
Haniel Herndt unternimmt eine weitere Reise – eine Reise durch die gesamte Heilige Schrift. Sein Vorhaben ist es, einen Überblick über die einzelnen Bibelbücher zu geben, um deren Beitrag zur Heilsgeschichte zu erkunden. Dabei möchte er in etwa einer Lektion den jeweiligen Abschnitt betrachten.
Heute widmet er sich dem Brief von Paulus an die Römer und nähert sich diesem auf eine erfruchtende Weise.
In unserer deutschen Bibel steht der Römerbrief am Anfang der Briefe. Chronologisch gesehen ist dieser Brief jedoch nicht der erste von Paulus. Wahrscheinlich ist der Galaterbrief der erste seiner Briefe.
Paulus hat insgesamt dreizehn Briefe zum Neuen Testament beigetragen. Das ist eine erstaunliche Breite und auch sehr umfassend. Ein großer Teil der Briefe stammt von Paulus. Der Römerbrief gilt als sein systematischster Brief, man spricht von einem Lehrbrief.
Aber eigentlich stimmt das nicht ganz, dass es sich um einen Lehrbrief im engeren Sinn handelt. Natürlich geht es um Lehre, um die Darlegung des christlichen Glaubens. Doch es ist sehr wichtig, den Zusammenhang zu betrachten, in dem dieser Brief entstand.
Ich werde gleich darauf eingehen, wenn ich die ausführliche Einleitung I, Verse 1 bis 15, und die Programmansage I, Verse 16 bis 17, durchgehe. Zunächst ist es wichtig, abzustecken, wann der Brief ungefähr geschrieben wurde.
Die Ausleger gehen davon aus – und das kann man im fünfzehnten Kapitel nachlesen –, dass Paulus unmittelbar vor einer gefährlichen Reise nach Jerusalem stand. Dort wollte er die Kollekte aus Mazedonien und Achaia mitnehmen.
Er erwähnt in Kapitel 16, Vers 1, auch die Diakonisse Phöbe, die im Dienst der Gemeinde von Kenchreä, der Hafenstadt östlich von Korinth, stand. Damit könnte es tatsächlich sein, dass der Römerbrief während seines Aufenthaltes in Korinth, während seiner dritten Missionsreise, abgefasst wurde.
Der Römerbrief datiert also ungefähr in die Jahre zwischen 55 und 58. Manche legen ihn auch auf das Jahr 57. Paulus war zu diesem Zeitpunkt noch nie in Rom, der Hauptstadt des Römischen Reiches.
Lass mich noch kurz etwas zur Stadt sagen: Rom war ein gewaltiges Zentrum, ein multikulturelles Zentrum, könnte man sagen, und das politische Zentrum des Römischen Reiches, der Sitz des römischen Kaisers.
Im Jahr 45 v. Chr. wurde Julius Caesar zum Diktator dieser Weltmacht. 27 v. Chr. verlieh der römische Senat Octavian den Ehrentitel Augustus. In einigen Etappen wurden ihm dann die wichtigsten Kompetenzen im Reich und weitere Titel übertragen.
Ich habe diese Angaben aus dem Buch „Einleitung in die Schriften des Neuen Testaments“ von Erich Mauerhofer entnommen. Daher die Präzision in den Angaben.
Rom war zur Zeit von Paulus eine Millionenstadt – für damalige Verhältnisse eine unvorstellbare Größe. Die Stadt war von unzähligen Sklaven bevölkert, darunter viele entlaufene Sklaven. Sprachlich und religiös war sie wesentlich durch die Griechen geprägt.
Sehr wichtig zu wissen ist auch, dass die jüdische Kolonie in Rom sehr groß war. Deshalb erstaunt es nicht, dass Paulus sich immer an ein zweigeteiltes Publikum richtet, nämlich an die Juden und an die Griechen, wie er es schon in Kapitel 1, Vers 16, sagt.
Das heißt, der Brief richtet sich an eine sehr gemischte Gemeinde, die sich in sozialen Schichtungen und religiösem Hintergrund stark unterscheidet. Es handelt sich um eine heidnische und jüdische Gemeinde. Dies spiegelt sich auch im gesamten Römerbrief wider.
Gehen wir direkt ins Buch, ohne zu lange bei den Einleitungen zu verweilen. Paulus stellt sich vor – das ist typisch für die Briefe jener Zeit. Er stellt sich gleich am Anfang vor, denn der Absender steht nicht wie bei uns am Schluss, sondern zu Beginn des Briefes.
Übrigens hat der Römerbrief auch einen sehr umfangreichen Abschluss, der von manchen Auslegern als eine separate, nachträgliche Anfügung mit einer ausführlichen Grußliste betrachtet wird. Auf jeden Fall stellt sich Paulus am Anfang als Apostel vor. Dann folgt bereits der Schlüsselbegriff, auf den er abzielt: Er ist ausgesondert für das Evangelium Gottes. In meiner Bibel-Anmerkung heißt es dazu: „für die von Gott ausgehende Heilsbotschaft“.
Paulus ist der Initiator, beziehungsweise der Dreieine Gott ist der Initiator des Heilswerkes. Dieses Heilswerk möchte Paulus genauer beschreiben. Wir werden gleich sehen, warum er schreibt. Dabei haben wir den jüdischen Hintergrund bereits im Kopf.
