sind keine Schlafmützen. Wach auf! Christen können nicht träumen. Christen müssen aufstehen.
Geistliches Aufstehen als Lebenshaltung
Und aufstehen, so wie Abraham, der aufgestanden ist und gegangen ist. So können Sie es bei allen Jüngern sehen: Als sie den Ruf Jesu empfangen haben, sind sie aufgestanden und gegangen.
Geistlich aufstehen bedeutet ganz praktisch auch, morgens aufzustehen – und zwar schon vor der normalen Zeit. Es heißt, aufzustehen, um vor seinem Herrn zu stehen und mit ihm zu beten.
Geistlich aufstehen bedeutet auch, abends noch einmal vor dem Herrn zu stehen und ihm zu danken für das, was er gegeben hat. Es heißt, nicht zu träumen, nicht zu schlafen und nicht die Zeit zu verschlafen.
Es liegt an uns, aufzustehen und dem zur Hand zu gehen, der unsere Hilfe braucht. „Stärke den anderen, der sterben will“, so steht es hier. Nicht wahr?
Wie Freunde, wir lassen uns gerne aufladen. Manchmal fühlen wir uns wie geistliche Akkus oder Akkumulatoren, die sich aufladen lassen, um dann zuhause wieder Energie zu haben.
Aber die Bibel möchte eigentlich nicht, dass wir Akkus sind, die sich nur aufladen lassen. Sie möchte, dass wir Leiter sind, die das, was sie haben, sofort weitergeben an die, die uns brauchen.
Leiter sein bedeutet, dass Gottes Strom durch uns fließt – nicht Akku, der alles für sich sammelt.
Die Kartellchristen – Christen nur der Kartei nach
Scheinchristen – aber auch das Letzte, liebe Freunde, lässt sich noch benennen: Kartellchristen. In Sardes ging es ja preußisch zu. Interessant, wie man das nachlesen kann.
Die Bürokratie war perfekt, schon damals. Es gab Meldelisten, Steuerlisten und Honorarlisten. Diese lagen, in Wachs eingedrückt, im Gouverneurspalast. Was für ein Kartell! Doch wissen Sie, die meisten lebten damals gar nicht mehr in Sardes. Sie wollten dort gar nicht mehr leben, sondern wohnten in anderen Städten. Trotzdem waren sie noch in Sardes gemeldet. Sie hatten die Anmeldung, die Steuernummer und den richtigen Listenplatz. Aber sie waren längst fremde Bürger geworden, die gar nicht mehr zur Stadt gehörten. Verstehen Sie? Es waren Leute nur noch der Kartei nach.
Kennen Sie das? Christen nur der Kartei nach. Sie sind eingetragen in unsere Listen, sie zahlen sogar Steuern und sind hier gemeldet. Doch ihr Kopf, ihr Herz und ihr Leben sind ganz woanders. Mitglied der Kirche zu sein, gehört sich einfach. Es gehört sich, einer Konfession anzugehören. Man zahlt dafür seinen Obolus.
Wie viele haben die richtige Taufbescheinigung, die richtige Mitgliedschaft und die richtige Steuernummer – aber sie sind richtig fremd. Christen nur der Kartei nach.
Gottes Buch des Lebens als Maßstab
Sie sind hier gemeint, und es wird ihm gesagt: Hör doch einmal her! Gott kennt keine Wachsplatten, die unter der Hitze verlaufen. Er kennt auch keine Steuerlisten, die ständig verändert werden müssen. Ebenso kennt er keinen Namensregister, weder auf Papier noch auf irgendwelchen Tonträgern.
Spätestens beim letzten Advent ist all das gelöscht. Unser Gott kennt nur eines: das Buch des Lebens, von dem immer wieder die Rede ist. Darin stehen nicht die Mitglieder einer Kirche, sondern die Glieder seines Leibes. Und das sind diejenigen, die sich zu seinem Namen bekehrt haben, die auf seinen Namen getauft sind, die durch seinen Namen befreit wurden und die in seinem Namen geborgen sind.
Im Buch des Lebens geschrieben zu sein, ist von großer Bedeutung. Sie wissen es, und Sie lesen es immer wieder bei Abstürzen von Flugzeugen oder beim Untergang von Schiffen. Dann stehen an den Reedereien oder in den Büros Massen von Angehörigen und warten auf die Listen der Überlebenden.
Welche Freude herrscht, wenn sie dort die richtigen Namen finden! Das ist das Buch des Lebens – dort die Namen der Lieben zu entdecken, mehr noch, ihren Namen eingeschrieben im Buch des Lebens zu sehen. Diejenigen, die überlebt haben und die überleben werden.
Die Verheißung der weißen Kleider
Sie werden einhergehen, heißt es hier zum Schluss, in weißen Kleidern.
Wissen Sie, im persischen Hof wurde den vertrautesten Günstlingen des Königs das Vorrecht eingeräumt, mit dem König in den königlichen Gärten einmal spazieren zu gehen. Das war der höchste Wunsch: mit dem König in weißen Kleidern in seinem Garten zu wandeln. Man nannte sie dann Gartengefährten. Einmal Gartengefährte gewesen zu sein, war einer der höchsten Titel.
Gartengefährten – die Freunde. Wer Gott treu bleibt, ist Gottes Gartengefährte, mit ihm im Garten Eden spazieren zu gehen. Bildhaft, aber großartig. Wenn es schon eine Freude ist, mit einer Freundin spazieren zu gehen, wenn es eine Lust ist, mit dem Ehegefährten zu wandeln, was muss es dann erst bedeuten, Gottes Gartengefährte im Eden zu sein?
Ein Zeichen des Sieges ist Weiß. Selig sind, die reinen Herzens sind – das ist gemeint. Weiß ist ein Zeichen der Auferstehung, von Ostern. Jesus selbst wird in weißen Kleidern dargestellt.
Schlussappell zum Leben in der Adventszeit
Lassen wir uns deshalb jetzt nach Hause gehen, nicht in schwarzen Kleidern, wie es Scheinkristen, Namenschristen oder Kartellchristen tun, sondern in den weißen Kleidern der lebendigen Christen.
Diese Christen hoffen auf ihn, lassen sich von dieser Adventspost zum Leben ermutigen und werden zu Gartengefährten dieses Gottes. Amen.