Zugleich verweist er auf das Evangelium im Vers 2, das zuvor in den Heiligen Schriften, also den Schriften des Alten Testaments, verheißen wurde. Ein sehr interessanter Hinweis ist, dass dies „durch seine Propheten“ geschah. Im Zentrum des Evangeliums steht, in Vers 3, der Sohn – der verheißene Sohn, nämlich der Nachkomme Davids. Hier zeigt sich wieder der starke alttestamentliche Bezug.
Nach dem Fleisch ist Jesus wahrer Mensch, der verheißene Nachkomme Davids. Das wird auch zum Beispiel in Lukas 1,32 deutlich, wo auf diese alttestamentliche Linie Bezug genommen wird. Dort heißt es, dass der Same Davids der wahre Herrscher sein würde. In Lukas 1,32 steht, dass der Herr, Gott der Herr, den Thron seines Vaters David erhalten und über das Haus Jakobs in Ewigkeit regieren würde.
Dieser Nachkomme Davids ist also der Verheißene. Er ist nicht nur ganz wahrer Mensch, sondern auch wahrer Gott. Das wird deutlich, wenn er als Sohn Gottes in Kraft nach dem Geist der Heiligkeit erwiesen wird, durch die Auferstehung von den Toten: Jesus Christus, unser Herr.
Nebenbei bemerkt ist hier auch eine trinitarische Struktur erkennbar. Die Dreieinigkeit Gottes schimmert schon am Anfang dieses Briefes durch. Vielleicht ist das weniger deutlich, aber inhaltlich sind immer wieder die drei Personen der Gottheit präsent. Wenn es um das Heilswerk, das Werk Gottes geht, wirken stets alle drei Personen der Gottheit zusammen.
Durch diesen Herrn Jesus Christus hat Paulus seinen Aposteldienst empfangen. Dabei ist besonders der Ausdruck in Vers 5 interessant: Paulus spricht vom Glaubensgehorsam für seinen Namen unter allen Heiden. Man merkt, dass der Glaube, auf den Paulus ausführlich eingeht, sich durch Gehorsam ausdrückt. Glaube und Gehorsam stehen eng beieinander.
Dieses Evangelium, das sich durch Jesus Christus, den Sohn Gottes, vollzieht – durch die Auferstehung, die ebenfalls in Vers 4 erwähnt wird –, führt zum Glaubensgehorsam. Und zwar nicht nur unter den Juden, sondern auch unter den nichtjüdischen Völkern. Gerade das ist eine wichtige Botschaft, die Paulus in das Zentrum des römischen Reiches, in die wahrscheinlich sehr große Gemeinde in Rom, richtet.
Er sagt dann, dass sie Berufene, Geliebte, Berufene Heilige sind. Diese hat Gott berufen. Dieser dichte Anfang zielt bereits auf die Botschaft des gesamten Briefes: eine systematische Erörterung des Evangeliums, das zum Glaubensgehorsam unter allen Völkern führen würde.
Das hängt natürlich zusammen mit der Mission, mit der Absicht von Paulus, die er in Kapitel 1, Verse 8-15 näher erläutert. Er ist sehr dankbar, von einer Gemeinde zu hören, in der er bisher noch nie gewesen ist. Gleichzeitig hat er die feste Absicht, dorthin zu gehen und diese Gemeinde sogar zum Ausgangspunkt einer weiteren Missionsreise zu machen, wie wir dann in Kapitel 15 lesen. Diese Reise würde ihn bis nach Spanien führen, also an die Westgrenze des Römischen Reiches.
Paulus ist glücklich zu hören, dass der Glaube von den Römern in der ganzen Welt verkündigt wird. Die „ganze Welt“ meint hier die damals bevölkerte und bekannte Gegend, vor allem das Römische Reich. Schon hier kommt der Ausdruck von Paulus wieder, der am Evangelium seines Sohnes dient. Dieses Evangelium steht im Zentrum des Römerbriefes, wie wir bereits ab dem ersten Vers sehen.
Sehr interessant ist auch die Art und Weise, wie Paulus mit seinem Wunsch umgeht, endlich diese Gemeinde einmal besuchen zu können. Es geht nicht darum, irgendeine Anschaffung zu tätigen oder einen Urlaubswunsch zu erfüllen, den Paulus bei Gott vorbringt – um es modern auszudrücken. Vielmehr geht es um eine Missionsabsicht, bei der Paulus weiß, dass es strategisch von äußerster Bedeutung ist, in die Hauptstadt des Römischen Reiches vorzudringen. Von dort aus möchte er die Gemeinde motivieren, an dieser Weltmission teilzunehmen.
Damit sind wir beim Kern, bei der Absicht des gesamten Briefes. Die systematischen Darlegungen über das Evangelium und den Glauben, wie sie in den kommenden Kapiteln entfaltet werden, zielen nicht in erster Linie darauf ab, einfach Wissen aufzubauen. Vielmehr verfolgen sie eine motivationale Absicht: Diese Römer für die Mission zu begeistern.
Thomas Schreiner bringt es sehr gut auf den Punkt: Wir unterschätzen und vergessen es immer wieder, Paulus war in erster Linie ein Missionar. Sein Herzensanliegen, für das er seine ganze Kraft, sein Leben und seine Gesundheit hingab, war, dass dieses Evangelium unter allen Völkern verbreitet wird. Er wurde ja direkt von Jesus berufen. Die Apostelgeschichte 9 schildert das eindrücklich: Paulus wurde als auserwähltes Gefäß ausgesandt, um unter viel Widerstand zu den Heiden zu gehen und das Evangelium zu verkünden. Dabei suchte er vor allem die Städte auf, von denen aus sich das Evangelium weiter ausbreitete und neue Gemeinden entstanden.
Sehr interessant ist, dass Paulus fleht, der Wille Gottes möge geschehen und er endlich zu ihnen kommen darf. Das war ihm bisher verwehrt geblieben. Auffallend ist auch, wie Paulus betet, dass Gottes souveräner Wille ihn nach Rom führen möge. Das bedeutet, er hat keinen Skrupel, um eine Änderung des souveränen Willens Gottes zu bitten.
Außerdem möchte Paulus nicht nur ihnen etwas bringen, sondern er möchte in Vers 11 auch von „ihnen“ – den Römern – gestärkt werden. Der Dienst hat immer etwas Zweiseitiges: Es geht nicht nur ums Geben, sondern auch ums Empfangen. Das ist für Christen typisch – das Empfangen von Gnadengaben und die gegenseitige Stärkung. In Vers 12 spricht Paulus vom Getröstetwerden durch den gegenseitigen Austausch des Glaubens, also durch das gemeinsame Teilen ihres Glaubens.
Paulus hatte sich Vers 13 schon oft vorgenommen, aber wurde bis jetzt daran gehindert. Er sieht sich in Vers 14 fast wie ein Schuldner. Das liegt ihm auch im 2. Korinther 5 am Herzen, wo er von einer Last spricht. Im 1. Korinther 9 sagt er, er sei allen alles geworden, um einige zu gewinnen. Er sieht sich als Schuldner des Evangeliums und fühlt sich in der Pflicht, getrieben vom Heiligen Geist, dieses Evangelium weiterzugeben. Er betrachtet sich als Schuldner sowohl der Griechen als auch der Barbaren. Mit „Barbaren“ sind hier die nicht griechisch sprechenden, zivilisierten Heiden gemeint – die „Unverständigen“.
Jetzt kommt wieder der Schlüsselbegriff in Vers 15: „Darum bin ich bereit, so viel an mir liegt.“ Genau das ist die Einstellung des Dienstes: so viel an uns liegt, möchten wir bereit sein, das Evangelium weiterzutragen – auch euch in Rom das Evangelium zu verkündigen.
Es geht hier um die Botschaft des Evangeliums. Wir hören an dieser Stelle auf, weil das Evangelium, worin es besteht, auch in der heutigen Zeit, im 21. Jahrhundert, eigentlich die zentrale Fragestellung ist. Heute gibt es kaum noch eine Einigung darüber, worin genau der Kern der Botschaft des Evangeliums besteht.
Und hier ist uns Paulus eine große Hilfe, weil er genau diesen Gedankengang entfaltet. Er beginnt in Kapitel 1, Verse 16 und 17 mit einer Programmansage. Dort sagt er, dass er sich des Evangeliums von Christus nicht schämt. Offenbar kann man sich dieses Evangeliums auch schämen. Wir alle kennen diese Erregung in uns, dieses Evangelium zu schämen – doch nicht so Paulus.
Er sagt, es ist Gottes Kraft zur Errettung für jeden, der glaubt. Es ist Gottes Kraft, das ist der Ursprung. Dank dieser Kraft geschieht es. Es ist nicht die Kraft einer überzeugenden Rede, wie er auch in 1. Korinther 1,2 sagt, sondern es ist Gotteskraft zur Errettung für jeden, der glaubt. Hier zeigt sich wieder die Zweiteilung zwischen Jude und Grieche.
Vers 17 ist der zentrale Vers. Im Hauptsinn bilden die Verse 6 und 17 die zentrale Programmansage dieses Briefes. Es geht um die im Evangelium offenbarte Gerechtigkeit Gottes aus Glauben zu glauben. Dann wird Habakuk 2,4, auch in Römer und Hebräer, zitiert. Dieser Vers stammt aus dem Alten Testament: „Der Gerechte wird aus Glauben leben.“
Das ist die große reformatorische Erkenntnis, auch von Luther, dass die Gerechtigkeit Gottes dem Glaubenden geschenkt wird, von ihm aus. Es ist Gottes Kraft, von ihm geht es aus, und diese Gerechtigkeit wird dem Glaubenden geschenkt.
Es gibt hier natürlich eine lange Diskussion, auch eine grammatische Diskussion, welche Gerechtigkeit hier gemeint ist. Wir müssen jedoch zuerst den weiteren Verlauf sehen. Dann erkennen wir unmittelbar, wie sich diese Gerechtigkeit auch manifestiert.
Zunächst folgt in Kapitel 1, Vers 18 bis Kapitel 3, Vers 20 eine gewaltige Anklagerede von Paulus. Ich kann es nicht anders bezeichnen. Gegen Ende dieses Abschnitts wird sehr deutlich, insbesondere in Kapitel 3, Vers 9, dass sowohl Juden als auch Griechen – beachten Sie diese beiden Zielgruppen – beschuldigt werden. Es wird im Detail nachgewiesen, dass alle unter der Sünde stehen. In Vers 20 heißt es, dass kein Fleisch, kein einziger Mensch, vor Gott gerechtfertigt werden kann.
Es handelt sich um eine gewaltige Anklage, in der Paulus darlegt, dass sowohl Heiden als auch Juden unlösbar in der Sünde verstrickt sind. Kapitel 3, Vers 23 bringt es auf den Punkt: Sie alle haben gesündigt und verfehlen die Herrlichkeit Gottes. Dies gilt nicht nur aufgrund ihrer Taten, sondern aus ihrem inneren Zustand heraus. Sie sind unfähig, aus eigener Kraft zu Gott und zu seiner Herrlichkeit zu gelangen.
Paulus beginnt in Kapitel 1, Vers 18-32 mit einer Schilderung von Gottes Zorn. Manchmal hört man, dass Gottes Zorn ein rein alttestamentliches Thema sei. Das ist jedoch nicht zutreffend. Gerade Römer 1 zeigt, dass Gottes Zorn auch in der Gegenwart wirksam ist. Im Griechischen wird sogar die Gegenwartsform verwendet. Gottes Zorn wird bereits jetzt offenbart – und zwar über die Gottlosigkeit und Ungerechtigkeit der Menschen.
Zunächst werden diese Menschen beschrieben. In diesem Abschnitt, wie kaum in einem anderen der Bibel, wird ganz präzise dargestellt, warum die Menschen Gottes Zorn verdienen. Sie halten nämlich die Wahrheit durch Ungerechtigkeit zurück. Das heißt, die Wahrheit Gottes wird offenbart. Wie wird sie offenbart? Gott wird erkennbar, auch für den sündigen Menschen.
Wir wollen uns die Frage stellen: Was sieht der sündige Mensch? Das ist eine große Frage, die auch in der Theologie immer wieder diskutiert wird. Vers 20 bringt es noch konkreter auf den Punkt: Ein Teil von Gottes Kraft, sein unsichtbares Wesen, seine ewige Kraft und Gottheit wird offenbart. Das heißt, seine Herrlichkeit und seine Macht sind allen Menschen zugänglich. Wie? Durch die Werke seit der Erschaffung der Welt. An den Werken wird die Gotteskraft wahrgenommen.
Durch die Schöpfung wird die Gotteskraft allen Menschen, auch den sündigen, offenbart. Wie können sie diese wahrnehmen? Vers 20 sagt, durch Nachdenken. Es ist also eine noetische Angelegenheit. Der Mensch hat Verstand und kann durch Nachdenken die Macht Gottes in der Schöpfung erkennen.
Das führt dazu, dass kein Mensch, so heißt es am Ende von Vers 20, unentschuldbar ist. Sie haben keinen Grund, sich zu entschuldigen. Jeder Mensch erkennt Gott aus der Schöpfung. Das Problem zeigt sich in Vers 21: Sie haben nicht adäquat reagiert, nicht entsprechend geantwortet. Sie haben Gott weder geehrt noch ihm gedankt.
Das Grundproblem hat eine ethische Dimension des Menschen. Sie wollen Gott nicht die entsprechende Dankbarkeit und Ehre geben. Paulus sagt, dass dieses Denken dann verfinstert wird durch nichtige Vorstellungen. Er spricht vom „unverständlichen Herz“. Dabei zeigt sich, dass Herz und Gedanken zusammengehören – ein Wortfeld, das Paulus direkt nebeneinander verwendet.
Die Menschen hielten sich für weise, das heißt, sie schätzten sich falsch ein. Doch sie wurden zu Narren. Warum? Weil sie die Anbetung Gottes, den Dank, die Ehre und den ersten Platz, die Priorität, vertauscht haben. Statt Gott, dem Schöpfer, verehrten sie eine Dimension seiner Schöpfung.
Vers 23 nennt Paulus besonders die sichtbaren Götzenbilder. Er beschreibt es sehr plastisch: Sie verehrten vergängliche Menschen, Vögel, vierfüßige und kriechende Tiere als Bildnisse. Damit haben sie die Herrlichkeit des unvergänglichen Gottes vertauscht.
Diese Thematik zieht sich mehrfach durch den Text. Deshalb hat Gott sie dahingegeben. Nun geht es um die Äußerung dieses Zorns Gottes. Die Dahingabe geschieht an ihre eigenen Überlegungen und Begierden, wie wir gleich sehen werden. Das ist Teil des Gottesgerichts, das sich bereits in der heutigen Zeit offenbart.
Gott hat sie dahingegeben in die Begierden ihrer Herzen zur Unreinheit, sodass sie ihre eigenen Leiber untereinander entehrten. Paulus nennt später die gleichgeschlechtliche Liebe als Teil des Gottesgerichts. Diese Verblendung resultiert daraus, dass der Mensch sich selbst und eine Dimension von Gottes Schöpfung an die Stelle des Schöpfers gesetzt hat.
Paulus unterbricht sich in Vers 25 – wie er es gelegentlich tut – und bricht mitten in dieser düsteren Anklage in einen Lobgesang aus, ein Gotteslob, eine Doxologie: „Dem Schöpfer, der gelobt ist in Ewigkeit, Amen.“ Übrigens findet sich am Ende von Kapitel 11 ebenfalls ein solches Gotteslob.
In Vers 26 heißt es erneut, dass Gott sie dahingegeben hat – diesmal in entehrende Leidenschaften. Es ist sehr interessant, dies genauer zu betrachten. Ich kann hier nur einen Überblick geben. Gleichgeschlechtlicher Geschlechtsverkehr wird als „wiedernatürlich“ bezeichnet, also außerhalb des natürlichen, von Gott eingerichteten Schemas. Im Griechischen geschieht dies mit einem besonderen Ausdruck.
Sie brennen in Begierde, treiben Schande und verfallen einer Verirrung, einem Gottesgericht. Das Wort „dahingeben“ kommt dreimal vor: in Vers 24, 26 und 28. Es bedeutet, dass sie in eine unwürdige Gesinnung verfallen, die sich nicht geziemt.
Der Abschnitt ab Vers 28 bis 32 schließt mit einem sogenannten Lasterkatalog, einer Aufzählung vieler menschlicher Verfehlungen, die aus der Verkehrung von Schöpfer und Geschöpf sowie aus dem Götzendienst resultieren. Dazu gehören zwischenmenschliche Probleme wie Habsucht, Bosheit, Neid, Mordlust, Streit, Betrug und Tücke. Auch der Ungehorsam gegenüber den Eltern wird genannt – ein transgenerationales Thema.
Interessant ist Vers 32, der das ethische Bewusstsein des Sünders beschreibt. Nicht nur erkennt jeder Mensch, auch der sündige, Gottes Größe und Herrlichkeit durch die Schöpfung. Jeder Mensch besitzt auch ein universales Moralgesetz und erkennt genau das gerechte Urteil Gottes. Er weiß, dass die Sünder des Todes würdig sind.
Gott hat nicht nur Gefallen an denen, die das Böse tun, sondern auch an denen, die es verüben. Das bedeutet, dass der Mensch ein ethisches Bewusstsein hat, sich aber dennoch über die Abweichung von dem Gesetz, das in seinem Herzen geschrieben steht, freut.
Jeder Mensch verfügt über ein ethisches Bewusstsein und ist deshalb unentschuldbar.
Genauso geht es auch weiter in Kapitel 2, Vers 1: Du bist unentschuldbar. Warum? Weil du ja pausenlos Urteile über andere fällst. Das heißt, es ist eine ethische Instanz in dir schon verfügbar. Nur dank dieser kannst du andere richten.
Aber indem wir andere richten, richten wir uns selbst (siehe Kapitel 1). Und wer bist du? Diese rhetorischen Fragen werden auch in einer ganz intensiven Art in diesem Römerbrief von Paulus gestellt: Wer bist du, o Mensch, dass du die anderen richtest und selbst das Gleiche tust? Hast du etwa den Eindruck, dass du dem Gericht Gottes entfliehen kannst?
Sehr interessant ist auch die Aussage, dass Gottes Güte und Langmut zuwartet. Die gegenwärtige Zeit – und das gilt sowohl dem Leser damals als auch dem Leser heute – zeigt, dass die Güte Gottes uns zur Buße leiten will. Gottes Wort wird nach wie vor verkündigt. Dass er mit diesem Gericht noch nicht gänzlich vollzieht, ist nur seiner Güte zu verdanken.
Er möchte mit dieser Geduld zur Buße leiten. Doch der Sünder verstockt sich (Vers 5) und häuft sich selbst Zorn auf. Hier sehen wir auch schon dieses Aufhäufen des Zorns, dieses Vollziehen des Gerichts, dieses Ansammeln. Wir haben wieder diesen Ausdruck des Zornes Gottes, und das wird sich bei der Offenbarung des gerechten Gerichts entladen. Er wird jeden vergelten nach seinen Werken.
Da möge mir einer sagen, dass das Neue Testament nur diese Liebe und Gnade enthüllen würde. Nein, überhaupt nicht. Es werden nach wie vor beide Stränge von Gottes Werken im Heil und im Gericht gleichermaßen verkündigt: Ein Gott der Gerechtigkeit, ein zorniger Gott, der gerecht, gnädig und gütig gleichzeitig ist.
Das Kapitel geht weiter und ja, es ist eigentlich eine dunkle Vision. Es wird geschildert, dass der Sünder selbstsüchtig ist und der Wahrheit ungehorsam. Damit kommen Drangsal und Angst (Vers 9) über jede Menschenseele, die das Böse vollbringt. Hier kommt wieder die Ansage an diese beiden Zielgruppen: Juden und Griechen.
Es gibt bei Gott keinen Ansehenden der Person. Diese Verse sind unter den Auslegern sehr umstritten oder unterschiedlich ausgelegt worden. Es gibt Menschen, die ohne Gesetz gesündigt haben, und es gibt Menschen, die mit Gesetz gesündigt haben. Paulus sagt: Wenn jemand mit Gesetz nicht gesündigt hätte, würde sich das Problem nicht stellen. Oder auch: Wenn jemand ohne Gesetz nicht gesündigt hätte, würde sich das Problem nicht stellen. Aber das Problem ist, dass sowohl die Menschen mit Gesetz als auch die Menschen ohne Gesetz gesündigt haben. Kann man diesem Gericht entfliehen?
Sehr interessant ist auch die Aussage, dass Gottes Güte und Langmut zuwartet. Die gegenwärtige Zeit – und das gilt sowohl dem Leser damals als auch dem Leser heute – zeigt, dass die Güte Gottes uns zur Buße leiten will. Gottes Wort wird nach wie vor verkündigt. Dass er mit diesem Gericht noch nicht gänzlich vollzieht, ist nur seiner Güte zu verdanken.
Er möchte mit dieser Geduld zur Buße leiten. Doch der Sünder verstockt sich (Vers 5) und häuft sich selbst Zorn auf. Hier sehen wir auch schon dieses Aufhäufen des Zorns, dieses Vollziehen des Gerichts, dieses Ansammeln. Wir haben wieder diesen Ausdruck des Zornes Gottes, und das wird sich bei der Offenbarung des gerechten Gerichts entladen. Er wird jeden vergelten nach seinen Werken.
Da möge mir einer sagen, dass das Neue Testament nur diese Liebe und Gnade enthüllen würde. Nein, überhaupt nicht. Es werden nach wie vor beide Stränge von Gottes Werken im Heil und im Gericht gleichermaßen verkündigt: Ein Gott der Gerechtigkeit, ein zorniger Gott, der gerecht, gnädig und gütig gleichzeitig ist.
Das Kapitel geht weiter, und ja, es ist eigentlich eine dunkle Vision. Es wird geschildert, dass der Sünder selbstsüchtig ist und der Wahrheit ungehorsam. Damit kommen Drangsal und Angst (Vers 9) über jede Menschenseele, die das Böse vollbringt. Hier kommt wieder die Ansage an diese beiden Zielgruppen: Juden und Griechen.
Es gibt bei Gott keinen Ansehenden der Person. Diese Verse sind unter den Auslegern sehr umstritten oder unterschiedlich ausgelegt worden. Es gibt Menschen, die ohne Gesetz gesündigt haben, und es gibt Menschen, die mit Gesetz gesündigt haben. Wer nicht gesündigt hätte, würde sich das Problem nicht stellen. Aber das Problem ist, dass sowohl die Menschen mit Gesetz als auch die Menschen ohne Gesetz gesündigt haben.
Wobei ich eher in die Richtung tendiere, wie ich jetzt erkläre, diese Verse auszulegen: Auch die Heiden, die das Gesetz nicht haben, tun von Natur aus das, was das Gesetz verlangt. Damit haben sie eine innere Instanz, nicht nur ein äußeres Gesetz wie das mosaische Gesetz der Juden. Auch die Heiden haben ein inneres Gesetz. Das heißt, sie haben durch das Moralgesetz eine Instanz in sich, die ihnen (Vers 15) in ihre Herzen geschrieben ist und die sie bei einem Abweichen verklagt.
So können auch sie nicht entschuldigt werden, weil dieses innere Gesetz des Gewissens, diese moralische Instanz, sie anklagt. Gott wird das Verborgene des Menschen durch Jesus Christus richten. Das Gericht, der Zorn Gottes, ist sehr präsent in dieser riesigen Anklagerede.
Jemand hat gesagt, das dürfe man heute auf keinen Fall, unter keinen Umständen tun. Jeder Psychologe würde heute davon abraten, zu sehr schwarz zu malen, zu sehr dieses Unvermögen, diese Boshaftigkeit des Menschen ans Licht zu bringen. Und genau das macht Paulus in fast drei Kapitellängen. In über sechzig Versen legt er das ausführlich dar.
Das ist der erste große Schritt. Erst wenn die Diagnose klar ist, erst wenn klar ist, was das Elend, die Misere des Menschen vor Gott ausmacht, kann eine entsprechende Lösung präsentiert werden. Das geschieht ab Kapitel 3 am Ende dann auch.
Es geht Paulus also darum, sowohl den Juden als auch den Heiden aufzuzeigen, dass sie ohne Chance sind. Jeder Mensch, jeder Heide hat Gott durch die Schöpfung erkannt, die Macht Gottes. Er hat sich aber dieser Erkenntnis widersetzt (Vers 21). Stattdessen ist sein Herz zum Götzendienst hingezogen, weil er eine Dimension der Schöpfung statt des Schöpfers selbst verehrt hat.
Er weiß durch eine ethische Instanz um ein Gesetz in sich, auch der Heide. Darum ist er unentschuldbar.
Wie steht es aber für die Juden? So fährt Paulus weiter fort: Du nennst dich einen Juden, verlässt dich auf das Gesetz und rühmst dich Gottes. Du kennst seinen Willen. Genau dieser Jude konnte sich rühmen, dass er sowohl die Verheißungen hatte, wie Paulus zu Beginn von Kapitel 9 sagt. Er hatte viele davon, denn er gehörte zum auserwählten Volk. Israel erhielt in 5. Mose 4 die besten Gebote, und er konnte sich dessen rühmen, ein Kind Abrahams zu sein sowie dass Gott seinem Volk wesentliche Verheißungen zugesprochen hatte.
Paulus macht jedoch sehr deutlich: Damit bist du eigentlich unterrichtet aus dem Gesetz, und du lehrst andere, bist aber selbst blind. Unter Auslegern ist es etwas unklar, auf wen sich diese Verse beziehen, wenn Paulus sich auf diese Gebote bezieht. Zum Beispiel sagt er in Vers 22: Man solle nicht Ehe brechen, und brichst selbst die Ehe. Du verabscheust die Götzen, begehst aber Tempelraub. Du rühmst dich des Gesetzes und verunehrst doch Gott durch Übertretung.
Auf jeden Fall sagt Paulus auch zu den Juden: Ja, ihr habt zwar das Gesetz gehabt, ihr habt die Erkenntnis, ihr habt die Zusagen. Aber kein einziger von euch hat sich nach diesen Vorschriften gehalten. Das Volk als Ganzes ist nicht zur Ehre Gottes geworden, sondern zur Lästerung unter den Heiden – also genau das Gegenteil von Gottes Willen für dieses Volk.
Paulus spricht dann auch noch die Beschneidung an, am Ende des zweiten Kapitels. Interessanterweise ist die Beschneidung an sich noch kein Siegel dafür, zu diesem Volk zu gehören. Vielmehr geht es darum, ob jemand an seinem Herzen beschnitten ist. Diese Herzensbeschneidung wird bereits im Alten Testament erwähnt. Es geht dort nicht mehr um die äußere Zugehörigkeit zum Volk. Mose prophezeit in 5. Mose 30,6, dass das Volk an seinem Herzen beschnitten werden würde. Auch Jeremia erwähnt diese Beschneidung des Herzens, ich glaube, es ist im vierten Kapitel.
Es geht also nicht um eine äußere Form. Nicht der ist Jude, der es äußerlich ist (Vers 28), sondern der, der es innerlich ist und dessen Beschneidung am Herzen geschieht. Erst der ist ein wahrer Jude.
Nun kann man sich die Frage stellen, und Paulus stellt im Römerbrief immer wieder solche rhetorischen Fragen: Was hat nun der Jude für einen Vorteil? Und was nützt dann die Beschneidung noch? Paulus sagt: Ja, viel in jeder Hinsicht. Ihnen sind die Aussagen, die Logoi Gottes, anvertraut worden.
Es ist übrigens interessant, dass in Kapitel drei dieser Dialog von Fragen stattfindet, die Paulus sich selbst stellt und dann auch sofort wieder beantwortet – zum Beispiel mit dem charakteristischen Ausdruck „Das sei ferne“, „keineswegs“, „überhaupt nicht“. Er sagt: Gott erweist sich wahrhaftig, indem er sein Gesetz gibt und seine Verheißungen, aber jeder Mensch erweist sich als Lügner. Er ist in dieser unentschuldbaren Position, wie es dann auch später heißt.
Dann folgt eine Kaskade von mehreren Versen, vor allem aus den Psalmen des Alten Testaments, die ebenfalls zeigen, dass jeder Mensch ein Lügner ist. Wenn aber unsere Ungerechtigkeit Gottes Gerechtigkeit beweist – das wollen wir sagen – ist Gott etwa ungerecht, wenn er das Zorngericht verhängt? Ist er dann nicht gerecht?
Paulus hinterfragt immer wieder seine Überlegungen mit diesen rhetorischen Fragen und antwortet in Vers 6: Das sei ferne! Wie könnte Gott sonst die Welt richten?
Ab Vers 13 wird dann nochmals ausgeführt – ich habe das vorher schon aus dem Alten Testament angeführt – der Beweis, dass alle unter der Sünde stehen. Vorausgeht diese Aussage aus Psalm 14: Es gibt keinen Gerechten, auch nicht einen. Keiner tut Gutes, auch nicht einen. Es wird dann an verschiedenen Organen des Menschen ausgeführt: Ihre Kehle ist ein offenes Grab, ihr Mund ist voll Fluch, ihre Füße sind bereit, Böses zu vergießen. Es ist keine Gottesfurcht vor ihren Augen.
Mund, Kehle, Zunge, dann Füße, Augen – „Alles verdorben“, und die ganze Welt (Vers 19) ist vor Gott schuldig. Aus den Werken des Gesetzes kann kein Fleisch vor ihm gerechtfertigt werden.
Die „Werke des Fleisches“ sind ein charakteristischer Ausdruck für Paulus und kommen auch in anderen Briefen vor, zum Beispiel im Galaterbrief vor dem zweiten Kapitel. Es ist viel gestritten worden unter Paulus-Auslegern, was das genau bedeuten soll. Aufgrund der Heiligen Schrift, des Alten und Neuen Testaments, neige ich dazu, dass diese Werke des Gesetzes die Werke sind, die das Gesetz verlangt, die Gott durch das Gesetz gegeben hat.
Kein Mensch kann durch diese Werke vor Gott gerechtfertigt werden, weil das Gesetz durch das Gesetz (Vers 20) die Erkenntnis der Sünde erst bringt. Paulus kommt auch später im vierten Kapitel und im siebten Kapitel darauf zurück. Erst durch das Gesetz erhält der Mensch einen Eindruck, inwiefern er davon abweicht.
Kein Mensch kann sich an diese Verordnungen halten. Es gibt keinen Gerechten, der Gutes tut. Das ist so wichtig, in unserer Zeit wieder hervorzuheben. Nicht um den Menschen herunterzudrücken, sondern damit er sich im Staub als Sünder erkennt – als erbarmungswürdigen Sünder.
Das Problem heute ist auch unter vielen sogenannten Christen nicht, dass sie zu wenig von sich denken, sondern dass sie zu viel von sich denken und dem unerlösten Menschen zu viel zugestehen.
Bezogen auf die Annahme bei Gott haben wir keine Chance. Das muss jeder Mensch, der wiedergeboren wird, zwingend erkennen.
Jetzt aber, und das ist Vers 21, dieses große Aber, dieser große Gegensatz: Nachdem Paulus in den zwei, drei vorhergehenden Kapiteln diese Anklagerede aufgebaut hatte, sagt er nun, dass die Menschen außerhalb des Gesetzes stehen. Das Gesetz selbst kann keine rettende Kraft entfalten.
Paulus meint damit, dass die Gerechtigkeit Gottes offenbar geworden ist. Diese Gerechtigkeit wurde bereits im Gesetz und den Propheten bezeugt. Man merkt an den vielen Verweisen auf das Alte Testament, dass der Römerbrief voll von Hinweisen auf das Alte Testament ist. Diese Gerechtigkeit Gottes ist bezeugt worden und wird jetzt explizit ausgeführt.
Worum geht es dabei? Es geht um den Glauben an Jesus Christus. Der Glaube an Jesus Christus, den Sohn Gottes und wahren Menschen, der schon im ersten Kapitel erwähnt wird. Durch ihn kommt die Gerechtigkeit Gottes zu allen und auf alle, die glauben. Nochmals: Es gibt keinen Unterschied. Alle haben gesündigt und verfehlen die Herrlichkeit, die sie vor Gott haben sollten.
Das ist der Kern des Evangeliums: Die Gerechtigkeit Gottes wird durch den Glauben an Jesus Christus ohne Verdienst und ohne die Werke des Gesetzes angerechnet. Der Mensch wird gerechtfertigt durch seine Gnade, aufgrund der Erlösung, die in Christus Jesus ist.
D. A. Carson hat einen wunderschönen Aufsatz zu diesen Versen geschrieben, den ich sehr empfehle, genau durchzulesen. Es sind so dichte Verse.
Hier, bezogen auf die Erlösung, wird Jesus als Sühnopfer bezeichnet – ein programmatischer Ausdruck. Er ist das stellvertretende Sühnopfer, wie es im Alten Testament oft vorgeschattet wurde durch die Opfer, die zur Sühnung, zur Versöhnung, zur Stellvertretung geopfert und vergossen wurden.
Jesus Christus wird dieses definitive Sühnopfer. Und es ist der Glaube an sein Blut, der rettet. Dieses Opfer gilt übrigens, sagt Paulus, auch für die Sünden, die in der Zeit des Alten Testaments geschehen sind.
Hier sehen wir endlich die Auflösung des Problems: Wie können Gottes Gerechtigkeit und Güte zusammenkommen? Er konnte aufgrund dieses einmal geschehenen Opfers Zurückhaltung üben in der vergangenen Zeit und trotzdem gerecht sein.
Das geschieht dadurch, dass sein Zorn seinen eigenen Sohn getroffen hat, damit er selbst gerecht sei und zugleich die Rechtfertigung denen zuteilwird, die aus dem Glauben an Jesus Christus leben.
Nehmen Sie Ihre Bibel hervor und lesen Sie Vers 21 bis 26 im dritten Kapitel noch einmal genau durch, jedes einzelne Wort und jeden Teilsatz. Wer des Englischen mächtig ist, dem empfehle ich den Aufsatz von D. A. Carson, den ich auch in einem Blogartikel erwähnt habe.
Wo bleibt nun das Rühmen? Eine weitere rhetorische Frage von Paulus.
Es ist ausgeschlossen, dass es etwas gibt, worauf wir uns rühmen könnten. Es ist reine Gnade, es geschieht ohne Verdienst. Wir werden umsonst gerechtfertigt, gerechtgesprochen durch das Sühnopfer von Jesus Christus.
Also werden wir nicht mehr durch das Gesetz gerechtfertigt, nicht durch Werke. Nein, wir werden gerechtfertigt, wie es in Vers 28 heißt, durch den Glauben, ohne Werke des Gesetzes.
Oder ist Gott nur der Gott der Juden und nicht der Heiden? Wieder werden beide Gruppen in der römischen Gemeinde angesprochen: Juden und Heiden. Ja, er ist auch der Gott der Heiden.
Juden wie Heiden sind aussichtslos verloren. Es gibt keinen, weder mit noch ohne Gesetz, der gerecht vor ihm wäre. Sie sind alle verloren, es reicht niemals heran.
So ist es ein und derselbe Gott, der die Beschnittenen aus Glauben und die Unbeschnittenen durch den Glauben rechtfertigt.
Eine wichtige Fußnote im 31. Vers, am Schluss des dritten Kapitels: Heben wir dadurch das Gesetz auf? Nein, wir bestätigen das Gesetz, wir geben ihm Recht. Das Gesetz ist gerecht, es ist von Gott gegeben. Es ist eine Größe, die nicht aufgehoben wird durch dieses Opfer, sondern bestätigt und erfüllt wird.
Das wird dann zum Beispiel im siebten und achten Kapitel noch näher erläutert.
Durch den Heiligen Geist, den wir empfangen haben, das neue Leben, durch diese Kraft, die in uns wohnt, sind wir in der Lage, dem Gesetz Gottes nachzuleben. Ja, wir entwickeln das Verlangen, das Gesetz Gottes auch zu erfüllen.
Was für ein herrlicher erster Teil des Römerbriefes! Was für ein gewaltiges Evangelium, das Paulus in einer ganz dichten Art und Weise in diesen ersten Kapiteln des Römerbriefes entfaltet.